Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 12. Juli 2017 - L 2 U 100/11

published on 12/07/2017 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 12. Juli 2017 - L 2 U 100/11
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Sozialgericht Augsburg, S 5 U 253/08, 08/02/2011

Gericht

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Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 08.02.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 20.10.2009 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztenrente für den Arbeitsunfall vom 04.03.1975 nach einer MdE von 10 v. H. über den 31.07.2011 hinaus zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren unter dem Az. L 2 U 100/11 darüber, ob der Kläger aufgrund seines Arbeitsunfalls vom 04.03.1975 Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. bzw. Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H. über den 31.07.2011 hinaus hat.

Am 04.03.1975 stürzte der 1946 geborene Kläger gegen 17:30 Uhr bei der Arbeit als abhängig beschäftigter Montagefacharbeiter aus einigen Metern Höhe zu Boden. Die Höhe wurde in der Unfallanzeige des Bauunternehmens vom 07.03.1975 mit ca. 3 m und vom Durchgangsarzt (D-Arzt) im Bericht vom 11.03.1975 mit ca. 4 m Höhe angegeben. Im Berufungsverfahren trug der Kläger mit Schreiben vom 28.05.2016 vor, er sei nicht von einer Leiter, sondern von einer am Kran hängenden Wandplatte 6 m tief auf den Betonboden gefallen, mit sehr heftigem Aufprall und starken Schmerzen.

Die am Unfalltag behandelnden Ärzte des Kreiskrankenhauses (KKH) E-Stadt stellten laut D-Arztbericht von Dr. D. / Dr. S. vom 11.03.1975 nach Durchsicht von Röntgenaufnahmen der Lendenwirbelsäule (LWS), einer Beckenübersicht, der linken Hüfte und des linken Handgelenks eine Längsfraktur im distalen Radiusbereich ohne Dislokation fest, aber keine Brüche von Lendenwirbelkörpern (LWK) bei Rechts-Dreh-Skoliose der LWS. Als Beschwerden bestanden bei Aufnahme Schmerzen im linken Handgelenk und in der Glutealmuskulatur links. Die LWS-Beweglichkeit war frei, ohne Klopf- oder Stauchungsschmerz, die Beweglichkeit in beiden Hüften war möglich, die Reflexe waren normal und die Beweglichkeit sowie die Sensibilität an den Beinen war uneingeschränkt. Der Handgelenksbruch wurde mit Gipsverband versorgt und der Kläger stationär aufgenommen bis 10.03.1975 (vgl. Entlassungsbericht vom 13.03.1975).

Am 19.06.1980 erlitt der Kläger einen weiteren Arbeitsunfall mit offener Unterkieferquerfraktur und Verlust bzw. Verletzungen von Zähnen. Es erfolgten u.a. Behandlungen im KKH B-Stadt. In einem Zwischenbericht vom 22.03.1982 führte der Chefarzt der dortigen chirurgischen Abteilung Dr. P. aus, dass auf den vom Kläger mitgebrachten Originalaufnahmen der LWS des KKH E-Stadt vom 04.03.1975 eine Kompressionsfraktur des 1. LWK mit Absprengung eines 10 x 8 mm großen vorderen unteren Kantendreiecks erkennbar sei, entgegen dem Befund des D-Arztberichts von 1975. Auch eine LWS-Aufnahme vom 18.11.1980 durch Dr. F., KKH L-Stadt, würde die Kompressionsfraktur des 1. LWK zeigen, die unter Höhenminderung der vorderen Kante von etwa 1/5 knöchern konsolidiert sei. Rezidivierende Schmerzen im LWS-Bereich seien sicherlich auf Folgen dieses Wirbelbruchs zurückzuführen.

Daraufhin stellte sich der Kläger am 21.04.1982 erneut in der chirurgischen Abteilung des KKH E-Stadt vor und klagte über Beschwerden, die von der Nackenregion bis zur Zehenspitze rechts ausstrahlen würden. Der damalige Chefarzt der dortigen chirurgischen Abteilung Dr. K. nannte in seinem Nachschaubericht unter Diagnosen einen dringenden Verdacht auf minimalen Vorderkantenabriss des 1. LWK, folgenlos verheilt, eine unfallunabhängige Chondropathie patellae rechts bei Patella alta und „dringenden Verdacht auf ischialgieforme Beschwerden (Bandscheibenprol…, unfallunabhängig“. Im klinischen Befund stellten die Ärzte einen Druck- und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen der Halswirbelsäule (HWS) und LWS fest. Weiter heißt es:

„Nach Durchsicht der Röntgenaufnahmen, auch aus dem Jahr 1975, kann ich eine Verletzung des 1. bis 3. LWK nicht bestätigen, lediglich einen minimalen Vorderkantenabriß am 1. LWK kann vermutet werden, zumal die Vorderkante des 1. LWK gegenüber den Vergleichswirbeln um ca. 3 mm höhenvermindert ist. Verletzungszeichen an den übrigen Wirbelkörpern sind nicht zu erkennen (…).

Dem jetzigen Befund nach hat der Unfall vom 04.03.1975 keine erwerbsmindernden Folgen hinterlassen, die jetzt geklagten Beschwerden sind mit Sicherheit unfallunabhängig: Chondropathia patellae rechts, Verdacht auf Wurzelreizsyndrom rechts.“

Zum Röntgenbild der LWS wird ausgeführt:

„Status nach minimaler Höhenminderung des 1. LWK bei minimalem Vorderkantenabbruch LWK 1 ohne Stufe in der Deckplatte, keine knöcherne Verletzung am 2. und 3. LWK.“

Ein Bescheid hinsichtlich des Unfalls ist nicht ersichtlich.

Am 21.08.2001 ging bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden ebenfalls bezeichnet als Beklagte) ein Schreiben des Klägers ein, mit dem dieser eine Verschlechterung hinsichtlich der Arbeitsunfälle vom „04.03.1973“, womit er den Unfall vom 04.03.1975 meinte, und vom 19.06.1980 geltend machte. Die Prozente müssten erhöht werden. Er habe beim Sturz aus 6 m Höhe Brüche des 3. und 4. LWK erlitten.

Die Beklagte holte ein Gutachten von Prof. Dr. K., PD Dr. G. und Dr. E. der chirurgischen Universitätsklinik U-Stadt (U.) vom 08.07.2002 ein, das nach Untersuchung des Klägers am 02.07.2002 erstellt wurde. Die Sachverständigen schätzten die MdE für die Unfallfolgen beider Arbeitsunfälle auf 20 v.H., ohne Unfallfolgen oder MdE dem jeweiligen Arbeitsunfall zuzuordnen, ohne die jeweiligen Erstschäden zu benennen und ohne die Ursachenzusammenhänge zu diskutieren. Als Unfallfolgen zählten sie auf:

– Schmerzen im Bereich des Unterkiefers,

– Schmerzen im Bereich der linken Gesichtshälfte, Schwierigkeiten beim Kauen,

– Gefühlsstörungen im Bereich des Gesichts unter Verweis auf das mund-kiefer-gesichts-chirurgische Zusatzgutachten vom 02.07.2002,

– Rückenschmerzen bei Belastung und in Ruhe,

– Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks bei Belastung und in Ruhe,

– schmerzbedingte Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit und Beweglichkeit im linken Handgelenk und

– Beschwerden beim Wetterwechsel (ohne Angabe des betroffenen Körperteils).

Als unfallunabhängige Erkrankungen nannten sie ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom im Bereich der HWS mit Bewegungseinschränkungen, zerebrale Durchblutungsstörungen sowie einen Z.n. Hörsturz und Depression. Die Folgen des Unfalls von „1974“ hätten sich verschlimmert; Art und Ausmaß der Verschlimmerung wurden nicht genannt.

