Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 12. Nov. 2014 - L 12 KA 17/12

published on 12/11/2014 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 12. Nov. 2014 - L 12 KA 17/12
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Principles

no content added to this principle

Tenor

I.

Die Berufungen der Klägerin gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 11.01.2012 werden zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsverfahren einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2).

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen Arzneiregresse bei den Einzelverordnungen wegen der Verordnung von Immunglobulinen in den Quartalen 4/00, 1/01 und 2/01.

I.

Die Beigeladene zu 2) in den früheren Verfahren L 12 KA 17/12, L 12 KA 29/12, L 12 KA 45/12 hat mit Schreiben vom 21.03.2002 Antrag auf Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise in Einzelfällen im Quartal 2/01 u. a. wegen der Verordnung von Octagam gestellt. Hierzu hat sich die Prozessbevollmächtigte am 24.05.2002 geäußert. Die Praxisbesonderheit einer HIV-Schwerpunktpraxis führe naturgemäß zu überdurchschnittlichen Arzneikosten. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf die unter dem Durchschnitt liegenden Krankenhauseinweisungen hinzuweisen. Hinsichtlich der Verordnung von Immunglobulinen in der HIV-Versorgung sei darauf hinzuweisen, dass diese sich nicht gegen die Empfehlungen der DAGNÄ e. V. richten würden. Diese Empfehlungen würden sich gerade auf jene Fälle beziehen, in denen die Verordnung trotz und in Ergänzung zur hoch aktiven antiretroviralen Kombinationstherapie aus medizinischer Sicht notwendig sei. Die Vertragsärzte hätten die Verordnung von Immunglobulinen lediglich in den Fällen vorgenommen, bei denen zum einen eine stark fortgeschrittene Krankheitsphase der HIV-Erkrankung erreicht gewesen sei, zum anderen hätten diese Patienten an rezidivierenden bakteriellen oder viralen Infekten, die trotz medikamentöser Behandlung, zum Beispiel mit Antibiotika, immer wieder auftreten würden, gelitten. Grund dafür sei die Tatsache, dass mit der hoch aktiven antiretroviralen Kombinationstherapie der erworbene Immundefekt nicht beseitigt werde. Durch diese Therapie werde lediglich die Ausbreitung des HI-Virus im menschlichen Körper eingedämmt bzw. verzögert. Vernichtet werde das Virus nicht. Gleichwohl zeigten einige Patienten, bei denen die hoch aktive antiretrovirale Kombinationstherapie nicht zum begehrten Therapieziel führe, dass in diesen Fällen die Ergänzung der Therapie mit Immunglobulinen indiziert sei. Zweifelsfrei handle es sich bei der HIV-Infektion um eine sekundäre Immundefektkrankheit. Die Existenz dieser Erkrankung werde in den Leitlinien verschwiegen. Damit würden diese keine abschließende Regelung enthalten und ihre Heranziehung erscheine im Hinblick auf die bestehende Problematik wenig hilfreich. Hinsichtlich der einzelnen Patienten sei darauf hinzuweisen, dass die Patientin A.G. das Stadium AIDS der HIV-Infektion erreicht habe, außerdem Hepatitis C gehabt habe. Sie sei wegen einer schweren beidseitigen abszedierenden Pneumonie stationär behandelt worden. Seit sie Immunglobulinpräparate enthalte, habe ein deutlicher Rückgang von Infektionen dokumentiert werden können. Die Patientin sei der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen zuzuordnen. Der Patient W.M. habe ebenfalls das Stadium AIDS der HIV-Infektion erreicht. Ein Auslassversuch habe bei diesem Patienten zu gehäuften Infektionen und massiven Defekten geführt. Auch bei der Patientin J.L. (Stadium AIDS) zeige sich dank IVIG ein deutlicher Rückgang von Infektionen, ebenfalls bei dem Patienten R.B. Der Patient H.N. (AIDS) habe bedingt durch einen Arztwechsel einen Auslassversuch hinter sich gebracht, der zu gehäuften Infektionen geführt habe. Beim Patienten E.P. (Kategorie 3) habe durch die Verordnung von IVIG eine wesentliche Besserung schwerster Infektionen erreicht werden können.

