Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2016 - 12 CE 16.2333

published on 13/12/2016 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Dez. 2016 - 12 CE 16.2333
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Verwaltungsgericht Ansbach, AN 6 E 16.2044, 03/11/2016

Gericht

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Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 3. November 2016 - AN 6 E 16.2044 - wird aufgehoben.

II.

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller bis zur endgültigen Klärung seines Alters im Rahmen des anhängigen Hauptsacheverfahrens in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen.

III.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Verfahren sind gerichtskostenfrei.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung zur vorläufigen Inobhutnahme des Antragstellers als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling (umF) nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 42 a Abs. 1 Satz 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII).

1. Der nach seinen Angaben am 5. Januar 2000 in A.-H. in Syrien geborene Antragsteller reiste am 23. August 2015 über den Irak und die Balkanroute in die Bundesrepublik Deutschland ein, ohne im Besitz von Ausweispapieren zu sein. Bei seiner Registrierung durch die Bundespolizei in München unter dem Namen „A., Yosef“, wurde sein Geburtsdatum nach Einschätzung seines Alters auf den 1. Januar 1994 festgelegt. Derzeit ist er in der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in R. im Landkreis R. untergebracht.

2. Im Dezember 2015 ließ der Antragsteller zum Beweis der Tatsache, dass er am 5. Januar 2000 geboren sei, zwei aus Syrien beschaffte Dokumente in arabischer Schrift vorlegen. Dabei handelt es sich um einen am 31. August 2015 ausgestellten Zivilregisterauszug aus dem syrischen Innenministerium, aus dem als Geburtsdatum des „Yusef M.“ der 5. Januar 2000 hervorgeht. Außerdem wurde ein Identitätsnachweis vorgelegt, in welchem ein syrischer Dorfvorsteher die Richtigkeit der zur Person des Antragstellers gemachten Angaben unter Benennung zweier Zeugen bestätigt. Das Dokument enthält ein Lichtbild des Antragstellers und weist die Person als „Yusef M.“, geboren am 5. Januar 2000 aus.

3. Am 29. März 2016 wurde der Antragsteller von zwei Fachkräften des Jugendamtes im Rahmen eines Inobhutnahmegesprächs unter Hinzuziehung eines Sprachmittlers befragt. Laut der dabei angefertigten schriftlichen Dokumentation machte der Antragsteller hierbei folgende Angaben: Er heiße „Josef M.“, stamme aus Syrien und sei am 5. Januar 2000 in A.-H. geboren. Personenstandsdokumente habe er erst nach seiner Einreise nach Deutschland angefordert. Seine Eltern befänden sich seit 2013 im Nordirak in einem Camp bei E. Er sei bis 2013 in A.-H. aufgewachsen und habe sieben Schwestern und zwei Brüder, welche er namentlich und mit ihrem jeweiligen Geburtsjahr aufzählte. In seiner Heimat sei er sieben Jahre lang (2006 bis 2013) zur Schule gegangen. Nachdem er 2013 ohne Schulabschluss in den Irak geflohen sei, sei er dort ein weiteres Jahr zur Schule gegangen. Am 13. August 2015 habe er den Irak mit dem Einverständnis seiner Eltern verlassen und sich auf den Weg nach Deutschland begeben. Seine Familie erhoffe sich Vorteile aufgrund seiner Minderjährigkeit und wolle ihm nach Deutschland nachfolgen. Er habe seinen Eltern ein Foto geschickt, um Ausweispapiere zu beantragen.

4. Mit undatiertem (!) Bescheid lehnte der Antragsgegner eine Inobhutnahme des Antragstellers mit der Begründung ab, die gemachten Angaben passten nicht zum festgestellten Alter. Es sei von Volljährigkeit auszugehen. Das Alter des Antragstellers wurde auf 22 Jahre festgesetzt und als Geburtsdatum der 1. Januar 1994 festgelegt. Der Antragsteller habe keine Dokumente vorlegen können, welche sein Alter belegten. Daher sei sein Alter aufgrund der Kriterien Bartwuchs, ausgeprägte Stirnfalten, postpubertärer Körperbau, selbstsicheres Auftreten, gereifter Gesamteindruck, erwachsene Stimmlage, ausgeprägter Kehlkopf sowie eines Anamnesegespräches geschätzt worden. Der Antragsteller habe ein reifes Auftreten und wisse, was er wolle und worauf es ankomme. Für seine Volljährigkeit sprächen weiter seine tiefe Stimmlage und kantige, männliche Gesichtszüge. Die Unterbringung des Antragstellers ohne Betreuung, wie sie für Jugendliche vorgesehen sei, habe zu keinen Auffälligkeiten in Form einer Überforderung geführt.

5. Mit Schreiben vom 8. April 2016 erhob der Antragsteller gegen die Feststellung seines Alters Widerspruch. Zur Begründung trug er vor, am 5. Januar 2000 in A.-H., Syrien geboren zu sein und zum Beweis hierfür eine Kopie einer Geburtsurkunde vorgelegt zu haben, welche nicht anerkannt worden sei. Er habe von 2006 bis 2013 die Schule T. H. und 2013/2014 die Schule T. H. in A.-H., Syrien und 2014/2015 die Schule D. in E./Irak besucht. Er versuche nunmehr, das sich bei seinen Eltern befindliche Original seiner Geburtsurkunde übersetzen und beglaubigen zu lassen. Weiter beabsichtige er, Schulzeugnisse zu beschaffen, welche sein Geburtsdatum ausweisen würden. Mit weiterem Schreiben vom 15. Juni 2016 legte der Antragsteller in arabischer Schrift verfasste Unterlagen aus Syrien vor. Es handelt sich dabei um einen Zivilregisterauszug (Geburtsurkunde), eine Urkunde über seine Eltern und eine Kopie des Personalausweises seiner in Nordrhein-Westfalen lebenden Schwester. Weiter wurden eine Wohnungsgeberbestätigung gegenüber seiner Schwester und ein Antrag seiner Schwester auf Übernahme seiner Vormundschaft vorgelegt. Der Zivilregisterauszug, welcher sich von dem früher vorgelegten Registerauszug bereits dem äußeren Erscheinungsbild nach deutlich unterscheidet, weist für „Youssef M.“ den 5. Januar 2000 als Geburtsdatum aus. Es trägt kein Ausstellungsdatum und enthält keine vollständigen Angaben zu den angeführten Merkmalen. Als Urkunde über seine Eltern wurde ein Auszug aus einem Familienbuch vorgelegt, welcher mit einem Lichtbild des Vaters des Antragstellers, Herrn Abdulrahman M., versehen ist und folgende Angaben zum sechsten Kind des Abdulrahman M. enthält: Das sechste Kind Youssef M. ist am 5. Januar 2000 in T. H. geboren.

6. Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2016 wies die Regierung von Mittelfranken den Widerspruch des Antragstellers zurück. Ausweispapiere im herkömmlichen Sinne hätten nicht vorgelegen, insbesondere sei die im Widerspruchsverfahren angekündigte Geburtsurkunde nicht vorgelegt worden. Die Vorlage syrischer Dokumente, welche nach der Ankunft des Antragstellers in Deutschland ausgestellt worden seien, sei zudem widersprüchlich. Auch die Behauptung, diese Dokumente seien von den Eltern des Antragstellers angefordert worden, seien nicht glaubhaft. Die Eltern befänden sich im Irak, von wo aus die Beschaffung syrischer Originaldokumente schwierig sei, zumal in Syrien Krieg herrsche. Die Dokumente enthielten außerdem ein relativ aktuelles Passbild. Auffallend seien auch die erheblichen Unterschiede im ursprünglich angegebenen Namen des Antragstellers und im Namen, wie ihn die nachgereichten Dokumente auswiesen. Es sei unverständlich, weshalb der Antragsteller erst ein halbes Jahr nach seiner Einreise nach Deutschland eine falsche Registrierung durch die Bundespolizei hinsichtlich seines Namens und seines Geburtsdatums geltend mache. Erst als dem Antragsteller klar geworden sei, dass ihm aus dem Minderjährigenstatus Vorteile erwachsen könnten, habe er entsprechende Dokumente vorgelegt bzw. vorlegen lassen.