Der Kläger schilderte Schmerzen im gesamten Rücken bis zur HWS sowie Schmerzen im linken Handgelenk. Laut Sachverständigen zeigten die Röntgenbilder der LWS vom Untersuchungstag (02.07.2002) „einen keilförmig zusammengesinterten 1. LWK „nach bekanntem verheiltem Bruch des 1. Lendenwirbels 1974“, degenerative Veränderungen im Sinne osteophytärer Anbauten der darüber- und darunterliegenden Wirbelkörper, Verschmälerungen der Bandscheibenräume sowie in der a.p.-Ansicht der Wirbelsäule eine leichte rechtskonvexe Verbiegung mit ca. 10° Abweichung zur Mittellinie. Das Röntgenbild des linken Handgelenks vom 02.07.2002 zeigte laut Gutachter einen regelrecht verheilten körperfernen Speichenbruch, ohne einsehbaren Bruchspalt, ohne Ellenvorschub (Ulnavorschub), ohne Abkippung und ohne wesentliche Minderung des Kalksalzgehaltes der Knochen, bei beginnender Arthrose im Radiocarpalgelenk, insbesondere im Bereich des Kahnbeins.

Seitengleich waren beim linkshändigen Kläger die Muskulatur an den Ober- und Unterarmen, die Handflächenbeschwielung, die Verarbeitungszeichen beider Hände und die gute Spannung der Handmuskulatur. Die Handgelenksbeweglichkeit war links schmerzhaft endgradig eingeengt, der Händedruck war bei Untersuchung seitengleich kräftig, der Faustschluss gelang beidseits regelrecht, Spitz- und Klemmgriff waren mit guter Kraft möglich, die Fingerbeweglichkeit war regelrecht und die Widerstandskraft der Finger war uneingeschränkt. Im LWS-Bereich bestanden bei etwas verschmächtigter Muskulatur und regelrechter Wirbelsäulenkrümmung keine Verhärtungen und keine Buckelbildung bei Druck- und Klopfempfindlichkeit im unteren BWS- und LWS-Bereich bzw. ein Stauchungsschmerz im LWS-Bereich. BWS und LWS waren in der Beweglichkeit schmerzbedingt eingeschränkt. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten, insbesondere zu den Messwerten, wird auf das Gutachten verwiesen.

Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 02.08.2002, das nochmals am 25.02.2003 versandt wurde, mit, dass die Folgen des Arbeitsunfalls vom 04.03.1975 keine MdE in messbarem Grad hinterlassen hätten. Laut Gutachten sei der körperferne Speichenbruch regelrecht verheilt.

In einem Telefonat am 11.01.2008 im Rahmen eines vorangegangenen Berufungsverfahrens wegen des Arbeitsunfalls vom 19.06.1980 stellte der Kläger Antrag auf Rente wegen des Arbeitsunfalls vom 04.03.1975.

Daraufhin holte die Beklagte ein Gutachten der vom Kläger als Sachverständige vorgeschlagenen behandelnden Orthopädin Dr. H. vom 10.03.2008 ein, die den Kläger am 29.02.2008 untersuchte.

Diese nannte als Unfallfolgen des Arbeitsunfalls vom 04.03.1975 - Rückenschmerzen bei Belastung und Ruhe,

– posttraumatische degenerative Veränderungen der Wirbelsäule,

– Zustand nach LWK 1-Kompressionsfraktur,

– Schmerzen im Bereich des linken Handgelenks mit Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit und Beweglichkeit und als weitere Unfallfolgen durch den Unfall am 19.06.1980 Schmerzen im Bereich des Unterkiefers sowie in der linken Gesichtshälfte mit Taubheitsgefühl der linken Gesichtshälfte.

Unfallunabhängig seien ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom, eine Gonarthrose beidseits, eine Rhizarthrose links, eine Lipomatose dolorosa von LWS, Armen und Beinen, zerebrale und periphere Durchblutungsstörungen sowie eine Depression. Die MdE durch die Unfallfolgen betrage 20 v.H.; im Vergleich zum Vorgutachten von Prof. Dr. K. würden sich keine neuen Erkenntnisse ergeben.

Der Kläger schilderte Schmerzen von der LWS bis zur HWS sowie ein seit dem Unfall aufgetretenes, nach Lipomentfernung verstärktes Taubheitsgefühl am linken Oberschenkel. Er könne das linke Handgelenk wiederholt wegen Schmerzen nicht einsetzen. Die Wirbelsäulenbeweglichkeit beschrieb die Sachverständige in allen Abschnitten als eingeschränkt. Die aktuellen Röntgenaufnahmen der LWS würden in der Aufsicht (a.p.- Aufnahme) eine geringe Schräghaltung der LWS nach rechts zeigen, eine unregelmäßige Darstellung der Dornfortsatzreihe L 2 bis 4, eine Sklerosierung der Grund- und Deckplatten L 3 bis L 4 sowie im seitlichen Bild einen Zustand nach (Z.n.) LWK 1-Kompression mit ventraler Höhenminderung und geringer keilförmiger Deformierung. Weiter heißt es: „In darüber- und darunter liegenden Wirbelkörpern degenerative Veränderungen mit ventraler Spondylose und Verschmälerung der Intervertebralräume im Abschnitt L3 bis 4 erkennbar.“ Ausführungen dazu, ob und ggf. weshalb ein Kompressionsbruch des 1. LWK auf den Unfall vom 04.03.1975 zurückzuführen sei bzw. weshalb degenerative Veränderungen im Bereich L3 bis L 4 Unfallfolgen sein sollen, enthält das Gutachten nicht.

Im Bereich der oberen Extremitäten beschrieb die Sachverständige neben Fetteinlagerungen (Lipomen) eine seitengleiche Muskulatur, Hautfarbe, Temperatur, Behaarung und Hautfeuchtigkeit, ohne Zeichen für trophische oder vegetative Störungen, bei seitengleich gut tastbarem Speichenpuls, ohne Nerven- oder Gefühlsstörungen bei seitengleicher Handflächenbeschwielung. Entsprechend der mäßiggradigen Rhizarthrose im Röntgenbild war das Daumensattelgelenk links druckschmerzhaft; im Übrigen bestand bei Untersuchung kein Druck- oder Bewegungsschmerz über den Gelenken. Der Händedruck war seitengleich kräftig, Beweglichkeit und Widerstandskraft der Finger waren nicht eingeschränkt bei beidseits regelrechtem Faustschluss und freier Streckung und Beugung beider Daumengelenke. In Auswertung des Röntgenbildes der linken Hand beschrieb die Sachverständige einen regelrecht verheilten Speichenbruch links ohne einsehbaren Bruchspalt, einen Zustand nach Abriss des Prozessus styloideus ulnae (Ellengriffelfortsatz), eine mäßiggradige Rhizarthrose und eine Verkalkung der Gefäße speichen- und beugeseitig. Die Handgelenkbeweglichkeit links beschrieb die Sachverständige als hohlhandwärts schmerzhaft und in Richtung Elle und Speiche endgradig eingeschränkt. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten, insbesondere den Messwerten zur Beweglichkeit, wird auf das Gutachten verwiesen.

Der beratende Unfallchirurg Dr. K. folgte dieser MdE-Einschätzung für den Unfall von 1975 nicht. Zwar könne ein Vorderkantenabriss des 1. LKW anerkannt werden. Dieser könne aber nicht ursächlich sein für den dokumentierten LWK-1-Kompressionsbruch mit keilförmiger Deformierung. Er verwies auf die Stellungnahme von Dr. K. vom 21.04.1982. Die distale Radiusfraktur bedinge nur eine MdE von 10 v.H.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 27.05.2008 einen Anspruch auf Verletztenrente ab. In der Begründung führte sie aus, dass der Arbeitsunfall vom 04.03.1975 keine MdE von 20 v.H. zur Folge habe. Der Arbeitsunfall habe zu einer Bewegungseinschränkung am linken Handgelenk nach distaler Radiusfraktur links geführt. Die Fraktur am 1. LWK stehe nicht in Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall. Eine Verletzung in diesem Bereich sei nicht dokumentiert und ein Zusammenhang nicht nachgewiesen. Die Prüfung eines Stützrentenanspruchs nach Abschluss des Klageverfahrens wegen des Arbeitsunfalls vom 19.06.1980 wurde zugesagt.