Der Prüfungsausschuss der KVB Bezirksstelle A-Stadt Stadt und Land hat mit Bescheid vom 20.01.2003 gegen die Klägerin einen Regress bei den Einzelverordnungen in Höhe von 28.511,60 EUR festgesetzt. Der Prüfungsausschuss habe eine Einzelfallprüfung durchgeführt und könne die von der AOK Bayern getroffenen Feststellungen hinsichtlich der unwirtschaftlichen Verordnungsweise zum Teil bestätigen.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 17.02.2003, der mit Schriftsatz vom 06.06.2003 näher begründet wurde. In den vorliegenden Fällen sei die streitgegenständliche Therapie von den Arzneimittelrichtlinien umfasst. Nach der Nr. 20 dieser Richtlinien dürften Impfstoffe und/oder Immunglobulin-Präparate insbesondere bei immunsupprimierten Patienten und bei Patienten mit Immundefekt verordnet werden, wenn nach wissenschaftlicher Erkenntnis hierdurch ein Krankheitsausbruch mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden könne. Die medizinische Notwendigkeit der Behandlung ergebe sich in den vorliegenden Fällen daraus, dass die aufgeführten Patienten neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leiden und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Das HI-Virus zerstöre das menschliche Immunsystem. Bei entsprechender Ausbreitung des Virus versterbe der Patient an den sog. opportunistischen Erkrankungen, die als Folge seiner Immunschwäche nicht mehr bekämpft werden könnten. In der medizinischen Wissenschaft seien in der Vergangenheit zahlreiche Ansätze gefunden worden, diesem Phänomen zu begegnen. Unter anderem werde seit Anfang 1997 die hoch aktive antiretrovirale Kombinationstherapie eingesetzt. Unbestritten habe diese Therapie zu einer deutlichen Reduktion der HIV-assoziierten Morbidität und Mortalität geführt. Der natürliche Verlauf der HIV-Infektion könne durch die Gabe antiretroviraler Substanzen für Jahre gestoppt bzw. aufgehalten werden. Bei einer bekannten HIV-Infektion finde vierteljährlich eine Bestimmung der CD4-Zellzahlen (Normalwert 1.800 bis 1.400 Zellen pro Mikroliter Blut) und der Viruslast statt. Steige die Viruslast bei zwei Messungen über 20.000 bis 30.000 Viruskopien pro Milliliter Plasma oder falle die Zahl der CD4-Zellen auf unter 300 Zellen, werde mit der antiretroviralen Therapie begonnen. Therapieziel sei eine Unterdrückung der Virusproduktion und damit verbunden ein Wiederanstieg der CD4-Lymphozyten. Die HIV-Erkrankung könne mit der antiretroviralen Kombinationstherapie allein nicht ausreichend bekämpft werden. Vor diesem Hintergrund seien die Vertragsärzte über die Verordnung von Immunglobulinen bei HIV-Erwachsenen per Rundschreiben vom 04.07.1994 über die KVB beraten worden. Diese Beratung sei zu keinem Zeitpunkt widerrufen noch korrigiert worden. Über viele Jahre hinweg seien die Kosten der streitbefangenen Therapie anstandslos übernommen worden, der so geschaffene Vertrauenstatbestand stehe einem Regressanspruch entgegen. Nach der Fachinformation über das Präparat Octagam werde dieses Arzneimittel angewendet „zur Substitutionstherapie bei primären und sekundären Antikörpermangelzuständen sowie zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen, die bei diesen Krankheiten auftreten, zusätzlich werden Immunglobuline zur Modulation und Kontrolle der individuellen Immunantwort verabreicht, z. B. bei „4. kongenitale HIV-Infektion bei Kindern mit rezidivierenden bakteriellen Infekten“. Damit diene der Einsatz der Immunglobuline der Behandlung der neben der HIV-Infektion vorhandenen anderen Infektionen. Sie diene nämlich der Therapie von Infektionen, die bei Antikörpermangelzuständen auftreten. Selbst wenn in den vorliegenden Fällen ein Off-Label-Gebrauch des Präparates Octagam vorliegen sollte, wäre eine zulassungsüberschreitende Verordnung nach der Rechtsprechung des BSG nicht ausgeschlossen. Nachdem demzufolge die hoch aktive antiretrovirale Kombinationstherapie als auch die Immunglobulintherapie zugelassen seien, sei nicht nachvollziehbar, dass die Kombination beider Therapien nicht zugelassen sein solle. In der Anlage zu dem Schreiben finden sich ärztliche Stellungnahmen zu den einzelnen Patientenverläufen bei den im Quartal 2/01 regressierten Patienten R.B., A.G., F.K., J.L., W.M., H.N. und E.P.

Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2003 gegen die Klägerin einen Arzneiregress in Höhe von 28.511,60 EUR festgesetzt. Im vorliegenden Fall sei die Einzelfallprüfung die sachgerechte Prüfmethode. Der Beklagte sehe sich in der Lage, auf der Grundlage der Gutachten des PD Dr. R. vom 03.01.2001 und des Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 zu entscheiden. Die Klägerin würde eine - in einigen Fällen unzureichende - antiretrovirale Therapie, häufig in fixer Kombination mit IVIG verwenden. Bereits die DAGNÄ-Empfehlungen vom Oktober 1996 würden den Einsatz von intravenösen Immunglobulinen auf wenige ganz bestimmte Krankheitsbilder und Komplikationen beschränken. Bezüglich der zugelassenen Indikationen werde auf die Schreiben des PEI vom 30.10.2002 und 20.03.2003 (in Anlage) verwiesen. Eine unkritische, über Monate bzw. Quartale gehende regelmäßige Substitution ohne jeglichen Anhaltspunkt für die therapeutische Wirksamkeit sei nicht geeignet, die Kriterien dieser Zulassung auch nur im Geringsten zu erfüllen. Der Beklagte schließe sich dem Schreiben des PEI vom 30.10.2002 an das SG A-Stadt im Verfahren S 45 KA 2209/01 und andere an. Danach fehle der Wirksamkeitsnachweis für die Indikation HIV bei Erwachsenen, was den Schluss nahelege, dass diese Therapie unwirtschaftlich sei. Es fehle schon ein Antrag auf Ausdehnung der Zulassung auf erwachsene AIDS-Patienten. Selbst wenn eine Zulassung vorliegen würde, wäre zu erwarten, dass die Anwendung von Immunglobulinen bei erwachsenen HIV-Patienten nur in Einzelfällen einen wirksamen Effekt im Sinne der Verhinderung lebensbedrohlicher Infekte zeige. Immunglobuline würden zur Substitution von Antikörpermangel ausschließlich bei bestimmten primären Immundefekterkrankungen sowie bei sekundären Mangelzuständen unter multiplem Myelom oder der chronischlymphatischen Leukämie angewendet. Diese Indikationen würden nicht eine pauschale Ausdehnung auf jegliche Zustände oder Erkrankungen erlauben, die mit Antikörpermangel einhergehen (wie AIDS-Erkrankung beim Erwachsenen). Der Beklagte gehe wie das PEI davon aus, dass die Substitution von IVIG in Einzelfällen eine zugelassene Indikation sei, wolle aber betonen, dass eine unkritische, über Monate und Quartale gehende regelmäßige Substitution ohne jeglichen Anhaltspunkt für die therapeutische Wirksamkeit wie in den hier vorliegenden Fällen nicht geeignet sei, die Kriterien dieser Zulassung zu erfüllen. Schließlich sei auch die Nummer 20 des Abschnitts F der AMR nicht einschlägig. Die AMR würden den wirtschaftlichen Einsatz von nach dem AMG verkehrsfähigen Arzneimitteln, jedoch nur im Rahmen des Anwendungsgebietes, für welches das Arzneimittel zugelassen sei, regeln. Die Frage der arzneimittelrechtlichen Zulassung sei deshalb für die Anwendung der Präparate im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung vorgreiflich. Dem PEI als zuständiger Bundesoberbehörde für die Zulassung dieser Präparategruppe würde kein Antrag auf Zulassung von Octagam für die Behandlung von an AIDS erkrankten Patienten vorliegen. Das RKI (Robert-Koch-Institut) werde mit der Feststellung zitiert, dass eine offizielle Empfehlung zu Immunglobulintherapie der HIV-Infektion bei Erwachsenen nicht existiere und sich diese „überlebt“ habe. Die internationale Studienliteratur belege Therapieversuche bei HIV/AIDS mit polyvalenten Immunglobulinen bei Erwachsenen. Dieser Weg sei jedoch mangels Erfolg weitgehend verlassen worden. Prof. Dr. D. führe in seinem Gutachten vom 06.07.2000 aus, dass die Gabe von Immunglobulinen nur als Prophylaxe verstanden werden könne. Dafür gäbe es keine Indikation. Die pauschalen Begründungen seien in den einzelnen Fällen nicht ausreichend, um eine Indikation zu rechtfertigen. Weiter verweise Prof. Dr. D. auf die Empfehlungen der DAGNÄ für