7. Mit Schreiben vom 21. Juni 2016 legte der Antragsteller gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2016 (wiederum) Widerspruch ein und trug vor, beim Jugendamt R. am 15. Juni 2016 beglaubigte Dokumente abgegeben zu haben, welche sein Alter bestätigen würden, aber der Regierung von M. zum Entscheidungszeitpunkt wohl noch nicht vorgelegen hätten. Er heiße Youssef M. Das Foto auf der Urkunde des Ortsvorstehers vom 31. August 2015 habe er in S. mit seinem Handy gemacht und seinem Schwager nach Syrien geschickt. Der Dorfvorsteher kenne seine ganze Familie und ihn seit der Geburt. Familienangehörige könnten auch vom Ausland aus Dokumente aus der Heimat besorgen. Die Mitarbeiterinnen des Jugendamts seien gerade nicht unabhängig voneinander zum Ergebnis der Altersfeststellung gekommen, sondern hätten sich in seinem Beisein miteinander beraten. Dass sein Alter falsch registriert worden sei, habe er bei seiner Registrierung in S. und seiner späteren Anhörung mehrmals bekundet; es habe sich jedoch niemand darum gekümmert. Zum Zeitpunkt seiner Ankunft in Deutschland habe er nur arabisch und kurdisch gesprochen und keine lateinischen Buchstaben lesen können. Erst nach Erlernen der deutschen Sprache und Schrift sei es ihm möglich gewesen, sich um die Korrektur seines falschen Alters zu kümmern.

8. Mit Schriftsatz vom 30. Juni 2016 erhob der Antragsteller Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2016, in welcher er sich gegen die Altersfeststellung durch das Kreisjugendamt R. wendet. Gleichzeitig beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Mit weiterem Schriftsatz vom 27. Juli 2016 legte er neben bereits im Widerspruchsverfahren vorgelegten Unterlagen einen Antrag seines Vaters auf Einschulung, eine Gesundheitsbescheinigung und ein Zeugnis der 1. Klasse vor. Die Schulanmeldung enthält die Angabe, dass der Antragsteller im Jahr 2000 in T. H. geboren wurde. Keines der vorgelegten Dokumente lässt ein Ausstellungsdatum erkennen. Unter dem 14. September 2016 stellte der Antragsteller ferner klar, dass sich seine Klage nicht isoliert gegen die Altersfeststellung richte, sondern eine Inobhutnahme begehrt werde.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 18. Oktober 2016 ließ der Antragsteller darüber hinaus Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stellen mit dem Ziel, den Antragsgegner zu verpflichten, ihn einstweilen in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen. Ferner beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller sei am 5. Januar 2000 in Syrien geboren. Er habe im Rahmen des Verfahrens beim Landratsamt R. in Syrien ausgestellte Originaldokumente vorgelegt, aus denen sich die Identität und das Geburtsdatum ergäben. Die Alterseinschätzung als volljährig sei fehlerhaft; eine medizinische Untersuchung habe nicht stattgefunden, obwohl es sich um einen Zweifelsfall handele.

9. Mit Beschluss vom 3. November 2016 lehnte das Verwaltungsgericht Ansbach die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren als unbegründet ab. Ein Anspruch auf vorläufige Inobhutnahme gemäß § 42 a Abs. 1 SGB VIII sei nicht glaubhaft gemacht worden. Der Antragsgegner habe das Alter des Antragstellers nach Durchführung einer qualifizierten Inaugenscheinnahme unter Berücksichtigung vorgelegter Dokumente und der Selbstauskunft des Antragstellers rechtsfehlerfrei auf 22 Jahre geschätzt und eine Inobhutnahme mit am 7. April 2016 zugestelltem Bescheid abgelehnt. Ein Zweifelsfall im Sinne des § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, welcher Anlass für eine ärztliche Untersuchung des Antragstellers zur Feststellung seines Alters hätte bieten können, liege aus der Sicht der Kammer nicht vor.

a) Ausweispapiere zur Feststellung der Minderjährigkeit des Antragstellers gemäß § 42 f Abs. 1 Satz 1 SGB VIII seien nicht vorhanden. Auch die vom Antragsteller vorgelegten Dokumente seien nicht geeignet, seine Identität und insbesondere sein Geburtsdatum nachzuweisen. Der vorgelegte Zivilregisterauszug könne bereits mangels Lichtbild keinen verlässlichen Nachweis dafür liefern, dass der Antragsteller der im Auszug genannte „Yusef M.“ sei. Ob die Schreibweise des Namens, welcher erheblich von der Schreibweise des Namens des Antragstellers („Youssef M.“) abweiche, auf die Transkription des arabischen Dokuments in die deutsche Sprache zurückzuführen sei oder ob es sich möglicherweise um eine andere Person als den Antragsteller handele, könne deshalb dahingestellt bleiben. Ebenso wenig vermöge der vorgelegte Identitätsnachweis eines syrischen Ortsvorstehers die Identität des Antragstellers hinreichend zu belegen. So erscheine es bereits unglaubhaft, dass ein syrischer Ortsvorsteher jeden Bewohner unter Benennung eines Geburtsdatums identifizieren könne. Unabhängig hiervon handele es sich bei der Identitätsbescheinigung durch einen Ortsvorsteher unter Benennung zweier Zeugen jedenfalls um kein amtliches Dokument. Auch die im Widerspruchsverfahren nachgereichten Unterlagen seien nicht geeignet, die Identität des Antragstellers nachzuweisen. Bei der vorgelegten Urkunde über die Eltern des Antragstellers und einem weiteren Auszug aus einem Zivilregister, welcher sich von dem früheren Zivilregisterauszug unterscheide, sei bereits auffällig, dass die Schreibweise des Namens nunmehr mit der vom Antragsteller angegebenen Schreibweise seines Namens übereinstimme („Youssef M.“). Unabhängig davon, dass der jetzige Zivilregisterauszug kein Ausstellungsdatum trage und im Gegensatz zu dem bereits früher vorgelegten Zivilregisterauszug nur unvollständige Angaben enthalte (es fehle die sogenannte Nationalnummer, welche der erstmalig vorgelegte Registerauszug noch enthalte), könne beiden Dokumenten schon deshalb kein Beweiswert zukommen, weil sie mangels Lichtbild nicht verlässlich nachweisen könnten, dass der Antragsteller die in den Dokumenten genannte Person sei. Auch die übrigen Unterlagen in Form einer Kopie des Personalausweises der Schwester des Antragstellers, ein Antrag der Schwester auf Übernahme der Vormundschaft für den Antragsteller sowie eine Wohnungsgeberbestätigung gegenüber der Schwester des Antragstellers stellten keine amtlichen Dokumente dar, welche Beweis für die Identität und das Geburtsdatum des Antragstellers erbringen könnten. Ebenso wenig seien die im Klageverfahren vorgelegten Unterlagen, ein Einschulungsantrag des Vaters des Antragstellers, eine Gesundheitsbescheinigung für die Einschulung des Antragstellers und ein Zeugnis der 1. Klasse geeignet, zum Nachweis der Identität und des Geburtsdatums des Antragstellers beizutragen. Dies folge bereits daraus, dass allen Dokumenten kein Erstellungs- bzw. Ausstellungsdatum zu entnehmen sei. Auch das an den Einschulungsantrag angeheftete Bild eines Kindes führe zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit lasse sich weder ermitteln, zu welchem Zeitpunkt das Bild angefertigt worden sei, noch ob es sich bei dem abgebildeten Kind um den Antragsteller handele.