Zur Begründung des Widerspruchs vom 26.06.2008 wies der damalige Klägerbevollmächtigte auf den Nachschaubericht von Dr. K. vom 21.04.1982 hin. Der Wirbelbruch sei zunächst übersehen und erst deutlich später festgestellt worden.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.07.2008 als unbegründet zurück. Der MdE-Einschätzung von Dr. H. könne nicht gefolgt werden, da diese eine Verletzung im Bereich der LWS berücksichtigt habe, die nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sei. Weder die Erstbefundung noch die Röntgenaufnahmen vom Unfalltag hätten Hinweise für eine Verletzung im LWS-Bereich, d.h. für eine Fraktur des 1. LWK, enthalten. Soweit Dr. K. im Bericht vom 21.04.1982 ausführe, dass es eventuell bei dem Unfall zu einem minimalem Vorderkantenabriss des 1. LWK gekommen sei, sei dies nur eine Mutmaßung, die nicht reiche, um die geltend gemachte Gesundheitsstörung mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit zu belegen. Dr. K. habe selbst auf der Rückseite seines Berichts ausgeführt, dass sich nach Durchsicht der entsprechenden Röntgenaufnahme auch aus dem Jahr 1975 keinerlei Hinweise oder Anhaltspunkte für eine Verletzung des 1. bis 3. LWK ergeben würden. Zutreffend habe Dr. K. dargelegt dass die MdE für die distale Radiusfraktur links mit unter 20 v.H. einzuschätzen sei. Die Prüfung eines Stützrententatbestandes werde zeitnah erfolgen.

Dagegen hat der Kläger am 01.09.2008 Klage (Az. S 5 U 253/08) beim Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben und Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. geltend gemacht, da auch der LWK-Bruch Unfallfolge sei. Er hat nun auf den Zwischenbericht von Dr. P. vom 22.03.1982 hingewiesen. Die Röntgenaufnahmen vom Unfalltag seien auch nach eigenen Recherchen des Klägers nicht mehr auffindbar gewesen (vgl. Schreiben des Klägers vom 29.09.2008; Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 03.02.2011).

Während des Klageverfahrens haben die Beteiligten wegen des Arbeitsunfalls vom 19.06.1980 im damals anhängigen Berufungsverfahren unter dem Az. L 3 U 129/06 in der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2009 einen Vergleich geschlossen. Darin ist vereinbart worden, dass die Beklagte dem Kläger wegen des Arbeitsunfalls vom 19.06.1980 ab 24.09.2004 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zahlt und dass Einverständnis mit einer Überprüfung der MdE-Höhe nach Abschluss der zahnprothetischen Versorgung bestehe. Die Beklagte hat diesen Vergleich mit Bescheid vom 20.10.2009 umgesetzt.

Die Beklagte hat außerdem wegen des streitgegenständlichen Arbeitsunfalls vom 04.03.1975 mit „Bescheid über Rente auf unbestimmte Zeit“ vom 20.10.2009 rückwirkend ab 24.09.2004 Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 10 v.H. bewilligt. Im Tenor des Bescheides heißt es: „Anspruch auf Rente haben Sie nur, solange ihre Erwerbsfähigkeit wegen eines anderen Versicherungsfalls um mindestens 10 v.H. gemindert ist“. In der Begründung hat die Beklagte ausgeführt, dass der Arbeitsunfall zu einer Bewegungseinschränkung am linken Handgelenk nach distaler Radiusfraktur links geführt habe. Unabhängig vom Arbeitsunfall lägen die Folgen des Unfalls vom 19.06.1980 und Beschwerden an der Wirbelsäule vor.

Das SG hat nach Anhörung der Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung mit Gerichtsbescheid die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.02.2011 abgewiesen, weil die Unfallfolgen keine MdE von 20 v.H. bedingten. Als Unfallfolge sei eine Bewegungseinschränkung des linken Handgelenks nach distaler Radiusfraktur verblieben. Ob eine keilförmig ausgeheilte Fraktur des 1. LWK als Unfallfolge anzuerkennen sei, könne offenbleiben, da aufgrund der vorliegenden Befunde die Unfallfolgen selbst bei Anerkennung der Kompressionsfraktur als Unfallfolge keine MdE von mindestens 20 v.H. rechtfertigen würden. Nach Darstellung der Bewertungsmaßstäbe der MdE in der unfallmedizinischen Literatur hat das SG dargelegt, dass unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe hier keine MdE von mindestens 20 v.H. zu begründen sei. Die Beweglichkeit des linken Handgelenks weiche nur geringfügig von der des rechten Handgelenks ab, die Fingerbeweglichkeit und der Faustschluss seien links nicht beeinträchtigt und die Kraftentfaltung der linken Hand sei weitgehend regelrecht, worauf auch die Verarbeitungszeichen hinweisen würden. Die Unfallfolgen am linken Handgelenk seien nicht annähernd mit dem eines versteiften Handgelenks gleichzustellen und könnten keine MdE von 20 v.H. begründen, selbst bei Anerkennung eines Kompressionsbruchs des 1. LWK als Unfallfolge. Denn der Bruch sei folgenlos ausgeheilt und die Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers würden nicht durch Folgen des Kompressionsbruchs, sondern durch unfallunabhängige erhebliche degenerative Veränderungen der Wirbelsäule verursacht. Daher lasse sich von Seiten der Wirbelsäule keine MdE begründen.

Gegen den am 14.02.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger selbst am 07.03.2011 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt (Az. L 2 U 100/11), sich auf die Gutachten von Prof. Dr. K. und Dr. H. gestützt und weitere Unterlagen übersandt.

Laut der Neurologin und Psychiaterin Dr. L. hat der Kläger bei ihrer Untersuchung am 09.06.1981 über einen Unfall vor sieben Jahren mit Wirbelbruch von LWK 3 und 4 berichtet (vgl. Arztbrief vom 29.07.1981).

Auch im Arztbrief von Dr. P. vom 17.01.1985 heißt es unter „Vorgeschichte“: „1974 Arbeitsunfall mit angeblicher Fraktur des 3. + 4. Lendenwirbelkörpers. Jetzt wieder Schmerzen im Kreuz und im Nacken“. Zum Röntgenbild der LWS ist ausgeführt worden: „angedeutet keilförmige Veränderung des 1. LWK, möglicherweise nach leichter Kompressionsfraktur“, bei unauffälligen übrigen Wirbelkörpern und normal weiten Bandscheibenräumen. Diagnostiziert worden sind Osteochondrose C6/7 und Lumbalgie.

Der den Kläger von August 1984 bis Januar 1996 behandelnde Hausarzt Dr. H. hat im Befundbericht vom 25.09.2003 u.a. Rückenbzw. Kreuzschmerzen 1986, 1988 und 1992 sowie 1984 einen „Z.n. LWK-Fraktur 3 + 4“ aufgeführt, ohne Angabe zu Grunde liegender Befunde oder Mitteilung der Erkenntnisquelle.

Die chirurgische Praxis Dres. S. / P. hat im Bericht über Behandlungen des Klägers vom 19. bis 23.10.2003 ausgeführt, der Kläger führe Schmerzen im linken Knie, in der HWS, in der LWS und im linken Becken auf einen Arbeitsunfall 1980 zurück, bei dem nur eine Verletzung des Unterkiefers behandelt worden sei. In Auswertung der Röntgenaufnahmen von HWS. Becken und LWS vom 09.10.2003 sind deutliche degenerative Veränderungen im Bereich der unteren HWS, eine Höhenminderung des 1. LWK „als mögliche Folge eines Unfalls“ bei normaler Weite der Zwischenwirbelräume, eine leichte Verschmälerung des Gelenkspalts beider Hüftgelenke, leichte Anbauten am Pfannendach sowie eine deutliche Verkalkung der Becken- und Beinschlagadern, ohne Hinweise auf frische oder ältere knöcherne Verletzungen im Bereich des Beckens festgehalten worden.

