Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Okt. 2015 - L 4 KR 320/11

published on 27/10/2015 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Okt. 2015 - L 4 KR 320/11
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Previous court decisions
Sozialgericht München, S 29 KR 887/09, 20/07/2011
Subsequent court decisions
Bundessozialgericht, B 12 KR 5/16 R, 31/03/2017

Gericht

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Tenor

I.

Auf die Berufungen des Klägers werden die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 20. Juli 2011 und die zugrundeliegenden Bescheide der Beklagten vom 19.11.2008 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 17. Juli 2009 aufgehoben und festgestellt,

dass der Kläger für die Beigeladenen zu 2) bis 8) als Synchronsprecher betreffend die Rentenversicherung in der Zeit vom 20. Februar 2006 bis 29. Februar 2008 versicherungspflichtig unständig beschäftigt war.

II.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Kläger ist Schauspieler und Synchronsprecher, der u. a. im Auftrag von Synchronisierungsfirmen fremdsprachige Filme synchronisiert. Am 04.08.2008 wandte er sich an die beklagte Krankenkasse und beantragte die Feststellung der Versicherungspflicht für (zusätzliche) Beschäftigungen im Auftrag der Beigeladenen zu 2) bis 8) im Zeitraum 20.02.2006 bis 29.02.2008. Es habe sich jeweils um abhängige Beschäftigungen gehandelt, da er weisungsgebunden und für die Dauer der jeweiligen Beschäftigung auch in den Betrieb eingebunden gewesen sei. Er übe diese Beschäftigungen berufsmäßig aus. Da sie jeweils kürzer als eine Woche gedauert hätten und auch zu dauern pflegten, habe es sich um unständige Beschäftigungen gehandelt. Die Beklagte wandte sich hierauf an die Beigeladenen zu 2) bis 8) und bat um Meldung des Klägers und Nachentrichtung der Beiträge. Die Synchronisierungsfirmen gaben hierauf an, dass die Einsatztermine des Klägers auf der Grundlage der Vereinbarung der Spitzenverbände vom 30.09.2005 bewertet und abgerechnet worden seien. Danach sei der Kläger unter 50 Tage in den letzten zwölf Monaten bei den Firmen beschäftigt gewesen und habe mit Ausnahme der Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) keine Rahmenvereinbarung mit dem Unternehmen geschlossen. Auch hätten die Synchroneinsätze nicht mehr als drei zusammenhängende Tage gedauert. Aus diesem Grunde sei der Kläger sozialversicherungsfrei.

Am 19.11.2008 erließ die Beklagte Feststellungsbescheide gegenüber dem Kläger, mit denen eine Versicherungspflicht zur Rentenversicherung als berufsmäßig unständig Beschäftigter für die Tätigkeiten bei den einzelnen Synchronisierungsfirmen abgelehnt wurde. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung hätten sich mit Rundschreiben vom 30.09.2005 (Rahmenempfehlung der Spitzenverbände über die versicherungsrechtliche Beurteilung von Synchronsprechern) auf folgende Vorgehensweise geeinigt: Bei Synchronsprechern, die nur kurzzeitig für einen Synchroneinsatz verpflichtet werden, sei zukünftig regelmäßig dann nicht von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen, wenn sie nicht überwiegend für ein Unternehmen tätig würden und die kurzzeitigen Einsätze nicht durch eine Rahmenvereinbarung verbunden seien. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) würden in diesen Fällen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Kriterien in der Gesamtbewertung der Art und Weise der Ausgestaltung der Tätigkeit an Gewicht verlieren (z. B. BFH-Urteil vom 01.03.1973 IV R 231/69). Es sei folglich nur dann von einer abhängigen Beschäftigung auszugehen, wenn im Wege einer vorausschauenden Betrachtungsweise ein Synchronsprecher innerhalb eines Zeitjahres von einem Synchronunternehmen zu mehr als 50 Synchroneinsätzen verpflichtet werde. Zudem sei nur dann von einer abhängigen unständigen Beschäftigung auszugehen, wenn der Synchronsprecher zu mehr als drei zusammenhängenden Synchroneinsatztagen verpflichtet werde. Da dies beim Kläger in keinem der Fälle gegeben gewesen sei, habe auch keine Versicherungspflicht zur Rentenversicherung bestanden.