b) Mangels aussagekräftiger Ausweispapiere sei daher zunächst die Selbstauskunft des Antragstellers zur Bestimmung seines Alters heranzuziehen. Der Antragsteller habe zwar seit Ende des Jahres 2015 durchgehend geltend gemacht, am 5. Januar 2000 geboren zu sein. Sein Vortrag zur Beschaffung der zum Beweis seines Alters vorgelegten Unterlagen sei jedoch widersprüchlich. Im Rahmen des am 29. März 2016 durchgeführten Inobhutnahmegesprächs habe er noch vorgetragen, dass er über seine Eltern einen Ausweis beantragt hätte und seinen Eltern hierzu das auf der Identifikationsurkunde befindliche Foto geschickt habe. In seinem an die Regierung von M. gerichteten Schreiben vom 21. Juni 2016 habe er dagegen angegeben, dieses Foto an seinen Schwager nach Syrien geschickt zu haben. Aufgrund der im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben sowie der vorgelegten Unterlagen begegne seine Selbstauskunft Zweifeln, so dass eine Alterseinschätzung- und feststellung mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme vorzunehmen gewesen sei.

c) Diese habe ergeben, dass von Volljährigkeit des Antragstellers auszugehen sei. Der Antragsgegner habe ihn auf ein Alter von 22 Jahren geschätzt. Neben der Würdigung des äußeren Erscheinungsbildes des Antragstellers unter umfassender Dokumentation desselben, sei der Antragsteller umfassend befragt worden. Ebenso sei ihm Gelegenheit gegeben worden, sich zu seiner Einreise ohne Ausweispapiere und zu der nachträglichen Beschaffung entsprechender Unterlagen zu äußern. Die beiden Fachkräfte des Antragsgegners seien im Rahmen der qualifizierten Inaugenscheinnahme aufgrund der äußeren Merkmale des Antragstellers zu Recht zu der Einschätzung gelangt, dass dieser volljährig sei. Dieser Eindruck sei durch das sichere Auftreten des Antragstellers und sein selbstständiges Verhalten während der zum damaligen Zeitpunkt bereits siebenmonatigen Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft für Erwachsene bestätigt worden.

d) Trotz der Angaben des Antragstellers zu seinem Alter liege ein Zweifelsfall nach § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, aufgrund dessen eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen gewesen wäre, nicht vor. Der Einwand der Bevollmächtigten des Antragstellers, dass ein solcher Fall gerade deshalb vorliege, weil die vorgelegten Unterlagen ein anderes Alter des Antragstellers auswiesen als das mittels der qualifizierten Inaugenscheinnahme festgestellte, greife nicht durch. Es bleibe demgegenüber festzuhalten, dass keine aussagekräftigen Ausweispapiere vorgelegt worden seien und auch den weiteren vorgelegten Dokumenten kein Beweiswert hinsichtlich des Alters des Alters des Antragstellers beigemessen werden könne. Vielmehr sei aufgrund der durchgeführten Inaugenscheinnahme mit hinreichender Sicherheit von der Volljährigkeit des Antragstellers auszugehen.

e) Angesichts der tragfähigen Alterseinschätzung von 22 Jahren handele es sich auch um einen Fall eindeutiger Volljährigkeit, für welchen eine qualifizierte Inaugenscheinnahme durch Jugendamtsmitarbeiter als zur Altersfeststellung geeignet angesehen werden könne. Dies gelte selbst dann, wenn man über einen sogenannten „Graubereich“ von ein bis zwei Jahren über der gesetzlichen Altersgrenze von 18 Jahren hinaus einen weiteren „Sicherzuschlag“ von nochmals zwei bis drei Jahren gewähre, um in Anbetracht erheblicher Schwankungsbreiten selbst medizinischer Untersuchungsmethoden von bis zu fünf Jahren dem Kindeswohl angemessen Rechnung zu tragen und jeder vermeidbaren Fehlbeurteilung entgegen zu wirken. Der Antragsteller liege mit seinem Alter bereits außerhalb der Grenze dieses von erheblicher Unsicherheit geprägten Bereichs.

10. Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren, vorläufig in Obhut genommen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung untergebracht zu werden, weiter. Gleichzeitig beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stehe seine Volljährigkeit nicht fest. Die hierzu getroffenen Feststellungen des Antragsgegners seien unbrauchbar. Er halte weiter daran fest, am 5. Januar 2000 geboren zu sein. Ein Ausweisdokument mit Lichtbild könne er jedoch nach wie vor nicht vorlegen. Allerdings habe er über einen Rechtsanwalt in Syrien eine Geburtsurkunde angefordert und inzwischen auch erhalten, die seine Angaben bestätige. Das Original der Geburtsurkunde und eine Übersetzung wurden vorgelegt. Soweit in den Akten Angaben enthalten seien, die seinen Angaben widersprächen, sei dies auf willkürliche Eintragungen und Schreibweisen verschiedener Sachbearbeiter zurückzuführen, die er nicht habe beeinflussen können. Keine der unterschiedlichen Schreibweisen sei von ihm in vorwerfbarer Weise verursacht worden. Ebenso wenig habe er angegeben, die vorgelegten Dokumente seien von seinen Eltern besorgt worden. Auch insoweit handele es sich lediglich um Vermerke, die von den zuständigen Sachbearbeitern erstellt worden seien, ohne dass ihm Gelegenheit gegeben worden sei, sich hierzu zu äußern. Er habe stets angegeben, dass die Dokumente von seinem Schwager besorgt worden seien, der noch in Syrien lebe. Der Vorwurf, er habe widersprüchliche Angaben gemacht, entbehre daher jeder Grundlage. Die Überzeugungsbildung des Verwaltungsgerichts erweise sich infolgedessen als nicht tragfähig. Die Kammer führe selbst aus, dass es auch bei medizinischen Untersuchungsmethoden eine erhebliche Schwankungsbreite von bis zu fünf Jahren gebe. Angesichts dessen sei nicht ersichtlich, wie das Gericht der Einschätzung der Fachkräfte, er sei 22 Jahre alt und damit volljährig, eine derartige Genauigkeit beimessen könne, zumal nicht einmal dargelegt werde, über welche Qualifikation die beiden Fachkräfte im Hinblick auf Fragen der Altersfeststellung überhaupt verfügten. Jedenfalls seien die maßgeblichen Gründe für das Ergebnis der qualifizierten Inaugenscheinnahme weder nachvollziehbar noch überprüfbar begründet worden. Es sei lediglich auf äußere körperliche Merkmale abgestellt worden, was nicht ausreichend sei. Infolgedessen bestünden zwar Zweifel an seiner Selbstauskunft fort, die jedoch vom Jugendamt nicht widerlegt worden seien. Prozessual sei daher vom Vorliegen von Minderjährigkeit auszugehen.

Der Antragsgegner tritt dem entgegen. Er verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die unterschiedliche Schreibweise des Namens des Antragstellers sei nie ein Kriterium für die Altersfeststellung gewesen. Ebenso wenig hätten die Fachkräfte des Jugendamts die Altersfeststellung alleine auf der Grundlage des äußeren Erscheinungsbildes des Antragstellers getroffen. Zusätzlich zu diesem seien dessen ruhiges und gereiftes Auftreten, die sichere Vorstellung in seinen Wünschen und dem, was er erreichen wolle sowie die Tatsache, dass er seit Monaten in der Gemeinschaftsunterkunft lebe, ohne einen Hilfebedarf zu entwickeln, wie er für Jugendliche typisch wäre, maßgeblich gewesen. Darüber hinaus seien auch die bis zum Widerspruchsverfahren vorgelegten Dokumente zweifelhaft erschienen. Ebenso wenig sei die Beibringung neuer Dokumente geeignet, die bestehenden Zweifel ausräumen. Der Antragsteller sei auch sehr wohl mit den Zweifeln an seinem Alter konfrontiert worden. Allerdings habe er keine weiteren Argumente vortragen können, die die bestehenden Zweifel hätten ausräumen können. Er habe stets nur seine Altersangabe wiederholt. Soweit die Kompetenz der an der Altersfeststellung beteiligten Fachkräfte in Zweifel gezogen werde, sei darauf hinzuweisen, dass die eine Fachkraft seit ca. 30 Jahren im Bereich Vormundschaften arbeite und die andere seit rund 11 Jahren im Jugendamt tätig und seit Frühjahr 2015 mit Altersfeststellungen befasst sei. Aus der Sicht des Jugendamts unterliege die Volljährigkeit des Antragstellers nach wie vor keinen Zweifeln.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch das Verwaltungsgericht kann keinen Bestand haben. Nach den gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu prüfenden Gründen hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund für die begehrte einstweilige Anordnung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. § 920 ZPO).