Wegen des Arbeitsunfalls vom 19.06.1980 hat die Beklagte dem Kläger Heilbehandlung in Form von zahnprothetischer Versorgung des Unterkiefers gewährt und ein Gutachten von Dr. M. vom 08.06.2011 eingeholt. Anschließend hat die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 20.06.2011 darauf hingewiesen, dass die Folgen des Versicherungsfalls vom 19.06.1980 nach Überprüfung keine rentenberechtigende MdE mehr bedingen würden und dass beabsichtigt sei, durch Bescheid die Rente zu entziehen. Hierzu könne sich der Kläger bis 11.07.2001 äußern.

Zum Unfall vom 04.03.1975 hat die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 20.07.2011 mitgeteilt, dass ihm mit Bescheid vom 20.10.2009 wegen der Folgen des Unfalls vom 04.03.1975 eine Stützrente nach einer MdE von 10 v.H. gewährt worden sei, weil seine Erwerbsfähigkeit durch einen weiteren Arbeitsunfall (Unfall vom 19.06.1980) um mindestens 10 v.H. gemindert gewesen sei. Die Stützrente werde jedoch nur solange gewährt, wie die MdE durch den weiteren Unfall mindestens 10 v.H. betrage. Mit Anhörungsschreiben vom 20.06.2011 sei ihm die beabsichtigte Entziehung der Rente aufgrund des Unfalls vom 19.06.1980 mitgeteilt worden. Weiter heißt es:

„Das bedeutet, dass auch die Rentenzahlung für den Unfall vom 04.03.1975 eingestellt werden muss, da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Stützrente nicht mehr erfüllt sind. Die Rentenzahlung in der Unfallsache vom 04.03.1975 fällt zu dem Zeitpunkt Weg, zu dem der Wegfall der stützenden Rente aus der Unfallsache vom 19.06.1980 wirksam wird.“

Die Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 19.06.1980 hat die Beklagte mit „Bescheid über Entziehung der Rente“ vom 21.07.2011, dem Kläger zugestellt am 23.07.2011, mit Ablauf des Monats Juli 2011 entzogen und den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2011 zurückgewiesen. Die Berufung gegen den klageabweisenden Gerichtsbescheid des SG unter dem Az. L 2 U 452/12 ist mit Urteil vom 12.07.2017 zurückgewiesen worden.

Der Chirurg Dr. B. hat im Bericht vom 17.03.2015 mitgeteilt, dass am 13.12.2011 eine Behandlung des linken Handgelenks wegen Arthritis erfolgt sei, am 08.03.2012 ein MRT veranlasst worden sei und am 14.03.2013 wegen chronischer Wirbelsäulenbeschwerden Röntgenaufnahmen von HWS, BWS und LWS gefertigt worden seien. Dort hätten sich deutliche degenerative Veränderungen mit Rechtsverbiegung der BWS und eine alte, knöchern ausgeheilte LWK-1-Fraktur gezeigt, mit geringgradiger Höhenminderung des 1. LWK. Auf den MRT-Befund des Radiologen Dr. S. zum linken Unterarm und linken Handgelenk vom 08.03.2012 wird verwiesen.

Auf die Niederschrift des Erörterungstermins vom 30.11.2015 und das gerichtliche Schreiben vom 06.06.2016 wird Bezug genommen.

Das LSG hat u.a. Unterlagen des Hausarztes Dr. D., der St. A. Klinik E-Stadt und des Stiftungskrankenhauses (StKH) F-Stadt angefordert, die Akten der Beklagten, des SG und des LSG hinsichtlich des Arbeitsunfalls vom 19.06.1980, die Unterlagen der Deutschen Rentenversicherung und die Schwerbehindertenakte des Klägers beigezogen. Der Klinik E-Stadt haben keine Unterlagen mehr vorgelegen.

Im Bericht der Rheumaklinik W-Stadt über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 19.11.1981 bis 17.12.1981 ist u.a. ein Lumbalsyndrom mit pseudoradikulärer Symptomatik bei degenerativen Veränderungen genannt worden. Die Beweglichkeit von HWS und LWS sei bei Druck- und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen von HWS, BWS und LWS im Großen und Ganzen frei gewesen. Im Röntgenbefund der LWS habe sich eine geringe Verformung des 1. LWK gezeigt, die für einen knöchern verheilten vorderen Kantenabbruch spreche, bei beginnender Osteochondrose und Spondylose in diesem Bereich sowie Chondrose intervertebralis der übrigen LWS.

Laut nervenfachärztlichem Gutachten von Dr. B. vom 20.04.1982 ist die Handbeschwielung seitengleich und die LWS-Beweglichkeit mäßig eingeschränkt gewesen (FBA von 20 cm), ohne neurologische Auffälligkeiten im Bereich der Extremitäten. Dr. D. hat im Gutachten vom 12.10.1983 mäßige Verspannungen der paravertebralen Muskulatur bei Klopfschmerzen, uneingeschränktes Seitdrehen und Seitneigen, einen FBA von 10 cm und einen unauffälligen Befund der oberen Extremitäten bei seitengleicher Handflächenbeschwielung genannt.

Obermedizinalrat R. hat im Gutachten vom 22.03.2000 u.a. hinsichtlich des linken Handgelenks unauffällige Befunde erhoben, bei regelrechter Form, Stellung und Muskulatur, erhaltener grober Kraft, freier Beweglichkeit aller Gelenke, kräftigem, vollständigem Faustschluss, unauffälligem Spitz- und Zangengriff, normaler Verhornung und symmetrischer mäßiger Beschwielung. Auf die Befunde im Wirbelsäulenbereich wird verwiesen.

Im Arztbrief der Notaufnahme des StKH F-Stadt vom 23.11.2011 ist eine alte Läsion des ulnaren Bandapparats genannt worden sowie im Röntgenbild eine Verkalkung des Prozessus Styloideus ulnae. Der Kläger sei beim Wandern ausgerutscht und auf die linke Hand gefallen. Festgehalten worden sind als Befund eine Schwellung, ein Hämatom, Druckschmerz an der distalen Elle und Speiche, ein Bewegungsschmerz sowie Schmerzen bei Pro- und Supination. Im Arztbrief des StKH F-Stadt über eine stationäre Behandlung vom 09.01. bis 16.01.2012 wegen seit Wochen bestehender Diarrhoen und Oberbauchbeschwerden wird u.a. ein Klopfschmerz in Höhe des 1. LWK erwähnt bei unauffälliger Neurologie.

Laut Ambulanzbrief der Chirurgie der Kreisklinik G-Stadt vom 27.01.2012 hat der Kläger am 26.01.2012 in der handchirurgischen Sprechstunde über einen Schlangenbiss im linken Unterarm im Herbst letzten Jahres mit leichter Schwellung am Folgetag und im Verlauf zunehmende Schmerzen im Bereich des Handgelenks mit rezidivierenden Schwellungen und Bewegungseinschränkungen der Finger berichtet. Das Röntgenbild vom 14.01.2012 habe eine deutlich verkalkte Arteria radialis, eine mäßige Radiocarpalarhtrose und mäßige Zeichen eine Rhizarthrose gezeigt. Die Beschwerden könnten von der beginnenden Radiocarpalarthrose oder einer entzündlichen Reaktion - aufgrund rheumatoider Arthritis oder als Spätfolge des Schlangenbisses - verursacht sein.

Prof. Dr. G. und Dr. L., Chirurgie der H-Klinik A-Stadt, haben im Bericht vom 07.07.2016 und 11.10.2016 unter Berücksichtigung von Röntgenaufnahmen der HWS und LWS vom 06.07.2016 sowie eines MRT der HWS vom 23.04.2016 im LWS-Bereich eine beginnende degenerative Lumbalskoliose mit multietageren osteochondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen diagnostiziert. Der Kläger habe anamnestisch auf Frakturen des 1. LWK, fraglich des 3. und 4. LWK hingewiesen.

