Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Feb. 2017 - L 12 KA 85/15

published on 08/02/2017 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 08. Feb. 2017 - L 12 KA 85/15
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Tenor

I. Die Berufungen der Klägerin gegen die Urteile des Sozialgerichts München vom 10. März 2015, S 43 KA 1124/14, S 43 KA 1125/14 und S 43 KA 1126/14, werden zurückgewiesen.

II. Von den Kosten der Berufungsverfahren trägt die Klägerin 9/10, die Beklagte 1/10.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung der ambulanten Notfallbehandlungen des durch die Klägerin betriebenen Klinikums in A-Stadt (Quartale 2, 3 und 4/08).

Mit Honorarbescheid vom 9.10.2008 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 2/08 auf 105.503,83 € fest. Mit Richtigstellungsbescheid vom gleichen Tag setzte die Beklagte die Gebührenordnungspositionen (GOP) 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM insgesamt 2903 mal mit der Begründung ab, die Zusatzpauschalen könnten nur abgerechnet werden, wenn die KVB das Vorliegen einer Besuchsbereitschaft für das Aufsuchen von Patienten zuhause oder im Heim im Rahmen eines organisierten Bereitschaftsdienstes - Grundlage: BDO der KVB - festgestellt habe. Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, die im EBM 2008 vorgesehenen Zusatzpauschalen zur Besuchsbereitschaft verstießen gegen den Grundsatz gleicher Vergütung der in Notfällen im ärztlichen Bereitschaftsdienst durch Vertragsärzte bzw. von Notfallambulanzen erbrachten Leistungen. Das Bundessozialgericht habe bereits mehrfach entschieden, dass Notfallleistungen von Vertragsärzten und Krankenhäusern gleich hoch vergütet werden müssten. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.6.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da kein Antrag auf Feststellung der Besuchsbereitschaft gestellt worden sei.

Dagegen erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht München, die zunächst unter dem Az. S 43 KA 778/11 geführt und im Hinblick auf einen beim Bundessozialgericht (BSG) anhängigen Rechtsstreit zum Ruhen gebracht wurde. Mit Urteil vom 12.12.2012, Az. B 6 KA 3/12 R stellte das BSG fest, dass die für die Vergütung von Notfallleistungen maßgeblichen Bestimmungen des EBM 2008 mit dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar seien und durch den Bewertungsausschuss eine gesetzeskonforme Neuregelung zu treffen sei. Der Bewertungsausschuss hatte daraufhin mit Beschlüssen in der 341. und 344. Sitzung eine rückwirkende Neuregelung der Vergütung ambulanter Notfallleistungen ab dem 1. Januar 2008 gefasst. Die Beschlüsse des Bewertungsausschusses sahen vor, dass die vom Bundessozialgericht beanstandeten Regelungen zur Besuchsbereitschaft ersatzlos gestrichen werden. Die GOP 01210 wurde geändert und eine neue GOP 01212 eingefügt. Beide GOP sind gleichermaßen im organisierten vertragsärztlichen Not(-fall) dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser abrechenbar. Die GOP 01210 ist dabei bei einer Inanspruchnahme zwischen 7:00 Uhr und 19:00 Uhr (außer an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und am 24. Dezember und 31. Dezember) abrechenbar. Die höher bewertete 01212 kann bei einer Inanspruchnahme zwischen 19:00 und 7:00 Uhr des Folgetages sowie ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und am 24. Dezember und 31. Dezember abgerechnet werden. Auf diese Weise sollte der Mehraufwand einer Not(-fall) versorgung in den Abend- und Nachtstunden sowie an Feiertagen abgebildet werden. Die dargestellte Neugestaltung der Gebührenordnungspositionen sollte dazu führen, dass Vertragsärzte und Krankenhäuser bei der Vergütung der ambulanten Notfallleistungen gleichgestellt werden.

Nach Wiederaufnahme des Klageverfahrens unter dem Az. S 43 KA 1124/14 sah der Klägerbevollmächtigte in der Neugestaltung und insbesondere in der Rückwirkung der Beschlüsse des Bewertungsausschusses weiterhin eine Schlechterstellung der Krankenhäuser gegenüber den Vertragsärzten, da die bestandskräftigen Honorarbescheide der Vertragsärzte nicht rückabgewickelt würden und diese damit die höhere, nach den früheren EBM-Bestimmungen bereits abgerechnete und ausgezahlte Vergütung behalten dürften. Auch mit der nunmehr höheren Vergütung der geänderten GOP 01210 u.a. läge die Honorierung der Notfallleistungen bei Krankenhäusern in der Vergangenheit tatsächlich weit unter den Vergütungen der Vertragsärzte, denn die nur moderate Erhöhung der GOP 01210 u.a. liege weit hinter der Honorierung der rückwirkend zum 1.1.2008 gestrichenen Zusatzpauschalen 01211 u.a. Dies würde zumindest mittelbar eine nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts rechtswidrige Schlechterstellung der Krankenhäuser bei der Vergütung der ambulanten Notfallbehandlung darstellen. Der Bewertungsausschuss habe die diesbezüglichen klaren Vorgaben des BSG in seinen Beschlüssen wiederum nicht umgesetzt. Die rechtswidrige Ungleichbehandlung könne nur dadurch für die Vergangenheit rechtskonform ausgeglichen werden, indem die von der Klägerin erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen mit dem gleichen Vergütungsniveau vergütet würden, mit dem die Leistungen der Vertragsärzte nach den bisherigen Regelungen vergütet worden seien.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10. März 2015 den Richtigstellungsbescheid vom 9.10.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.6.2011 insoweit aufgehoben, als der Ansatz und die Vergütung der von der Klägerin für das Quartal 2/08 abgerechneten GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM abgelehnt wurde und die Beklagte verurteilt, diese Leistungen gemäß den Beschlüssen des Bewertungsausschusses mit Wirkung zum 1. Januar 2008 (341. und 344. Sitzung) an die Klägerin zu vergüten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe lediglich Anspruch auf die Vergütung der im Richtigstellungsbescheid abgesetzten Leistungen nach den Vorgaben der Beschlüsse des Bewertungsausschusses aus der 341. und 344. Sitzung. Ein Anspruch auf Vergütung der strittigen Leistungen (GOP 01211, 01215, 01217 und 01219) nach den durch die aktuellen Beschlüsse des Bewertungsausschusses abgeschafften Zusatzpauschalen bestehe nicht. Die vorgenommenen Richtigstellungen seien aufzuheben, die Vergütung der strittigen Leistungen habe aber nicht nach den überholten Bestimmungen des EBM, sondern nach den geltenden zu erfolgen. Nach Auffassung des Gerichts habe der Bewertungsausschuss mit seinen Beschlüssen aus der 341. und 344. Sitzung die vom Bundessozialgericht monierte rechtswidrige Ungleichbehandlung der Krankenhäuser insofern beseitigt, als die Zusatzpauschalen für die Vorhaltung der Besuchsbereitschaft rückwirkend zum 1.1.2008 gestrichen worden seien. In den neu geschaffenen Regelungen mit dem Splitting der Pauschalen in eine niedrigere Tag- und eine höhere Nacht- bzw. Wochenendpauschale könne das Gericht einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot bei der Abrechnung der hier strittigen Leistungen nicht erkennen. Ebenso wenig sehe das Gericht eine rechtswidrige Benachteiligung der Klägerin darin, dass die rechtskräftigen Honorarbescheide der Vertragsärzte, die die nunmehr abgeschafften Zusatzpauschalen bereits vor den neuen Beschlüssen des Bewertungsausschusses abgerechnet hätten, nicht rückabgewickelt würden. Dies führe zwar faktisch dazu, dass im Notfalldienst tätige Vertragsärzte wiederum bei identischer Leistungserbringung eine höhere Vergütung erhalten hätten als die Klägerin nach den neuen Beschlüssen des Bewertungsausschusses. Diese im Ergebnis ungleiche Vergütung für in demselben Zeitraum erbrachte, identische Leistungen beruhe aber nicht auf den nunmehr geschaffenen Vergütungsregelungen des EBM, sondern an der fehlenden Rückabwicklung von bestandskräftigen, hier begünstigenden Honorarbescheiden.