1. Gemäß § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 42a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII sind ausländische Kinder oder Jugendliche, die unbegleitet nach Deutschland einreisen, (vorläufig) in Obhut zu nehmen. Die Inobhutnahme erfolgt aus Gründen des Kindeswohls und ist unabhängig davon, ob der Betreffende die Eigenschaft eines Flüchtlings besitzt. Voraussetzung ist jedoch in jedem Fall die Minderjährigkeit. Eine Inobhutnahme Volljähriger ist rechtswidrig (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833 u. 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 13; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 9).

a) Das Verfahren zur Feststellung der Minderjährigkeit ist seit dem 1. November 2015 in § 42 f Abs. 1 und 2 SGB VIII ausdrücklich gesetzlich normiert (BGBl I, S. 1802). Danach ist die Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in die Ausweispapiere festzustellen (§ 42 f Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGB VIII). Sind aussagekräftige Ausweispapiere nicht vorhanden, bleibt zunächst nur die Selbstauskunft des Betroffenen (vgl. OVG Bremen, B.v. 18.11.2015 - 2 B 221/15, 2 PA 223/15 -, JAmt 2016, 42 [43]). Dieser kommt besondere Bedeutung zu (so mit Recht Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www.sgb-wiesner.de § 42f N 6: „Primat der Selbstauskunft“). Begegnet diese Zweifeln, ist eine Alterseinschätzung und -feststellung in Form einer qualifizierten Inaugenscheinnahme vorzunehmen (§ 42 f Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VIII). In Zweifelsfällen ist auf Antrag des Betroffenen bzw. seines Vertreters oder von Amts wegen durch das Jugendamt eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen (§ 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Dabei handelt es sich nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut („hat“) um eine gebundene Entscheidung mit der Folge, dass dem Jugendamt ein Ermessen nicht zukommt (vgl. Kepert, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 42f Rn. 5; siehe auch BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 14; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 10).

Dieses abgeschichtete Verfahren entspricht im Wesentlichen den „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“, die auf der 116. Arbeitstagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vom 14. bis 16. Mai 2014 in Mainz beschlossen wurden. Die Gesetzesbegründung zu § 42 f SGB VIII nimmt ausdrücklich auf diese Handlungsempfehlungen Bezug (vgl. BT-Drs. 18/6392, S. 20). Durch dieses Verfahren wird dem Umstand Rechnung getragen, dass viele der Jugendlichen ohne gültige Papiere nach Europa kommen und auch sonst kaum Möglichkeiten besitzen, ihr Alter zu dokumentieren. In vielen Herkunftsländern der südlichen Hemisphäre besitzt das Geburtsdatum keine besondere Bedeutung und wird deshalb auch nicht in Geburtsregistern erfasst (vgl. Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42f. Rn. 20). Gibt eine Person an, minderjährig zu sein, oder liegen anderweitige Hinweise vor, dass eine Person minderjährig sein kann, muss dies mit besonderer Sorgfalt geprüft werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 15; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 11). Da es keine Methode gibt, mit der das genaue Alter einer Person bestimmt werden kann, ist es umso notwendiger, dass dieser Unsicherheit in der Einschätzung des Alters durch transparente Verfahrensstandards, die kindgerecht auszugestalten sind, begegnet wird (so zutreffend Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www.sgb-wiesner.de § 42f N 1).

Das Ergebnis der Alterseinschätzung ist dabei nicht Voraussetzung für eine vorläufige Inobhutnahme, vielmehr ist die Alterseinschätzung selbst erst Aufgabe im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme. Eine vorläufige Inobhutnahme ist deshalb bereits dann möglich und geboten, wenn das Alter des jungen Menschen noch nicht sicher festgestellt ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833 u. 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 23; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 16; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 12; OVG Bremen, B.v. 18.11.2015 - 2 B 221/15, 2 PA 223/15 -, JAmt 2016, 42 [43]; ebenso Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www.sgb-wiesner.de § 42f N 4). Mit Blick auf das Ziel, Minderjährige wirksam vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen, kann eine Inobhutnahme deshalb nicht mit der Erwägung abgelehnt werden, die Minderjährigkeit des Betroffenen erscheine zweifelhaft (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 16; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 12). Vielmehr hat die Alterseinschätzung in einem solchen Fall nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme zu erfolgen (so zutreffend Kirchhoff, in: juris PK-SGB VIII, § 42f Rn. 14; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www.sgb-wiesner.de § 42f N 4).

b) Kann der Betroffene kein aussagekräftiges Ausweispapier vorlegen und ist seine Selbstauskunft nicht zweifelsfrei, so ist eine qualifizierte Inaugenscheinnahme (§ 42 f Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VIII) durchzuführen. Diese erstreckt sich auf das äußere Erscheinungsbild, das nach nachvollziehbaren Kriterien zu würdigen ist. Darüber hinaus schließt sie - unter Hinzuziehung eines Sprachmittlers - in jedem Fall eine Befragung des Betroffenen ein, in der dieser mit den Zweifeln an seiner Eigenangabe zu konfrontieren und ihm Gelegenheit zu geben ist, diese Zweifel auszuräumen (so zutreffend OVG Bremen, B.v. 22.2.2016 - 1 B 303/15 -, NVwZ-RR 2016, 592 f. Rn. 13; siehe auch BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 17; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 13). Die im Gespräch gewonnenen Informationen zum Entwicklungsstand sind im Einzelnen zu bewerten. Maßgeblich ist der Gesamteindruck, der neben dem äußeren Erscheinungsbild insbesondere die Bewertung der im Gespräch gewonnenen Informationen zum Entwicklungsstand umfasst (vgl. Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www.sgb-wiesner.de § 42f N 7). Gegebenenfalls sind weitere Unterlagen beizuziehen. Das Verfahren ist stets nach dem Vier-Augen-Prinzip von mindestens zwei beruflich erfahrenen Mitarbeitern des Jugendamts durchzuführen (vgl. OVG Bremen, B.v. 22.2.2016 - 1 B 303/15 -, NVwZ-RR 2016, 592 f. Rn. 13 unter Bezugnahme auf BT-Drs. 18/6392, S. 20 und die dort erwähnten „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter vom Mai 2014). Das Ergebnis dieses Verfahrens ist in nachvollziehbarer und überprüfbarer Weise zu dokumentieren, insbesondere muss die Gesamtwürdigung in ihren einzelnen Begründungsschritten transparent sein (so zutreffend OVG Bremen, B.v. 22.2.2016 - 1 B 303/15 -, NVwZ-RR 2016, 592 f. Rn. 16; siehe auch BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 17; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 13).

c) Führt die qualifizierte Inaugenscheinnahme nicht zu einem hinreichend sicheren Ergebnis, bleiben mit anderen Worten Zweifel, so ist eine medizinische Untersuchung zu veranlassen (§ 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Derartige Zweifel bestehen immer dann, wenn nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass ein fachärztliches Gutachten zu dem Ergebnis kommen wird, der Betroffene sei noch minderjährig (vgl. bereits BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833 u. 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 23; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 18; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 14; siehe auch Kirchhoff, in: juris PK-SGB VIII, § 42f Rn. 26), denn im Hinblick auf die im Jugendhilfeverfahren entsprechend anwendbare Regelung des Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU (vgl. hierzu bereits BayVGH, B.v. 5.7.2016 - 12 CE 16.1186 - juris, Rn. 22 m. w. N.) ist bezüglich des Alters eines Antragstellers zwingend davon auszugehen, dass dieser noch minderjährig ist, solange entsprechende Zweifel nicht ausgeräumt werden können und deshalb weiter fortbestehen (vgl. Kirchhoff, in: jurisPK-SGB VIII, § 42f Rn. 27; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www.sgb-wiesner.de § 42f N 9; Winkler, in: BeckOK Sozialrecht, § 42 f SGB VIII Rn. 9; siehe auch BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 - juris, Rn. 18; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 14).

d) Ob ein solcher Zweifelsfall vorliegt, unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff ohne Beurteilungsspielraum umfassender verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Dies schließt eine wie auch immer geartete Einschätzungsprärogative des Jugendamts von vornherein aus. Das Ergebnis einer qualifizierten Inaugenscheinnahme nach § 42 f Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VIII ist daher von den Verwaltungsgerichten im Hinblick auf gleichwohl fortbestehende Zweifel an der Minder- bzw. Volljährigkeit des Betroffenen nicht lediglich daraufhin zu überprüfen, ob alle relevanten Verfahrensvorschriften eingehalten wurden, sämtliche zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft und von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen wurde, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe beachtet und der Gehalt der anzuwendenden Begriffe und der gesetzliche Rahmen, in dem diese sich bewegen, erkannt wurde und keine sachfremden Erwägungen in die Beurteilung eingeflossen sind (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 - juris, Rn. 19; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 15).

Ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn und soweit das Jugendamt durch das Achte Buch Sozialgesetzbuch zur abschließenden Beurteilung ermächtigt würde (vgl. hierzu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Juli 2014, Art. 19 Abs. 4 Rn. 191 ff.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 160 ff.). Gerade dies indes ist nicht der Fall, wie die in § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII vorgesehene Verpflichtung des Jugendamts zeigt, in Zweifelsfällen eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen. § 42 f Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB VIII begründet daher keine normative Ermächtigung zur administrativen Letztentscheidung, die allein eine Reduzierung der Kontrolldichte zur Folge haben könnte (vgl. Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 185 ff.). Fragen sachlicher und fachlicher Richtigkeit sind stets von den (Verwaltungs-)Gerichten zu überprüfen (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 177 m. w. N.; siehe hierzu auch bereits BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 20; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 16).

Ebenso wenig handelt es sich bei den die qualifizierte Inaugenscheinnahme durchführenden Mitarbeitern des Jugendamts um weisungsfreie, interessenpluralistisch zusammengesetzte, auf dem Gebiet der Altersfeststellung mit besonderer (medizinischer) Sachkunde ausgestattete Personen oder Gremien (vgl. hierzu Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 195; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 192, 204 ff.). Wenn bereits die Ergebnisse ärztlicher Untersuchungsmethoden mit erheblichen Unwägbarkeiten und Schwankungsbreiten behaftet sind (vgl. näher Kirchhoff, in: jurisPR-SozR 2/2016 Anm. 1, S. 6 m. w. N.), kann der Einschätzung von Mitarbeitern eines Jugendamts ein weitergehender Erkenntniswert erst recht nicht beigemessen werden. Bei der Feststellung von Tatsachenbegriffen - wie insbesondere dem der Minder- oder Volljährigkeit - ist die Annahme einer Beurteilungsermächtigung vielmehr im Gegenteil grundsätzlich abzulehnen (so ausdrücklich Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 40 Rn. 211). Eine Reduzierung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolldichte kommt daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 -, juris, Rn. 21; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 17).

Die im bereits abgeschlossenen Verfahren 12 CS 16.1550 geäußerte Auffassung der Landesanwaltschaft Bayern, Zweifel bei der Feststellung des Alters im Sinne von § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bestünden nur dann, wenn die Altersbeurteilungen der mit der Einschätzung befassten Fachkräfte des Jugendamts nicht übereinstimmten oder die Prüfpersonen erhebliche Zweifel hätten, dass das Altersbegutachtungsverfahren ohne medizinischen Sachverstand zu einem schlüssigen Ergebnis führen könne, greift daher notgedrungen ins Leere. Ungeachtet dessen wäre eine solche Interpretation auch mit dem in § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII ausdrücklich normierten Antragsrecht der Betroffenen unvereinbar (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 22; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 18).

e) Ausgehend von der Tatsache, dass eine exakte Bestimmung des Lebensalters weder auf medizinischem, psychologischem, pädagogischem oder anderem Wege möglich ist, alle bekannten Verfahren - auch eine ärztliche Untersuchung - allenfalls Näherungswerte liefern können, manche medizinischen Untersuchungsmethoden zum Teil eine Schwankungsbreite von bis zu fünf Jahren aufweisen (vgl. näher Kirchhoff, in: jurisPR-SozR 2/2016 Anm. 1, S. 6 m. w. N.) und allgemein von einem so genannten „Graubereich“ von ca. ein bis zwei Jahren (über der gesetzlichen Altersgrenze von 18 Jahren) auszugehen ist (vgl. hierzu näher Ziff. 5.1.2 der in der Gesetzesbegründung zu § 42f SGB VIII [BT-Drs. 18/6392 S. 20] ausdrücklich in Bezug genommenen „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ vom Mai 2014, S. 15), kann eine qualifizierte Inaugenscheinnahme durch Mitarbeiter eines Jugendamts gemäß § 42 f Abs. 1 Satz 2 2. Alt. SGB VIII allenfalls dann als zur Altersfeststellung geeignet angesehen werden, wenn es darum geht, für jedermann ohne Weiteres erkennbare (offensichtliche), gleichsam auf der Hand liegende, über jeden vernünftigen Zweifel erhabene Fälle eindeutiger Volljährigkeit auszuscheiden, in welchen ein Sich-Berufen des Betroffenen auf den Status der Minderjährigkeit selbst vor dem Hintergrund möglicher eigener Unkenntnis vom genauen Geburtsdatum als evident rechtsmissbräuchlich erscheinen muss (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 - juris, Rn. 23; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 19).

In allen anderen Fällen ist hingegen vom Vorliegen eines Zweifelsfalls auszugehen, der entweder auf Antrag des Betroffenen bzw. seines gesetzlichen Vertreters oder aber von Amts wegen durch das Jugendamt zur Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung gemäß § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII zwingt. Letzteres gilt namentlich in dem in den „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vom Mai 2014“ angesprochenen „Graubereich“ von rund ein bis zwei Jahren (über der gesetzlichen Altersgrenze von 18 Jahren). Mindestens in diesem Grenzbereich ist mit Blick auf die auf das Jugendhilferecht entsprechend anwendbare, in Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU enthaltene Zweifelsregel („im Zweifel pro Minderjährigkeit“) vom Vorliegen eines Anwendungsfalls des § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII auszugehen. Angesichts der erheblichen Schwankungsbreiten medizinischer Untersuchungsmethoden von bis zu fünf Jahren (vgl. näher Kirchhoff, in: jurisPR-SozR 2/2016 Anm. 1, S. 6 m. w. N.), wird es darüber hinaus eines „Sicherheitszuschlages“ von weiteren zwei bis drei Jahren bedürfen, um dem Kindeswohl angemessen Rechnung zu tragen und jeder vermeidbaren Fehlbeurteilung entgegenzuwirken (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 - juris, Rn. 24; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 20).

f) In sich widersprüchlicher Vortrag des Betroffenen über sein Alter kann vor dem Hintergrund, dass dem Geburtsdatum in vielen Herkunftsländern der südlichen Hemisphäre keine besondere Bedeutung beigemessen wird (vgl. hierzu näher Kirchhoff, in: juris PK-SGB VIII, § 42f Rn. 20; Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www.sgb-wiesner.de § 42f N 6) und entsprechenden Angaben in Ausweispapieren deshalb ein Beweiswert nicht zukommt (vgl. OVG NRW, B.v. 29.9.2014 - 12 B 923/14 - juris, Rn. 11 ff.; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 4.3.2013 - OVG 6 S 3.13, OVG 6 MOVG 6 M 5.13 - juris, Rn. 6), nicht zum Nachteil des betroffenen Antragstellers gewertet werden. Denn auch derjenige, der über sein Alter, etwa infolge von nicht auszuschließender Unkenntnis, widersprüchliche Angaben macht, kann gleichwohl (noch) minderjährig sein (verkannt von OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 1.4.2016 - OVG 6 S 7.16, OVG 6 M 20.16 -, NVwZ-RR 16, 594 f. - Leitsatz). Widersprüchlicher Vortrag begründet vielmehr im Gegenteil das Vorliegen von Zweifeln an der Selbstauskunft des Betroffenen (so zutreffend Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, Nachtrag unter www.sgb-wiesner.de § 42f N 6), denen durch Anwendung des § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII von Amts wegen durch Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung weiter nachzugehen ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 - juris, Rn. 25; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 21).

