Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2015 - 11 ZB 15.50101

published on 02/07/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2015 - 11 ZB 15.50101
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Verwaltungsgericht Ansbach, AN 4 K 14.50144, 11/03/2015

Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Beklagte wendet sich gegen die Aufhebung der Nr. 1 ihrer Bescheide vom 6. August 2014, mit denen sie die Asylanträge der Kläger als unzulässig abgelehnt hat.

Die Kläger sind nach eigenen Angaben kasachische Staatsangehörige und reisten von P. kommend am 11. März 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 13. März 2014 stellten sie Asylanträge, die zuerst als Folgeanträge behandelt wurden. Die Kläger wurden deshalb am 13. März 2014 sowohl über ihre Mitwirkungspflichten als Folgeantragsteller als auch nach Art. 4 i. V. m. Art. 18 Eurodac-VO belehrt und zu den Gründen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens angehört. Sie gaben in der Anhörung und ihrer schriftlichen Folgeantragsbegründung an, sie seien von den Niederlanden, wo sie ebenfalls einen Asylantrag gestellt hätten, freiwillig wieder nach Polen zurückgekehrt. Dort sei die Klägerin zu 2 ins Krankenhaus eingeliefert worden. Die Klägerin zu 8 habe sie mitgenommen, da sie diese noch gestillt habe. Daraufhin habe die Klägerin zu 8 wegen einem Verdacht auf TBC geröntgt werden sollen. Nachdem die Klägerin zu 2 dies verweigert habe, sei ihnen gedroht worden, sie müssten die Asylunterkunft verlassen, es würden die Sozialleistungen als auch die Nahrungsmittel gestrichen und sie kämen in Abschiebehaft. Daraufhin seien sie nach Deutschland ausgereist. Den Asylantrag in den Niederlanden hätten sie zurückgenommen. Das Asylverfahren in Polen sei noch nicht abgeschlossen gewesen.

Am 22. April 2014 stellte die Beklagte ein Wiederaufnahmeersuchen an die Republik Polen. Mit Schreiben vom 28. April 2014 stimmten die polnischen Behörden der Wiederaufnahme der Kläger nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Dublin III-VO zu. Mit zwei Bescheiden vom 6. August 2014 lehnte die Beklagte die Asylanträge als unzulässig ab (Nr. 1 der Bescheide) und ordnete die Abschiebung nach Polen an (Nr. 2 der Bescheide).

Im Lauf des Klageverfahrens hob die Beklagte mit Schriftsatz vom 13. Februar 2015 die Nr. 2 der Bescheide auf und erklärte, dass sie nach Ablauf der Überstellungsfrist für die Durchführung der Asylverfahren zuständig geworden sei. Die Nr. 1 der Bescheide sei aber aufrechtzuhalten, da es sich um Zweitanträge nach § 71a Abs. 1 AsylVfG handele. Gründe für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG seien von den Klägern nicht vorgetragen worden. Andere als vorgetragene Gründe könnten nicht berücksichtigt werden. Die Kläger seien daher durch die Bescheide nicht in ihren Rechten verletzt. Es würde ihnen Gelegenheit gegeben werden, sich in angemessener Frist abschließend schriftlich zu etwaigen Hinderungsgründen bezüglich einer Abschiebung in ihr Herkunftsland zu äußern. Sodann werde über eine Neufassung der Nr. 2 der Bescheide zu entscheiden sein. Eine Äußerung der Kläger im Klageverfahren zu diesem Schreiben erfolgte nicht. Eine Abschiebungsandrohung wurde nach Aktenlage bisher nicht erlassen.

Das Verwaltungsgericht Ansbach hat die Nr. 1 der Bescheide mit Urteil vom 11. März 2015 aufgehoben. Für eine Rechtsverletzung komme es nicht darauf an, ob der Ablauf der Überstellungsfrist ein subjektives Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland begründe. Das Verfahren werde durch den Fristablauf in den Zustand zurückversetzt, in dem es sich bei Antragstellung befunden habe und die Pflicht der Beklagten zur Behandlung des Asylantrags sowie das damit einhergehende Recht der Kläger auf Durchführung eines Asylverfahrens aus Art. 16a GG bzw. Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO lebe wieder auf. Ein der Prüfung des Asylantrags entgegenstehender Bescheid müsse daher aufgehoben werden. Eine Umdeutung der Bescheide in eine Ablehnung der Überprüfung des Zweitantrags nach § 71 a AsylVfG komme nicht in Betracht, da eine solche Entscheidung die ursprünglich im Dublin-Verfahren ergangene Entscheidung in ihrer rechtlichen Tragweite deutlich übersteige und gänzlich andere Rechtswirkungen habe. Die Dublin-Entscheidung erschöpfe sich in Zuständigkeitsfragen. Demgegenüber werde mit der Entscheidung zu § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt. Auch die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen würden eine Umdeutung verhindern. Die Kläger seien nicht zu den maßgeblichen Tatsachen des Zweitantrags angehört worden. Es habe nie die Gelegenheit bestanden, Wiederaufnahmegründe oder materielle Fluchtgründe vorzutragen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Kläger entgegentreten. Sie macht geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, denn aus der Antragsbegründung ergibt sich keine grundsätzliche Bedeutung nach § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG.

