Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Okt. 2018 - 10 CS 18.280

published on 19/10/2018 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Okt. 2018 - 10 CS 18.280
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Verwaltungsgericht Regensburg, RO 4 S 18.42, 11/01/2018

Gericht

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Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Januar 2018 (RO 4 S 18.42) wird in seinen Nummern I und II aufgehoben. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 23. August 2017 gegen die Nummern 2 bis 5 und 7 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 16. August 2017 wird wiederhergestellt bzw. angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage im Zusammenhang mit der Haltung eines im Februar 2017 geborenen Hundes (namens Cash) der Rasse „American Staffordshire Terrier“.

Die Antragstellerin hält den Hund seit 17. April 2017 und hat unter dem gleichen Datum bei der Antragsgegnerin eine Erlaubnis nach Art. 37 LStVG beantragt. Zuvor hatte sie am 6. März 2017 ein Schreiben der Antragsgegnerin mit folgendem Inhalt erhalten: „Hiermit bestätigen wir Ihnen, dass für einen Kampfhund der Kategorie I eine Genehmigung, verbunden mit Auflagen, von Seiten der Gemeinde F. erteilt wird“. Vorangegangen war eine entsprechende mündliche Auskunft der Antragsgegnerin im Februar 2017 anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Antragstellerin. Nachdem sie Angaben zum berechtigten Interesse an der Hundehaltung gemacht hatte, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 16. August 2017 die Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung des Hundes ab (Ziff. 1), untersagte sie (Ziff. 2) und gab der Antragstellerin auf, den Hund unter entsprechendem Nachweis abzugeben (Ziff. 3 bis 5); im Falle eines Verstoßes gegen diese Verpflichtungen wurden Zwangsgelder angedroht (Ziff. 7). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Zi. 6). Das für die Erlaubniserteilung nach Art. 37 Absatz 2 LStVG erforderliche berechtigte Interesse an der Haltung des Hundes, etwa zur Bewachung eines gefährdeten Grundstückes, sei nicht nachgewiesen. Die dargestellten Umstände reichten nicht über ein allgemeines Liebhaberinteresse an der Hundehaltung hinaus. Rechtsgrundlage für die Anordnungen sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 1, 3 LStVG. Sein Tatbestand sei infolge der Haltung eines Kampfhundes im Sinn von § 1 Abs. 1 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 10. Juli 1992 ohne die erforderliche Erlaubnis und durch die damit verwirklichte Ordnungswidrigkeit (Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG) erfüllt; die Ordnungswidrigkeit müsse durch die Abgabe des Tieres und das Verbot der Haltung beendet werden. Die Sicherheitsbehörde könne nicht hinnehmen, dass von einem Kampfhund eine Gefahr für Menschen ausgehe, sondern sei gehalten, gegen die Halterin einzuschreiten. Das Inaussichtstellen der Erlaubnis habe auf der Annahme beruht, die Antragstellerin erfülle die Voraussetzungen des Art. 37 LStVG. In Ausübung des Ermessens bei Abwägung aller bekannten Umstände seien die Haltungsuntersagung und die Abgabeverpflichtung sowie die damit verbundenen Verpflichtungen zur Dokumentation der Übergabe an eine andere Person in verhältnismäßiger Weise festgesetzt worden. Andere Maßnahmen, wie etwa die Verhängung eines Leinen- und Maulkorbzwangs, würden dem Willen des Gesetzgebers im Hinblick auf die Gefahrenabwehr nicht gerecht werden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liege im Hinblick auf die Rechte der Bürger auf körperliche Unversehrtheit und Schutz des Eigentums im besonderen öffentlichen Interesse; hierfür sprächen auch generalpräventive Erwägungen, denn es müsse die Entstehung von Bezugsfällen durch sofort wirkende Maßnahmen verhindert werden. Das Interesse der Antragstellerin an der Fortsetzung der Hundehaltung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung sei nachrangig.

