Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 29. Jan. 2015 - L 17 U 43/13

published on 29/01/2015 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 29. Jan. 2015 - L 17 U 43/13
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Sozialgericht Würzburg, S 5 U 165/12, 27/12/2012

Gericht

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Tenor

I.

Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 27.12.2012 und der Bescheid vom 25.11.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2012 werden aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Veranlagung der Klägerin in dem am 01.01.2012 in Kraft getretenen neuen Gefahrtarif der Beklagten.

Die Klägerin ist in das Mitgliedsverzeichnis der Beklagten eingetragen, wobei als Hauptunternehmen „Malerarbeiten aller Art“ zugrunde gelegt wurden. Nachdem die Beklagte die Klägerin im vor dem 01.01.2012 gültigen Gefahrtarif dem Gewerbezweig „Bauausbau“ sowie Büroteil des Unternehmens zugerechnet hatte, veranlagte sie die Klägerin ab 01.01.2012 mit Bescheid vom 25.11.2011 in der Gefahrtarifstelle 100 (Gewerbezweig: Bauwerksbau) mit der Gefahrklasse 15,12 sowie in der Gefahrtarifstelle 900 (Gewerbezweig: Büroteil des Unternehmens) mit der Gefahrklasse 0,44. Den hiergegen gerichteten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie dem Maler- und Lackiererhandwerk zuzurechnen sei. Sie gehöre der Malerinnung sowie der Urlaubskasse des Maler- und Lackierhandwerks an. Dementsprechend bitte sie um die Eingruppierung in die Tarifstelle 200 (Gewerbezweig: Bauausbau und Fertigteilherstellung) mit der Gefahrklasse 7,48.

Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Betriebsprüfung bei der Klägerin, die am 26.01.2012 durchgeführt wurde. Mit Schreiben vom 03.02.2012 unterrichtete die Beklagte die Klägerin über das Ergebnis der Betriebsprüfung und führte aus, dass die Klägerin ab dem 01.01.2012 zu 100 Prozent Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) anbringe. Die Beklagte erhob mit Beitragsvorschussbescheid vom 20.04.2012 einen Gesamtvorschuss in Höhe von 160.707,65 Euro für das Beitragsjahr 2013. Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.11.2011 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2012 zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 25.06.2012 beim Sozialgericht Würzburg (SG) Klage erhoben, mit der sie die Aufhebung des Veranlagungsbescheides vom 25.11.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2012 verfolgt.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27.12.2012 abgewiesen.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und damit begründet, dass WDVS-Beschichtungen dem Außenputzbereich und daher die Klägerin nicht dem Bauwerksbau zuzuordnen seien. Die WDVS würden sach- und fachgerecht durch Betriebe des Maler- und Lackierhandwerks ausgeführt und nicht von Fassadenbaubetrieben und fielen unter die Tarifstelle 200 (Bauausbau und Fertigteilherstellung). Die Eingruppierung sei von der Begriffsbestimmung her falsch, da sich die Klägerin nicht mit Fassadenbau befasse, sondern lediglich WDVS aufbringe und kein Bauwerk errichte. Ein Bauwerk sei eine von Menschen errichtete Konstruktion mit ruhendem Kontakt zum Untergrund. Es sei in der Regel für langfristige Nutzungsdauer konzipiert. Durch die nachträgliche Anbringung von WDVS werde kein Bauwerk erstellt. Es liege lediglich ein Bauausbau vor. WDVS stellten lediglich eine Isolierung dar und isolierten, ohne selbst ein Bauwerk zu sein, gegen Wärme, Kälte, Schall und Brand. Neben den WDVS würden von der Klägerin auch andere Malerarbeiten verrichtet, die in einem völlig normalen Malerbetrieb anfallen würden. Allein aufgrund der Gesamtstruktur des Unternehmens - es würden mehrere Malermeister beschäftigt, die allesamt der Malerinnung und der Urlaubskasse des Maler- und Lackierhandwerks angehören - sowie der Tatsache, dass kein Bauwerksbauer beschäftigt sei, sei die Eingruppierung falsch.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 27.12.2012 und den Bescheid vom 25.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 27.12.2012 zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte trägt vor, in der Erläuterungstabelle zu Teil III des Gefahrtarifs (die zwar der Vertreterversammlung am 22.06.2011 bei der Beschlussfassung bekannt gewesen, von dieser aber nicht mitbeschlossen worden sei) sei ausgeführt, dass der Fassadenbau auch alle Außenwandbekleidungen einschließlich Wärmedämmungen umfasse. Die von der Klägerin angeführten Unterscheidungen des Fassadenbaus seien im Gefahrtarif 2012 nicht vorgesehen. Bei der unter Teil III der Tarifstelle 100 und damit dem Gewerbezweig Bauwerksbau in Klammern aufgeführten Aufzählung (Hoch-, Brücken-, Tunnel- und Gerüstbau, Dach- und Zimmerarbeiten u. a.) handele es sich nicht um weitere Gewerbezweige, sondern lediglich um Teilbereiche. Gewerbezweig sei bei der Tarifstelle 100 ausschließlich der Bauwerksbau. Die Aufzählung sei nicht vollständig, was mit dem Hinweis „u. a.“ zum Ausdruck komme. Der unter dem Gewerbezweig „Bauausbau und Fertigteilherstellung“ als Teilbereich aufgeführte Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz beziehe sich ausschließlich auf Arbeiten in Bauwerken (Erläuterungstabelle zu Teil III des Gefahrtarifs). Die Zugehörigkeit zu einer Innung oder Urlaubskasse sei bei der Veranlagung zu den Gefahrklassen nach dem Gefahrtarif unerheblich. Ebenso komme es bei der Zuordnung zu dem Gewerbezweig Bauwerksbau nicht darauf an, dass ein Bauwerk errichtet werde. Nach der Erläuterungstabelle zu Teil III des Gefahrtarifes beinhalte der Bauwerksbau neben der Errichtung von Bauwerken auch deren Erhaltung, den Umbau und die Sanierung von Bauwerken und Bauwerkteilen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakte sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Abs. 1 SGG), und damit zulässig.

