Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2015 - 10 ZB 13.1437

published on 19/05/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2015 - 10 ZB 13.1437
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Kläger, ein 1978 in Deutschland geborener und seitdem im Bundesgebiet lebender türkischer Staatsangehöriger, verfolgt mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen seine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland weiter.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe greifen nicht durch. Die Berufung ist weder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; I.) noch wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; II.) zuzulassen.

I. Die Berufung ist zunächst nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnten, lägen nur vor, wenn der Kläger einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung vom 26. Oktober 2011 ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Tatsachengerichts (vgl. BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 12; U. v. 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 15; U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12; U. v. 14.5.2013 - 1 C 13.12 - juris Rn. 9). Zu Recht und vom Kläger unbeanstandet ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass als Rechtsgrundlage für die Ausweisung des Klägers, der als im Bundesgebiet geborener Familienangehöriger eines dem regulären Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland angehörenden türkischen Arbeitnehmers dort seit mindestens fünf Jahren seinen Wohnsitz und als Kind eines türkischen Arbeitnehmers dort eine Berufsausbildung abgeschlossen hat und der deshalb nach Art. 7 Satz 1 und 2 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ANBA 1981, 4; im Folgenden: ARB 1/80) zum Aufenthalt in Deutschland berechtigt ist, nur Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 und § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG in Betracht kommt. Der Kläger kann daher nur im Ermessenswege aufgrund einer Einzelfallprüfung ausgewiesen werden, wenn sein persönliches Verhalten gegenwärtig eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland als des Aufnahmemitgliedstaats darstellt und die Maßnahme für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist (vgl. EuGH, U. v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 82 und 86; BVerwG, U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 13; BayVGH, U. v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 53).

Das Verwaltungsgericht hat auf dieser Grundlage die Ausweisung des Klägers als rechtmäßig angesehen. Insbesondere ist es davon ausgegangen, dass das persönliche Verhalten des Klägers zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Verwaltungsgericht maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 18. Juni 2013 eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland dargestellt habe, dass die Ausweisung auch unter Berücksichtigung des Rechts auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK und des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehe und dass die von der Beklagten getroffene Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden sei.

1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen zunächst insoweit keine ernstlichen Zweifel, als der Kläger geltend macht, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die in Form einer gegenwärtigen tatsächlichen und hinreichend schweren Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland erforderliche konkrete Wiederholungsgefahr bejaht.

Das Verwaltungsgericht hat seine Annahme einer vom Kläger ausgehenden hinreichenden Wiederholungsgefahr im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt: Die Justizvollzugsanstalt, in der sich der Kläger zur Verbüßung der mit Urteil vom 5. Februar 2002 verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Vergewaltigung aufgehalten habe, sei davon ausgegangen, dass der Kläger seine Tat nicht im erforderlichen Umfang aufgearbeitet und insbesondere eine notwendige Sozialtherapie nicht mit dem erforderlichen Unrechtsbewusstsein aufgenommen habe. Unter Berücksichtigung dieser fachlichen Bewertung sei auch derzeit eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr gegeben. Wie die Verurteilung wegen Sachbeschädigung in Tatmehrheit mit Bedrohung vom 19. Juni 2009 zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten und die Verurteilung vom 20. Mai 2009 wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit 14 sachlich zusammentreffenden Fällen der Erpressung in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit 7 tatmehrheitlichen Fällen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten zeigten, sei ohne eine erfolgreiche therapeutische Behandlung mit der Begehung derartiger Straftaten weiter zu rechnen. Die damit bestehende konkrete Wiederholungsgefahr sei auch nicht in hinreichendem Maße durch eine erfolgreiche sozialtherapeutische Behandlung des Klägers beseitigt worden. Der von der Haftanstalt beauftragte Therapeut gehe zwar davon aus, dass der Kläger keine Straftaten mehr begehen werde. Trotz dieser fachlichen Aussage und der vom Therapeuten bestätigten Teilnahme des Klägers an 44 Therapiesitzungen könne das Gericht nicht erkennen, dass die erneute Begehung von Straftaten durch den Kläger ausgeschlossen sei. Der Therapeut selbst habe in der mündlichen Verhandlung auch nach der Haftentlassung noch eine psychotherapeutische Begleitung von einem Jahr für erforderlich gehalten, um Restzweifel auszuschließen. Die Einschätzung des Gerichts werde dadurch bestätigt, dass der Kläger eine sozialtherapeutische Behandlung in der Haft zunächst abgelehnt und sich einer solchen Behandlung erst ab Mai 2012 unterzogen habe. Bei dieser Sachlage sei nicht erkennbar, dass ohne eine gefestigte Position im Rahmen der therapeutischen Aufarbeitung eine Wiederholungsgefahr mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne. Das im Strafvollstreckungsverfahren im Zusammenhang mit der Entscheidung über eine Aussetzung des Strafrests zur Bewährung eingeholte Prognosegutachten gehe von einer erhöhten Wiederholungsgefahr aus. Zwar spreche das Gutachten nicht zwingend für eine solche Gefahr, weil es noch nicht abschließend erstellt sei. Jedoch fehle es jedenfalls an einer abschließenden gutachterlichen Äußerung, die eine andere Bewertung der Frage der Wiederholungsgefahr zur Folge haben könne.