Mit Beschluss vom 27. September 2017 hat das Verwaltungsgericht dem Antrag der Antragstellerin vom 29. August 2017 auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage (RO 4 K 17.1498) gegen den Bescheid wiederhergestellt (Ziff. 2 bis 5) bzw. angeordnet (Ziff. 7); das Schreiben der Antragsgegnerin vom 6. März 2017 stelle eine einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Haltung des Hundes einräumende Zusicherung nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG dar. Gegen den Beschluss vom 27. September 2017 hat die Antragsgegnerin Beschwerde (10 CS 17.2053) eingelegt.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2017 nahm die Antragsgegnerin die Bestätigung vom 6. März 2017 mit Wirkung auf diesen Zeitpunkt zurück und ordnete den Sofortvollzug der Rücknahme an. Auch gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2017 Klage (RO 4 K 17.1895). Ihren am 5. November 2017 nach Art. 80 Abs. 5 VwGO gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Dezember 2017 (RO 4 S 17.1906) ab. Die Rücknahme des Schreibens der Antragsgegnerin vom 6. März 2017, das nach summarischer Prüfung als rechtswidrige Zusicherung zu qualifizieren sei, sei zwar mangels Durchführung der erforderlichen Anhörung vor Erlass des Bescheids vom 26. Oktober 2017 formell rechtswidrig, dieser Mangel könne allerdings nachgeholt werden. In materieller Hinsicht lägen die Voraussetzungen des Art. 48 BayVwVfG vor; insbesondere könne das Vertrauen der Antragstellerin in den Fortbestand der Zusicherung nicht als schutzwürdig angesehen werden. Die gegen den Beschluss vom 14. Dezember 2017 gerichtete Beschwerde hat der Senat inzwischen mit Beschluss vom 15. Oktober 2018 (10 CS 18.102), auf den Bezug genommen wird, zurückgewiesen, nachdem die Antragsgegnerin die zunächst unterbliebene Anhörung nachgeholt hatte.

Mit weiterem - hier streitgegenständlichen - Beschluss vom 11. Januar 2018 (RO 4 S 18.42) lehnte das Verwaltungsgericht unter Abänderung seines Beschlusses vom 27. September 2017 gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO den Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 16. August 2017 wiederherzustellen bzw. anzuordnen, ab. Der abgeänderte Beschluss vom 27. September 2017 sei allein deshalb erfolgt, weil zum damaligen Zeitpunkt noch die Zusicherung der Antragsgegnerin vom 6. März 2017 Bestand gehabt habe. Nach ihrer mit Sofortvollzug ausgestatteten Rücknahme könne die Antragstellerin voraussichtlich nicht mehr mit der Erteilung einer Erlaubnis zur Hundehaltung rechnen, da sie bereits kein berechtigtes Interesse hieran nachgewiesen habe. Erweise sich aber die Ablehnung der Erlaubniserteilung als voraussichtlich rechtmäßig, gelte dies auch für die Anordnung der Haltungsuntersagung und der Verpflichtung zur Abgabe des Hundes an eine geeignete Einrichtung oder Person. Die Antragstellerin habe für seine Haltung niemals eine Erlaubnis besessen, sodass die von ihr begangene Ordnungswidrigkeit nach Art. 37 Abs. 5 Nr. 1 LStVG durch die Antragsgegnerin habe unterbunden werden müssen. Die hierbei getroffenen Ermessensentscheidungen seien ausführlich und zutreffend im Ausgangsbescheid begründet worden. Da es sich um einen Kampfhund der Kategorie 1 handele, müsse die Allgemeinheit vor dessen vermuteter gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit sofort und effektiv geschützt werden. Der positive Wesenstest stelle nur eine Momentaufnahme dar und könne nicht zu einem Überwiegen der Interessen der Antragstellerin führen. Durch die Abgabe des Hundes entstehe ihr selbst dann kein irreversibler Nachteil, sollte sie später in der Hauptsache doch obsiegen und der Hund wieder zurückzugeben sein.