Die Berufung ist auch begründet. Denn die zwischen den Beteiligten streitige Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2012 der Beklagten war rechtswidrig, so dass auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin die allein verfahrensgegenständlichen Bescheide vom 25.11.2011 und vom 24.05.2012 (Widerspruchsbescheid) aufzuheben waren. Die Klägerin war nicht in die Tarifstelle 100 (Gewerbezweig: Bauwerksbau) mit der Gefahrklasse 15,12 zu veranlagen.

1. Verfahrensgegenständlich sind allein die Bescheide vom 25.11.2011 und 24.05.2012. Dies ergibt sich aus den eindeutig gestellten Anträgen der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren und in der Berufungsinstanz. Über den Beitragsvorschussbescheid vom 24.02.2012 und etwaige andere Beitragsbescheide hatte der Senat daher nicht zu entscheiden. Diese Bescheide sind auch nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, weil die Beitragsbescheide den Veranlagungsbescheid weder abändern noch ersetzen (vgl. dazu Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 05.07.2005 - B 2 U 32/03 R).

2. Rechtsgrundlage für die Veranlagung eines Unternehmens ist § 159 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen veranlagt. Der Unfallversicherungsträger erstellt einen Gefahrtarif als autonomes Recht, in dem zur Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleiches gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Der Gefahrtarif und jede seiner Änderungen bedürfen der Genehmigung des Bundesversicherungsamtes als Aufsichtsbehörde (§ 158 Abs. 1 SGB VII).

Den Gefahrtarif 2012, den die Vertreterversammlung der Beklagten am 22.06.2011 beschlossen und das Bundesversicherungsamt am 05.07.2011 genehmigt hat, hat die Beklagte zwecks Zuteilung der Unternehmensarten zu den Gefahrklassen in 10 Gefahrtarifstellen untergliedert, wobei er folgende in dem Streitverfahren relevante Gefahrtarifstellen vorsieht: Gefahrtarifstelle 100, Gewerbezweig Bauwerksbau, Gefahrklasse 15,12 und Gefahrtarifstelle 200, Gewerbezweig Bauausbau und Fertigteilherstellung, Gefahrklasse 7,48. Teil II Nr. 1 Abs. 1 des Gefahrtarifs 2012 regelt: Die Veranlagung eines Unternehmens zur Gefahrklasse wird durch seine Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart bestimmt. Die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart richtet sich ausschließlich nach Art und Gegenstand des Unternehmens. Die Zuordnung zu einer spezielleren Unternehmensart geht der Zuordnung zu einer allgemeinen Unternehmensart vor.