Eine Alterseinschätzung allein aufgrund bestimmter äußerlicher körperlicher Merkmale stellt für sich genommen keine ausreichende Grundlage dar. Dies gilt auch dann, wenn sie durch Personal erfolgt, das in diesem Bereich erfahren ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 26; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22). Eine (einigermaßen) zuverlässige Altersdiagnostik setzt vielmehr voraus, dass im Wege einer zusammenfassenden Begutachtung die Ergebnisse einer körperlichen Untersuchung, gegebenenfalls auch einer Röntgenuntersuchung der Hand und der Schlüsselbeine, sowie einer zahnärztlichen Untersuchung zu einer abschließenden Altersdiagnose zusammengeführt werden (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 - juris, Rn. 26; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22; OLG München, B.v. 15.3.2012 - 26 UF 308/12 - juris, Rn. 9; siehe auch Trenzcek, in: Münder/Meysen/Trenzcek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 42 Rn. 22 m. w. N.). An dieser Rechtsauffassung hält der Senat auch nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 42 f SGB VIII fest und sieht sich durch die in dieser Vorschrift getroffene Anordnung, dass in sämtlichen Zweifelsfällen auf Antrag des Betroffenen bzw. seines Vertreters oder von Amts wegen durch das Jugendamt eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen ist, in seiner bisherigen Rechtsansicht ausdrücklich bestätigt. Sind bereits die Ergebnisse ärztlicher Untersuchungsmethoden mit erheblichen Unwägbarkeiten und Schwankungsbreiten behaftet, so kann der Einschätzung von Mitarbeitern eines Jugendamts - mit Ausnahme der Feststellung auch von einem Facharzt nicht anders bewertbarer Fälle offensichtlichen Rechtsmissbrauchs - ein weiterer Erkenntniswert erst recht nicht beigemessen werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16. 1550 - juris, Rn. 26; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22).

g) Ungeachtet dessen führen nach der ständigen Rechtsprechung des Senats betreffend die Inobhutnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge verbleibende Zweifel am Alter des eine Inobhutnahme begehrenden Antragstellers im einstweiligen Anordnungsverfahren zu einer reinen Folgenabwägungsentscheidung, bei der angesichts der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG der Wertung des Gesetzgebers, die Unterbringung und Erstversorgung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge der Primärzuständigkeit der Jugendämter zu überantworten (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII, § 42a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) und des von Verfassungs wegen gebotenen Schutzes Minderjähriger (Art. 6 Abs. 1 GG) regelmäßig dazu, dass die persönlichen Interessen des Antragstellers möglicherweise entgegenstehende öffentliche Belange überwiegen (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 23 ff.; B.v. 5.7.2016 - 12 CE 16.1186 - juris, Rn. 23). Lässt sich mithin eine verlässliche Klärung des Alters nicht kurzfristig herbeiführen, so hat das Jugendamt dann, wenn die Minderjährigkeit des Betroffenen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, eine Inobhutnahme gleichwohl anzuordnen, bis das tatsächliche Alter des Betroffenen festgestellt ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 23) oder aber die Zweifelsregel des entsprechend anwendbaren Art. 25 Abs. 5 UAbs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU gebietet, wegen nicht ausräumbarer Ungewissheit weiterhin vom Vorliegen von Minderjährigkeit auszugehen (vgl. bereits BayVGH, B.v. 5.7.2016 - 12 CE 16.1186 - juris, Rn. 24; B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 27; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 23). Dabei ist zugunsten des Minderjährigen jeweils das geringstmögliche Lebensalter zu unterstellen (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 27; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 23).

2. Entsprechend diesem Maßstab kann die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 3. November 2016 nicht aufrechterhalten werden.

a) Dem Verwaltungsgericht ist zwar darin beizupflichten, dass vorliegend weder die vorgelegten Dokumente noch die Selbstauskunft des Antragstellers einen zweifelsfreien Beleg für die behauptete Minderjährigkeit des Antragstellers bieten, weil die vorgelegten Unterlagen entweder - mangels Lichtbild - bereits nicht erkennen lassen, dass der Antragsteller tatsächlich diejenige Person ist, für die eine Geburt am 5. Januar 2000 in A.-H. (Syrien) bezeugt wird, oder es sich nicht um amtliche Dokumente (Zeugnis des Dorfvorstehers) handelt mit der Folge, dass die Selbstauskunft des Antragstellers - jedenfalls derzeit - nicht verifizierbar ist. Gleiches gilt im Hinblick auf die zwischenzeitlich im Beschwerdeverfahren vorgelegte neue Geburtsurkunde. Der Antragsteller trägt selbst vor, dass es ihm nach wie vor nicht möglich sei, ein (Ausweis-) Dokument mit Lichtbild vorzulegen.

b) Das Verwaltungsgericht übersieht jedoch, dass eine Alterseinschätzung allein aufgrund bestimmter äußerlicher körperlicher Merkmale - wie vorliegend vom Jugendamt praktiziert - nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BayVGH, Beschluss v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; Beschluss v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 26; Beschluss vom 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22) für sich genommen keine ausreichende Grundlage für die Annahme von Volljährigkeit darstellt. Daran vermag auch die ergänzende Heranziehung weiterer Kriterien, wie beispielsweise ein ruhiges und sicheres Auftreten, eine feste Vorstellung von dem, was man im Leben erreichen möchte oder ein bisher problemloses Zurechtkommen in der Gemeinschaftsunterkunft ohne jugendtypischen Hilfebedarf, nichts zu ändern. Derartige Kriterien und Fähigkeiten besitzen für die Altersfeststellung keinerlei Aussagekraft, weil auch ein (reifer) jugendlicher Minderjähriger bereits über sie verfügen kann.

aa) Eine qualifizierte Inaugenscheinnahme durch Mitarbeiter eines Jugendamtes gemäß § 42 f Abs. 1 Satz 2 2. Alt. SGB VIII kann - wie bereits eingehend dargelegt - allenfalls dann als zur Altersfeststellung geeignet angesehen werden, wenn es darum geht, für jedermann ohne Weiteres erkennbare (offensichtliche), gleichsam auf der Hand liegende, über jeden vernünftigen Zweifel erhabene Fälle eindeutiger Volljährigkeit auszuscheiden, in welchen ein Sich-Berufen des Betroffenen auf den Status der Minderjährigkeit selbst vor dem Hintergrund möglicher eigener Unkenntnis vom genauen Geburtsdatum als evident rechtsmissbräuchlich erscheinen muss (BayVGH, Beschluss v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 23; Beschluss vom 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 19). In allen anderen Fällen ist dagegen vom Vorliegen eines Zweifelfalls im Sinne von § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII auszugehen, der entweder auf Antrag des Betroffenen bzw. seines gesetzlichen Vertreters oder aber von Amts wegen durch das Jugendamt zur Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung gemäß § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII zwingt (vgl. BayVGH, Beschluss v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 24; Beschluss v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 20).