In Bezug auf die Tätigkeiten für die Beigeladene zu 2) hat die Beklagte die Ablehnung der Versicherungspflicht als unständig Beschäftigter damit begründet, dass eine Rahmenvereinbarung vorgelegen habe und sich daher die einzelnen Synchronisationseinsätze vereinbarungsgemäß in bestimmten Abständen wiederholt hätten. Es liege somit in diesem Fall zwar eine abhängige, aber keine unständige Beschäftigung, sondern eine wiederkehrende Beschäftigung vor. Die Beitragszahlung erfolge in diesen Fällen nur für die Tage, in denen aufgrund mindestens eines Synchronisationseinsatzes die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt werde. Hierbei sei als Höchstgrenze die kalendertägliche Beitragsbemessungsgrenze heranzuziehen. Würden Synchronsprecher während einer wiederkehrenden Beschäftigung aufgrund einer Rahmenvereinbarung zu weiteren Synchroneinsätzen außerhalb dieser Rahmenvereinbarung vom selben Unternehmen verpflichtet, liege ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vor. Im vorliegenden Fall sei der Kläger von der Beigeladenen für mindestens vier Synchrontage verpflichtet worden. Diese seien der Abrechnung zugrunde gelegt worden. Die Beitragszahlung erfolge in diesen Fällen nur für die Tage, in denen aufgrund mindestens eines Synchroneinsatzes die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt werde. Die Zuordnung zum Personenkreis der berufsmäßig unständig Beschäftigten sei daher zu verneinen. Eine unständige Beschäftigung sei innerhalb einer Rahmenvereinbarung ausgeschlossen.

Seine hiergegen gerichteten Widersprüche begründete der Kläger damit, dass die internen Festlegungen der Sozialversicherungsträger nicht rechtsverbindlich seien. Da er stets gegenüber Regie und Cutter weisungsgebunden und für die Dauer der jeweiligen Beschäftigung wegen der Dispositionen auch eingegliedert gewesen sei, seien alle Voraussetzungen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung erfüllt. In Bezug auf die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 6) hat auch das Synchronisierungsunternehmen Widerspruch eingelegt. Aus dem Bescheid der Beklagten gehe - fälschlicherweise - indirekt hervor, dass Synchronsprecher regelmäßig als unständig Beschäftigte anzusehen seien. Dies widerspreche aber dem Rundschreiben der Spitzenverbände. Danach könnten Synchronsprecher nämlich sowohl selbstständig als auch nichtselbstständig tätig sein und in diesem Sinne wiederkehrend beschäftigt, dauerbeschäftigt oder unständig beschäftigt sein. Die unständige Beschäftigung sei bei Synchronsprechern die Ausnahme und nicht die Regel. Die Leistungen des Synchronsprechers würden regelmäßig urheberrechtliche Vergütungsansprüche als ausübender Künstler nach § 73 ff. Urhebergesetz begründen. Die Sprechleistungen, die über die bloße Wiedergabe eines vorgegebenen Textes hinausgehen, prägten mit ihrem künstlerischen Gestaltungsmoment das Berufsbild des Synchronsprechers. Nur im Ausnahmefall sei von einem Beschäftigungs- oder Arbeitsverhältnis auszugehen. Folgerichtig seien Synchronsprecher von der Sozialgerichtsbarkeit als selbstständige Künstler im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes angesehen worden, die über die Künstlersozialkasse in der Kranken- und Rentenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung zu versichern sind, sofern nicht eine Ausnahme der §§ 3 ff. KSVG vorliege. Die Begründung der Bescheide der Beklagten gehe zwar im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Synchronsprecher in den jeweiligen Zeiträumen als selbstständig anzusehen seien. Für Synchronsprecher, die bereits nach dem KSVG pflichtversichert seien, sei diese Folge zwingend. Aber auch in den übrigen Fällen liege es auf der Hand, weil die Voraussetzungen für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses gerade nicht bestehen würden. Der im Bescheid zum Ausdruck kommende Ansatz, Synchronsprecher grundsätzlich als Unständige anzusehen, schaffe ein Präjudiz.