Der Gefahrtarif 2012 der Beklagten unterliegt gerichtlicher Kontrolle. Der als Satzung erlassene Gefahrtarif (BSG, Beschluss vom 30.11.2006 - B 2 U 410/05) ist als autonomes Recht von den Gerichten nur daraufhin überprüfbar, ob er mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar ist. Denn dem Unfallversicherungsträger ist innerhalb der gesetzlichen Grenzen ein gerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsspielraum eingeräumt (BSG, Urteil vom 11.04.2013 - B 2 U 8/12 R m. w. N.), innerhalb dessen er sich für die seines Erachtens zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste gefahrtarifliche Regelung entscheiden darf. Ähnlich wie dem Gesetzgeber ist den ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften als Stellen der mittelbaren Staatsverwaltung, somit auch den Trägern der Sozialversicherung, ein nicht zu eng bemessener Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen. Als gesetzliche Vorgaben sind die in §§ 152 f, 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist dem Unfallversicherungsträger ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen. Aufgrund dieser eingeschränkten gerichtlichen Überprüfungsbefugnis kann nicht jeder Fehler Beachtung finden. Die Bildung des Gefahrtarifs muss aber auf gesichertem Zahlenmaterial fußen und versicherungsmathematischen Grundsätzen entsprechen. Denn Veranlagungs- und Beitragsbescheide sind eingreifende Verwaltungsakte, die nur auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden dürfen (BSG, Urteil vom 18.10.1994 - 2 RU 6/94). Im Rahmen ihrer Satzungsautonomie und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben hat sich die Beklagte - wie die gewerblichen Unfallversicherungsträger allgemein - in nicht zu beanstandender Weise entschlossen, den Gefahrtarif nach Gewerbezweigen zu gliedern, da dieser Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen der Gesetze und der Verfassung vereinbar ist (ständige Rechtsprechung, BSG, Urteil vom 21.03.2006 - a. a. O. m. w. N.). Denn ein Gewerbezweigtarif rechtfertigt sich aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben. Für deren Zuordnung zu einer Gefahrtarifstelle kommt es neben Art und Gegenstand des Unternehmens entscheidend auf die im Unternehmen anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, wobei alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einzubeziehen sind.

Der Gefahrtarif 2012 begegnet weder im Hinblick auf das Gewerbezweigprinzip noch hinsichtlich der Aufgliederung in 10 Gefahrtarifstellen noch bezüglich der Zusammenfassung einzelner Risikogemeinschaften in der jeweiligen Gefahrtarifstelle oder der jeweils errechneten Gefahrklasse rechtlichen Bedenken. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Maßgaben (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24.6.2003 - B 2 U 21/02 R, juris Rdnr. 15) ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte die Gewerbe „Bauwerksbau“ und „Bauausbau und Fertigteileherstellung“ in verschiedene Gewerbezweige aufgliedert. Schon die Unterschiedlichkeit der Gefahrklassen belegt, dass sich in diesen Gewerbezweigen unterschiedliche Gefahren verwirklichen. Bei der Bildung der Gefahrklassen besteht nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 11.04.2013, a. a. O.), der sich der Senat anschließt, ein Regelungsspielraum des Satzungsgebers, der auch bei einer Differenz des Gefährdungsrisikos von 33,3 v. H. noch nicht überschritten wird. Der Senat hat keinen Anhalt dafür, dass die in den Gewerbezweigen „Bauwerksbau“ und „Bauausbau und Fertigteileherstellung“ jeweils zusammengefassten Unternehmen untereinander ein stärker abweichendes Gefährdungsrisiko aufweisen.

3. Die Beklagte hat aber den formell und materiell rechtmäßigen Gefahrtarif 2012 bei Veranlagung der Klägerin fehlerhaft angewendet, indem sie die Klägerin in die Gefahrtarifstelle 100 veranlagt hat. Die Klägerin ist in der Gefahrtarifstelle 200 zu veranlagen.