Die Antragstellerin begründet ihre am 4. Februar 2018 gegen den Beschluss vom 11. Januar 2018 eingelegte Beschwerde insbesondere mit Hinweis auf ein fortbestehendes berechtigtes Interesse an der Haltung des Hundes. Es bestehe nach wie vor ein berechtigtes Interesse an der Haltung von Cash. Die Antragstellerin und ihr Ehemann seien seit frühester Kindheit mit Hunden aufgewachsen, besäßen seit fast neun Jahren zwei eigene, inzwischen behandlungsbedürftige Hunde, hätten immer wieder Pflegehunde aus Tierschutzheimen aufgenommen und mit einem von ihnen sogar einen OP-Termin wahrgenommen, kümmerten sich ehrenamtlich in Tierheimen gerade um Kampfhunde und leisteten für diverse Tierschutzorganisationen immer wieder Futter- und Geldspenden. Schließlich betrieben die Antragstellerin und ihr Ehemann einen auf Hundebedarf spezialisierten Onlinehandel und einen Fachhandel mit Ladengeschäft, in dessen Rahmen sogar eine Futterberatung für Kunden stattfinde. Damit seien weit überdurchschnittliche Erfahrungen und Kenntnisse im Bereich der Hundehaltung nachgewiesen. Weiter sei zu beachten, dass bei der Prüfung eines berechtigten Interesses auch die Belange des Tierschutzes (Art. 141 Abs. 1 Satz 2 BV) zu berücksichtigen seien. Gemäß der Vollzugsbekanntmachung (Nr. 37.4.1) des Bayerischen Staatsministeriums des Innern könne auch die „tierschützerische Aufnahme“ eines nicht wegen seiner Gefährlichkeit dem vorherigen Halter weggenommenen Kampfhundes durch eine besonders geeignete Person ein solch berechtigtes Interesse darstellen. Mit der Abgabe von Cash wäre das Wohlbefinden des Tieres erheblich beeinträchtigt, zumal letztlich nur die Aufnahme durch ein Tierheim infrage komme. Das Staatsziel Tierschutz könne durch geeignete Nebenbestimmungen zur Erlaubnis mit den Belangen der Gefahrenabwehr in Übereinstimmung gebracht werden. Das „vorläufige Gutachten“ eines Hundesachverständigen vom 4. Juli 2017 komme zu einer positiven Einschätzung, zumal die Antragstellerin und ihr Mann viermal wöchentlich mit Cash eine sachkundige Hundetrainerin in einer Hundeschule besuchten. Außerdem werde er in einem Schäferhundeverein auf seine Begleithundeprüfung vorbereitet. Damit gehe die Anschaffung des Hundes weit über das vermeintlich reine Liebhaberinteresse hinaus. Durch die Abgabe an ein Tierheim entstünde ein höchst unerwünschter Zustand, dessen Auflösung eindeutig im öffentlichen Interesse liege. Im Vertrauen auf die Zusicherung hätten die Eheleute bereits erhebliche Dispositionen getroffen, wie zum Beispiel Besuche beim Züchter, Stornierung eines gebuchten Urlaubs, Kauf eines größeren Fahrzeugs und anderes mehr. Das Verwaltungsgericht habe vor diesem Hintergrund verkannt, dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe und unmittelbar in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Hund-Halter-Beziehung eingreife. Die Verpflichtung, ein liebgewonnenes Tier ohne Not weggeben zu müssen, stelle eine außerordentliche emotionale Belastung für die Antragstellerin dar, zumal sie ihre Hunde anstelle von Kindern führe. Angesichts ihrer Fähigkeiten im Umgang mit Hunden, die vielfach nachgewiesen seien, und mangels Anhaltspunkten für die Gefährlichkeit von Cash gehe es gerade nicht um die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben. Die Antragstellerin sei sogar mit einem Leinen- und Maulkorbzwang einverstanden.

Die Antragsgegnerin erwidert, aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2017 ergebe sich eindeutig, warum die Antragstellerin nicht mit einer Erlaubnis zur Haltung ihres Kampfhundes habe rechnen können, ohne dass dem mit ihren Ausführungen in den Beschwerdeverfahren etwas Tragfähiges entgegengesetzt werde. Auch soweit die Trennung unter emotionalen Gesichtspunkten als schwierig für die kinderlose Antragstellerin bezeichnet werde, könne dies der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Das gegen den abgeänderten Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. September 2017 von der Antragsgegnerin angestrengte Beschwerdeverfahren (10 CS 17.2053) ist infolge der nach Erlass des im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Beschlusses abgegebenen übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien vom 31. Januar und 11. Februar 2018 beendet und mit Beschluss vom 27. Februar 2018 eingestellt worden, auf dessen Gründe verwiesen wird. Ein am 12. Juli 2018 vor dem Berichterstatter abgehaltener Erörterungstermin in der vorliegenden Streitsache blieb ohne Ergebnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakten der verschiedenen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der angefochtene Abänderungsbeschluss vom 11. Januar 2018 war aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. August 2017 (erneut) wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Für die im Rahmen der Aussetzungsentscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende gerichtliche Interessenabwägung sind als zentraler Entscheidungsmaßstab die Erfolgsaussichten in der Hauptsache heranzuziehen (Gersdorf in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, Stand: 1.7.2018, § 80 Rn. 187-191). Im vorliegenden Fall sind die Erfolgsaussichten der gegen die Haltungsuntersagung und die Abgabeverpflichtung (nebst Nebenentscheidungen) gerichteten Anfechtungsklage der Antragstellerin als offen anzusehen (1.). Die unter Berücksichtigung dieses Befunds gebotene Abwägung der Interessen der Antragstellerin mit den öffentlichen Interessen am Sofortvollzug des angefochtenen Bescheids fällt zugunsten der Antragstellerin aus (2.).