Der Orthopäde Dr. K. hat im Arztbrief vom 29.03.2016 unter Anamnese seit Jahren wechselnde LWS-Beschwerden sowie eine LWK-3- und LWK 4 Fraktur nach Arbeitsunfall genannt. Im Befund hat Dr. K. im Bereich der LWS Klopfschmerzen am lumbosacralen Übergang, diffuse paravertebrale Druckschmerzen bei L 4/5 und L 5/S. 1, Schmerzangaben an der unteren LWS bei Seitneigung und Inklination sowie unterschiedliche Entfaltung der unteren und mittleren LWS bei Inklination festgehalten. Sensomotorische Defizite an den Extremitäten haben nicht bestanden. Das Röntgenbild der LWS habe eine leichte Rechtskonvexität, mäßige seitliche Spondylophyten von L 3 bis L 5, eine abgeflachte Lordose, eine deutliche Verschmälerung sämtlicher Zwischenwirbelräume von L 3 bis L 5 und ventrale Spondylophyten von L 1 bis L 5 gezeigt .

Anschließend hat das LSG ein chirurgisch-handchirurgisches Gutachten von Dr. G. vom 13.04.2017 eingeholt. Bei der Untersuchung am 12.04.2017 hat der Kläger Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit im Rücken sowie eine eingeschränkte Handgelenksbeweglichkeit geschildert.

Dr. G. hat unter Auswertung der vorliegenden Unterlagen und der eigenen Untersuchung ausgeführt, dass der Unfall vom 04.03.1975 wesentliche Teilursache für eine Längsfraktur der Speiche ohne Verschiebung und eine Prellung der linken Hüfte gewesen sei. Eine Verletzung der LWS durch den Unfall sei angesichts des erhobenen Befundes am Unfalltag hochgradig unwahrscheinlich. Denn bei Erstuntersuchung am Unfalltag seien keinerlei Hinweise für eine Verletzung der LWS erhoben worden, die Beweglichkeit der LWS sei als frei beschrieben worden und ein Klopf- oder Stauchungsschmerz sei verneint worden. Nach jahrelangem freien Intervall sei 1982 Vorstellung wohl aufgrund von LWS-Beschwerden erfolgt und bei Durchsicht der Röntgenaufnahmen vom Unfalltag ein Vorderkantenabbruch der LWS vermutet worden, der folgenlos ausgeheilt sei. Dass ein Vorderkantenabbruch des 1. LWK zu keinerlei dokumentierten Beschwerden geführt haben soll, widerspreche der ärztlichen Erfahrung und erscheine hochgradig unwahrscheinlich. Daher seien die LWS-Beschwerden auf die schon 1982 nachweisbaren degenerativen LWS-Veränderungen zurückzuführen. Während die Hüftprellung folgenlos ausgeheilt sei, habe sich als Folge des Speichenbruchs eine dem Alter vorauseilende umbauende Veränderung mäßigen Ausmaßes entwickelt, nämlich eine mäßige Arthrose zwischen linker Handwurzel und Speichengelenkfläche bei seitengleichem Kalksalzgehalt. Die MdE dafür sei ab der 26. Woche mit unter 10 v.H. einzuschätzen.

Die Gutachten von Prof. Dr. K. 2002 und von Dr. H. 2008 einschließlich der dortigen MdE-Einschätzung seien nicht überzeugend. Beide Gutachten hätten den Erstbefund am Unfalltag ignoriert und seien von einem Bruch des 1. LWK ausgegangen. Außerdem könne selbst bei Annahme eines unfallbedingten Vorderkantenabrisses daraus keine Keilwirbelbildung des Wirbelkörpers entstehen. Zudem würden im Gutachten von Prof. Dr. K. 2002 als Unfallfolgen nur Schmerzangaben genannt, ohne funktionell relevante Störungen darzustellen. Auffallend sei, dass 2002 und 2008 schlechtere Werte für die Beweglichkeit gemessen worden seien als bei der eigenen aktuellen Untersuchung, was handchirurgisch nicht zu erklären sei. Daher könne der Sachverständige diesen Werten nicht folgen. Im Übrigen müsse man bei den 2002 und 2008 dokumentierten Messwerten für die Beweglichkeit nach ellen- und speichenwärts eine Verwechslung annehmen, da normalerweise die Kantungsfähigkeit ellenwärts größer sei als speichenwärts.

Beim Kläger finde sich nur eine endgradige Einschränkung der Streckfähigkeit des linken Handgelenks mit 15° Differenz als relevante Funktionseinschränkung bei einem in achsengerechter Stellung verheiltem Speichenbruch, ohne Hinweise für eine schmerzbedingte Mindernutzung wie Minderung von Kalksalzgehalt, Muskulatur oder Handbeschwielung. Dr. G. hat daher die MdE durchgehend mit unter 10 v.H. bewertet. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.

Dem Kläger ist Gelegenheit zur Stellungnahme unter Hinweis auf § 109 SGG gegeben worden. Er hat mit Schreiben vom 07.05.2017 moniert, dass der erstbehandelnde Arzt die Wirbelbrüche übersehen habe, weil diese gar nicht geröntgt worden seien, sondern nur das Becken. Er hat sich auf die MdE-Bewertungen mit 20 v.H. in den Gutachten von 2002 und 2008 gestützt.

Auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2017 wird verwiesen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 08.02.2011 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 27.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2008 sowie den Bescheid vom 20.10.2009 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm Verletztenrente für den Arbeitsunfall vom 04.03.1975 nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren, hilfsweise ihm Verletztenrente als Stützrente nach einer MdE von 10 v.H. über den 31.07.2011 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten, auch zum Arbeitsunfall vom 19.06.1980, des SG unter den Az. S 5 U 253/08, S 5 U 310/11, S 5 U 40/30 und S 13 R 118/05, die Akten des LSG unter den Az. L 3 U 129/06, L 3 U 77/10 B PKH, L 2 U 100/11 und L 2 U 452/12, die Schwerbehindertenakte des Klägers des Zentrum Bayern Familie und Soziales und die beigezogenen Unterlagen der Deutschen Rentenversicherung Schwaben Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers erweist sich teilweise als begründet.

Der Kläger hat wegen des Arbeitsunfalls vom 04.03.1975 keinen Anspruch auf eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. Der Bescheid der Beklagten vom 27.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2008 erweist sich als rechtmäßig.

Statthafte Klageart hinsichtlich der begehrten Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 4 SGG). Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Mindern die Folgen des Versicherungsfalles die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H., besteht für den Versicherungsfall gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII Anspruch auf Rente, wenn die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert ist und die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20 erreichen. Nach § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VII wird bei einer MdE Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht.

Dabei richtet sich die MdE gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten durch die Unfallfolgen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Abgestellt wird nicht auf die konkrete Beeinträchtigung im Beruf des Versicherten, sondern es wird eine abstrakte Berechnung vorgenommen (vgl. Bereiter-Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung, § 56 RdNr.10.1). Die Bemessung des Grades der MdE ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (vgl. BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 25/05 - Juris RdNr. 10). Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (vgl. BSG ebenda). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie den Umfang der Beeinträchtigung der körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen betreffen (vgl. BSG, Urteil vom 05.09.2006 - B 2 U 25/05 R - Juris RdNr. 10). Erst aus der Anwendung (medizinischer) Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter Gesundheitsbeeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Bei der Beurteilung der MdE sind die von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten. Diese sind zwar nicht bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 2 U 14/03 R - Juris RdNr. 12).

Unfallfolgen sind die Gesundheitsschäden, die wesentlich durch den Gesundheitserstschaden des Versicherungsfalls verursacht wurden oder die nach besonderen Zurechnungsnormen wie § 11 SGB VII dem Gesundheitserstschaden bzw. dem Versicherungsfall zugerechnet werden (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - Juris).

Für die erforderliche Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitserstschaden sowie zwischen Gesundheits(erst) schaden und weiteren Gesundheitsschäden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr. 12), die auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie beruht. Danach ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Als rechtserheblich werden aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden (vgl. BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr. 12) sowie auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - Juris RdNr. 17). Gesichtspunkte für die Beurteilung sind neben der versicherten Ursache als solcher, einschließlich Art und Ausmaß der Einwirkung, u.a. die konkurrierende Ursache (nach Art und Ausmaß), der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - Juris RdNr. 16). Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Ist jedoch eine Ursache - allein oder gemeinsam mit anderen Ursachen - gegenüber anderen Ursachen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) „wesentlich“ und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (vgl. BSGE 12, 242, 245). Eine Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als „wesentlich“ anzusehen ist, kann auch als „Gelegenheitsursache“ oder Auslöser bezeichnet werden (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - Juris RdNr. 15 m.w.N.).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes ist zu beachten, dass das Vorliegen des Gesundheits(erst) schadens im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen muss, während für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit genügt (vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R - Juris RdNr. 16).