In Bezug auf die von der Klägerin ausgeführten, Art und Gegenstand des Unternehmens bestimmenden Tätigkeiten trifft der Senat folgende Feststellungen: Die gesamte Tätigkeit der Klägerin besteht in der Ausführung von WDVS-Arbeiten. Dies folgt zur vollen Überzeugung des Senats aus dem Ergebnis der Betriebsprüfung bei der Klägerin vom 26.01.2012 und ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Zu den von der Klägerin bei diesen WDVS-Arbeiten in der Regel jeweils durchzuführenden Arbeitsschritten trifft der Senat folgende Feststellungen: Die Dämmplatten (Größe 0,50 m x 1,00 m) werden auf ebenem Untergrund in der Regel mit einem speziellen Klebemörtel direkt auf den vorhandenen Außenputz geklebt, der gegebenenfalls zuvor grundiert werden muss. Der Klebemörtel wird mit Kelle und Glättscheibe aufgetragen, und zwar auf die Rückseite der Platten, die dann ans Mauerwerk angeklebt werden. Der Mörtel wird auf die Platte ganzflächig aufgetragen oder im sogenannten Randstreifenwulstverfahren, d. h. der Mörtel wird bei diesem Verfahren nur außen um die Platte herum als Wulst aufgetragen, und zwar mit der Kelle. Falls erforderlich, werden die Platten zusätzlich mit Tellerdübeln befestigt. Auf den Dämmstoff kommt ein Armierungsmörtel/Unterputz, der mit der Glättscheibe vorgespachtelt wird. Dann wird ein Gewebe eingebettet und abgezogen. Es folgt eine Putzgrundierung mit Quarzsandanteil, die dann mit Rolle aufgetragen wird. Darauf kommt der Oberputz, der als Eimer- oder Sackware geliefert wird. Der Oberputz wird aufgerührt, mit der Kelle aufgetragen und strukturiert. Am Ende erfolgt der Anstrich mit einer Farbe, die auch wieder in 15- bis 25-kg-Eimern geliefert und mit der Rolle aufgetragen wird. Das Ankleben der Dämmplatten ist dabei mit 10% der Arbeitszeit zu veranschlagen, was bedeutet, dass 90% der Arbeiten auf das Aufbringen von Putzmörteln bzw. Farben auf die Fassade fallen.

Diese Feststellungen zu den Arbeitsschritten bei WDVS-Arbeiten der Klägerin beruhen auf den glaubhaften Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin (G) in der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2015, die mit Blick auf die von der Klägerin durchgeführten Arbeiten den Stand der einschlägigen Wärmedämmtechnik (vgl. dazu zum Beispiel die Beschreibungen im Internet unter Stichworten „Wärmedämmung Fassade Anleitung“ sowie zum Beispiel w...de, Stichwort Wärmedämmverbundsystem, Stand 30.12.2014) darstellen.

Von diesen Feststellungen ausgehend ist die Tätigkeit der Klägerin dem Gewerbezweig „Bauausbau und Fertigteilherstellung“ zuzuordnen und nicht dem Gewerbezweig „Bauwerksbau“.

Bei der konkreten Veranlagung eines Unternehmens für die Tarifzeit auf der Grundlage des Gefahrtarifs ist der Beklagten kein Ermessen eingeräumt und ihre Entscheidung insoweit in vollem Umfange gerichtlich überprüfbar (Hessisches LSG, Urteil vom 30.08.2011 - L 3 U 141/09 m. w. N.). Wie jede andere Rechtsnorm ist auch der als Satzung erlassene Gefahrtarif eines Unfallversicherungsträgers bei der gerichtlichen Überprüfung der Veranlagung eines Unternehmens nach den anerkannten juristischen Methoden auszulegen. Danach sind zur Ermittlung des Gesetzessinns der Wortlaut, der systematische Zusammenhang, Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte der Norm zu beachten (BSG, Beschluss vom 30.11.2006 - B 2 U 410/05). Diese Auslegung führt zu dem eingangs genannten Ergebnis.