Zweifel im Sinne dieser Vorschrift bestehen im Hinblick auf die im Jugendhilfeverfahren entsprechend anwendbare Regelung des Art. 25 Abs. 5 UAbs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU nämlich bereits stets dann, wenn nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass ein fachärztliches Gutachten zu dem Ergebnis kommen wird, der Betroffene sei noch minderjährig (vgl. BayVGH, Beschluss v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 18; Beschluss v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 14). Eine (einigermaßen) zuverlässige Altersdiagnostik setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats stets voraus, dass im Wege einer zusammenfassenden Begutachtung die Ergebnisse einer körperlichen Untersuchung, gegebenenfalls auch einer Röntgenuntersuchung der Hand und der Schlüsselbeine, sowie einer zahnärztlichen Untersuchung zu einer abschließenden Altersdiagnose zusammengeführt werden (vgl. BayVGH, Beschluss v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 21; Beschluss v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 26; Beschluss v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 22 jeweils m. w. N.).

bb) Der Antragsteller gehört ersichtlich nicht zum Kreis der beschriebenen, für jedermann ohne Weiteres erkennbaren (offensichtlichen), gleichsam auf der Hand liegenden, über jeden vernünftigen Zweifel erhabenen Fälle eindeutiger Volljährigkeit, in welchen auch von einem Facharzt kein anderes Urteil zu erwarten ist und ein Sich-Berufen des Betroffenen auf den Status der Minderjährigkeit als evident rechtsmissbräuchlich erscheinen muss. Vielmehr kann angesichts der erheblichen Schwankungsbreite medizinischer Feststellungen zur Altersdiagnostik auch vorliegend nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass ein fachärztliches Gutachten zu dem Ergebnis kommen wird, der Betroffene sei noch minderjährig. Die Mitarbeiterinnen des Jugendamts stellten bei ihrer Beurteilung letztlich allein auf das äußere Erscheinungsbild des Antragstellers und den von ihnen aus dessen Verhalten gewonnenen - persönlichen - Eindruck ab, ohne dass insoweit eine Objektivierung der gewonnenen Erkenntnisse stattfände und für einen außenstehenden Dritten nachvollziehbar würde. Es fehlt jede Transparenz der einzelnen Begründungsschritte und des Gesamtergebnisses (vgl. auch bereits BayVGH B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 28; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 24). Allein aufgrund der Kriterien Bartwuchs, ausgeprägte Stirnfalten, postpubertärer Körperbau, selbstsicheres, reifes Auftreten, gereifter Gesamteindruck, erwachsene Stimmlage, ausgeprägter Kehlkopf und kantige, männliche Gesichtszüge lässt sich das Alter eines Menschen auch durch in der Jugendhilfe erfahrene Fachkräfte nicht bestimmen. Gleiches gilt im Hinblick auf die Heranziehung weiterer (vermeintlicher) Hilfskriterien, wie beispielsweise ein ruhiges und gereiftes Auftreten, eine sichere Vorstellung von der weiteren eigenen Entwicklung oder ein bislang problemloses Zurechtkommen in der Aufnahmeeinrichtung.

Vor dem Hintergrund, dass selbst die Ergebnisse ärztlicher Untersuchungsmethoden mit enormen Schwankungsbreiten behaftet sind (vgl. BayVGH B.v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 21; B.v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 17 jeweils m. w. N.), entbehrt insbesondere die Festlegung des Alters des Antragstellers durch die Mitarbeiterinnen des Jugendamtes auf (gerade) 22 Jahre jeder Grundlage. Dieser rein spekulativen und damit letztlich zugleich auch objektiv willkürlichen Festlegung kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keinerlei Erkenntniswert beigemessen werden. Nach dem derzeitigen Sachstand lässt sich gerade nicht ausschließen, dass ein fachärztliches Gutachten zu dem Ergebnis kommen wird, der Antragsteller sei noch minderjährig.

Der Antragsgegner wird deshalb unverzüglich von Amts wegen eine ärztliche Untersuchung des Antragstellers gemäß § 42 f Abs. 2 Satz 1 SGB VIII in die Wege leiten, um damit die Grundlage für eine einigermaßen verlässliche Entscheidung in der Hauptsache zu schaffen, sofern ihm nicht bereits - gegebenenfalls nach weiterer Überprüfung der Echtheit und des Beschaffungsweges - die im Beschwerdeverfahren vorgelegte, über einen syrischen Rechtsanwalt besorgte neue Geburtsurkunde als ausreichender Beleg der Minderjährigkeit des Antragstellers genügt, auch wenn diese (naturgemäß) ein Lichtbild nicht enthält.

Lässt sich - wie hier - eine verlässliche Klärung des Alters nicht kurzfristig herbeiführen, so hat das Jugendamt dann, wenn die Minderjährigkeit des Betroffenen nicht sicher ausgeschlossen werden kann, eine Inobhutnahme gleichwohl anzuordnen, bis das tatsächliche Alter des Betroffenen festgestellt ist (vgl. BayVGH, Beschluss v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 CE 112 CE 14.1865 -, NVwZ-RR 2014, 959 [961] Rn. 23; Beschluss v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 27; Beschluss v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 23) oder aber die Zweifelsregel des entsprechend anwendbaren Art. 25 Abs. 5 UAbs. 1 Satz 2 RL 2013/32/EU gebietet, wegen nicht ausräumbarer Ungewissheit weiterhin vom Vorliegen von Minderjährigkeit auszugehen (vgl. bereits BayVGH, Beschluss v. 5.7.2016 - 12 CE 16.1886 - juris, Rn. 24; Beschluss v. 16.8.2016 - 12 CS 16.1550 - juris, Rn. 27; Beschluss v. 18.8.2016 - 12 CE 16.1570 - juris, Rn. 23).

c) Der Antragsteller ist deshalb bis zur endgültigen Klärung seines Alters im Hauptsacheverfahren in Obhut zu nehmen und in einer geeigneten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen; er hat sowohl den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsanspruch als auch den hierfür nötigen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 u. 3 VwGO i. V. m. § 920 ZPO) und kann deshalb nicht darauf verwiesen werden, bis zur endgültigen Klärung seines Alters einstweilen in der Asylbewerberunterkunft zu verbleiben, da eine Unterbringung dort und eine solche in einer Jugendhilfeeinrichtung oder in einer Pflegefamilie (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 2 1. Halbs. SGB VIII) nicht annähernd gleichwertig sind (vgl. BVerwG, Urteil. v. 24.6.1999 - 5 C 24.98 -, BVerwGE 109, 155 [161 ff.]; BayVGH, Beschluss v. 23.9.2014 - 12 CE 14.1833, 12 C 1412 C 14.1865 -, NVwZ-RR 959 [961] Rn. 27). Dem Antrag ist daher mit dem aus dem Entscheidungstenor ersichtlichen Inhalt zu entsprechen. Damit entfällt zugleich das Bedürfnis für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Die Versagung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht hat der Antragsteller nicht mit der Beschwerde angefochten.

3. Der Senat wird alle Entscheidungen der Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte beanstanden, in welchen entgegen Inhalt und Geist der in den Entscheidungen vom 16. August 2016 - 12 CS 16.1550 - und 18. August 2016 - 12 CE 16.1570 - im Einzelnen entfalteten Maßstäbe und Grundsätze eine vorläufige Inobhutnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge unterbleibt.

4. Aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit der Rechtssache - der mutmaßlich noch minderjährige Antragsteller befindet sich derzeit in einer Asylbewerberunterkunft für Erwachsene - muss die Entscheidung ohne weitere Gewährung rechtlichen Gehörs ergehen.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we
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published on 23/09/2014 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. August 2014 - M 18 E 14.3412 - wird aufgehoben. II. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller bis zur endgültigen
published on 18/08/2016 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 18. Juli 2016 - M 18 E 16.2783 - wird aufgehoben. II. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin bis zur endgültig
published on 16/08/2016 00:00

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 7. Juli 2016 (M 18 S7 16.2804) wird aufgehoben und der Antrag auf Abänderung des Beschlusses vom 2. Mai 2016 (M 18 E 16.1267) wird abgelehnt. Dadurch wird der Beschluss d
published on 05/07/2016 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die Beteiligten streiten über die vorläu
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published on 05/04/2017 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. III. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. IV. Die Rev
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Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein ausländisches Kind oder einen ausländischen Jugendlichen vorläufig in Obhut zu nehmen, sobald dessen unbegleitete Einreise nach Deutschland festgestellt wird. Ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher ist grundsätzlich dann als unbegleitet zu betrachten, wenn die Einreise nicht in Begleitung eines Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten erfolgt; dies gilt auch, wenn das Kind oder der Jugendliche verheiratet ist. § 42 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 2 und 3, Absatz 5 sowie 6 gilt entsprechend.