1. Die Beklagte macht geltend, es stelle sich die grundsätzliche Rechtsfrage, ob sich eine auf die anderweitig bestehende Verfahrenszuständigkeit berufende asylrechtliche Entscheidung ihrem Regelungsgehalt nach in der bloßen Feststellung der internationalen Verfahrenszuständigkeit und einer darauf gründenden Antragsablehnung erschöpfe oder darüber hinausgehend eine solche Antragsablehnung vielmehr, weil auf die Verneinung eines inhaltlichen Prüfanspruchs gerichtet, einen insgesamt diesen ablehnenden Verwaltungsakt darstelle. Darüber hinaus stelle sich die Frage, ob die Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig, bei der in der behördlichen Begründung tragend allein auf eine international andere Verfahrenszuständigkeit verwiesen ist, insbesondere wenn dies die Konstellation eines zugleich i. S. d. § 71a AsylVfG gegebenen Zweitantrags betrifft, auf anderer Rechtsgrundlage aufrechterhalten werden könne.

Mit diesen beiden Fragen soll offensichtlich geklärt werden, ob eine Entscheidung nach § 27a AsylVfG gemäß § 47 VwVfG in eine Entscheidung nach § 71a AsylVfG umgedeutet werden kann.

Diese Fragen sind im vorliegenden Verfahren aber nicht klärungsfähig, da eine Umdeutung nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG hier schon deshalb ausscheidet, weil die Rechtsfolgen des Verwaltungsakts, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, hier für die Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsakts.

Es kann dabei dahinstehen, ob maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage hinsichtlich der materiellen Voraussetzungen eines im Wege der Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG erlassenen Verwaltungsakts der Zeitpunkt des Bescheidserlasses, der Zeitpunkt der Umdeutung oder der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ist (vgl. Revisionszulassung zur Frage des maßgeblichen Zeitpunkts, BVerwG, B. v. 6.5.2015 - 5 B 47/14 u. a. - juris), denn in jedem Fall ist eine Umdeutung hier nicht möglich.

Die Rechtsfolgen eines Verwaltungsakts nach § 71a AsylVfG wären für die Betroffenen im vorliegenden Fall ungünstiger als die einer Antragsablehnung als unzulässig nach § 27a AsylVfG. Rechtsfolge der Anwendung des § 71a AsylVfG wäre, dass den Klägern das Vorbringen von Asylgründen nur bei Vorliegen von Wiederaufnahmegründen gemäß § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nach Abschluss des Asylverfahrens in Polen möglich wäre. Sämtliche in Polen schon vorgebrachten oder jedenfalls vor Rücknahme des Antrags schon gegebenen Gründe wären unbeachtlich. Demgegenüber ist Rechtsfolge eines Verwaltungsakts nach § 27a AsylVfG die Anordnung der Abschiebung in den zuständigen EU-Mitgliedstaat nach § 34a AsylVfG und die nachfolgende Überstellung. Das Asylverfahren wird dann in dem zuständigen Mitgliedstaat durchgeführt. Nachdem die Kläger selbst angegeben haben, das Asylverfahren in Polen sei noch nicht abgeschlossen gewesen und Polen der Überstellung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31, Dublin III-VO), zugestimmt hat, wäre für die Fortführung des Verfahrens in Polen Art. 18 Abs. 2 UA 2 Satz 1 Dublin III-VO anwendbar. Danach stellt ein Mitgliedstaat, der als zuständiger Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Abs. 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt hat, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. Auch nach der Auskunft des aida - Asylum Information Database „National Country Report Poland“, Stand Juni 2014, wird das Asylverfahren eines Dublin-Rückkehrers in Polen wiedereröffnet, wenn es zuvor wegen dessen Ausreise unterbrochen wurde (S. 21 des Reports). Den Klägern wäre es daher im Falle einer Überstellung nach Polen gerade nicht verwehrt, ihre Asylgründe ohne die Einschränkungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorzubringen. Die Antragsablehnung nach § 71a AsylVfG schränkt die Rechte der Kläger gegenüber einer Antragsablehnung nach § 27a AsylVfG in der vorliegenden Fallkonstellation daher ein (vgl. VGH BW, U. v. 29.4.2015 - A 11 S 121/15 - juris).

2. Die Beklagte trägt weiter vor, darüber hinaus stelle sich die grundsätzlich klärungsbedürftige Frage, ob ein Asylantragsteller gerichtlich die Aufhebung einer Ablehnung als unzulässig wegen anderer Verfahrenszuständigkeit deshalb begehren kann, weil die Überstellungsfrist in den als zuständig bestimmten Staat im nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt abgelaufen ist, und ob dies insbesondere selbst dann (schon) gilt, wenn (noch) nicht feststeht, dass der bislang zuständige Mitgliedstaat wegen Ablaufs der Überstellungsfrist dauerhaft die Übernahme ablehnt.

Auch diese Frage würde sich in einem Berufungsverfahren so nicht stellen, denn die Beklagte hat mit Schreiben vom 13. Februar 2015 selbst ausgeführt, die Bundesrepublik Deutschland sei nach Ablauf der Überstellungsfrist nunmehr zuständig geworden. Dass der zuvor zuständige Mitgliedstaat in einer solchen Situation überhaupt noch bereit sein könnte, die Kläger zu übernehmen, hat die Beklagte weder in erster Instanz noch im Zulassungsverfahren vorgetragen und es erscheint auch sonst nicht ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Dieser Beschluss, mit dem das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG), ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können un
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können un
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published on 29/04/2015 00:00

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand
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published on 25/08/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg Au 4 K 14.50176 Im Namen des Volkes Gerichtsbescheid vom 25. August 2015 4. Kammer Sachgebiets-Nr. 710 Hauptpunkte: - Asyl (Herkunftsland: Sierra Leon
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Annotations

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.

(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.

(4) § 28 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.