Der Wortlaut der Regelung im Gefahrtarif 2012 unterscheidet im Wesentlichen zwischen „Bau“ und „Ausbau“. Letzterer setzt denknotwendig ein bereits vor bestehendes Bauwerk voraus, dass eben „aus“ gebaut bzw. vergrößert oder erweitert wird (vgl. zur Bedeutung des Ausbaus als „erweitern“ Duden, Bd. 8, Sinn- und sachverwandte Wörter, 1972, Seite 76; zur Bedeutung „vergrößern“ Duden, Band 10, Das Bedeutungswörterbuch, 1970, Seite 78). Dem Begriff Bau bzw. bauen wohnt hingegen eher die Bedeutung „erbauen, errichten, erstellen“ (Duden, Bd. 8, a. a. O., Seite 94) bzw. entwickeln, konstruieren (Duden, Bd. 10, a. a. O., Seite 103) inne. Ansonsten führt die grammatikalische Auslegung der in den Gefahrtarifstellen 100 bzw. 200 verwendeten Begriffe Bau und Ausbau für sich genommen und mit Blick auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht weiter. Die Beklagte hat jedoch ihre Satzungsregelung dergestalt erlassen, dass sie die Gewerbezweige jeweils durch Klammerzusätze näher erläutert hat, die ihrerseits Satzungsinhalt geworden sind. Für den Gewerbezweig „Bauausbau und Fertigteileherstellung“ (Gefahrtarifstelle 200) hat die Beklagte in Klammern die Maler-, Verputz-, Stuck-, Glaser-, Steinmetz-, Installations-, Wand- und Bodenbelagsarbeiten benannt und durch die Hinzufügung des Kürzels „u. a.“ darauf verwiesen, dass die Aufzählung nicht abschließend ist. Für den Gewerbezweig Bauwerksbau“ (Gefahrtarifstelle 100) hat die Beklagte in Klammern Hoch-, Brücken-, Tunnel- und Gerüstbau, Dach- und Zimmerarbeiten wiederum mit dem Zusatz u. a. benannt.

Vor diesem Hintergrund ergibt sich aus dem grammatikalischen Deutungskriterium, dass die von der Klägerin durchgeführten WDVS-Arbeiten der Gefahrtarifstelle 200 zuzuordnen sind. Die Klägerin erweitert nämlich jeweils vorbestehende Bauwerke durch Ankleben und gegebenenfalls Verdübeln von Dämmplatten an bestehende Hauswände. Soweit also die 0,50 x 1,00 m großen Styroporplatten bewegt, gegebenenfalls bearbeitet und dann verklebt werden, was nach den überzeugenden Angaben des G ohnehin nur 10% der Arbeitszeit ausmacht, handelt es sich mithin bei grammatikalischer Betrachtungsweise um „Ausbau“. Die damit zusammenhängenden und die folgenden Putzarbeiten unterfallen ohnehin den ausdrücklich in der Stelle 200 genannten Verputzarbeiten. Entsprechendes gilt für die abschließenden Malerarbeiten, die ebenfalls ausdrücklich im Zusammenhang mit dem Bauwerksausbau genannt sind. Daraus ergibt sich denknotwendig, dass die Klägerin keine Bauarbeiten verrichtet, und zwar weder im Sinne des Bauwerkbaus als solchem noch im Sinne der Klammerzusätze der Stelle 100.

Das systematische Argument bestätigt das durch das grammatikalische Deutungskriterium gefundene Ergebnis. Nach dem systematischen Argument ist eine Norm so auszulegen, dass sie sich widerspruchsfrei in die Rechtsordnung einfügt, es sei denn es gibt verfassungsrechtlich anerkannte und vorzuziehende Gründe für einen Systembruch (vgl. dazu z. B. BVerfG vom10.11.1981, 1 BvL 18/77, 1 BvL 19/77 juris Rn. 34 f). Die oben vorgenommene Auslegung fügt sich widerspruchsfrei in die Rechtsordnung ein. So sehen die Regelungen der einschlägigen Ausbildungsverordnung (Verordnung über die Berufsausbildung im Maler- und Lackierergewerbe vom 3. Juli 2003 - MalerLackAusbV - BGBl I S. 1064) das Anbringen von Dämmstoffen ausdrücklich als Ausbildungsinhalt an. Die MalerLackAusbV ordnet solche Arbeiten damit dem Kernbereich des Maler- und Lackiererhandwerks zu (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 09.04.2014, 8 C 50/12 juris Rn. 22). Dass die Beklagte in ihren „Erläuterungen und Arbeitshilfen zum 2. Gefahrtarif“ die Auffassung vertritt, dass Betriebe, die WDVS an Gebäuden anbringen, in die Tarifstelle 100 einzuordnen sind, stellt keine Widersprüchlichkeit im obigen Sinne dar. Denn die Arbeitshilfen nehmen an der Satzungsqualität des Gefahrtarifs nicht teil, da sie von der Vertreterversammlung nicht beschlossen wurden, und sind daher nicht Teil der die Gerichte bindenden Rechtsordnung. Da sie der Vertreterversammlung bei der Beschlussfassung über den Gefahrtarif vorgelegen haben, können die Arbeitshilfen lediglich im Rahmen einer historischen Interpretation herangezogen werden (wie hier Hessisches LSG, Urteil vom 28.01.2014 - L 3 U 180/10). Allerdings kann der Rekurs auf den mutmaßlichen Willen des Satzungsgebers allein angesichts des eindeutigen Auslegungsergebnisses in grammatikalischer, systematischer und, wie noch auszuführen sein wird, teleologischer Hinsicht keinen entscheidenden Einfluss auf das Ergebnis haben.

