Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Nov. 2017 - 10 ZB 17.2121

published on 30/11/2017 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 30. Nov. 2017 - 10 ZB 17.2121
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Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger wendet sich mit seiner Anfechtungsklage gegen ein von der Beklagten mit Bescheid vom 7. August 2017 unter Anordnung des Sofortvollzugs befristet bis 31. Dezember 2017 verhängtes Betretungs- und Aufenthaltsverbot für Teile des Stadtgebiets Augsburg im Zusammenhang mit Fußballwettkämpfen des FC Augsburg (Bundesliga- und Regionalliga-Mannschaft) im R-stadion und im Stadion an der B. U. Straße (WWK-Arena).

Das Verwaltungsgericht Augsburg hat der Anfechtungsklage mit Urteil vom 19. September 2017 stattgegeben und mit Beschluss vom gleichen Tag (Au 1 S. 17.1261) die aufschiebende Wirkung der Klage wieder hergestellt. Der Bescheid verstoße gegen das Gebot hinreichender Bestimmtheit nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, weil einige der im Tenor namentlich bezeichneten Plätze und Straßen nicht mit den zwei zur Verdeutlichung beigefügten, einen Bestandteil des Bescheids bildenden farbig markierten Plänen übereinstimmten und so der Bereich des Verbots nicht eindeutig festgelegt sei. Darüber hinaus sei das gegen den Kläger, der der gewaltbereiten Ultra-Szene des FC Augsburg angehöre und mit einem bundesweiten, bis 29. April 2019 geltenden Stadionverbot belegt sei, verhängte Betretungsverbot zwar grundsätzlich zu Recht auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG gestützt worden, verstoße aber hinsichtlich seines räumlichen und zeitlichen Umfangs gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Insbesondere die zeitliche Dauer des Betretungsverbots – sechs Stunden vor Anpfiff bis sechs Stunden nach Abpfiff des jeweiligen Spiels – könne wohl nicht mehr als erforderlich angesehen werden. Außerdem enthalte der Bescheid keine Ausnahmeregelung für den Fall, dass der Kläger, der in unmittelbarer Nähe zu Teilen des vom Verbot erfassten Gebiets wohne, dieses aus wichtigem Grund an einem Spieltag betreten wolle.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Der alleine geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden nur dann‚ wenn die Beklagte einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG‚ B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Beklagte begründet ihren Antrag auf Zulassung der Berufung damit, dass die gewalttätigen Vorfälle vom 15. Oktober 2017 vor und nach dem von mehr als 20.000 Zuschauern besuchten Regionalligaspiel zwischen der 2. Mannschaft des FC Augsburg und 1860 München die Richtigkeit des Aufenthaltsverbots beweisen würden. Ausweislich eines vorgelegten Fotos sei der Kläger „wieder vorne mit dabei“ gewesen. Dieses Spiel zeige auch, dass manche Fangruppen bereits sechs Stunden vor Spielbeginn anreisten und es damit schon am Vormittag zu Auseinandersetzungen kommen könne. Der „ursprünglich in Anlage des Bescheides befindliche Plan“ sei „zugegebenermaßen etwas unscharf“, ohne damit jedoch gegen den Bestimmtheitsgrundsatz zu verstoßen; jedenfalls werde er „vorsorglich“ durch einen dem Begründungsschreiben anliegenden detailgenauen Plan ersetzt, um die im Bescheid sorgfältig aufgelisteten Straßennamen nochmals zusätzlich zu veranschaulichen. Der nachgereichte Plan werde – mit Wirkung ex tunc – Inhalt des Bescheids vom 7. August 2017 und damit zugleich Gegenstand der Anfechtungsklage. Das Mittel eines „Klarstellungsbescheides“ zur Behebung des Mangels ausreichender Bestimmtheit des ursprünglichen Verwaltungsakts auch während eines anhängigen Rechtsstreits sei von der Rechtsprechung gebilligt worden.

Mit diesem Vorgehen gelingt es der Beklagten jedoch nicht, ernstliche Zweifel an der das angefochtene Urteil maßgeblich tragenden Begründung, der Bescheid vom 7. August 2017 verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, aufzuzeigen. Zwar ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass eine Behörde auch im laufenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich befugt ist, die fehlende Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nachträglich durch geeignete Erklärungen herzustellen (BVerwG, U.v. 14.12.1990 – 1 C 5.90 – juris Rn. 26; U.v. 20.4.2005 – 4 C 18. 03 – juris Rn. 54; B.v. 21.6.2006 – 4 B 32.06 – juris). Allerdings ist es im vorliegenden Fall der Beklagten nicht gelungen, durch Beifügung eines neuen Plans – anstelle der zwei urspünglichen Pläne – dem Bestimmtheitsgrundsatz gerecht zu werden. Die im angefochtenen Urteil (UA S. 11) vom Verwaltungsgericht beispielhaft genannten Unklarheiten hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereichs des Aufenthaltsverbots hinsichtlich der Straßen „Alter Postweg“ und „S. Straße“ sind zwar ausgeräumt worden; ebenso ist der zum (neuen) Inhalt des Bescheid gemachte Plan in einem wesentlich benutzerfreundlicherem Maßstab dargestellt und insbesondere mit lesbaren Straßennamen sowie mit eindeutig (farblich) markierten Flächen versehen.