Jeweils am 17.07.2009 erließ die Beklagte Widerspruchsbescheide, mit denen sie die Begründung der Ausgangsbescheide wiederholte. Soweit eine Rahmenvereinbarung nicht bestanden habe und der Kläger als Synchronsprecher an nicht mehr als drei zusammenhängenden Tagen tätig gewesen sei, sei eine selbstständige Tätigkeit anzunehmen und keine (berufsmäßig unständige) Beschäftigung. Daran ändere nichts der Umstand, dass der Kläger den Weisungen des Regisseurs oder Cutters zu folgen habe, denn bei einer hochspezialisierten Arbeit, wie der eines Synchronsprechers, könnten auch über äußere und organisatorische Dinge hinausgehende Weisungen nicht ohne weiteres zur Eingliederung führen.

Hiergegen erhob der Kläger Klagen zum Sozialgericht München, mit denen er ergänzend ausführte, dass er als Synchronsprecher ohne die Ausstattungen, die von den jeweiligen Firmen angeboten werden, nichts erbringen könne. Seine Einsatzzeiten seien nach den einzuhaltenden Produktionszeiten und den Kapazitäten des Tonstudios fest vorgegeben. Er unterliege voll den Weisungen der Produktionsfirmen. An einem Unternehmerrisiko fehle es schon deswegen, weil er weder eigenes Kapital einsetze mit der Möglichkeit, es zu verlieren oder zu vermehren, noch der Erfolg der Tätigkeit ungewiss sei. Er hafte nicht für Schlechtleistung und sei auch nicht verpflichtet, im Fall eines kurzfristigen Ausfalls das Honorar für einen Ersatzsprecher zu zahlen. Die Unsicherheit, gegebenenfalls nicht weiter beschäftigt zu werden, stelle nach der Rechtsprechung kein Unternehmerrisiko dar. Das BSG habe mit Urteil vom 22.11.1973 (12 RK 17/72) auch die Merkmale einer unständigen Beschäftigung herausgearbeitet. Noch mit Rundschreiben aus dem Jahre 2000 hätten die Spitzenverbände Synchronschauspieler exemplarisch als berufsmäßig unständig Beschäftigte ausgewiesen. Auch die deutsche Rentenversicherung habe sich dieser Auffassung angeschlossen. Die vom BSG im Urteil vom 11.05.1993 (12 RK 23/91) geforderten Kriterien einer Berufsmäßigkeit und Beschränkung der Beschäftigung auf weniger als eine Woche seien erfüllt. Er sei durchwegs unständig beschäftigt.

Jeweils mit Gerichtsbescheiden vom 20.07.2011 hat das SG die Klagen des Klägers abgewiesen. Das Rundschreiben der Spitzenverbände stelle handhabbare Kriterien für die geforderte Gesamtabwägung nach § 7 Abs. 1 SGB IV zur Verfügung. Ein Synchronsprecher könne seine Arbeitsleistung immer nur innerhalb der technischen und personellen Ausstattung erbringen, die vom Synchronisationsunternehmen zur Verfügung gestellt werde.

Gegen die Gerichtsbescheide hat der Kläger am 18.08.2011 Berufungen zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt, die mit Beschluss vom 09.03.2012 verbunden wurden. Erläuternd trug der Kläger vor, dass die bereits vorhandenen Texte im Synchronbuch, die er auch nicht habe ändern können, von ihm lückensynchron vorgetragen worden seien. Unabhängig davon, ob er selbst mit einem Ergebnis zufrieden gewesen sei, habe er einen Take solange wiederholen müssen, bis er dem Produzenten, Aufnahmeleiter oder Regisseur gefallen habe. Die Reihenfolge, mit der die Takes abgearbeitet werden, werde mittels einer Disposition von der Produktionsfirma vorgegeben. Ebenso gelte dies für den jeweiligen Beginn, das Ende oder die Pausen der Synchronaufnahmen der verschiedenen Sprecher, die an der Synchronisation beteiligt sind. Diese Vorgaben seien zwingend für den Produktionsablauf erforderlich, weil die Belegung des Synchronstudios und die Verfügbarkeit des technischen Personals im Verantwortungsbereich des Studios lägen. Er verfüge über keine eigene Betriebsstätte und trage auch kein unternehmerisches Risiko. Die Aufnahmen zur Synchronisation eines Filmes seien in der Regel innerhalb von wenigen Tagen abgeschlossen.