Auch das teleologische Argument gebietet nämlich keine Auslegung des Gefahrtarifs der Beklagten, die eine Zuordnung der Tätigkeiten der Klägerin zu der Gefahrtarifstelle 100 rechtfertigen könnte. Nach dem Deutungskriterium der Teleologie soll die Auslegung einer Norm nach deren Sinn und Zweck erfolgen. Der Sinn einer Norm ergibt sich aus dem objektivierten Willen des Gesetzgebers (BVerfG vom 11.06.1980, 1 PBvU 1/79 juris Rn. 51; BVerfG vom 16.02.1983, 2 BvE 1/83, 2 BvE 2/83, 2 BvE 3/83, 2 BvE 4/83 juris Rn. 124 zum „objektiven Gesetzesinhalt“; dazu Wenzel, NJW 2008, 346, kritisch Rüthers, JZ 2002, 365, 369) und damit meist aus den anderen Auslegungsregeln, die diesen Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringen, insbesondere also aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und deren Sinnzusammenhang. Zweck der unterschiedlichen Gefahrtarifstellen und der entsprechenden Zuordnung von Unternehmen nach deren Art und Gegenstand ist es, den jeweiligen Unfallrisiken und Präventionserfordernissen Rechnung zu tragen und insofern vergleichbare Unternehmen unter diesen Gesichtspunkten zu veranlagen. Diesem Zweck trägt der Wortlaut der Gefahrtarifstellen durch die Unterscheidung in Bau und Ausbau und die jeweilige Konkretisierung der Begriffe durch Beispiele Rechnung. Statistische Zahlen für die Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei WDVS-Arbeiten, die ein Gefährdungspotenzial belegen könnten, das den in der Gefahr Tarifstelle 100 genannten Tätigkeiten entspricht, hat die Beklagte nicht benennen können. Ein Vergleich der Tätigkeiten der Klägerin mit den explizit im Gefahrtarif genannten Tätigkeiten legt eine Zuordnung zu der Tarifstelle 100 gerade nicht nahe, sondern spricht für eine Zuordnung zur Tarifstelle 200. So sind die von der Klägerin durchgeführten, nicht ausdrücklich unter die Tarifstelle 200 fallenden und daher hier relevanten Arbeiten an der Fassade vom Gefährdungspotential her offensichtlich nicht zu vergleichen mit den in der Tarifstelle 100 explizit benannten Dach- und Zimmerarbeiten, ebenso wenig mit Gerüstbauarbeiten, wohl aber mit den in der Tarifstelle 200 explizit benannten Verputz-, Stuck- oder Wandbelagsarbeiten. Dass die Tätigkeit der Klägerin den zu Tarifstelle 100 gehörenden Gerüstbau als solchen umfasst, wird auch von der Beklagten nicht behauptet. Die hierzu von der Beklagten vorgebrachte Überlegung, zum Anbringen der Platten müsse das Gerüst weiter von der Wand entfernt stehen und die Gerüste seien insofern oft nicht vorschriftsmäßig aufgebaut, überzeugt nicht. Denn insofern ist keine Gefährdung angesprochen, die einen Vergleich mit gerüstbausspezifischen Gefahren nahelegt. Das Argument ist insgesamt nicht stichhaltig, weil es Gefahren anspricht, die nur bei einer nicht vorschriftsgemäßen Errichtung der Gerüste gegeben sind. Diesbezügliche Präventionserfordernisse können sich aber denknotwendig nur auf die Gerüstbautätigkeiten beziehen (die die Klägerin nicht durchführt) und eben nicht auf von der Klägerin durchgeführten WDVS-Arbeiten.

Nach alledem war die durch die Beklagte vorgenommene Einstufung in den Gefahrtarif 100 nicht rechtmäßig, so dass die verfahrensgegenständlichen Bescheide aufzuheben sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine Gründe hierfür gegeben sind (§ 160 Abs. 2 SGG). Insbesondere hat der Senat seiner Entscheidung die aktuelle Rechtsprechung des BSG zu den entscheidungserheblichen Fragen zugrunde gelegt und diese auf den zu entscheidenden Einzelfall angewendet.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 09/04/2014 00:00

Tatbestand 1 Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger verschiedene Tätigkeiten aus dem Bereich des Maler- und Lackiererhandwerks ohne Eintragung in die Handw
published on 11/04/2013 00:00

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen.
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(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Der Unfallversicherungsträger veranlagt die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen. Satz 1 gilt nicht für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten.