Nach durchgeführter Beweisaufnahme vermag der Senat keine Unfallfolgen im Bereich der Wirbelsäule, insbesondere der LWS festzustellen, die bei der Bildung der MdE berücksichtigt werden könnten.

Weder hat die Beklagte im Bescheid vom 27.05.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2008 Erstschäden im Bereich der LWS bindend anerkannt noch sind diese nach durchgeführter Beweisaufnahme nachgewiesen. Soweit in den ärztlichen Unterlagen Veränderungen im Bereich der Wirbelkörper der LWS genannt werden, können diese nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 04.03.1975 als wesentliche Teilursache zurückgeführt werden.

Entgegen der Auffassung des Klägers wurden bereits am Unfalltag im KKH E-Stadt Röntgenaufnahmen nicht nur vom Becken, sondern auch von der LWS gefertigt; in Auswertung dieser Unterlagen haben die behandelnden Ärzte nämlich eine Rechts-Dreh-Skoliose der LWS festgehalten. Das ergibt sich aus dem D-Arztbericht von Dr. D. vom 11.03.1975. Irgendwelche Brüche im Bereich der Lendenwirbelkörper, insbesondere des 1., 3. oder 4. LWK, haben die Ärzte damals dagegen nicht feststellen können und auch im Abschlussbericht nach sechstägiger stationärer Behandlung vom 13.03.1975 nicht dokumentiert.

Dr. G. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass es der ärztlichen Erfahrung widerspricht, dass ein frischer Vorderkantenabbruch des 1. Lendenwirbelkörpers bei erstmaliger Behandlung zu keinerlei dokumentierten Beschwerden geführt haben sollte. Im klinischen Befund des KKH E-Stadt über die Behandlung am 04.03.1975 wird aber eine freie LWS-Beweglichkeit ohne Klopf- oder Stauchungsschmerz beschrieben, bei normalen Reflexen sowie normaler Beweglichkeit und Sensibilität an den Beinen. Vor diesem Hintergrund ist aus gutachterlicher Sicht ein unfallbedingter LWK-Bruch hochgradig unwahrscheinlich, worauf Dr. G. schlüssig hingewiesen hat. Zeitnah erfolgte weitere Behandlungen wegen LWS-Beschwerden, die Hinweise auf Verletzungen der LWS geben könnten, sind nicht ersichtlich. Auch unter Berücksichtigung der beigezogenen und übersandten Unterlagen ist eine weitere Untersuchung im Bereich der LWS frühestens für 1980 dokumentiert. Denn Dr. P. hat in seinem Bericht vom 22.03.1982 eine Röntgenaufnahme der LWS vom 18.11.1980, erstellt von Dr. F., erwähnt.

Soweit sich der Kläger auf Arztbriefe von Dr. P., dem damaligen Chefarzt der chirurgischen Abteilung des KKH B-Stadt, aus dem Jahr 1982 stützt, genügen diese zum Nachweis von Wirbelbrüchen nicht. Der Einschätzung von Dr. P. am 22.03.1982, dass in den vom Kläger mitgebrachten Röntgenbildern vom Unfalltag eine Kompressionsfraktur des 1. LWK mit Absprengung eines 10 x 8 mm großen vorderen unteren Kantendreiecks erkennbar sei, steht die abweichende Beurteilung von Dr. K., dem damaligen Chefarzt der chirurgischen Abteilung des KKH E-Stadt vom 21.04.1982 gegenüber, der nach Durchsicht der Röntgenaufnahmen einschließlich derjenigen aus dem Jahr 1975, eine Verletzung des 1. bis 3. Lendenwirbelkörpers nicht bestätigen konnte.

Dr. K. hat erklärt, dass nur ein minimaler Vorderkantenabbruch am 1. LWK vermutet werden könne, zumal die Vorderkante des 1. LWK gegenüber den Vergleichswirbeln um ca. 3 mm höhenvermindert sei, und dass Verletzungszeichen an den übrigen Wirbelkörpern nicht zu erkennen seien. Er beschreibt im Röntgenbild der LWS nur eine minimale Höhenminderung der 1. LWK ohne Stufe in der Deckplatte.

Weitere gutachterliche Auswertungen der Röntgenbilder waren dem Senat verwehrt, da ihr Verbleib unbekannt ist. Prof. Dr. K. hat die Röntgenbilder von 1975 in seinem Gutachten nicht erwähnt bzw. ausgewertet. Soweit der Kläger auf spätere Befunde hingewiesen hat, in denen Veränderungen im Bereich der LWK genannt oder beschrieben worden sind, geben diese keinen Aufschluss darauf, ob sie bereits am Unfalltag vorhanden waren. Das gilt insbesondere, soweit sich Dr. P. im Arztbrief vom 22.03.1982 auf Röntgenaufnahmen aus dem Jahr 1980 - also erst fünf Jahre nach dem Unfall - stützt, soweit im Rehabilitationsbericht der Klinik W-Stadt Ende 1981 eine geringe Verformung des 1. LWK im Röntgenbild beschrieben wird, soweit die Ärzte der Praxis Dres. S. und P. Röntgenbilder aus dem Jahr 2003 bzw. soweit Dr. B. Röntgenbilder aus dem Jahr 2013 beschreibt. Im Übrigen hat Dr. P. im Arztbrief vom 17.01.1985 deutlich zurückhaltender als in seinem Arztbrief vom 22.03.1982 nur noch von einer in den Röntgenbildern der LWS angedeuteten keilförmigen Veränderung des 1. LWK gesprochen, möglicherweise nach leichter Kompressionsfraktur. Soweit sich der Kläger auf die Erwähnung von Wirbelkörperbrüchen in Arztbriefen stützt, ist darauf hinzuweisen, dass entsprechende Angaben insbesondere unter der Anamnese bzw. unter der Vorgeschichte zu finden sind, so von Dr. L. im Arztbrief vom 29.07.1981, von Dr. H. im Bericht vom 25.09.2003, von Dr. K. im Arztbrief vom 26.03.2016 oder von Prof. Dr. G. und Dr. L. in den Berichten vom 07.07.2016 und 11.10.2016, und damit auf Angaben des Klägers selbst beruhen. Belege dafür, dass Veränderungen der Wirbelkörper der LWS bereits 1975 aufgetreten wären, sind diesen Unterlagen aber nicht zu entnehmen.

Vor diesem Hintergrund ist nach Ansicht des Senats ein bereits am Unfalltag vorliegender frischer Bruch im Bereich der LWK unter Berücksichtigung der dokumentierten Erstbefunde unwahrscheinlich. Ausdrücklich weist der Senat darauf hin, dass es für Verletzungen des 3. und 4 LKW, die der Kläger später gegenüber behandelnden Ärzten wiederholt als Unfallfolgen genannt hat, keinen einzigen objektiven Anhaltspunkt in den vorliegenden Unterlagen gibt. Insbesondere hat Dr. P. nach Durchsicht der Röntgenbilder von 1975 und 1980 keine Wirbelkörperbrüche im Bereich des 3. und 4 LWK genannt. Im Gegenteil führte er im Arztbrief vom 17.01.1985 aus, dass mit Ausnahme des 1. LWK, der eine angedeutete keilförmige Veränderung aufweise, die aktuellen Röntgenbilder sonst unauffällige Wirbelkörper gezeigt hätten. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Dr. G. auch keine funktionellen Einschränkungen der LWS festgestellt hat. Vielmehr war die Wirbelsäule insgesamt altersentsprechend beweglich, ohne Schmerzäußerungen während der Untersuchung, mit selbständigem Wiederaufrichten, möglicher Seitneigung um 30°, Drehung um 50°, Finger-Boden-Abstand von 30 cm, Zeichen nach Ott von 30 zu 31 cm und lumbalem Schober von 10 zu 14 cm, was insgesamt für eine gute Beweglichkeit der LWS spricht.