In der mündlichen Verhandlung vom 27.10.2015 hat der Kläger ergänzt, dass die der Beklagten vorgelegte Liste nur die Aufträge enthalte, bei denen er als nicht abhängig Beschäftigter abgerechnet worden sei. Jedes dort aufgeführte Datum beziehe sich auf ein Projekt. Die zeitlich aufeinander folgenden Daten seien ebenfalls verschiedenen Projekten zuzuordnen. Auch in Bezug auf die Beigeladenen zu 2) habe keine Rahmenvereinbarung bestanden. Die Aufträge der Beigeladenen zu 2) bezögen sich auf Folgen einer bestimmten Serie. Hierfür seien die Aufträge unregelmäßig erfolgt und es habe auch nicht von vornherein festgestanden, dass er wieder verpflichtet werde. Er habe nur Gagenscheine unterschrieben. Als Synchronsprecher erhalte er eine Grundgage und eine „Take-Gage“. Es gebe keine schriftlichen Verträge, die Anforderungen für einen Auftrag erfolgten vielmehr telefonisch. Er stelle keine Rechnungen an die Firmen, diese würden die Abrechnungen nach dem Einsatz durchführen. Seine Beschäftigung bestehe zu 75% aus Synchronsprecheraufträgen und zu 25% aus Werbeaufträgen. Er sei privat krankenversichert; eine Versicherung in der Künstlersozialkasse scheide mangels Selbstständigkeit aus.

Der Kläger beantragt,

die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 20.07.2011 und die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten vom 19.11.2008 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 17.07.2009 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger bei den Beigeladenen zu 2) bis 8) in der Zeit vom 20.02.2006 bis 29.02.2008 als Synchronsprecher betreffend die Rentenversicherung unständig beschäftigt war.

Die Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Vertreter der Beigeladenen zu 2) und 6) haben keinen Antrag gestellt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten und gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig und begründet, da die angegriffenen Bescheide der Beklagten rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Diese und die Gerichtsbescheide des SG sind daher aufzuheben. Zusätzlich ist der Feststellungsantrag für das Bestehen von unständigen Beschäftigungen, für den ein Feststellungsinteresse wegen Wiederholungsgefahr vorliegt, begründet (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG).

Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, über die die Beklagte als zuständige Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV entscheidet, besteht u. a. nach § 1 Abs. Nr. 1 HS 1 SGB VI für Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind.

Maßstab für die Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführungen umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (Urteil des BSG vom 24.01.2007, Az.: B 12 KR 31/06 R). Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse sind in diesem Sinne die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten sowie es im Rahmen des rechtlich zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (Urteil vom 29.08.2012, Az.: B 12 KR 25/10 R).

Die zwischen den Beteiligten ausschließlich mündlich getroffenen Vereinbarungen hatten jeweils einzelne Synchronisierungsprojekte zum Inhalt, wobei allen Beteiligten die näheren Umstände, wie Arbeit nach Disposition, Beteiligung von Produzenten und Aufnahmeleitern und Abrechnung bekannt waren, weil es sich um eine in der Branche übliche Vorgehensweise handelte, die auch in der Vergangenheit so praktiziert worden war. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass ein Dissens zwischen dem mündlich vereinbarten und den tatsächlichen Verhältnissen bestanden hat.