Mit Honorarbescheid vom 10.3.2009 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 3/08 auf 111.289,88 € fest. Mit Richtigstellungsbescheid vom gleichen Tag setzte die Beklagte - soweit hier streitgegenständlich - die GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM insgesamt 2856 mal mit der Begründung ab, die Zusatzpauschalen könnten nur abgerechnet werden, wenn die KVB das Vorliegen einer Besuchsbereitschaft für das Aufsuchen von Patienten zuhause oder im Heim im Rahmen eines organisierten Bereitschaftsdienstes - Grundlage: BDO der KVB - festgestellt habe. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29.6.2011). Die hiergegen zum Sozialgericht München erhobene Klage wurde zunächst unter dem Aktenzeichen S 43 KA 779/11 geführt und nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.12.2012 unter dem Aktenzeichen S 43 KA 1125/14 wieder aufgenommen. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10.3.2015 den Richtigstellungsbescheid vom 10.3.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.6.2011 insoweit aufgehoben, als der Ansatz und die Vergütung der von der Klägerin für das Quartal 3/08 abgerechneten GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM abgelehnt wurde und die Beklagte verurteilt, diese Leistungen gemäß den Beschlüssen des Bewertungsausschusses mit Wirkung zum 1.1.2008 (341. und 344. Sitzung) an die Klägerin zu vergüten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Begründung entspricht der zum Quartal 2/08.

Mit Honorarbescheid vom 21.4.2009 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 4/08 auf 101.958,90 € fest. Mit Richtigstellungsbescheid vom gleichen Tag setzte die Beklagte - soweit hier noch streitgegenständlich - die GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM insgesamt 2476 mal mit der Begründung ab, die Zusatzpauschalen könnten nur abgerechnet werden, wenn die KVB das Vorliegen einer Besuchsbereitschaft für das Aufsuchen von Patienten zuhause oder im Heim im Rahmen eines organisierten Bereitschaftsdienstes - Grundlage: BDO der KVB -a festgestellt habe. Zudem wurden unter dem Kürzel „UV 0326“ in 373 Fällen die GOP 22230 neben den Notfallpauschalen 01210 ff. abgesetzt, da diese während des gleichen Arzt-Patienten-Kontaktes nicht zusätzlich abrechnungsfähig sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.6.2011 zurück. Die Notfallzusatzpauschalen könnten schon mangels Antrag auf Feststellung der Besuchsbereitschaft nicht abgerechnet werden. Die GOP 22230 (klinisch-neurologische Basisdiagnostik) könne nicht neben den GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 abgerechnet werden. Nach den allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel A I. 2.1.3 Abs. 2. EBM sei eine Gebührenordnungsposition nicht berechnungsfähig, wenn deren obligate und - sofern vorhanden - fakultative Leistungsinhalte vollständig Bestandteil einer anderen berechneten Gebührenordnungsposition seien. Sämtliche Abrechnungsbestimmungen und Ausschlüsse seien zu berücksichtigen. Nach der Leistungsbeschreibung der Notfallpauschalen beinhalte der fakultative Leistungsinhalt dieser Ziffern jeweils folgende Leistungen: „in Anhang 1, Spalte GP, aufgeführte Leistungen sowie den funktionellen Ganzkörperstatus (GOP 27310).“ Die klinisch-neurologische Basisdiagnostik sei im Anhang 1 des EBM aufgeführt und könne demnach nicht zusätzlich zu den GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 abgerechnet werden. Die hiergegen zum Sozialgericht München erhobene Klage wurde zunächst unter dem Az. S 43 KA 780/11 geführt und nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 12.12.2012 unter dem Az. S 43 KA 1126/14 weitergeführt. Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 10.3.2015 den Richtigstellungsbescheid vom 21.4.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.6.2011 insoweit aufgehoben, als der Ansatz und die Vergütung der von der Klägerin für das Quartal 4/08 abgerechneten GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 abgelehnt wurde und die Beklagte verurteilt, diese Leistungen gemäß den Beschlüssen des Bewertungsausschusses mit Wirkung zum 1.1.2008 (341. und 344. Sitzung) an die Klägerin zu vergüten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Begründung entspricht hinsichtlich der Notfallzusatzpauschalen der zu den Quartalen 2 und 3/08. Die Absetzungen der GOP 22230 EBM hielt das SG unter Verweis auf das Urteil des Senats vom 12.11.2014, L 12 KA 36/13 für rechtmäßig.

Mit ihren gegen die Urteile des SG gerichteten Berufungen zum Bayerischen Landessozialgericht begehrt die Klägerin weiterhin eine Vergütung, die derjenigen entspricht, die Vertragsärzte unter der Geltung der ursprünglichen durch dem Bewertungsausschuss rückwirkend mit Wirkung zum 1.1.2008 geänderten Regelung des EBM 2008 erhalten haben sowie die Abrechenbarkeit der GOP 22230 neben der GOP 01210 f. EBM. Die ursprünglich ebenfalls angefochtenen Absetzungen der GOP 02301 im Quartal 4/08 bei mehrmaligem Ansatz am Behandlungstag sind nicht mehr streitig.

Am 26.2.2015 waren die Beschlüsse des Bewertungsausschusses aus der 341. und 344. Sitzung vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hinsichtlich ihrer Wirkung für die Vergangenheit beanstandet worden. Aufgrund der nachträglich geforderten Angabe der Uhrzeit der Inanspruchnahme wurde eine rückwirkende Benachteiligung der Krankenhäuser befürchtet und der Bewertungsausschuss aufgefordert, auch für die Vergangenheit dem Grundsatz gleicher Vergütung in geeigneter Weise nachzukommen. Daraufhin ergänzte der Bewertungsausschuss mit Beschluss vom 8.6.2015 in seiner 354. Sitzung seine vormaligen Beschlüsse, indem die Präambel zum Abschnitt 1.2 EBM um eine Regelung für den Fall ergänzt wurde, dass ein Krankenhaus im Zeitraum vom 1.1.2008 bis 31.3.2015 nicht für alle Behandlungsfälle des Quartals die Angabe der Uhrzeit der Inanspruchnahme gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung nachweisen könne. Die Regelung sah nun vor, dass in diesem Fall für die erste Inanspruchnahme im Notfall oder im organisierten Notfalldienst eine abweichende Bewertung gelte, die der bundesweiten Verteilung von Notfallbehandlungen am Tag und in der Nacht/am Wochenende entspricht. Dieser Beschluss wurde vom BMG nicht beanstandet.