Der Kläger macht insoweit geltend, er werde seiner Problematik sowohl im Hinblick auf die Sexual- als auch hinsichtlich der Drogendelikte gerecht. Er habe sich nicht nur im Rahmen seiner ersten, sondern auch während seiner zweiten Inhaftierung Therapiemaßnahmen unterzogen und dafür gesorgt, dass er nach der Haftentlassung nahtlos in sexual- und drogentherapeutische Behandlung übernommen worden sei. Der Therapeut, bei dem er zuletzt in der Justizvollzugsanstalt behandelt worden sei, habe bestätigt, dass von ihm jedenfalls dann keine Gefahr mehr ausgehe, wenn er die Therapie nach der Haftentlassung noch ein Jahr lang fortsetze. Die Wiederholungsgefahr werde daher durch die bereits durchgeführten Therapiemaßnahmen und ihre Fortsetzung nach der Haft dauerhaft gebannt. Das im Rahmen der Strafvollstreckung erstellte Gutachten berücksichtige nicht, dass die Wiederholungsgefahr durch die begleitende Therapie ausgeschlossen werde. Eine gefestigte Position im Rahmen der therapeutischen Aufarbeitung könne nicht gefordert werden, solange durch begleitende Therapien gesichert sei, dass es nicht zu Wiederholungen komme. Außerdem werde der Kläger durch die ständige therapeutische Begleitung innerhalb kurzer Zeit in eine solche Position hineinwachsen. Nach Einschätzung des Therapeuten, bei dem sich der Kläger nach der Haftentlassung einer Verhaltenstherapie mit dem Ziel unterzogen habe, die Ursachen für die wiederholten Straftaten und das frühere Suchtverhalten des Klägers zu erarbeiten, das Unrechtsbewusstsein und die Frustrationstoleranz zu erhöhen und die Impulskontrolle zu erhöhen, gehe vom Kläger nach menschlichem Ermessen keine Gefahr mehr für andere Menschen aus. Auch aus Sicht des für den Kläger im Rahmen der Führungsaufsicht zuständigen Bewährungshelfers sei die Gefahr einer erneuten Straftat äußerst gering.

Durch diese Ausführungen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts, vom Kläger gehe nach wie vor eine konkrete Wiederholungsgefahr aus, nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt.

Bei der Prüfung, ob eine gegenwärtige, tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft vorliegt, gilt ein differenzierender Wahrscheinlichkeitsmaßstab. An die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts sind im Rahmen der Gefahrenprognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Demgemäß gelten umso geringere Anforderungen an den Eintritt eines Schadens für ein bedrohtes Rechtsgut, je bedeutender dieses ist. Jedoch reicht auch bei hochrangigen Rechtsgütern nicht jede auch nur entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts für die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr aus. Auch insoweit dürfen vielmehr keine zu geringen Anforderungen gestellt werden (vgl. BVerwG, U. v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 16; U. v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 16; BayVGH, U. v. 3.2.2015 - 10 BV 13.421 - juris Rn. 55). Darüber hinaus sind bei der Gefahrenprognose nach der letzten Behördenentscheidung eingetretene Tatsachen zu berücksichtigen, die den Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der gegenwärtigen Gefährdung mit sich bringen können, die das Verhalten des Betroffenen für das in Rede stehende Grundinteresse der Gesellschaft darstellen kann (vgl. EuGH, U. v. 8.12.2011 - Ziebell, C-371/08 - juris Rn. 84; BayVGH a. a. O.). Nach diesen Grundsätzen ist die Annahme einer fortdauernden Wiederholungsgefahr aber auch unter Berücksichtigung Verhaltenstherapie, der sich der Kläger nach der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2013 unterzogen hat, nicht zu beanstanden.