Für eine abhängige Beschäftigung des Klägers bei den Synchronisierungsfirmen für die Dauer eines Projektes sprechen eindeutig sowohl die persönliche Weisungsabhängigkeit, als auch die Art und Weise der Eingliederung in den Betrieb der Auftraggeber. Diese in § 7 Abs. 1 SGB IV vom Gesetzgeber vorgegebene Definition der Beschäftigung ist auch im Falle des Klägers für seine Einsätze als Synchronsprecher heranzuziehen. Für den Senat ist nämlich nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage der Spitzenverband der Sozialversicherungsträger eine differenzierende Abwandlung dieser Tatbestandsvoraussetzungen mit der Folge einer erheblichen Einschränkung unständiger Beschäftigungen vorgeben wollte. Zwar mag es für die Sozialversicherungsträger aus verwaltungstechnischen Gründen effizient sein, bei der Prüfung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen Kriterien der Finanzverwaltung zu übernehmen und eine Beschäftigung auch im sozialversicherungsrechtlichen Sinn nur bei längerdauernden Synchroneinsätzen anzunehmen. Eine gesetzliche Grundlage findet diese Vorgehensweise allerdings nicht, zumal der Gesetzgeber mit der Rechtsfigur der unständigen Beschäftigung gerade für den Fall kurzfristiger Beschäftigungen die Sozialversicherungspflicht vorgegeben hat, weil auch für diese Art der Beschäftigung eine Schutzbedürftigkeit der Betroffenen anzunehmen ist. Hinzu kommt, dass die Vereinbarung der Spitzenverbände für die Gerichte keine Verbindlichkeit entfalten kann.

Für eine Weisungsgebundenheit des Klägers spricht der gesamte Produktionsablauf. So hatte der Kläger die Texte nach einem Dialogbuch zu sprechen, ohne dass er inhaltliche Änderungen vornehmen konnte. Wie der Kläger bestätigt hat, wurde ihm auch die Art und Weise des Vortrages vom Auftraggeber und den weiteren Mitwirkenden wie Regisseur, Tonmeister und Cutter vorgegeben; ggf. musste der Kläger einen Text so oft sprechen, bis die für die Produktion Verantwortlichen damit einverstanden waren. Eine eigene Entscheidung über die Art und Weise der Darstellung war dem Kläger somit allenfalls in sehr geringem Umfang möglich. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass der Kläger als Schauspieler und Sprecher in einem künstlerischen Berufsfeld tätig ist, für dessen Ausübung grundsätzlich dem individuellen Ausdruck besondere Bedeutung zukommt. Nicht jeder Künstler ist aber allein aufgrund seines Berufes selbstständig, vielmehr sind die äußeren Rahmenumstände entscheidend, insbesondere in welchem Umfang eine Einbindung in die Arbeitsorganisation vorliegt. Im Fall des Klägers hat der Senat keine Zweifel an einer Weisungsgebundenheit.

Der Kläger war auch in den Betrieb der Beigeladenen zu 2) bis 8) eingegliedert. Er selbst verfügte außer seiner eigenen Stimme über keine eigene technische Ausstattung oder Räume, wie sie zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlich sind. Vielmehr begab sich der Kläger regelmäßig in die Produktionsstudios der Auftraggeber, wo sämtliche technische Geräte zur Verfügung gestellt wurden. Auch in zeitlicher Hinsicht war der Einsatz des Klägers genau vorgegeben. Schon aufgrund der Disposition, die zur punktgenauen Auslastung der Produktionsstudios notwendig ist, bestand für ihn keine Einflussmöglichkeit, auf den Zeitpunkt seines Einsatzes Einfluss zu nehmen. Er war sowohl zeitlich als auch örtlich fest eingegliedert.

Schließlich ist auch nicht von einem Unternehmerrisiko des Klägers auszugehen. Wie der Kläger unbestritten vorgetragen hat, erhielt er für seine Einsätze eine Grundgage und zusätzliche Gagen für die eingespielten Takes. Dieses Entlohnungssystem war vorgegeben, ohne dass der Kläger durch besonderen persönlichen Einsatz eine höhere Vergütung hätte erzielen können, oder etwa eine Minderung bei besonders aufwendigen Produktionen mit häufigen Wiederholungen hätte hinnehmen müssen. Zwar unterscheidet sich das Gagensystem für kurzfristige Projekte von der üblichen Entlohnung von Arbeitnehmern im Rahmen eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses oder längerdauernder befristeter Beschäftigungen. Auch konnte der Kläger nicht sicher sein, jeweils einen Folgeauftrag zu erhalten. Allein diese Unsicherheit ist aber kein Kriterium einer selbstständigen Tätigkeit, da sie etwa auch Arbeitnehmer trifft, die lediglich ein befristetes Beschäftigungsverhältnis ausüben. Entscheidend ist daher, dass der Kläger unabhängig von der Güte seiner Arbeitsleistung Anspruch auf ein bestimmtes ausgehandeltes Arbeitsentgelt hatte. Für eine Beschäftigung spricht im Übrigen, dass der Kläger seine Leistungen nur höchstpersönlich erbringen konnte und zur Erfüllung seiner Verpflichtungen keine Dritte oder Vertreter einsetzen konnte.