Mit Datum 25.11.2015 erließ die Beklagte jeweils neue Widerspruchsbescheide für die streitgegenständlichen Quartale mit dem Hinweis, dass diese die ursprünglichen Widerspruchsbescheide vom 26.6.2011 ersetzen und Gegenstand der Verfahren würden. Die Widerspruchsbescheide für die Quartale 2 und 3/2008 wurden aufgehoben und den Widersprüchen stattgegeben. Den Widerspruchsbescheid vom 29.6.2011 für das Quartal 4/2008 nahm die Beklagte zurück, soweit er die GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 und die Festsetzung der Widerspruchsgebühr in Höhe von 100 € zum Gegenstand hatte. Die Honorarfestsetzung wurde insoweit abgeändert, als die Notfallbehandlungen nunmehr gemäß Nr. 6 der Bestimmungen zum Abschnitt 1.2 EBM (Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 354. Sitzung) vergütet würden. Der Widerspruch für das Quartal 4/2008 wurde im Übrigen zurückgewiesen und die Gebühr für dieses Widerspruchsverfahren auf 50 € festgesetzt. Zur Begründung führte die Beklagte in allen (neuen) Widerspruchsbescheiden aus, aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus seinem Urteil vom 12.12.2012 und der daraufhin beschlossenen Neuregelung sei eine neue Bewertung und Neuberechnung durchgeführt und eine Nachvergütung bei noch nicht bestandskräftigen Honorarbescheiden vorgenommen worden. Die Nachberechnung sei dabei auf Basis der in der 354. Sitzung des Bewertungsausschusses getroffenen Sonderregelung erfolgt, wonach bei Nichtvorliegen von Uhrzeitangaben die Bewertung im Bewertungsverhältnis 40:60 der GOP 01210 bzw. 01212 vorgenommen werde. Die sich hieraus ergebenden Nachvergütungen für die einzelnen Quartale seien im Honorarbescheid für das Quartal 2/15 als Gutschrift ausgewiesen. Für das Quartal 2/08 habe die Klägerin eine Nachvergütung in Höhe von 2189,39 € erhalten, für das Quartal 3/08 eine Nachvergütung in Höhe von 2134,65 € und für das Quartal 4/08 eine Nachvergütung in Höhe von 1898,94 €. Durch die rückwirkende Streichung der GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 zum 1.1.2008 aus dem EBM sei deren Abrechnungsmöglichkeit rückwirkend entfallen. Stattdessen erfolge eine Anpassung der Notfallpauschalen, woraus die Nachvergütungen für die jeweiligen Quartale resultierten. Die angesprochene Ungleichbehandlung sei somit durch die vom Bewertungsausschuss getroffenen Neuregelungen entfallen.

Im Widerspruchsbescheid vom 25.11.2015 für das Quartal 4/2008 wiederholte die Beklagte zur Absetzung der GOP 22230 neben den Notfallpauschalen 01210, 01211, 01214, 01215, 01216, 01217, 01218 und 01219 ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid vom 29.6.2011.

Die Klägerin stützt ihre Berufungen bezüglich der Notfallpauschalen - Zusatzpauschalen für Besuchsbereitschaft - weiterhin darauf, dass auch die Neuregelung eine rechtswidrige Ungleichbehandlung zulasten der Klägerin darstelle. Das Bundessozialgericht habe in seiner Entscheidung vom 12.12.2012 richtigerweise festgestellt, dass der Ausschluss der Krankenhäuser von der Berechnung der Zusatzpauschalen eine gleichheitswidrige Benachteiligung der Krankenhäuser und einen Verstoß gegen den Grundsatz der gleichen Vergütung für Vertragsärzte und Krankenhäuser bei ambulanten Notfallbehandlungen darstelle. Anhand plakativer Zahlen habe das BSG ausgeführt, dass die Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft bei den Vertragsärzten - je nach Grundleistung - bei identischer Leistung zu einer zwischen 50% und 63% höheren Vergütung gegenüber den Krankenhäusern führe. Aufgrund der festgestellten Verstöße des EBM gegen höherrangiges Recht habe das BSG dem Bewertungsausschuss als Normgeber des EBM aufgegeben, eine gesetzeskonforme Neuregelung zu schaffen. Von einer Fristsetzung gegenüber dem Bewertungsausschuss habe das BSG abgesehen, weil es von einer „zügigen Umsetzung der Neuregelung“ durch den Bewertungsausschuss ausgegangen sei. Der Bewertungsausschuss habe sich jedoch nach dem Urteil über zwei Jahre Zeit gelassen, um eine Neuregelung zu beschließen. Die Ungleichbehandlung habe daher weitere acht Quartale gegolten mit der Folge einer höheren Vergütung der Vertragsärzte auf der Basis der rechtswidrigen Regelungen. Der Bewertungsausschuss habe erst mit Beschlüssen vom 17.12.2014 und 19.1.2015 wesentliche Änderungen beschlossen und zum einen die im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft rückwirkend zum 1.1.2008 gestrichen. Zum anderen habe er die bisherige Notfallpauschale (GOP 01210, bewertet mit 405 Punkten) rückwirkend zum 1.1.2008 in eine Tages- und eine Nachtpauschale unterteilt (mit Verpflichtung zur Angabe der Uhrzeit der Inanspruchnahme), wobei die Tagespauschale zum Beispiel im Quartal 2/08 mit 325 Punkten und die Nachtpauschale mit 500 Punkten bewertet wurde. Bei der Neuregelung handle es sich um eine „Mogelpackung“. Zwar stelle der Bewertungsausschuss in der Neuregelung rückwirkend zum 1.1.2008 Krankenhäuser den Vertragsärzten auf dem Papier grundsätzlich gleich. Tatsache sei jedoch, dass die Vertragsärzte die in der Vergangenheit erhaltene höhere Vergütung nach den bisherigen Regelungen (d. h. einschließlich der Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft) behalten dürften. Den Krankenhäusern werde die gleiche Abrechnung für die Vergangenheit jedoch weiterhin verweigert. Dies führe zu einer rechtswidrigen erheblich niedrigeren Vergütung der Klägerin als die Vergütung der Vertragsärzte nach den bisherigen Regelungen, auf deren Grundlage die Vertragsärzte in der Vergangenheit ihre Vergütung erhalten hätten und diese auch behalten dürften. Damit erhalte die Klägerin beispielsweise für das Quartal 2/08 weiterhin eine um ca. 20.000 € niedrigere Vergütung. Auch aus der Neuregelung im Beschluss in der 354. Sitzung des Bewertungsausschusses („Mischkalkulation“) ergebe sich kein anderes Bild, denn auch bei Anwendung dieser Regelung erhielten die Krankenhäuser im streitgegenständlich relevanten Zeitraum eine erheblich niedrigere Vergütung. Das BSG habe klar und unmissverständlich eine gesetzeskonforme Neuregelung, d.h. eine die Krankenhäuser nicht ungerechtfertigt benachteiligende Regelung gefordert. Durch die Streichung der Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft in der Vergangenheit habe der Bewertungsausschuss aber keinen zwingend gebotenen Ausgleich für die Krankenhäuser für die Vergangenheit geschaffen. Die Neuregelungen führten gerade nicht zu einer gleichen Bewertung identischer Leistungen in der Vergangenheit. Mit der Neuregelung verstoße der Bewertungsausschuss gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsgebot (Verweis auf die Entscheidung des BSG vom 17.9.2008, B 6 KA 47/07 R). In dieser Entscheidung habe das BSG hinsichtlich der erforderlichen Neuregelung für die Vergangenheit im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot klare Vorgaben gemacht, indem es dem Bewertungsausschuss aufgegeben habe, die in Krankenhäusern erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen ebenfalls nachträglich mit den den Vertragsärzten zugestandenen 500 Punkten zu bewerten. Für das hiesige Verfahren könne nichts anderes gelten, als dass auch die in Krankenhäusern erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen mit dem gleichen Vergütungsniveau vergütet würden, mit dem die Leistungen der Vertragsärzte vergütet worden seien. Die Regelungen des EBM gemäß der Neuregelung durch den Bewertungsausschuss verstießen weiterhin gegen höherrangiges Recht und könnten daher nicht Basis für die Vergütung der Klägerin in den streitgegenständlichen Quartalen sein. Der Bewertungsausschuss habe daher eine für die Vergangenheit gesetzeskonforme Regelung zu treffen.