Allerdings hat die Beklagte bei ihrem Versuch einer Nachbesserung übersehen, dass nach der Grundkonzeption des Bescheids zwei unterschiedlich abgegrenzte, sich teilweise überschneidende Bereiche des Betretungs- und Aufenthaltsverbots für das Stadtgebiet Augsburg verfügt worden waren, und zwar abhängig davon, in welchem der beiden Stadien (...stadion oder WWK-Arena) das jeweils Anlass für die Sicherheitsbedenken gebende Fußballspiel stattfindet. Dieser Konzeption trägt der Bescheid in Ziffer 1. seines Tenors dadurch Rechnung, dass er die maßgeblichen Verbotsbereiche bei Fußballspielen des FC Augsburg einerseits im Stadion an der B. U. Straße (Zi. 1. a), andererseits im ...stadion (Zi. 1. b) in unterschiedlicher Weise verbal durch Benennung der betroffenen Straßen und Plätze umschreibt; dementsprechend enthält der streitgegenständliche Bescheid in seinem Betreff den Hinweis auf „2 Pläne“ als Anlagen. Demgegenüber beweist die Äußerung der Beklagten, der neue Plan ersetze den ursprünglich dem Bescheid als Anlage beigefügten „Plan“ (vgl. Zulassungsbegründung v. 3.11.2017, S. 3, 4, jew. 2. Abs.), schon durch die Verwendung des Singulars, dass die Beklagte – im Rahmen ihres Nachbesserungsversuchs im Zulassungsverfahren – zu Unrecht von einem einheitlichen und unabhängig vom jeweiligen Spielort verhängten Betretungsverbot ausging.

Zu Recht weist die Bevollmächtigte des Klägers darauf hin, dass nach dem nunmehr gültigen einheitlichen Plan nicht erkennbar wird, welcher Bereich des Stadtgebiets bei einem Fußballspiel in einem der beiden Stadien als Verbotszone festgelegt worden sei und daher vom Kläger nicht mehr betreten werden dürfe. Der neue Plan läßt nur den Schluss zu, es sei ein unabhängig vom Spielort bestehendes (einheitliches) „Verbotsgebiet“ festgelegt worden. Dieser Widerspruch zwischen der textlichen (tenorierten) und der zeichnerischen Darstellung ist nicht auflösbar und führt dazu, dass der Bescheid auch in seiner während des Zulassungsverfahrens geänderten Fassung nicht dem Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. UA S. 9, 10) entspricht. Weitergehend ist noch festzustellen, dass nunmehr im neuen Plan die zeichnerisch dargestellten Verbotszonen erstmals um den Siedlungsbereich südlich der Lokalbahntrasse bis hin zum Oberbürgermeister-Müller-Ring und außerdem um die K. Straße erweitert wurden, ohne dass diese neu erfassten Straßen und Wege in den Tenor des angefochtenen Bescheids aufgenommen wurden.

Ohne dass es für den Erfolg des Zulassungsantrags noch darauf ankäme, sei darauf verwiesen, dass sich die Beklagte in ihrer Zulassungsbegründung nicht mit dem zusätzlich vom Verwaltungsgericht gerügten Fehlen einer Ausnahme- oder Härtefallregelung (vgl. UA S.14) auseinandersetzt. Die Schaffung einer Möglichkeit, aus einem wichtigen Grund von dem Betretungs- und Aufenthaltsverbot einen Dispens zu erhalten, erscheint umso wichtiger, je weitgehender das Verbot in zeitlicher und räumlicher Hinsicht – im vorliegenden Fall liegt die Wohnung des Klägers zudem in unmittelbarer Nähe zu Teilen der Verbotszone – ausgestaltet ist.

Erweist sich aber die maßgebliche Begründung des Verwaltungsgerichts für die Aufhebung des angefochtenen Bescheids als tragfähig, bedarf es keiner weiteren Untersuchung der Frage, ob die zusätzliche Begründung des Urteils, das Aufenthalts- und Betretungsverbot sei im Hinblick auf seine zeitliche und räumliche Ausdehnung zu weitgehend und damit unverhältnismäßig, ernstlichen Zweifel unterliegt. Das Betretungsverbot schon sechs Stunden vor Spielbeginn beginnen und erst sechs Stunden nach Spielschluss enden zu lassen, dürfte jedenfalls bei den sog. Hochrisikospielen, wie dies u.a. Begegnungen zwischen dem FC Augsburg und 1860 München darstellen, für deren Besuch Tausende Fans aus der nahe gelegenen Landeshauptstadt ohne Mühe zeitig anreisen und erst lange nach Abpfiff wieder abreisen, nicht unverhältnismäßig sein.

Abschließend weist der Senat ausdrücklich darauf hin, dass er – in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht – davon ausgeht, dass im vorliegenden Fall der Tatbestand des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 und 3 LStVG in der Person des Klägers erfüllt ist, der der Gruppe der gewaltbereiten „Fans“ zuzurechnen ist und von dem trotz der laufenden dreijährigen Bewährungszeit (vgl. Verurteilung durch das AG Augsburg mit Urteil v. 24.5.2017 zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe wegen Beleidigung von Polizeibeamten) weiterhin die Gefahr ausgeht, dass er an den Spieltagen des FC Augsburg durch sein Verhalten die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt. Es wird damit in erster Linie vom Kläger selbst abhängen, ob in nächster Zeit erneut entsprechende, dann ausreichend bestimmte Maßnahmen ergriffen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 35.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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published on 09/06/2016 00:00

Tenor 1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Gru
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Annotations

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.