Unter Zugrundelegung der gesetzlichen Vorschriften und der ständigen Rechtsprechung des BSG hat der Senat daher keinen Zweifel, dass der Kläger die Aufträge der Beigeladenen zu 2) bis 8) im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt hat.

Diese Beschäftigung war auch unständig im Sinne von § 163 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Danach ist eine Beschäftigung unständig, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 28.05.2008, Az.: B 12 KR 13/07 R) muss die Beschäftigung auch zeitlich oder wirtschaftlich den Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bilden, also die Merkmale der Berufsmäßigkeit erfüllen. Danach sind Personen unständig Beschäftigte, deren Hauptberuf die Lohnarbeit bildet, die aber ohne festes Arbeitsverhältnis bald hier, bald dort, heute mit dieser, morgen mit jener Arbeit beschäftigt sind (BSG vom 28.05.2008). Dies trifft auf den Kläger zu, der angegeben hat, dass seine Beschäftigung insgesamt zu 75% aus Synchronsprecheraufträgen besteht. Auch hat er erläutert, dass die streitgegenständlichen Aufträge jeweils nur von kurzer Dauer waren bzw. sich keine zusammenhängenden längerfristigen Aufträge ergeben haben. Insgesamt war der Kläger für viele verschiedene Produktionsfirmen abwechselnd tätig, so dass das Merkmal des ständigen Wechsels von Auftraggebern bzw. Zeiten mit Beschäftigung und Zeiten ohne Beschäftigung erfüllt ist.

Gleichzeitig hat die Synchronsprechertätigkeit für den Kläger die Haupteinnahmequelle gebildet, so dass eine lediglich geringfügige Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 SGB IV nicht gegeben war. Die Berechnung der Beiträge für die vom Kläger angeführten Beschäftigungen im streitgegenständlichen Zeitraum haben daher entsprechend der Regelung des § 163 Abs. 1 SGB VI zu erfolgen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung wird die Revision nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Aktuelle Rechtsprechung des BSG liegt gegenwärtig noch nicht vor (bereits anhängig ist allerdings die Rechtssache B 12 KR 17/14 R).

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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Annotations

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist an die Krankenkassen (Einzugsstellen) zu zahlen. Die Einzugsstelle überwacht die Einreichung des Beitragsnachweises und die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen.

(2) Die Einzugsstelle entscheidet über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung auf Verlangen des Arbeitgebers durch einen schriftlichen oder elektronischen Bescheid; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid. Soweit die Einzugsstelle die Höhe des Arbeitsentgelts nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat sie dieses zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt des Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mit zu berücksichtigen. Die nach § 28i Satz 5 zuständige Einzugsstelle prüft die Einhaltung der Arbeitsentgeltgrenze bei geringfügiger Beschäftigung nach den §§ 8 und 8a und entscheidet bei deren Überschreiten über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.

(2a) (weggefallen)

(3) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks vergibt die Einzugsstelle im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit die Betriebsnummer des Arbeitgebers, berechnet den Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz und zieht diese vom Arbeitgeber im Wege des Lastschriftverfahrens ein. Die Einzugsstelle meldet bei Beginn und Ende der Beschäftigung und zum Jahresende der Datenstelle der Rentenversicherung die für die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit erforderlichen Daten eines jeden Beschäftigten. Die Einzugsstelle teilt dem Beschäftigten den Inhalt der abgegebenen Meldung schriftlich oder durch gesicherte Datenübertragung mit.