Mit Schriftsatz vom 27.1.2017 verweist der Klägerbevollmächtigte zudem auf ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.2.2016, B 6 KA 47/14 R. In diesem Urteil hatte das BSG entschieden, dass es gegen den Gleichheitssatz verstoße, dass psychologische Psychotherapeuten von der Abrechnung der Gebührenordnungspositionen für die Abhaltung einer Samstagssprechstunde ausgeschlossen sind. Zugleich hatte es dem Bewertungsausschuss aufgegeben, auch für die Vergangenheit den Gleichbehandlungsverstoß durch eine rechtmäßige Regelung zu beheben und diesem eine Umsetzungsfrist von ca. einem Jahr für die Neuregelung eingeräumt. Sofern der Bewertungsausschuss bis zum Ende des Quartals 2/17 keine Neuregelung getroffen habe, müsse die beklagte KV die Leistungen des Klägers im Rahmen der Honorarverteilung so vergüten, wie sie dies bei ärztlichen Psychotherapeuten im Quartal 1/08 getan habe oder hätte tun müssen. Dieses Urteil des BSG belege, dass auch der Klägerin im hiesigen Verfahren für die Vergangenheit die gleiche Vergütung wie den Vertragsärzten zuzusprechen sei. Die vom Bewertungsausschuss getroffene Neuregelung, die Aufhebung der Notfallziffern sowie deren Neuordnung auch für die Vergangenheit, verstoße gegen das Rückwirkungsverbot. Im Urteil vom 17.2.2016, das im Übrigen auf das Urteil vom 20.1.1999, B 6 KA 9/98 R verweise, habe das BSG nochmals ausdrücklich klargestellt, dass für die Vergangenheit die Ungleichbehandlung nur dadurch ausgeräumt werden könne, indem die ausgeschlossenen Vertragsärzte bzw. wie hier Kliniken nachträglich in die beanstandeten Regelungen einbezogen würden. Denn das BSG habe lediglich bei der Frage, in welcher Art dies geschehe, dem Bewertungsausschuss einen Gestaltungsspielraum eingeräumt, zum Beispiel hinsichtlich der Erstreckung auf noch nicht bestandskräftige Fälle. Nur für die Zukunft bestehe für den Normgeber der Gestaltungsspielraum im selben Umfang, wie er ihm im Allgemeinen bei der Normsetzung eingeräumt sei. In Umsetzung des Urteils vom 17.2.2016 habe im Übrigen der Bewertungsausschuss bereits mit Beschluss vom 21.9.2016 rückwirkend zum 1.4.2005 die psychologischen Psychotherapeuten in die beanstandete Regelung der zusätzlichen Vergütung einer Samstagssprechstunde nach der GOP 01102 mit einbezogen, wobei die rückwirkende Änderung des EBM nur auf nicht bestandskräftige Honorarbescheide anzuwenden sei. Im Gegensatz hierzu habe sich der Bewertungsausschuss zur Umsetzung des Urteils vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R) über zwei Jahre Zeit gelassen, währenddessen sich die rechtswidrige Ungleichbehandlung gegenüber den Krankenhäusern fortgesetzt habe.

Zur Absetzung der Ziffer 22230 neben der Ziffer 01210 äußerte sich die Klägerin im Schriftsatz vom 10.2.2016. Die Entscheidung des BayLSG vom 12.11.2014 zum Ausschluss der Abrechenbarkeit der GOP 27311 EBM-Ä neben der GOP 01210 EBM-Ä vermöge nicht zu überzeugen. Das LSG berücksichtige bei seiner Entscheidung nicht, dass sich die Nebeneinanderabrechenbarkeit der beiden Ziffern bereits ausdrücklich aus der Präambel zum Kapitel 27 ergäbe und damit ausdrücklich positiv normiert sei. Die Systematik des EBM belege, dass mit der Erwähnung der Abrechenbarkeit („sofern sie nicht als Gebührenordnungspositionen im EBM verzeichnet sind“) in der Präambel zum Anhang 1 eine Abrechnung der GOP dann möglich sei, wenn sie - wie hier - als eigenständige Gebührenordnungsposition im EBM aufgeführt ist. Werde in einem Kapitel des EBM eine Leistung als abrechnungsfähig aufgeführt, obwohl sie im Anhang 1 stehe, könne sie von den Ärzten, die berechtigt seien, die Leistungen dieses Kapitels abzurechnen, zusätzlich abgerechnet werden, da sie dann - da eigenständig aufgeführt - nicht Bestandteil der dem Kapitel zugeordneten Pauschale sei. Diese Ausführungen würden auch für die hier streitgegenständliche GOP 22230 gelten.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag,

die Urteile des Sozialgerichts München vom 10.3.2015 (S 43 KA 1124/14, 1125/14 und 1126/14) sowie die Bescheide vom 9.10.2008, 10.3.2009 und 21.4.2009, jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 25.11.2015, aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über die Vergütung der von der Klägerin in den Quartalen 2 bis 4/08 erbrachten ambulanten Notfallbehandlungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden sowie die GOP 22230 nachzuvergüten, soweit diese abgesetzt wurde.

Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten stellt den Antrag,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sie mit den Widerspruchsbescheiden vom 25.11.2015 die infolge der BSG-Entscheidung vom 12.12.2012 (B 6 KA 3/12 R) ergangenen Beschlüsse des Bewertungsausschusses (341., 344., 354. Sitzung) umgesetzt habe. Der Bewertungsausschuss habe mit seinen Neuregelungen zuvörderst zu berücksichtigen, dass die abstrakt-generellen (Neu-)Normierungen des EBM nicht zu einer (nicht gerechtfertigten) Benachteiligung der Krankenhausambulanzen führten. Für die Konzeption der Zusatzpauschalen für die Besuchsbereitschaft habe nach Auffassung des BSG kein sachlicher Grund bestanden. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund seien die Zusatzpauschalen ersatzlos gestrichen worden und der freigewordene Leistungsbedarf in den neu konzipierten GOP 01210 und 01212 EBM aufgegangen. Da die Krankenkassen etwaige Nachzahlungen abgelehnt hätten, habe der Bewertungsausschuss zutreffend eine punktsummenneutrale Umstrukturierung gewählt. Diesen Weg habe das BSG in seiner Entscheidung vom 12.12.2012 ausdrücklich offen gelassen.

Die beigeladene Kassenärztliche Bundesvereinigung sieht in der Neuregelung weder einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG scheide bereits deshalb aus, weil die durch den Bewertungsausschuss in seiner 341., 344. und 354. Sitzung getroffenen Beschlüsse die festgelegten Vergütungstatbestände für die ambulanten Notfallbehandlungen nicht zwischen Krankenhäusern und Vertragsärzten differenzierten. Die Klägerin werde durch die Beschlüsse des Bewertungsausschusses in Bezug auf die Vergangenheit nicht schlechter gestellt. Die Verletzung eigener Rechte scheide so auch im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot aus. Zudem verweist die KBV auf die begrenzte Honorarvergütung, wobei Honorarerhöhungen einzelner Arztgruppen für die Vergangenheit zwangsläufig zu Honorareinbußen anderer Arztgruppen führten. Dem Normgeber stünden bei der Neuregelung mehrere gleichermaßen verfassungsrechtlich zulässige Lösungen zur Bereinigung einer gleichheitswidrigen Rechtslage offen.