Anlass für die Ausweisung des Klägers war seine Verurteilung vom 20. Mai 2009 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung. Dieses Sexual- und Körperverletzungsdelikt, für das das Strafgericht im Rahmen der Gesamtstrafenbildung eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten für angemessen hielt und das eine schwerwiegende Beeinträchtigung der sexuellen Selbstbestimmung und der körperlichen Unversehrtheit des Tatopfers und damit von Grundinteressen der Gesellschaft darstellte, beging der Kläger, nachdem er gemeinsam mit dem Opfer, mit dem er parallel zu seiner festen Beziehung zu seiner späteren Ehefrau ein Verhältnis unterhielt, 4 g Kokain und im Anschluss daran Wodka konsumiert hatte. Seiner Verurteilung vom 5. Februar 2002 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten lag ein vergleichbares Sexualdelikt zugrunde. Auch hier handelte es sich um eine Beziehungstat, der der Konsum von Kokain und Alkohol vorangegangen war. Das Opfer war die damalige Freundin des Klägers. Dieser hatte vor der Tat zwischen 0,5 g und 1 g Kokain geschnupft und anschließend zwei Halbe Bier, 0,5 l Kirschgoiß und 4 bis 5 Ouzos getrunken. Zwischen der am 5. August 2001 begangenen Vergewaltigung und dem sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger Personen zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt zwischen dem 1. Juli 2008 und dem 31. August 2008 liegen sieben Jahre. Dies zeigt aber, dass der Kläger, obwohl er sich, wie er vorträgt, bereits nach der Verurteilung wegen der Vergewaltigung sowohl wegen seiner Drogenproblematik als auch wegen des Sexualdelikts in therapeutische Behandlung begeben hat, nicht davor gefeit war, nach dem Konsum von Drogen und Alkohol erneut eine Sexualstraftat zu begehen, deren Opfer eine mit ihm in einer Beziehung lebende Frau war. Dass der Kläger damit trotz einer therapeutischen Behandlung unter im Wesentlichen gleichen Umständen ein weiteres vergleichbares Sexualdelikt begangen hat, rechtfertigt aber die Annahme, dass vom Kläger auch gegenwärtig noch eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für die sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche Unversehrtheit von Frauen ausgeht, die mit ihm eine Beziehung eingehen. Dies gilt umso mehr, als der sexuelle Missbrauch im Juli oder August 2008 noch keine sieben Jahre zurückliegt und damit seit dieser Straftat ein kürzerer Zeitraum verstrichen ist als zwischen ihr und der Vergewaltigung im August 2001.

An dieser Einschätzung ändern auch weder die während der Strafhaft und seit ihrem Ende im Dezember 2013 bis zum 10. Februar 2015 vom Kläger absolvierten Therapien noch seine berufliche Weiterqualifizierung durch den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse C/CE und seine dadurch ermöglichte berufliche Tätigkeit als Kraftfahrer bei einem Logistikunternehmen etwas. Zum einen war der Kläger auch nach Verbüßung der Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung und Vergewaltigung in den Jahren 2005 bis 2009 als Berufskraftfahrer tätig, ohne dass ihn dies von der Begehung eines weiteren Sexualdelikts im Juli oder August 2008 abgehalten hätte. Zum anderen kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs von einem Wegfall der Wiederholungsgefahr bei Straftaten, die auf einer Suchterkrankung beruhen, nicht ausgegangen werden, solange der betreffende Ausländer nicht eine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen und die damit verbundene Erwartung eines künftigen drogen- und straffreien Verhaltens auch nach Therapieende glaubhaft gemacht hat (vgl. etwa BayVGH, U. v. 3.2.2015 - 10 B 14.1613 - juris Rn. 32; B. v. 25.7.2014 - 10 ZB 14.633 - juris Rn. 14; U. v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 44). Geht man, wie dies in seinem psychologischen Kurzbericht vom 13. Mai 2014 offenbar auch der Therapeut getan hat, der den Kläger nach seiner Haftentlassung behandelt hat, davon aus, dass der Drogen- und Alkoholkonsum, nach dem der Kläger die Sexualdelikte im August 2001 und im Juli oder August 2008 jeweils begangen hat, Ausdruck eines Suchtverhaltens war, so kann daher ein Wegfall der Wiederholungsgefahr selbst dann nicht angenommen werden, wenn die Verhaltenstherapie des Klägers am 10. Februar 2015 tatsächlich erfolgreich abgeschlossen worden ist. Denn angesichts des kurzen Zeitraums von lediglich drei Monaten, der seitdem vergangen ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger die mit einer erfolgreichen Therapie verbundene Erwartung künftigen drogen- und straffreien Verhaltens nach Therapieende bereits hinreichend glaubhaft gemacht hat.