(2) Das Jugendamt hat während der vorläufigen Inobhutnahme zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen einzuschätzen,

1.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens gefährdet würde,
2.
ob sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland aufhält,
3.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten ausländischen Kindern oder Jugendlichen erfordert und
4.
ob der Gesundheitszustand des Kindes oder des Jugendlichen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme ausschließt; hierzu soll eine ärztliche Stellungnahme eingeholt werden.
Auf der Grundlage des Ergebnisses der Einschätzung nach Satz 1 entscheidet das Jugendamt über die Anmeldung des Kindes oder des Jugendlichen zur Verteilung oder den Ausschluss der Verteilung.

(3) Das Jugendamt ist während der vorläufigen Inobhutnahme berechtigt und verpflichtet, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen notwendig sind. Dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen und der mutmaßliche Wille der Personen- oder der Erziehungsberechtigten angemessen zu berücksichtigen.

(3a) Das Jugendamt hat dafür Sorge zu tragen, dass für die in Absatz 1 genannten Kinder oder Jugendlichen unverzüglich erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 49 Absatz 8 und 9 des Aufenthaltsgesetzes durchgeführt werden, wenn Zweifel über die Identität bestehen.

(4) Das Jugendamt hat der nach Landesrecht für die Verteilung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen zuständigen Stelle die vorläufige Inobhutnahme des Kindes oder des Jugendlichen innerhalb von sieben Werktagen nach Beginn der Maßnahme zur Erfüllung der in § 42b genannten Aufgaben mitzuteilen. Zu diesem Zweck sind auch die Ergebnisse der Einschätzung nach Absatz 2 Satz 1 mitzuteilen. Die nach Landesrecht zuständige Stelle hat gegenüber dem Bundesverwaltungsamt innerhalb von drei Werktagen das Kind oder den Jugendlichen zur Verteilung anzumelden oder den Ausschluss der Verteilung anzuzeigen.

(5) Soll das Kind oder der Jugendliche im Rahmen eines Verteilungsverfahrens untergebracht werden, so umfasst die vorläufige Inobhutnahme auch die Pflicht,

1.
die Begleitung des Kindes oder des Jugendlichen und dessen Übergabe durch eine insofern geeignete Person an das für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständige Jugendamt sicherzustellen sowie
2.
dem für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständigen Jugendamt unverzüglich die personenbezogenen Daten zu übermitteln, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 42 erforderlich sind.
Hält sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland auf, hat das Jugendamt auf eine Zusammenführung des Kindes oder des Jugendlichen mit dieser Person hinzuwirken, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Das Kind oder der Jugendliche ist an der Übergabe und an der Entscheidung über die Familienzusammenführung angemessen zu beteiligen.

(6) Die vorläufige Inobhutnahme endet mit der Übergabe des Kindes oder des Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder an das aufgrund der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde nach § 88a Absatz 2 Satz 1 zuständige Jugendamt oder mit der Anzeige nach Absatz 4 Satz 3 über den Ausschluss des Verteilungsverfahrens nach § 42b Absatz 4.

(1) Das Jugendamt hat im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme der ausländischen Person gemäß § 42a deren Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in deren Ausweispapiere festzustellen oder hilfsweise mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme einzuschätzen und festzustellen. § 8 Absatz 1 und § 42 Absatz 2 Satz 2 sind entsprechend anzuwenden.

(2) Auf Antrag des Betroffenen oder seines Vertreters oder von Amts wegen hat das Jugendamt in Zweifelsfällen eine ärztliche Untersuchung zur Altersbestimmung zu veranlassen. Ist eine ärztliche Untersuchung durchzuführen, ist die betroffene Person durch das Jugendamt umfassend über die Untersuchungsmethode und über die möglichen Folgen der Altersbestimmung aufzuklären. Ist die ärztliche Untersuchung von Amts wegen durchzuführen, ist die betroffene Person zusätzlich über die Folgen einer Weigerung, sich der ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, aufzuklären; die Untersuchung darf nur mit Einwilligung der betroffenen Person und ihres Vertreters durchgeführt werden. Die §§ 60, 62 und 65 bis 67 des Ersten Buches sind entsprechend anzuwenden.

(3) Widerspruch und Klage gegen die Entscheidung des Jugendamts, aufgrund der Altersfeststellung nach dieser Vorschrift die vorläufige Inobhutnahme nach § 42a oder die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 abzulehnen oder zu beenden, haben keine aufschiebende Wirkung. Landesrecht kann bestimmen, dass gegen diese Entscheidung Klage ohne Nachprüfung in einem Vorverfahren nach § 68 der Verwaltungsgerichtsordnung erhoben werden kann.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein ausländisches Kind oder einen ausländischen Jugendlichen vorläufig in Obhut zu nehmen, sobald dessen unbegleitete Einreise nach Deutschland festgestellt wird. Ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher ist grundsätzlich dann als unbegleitet zu betrachten, wenn die Einreise nicht in Begleitung eines Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten erfolgt; dies gilt auch, wenn das Kind oder der Jugendliche verheiratet ist. § 42 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 2 und 3, Absatz 5 sowie 6 gilt entsprechend.

(2) Das Jugendamt hat während der vorläufigen Inobhutnahme zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen einzuschätzen,

1.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens gefährdet würde,
2.
ob sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland aufhält,
3.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten ausländischen Kindern oder Jugendlichen erfordert und
4.
ob der Gesundheitszustand des Kindes oder des Jugendlichen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme ausschließt; hierzu soll eine ärztliche Stellungnahme eingeholt werden.
Auf der Grundlage des Ergebnisses der Einschätzung nach Satz 1 entscheidet das Jugendamt über die Anmeldung des Kindes oder des Jugendlichen zur Verteilung oder den Ausschluss der Verteilung.

(3) Das Jugendamt ist während der vorläufigen Inobhutnahme berechtigt und verpflichtet, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen notwendig sind. Dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen und der mutmaßliche Wille der Personen- oder der Erziehungsberechtigten angemessen zu berücksichtigen.

(3a) Das Jugendamt hat dafür Sorge zu tragen, dass für die in Absatz 1 genannten Kinder oder Jugendlichen unverzüglich erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 49 Absatz 8 und 9 des Aufenthaltsgesetzes durchgeführt werden, wenn Zweifel über die Identität bestehen.

(4) Das Jugendamt hat der nach Landesrecht für die Verteilung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen zuständigen Stelle die vorläufige Inobhutnahme des Kindes oder des Jugendlichen innerhalb von sieben Werktagen nach Beginn der Maßnahme zur Erfüllung der in § 42b genannten Aufgaben mitzuteilen. Zu diesem Zweck sind auch die Ergebnisse der Einschätzung nach Absatz 2 Satz 1 mitzuteilen. Die nach Landesrecht zuständige Stelle hat gegenüber dem Bundesverwaltungsamt innerhalb von drei Werktagen das Kind oder den Jugendlichen zur Verteilung anzumelden oder den Ausschluss der Verteilung anzuzeigen.

(5) Soll das Kind oder der Jugendliche im Rahmen eines Verteilungsverfahrens untergebracht werden, so umfasst die vorläufige Inobhutnahme auch die Pflicht,

1.
die Begleitung des Kindes oder des Jugendlichen und dessen Übergabe durch eine insofern geeignete Person an das für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständige Jugendamt sicherzustellen sowie
2.
dem für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständigen Jugendamt unverzüglich die personenbezogenen Daten zu übermitteln, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 42 erforderlich sind.
Hält sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland auf, hat das Jugendamt auf eine Zusammenführung des Kindes oder des Jugendlichen mit dieser Person hinzuwirken, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Das Kind oder der Jugendliche ist an der Übergabe und an der Entscheidung über die Familienzusammenführung angemessen zu beteiligen.

(6) Die vorläufige Inobhutnahme endet mit der Übergabe des Kindes oder des Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder an das aufgrund der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde nach § 88a Absatz 2 Satz 1 zuständige Jugendamt oder mit der Anzeige nach Absatz 4 Satz 3 über den Ausschluss des Verteilungsverfahrens nach § 42b Absatz 4.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.