(4) Bei Verwendung eines Haushaltsschecks bescheinigt die Einzugsstelle dem Arbeitgeber zum Jahresende

1.
den Zeitraum, für den Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt wurden, und
2.
die Höhe des Arbeitsentgelts (§ 14 Absatz 3), des von ihm getragenen Gesamtsozialversicherungsbeitrags und der Umlagen.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Für unständig Beschäftigte ist als beitragspflichtige Einnahmen ohne Rücksicht auf die Beschäftigungsdauer das innerhalb eines Kalendermonats erzielte Arbeitsentgelt bis zur Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Unständig ist die Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist. Bestanden innerhalb eines Kalendermonats mehrere unständige Beschäftigungen und übersteigt das Arbeitsentgelt insgesamt die monatliche Beitragsbemessungsgrenze, sind bei der Berechnung der Beiträge die einzelnen Arbeitsentgelte anteilmäßig nur zu berücksichtigen, soweit der Gesamtbetrag die monatliche Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt. Soweit Versicherte oder Arbeitgeber dies beantragen, verteilt die zuständige Einzugsstelle die Beiträge nach den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten aus unständigen Beschäftigungen.

(2) Für Seeleute gilt als beitragspflichtige Einnahme der Betrag, der nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung für die Beitragsberechnung maßgebend ist. § 215 Abs. 4 des Siebten Buches gilt entsprechend.

(3) Bei Arbeitnehmern, die ehrenamtlich tätig sind und deren Arbeitsentgelt infolge der ehrenamtlichen Tätigkeit gemindert wird, gilt auch der Betrag zwischen dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt und dem Arbeitsentgelt, das ohne die ehrenamtliche Tätigkeit erzielt worden wäre, höchstens bis zur Beitragsbemessungsgrenze als Arbeitsentgelt (Unterschiedsbetrag), wenn der Arbeitnehmer dies beim Arbeitgeber beantragt. Satz 1 gilt nur für ehrenamtliche Tätigkeiten für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbände einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, Parteien, Gewerkschaften sowie Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die wegen des ausschließlichen und unmittelbaren Dienstes für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke von der Körperschaftsteuer befreit sind. Der Antrag kann nur für laufende und künftige Lohn- und Gehaltsabrechnungszeiträume gestellt werden.

(4) Bei Versicherten, die eine versicherungspflichtige ehrenamtliche Tätigkeit aufnehmen und für das vergangene Kalenderjahr freiwillige Beiträge gezahlt haben, gilt jeder Betrag zwischen dem Arbeitsentgelt und der Beitragsbemessungsgrenze als Arbeitsentgelt (Unterschiedsbetrag), wenn die Versicherten dies beim Arbeitgeber beantragen. Satz 1 gilt nur für versicherungspflichtige ehrenamtliche Tätigkeiten für Körperschaften des öffentlichen Rechts. Der Antrag kann nur für laufende und künftige Lohn- und Gehaltsabrechnungszeiträume gestellt werden.

(5) Bei Arbeitnehmern, die nach dem Altersteilzeitgesetz Aufstockungsbeträge zum Arbeitsentgelt erhalten, gilt auch mindestens ein Betrag in Höhe von 80 vom Hundert des Regelarbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit, begrenzt auf den Unterschiedsbetrag zwischen 90 vom Hundert der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze und dem Regelarbeitsentgelt, höchstens jedoch bis zur Beitragsbemessungsgrenze, als beitragspflichtige Einnahme. Für Personen, die nach § 3 Satz 1 Nr. 3 für die Zeit des Bezugs von Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld oder Übergangsgeld versichert sind, und für Personen, die für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder der Ausführung von Leistungen zur Teilhabe, in der sie Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen erhalten, nach § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 versichert sind, gilt Satz 1 entsprechend.

(6) Soweit Kurzarbeitergeld geleistet wird, gilt als beitragspflichtige Einnahmen 80 vom Hundert des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nach § 106 des Dritten Buches.

(7) Bei Beschäftigten, die gegen ein monatliches Arbeitsentgelt bis zum oberen Grenzbetrag des Übergangsbereichs (§ 20 Absatz 2 des Vierten Buches) mehr als geringfügig beschäftigt sind, berechnet sich die beitragspflichtige Einnahme nach § 20 Absatz 2a Satz 1 des Vierten Buches.

(8) Bei Arbeitnehmern, die eine geringfügige Beschäftigung ausüben, ist beitragspflichtige Einnahme das Arbeitsentgelt, mindestens jedoch der Betrag in Höhe von 175 Euro.

(9) (weggefallen)

(10) (weggefallen)

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.