Der zu 2. beigeladene GKV Spitzenverband ist ebenfalls der Auffassung, dass die Klägerin gegen die Beklagte lediglich einen Anspruch auf Neuverbescheidung unter Anwendung der vom Bewertungsausschuss rückwirkend zum 1.1.2008 getroffenen Neuregelungen habe, dem sie zwischenzeitlich auch durch die Widerspruchsbescheide vom 25.11.2015 nachgekommen sei. Eine Rechtsgrundlage für eine weitergehende Vergütung sei nicht ersichtlich. Der Normgeber habe bei der rückwirkenden Neuregelung auch den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Das Bundessozialgericht habe in seinem Urteil vom 12.12.2012 gerade nicht vorgegeben, dass die Krankenhäuser für die Vergangenheit nach den beanstandeten Gebührenordnungspositionen zu vergüten seien. Auch der GKV-Spitzenverband wies auf die finanziellen Auswirkungen der rückwirkenden Neuregelung im Hinblick auf die Gesamtvergütung und die fehlende Nachschusspflicht der Krankenkassen hin. Hinzu komme, dass das Bundessozialgericht die streitgegenständlichen Leistungen auch inhaltlich bemängelt habe.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des Sozialgerichts. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Gründe

Die nach §§ 143, 144 Abs. 3, 151 SGG statthaften und zulässigen Berufungen sind nicht begründet, da die Klägerin keine über die mit Bescheiden vom 25.11.2015 zugestandenen Vergütungen beanspruchen kann.

1. Streitgegenständlich sind die Richtigstellungsbescheide vom 9.10.2008, 10.3.2009 und 21.4.2009 in Gestalt der (Widerspruchs) bescheide vom 25.11.2015. Ein während des Klageverfahrens ergehender zweiter Widerspruchsbescheid in derselben Angelegenheit wird gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens. Ein neuer Verwaltungsakt wird nach § 96 Abs. 1 SGG nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt. Die Widerspruchsbescheide vom 25.11.2015 ergingen nach den Widerspruchsbescheiden vom 29.6.2011. Mit den Widerspruchsbescheiden vom 25.11.2015 werden die Widerspruchsbescheide vom 29.6.2011 unter Ziffer I. zurückgenommen und damit die Widerspruchsbescheide vom 29.6.2011 auch im Sinne des § 96 Abs. 1 SGG ersetzt. Neuer Verwaltungsakt im Sinne des § 96 SGG kann auch ein Widerspruchsbescheid sein. Es erscheint angemessen, § 96 SGG jedenfalls entsprechend anzuwenden, wenn ein Widerspruch während eines anhängigen Klage- oder Berufungsverfahrens erneut beschieden wird. Hierdurch wird der Rechtsschutzes Klägers nicht aus Gründen so genannter Prozessökonomie in verfassungswidriger Weise (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) eingeschränkt (vgl. BSG, Urteil vom 14.12.1994, Az. 4 RLw 4/96). Allerdings war die Beklagte nicht befugt, nach Erlass der ursprünglichen Widerspruchsbescheide zweite Widerspruchsbescheide während des Gerichtsverfahrens zu erlassen. Das Widerspruchsverfahren als notwendige Prozessvoraussetzung war nämlich mit Erlass der Widerspruchsbescheide vom 29.6.2011 abgeschlossen. Damit endeten prozessrechtlich Zuständigkeit und Kompetenz der Widerspruchstelle; sie durfte nach Erlass des Widerspruchsbescheides nicht mehr tätig werden, weil ein Widerspruch, über den sie hätte befinden müssen, nicht mehr anhängig war (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 85 Rdnr. 7b). Allerdings war die Beklagte jedenfalls für den Erlass der Rücknahmebescheide nach §§ 44, 48 SGB X zuständig, so dass sie zwar keinen Widerspruchsbescheid, jedoch einen Rücknahmebescheid hätte erlassen dürfen. Damit liegt im Erlass der als Widerspruchsbescheid bezeichneten Bescheide vom 25.11.2015 allenfalls ein Verstoß gegen die Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Beklagten vor, was jedoch nicht zu einer Rechtswidrigkeit des (Widerspruchs) Bescheides führt.

2. Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf die von ihr begehrte höhere Vergütung der Notfallpauschalen, da eine entsprechende Rechtsgrundlage hierfür nicht besteht.

Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen für die Abrechnung der Zusatzpauschalen nach den GOP 01211 ff. EBM-Ä in der ursprünglichen, ab dem 1.1.2008 des geltenden Fassung schon deshalb nicht, weil die Beklagte bei ihr nicht die „Besuchsbereitschaft“ festgestellt hat und eine Feststellung auch aus Rechtsgründen ausgeschlossen war. Zudem hat der Bewertungsausschuss diese GOP rückwirkend zum 1.1.2008 aufgehoben. Das SG hat hierzu zutreffend festgestellt, dass die Honorarbescheide vom 9.10.2008, 10.3.2009 und 21.4.2009 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 26.9.2011 insoweit rechtswidrig waren, als die Beklagte die Vergütung der Klägerin auf Grundlage der Gebührenordnungspositionen 01211, 01215, 01217 und 01219 EBM auf der Grundlage der damals geltenden Fassung berechnet und deren Vergütung abgelehnt hatte. Denn diese Ziffern für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Notfalldienst waren rechtswidrig, weil sie die Krankenhausambulanzen von den Zusatzpauschalen in Notfällen ohne sachlichen Grund ausgenommen haben und damit mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar waren. Dies hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 12.12.2012, Az. B 6 KA 3/12 R, mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, ausgeführt.

Die Klägerin hat lediglich Anspruch auf die Vergütung nach den Regelungen, die der Bewertungsausschuss in seiner 341., 344. und 354. Sitzung getroffen hat. Die entsprechende Vergütung wurde der Klägerin bereits mit dem Quartal 2/15 nachvergütet.

Diese rückwirkend zum 1.1.2008 getroffene Neuregelung betreffend die Gebührenordnungspositionen für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(-fall) dienst ist nicht zu beanstanden. Denn mit ihr hat der Bewertungsausschuss die Ungleichbehandlung und damit den Gleichbehandlungsverstoß durch die ursprüngliche Regelung durch eine rechtmäßige Regelung behoben. Zutreffend hat der Bewertungsausschuss die Neuregelung auch für die Vergangenheit und damit auch für den hier maßgeblichen Zeitraum getroffen. Das Bundessozialgericht hat mit vorgenanntem Urteil vom 12.12.2012 ohne einschränkende Vorgaben eine gesetzeskonforme Neuregelung der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen verlangt. Daher ist die vom Bewertungsausschuss getroffene Neuregelung rückwirkend zum 1.1.2008 im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem daraus folgenden Anspruch auf gleiche Vergütung zu prüfen.

Nach der vom BSG beanstandeten Regelung war in Abschnitt 1.2 EBM a.F. ab dem 1.1.2008 die GOP 01210 für die ambulante Notfallbehandlung mit 405 Punkten bewertet. Zur GOP 01210 existiert eine Zusatzpauschale nach der GOP 01211, die mit 255 Punkten bewertet war. Entsprechendes galt für die Notfallkonsultationspauschalen (GOP 01214, 01216 und 01218) mit den entsprechenden Zusatzpauschalen (GOP 01215, 01217 und 01219). Die Abrechnung der Zusatzpauschalen setzte die Vorhaltung der ständigen ärztlichen Besuchsbereitschaft für die aufsuchende Tätigkeit im Notdienst voraus. Eine solche Feststellung ist im Hinblick auf Krankenhäuser nicht möglich, da die Durchführung von Hausbesuchen auch in Notfällen nicht zu den Aufgaben der Krankenhäuser gehörte (vergleiche BSG, Urteil vom 12.12.2012, Juris, Rdnr. 17 ff). Daraus folgte, dass Vertragsärzte für die ambulante Notfallbehandlung die GOP 01210 und 01211 mit insgesamt 660 Punkten abrechnen konnten, Krankenhäuser jedoch nur die GOP 01210 mit 405 Punkten. Der Bewertungsausschuss hat aufgrund dieses Urteils Beschlüsse zur Neuregelung rückwirkend ab dem 1.1.2018 gefasst. In den Beschlüssen des Bewertungsausschusses in seiner 341. Sitzung am 17.12.2014 und in seiner 344. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) wurde unter anderem festgelegt, dass die GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 in Abschnitt 1.2 gestrichen wurden. Zudem wurde die GOP 01210 geändert und die GOP 01212 neu in den Abschnitt 1.2 EBM aufgenommen. Die GOP 01210 und die GOP 01212 sind Notfallpauschalen im organisierten Not(-fall) dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser, wobei die GOP 01210 bei Inanspruchnahme zwischen 7:00 Uhr und 19:00 Uhr (außer an Samstagen, Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen und am 24.12. und 31.12.) und die GOP 01212 bei Inanspruchnahme zwischen 19:00 Uhr und 7:00 Uhr des Folgetages und ganztägig an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen und am 24.12. und 31.12. anzusetzen ist. Die Berechnung der GOP 01210 und 01212 setzt die Angabe der Uhrzeit der Inanspruchnahme voraus.