(2) Für die Auskunftspflicht der Unternehmer gilt § 98 des Zehnten Buches entsprechend mit der Maßgabe, dass sich die Auskunfts- und Vorlagepflicht der Unternehmer auch auf Angaben und Unterlagen über die betrieblichen Verhältnisse erstreckt, die für die Veranlagung der Unternehmen zu den Gefahrklassen erforderlich sind. Soweit die Unternehmer ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen, nimmt der Unfallversicherungsträger die Veranlagung nach eigener Einschätzung der betrieblichen Verhältnisse vor.

(1) Der Unfallversicherungsträger setzt als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest. In dem Gefahrtarif sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen. Für die in § 121 Abs. 2 genannten Unternehmen der Seefahrt kann die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation Gefahrklassen feststellen.

(2) Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden. Für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten kann eine Tarifstelle mit einer Gefahrklasse vorgesehen werden.

(3) Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet.

(4) Der Gefahrtarif hat eine Bestimmung über die Festsetzung der Gefahrklassen oder die Berechnung der Beiträge für fremdartige Nebenunternehmen vorzusehen. Die Berechnungsgrundlagen des Unfallversicherungsträgers, dem die Nebenunternehmen als Hauptunternehmen angehören würden, sind dabei zu beachten.

(5) Der Gefahrtarif hat eine Geltungsdauer von höchstens sechs Kalenderjahren.

(6) (weggefallen)

(1) Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind, soweit sich aus den nachfolgenden Vorschriften nicht etwas anderes ergibt, der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen.

(2) Das Arbeitsentgelt der Versicherten wird bis zur Höhe des Höchstjahresarbeitsverdienstes zugrunde gelegt.

(3) Die Satzung kann bestimmen, daß der Beitragsberechnung mindestens das Arbeitsentgelt in Höhe des Mindestjahresarbeitsverdienstes für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zugrunde gelegt wird. Waren die Versicherten nicht während des ganzen Kalenderjahres oder nicht ganztägig beschäftigt, wird ein entsprechender Teil dieses Betrages zugrunde gelegt.

(4) Soweit Rentenlasten nach § 178 Abs. 2 und 3 gemeinsam getragen werden, bleiben bei der Beitragsberechnung Unternehmen nach § 180 Abs. 2 außer Betracht. Soweit Rentenlasten nach § 178 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 2 gemeinsam getragen werden, werden sie auf die Unternehmen ausschließlich nach den Arbeitsentgelten der Versicherten in den Unternehmen unter Berücksichtigung des Freibetrages nach § 180 Abs. 1 umgelegt.

(1) Der Unfallversicherungsträger setzt als autonomes Recht einen Gefahrtarif fest. In dem Gefahrtarif sind zur Abstufung der Beiträge Gefahrklassen festzustellen. Für die in § 121 Abs. 2 genannten Unternehmen der Seefahrt kann die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation Gefahrklassen feststellen.

(2) Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs gebildet werden. Für nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten kann eine Tarifstelle mit einer Gefahrklasse vorgesehen werden.

(3) Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet.

(4) Der Gefahrtarif hat eine Bestimmung über die Festsetzung der Gefahrklassen oder die Berechnung der Beiträge für fremdartige Nebenunternehmen vorzusehen. Die Berechnungsgrundlagen des Unfallversicherungsträgers, dem die Nebenunternehmen als Hauptunternehmen angehören würden, sind dabei zu beachten.

(5) Der Gefahrtarif hat eine Geltungsdauer von höchstens sechs Kalenderjahren.

(6) (weggefallen)

(1) Der Gefahrtarif und jede Änderung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

(2) Der Unfallversicherungsträger hat spätestens drei Monate vor Ablauf der Geltungsdauer des Gefahrtarifs der Aufsichtsbehörde beabsichtigte Änderungen mitzuteilen. Wird der Gefahrtarif in einer von der Aufsichtsbehörde gesetzten Frist nicht aufgestellt oder wird er nicht genehmigt, stellt ihn die Aufsichtsbehörde auf. § 89 des Vierten Buches gilt.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.