Die unfallbedingte Hüftprellung ist nach übereinstimmender Beurteilung aller vorliegenden Gutachten folgenlos ausgeheilt. Der im Bescheid der Beklagten als Erstschaden anerkannte distale Speichenbruch im linken Handgelenk hat dagegen eine mäßige Arthrose zwischen der linken Handwurzel und der Speichengelenkfläche zur Folge mit geringer Bewegungseinschränkung im linken Handgelenk. Unfallunabhängig ist dagegen die von Dr. H. genannte Rhizarthrose, die das Daumensattelgelenk betrifft, auch nach deren eigener Einschätzung. Die aus den Unfallfolgen im Bereich des Handgelenks resultierenden funktionellen Einschränkungen vermögen aber nach sorgfältiger Untersuchung von Dr. G. und seinen überzeugenden Ausführungen keine MdE von 20 v.H. zu begründen. Zutreffend hat Dr. G. darauf hingewiesen, dass die unfallmedizinische Literatur (u.a. Schönberger / Mehrtens / Valentin „Arbeitsunfall und Berufskrankheit“, 9. Auflage S. 581) für einen Speichenbruch mit Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 40° im Seitenvergleich eine MdE von 10 v.H. vorsieht, während eine MdE von 20 bis 30 v.H. erst bei erheblicher Achsenabknickung und Einschränkung der Handgelenksbewegungen um insgesamt 80° vorgesehen ist. Eine Achsenabknickung des Speichenbruchs liegt angesichts der von den Gutachtern beschriebenen regelrechten Stellung im Gelenk nicht vor. Allerdings wird die Beweglichkeit des linken Handgelenks auch durch die mäßige unfallbedingte Arthrose in gewissem Umfang eingeschränkt.

In den vorliegenden Gutachten wurden folgende Bewegungsausmaße festgehalten:

Prof. Dr. K. 2002 rechts links

Unterarmdrehung 80-0-80° 70-0-80°

Handgelenk:

Streckung/Beugung

(handrücken-, hohlhandwärts) 35-0-50° 20-0-30°

ellenwärts/ speichenwärts 20-0-30° 10-0-20°

Dr. H. 2008 rechts links

Unterarmdrehung 80-0-90° 80-0-90°

Handgelenk:

Streckung/Beugung (handrücken-, hohlhandwärts) 50-0-30° 30-0-20°

ellenwärts/ speichenwärts 30-0-40° 20-0-20°

Dr. G. 2017 rechts links

Unterarmdrehung 80-0-90° 80-0-90°

Handgelenk:

Streckung/Beugung

(handrücken-, hohlhandwärts) 70-0-35° 55-0-40°

ellenwärts/ speichenwärt 30-0-15° 25-0-15°

Unabhängig von der Problematik, dass in der Messwertaufstellung von Prof. Dr. K. und Dr. H. die Bewegungsausmaße nach ellen- und speichenwärts vertauscht worden sind, wie Dr. G. überzeugend dargelegt hat, ergibt sich auf Basis der vorliegenden Messwerte eine Einschränkung der Gesamtbeweglichkeit der linken Hand insgesamt einschließlich Unterarmdrehung im Seitenvergleich im Jahr 2002 von 55°, im Jahr 2008 von 60° und im Jahr 2017 von 20°, also nicht in einem Ausmaß von 80°. Dr. G. hat ferner ausgeführt, dass aus handchirurgischer Sicht angesichts der aktuell besseren Messwerte früher dokumentierte schlechtere Bewegungsausmaße nicht nachvollziehbar sind. Das erscheint dem Senat überzeugend, zumal im Laufe der Zeit eintretende und hier festgestellte arthrotische Veränderungen erfahrungsgemäß eine Verschlechterungstendenz aufweisen und keine Operationen im Handgelenksbereich seit 2002 erfolgt waren, die Ursache für eine Besserung sein könnten. Da Dr. G. die ermittelten Bewegungsausmaße im Gutachten ausführlich und sorgfältig unter Nutzung von Fotodokumentationen belegt hat, während sich die Angaben in den übrigen Gutachten auf die bloße Mitteilung der Messwerte beschränkt, kommt nach Ansicht des Senats den Messwerten von Dr. G. für die Bestimmung des Ausmaßes der Bewegungseinschränkungen besondere Bedeutung zu.

Gegen wesentliche funktionelle Einschränkungen der linken Hand im Alltag spricht nach Überzeugung des Senats außerdem, dass in den seit 2002 erstellten Gutachten keine Minderungen der Hand-, Unterarm- oder Oberarmmuskulatur im Seitenvergleich und keine Minderung des Kalksalzgehalts im linken Handgelenk festgestellt wurden. Vielmehr sprechen die durchgehend beschriebene seitengleiche Handflächenbeschwielung, die 2002 zudem erwähnten Verarbeitungszeichen an den Händen sowie die bei den gutachterlichen Untersuchungen 2002 und 2008 beschriebenen Befunde wie der seitengleich kräftige Händedruck, der regelrechte Faustschluss, die uneingeschränkte Fingerbeweglichkeit und die uneingeschränkte Widerstandskraft der Finger für eine gute Funktion und gegen eine Schonung der linken Hand im Alltag. Zeichen für Nervenschäden, Durchblutungsstörungen, Weichteilverschmächtigungen trophische oder vegetative Störungen oder für eine Instabilität im Bereich des Handgelenks hat keiner der Sachverständigen festgestellt. Ausdrücklich hat der zuletzt untersuchende Sachverständige Dr. G. eine seitengleiche Muskulatur an Oberarm, Unterarm, Daumenballen und Kleinfingerballen und eine seitengleiche geringe Handbeschwielung festgehalten. Bei geführter Bewegungsprüfung war ein vollständiges Einschlagen aller Finger in die Hohlhand möglich. Die verschiedenen Greifformen sind zügig und normal gezeigt worden, bei vollständiger Fingerstreckung.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass gewisse Tagesschwankungen in der Beweglichkeit des linken Handgelenks auftreten mögen, lässt sich nach Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit Dr. G. keine unfallbedingte MdE von 20 v.H. begründen. Demgegenüber überzeugt die gutachterliche Einschätzung der MdE in den Gutachten von Prof. Dr. K. und Dr. H. mit 20 v.H. nicht, zumal diese keine Bewertung der MdE getrennt nach Unfallfolgen der jeweiligen Arbeitsunfälle vorgenommen haben. Die Bildung einer Gesamt-MdE für mehrere Arbeitsunfälle ist aber nicht zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 19.08.2003 - B 2 U 50/02 R - Juris RdNr. 21 f. m.w.N.).

Der Kläger hat aber über den 31.07.2011 hinaus Anspruch auf Zahlung von Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H. wegen seines Arbeitsunfalls vom 04.03.1975, obwohl – wie das Berufungsverfahren unter dem Az. L 2 U 452/12 ergeben hat - der Arbeitsunfall des Klägers vom 19.06.1980 in diesem Zeitraum keine MdE von 10 v.H. mehr bedingt und damit kein Stützrententatbestand mehr ersichtlich ist. Denn die Beklagte hatte dem Kläger mit Bescheid vom 20.10.2009 Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H. bewilligt. Diese Rentenbewilligung ist weder wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung entfallen noch wurde der die Rente bewilligende Verwaltungsakt von der Beklagten zurückgenommen.

Mit der Formulierung im Tenor des Bescheides vom 20.10.2009 „Anspruch auf Rente haben Sie nur, solange Ihre Erwerbsfähigkeit wegen eines anderen Versicherungsfalls um mindestens 10 v.H. gemindert ist“ hat die Beklagte in den Bewilligungsbescheid keine rechtmäßige auflösende Bedingung für die Rentenbewilligung gemäß § 32 SGB X i.V.m. § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufgenommen (vgl. zur Frage der Zulässigkeit der auflösenden Bedingung bei Stützrentenbewilligung Kranig, in: Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB VII, Stand 9/2010, zu § 56 RdNr. 30; Rieke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand März 2017, zu § 56 SGB VII RdNr. 41).