Diese Beschlüsse wurden vom Bundesministerium für Gesundheit mit Schreiben vom 26.2.2015 beanstandet, soweit sie für die Vergangenheit galten. Die nachträglich geforderte Angabe von Uhrzeiten stelle eine Benachteiligung der Krankenhäuser dar, da die nachträgliche Angabe der Uhrzeit nicht flächendeckend für die betroffenen Krankenhäuser möglich sei. Soweit Krankenhäuser die Voraussetzungen für die Abrechnung der höhere Nachtpauschale nicht durch die Angabe der Uhrzeit nachweisen können, könnten sie nur die im Vergleich zur bisherigen Notfallpauschale geringere Tagespauschale abrechnen, so dass die Neuregelung eine rückwirkende Belastung darstellen würde. Aufgrund der Beanstandung durch das BMG hat der Bewertungsausschuss in seiner 354. Sitzung eine Anpassung bzw. Ergänzung der Beschlüsse aus der 341. und 344. Sitzung rückwirkend zum 1.1.2008 beschlossen. So wurde eine Nr. 6 in die Bestimmungen zum Abschnitt 1.2 EBM aufgenommen:

"Sofern im Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.3.2015 nicht für alle Behandlungsfälle des Quartals die Angabe der Uhrzeit der Inanspruchnahmen gemäß Nr. 5 im organisierten Not(-fall) dienst oder von nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten, Instituten und Krankenhäusern bei Inanspruchnahmen in diesem Quartal gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung erfolgt ist bzw. nachgewiesen werden kann, wird abweichend von Nummer 2 für alle Behandlungsfälle in diesem Quartal die erste Inanspruchnahme im Notfall oder im organisierten Not(-fall) dienst wie folgt bewertet:

1.1.2008 bis 31.12.2008: 430 Punkte,

1.1. 2009 bis 30.9.2013: 475 Punkte,

1.1.2013 bis 31.3.2015: 168 Punkte."

Diese Regelung beruhte auf der Überlegung, dass etwa 40% der Notfallbehandlungen in der Zeit gemäß GOP 01210 und etwa 60% der Notfallbehandlungen in der Zeit gemäß GOP 01212 in Anspruch genommen werden.

Die mit den Beschlüssen des Bewertungsausschusses in der 341., 344. und 354. Sitzung beschlossenen Neuregelungen rückwirkend zum 1.1.2008 haben die vom BSG beanstandete Ungleichbehandlung der Krankenhäuser im Vergleich zu den Vertragsärzten beseitigt und auch keine anderweitige, einseitige Benachteiligung der Krankenhäuser begründet.

Die Vergütung der Pauschalen für die Versorgung im Notfall oder organisierten Not(-fall)-dienst ist für Vertragsärzte und nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäusern in den neu gefassten GOP 01210 und 01212 einheitlich festgelegt. Weder in der Beschreibung des Leistungsinhalts noch in der Bewertung der Leistung ist eine Differenzierung zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern erkennbar. Die Vergütung für die Besuchsbereitschaft, die allen Vertragsärzten, nicht aber den Krankenhäusern zustand, ist gestrichen worden. Stattdessen existiert nun eine eigene Gebührenordnungsposition für den Besuch im organisierten Notfalldienst bzw. im Rahmen der Notfallversorgung durch nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser.

Der Bewertungsausschuss war auch berechtigt, eine entsprechende Neuregelung zu treffen. Dem Bewertungsausschuss kommt bei jeder Regelung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Diesen Gestaltungsspielraum hat er mit den getroffenen Regelungen nicht überschritten. Die gerichtliche Überprüfung vom Beschlüssen des Bewertungsausschusses ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG im Wesentlichen darauf beschränkt, ob der Ausschuss den ihm zustehenden Entscheidungsspielraum überschritten oder seine Bewertungskompetenz missbräuchlich ausgenutzt hat (vergleiche BSG, Urteil vom 9.12.2004, B 6 KA 44/03 R). Allein der Aspekt, dass andere - möglicherweise für die Klägerin bessere - Lösungen denkbar sind, kann die Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Bewertungsausschusses nicht begründen. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das BSG in seinem Urteil vom 12.12.2012 den Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses auch nicht dahingehend eingeschränkt, dass die allein rechtmäßige Lösung eine gleiche Vergütung der Klägerin für die Vergangenheit in Höhe der als rechtswidrig beanstandeten Regelungen gewesen wäre. Die vorgenannten Beschlüsse des Bewertungsausschusses sehen für die Vergangenheit eine Gleichbehandlung von Vertragsärzten und Krankenhäusern vor. Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Regelung für die Vergangenheit im Hinblick auf eine nachträgliche Angabe der Zeit der Inanspruchnahme hat der Bewertungsausschuss in seiner 354. Sitzung mit der Aufnahme einer zusätzlichen Regelung Rechnung getragen. Auf eine den Bewertungen der gestrichenen Gebührenordnungspositionen entsprechende Vergütung hat die Klägerin keinen Anspruch. In seinem Urteil vom 12.12.2012, hat das BSG (Juris, Rdnr. 42) ausdrücklich ausgeführt, dass die von ihm beanstandeten Verstöße des EBM 2008 gegen höherrangiges Recht bei der Vergütung ambulanter Notfallbehandlungen im Krankenhäusern nicht automatisch dazu führen, dass die Beklagte die vorgenommenen Richtigstellungen aufzuheben und den Honoraranforderung der Klägerin in vollem Umfang nachzukommen hätte. Vielmehr sei sie grundsätzlich an die Bestimmungen des EBM-Ä gebunden. Daher sei zunächst dem Bewertungsausschuss als Normgeber des EBM Gelegenheit zu einer gesetzeskonformen Neuregelung zu geben. Dem Bewertungsausschuss stand es daher frei, die Vergütung für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(-Fall) Dienst ab 1.1.2008 einheitlich neu zu ordnen, dabei die Besuchsbereitschaftspauschalen der (ehemaligen) GOP 01211, 01215, 01217 und 01219 vollständig zu streichen und das so „freiwerdende“ Vergütungsvolumen für eine Höherbewertung der Behandlungspauschalen der GOP 01210, 01212, 01214, 01216 und 01218 (sowie des Besuchs im Rahmen der Notfallversorgung mit Einführung der GOP 01418 - hier nicht streitig -) zu verteilen. In Umsetzung dieser Vorgaben hat der Bewertungsausschuss die nunmehr geltende Regelung getroffen und damit eine Gleichbehandlung von Vertragsärzten und Krankenhausambulanzen auch für die Vergangenheit herbeigeführt. Eine Ungleichbehandlung beider Gruppen besteht daher nach der Neuregelung nicht mehr.