1. Nach der im Eilverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage beurteilt der Senat diese derzeit als offen. Zwar liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für ein sicherheitsbehördliches Einschreiten vor (1.1), Zweifel bestehen jedoch hinsichtlich einer fehlerfreien Ermessensausübung (1.2).

1.1 Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG sind erfüllt, weil die Antragstellerin durch die Haltung von Cash ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis eine Ordnungswidrigkeit nach Art. 37 Abs. 4 Nr. 1 LStVG begeht, zu deren Unterbindung die Befugnisnorm ermächtigt.

Die nach Art. 37 Abs. 1, 2 LStVG beantragte Erlaubnis kann der Antragstellerin aller Voraussicht nach nicht erteilt werden, sodass ihre insoweit erhobene Verpflichtungsklage (Ziff. 1 des Bescheids vom 16.8.2017) nach überschlägiger Prüfung ohne Erfolg bleiben wird.

1.1.1 Ein unmittelbar aus Art. 37 Abs. 1, 2 LStVG folgender Erlaubnisanspruch besteht nicht, weil die Antragstellerin bisher das Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Erteilung der Erlaubnis nicht nachgewiesen hat. Der Senat verweist insoweit auf die ausführliche Begründung in seinem Beschluss vom 15. Oktober 2018 (10 CS 18.102, BA S. 13, 2.2.4).

1.1.2 Ein Anspruch auf die begehrte Erlaubnis ergibt sich auch nicht (mehr) aus der Zusicherung vom 6. März 2017, nachdem diese von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 26. Oktober 2017 - unter Anordnung des Sofortvollzugs - zurückgenommen worden war. Der Senat hat wiederum im dortigen Verfahren 10 CS 18.102 unter Zurückweisung der gegen die Ablehnung des von der Antragstellerin begehrten Eilrechtsschutzes gerichteten Beschwerde festgestellt, dass die gegen die Rücknahme der Zusicherung erhobene Klage voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Auch insoweit kann auf die Gründe des Beschlusses vom 15. Oktober 2018 (10 CS 18.102, BA S. 7 f.) verwiesen werden. Der Sofortvollzug des Rücknahmebescheids führt dazu, dass aus der Zusicherung derzeit keine Rechtswirkung abgeleitet werden und sie daher insbesondere nicht Grundlage für den geltend gemachten Erlaubnisanspruch sein kann.

1.2 Unter Berücksichtigung des gesamten Beschwerdevorbringens bestehen allerdings noch Zweifel an der Fehlerfreiheit der Ermessensausübung der Antragsgegnerin im Bescheid vom 16. August 2017. Auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 2 LStVG kann die Sicherheitsbehörde für den Einzelfall Anordnungen treffen, wenn - wie hier - einer der dort genannten Tatbestände verwirklicht ist. Das danach eröffnete Ermessen ist gemäß Art. 40 BayVwVfG entsprechend dem Zweck der Ermächtigung unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen auszuüben.

Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen in erster Linie an dem Umstand ausgerichtet, dass die Antragstellerin die für die Hundehaltung erforderliche Erlaubnis im Klageweg nicht wird erstreiten können, weil sie das erforderliche berechtigte Interesse nicht nachweisen kann, und daher von einer rechtswidrigen, die öffentliche Sicherheit wegen der von einem Kampfhund ausgehenden Gefahren beeinträchtigenden Hundehaltung auszugehen ist. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin das Eigentumsrecht der Antragstellerin aus Art. 14 Abs. 1 GG und das hiervon umfasste „Nutzungsrecht an einer Sache“ (hier: Haltung eines Tieres) als nachrangig gegenüber dem in Artikel 7 LStVG zum Ausdruck kommenden öffentlichen Interesse betrachtet, das die Untersagung der weiteren Haltung des Hundes erfordere.