Eine auflösende Bedingung muss den Wegfall der Leistung vom Eintritt eines genau bezeichneten, zukünftigen ungewissen Ereignisses abhängig machen (vgl. Benz, in: NZS 1998, S. 456 ff., S. 456). Gegen eine wirksame auflösende Bedingung spricht bereits, dass aus Sicht eines objektiven Empfängers keine wirksame Regelung für den Fall getroffen wird, dass die Erwerbsfähigkeit wegen eines anderen Versicherungsfalls nicht (mehr) um mindestens 10 v.H. gemindert ist (vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.11.2011 - L 10 U 5645/09 - Juris RdNr. 20). Insbesondere wird nicht hinreichend bestimmt gemäß § 33 SGB X geregelt, dass der rentenbewilligende Verwaltungsakt ohne weiteren Rücknahmebescheid der Beklagten bei Eintritt eines bestimmten, zukünftigen Ereignisses automatisch entfallen soll. Letztlich beschränkt sich die Formulierung hier auf die Wiedergabe einer von mehreren gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H. Dabei wird das mögliche Ereignis selbst, von dessen Eintritt das Entfallen des Verwaltungsaktes - der Rentenbewilligung - abhängen soll, nicht hinreichend konkret bezeichnet. Ebenso wie der Verwaltungsakt selbst müssen aber auch die Nebenbestimmungen gemäß § 32 SGB X hinreichend bestimmt sein (vgl. Mutschler, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 95. EL, zu § 32 SGB X RdNr. 9; Schütze in von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 8. Auflage, zu § 32 SGB X RdNr. 32; vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1990 - 4 RA 57/89 - Juris): Dazu gehört, dass das mögliche Ereignis selbst hinreichend bestimmt sein muss, damit erkennbar ist, von welchen Umständen die Geltung der Hauptregelung abhängt (vgl. Mutschler, a.a.O., RdNr. 15) und wann die auflösende Bedingung eintritt. Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde, der es grundsätzlich obliegt, klar, bestimmt, verständlich und widerspruchsfrei zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 25.06.1998 - B 7 AL 126/95 R - Juris RdNr. 34).

Ob die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen eines anderen Versicherungsfalles - also wegen irgendeines anderen Arbeitsunfalls oder irgendeiner anderen Berufskrankheit des Klägers - nicht mehr um mindestens 10 v.H. gemindert ist, ist aber schon kein hinreichend konkretes Ereignis zur Bestimmung des Endes eines Verletztenrentenanspruchs. Zum einen lässt die Formulierung offen, welcher oder welche Versicherungsfälle maßgeblich sein sollen. Zum anderen bedarf die Bestimmung der Höhe der MdE u.a. medizinischer Fachkenntnisse und Kenntnisse von den in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Erfahrungswerten, wobei insbesondere die Abgrenzung einer MdE von 10 v.H. von einer MdE unter 10 v.H. erfahrungsgemäß sehr diffizil ist. Für den Versicherten ist daher regelmäßig nicht ersichtlich, ob bzw. wann seine unfallbedingte MdE infolge eines anderen Versicherungsfalls auf unter 10 v.H. sinkt. Schon deswegen können eine Änderung der MdE oder der Wegfall der MdE nicht zum Gegenstand einer auflösenden Bedingung gemacht werden, sondern allenfalls konkrete Ereignisse wie die Rücknahme der stützenden Verletztenrente durch entsprechenden Verwaltungsakt (vgl. hierzu auch Benz, in: NZS 1998, S. 255 ff., S. 460). Die Anfechtungsklage des Klägers ist daher hinsichtlich der im Tenor des Bescheides vom 20.10.2009 enthaltenen rechtswidrigen Nebenbestimmung begründet (vgl. zur isolierten Anfechtbarkeit unselbstständiger Nebenbestimmungen bei gebundenem Haupt-Verwaltungsakt Schütze, in: von Wulffen, Kommentar zum SGB X, 8. Auflage, zu § 32 RdNr. 35 ff.; BSG, Urteil vom 30.01.2002 - B 6 KA 20/01 R - Juris RdNr. 20).

Die Beklagte hat den rentenbewilligenden Verwaltungsakt auch nicht gemäß § 48 Abs. 1 SGB X zurückgenommen. Dem Schreiben der Beklagten vom 20.07.2011 lässt sich aus Sicht eines objektiven Empfängers keine Rücknahme des rentenbewilligenden Verwaltungsaktes vom 20.10.2009 entnehmen. Es handelt sich lediglich um ein Informationsschreiben zur S.- und Rechtslage. Die Beklagte teilt dem Kläger nach Darstellung der Sachlage abschließend mit, dass die Rentenzahlung in der Unfallsache vom 04.03.1975 zu dem Zeitpunkt wegfällt, zu dem der Wegfall der stützenden Rente aus der Unfallsache vom 19.06.1980 wirksam wird. Dieser Zeitpunkt konnte bei Verfassen des Schreibens vom 20.07.2011 schon deswegen noch nicht eingetreten sein, weil der Rücknahmebescheid vom 21.07.2011 hinsichtlich der stützenden Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 19.06.1980 noch nicht erlassen, geschweige denn bekanntgegeben war. Das Schreiben vom 20.07.2011 enthält daher nur einen Hinweis auf einen künftig eintretenden Wegfall der Rentenzahlung, aber keine Regelung zum Ende des Rentenanspruchs oder zur Rücknahme des Rentenbescheides vom 20.10.2009, zumal es den Zeitpunkt nicht bestimmt. Dass die Beklagte das Schreiben vom 20.07.2011 nur als informelles Schreiben verfasst hat, zeigt sich auch daran, dass keine Rechtsmittelbelehrungbeigefügt war, dass sie das Schreiben - anders als den Bewilligungsbescheid vom 20.10.2009 oder den Rücknahmebescheid vom 21.07.2011 - gerade nicht als Bescheid bezeichnet hat und dass sie den Kläger nicht zuvor gemäß § 24 Abs. 1 SGB X angehört hatte, wie sie es vor Erlass des Rücknahmebescheides hinsichtlich der stützenden Rente vom 21.07.2011 getan hatte und wie es das Gesetz zwingend vorsieht.

Der Kläger hat folglich Anspruch auf Zahlung der Verletztenrente nach einer MdE von 10 v.H. über den 31.07.2011 hinaus aufgrund des bestandskräftigen Bewilligungsbescheides vom 20.10.2009.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Teilerfolg des Klägers.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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published on 12/07/2017 00:00

Tenor I. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 08.02.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 20.10.2009 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztenrente für den Arbe
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Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22.10.2009 wird zurückgewiesen.Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten. Tatbestand   1 Die Beteilig
published on 05/07/2011 00:00

Tenor Die Revision wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt.
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Tenor I. Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 08.02.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 20.10.2009 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Verletztenrente für den Arbe
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Annotations

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Folgen eines Versicherungsfalls sind auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge

1.
der Durchführung einer Heilbehandlung, von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Maßnahme nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung,
2.
der Wiederherstellung oder Erneuerung eines Hilfsmittels,
3.
der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung
einschließlich der dazu notwendigen Wege.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn die Versicherten auf Aufforderung des Unfallversicherungsträgers diesen oder eine von ihm bezeichnete Stelle zur Vorbereitung von Maßnahmen der Heilbehandlung, der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder von Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung aufsuchen. Der Aufforderung durch den Unfallversicherungsträger nach Satz 1 steht eine Aufforderung durch eine mit der Durchführung der genannten Maßnahmen beauftragte Stelle gleich.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.

Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ist schriftlich zu schließen, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
Allgemeinverfügungen oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl erlassen werden sollen,
5.
einkommensabhängige Leistungen den geänderten Verhältnissen angepasst werden sollen,
6.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen oder
7.
gegen Ansprüche oder mit Ansprüchen von weniger als 70 Euro aufgerechnet oder verrechnet werden soll; Nummer 5 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.