Der Klägerin ist zwar insofern zuzustimmen, als dass es für die Vergangenheit eine Diskrepanz geben kann zwischen der Vergütung ambulanter Notdienstfälle, die von Vertragsärzten erbracht worden sind (und deren Honorarbescheid bestandskräftig ist) und der Vergütung von Notfallambulanzen, deren Honorarbescheide wie die der Klägerin nicht bestandskräftig geworden sind. Sie verkennt jedoch, dass die Bewertungsrelation mit der nun vorliegenden Beschlusstrias für beide identisch ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zwingt nicht dazu, die Vergütung der Krankenhäuser in einer Gesamtbetrachtung der für die Notfallbehandlung abrechenbaren Gebührenordnungspositionen rückwirkend auf die Höhe der den Vertragsärzten bereits ausgezahlten Vergütung anzuheben. Im Falle der Nichtigerklärung von Gesetzen durch das Bundesverfassungsgericht nach §§ 78, 82 Abs. 1, 95 Abs. 3 BVerfGG sieht § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG vor, dass nicht mehr anfechtbare Entscheidungen, die auf der für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben.

Gleiches gilt, wenn eine Regelung für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt wurde (BVerfG, Entscheidung vom 21.5.1974, Az. 1 BvL 22/71 und 21/72, Rdnr. 131 und BVerfG, Beschluss vom 22.3.1990, Az. 2 BvL 1/86, Orientierungssatz 5). Eine rückwirkende Neuregelung ist dann nur auf die noch nicht bestands- bzw. rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren anzuwenden. Diese unterschiedliche Behandlung ist durch das Bedürfnis nach Rechtssicherheit gerechtfertigt und unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG, Entscheidung vom 12.12.1957, Az. 1 BvR 678/57 = BVerfGE 7, 194-198, Rdnr. 6, darauf aufbauend unter anderem BFH, Urteil vom 11.2.1994, Az. III R 50/92, Leitsatz 1 und Rdnr. 26f.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 8.10.19980, Az. 1 BvL 122/78, 1 BvL 61/79 und 1 BvL 21/77, Rdnr. 40 sowie Beschluss vom 24.5.2000. Az. 1 BvL 1/98, 1 BvL 4/98, 1 BvL 15/99, Orientierungssatz 4c). Das Prinzip der Rechtssicherheit ist ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips, aus dem die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit rechtskräftiger Entscheidungen und sonstiger in Rechtskraft erwachsener Akte der öffentliche Gewalt folgt (BVerfG, Beschluss vom 14.3.1963, Az. 1 BvL 28/62 = BVerfGE 15, 313-327, Leitsatz 1 und Rdnr. 19). Tritt das Prinzip der Rechtssicherheit mit dem Gebot der Gerechtigkeit im Einzelfall in Widerstreit, ist es Sache des Normgebers, das Gewicht, das ihnen in dem zu regelnden Fall zukommt, abzuwägen und zu entscheiden, welchem der beiden Prinzipien der Vorzug gegeben werden soll. Gegen diese Entscheidung des Normgebers kann im Allgemeinen der Vorwurf der Willkür nicht erhoben werden, da beide Prinzipien gleichrangig zu beachten sind.

Diese für die Nichtigkeit von Gesetzen bzw. für den Fall der Unvereinbarkeit eines Gesetzes mit dem Grundgesetz geltenden Grundsätze gelten ebenso, wenn sich Bestimmungen untergesetzlicher Rechtsnormen, wie einzelne Regelungen des Bewertungsmaßstabes, als unvereinbar mit dem Grundgesetz erweisen. Die Beklagte ist aufgrund der entsprechenden Geltung des § 79 Abs. 2 S. 1 BVerfGG jedenfalls für die hier betroffenen Quartale 2 - 4/2008 an einer Honorarkorrektur bei den Vertragsärzten im Hinblick auf die Neuregelung der Abschnitte 1.2 und 1.4 EBM gehindert (vgl. hierzu ausführlich Clemens in juris PK-SGB V, § 106a). Aus der oben dargestellten Rechtsprechung ergibt sich, dass Art. 3 Abs. 1 GG den Bewertungsausschuss bei der Neuregelung der Vergütung für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(-fall) dienst nicht daran hinderte, diese rückwirkend zum 1.1.2008 vollständig neu zu regeln, ohne dabei den Vergütungsanspruch der Krankenhäuser auf das Niveau der Vertragsärzte nach der gleichheitswidrigen Regelung des Abschnitts 1.2 EBM a.F. anzuheben. Auch unter dem Gesichtspunkt des strukturellen Vollzugsdefizits ergibt sich weder ein Nachzahlungsanspruch in Höhe des den Vertragsärzten zugeflossenen Honorars noch das Erfordernis einer nochmaligen Neuregelung durch den Bewertungsausschuss (vgl. Clemens in juris-PK SGB V zu § 106a, Rdnr. 99). Eine solche wäre denkbar gewesen, wenn der Bewertungsausschuss die Vergütungstatbestände für den Bereitschaftsdienst z.B. für die Vergangenheit gänzlich gestrichen hätte. Mit der erfolgten Neuregelung in den Beschlüssen aus der 341., 344. und 354. Sitzung hat der Bewertungsausschuss jedoch gerade noch eine vom Gestaltungsspielraum umfasste Neuregelung getroffen, da sie den Krankenhäusern zumindest ein nicht unerhebliches Mehr gegenüber der Altregelung gewährt. Die tatsächlich ungleiche Vergütung von Krankenhäusern und Vertragsärzten für die Versorgung im Notfall und im organisierten ärztlichen Not(-fall) dienst ist daher aufgrund des Prinzips der Rechtssicherheit sachlich gerechtfertigt.

Es liegt auch kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot vor, da hier schon keine rückwirkende Änderung zulasten der Klägerin vorgenommen wurde. Nachdem die Klägerin nach den (rechtswidrigen) vormaligen Regelungen des EBM alter Fassung schon keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen gehabt hätte, sieht die Neuregelung nunmehr einen Leistungsanspruch für die Klägerin vor. Der Hinweis auf die Entscheidung des SG Hamburg aus seiner Entscheidung vom 26.10.2011, S 27 KA 132/08 geht daher fehl.

Die Klägerin kann auch nicht aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 17.9.2008, B 6 KA 46/07 beanspruchen, für die Vergangenheit wie die Vertragsärzte gestellt zu werden, die nach den aufgehobenen Ziffern vergütet werden. Denn in dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts ging es um die unterschiedliche Vergütung vergleichbarer ambulanter Notfallbehandlungen durch Vertragsärzte und Krankenhausambulanzen. Im Gegensatz dazu hat jedoch vorliegend die Klägerin schon die „Leistungsinhalte“ der beanstandeten Ziffern nicht erfüllt. Denn das BSG hat die Ziffern 01210 ff. a.F. auch inhaltlich beanstandet, indem Leistungsinhalt der strittigen Zusatzpauschalen die „aktive“ Besuchsbereitschaft gewesen ist, d.h. sich Ärzte bereithalten, um im Bedarfsfall Patienten zuhause aufsuchen zu können. Das subjektive Moment des Vorhaltens seiner Bereitschaft bzw. Motivation zur Teilnahme am Notdienst stelle schon deswegen keine „Leistung“ eines Vertragsarztes dar, weil er zu dieser Teilnahme ohnehin verpflichtet sei; dies folge aus seinem Zulassungsstatus. Das BSG hat in dem Urteil vom 12.12.2012 ausführlich dargestellt, dass die Ungleichbehandlung gegenüber Krankenhausambulanzen bereits im Leistungsinhalt der strittigen Zusatzpauschale angelegt sei und damit letztlich eine weiterhin höhere Vergütung der im ärztlichen Notfalldienst erbrachten Leistungen der Vertragsärzte beabsichtigt sei. Dies hat das BSG für rechtswidrig erachtet.