Ein Wegfall der Wiederholungsgefahr im Hinblick darauf, dass die Therapieziele in vollem Umfang erreicht sind und dass der Kläger nach menschlichem Ermessen deshalb keine Gefahr für andere mehr darstellt, wie sein Therapeut im zuletzt vorgelegten psychologischen Therapiebericht vom 11. Februar 2015 bestätigt hat, kann aber auch dann nicht angenommen werden, wenn man wie die Beklagte davon ausgeht, dass beim Kläger nie eine körperliche oder psychische Abhängigkeit von Drogen oder Alkohol bestanden hat. Denn gerade dann weist das bisherige Verhalten des Klägers darauf hin, dass weiterhin die Gefahr der erneuten Begehung vergleichbarer Straftaten besteht, weil der Kläger dann das Sexualdelikt im Juli oder August 2008 nach dem Genuss von Kokain und Alkohol begangen hätte, obwohl er nicht drogen- oder alkoholabhängig war und obwohl er sich gleichwohl einer Therapie unterzogen hatte. Unter diesen Umständen liegen nämlich hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger, der nach der Scheidung von seiner Ehefrau offenbar in einer neuen Beziehung lebt, trotz der nach Ansicht seines Therapeuten erfolgreich abgeschlossenen Verhaltenstherapie auch in Zukunft nach dem Konsum von Alkohol oder Drogen wieder in eine Lage geraten kann, in der es erneut zu sexuellen Übergriffen kommt. Dies gilt umso mehr, als, wie bereits ausgeführt, derzeit seit dem sexuellen Missbrauch im Jahr 2008 noch ein kürzerer Zeitraum verstrichen ist als zwischen dieser Straftat und der Vergewaltigung im Jahre 2001. Schließlich hat sich der Kläger auch seit seiner Haftentlassung bisher nur unter therapeutischer Begleitung und staatlicher Aufsicht bewährt. Denn die Führungsaufsicht dauert auch nach Abschluss der Therapie im Februar 2015 noch bis 1. Dezember 2018 fort.

2. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen auch nicht, soweit der Kläger geltend macht, seine Ausweisung verletze den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

a) Dies gilt zunächst, soweit der Kläger meint, die Beklagte habe nicht zwischen Ermessenserwägungen und Verhältnismäßigkeitsprüfung unterschieden und deshalb faktisch keine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt, was zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Ausweisung führe.

Die Frage, ob die Ausweisung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar und insbesondere verhältnismäßig im engeren Sinne ist, stellt sich im Rahmen der Frage, ob die Grenzen des Ermessens überschritten sind, die von den Verwaltungsgerichten nach § 114 Satz 1 VwGO in vollem Umfang zu prüfen ist. Die Gerichte dürfen sich dabei nicht auf die Überprüfung etwaiger Ausführungen der Behörde zur Verhältnismäßigkeit beschränken, sondern haben eine eigene Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen. Wenn die Behörde erkannt hat, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handelt, und sie die für ihre Entscheidung maßgeblichen Ermessenserwägungen dargelegt hat, kann ein Verwaltungsakt daher auch dann verhältnismäßig sein, wenn seine Begründung Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit nicht enthält. Das Fehlen solcher Ausführungen allein macht daher die Ausweisung entgegen der Ansicht des Klägers weder unverhältnismäßig noch stellt es zwangsläufig einen Ermessensausfall dar.

Auch eine „Vermengung“ von Ermessenserwägungen und Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit führt für sich genommen nicht zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Ausweisung. Ermessensfehlerhaft ist die Ausweisung in solchen Fällen vielmehr allenfalls dann, wenn die fehlende Unterscheidung zwischen Ermessensausübung und Verhältnismäßigkeitsprüfung dazu führt, dass Ermessenserwägungen gänzlich unterbleiben oder die angestellten Erwägungen unzureichend oder unzutreffend sind.

b) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung begründen auch die Ausführungen des Klägers nicht, die Beklagte habe die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 EMRK unterlassen, wobei dieser Prüfung ein derart großes Gewicht zukomme, dass allein ihr Unterbleiben die Ausweisung rechtswidrig mache. Denn es trifft schon nicht zu, dass die Beklagte eine solche Prüfung nicht vorgenommen hätte. Vielmehr führt die Beklagte in der Ausweisungsverfügung vom 26. November 2011 ausdrücklich die Kriterien auf, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bei einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit von Beeinträchtigungen des Rechts auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK zu berücksichtigen sind, prüft sie im Einzelnen und gelangt zu dem Ergebnis, dass die Ausweisung im Sinne von Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig sei und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit ihr verfolgten Ziel stehe (S. 5 ff. des Bescheids).

c) Schließlich stellt der Kläger auch die Verhältnismäßigkeitsprüfung durch das Verwaltungsgericht nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage, soweit er meint, seine privaten Interessen überwögen das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung.