Soweit die Antragsgegnerin ihre Entscheidung (Besch. v. 16.8.2017, 2.2.4) damit begründet, aus der Versagung einer Erlaubnis zur Haltung eines Kampfhundes der Kategorie 1 ergebe sich „auch die Notwendigkeit der weiteren Untersagung der Haltung des Kampfhundes…und der Anordnung der Abgabe“, werden damit kein (weiteren) Ermessenerwägungen mitgeteilt. Vielmehr lassen diese Ausführungen eher den Schluss zu, es bestehe im Sinne einer gebundenen Entscheidung eine „Automatik“, die letztlich dazu führe, dass im vorliegenden Fall gar keine anderen Anordnungen als die getroffenen infrage kämen. Damit würde aber gerade im vorliegenden Fall eine Ermessensentscheidung verfehlt. Allerdings führt der Bescheid weitere, grundsätzlich zutreffende Überlegungen insbesondere zur Abwehr der von Kampfhunden ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit aus. Sie machen deutlich, dass die Antragsgegnerin die Anordnungen (wohl) nicht ausschließlich auf die Versagung der Erlaubnis zur Hundehaltung stützt.

Im Hinblick auf die Ermittlung der einzustellenden Belange der Antragstellerin erscheint jedoch problematisch, dass sich die Antragsgegnerin im Rahmen der Ermessensausübung mit keinem Wort mit der Besonderheit des vorliegenden Falles auseinandersetzt. Sie besteht darin, dass sich die Antragstellerin zum Kauf und zur Haltung des Hundes erst nach Abgabe der Zusicherung vom 6. März 2017 durch die Antragsgegnerin entschlossen hatte; ab diesem Tag bis zumindest 26. Oktober 2017, dem Tag des Bescheids über die Rücknahme der Zusicherung, konnte sie auf die Erteilung einer Haltungserlaubnis vertrauen, denn ihr war insoweit ein - nunmehr in vollziehbarer Weise zurückgenommener - Anspruch eingeräumt worden (vgl. hierzu B.v. 15.10.2018 - 10 CS 18.102 - BA S. 8, 9). Durch diesen Ablauf unterscheidet sich der vorliegende Fall ganz grundsätzlich von der Vielzahl derjenigen Fälle, in denen der Hundehalter ohne vorherige Absprache mit der für die Erlaubniserteilung zuständigen Gemeinde einen Kampfhund erwirbt und hält. Einer Auseinandersetzung mit dieser besonderen Konstellation hätte es auch im Rahmen der Ausübung des Ermessens bedurft. So erscheint es dem Senat jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass - auch vor dem Hintergrund des eindeutigen gesetzgeberischen Willens, wie er aus Art. 38 LStVG hervorgeht - in einem derart untypisch gelagerten Fall eine „geduldete“ Haltung auch eines Hundes der Kategorie 1 in Betracht kommen könnte, soweit durch geeignete Nebenbestimmungen Gefahren für die Allgemeinheit in angemessener Weise minimiert werden können.

Die Rücknahme der rechtswidrig, da ohne Rücksicht auf die entscheidende Frage des berechtigten Interesses an der Hundehaltung erfolgten Zusicherung einer Erlaubnis wirkt zwar nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut in rechtlicher Hinsicht auf den Zeitpunkt der Erteilung der Zusicherung zurück (ex tunc). Dies bedeutet aber nicht, dass die Antragstellerin im fraglichen Zeitraum vor der Rücknahme nicht tatsächlich auf sie vertraut hat und vertrauen hat dürfen; jedenfalls ist dieser Umstand auch bei der Ermessensausübung im Rahmen der Entscheidung über die Haltungsuntersagung und die Abgabeverpflichtung in den Blick zu nehmen.

