Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Mai 2014 - 1 ZB 13.351

published on 13/05/2014 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Mai 2014 - 1 ZB 13.351
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Previous court decisions
Verwaltungsgericht München, 11 K 12.714, 13/12/2012

Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens gesamtschuldnerisch.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger begehren die Aufhebung einer vom Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen mit Bescheid vom 9. Januar 2012, geändert mit Bescheid vom 4. April 2012, verfügten, zwangsgeldbewehrten Beseitigungsanordnung, die sich auf zwei jeweils etwa 25 m lange, mit Bruchsteinen gefüllte Gitterboxen (Gabionen) bezieht. Sie wurden von den Klägern an der Südgrenze ihres mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks FlNr. .../9 Gemarkung K. zum ebenfalls bebauten Nachbargrundstück (FlNr. .../8) hin und an der Ostgrenze zum unbebauten Außenbereich hin errichtet. Die Höhe der Gabionen fällt wegen des hängigen Geländes im Süden von etwa 2 m auf 1,6 m (von West nach Ost) ab, im Osten von etwa 1,6 m auf 0,8 m (von Süd nach Nord).

In dem auf Art. 76 Satz 1 BayBO gestützten Bescheid wird davon ausgegangen, dass die beiden Gabionen zwar nicht bauaufsichtlich genehmigungspflichtig seien, jedoch im Widerspruch zur Festsetzung Nr. 2.12 des Bebauungsplans Nr. 9 „An der L-straße“ der Gemeinde K. vom 6. August 2008 stünden und daher materiell baurechtswidrig seien. Diese Festsetzung lautet:

„Als Einzäunung an den Straßenseiten ist ein senkrechter Holzstaketenzaun mit einer maximalen Höhe von 100 cm zu errichten. … Zwischenzäune können errichtet werden, aber als Maschendrahtzaun an Eisenstützen, als lebende Einfriedung oder Holzzaun. Zwischenzäune dürfen nicht höher als 120 cm … sein.“

Mit Urteil vom 13. Dezember 2012 wies das Verwaltungsgericht München die gegen die Beseitigungsanordnung gerichtete Klage ab und stellte fest, dass als „Zwischenzaun“ im Sinne der Festsetzung Nr. 2.12 Satz 2 und 3 des Bebauungsplans jegliche Einfriedung an einer Grundstücksgrenze - mit Ausnahme der straßenseitigen Einzäunungen - zu betrachten sei. Die im Bebauungsplan vorgenommene Festlegung der zulässigen Arten von Einfriedungen und ihrer Höhenbegrenzung bezwecke die Erhaltung des optisch durchlässigen Charakters des Baugebiets.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts machen die Kläger ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit geltend. Der Beklagte verteidigt das Urteil.

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils liegt nicht vor (§ 124 a Abs. 5 Satz 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Das angefochtene Urteil begegnet nicht deswegen ernstlichen Zweifeln, weil es zu Unrecht von der materiellen Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Gabionen ausgegangen wäre. Entgegen der Ansicht der Kläger erfasst die textliche Festsetzung in Nr. 2.12 Satz 2 und 3 des Bebauungsplans Nr. 9 der Gemeinde K. die beiden Gabionen. Die Festsetzungen in Nr. 2.12 sind in materieller Hinsicht „örtliche Bauvorschriften“ über „Notwendigkeit oder Verbot und über Art, Gestaltung und Höhe von Einfriedungen“ i. S.v. Art. 91 Abs. 1 Nr. 4 BayBO 1982, der die Gemeinde ermächtigte, aus ortsgestalterischen Gründen Regelungen über Grundstückseinfriedungen auch im Rahmen des damals nach den Vorschriften des Bundesbaugesetzes zu erlassenden Bebauungsplans (Art. 91 Abs. 3 Satz 1 BayBO 1982) zu treffen. Um ihren Regelungsgehalt zu ermitteln, ist die Festsetzung wegen ihres Normcharakters entsprechend ihrem Normzweck auszulegen; eine ausschließlich oder im Schwerpunkt semantische Auslegung der maßgeblichen Begrifflichkeiten (Einzäunung, Zwischenzäune) - wie sie die Kläger anbieten - führt schon deswegen nicht weiter, weil Gabionen 1988 im Geltungsbereich der Satzung als Grundstücksbegrenzungen noch nicht üblich waren und die zulässigen Gestaltungsformen von „Einzäunungen“ in der Festsetzung Nr. 2.12 positiv formuliert sind, damit sämtliche andere Formen ausgeschlossen wurden.

Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Art und Weise in einem ersten Schritt davon ausgegangen ist, dass der Regelungsgegenstand der Nr. 2.12 des Bebauungsplans sämtliche „Einfriedungen“ i. S. v. Art. 81 Abs. 1 Nr. 5 BayBO (entspricht Art. 91 Abs. 1 Nr. 4 BayBO 1982) erfasst, obwohl sich der in der Ermächtigungsgrundlage verwendete Oberbegriff „Einfriedung“ nur in Satz 2 der Festsetzung bei der Aufzählung der Arten zulässiger „Zwischenzäune“ findet. Eine gestalterische Festsetzung, die sich mit der Abgrenzung verschiedener Grundstücke befasst und hierfür die Begrifflichkeiten der „Einzäunung“ und der „Zwischenzäune“ benutzt, will damit nicht andere Formen der Grundstücksabgrenzungen ermöglichen, sondern gerade ausschließen. Dies wird besonders deutlich, wenn man Satz 2 der Festsetzung Nr. 2.12 betrachtet, der den Begriff der „Zwischenzäune“ für diejenigen Einzäunungen verwendet, die sich entlang einer Straßenseite befinden, und ihre Errichtung (nur) in drei verschiedenen Erscheinungsformen für zulässig erklärt. Aus der Formulierung („Zwischenzäune können errichtet werden, aber als … „) ergibt sich - auch wenn das Wort „nur“ nicht verwendet wird - ohne weiteres, dass sie ausschließlich in den drei Erscheinungsformen errichtet werden dürfen, darüber hinaus aber in keiner weiteren. Wenn die Kläger darauf hinweisen, dass „Gabionen … ihrem äußeren Erscheinungsbild nach Mauern und keine Zäune“ seien, so mag dies zutreffen, führt im vorliegenden Fall jedoch angesichts der vom Satzungsgeber gewollten umfassenden Regelung aller „Einfriedungen“ nicht weiter, zu denen eben auch auf der Grenze befindliche Mauern und Gabionen zählen. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht also den Regelungsgehalt der maßgeblichen Festsetzung nach ihrem Sinn und Zweck ermittelt, wonach sich ergibt, dass sie sich nicht ausschließlich auf Zäune im eigentlichen Wortsinn bezieht, sondern auf sämtliche Einfriedungen, von denen nur drei bestimmte Arten (von Zäunen) zulässig sein sollen, aber Mauern gerade nicht.

In einem zweiten Schritt hat das Verwaltungsgericht dann den Begriff des „Zwischenzauns“ nach dem Aufbau der Nr. 2.12 des Bebauungsplans und dem daraus folgenden Sinnzusammenhang dahingehend ausgelegt, dass als „Zwischenzäune“ sämtliche Einfriedungen an denjenigen Grundstücksgrenzen gemeint sind, die nicht zu einer Straßenseite hin verlaufen (vgl. Nr. 2.12 Satz 1 der Festsetzung einerseits, Satz 2 und 3 zum anderen; vgl. UA S. 7, letzter Absatz). Den Klägern ist zwar zuzugeben, dass der Begriff „Zwischenzaun“ weder dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht noch einen eindeutigen Gehalt besitzt; allerdings erweist er sich nicht allein schon deshalb als unbestimmt. Der Umstand, dass sich die im angefochtenen Urteil vorgenommene Auslegung erst unter Zuhilfenahme allgemeiner Grundsätze und nicht unmittelbar aus dem Text der Festsetzung ergibt, vermag nicht den Vorwurf der Kläger an den Satzungsgeber zu begründen, ihm sei die Sicherstellung seines Planungsziels misslungen. Denn trotz der Verwendung eines „dem Wortlaut nach eindeutigen Begriffs“ (hier: Zaun) ist der Formulierung ohne weiteres zu entnehmen, dass andere Einfriedungen als Zäune (insbesondere: Mauern oder auch mauerähnlich wirkende, mit Steinen gefüllte Drahtkörbe) aus bestimmten gestalterischen Gründen nicht als Grundstücksbegrenzungen zugelassen werden sollen. Die Festsetzung ist nicht unbestimmt, denn sie will durch eine positive und abschließende Aufzählung der zulässigen Arten von „Zwischenzäunen“ alle anderen denkbaren Arten ausschließen.

Schließlich begegnet es keinen Bedenken, den Begriff „Zwischenzaun“ nicht nur auf bebaute Nachbargrundstücke abgrenzende Einfriedungen zu beziehen, sondern auch auf die Einfriedung eines bebauten Grundstücks gegenüber dem Außenbereich, im vorliegenden Fall also auch auf die östliche Gabione. Zwar beschäftigt sich das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts mit dieser Frage nicht ausdrücklich; aus der bereits dargestellten Definition des „Zwischenzauns“ als „jede Einfriedung an einer Grundstücksgrenze“ mit Ausnahme der straßenseitigen Einzäunungen lässt sich jedoch die eingangs gemachte Aussage ableiten. Dem Urteil lässt sich gerade nicht entnehmen, aufgrund des „beschränkten Regelungsgehalts des Bebauungsplans“ könne es sich „nur um Zäune zwischen den Baugrundstücken handeln“, weshalb die in Richtung des Außenbereichs gelegene östliche Gabione nicht erfasst sein könne. Im Übrigen weist das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hin, dass die mit der Festsetzung Nr. 2.12 verbundene Zielsetzung eines optisch durchlässigen Charakters des Plangebiets nur erreicht werden könne, wenn sämtliche Einfriedungen von der Regelung erfasst würden.

Da die beiden hier streitgegenständlichen Gabionen demnach bereits ihrer Art nach nicht als zulässige „Zwischenzäune“ in Betracht kommen, bedarf es keines näheren Eingehens auf die Frage, ob die nach der Festsetzung zulässige Maximalhöhe von 1,2 m an der Innenseite des Baugrundstücks oder vom Nachbargrundstück her zu messen ist. Allerdings spricht nach Sinn und Zweck der Höhenbegrenzung alles dafür, die (sichtbare) Höhe des Metallkäfigs der Gabione als maßgeblich zu betrachten und nicht die ausgehend von der auf dem Baugrundstück vorgenommenen Aufschüttung gemessene Höhe.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn
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published on 09/05/2018 00:00

Tenor I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 10. Juli 2013 wird der Bescheid des Beklagten in Nr. 1a und Nr. 2 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtsz
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Annotations

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.