die HIV-Behandlung und die dort aufgeführten Krankheitsbilder, bei denen die Gabe von Immunglobulinen (ausnahmsweise) indiziert sei. Bei den vom Kläger angeführten Patienten bzw. Begründungen seien diese Krankheitsbilder durchgängig nicht enthalten. Auch sei bei der Anwendung von Immunglobulinen darauf zu achten, dass alle anderen Strategien ausgeschöpft seien. Eine über viele Jahre dauernde regelmäßige Verabreichung von Immunglobulinen sei nirgends festgehalten. Die Gabe von Immunglobulinen bei HIV-Infektion sei mit Ausnahme der ITP-ähnlichen Thrombozytopenie wegen mangelnder Effektivität völlig verlassen worden. Der Gegengutachter Dr. R. habe die im Gutachten des Prof. Dr. D. getroffenen Feststellungen nicht detailliert entkräftet, komme aber pauschal zu dem Ergebnis, dass die Begründung des Prüfungsausschusses - die DAGNÄ-Kriterien für die IVIG-Gabe seien nicht erfüllt - nicht greife. Die Gegendarstellung von Dr. R. in dem Gutachten vom 03.01.2000 bringe lediglich eine Auflistung der Indikationen, ohne aber auf die Zulassungssituation einzugehen. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen und unter Berücksichtigung der konkreten Begutachtungen im Einzelfall hat sich der Beklagte mit den einzelnen Fällen beschäftigt. Bezüglich des Patienten W.M. führt der Beklagte zunächst die Verordnungen im Quartal 2/01 auf, sodann die Angaben der Klägerin zum Krankheitsverlauf des Patienten W.M. und der dazugehörigen Stellungnahme, wonach die Immunglobulintherapie wegen schwerer symptomatischer Thrombozytopenie erforderlich gewesen sei. Seit Gabe von IVIG sei ein deutlicher Rückgang der schweren bakteriellen Atemwegsinfekte zu erkennen gewesen. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlung. Hierzu stellt der Beklagte fest, dass die Kombination Combivir, Ziagen, Fortovase und Viracept in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung „abnorme Befunde bei der bildgebenden Diagnostik sonstiger Körperstrukturen, abnorme Befunde bei der bildgebenden Diagnostik der Leber und der Gallenwege, R 93.2, „sonstige Immundefekte“, Immundefekt nicht näher bezeichnet, D 84.9, „sonstige Mononeuropathien“ sonstige näher bezeichnete Mononeuropathie, n, G 58.8, „sonstige Immundefekte“ Immundefekt nicht näher bezeichnet, D 84.9, „akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisationen der oberen Atemwege“, akute Infektion der oberen Atemwege nicht näher bezeichnet, J 06.9, „sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit“, chronische obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation nicht näher bezeichnet, J 44.1) ohne weitere Gabe von Antibiotika und ohne weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht rechtfertige. Bezüglich der Thrombozytopenie, welche zuletzt im Jahre 1994 belegt worden sei, würden entsprechend dem DAGNÄ-Kriterium jegliche aktuelle Angaben fehlen. Bezüglich der Patientin A.G. wurden die Verordnungen der Klägerin im Quartal 2/01 aufgeführt, sodann werden die Angaben der Kläger zum Behandlungsverlauf der Patientin A.G. referiert. Seit 17.06.1999 werde eine intravenöse Immunglobulintherapie betrieben. Es handelte sich bei der Patientin A.G. um eine Patientin der Kategorie 1 bzw. 3 der DAGNÄ-Empfehlung. Seit IVIG sei ein deutlicher Rückgang der viralen, mykotischen und bakteriellen infektiösen Episoden feststellbar. Unvollständige Virussuppression. Niedrige CD4-Zellzahl und Unverträglichkeit von zahlreichen antiretroviralen Medikamenten, insbesondere Proteaseinhibitoren machten eine Weiterbehandlung mit IVIG notwendig. Hierzu hat der Beklagte festgestellt, dass die Kombination Videx, Epivir, Sustiva, Viracept in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung („sonstige Immundefekte“ Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, „chronische Hepatitis, andernorts nicht klassifiziert“ chronische Hepatitis, nicht näher bezeichnet, K 73.9, „sonstige Immundefekte“ Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, „sonstige Polyneuropathien“ Polyneuropathie, nicht näher bezeichnet, G 62.9) ohne weitere Gabe von Antibiotika außer dem Herpesspezifikum Zovirax, dem Antimykotikum Diflucan/Fluconazol und Cefaclor und ohne weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht rechtfertige. Bezüglich der Patientin J.L. werden wiederum zunächst die im Quartal 2/01 getätigten Verordnungen aufgeführt, sodann die Stellungnahme zum Krankheitsverlauf der Patientin. Des Weiteren hierzu eine Stellungnahme des Gutachters Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 zum Quartal 3/97, wonach auch bei dieser Patientin eine frühere Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten möglicherweise sinnvoll gewesen wäre. Warum zwei Monate später eine intravenöse Immunglobulintherapie zusätzlich eingesetzt werde, sei nicht erkennbar. Der Rückgang von Häufigkeit und Schwere der aufgeführten infektiösen Ereignisse müssten auf die HAART zurückzuführen sein. Dagegen ist der Gutachter PD Dr. R. (Gutachten vom 03.01.2001) der Auffassung, dass unter der Immunglobulintherapie ein deutlicher Rückgang von Häufigkeit und Schwere der verschiedenen bislang aufgetretenen bakteriellen Komplikationen zu verzeichnen sei. Nach Angaben der Klägerin ergebe sich die Notwendigkeit der Behandlung mit IVIG vorliegend daraus, dass die Patientin J.L. an einer fortgeschrittenen HIV-Infektion und daneben an anderen Erkrankungen gelitten habe und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich gewesen sei. Der Beklagte hat hierzu die Auffassung vertreten, dass die Kombination aus Sustiva, Videx und Zerit in Verbindung mit den Diagnosen der aktuellen Abrechnung („sonstige Immundefekte“ Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, „Störungen des Lipoproteinstoffwechsels und sonstige Lipidämien“ Hypercholesterinämie, E 78.0, „sonstige Immundefekte“ Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9) ohne Gabe von Antibiotika außer dem Antimykotikum Fluconazol und topischem Aciclovir und ohne weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht rechtfertige. Hinsichtlich des Patienten R.B. wurden wiederum zunächst die im Quartal 2/01 getätigten Verordnungen aufgeführt, des Weiteren die von der Klägerin gemachten Angaben zum Behandlungsverlauf des Patienten R.B. Hierzu wird mitgeteilt, dass die medizinische Notwendigkeit der Behandlung mit Octagam sich daraus ergeben habe, dass der Patient R.B. an einer fortgeschrittenen HIV-Infektion sowie an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Während der IVIG sei ein deutlicher Rückgang der infektiösen Krankheiten festzustellen gewesen. Hierzu hat der Beklagte festgestellt, dass die Kombination Epivir, Kaletra, Ziagen und Agenerase in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung („sonstige Immundefekte“ Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, nicht näher bezeichnete HIV-Krankheit, humane Immundefizienz-Viruskrankheit, B 24, „sonstige bakterielle Krankheiten, andernorts nicht klassifiziert“, sonstige näher bezeichnete bakterielle Krankheiten, A48.8) ohne weitere Gabe von Antibiotika außer dem (prophylaktischen?) Cotrimoxazol, Pentamidin, dem Antimykotikum Diflucan/Fluconazol und Doxycyclin, Zithromax und ohne weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht rechtfertige. Die angeführten Begründungen (fehlende Compliance etc., zwischenzeitlich IVIG völlig eingestellt) würden die Zweifel an der Therapie zusätzlich verstärken. Hinsichtlich des Patienten H.N. wurden ebenfalls die getätigten Verordnungen im Quartal 2/01 aufgeführt, des Weiteren die ärztlichen Angaben zur Entwicklung des Krankheitsbildes bei dem Patienten H.N. Hierzu wurde aus dem Gutachten des Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 zum Quartal 3/97 zitiert, wonach es nicht akzeptabel sei, dass der behandelnde Arzt die vom Vorbehandler vorgenommene intravenöse Immunglobulintherapie fortgesetzt habe, da der behandelnde Arzt die Indikation selbst überprüfen müsse. Als Begründung werde angegeben, dass trotz erfolgreicher ART noch ein erheblicher Immundefekt bestehe bei einer Helferzahl von 47/ql im Juli 1997, so dass eine zusätzliche Unterstützung mit intravenösen Immunglobulinen erforderlich gewesen sei. Eine erfolgreiche ART bestätige sich in der Regel auch aus dem Anstieg der Helferzahl. Außerdem sei die Gesamtzahl der T-Lymphozyten nicht genannt, auch die sog. Suppressorzellen hätten eine wichtige Funktion in der Abwehr gegenüber Infektionen und seien nicht genannt. Aus dem oben Dargestellten eine intravenöse Immunglobulintherapie abzuleiten, sei jedenfalls nicht angemessen, eine Indikation bestehe nicht. Demgegenüber vertrat der Gutachter PD Dr. R. (Gutachten vom 03.01.2001) die Auffassung, dass bei einem Nadir der Helferzellen von 47/mcl im Juli 1997 trotz erfolgreicher antiretroviraler Therapie noch ein erheblicher Immundefekt bestanden habe, so dass eine zusätzliche Unterstützung mit i.v. Immunglobulinen erforderlich gewesen sei. Der Beklagte hat hierzu die Auffassung vertreten, dass die Kombination Ziagen, Viramune und Videx in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung („sonstige Immundefekte“ Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, nicht näher bezeichnete HIV-Krankheit, humane Immundefizienz-Viruskrankheit, B 24) ohne antibiotische Therapien eine parallele IVIG-Therapie nicht rechtfertigen würde. Der Hinweis auf den Vorbehandler und die im Schreiben vom 29.07.1999 aufgeführten Diagnosen (HIV-Infektion im CDC-Stadium C3, 5/97 Pneumozystis Carinii-Pneumonie) seien hier nicht relevant, ebenso wenig wie die Angabe zu den Helferzellen. Hinsichtlich des Patienten E.P. wurden ebenfalls zunächst die im Quartal 2/01 getätigten Verordnungen aufgeführt, ebenso die von den Ärzten mitgeteilten Angaben zum Behandlungsverlauf. Hier wird ausgeführt, dass es sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen handle. Wegen erheblicher Nebenwirkung, insbesondere distal betonter Neuropathie und gastroenterologischer Beschwerden sei kein Einsatz von Proteaseinhibitoren möglich. Auch bei den Reverse-Transkriptase-Inhibitoren würden erhebliche Einschränkungen bestehen. Es werde derzeit nur eine Zweifach-Kombination durchgeführt. Bei zufriedenstellendem virologischem Ergebnis bestehe weiterhin eine niedrige CD 4-Zahl. Seit Einsatz der IVIG habe kein Soor mehr beobachtet werden können und die Häufigkeit der Bronchitisschübe habe deutlich nachgelassen. Hierzu hat der Beklagte festgestellt, dass die Zweierkombination in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung („Störungen des Lipoproteinstoffwechsels und sonstige Lipidämien“ Hyperlipidämie, nicht näher bezeichnet, E 78.5, „sonstige Immundefekte“ Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, „sonstige Mononeuropathien“ sonstige näher bezeichnete Mononeuropathie, n., G 58.8, „nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus“: ohne Komplikationen, E 14.9) ohne Gabe weiterer Antibiotika außer Doxycyclin und ohne weitere Angaben die parallele Therapie mit IVIG nicht rechtfertigen würden. Hieran ändere auch die Angabe „Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen“ und der nicht näher erläuterte „deutliche Rückgang“ schwerwiegender bakterieller und viraler Infekte nichts. Die im Schreiben vom 29.07.1999 aufgeführten und die in der Abrechnung genannten Diagnosen seien auch nur teilweise relevant. Einmal werde von der chronischen Bronchitis seit 1990 berichtet, dann seit 8/93. Selbst die Angaben zum Beginn der