Die von der Antragsgegnerin angeführten generalpräventiven Überlegungen tragen nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall schon deshalb nicht, weil er durch die singuläre Situation der zuvor erteilten Zusicherung gekennzeichnet ist und sich daher die Frage der Verhinderung von Bezugnahmen nicht stellen kann. Ob die Gefahren der hier streitgegenständlichen Hundehaltung auch vor dem dargestellten Hintergrund zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses führen, bedarf einer eingehenden Überprüfung, gegebenenfalls Ergänzung im Rahmen des anhängigen Klageverfahrens.

2. Kann demnach aus heutiger Sicht über den Ausgang des Klageverfahrens keine hinreichend sichere Prognose abgegeben werden, verbleibt es bei einer umfassenden Abwägung der gegenläufigen Interessen. Sie fällt hier zugunsten der Antragstellerin aus.

Bei der Gewichtung des Aussetzungsinteresses ist zugunsten der Antragstellerin insbesondere zu bedenken, dass sie - wovon auch die Antragsgegnerin ausgeht - bereits vielfach nachgewiesene Fähigkeiten im Umgang mit Hunden verschiedener Rassen besitzt und damit keinerlei Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit (vgl. a. Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG; BayVGH, B.v. 15.10 2018, a.a.O., BA S. 12, 2.2.1) bestehen. Unabhängig hiervon sind die von dem im Zeitpunkt des vorliegenden Beschlusses erst eineinhalb Jahre alten Hundes ausgehenden Gefahren auf der Basis der im Erörterungstermin am 12. Juli 2018 mitgeteilten Erkenntnisse nicht als so erheblich einzuschätzen, dass zu ihrer Abwehr die Anordnung des Sofortvollzugs geboten wäre. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin den Hund praktisch von Geburt an aufgenommen und erzogen hat. Würde sie ihn nunmehr vor einer Entscheidung über die Klage abgeben müssen, im Klageverfahren dann aber obsiegen, wäre dies eine jedenfalls nicht unerhebliche Belastung für eine erneute Aufnahme der Hundehaltung und nur dann möglich, wenn man davon ausgehen will, dass mit dem angefochtenen Sofortvollzug der Abgabeverpflichtung ein nicht wieder rückgängig zu machender Tatbestand gesetzt werden würde, weil es äußerst schwierig sein dürfte, eine zur Haltung des Hundes für den unbestimmten Zeitraum bis zum Abschluss des Klageverfahrens bereite Person oder Einrichtung zu finden.

Demgegenüber streiten für den Sofortvollzug die gesetzgeberische Wertung, dass in Bayern Kampfhunde der Kategorie 1 nur in streng begrenzten Ausnahmefällen gehalten werden dürfen (vgl. Nr. 37.4.1. VollzBek). Damit hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die von den in der Kampfhundeverordnung näher definierten Hunderassen ausgehenden Gefahren unabhängig von individuellen Charaktereigenschaften des jeweiligen Hundes bekämpfen und damit die höchsten Rechtsgüter - Leben und körperliche Unversehrtheit der Bürger - vor Beeinträchtigungen schützen will. Eine Aussetzung des Sofortvollzugs würde also während ihrer Dauer das von der Antragsgegnerin verfolgte Ziel beeinträchtigen.

Allerdings erfordert das auf den Einzelfall bezogene besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts ein Gewicht, das über das im Regelfall vorliegende Interesse am Erlass des zugrunde liegenden Verwaltungsakts hinausgeht und das Rechtsschutzinteresse des Betroffenen überwiegt (vgl. Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 80 Rn. 161). In der vorliegenden Konstellation ist jedoch ein derartiges Gewicht, das beispielsweise mit einer anzunehmenden Unzuverlässigkeit der Halterin oder schon gezeigten Auffälligkeiten des Hundes begründbar wäre, nicht erkennbar. Das öffentliche Interesse am Sofortvollzug hat (zunächst) hinter den oben dargestellten vorrangigen Interessen der Antragstellerin zurückzustehen, ohne dass damit für den Fall der späteren Klageabweisung im Hinblick auf den Vollzug des Bescheids irreversible Zustände geschaffen werden.

Die Kosten beider Rechtszüge hat die unterlegene Antragsgegnerin zu tragen (§ 155 Abs. 1 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 1‚ § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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published on 15/10/2018 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe
published on 14/12/2017 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt. Gründe I. Die Antragstellerin begehrt vorläuf
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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe
published on 27/02/2019 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt. Gründe
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.