Das Verwaltungsgericht hält die Ausweisung des Klägers für verhältnismäßig. Das Interesse des Klägers, weiter im Bundesgebiet zu bleiben, beruhe darauf, dass er sich während seines gesamten Lebens im Bundesgebiet aufgehalten habe, hier seine schulische und berufliche Ausbildung abgeschlossen und zum Land seiner Staatsangehörigkeit keinen annähernd gleichen Bezug habe. Insbesondere beherrsche der Kläger die deutsche Sprache einwandfrei. Sämtliche näheren Verwandten des Klägers hielten sich im Inland auf. Seit 2010 sei er auch mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Seiner Ehefrau sei aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit ein Verlassen des Bundesgebiets nicht zumutbar, so dass die Ehe nur im Inland geführt werden könne. Eine Ausweisung des Klägers stelle damit einen ganz erheblichen Eingriff in sein Privat- und Familienleben dar. Demgegenüber seien aber auch die vom Kläger begangenen Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung zu berücksichtigen. Der Kläger habe eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt. Die Opfer seien in schwerwiegender Weise verletzt worden. Der Kläger habe ihre Wehrlosigkeit ausgenutzt. Da diese Straftaten eine Verletzung von wesentlichen Grundinteressen der Gesellschaft darstellten, seien sie mit einem ganz erheblichen Gewicht in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzustellen gewesen. Unter Berücksichtigung des Schutzes von Ehe und Familie sowie des besonderen Schutzes des in der Bundesrepublik geborenen und verwurzelten Klägers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK, sei die Kammer wegen der noch bestehenden konkreten Wiederholungsgefahr und der bei einer erneuten Straffälligkeit des Klägers betroffenen Rechtsgüter der Überzeugung, dass die Ausweisungsverfügung im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung verhältnismäßig sei. Dabei werde nicht verkannt, dass der Kläger bei einer Ausreise in die Türkei vor nicht unerhebliche Probleme gestellt werde. Er könne sich jedoch aufgrund seiner Sprachkenntnisse dort seinen Lebensunterhalt sichern. Durch die Befristung der Ausweisung auf zwei Jahre könne ein unzumutbarer Eingriff in die Rechte des Klägers vermieden werden.

Demgegenüber ist der Kläger der Ansicht, seine privaten Interessen überwögen das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung. Der Kläger sei faktischer Inländer. Er sei wirtschaftlich und kulturell tief in der Bundesrepublik Deutschland verwurzelt. Seine gesamte Kernfamilie befinde sich in Deutschland. Er lebe seit seiner Geburt und damit seit mehr als 35 Jahren im Bundesgebiet, verfüge über eine Berufsausbildung und sei einer fast andauernden Vollbeschäftigung nachgegangen. Er habe Rentenansprüche erworben und sei nie von Sozialleistungen abhängig gewesen. Seine prägenden Jahre habe er in Deutschland und nicht in der Türkei verbracht. Zwar wögen seine Straftaten schwer. Eine Wiederholungsgefahr bestehe jedoch nicht mehr. Jedenfalls seien die vom Kläger ausgehenden Gefahren im Hinblick auf seine Therapiebemühungen beherrschbar.

Auch dieses Vorbringen des Klägers stellt aber die Beurteilung der Ausweisung durch das Verwaltungsgericht als verhältnismäßig nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage.