Nicht gefolgt wird auch dem Argument des Klägerbevollmächtigten, den Urteilen des BSG vom 17.2.2016 und 20.1.1999 sei unmissverständlich zu entnehmen, dass der Bewertungsausschuss für die Vergangenheit nur eine Regelung habe treffen dürfen, nach der die Krankenhäuser für die Vergangenheit gleich den Vertragsärzten nach der Altregelung vergütet würden. Ein solcher Rechtssatz ist diesen Urteilen gerade nicht zu entnehmen. Im Urteil vom 17.2.2016 hebt das BSG nochmals hervor, dass dem Bewertungsausschuss für die Neuregelung die für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsfreiheit zur Verfügung steht, solange dies unter strikter Beachtung des Gleichbehandlungsgebotes geschehe. Dass diese Vorgabe nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Vergangenheit gilt, ergibt sich daraus, dass das BSG ausdrücklich ausgeführt hat, dem Normgeber müsse die Möglichkeit gegeben werden, eine verfassungsmäßige Regelung zu schaffen, bevor die Verwaltung erneut durch Verwaltungsakt entscheidet. Eines Hinweises auf die Neuentscheidung hätte es nicht bedurft, wenn der Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses sich nur auf die zukünftige Regelung beziehen würde. Lediglich für den Fall, dass bis Ende des Quartals 2/17 keine Neuregelung getroffen würde, hat das BSG der Beklagten aufgegeben, die psychologischen Psychotherapeuten gleich den ärztlichen Psychotherapeuten im streitgegenständlichen Quartal 1/08 zu vergüten. Diese zeitliche Vorgabe kann auch als Reaktion auf die lange Umsetzungsfrist der hier streitigen GOP verstanden werden.

Soweit im Urteil vom 20.1.1999 auf das Rückwirkungsverbot bei Regelungen des EBM-Ä (Urteil vom 17.9.1999, 6 R KA 36/97 zur rückwirkenden Budgetierung von Gesprächsleistungen) verwiesen wird und hieraus geschlossen wird, dass nur die nachträgliche Einbeziehung der orthopädischen Rheumatologen in die streitgegenständliche Regelung verfassungskonform wäre, ist der vorliegende Sachverhalt nicht mit dem dort entschiedenen zu vergleichen. Denn die Klägerin erfüllt im Gegensatz zur Entscheidung vom 20.1.1999 schon nicht die Tatbestandsvoraussetzungen der hier als verfassungswidrig eingestuften Notfallpauschale alter Fassung, da bei ihr - zutreffend - keine Rufbereitschaft festgestellt wurde. In einem solchen Fall bleibt es dem Bewertungsausschuss auch für die Vergangenheit unbenommen, eine Neuregelung zu treffen, die den Vorgaben des Bundessozialgerichts in Bezug auf die Verfassungsmäßigkeit der Regelung entspricht, ohne zwingend ein Vergütungsniveau auf der Basis der Altregelung vorzusehen.

Die Umsetzung der Neuregelung des Abschnitts 1.2 EBM durch die Beklagte mit dem (Widerspruchs-)bescheiden vom 25.11.2015 ist daher nicht rechtswidrig. Die Klägerin hat gegen die Neuberechnung des Honorars keine über die ungerechtfertigte Ungleichbehandlung hinausgehenden Einwände erhoben. Anhaltspunkte dafür, dass die von der Beklagten vorgenommene Neuberechnung des Honorars für die streitgegenständlichen Quartale nicht in Einklang mit den neu geschaffenen Regelungen der GOP 01210 ff. EBM n.F. stehen könnte, sind nicht ersichtlich.

3. Soweit die Klägerin die Absetzung der GOP 22230 neben der GOP 01210, 01214, 01216 und 01218 EBM rügt, dringt sie auch mit diesem Begehren nicht durch. Nach den allgemeinen Bestimmungen zu Kapitel A I.2.1.3 Abs. 2 EBM ist eine Gebührenordnungsposition nicht berechnungsfähig, wenn deren obligate und - sofern vorhanden - fakultative Leistungsinhalte vollständig Bestandteil einer anderen berechneten Gebührenordnungsposition sind. Sämtliche Abrechnungsbestimmungen und Ausschlüsse sind zu berücksichtigen.

Die GOP 22230 war neben den GOP 01210 ff. abzusetzen, da nach der Leistungslegende die im Anhang 1, Spalte GP, aufgeführten Leistungen zum fakultativen Leistungsinhalt der GOP 01210 gehören und damit nicht gesondert abgerechnet werden können.

Die GOP 22230 beinhaltet die klinisch-neurologische Basisdiagnostik.

Die Leistungslegende der GOP 01210 (alte und neue Fassung) in den streitgegenständlichen Quartalen lautet:

"Obligater Leistungsinhalt

– persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt im organisierten Not(-Fall) Dienst und für nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, Institute und Krankenhäuser, Fakultativer Leistungsinhalt

– in Anhang 1, Spalte GP, aufgeführte Leistungen,

– funktioneller Ganzkörperstatus (27310)."

In der Anlage 1, Verzeichnis der nicht gesondert berechnungsfähigen Leistungen, Spalte GP, ist die „klinisch-neurologische Basisdiagnostik“ aufgeführt und als möglicher Bestandteil der Grundpauschale bezeichnet. Da die Leistungslegende der GOP 22230 „Klinisch-neurologische Basisdiagnostik“ lautet, ist der Ansatz dieser GOP bereits durch die Regelung im EBM (fakultativer Leistungsinhalt der GOP 01210) ausgeschlossen. Es liegt durch die Verweisung bei der GOP 01210 EBM auf „in Anhang 1 Spalte GP, aufgeführte Leistungen“ ein ausdrücklicher Ausschluss der gesonderten Abrechenbarkeit vor, der entgegen der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten der Vorbemerkung zum Anhang 1 als speziellere Regelung vorgeht. Dies ergibt sich systematisch daraus, dass in der Verweisung nicht pauschal auf den Anhang 1 und damit auch auf die Vorbemerkung verwiesen wird, sondern nur auf die Spalte GP. Die Präambel zu Anhang 1.1 gilt somit hier nicht.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO und entspricht dem Anteil des Unterliegens- und Obsiegens in der Berufungsinstanz unter Berücksichtigung der Nachzahlung aus der Neuregelung.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. November 2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, über die Vergütun
published on 12/12/2012 00:00

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 2. November 2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, über die Vergütung der von der Klägerin im Quartal
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published on 05/04/2017 00:00

Tenor I. Die Berufungen der Klägerin werden zurückgewiesen. II. Die Klägerin hat auch die Kosten der Berufungsverfahren zu tragen. III. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand Zwischen den Bete
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Annotations

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Kommt das Bundesverfassungsgericht zu der Überzeugung, daß Bundesrecht mit dem Grundgesetz oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht unvereinbar ist, so erklärt es das Gesetz für nichtig. Sind weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes aus denselben Gründen mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar, so kann sie das Bundesverfassungsgericht gleichfalls für nichtig erklären.

(1) Die Vorschriften der §§ 77 bis 79 gelten entsprechend.

(2) Die in § 77 genannten Verfassungsorgane können in jeder Lage des Verfahrens beitreten.

(3) Das Bundesverfassungsgericht gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äußerung; es lädt sie zur mündlichen Verhandlung und erteilt den anwesenden Prozeßbevollmächtigten das Wort.

(4) Das Bundesverfassungsgericht kann oberste Gerichtshöfe des Bundes oder oberste Landesgerichte um die Mitteilung ersuchen, wie und auf Grund welcher Erwägungen sie das Grundgesetz in der streitigen Frage bisher ausgelegt haben, ob und wie sie die in ihrer Gültigkeit streitige Rechtsvorschrift in ihrer Rechtsprechung angewandt haben und welche damit zusammenhängenden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen. Es kann sie ferner ersuchen, ihre Erwägungen zu einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen. Das Bundesverfassungsgericht gibt den Äußerungsberechtigten Kenntnis von der Stellungnahme.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.