Zwar wiegt das Interesse des Klägers schwer. Der inzwischen 36 Jahre alte Kläger ist faktischer Inländer. Er ist in Deutschland geboren und hat sein gesamtes Leben in Deutschland verbracht. Seine Eltern und Geschwister leben in Deutschland. Er verfügt über einen Realschulabschluss und eine abgeschlossene Berufsausübung als Gas- und Wasserinstallateur. Er war, soweit er sich nicht in Haft befand, durchgehend berufstätig. Nach der letzten Haftentlassung im Dezember 2013 hat er die Fahrerlaubnis der Klasse C/CE erworben und arbeitet als Berufskraftfahrer. Auch wenn er inzwischen von seiner deutschen Ehefrau geschieden ist, liegen seine wesentlichen wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen ausschließlich im Bundesgebiet. Auch in kultureller Hinsicht ist der Kläger durch seinen langen Aufenthalt in Deutschland geprägt. Allerdings verbindet ihn insoweit mit der Türkei, deren Staatsangehörigkeit besitzt, dass er in einer türkischen Familie aufgewachsen ist und Türkisch spricht.

Jedoch erscheint seine Ausweisung gleichwohl nicht unangemessen. Denn auch dem der Ausweisung zugrunde liegenden Ziel, Gefahren für die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung anderer Personen abzuwehren, die durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützt sind, kommt großes Gewicht zu. Der Kläger hat diese hochrangigen Rechtsgüter unter Kokain- und Alkoholeinfluss wiederholt gravierend verletzt, wie sich aus den Feststellungen der jeweiligen Strafurteile und den darin ausgesprochenen erheblichen Freiheitsstrafen ergibt. Trotz der inzwischen abgeschlossenen Verhaltenstherapie und der Berufstätigkeit nach der Entlassung aus der Haft, besteht, wie bereits dargelegt, entgegen der Ansicht des Klägers weiterhin eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für die genannten Rechtsgüter. Zwar mag sich diese Gefahr durch die nach Auffassung des Psychotherapeuten und des Bewährungshelfers erfolgreich abgeschlossene Verhaltenstherapie verringert haben. Gleichwohl besteht aber, wie ausgeführt, im Hinblick darauf, dass der Kläger bereits einmal trotz vorangegangener Therapie und Berufstätigkeit rückfällig geworden ist, eine über eine bloß entfernte Möglichkeit deutlich hinausgehende Wahrscheinlichkeit der erneuten Begehung vergleichbarer Straftaten.

Angesichts des hohen Ranges der Rechtsgüter der körperlichen Unversehrtheit und der sexuellen Selbstbestimmung und der schwerwiegenden Beeinträchtigungen, die ihnen bei einem Rückfall des Klägers drohen, überwiegt aber das öffentliche Interesse an dessen Ausweisung, wenn man berücksichtigt, dass der immerhin über einen Realschulabschluss und eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügende Kläger aufgrund seines Aufwachsens in einer türkischen Familie und seiner Sprachkenntnisse in der Lage sein müsste, mit den Lebensverhältnissen in der Türkei zurecht zu kommen und dort etwa als Kraftfahrer seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Für die Zumutbarkeit einer Rückkehr in die Türkei spricht dabei schließlich auch, dass das Verwaltungsgericht die Wirkungen der Ausweisung auf lediglich zwei Jahre befristet hat, wogegen sich der Kläger in seiner Zulassungsbegründung nicht gewendet hat.

3. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen schließlich auch nicht, soweit der Kläger geltend macht, die Ausweisung sei wegen eines Ermessensfehlgebrauchs ermessensfehlerhaft, weil die Beklagte sie auf unzutreffende Tatsachen gestützt oder Tatsachen unberücksichtigt gelassen habe, die in Erwägung zu ziehen gewesen wären.

a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen zunächst nicht bereits deshalb, weil die Beklagte die Frage des Ermessens mit der Verhältnismäßigkeit verknüpft hätte. Denn eine solche Verknüpfung führt, wie bereits dargelegt, nicht schon für sich genommen zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Ausweisung, sondern nur dann, wenn sie zur Folge hat, dass Ermessenserwägungen gänzlich unterbleiben oder die angestellten Erwägungen unzureichend oder unzutreffend sind.

b) Keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ergeben sich auch, soweit der Kläger pauschal auf Neubewertungen von persönlichen Interessen in jüngeren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte verweist (vgl. EGMR, U. v. 25.3.2010 - Mutlag, Nr. 40601/05 - juris Rn. 55; U. v. 13.10.2011 - Trabelski, Nr. 41548/06 - juris Rn. 54) und geltend macht, die Beklagte habe sich demgegenüber bei ihrer Ermessensausübung auf den sechs Jahre alten Zehn-Punkte-Katalog des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gestützt. Denn inwieweit sich daraus die Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils und der Ermessensentscheidung der Beklagten ergeben soll, ist mit diesen Ausführungen nicht schlüssig dargelegt. Vielmehr wird ohne nähere Ausführungen dazu, worin diese Neubewertungen bestehen, nicht erkennbar, in welcher Hinsicht die Beklagte bei ihren Ermessenserwägungen von falschen Voraussetzungen ausgegangen sein könnte.

c) Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei ihrer Ermessensentscheidung außer Acht gelassen hätte, dass der Kläger faktischer Inländer ist. Zwar hat die Beklagte den Kläger nicht ausdrücklich als faktischen Inländer bezeichnet. Sie ist aber davon ausgegangen, dass der Kläger als langjährig in Deutschland ansässiger Ausländer den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK genießt (S. 5 des Bescheids vom 26. Oktober 2011). Auch hat sie die für die Einordnung des Klägers als faktischer Inländer maßgeblichen Gesichtspunkte benannt, die das im Rahmen der Ermessenserwägungen zu berücksichtigende große Gewicht seines Rechts auf Privat- und Familienleben nach Art. 8 Abs. 1 EMRK begründen. Insbesondere hat die Beklagte in ihre Ermessenserwägungen einbezogen, dass der Kläger in Deutschland geboren ist und hier die Schule besucht, einen qualifizierenden Hauptschulabschluss sowie den Realschulabschluss erworben und eine Berufsausbildung als Gas- und Wasserinstallateur erfolgreich abgeschlossen hat. Auch hat sie berücksichtigt, dass der Kläger nach dem Abschluss seiner Berufsausbildung in Deutschland gearbeitet hat, wenn auch zuletzt nicht mehr in seinem erlernten Beruf, sondern als angelernter Möbelmonteur und Kraftfahrer (S. 10 des Bescheids vom 26. Oktober 2011). Schließlich hat die Beklagte auch in ihre Ermessenserwägungen aufgenommen, dass die Eltern und Geschwister des Klägers und seine (inzwischen geschiedene) Ehefrau in Deutschland leben (S. 12 des Bescheids vom 26. Oktober 2011). Damit hat sie aber alle Gesichtspunkte, die für die Einordnung des Klägers als faktischen Inländer maßgeblich sind, in ihre Ermessenserwägungen einfließen lassen.

d) Der Kläger macht darüber hinaus geltend, die Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass er kein Drogenproblem mehr habe und von ihm auch keine Sexualdelikte mehr zu erwarten seien, weil er sich erfolgreich entsprechenden Therapien unterzogen habe und seit 2004 keine Drogen mehr konsumiere. Auch dieses Vorbringen begründet aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Abgesehen davon, dass der Kläger, wie sich aus dem Strafurteil vom 20. Mai 2009 ergibt, mit dem er wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden ist, noch im Juli oder August 2008 Kokain konsumiert hat, geht, wie ausführlich dargelegt, entgegen der Ansicht des Klägers von ihm trotz der inzwischen nach Einschätzung seines Therapeuten erfolgreich abgeschlossenen Therapien auch heute noch eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefahr für die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung und damit für ein Grundinteresse der Gesellschaft aus. Die Beklagte hat ihren Ermessenserwägungen daher zu Recht eine solche Gefahr zugrunde gelegt.

e) Ein Ermessensfehlgebrauch ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte den beruflichen Werdegang des Klägers und seine Tätigkeit als Kraftfahrer abwertend und diskriminierend dargestellt habe.

Zwar hat die Beklagte in ihrem Bescheid vom 26. Oktober 2011 ausgeführt, dass der Kläger trotz seiner Berufsausbildung als Gas- und Wasserinstallateur nicht mehr in seinem Ausbildungsberuf gearbeitet, sondern als Hilfsarbeiter angelernte Tätigkeiten als Möbelmonteur und Transportfahrer verrichtet habe (S. 10 des Bescheids). Dass dies nicht zuträfe oder diskriminierend für den Kläger wäre und die Beklagte damit von unzutreffenden Tatsachen oder Wertungen ausgegangen wäre, ist jedoch nicht ersichtlich.

Die weitere Erwägung der Beklagten, der Kläger sei in ein randständiges Milieu mit Prostituierten, Alkohol und Drogen abgeglitten (S. 10 des Bescheids vom 26. Oktober 2011), bezieht sich zum einen nicht auf die berufliche Tätigkeit des Klägers. Zum anderen entspricht sie den Feststellungen der Strafgerichte, die seinen Verurteilungen wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Vergewaltigung vom 5. Februar 2002 und wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen in einem besonders schweren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung vom 20. Mai 2009 zugrunde liegen.

f) Soweit der Kläger geltend macht, er könne sich aufgrund seiner Arbeitsleistungen auf den Schutz des Assoziationsratsbeschlusses EWG-Türkei Nr. 1/80 berufen und daher nur auf der Grundlage einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden, ist ein Ermessensfehlgebrauch ebenfalls nicht ersichtlich. Die Beklagte führt ausdrücklich aus, dass der Kläger sich auf den Assoziationsratsbeschluss berufen könne und deshalb über seine Ausweisung „im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens“ zu entscheiden sei (S. 5 des Bescheids vom 26. Oktober 2011).

g) Als ermessensfehlerhaft stellt sich die Ausweisung des Klägers auch nicht deshalb dar, weil die Beklagte der Ehe des Klägers mit einer deutschen Staatsangehörigen nicht den ihr nach Art. 6 GG zukommenden Stellenwert beigemessen hätte. Denn der Kläger ist inzwischen geschieden, so dass eine stärkere Gewichtung des Schutzes der Ehe zu seinen Gunsten nicht mehr in Betracht kommt.

h) Schließlich begründet auch der Einwand des Klägers, da das Ausweisungsverfahren kein zweites Strafverfahren sei, dürften ihm die begangenen Straftaten nicht mehr entgegen gehalten werden, wenn der Gesellschaft durch ihn keine Gefahren mehr drohten, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Denn eine Wiederholungsgefahr besteht hier, wie ausgeführt, gerade fort.

II. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht hat seine Verpflichtung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, nicht dadurch verletzt, dass es kein Sachverständigengutachten zu den Auswirkungen der Therapiestunden und zu der Frage eingeholt hat, ob die begleitende Therapie die Gefährlichkeit des Klägers bis zur Ungefährlichkeit reduziert.

Denn abgesehen davon, dass ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht verletzt, wenn es wie hier von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. BVerwG, B. v. 16.3.2011 - 6 B 47.10 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v. 21.3.2012 - 10 ZB 10.100 - juris Rn. 22; B. v. 18.10.2013 - 10 ZB 11.618 - juris Rn. 25; B. v. 25.8.2014 - 10 ZB 12.2673 - juris Rn. 16; B. v. 8.10.2014 - 10 ZB 12.2742 - juris Rn. 52), erfordert insbesondere in Fällen wiederholter Straftaten die Prüfung der Frage, ob die von der Behörde angenommene Befürchtung neuer Verfehlungen tatsächlich besteht, grundsätzlich nicht die Einholung eines Sachverständigengutachtens, weil sich das Gericht mit einer entsprechenden tatsächlichen Würdigung regelmäßig in Lebens- und Erkenntnisbereichen bewegt, die dem Richter allgemein zugänglich sind (vgl. BayVGH, B. v. 5.11.2014 - 10 ZB 13.328 - juris Rn. 13; BVerwG, B. v. 4.5.1990 - 1 B 82/89 - juris Rn. 7 m. w. N.). Eine Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn die Prognose die Feststellung oder Bewertung von Umständen voraussetzt, für die eine dem Richter nicht zur Verfügung stehende Sachkunde erforderlich ist, wie etwa im Falle einer seelischen Erkrankung (vgl. BayVGH, B. v. 5.11.2014 - 10 ZB 13.328 - juris Rn. 13; BVerwG, B. v. 13.3.2009 - 1 B 20.08 - juris Rn. 6; B. v. 4.5.1990 - 1 B 82.89 - juris Rn. 7 m. w. N.). Dass der Kläger an einer solchen Erkrankung leidet, wird aber weder im Zulassungsantrag behauptet noch ist es sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
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published on 08/10/2014 00:00

Tenor I. Die Anträge der Beklagten und des Vertreters des öffentlichen Interesses auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt. II. Die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses tragen die Kosten des Zulassungsver
published on 03/02/2015 00:00

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 9. Oktober 2008 wird der Bescheid der Beklagten vom 11. April 2008 in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung vom 2. Februar 2015 ergänzten Änd
published on 25/08/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt. Grü
published on 25/07/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründ
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published on 12/06/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens jeweils zur Hälfte. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro f
published on 21/03/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt. Gründe Mit se
published on 08/07/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu
published on 20/05/2015 00:00

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München M 25 K 13.5129 Im Namen des Volkes Urteil vom 20. Mai 2015 25. Kammer Sachgebiets-Nr. 600 Hauptpunkte: Ausweisung mit sechsjähriger Wiedereinreisesperr
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Annotations

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.