antiretroviralen Therapie seien unterschiedlich. Dies dürfte den Vorwurf des Dokumentationsmangels weiter erläutern. Auch bezüglich des Patienten F.K. werden zunächst die getätigten Verordnungen aufgeführt sowie der von der Klägerseite mitgeteilte Krankheitsverlauf. Die medizinische Notwendigkeit der Behandlung ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass der aufgeführte Patient an einer fortgeschrittenen HIV-Infektion und anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich gewesen sei. Es handele sich um ein multiresistentes Virus. Trotz schwerem Immundefekt (CD 4-Zellen zwischen 50 und 200 Helferzellen schwankend) keine bakteriellen und mykotischen Infektionen seit Beginn der IVIG. Der Beklagte hat hierzu die Auffassung vertreten, dass die Kombination Zerit, Videx und Kaletra, später mit Rescriptor in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung („Sonstige Immundefekte, Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9) ohne Gabe von Antibiotika und ohne weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht rechtfertige. Abschließend stellt der Beklagte fest, dass bei keinem der streitgegenständlichen Patienten der Beklagte aufgrund der völlig unzureichenden Unterlagen der Vertragsärzte die Verordnung von Octagam habe nachvollziehen können. Es fänden sich keinerlei Laborwerte oder sonstige Angaben über Zeitpunkt und Schwere der Infektion sowie deren konkrete Behandlung. Somit seien weder Punkt 1 noch Punkt 3 der DAGNÄ-Empfehlungen nachvollziehbar. Auch nach eingehender Prüfung der nachgereichten Patientendaten und dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 06.06.2003 ergebe sich keine neue Einschätzung. Die Patientendaten seien zu ungenau und veraltet, die Indikationen für den Einsatz der Medikamente seien daraus nicht ablesbar. Die nachgereichten Patientendaten würden wahrscheinlich aus einer Sammelstatistik stammen, so dass jetzt aus 34 Angaben die für die 13 Fälle relevanten Fälle, das Quartal 2/01 betreffend, vom Beklagten hätten herausgesucht werden müssen. Bei den 34 Angaben würden sich sechs Namen finden, in vier Fällen liege keine HIV-Erkrankung vor, viermal würden sich unvollständige Angaben fehlen, in zwei Fällen sei keine Immunglobulingabe erfolgt. Die Angaben zu dem Patienten H.N. seien identisch zu den Angaben, die für das Quartal 3/97 gemacht worden seien. Dies gelte auch für die Patientin J.L. Daraus folge, dass die nachgereichten Patientenangaben sämtlich veraltet seien, so dass die darin enthaltenen Angaben nicht auf das Quartal 2/01 übertragen werden könnten. Somit würden auch die von den DAGNÄ-Kriterien geforderten Dokumentationen fehlen, so dass sich für die Verordnung der Immunglobuline insgesamt keine Indikation ableiten lasse. Der Mangel an Informationen nach dem Quartal 3/97 sei von Dr. A. damit begründet worden, dass es zu diesen Patienten keine neuen Erkenntnisse gäbe. Allein schon vom medizinischen Standpunkt betrachtet erscheine es dem Ausschuss jedoch wenig glaubhaft, dass sich innerhalb eines derart langen Zeitraums seit dem Quartal 3/97 am Zustand der Patienten nichts geändert haben solle. Auf der anderen Seite sei es Ausdruck der vertragsärztlichen Pflichten, dem Beklagten alle für die Entscheidung notwendigen Daten vorzulegen. Die Pflicht zur Dokumentation komme auch in den DAGNÄ-Empfehlungen zum Ausdruck. Der Beklagte habe sich mit Schreiben vom 27.02.2003 an die Prozessbevollmächtigte der Kläger gewandt mit dem Vorschlag, anhand einzelner Patienten und deren Krankheitsverläufen die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit von IVIG und HAART gegenüberzustellen. Die Kläger seien jedoch ihrer Mitwirkungspflicht im Vorverfahren nicht nachgekommen.

Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vom 15.12.2003, die bezüglich des Patienten R.B. mit Schriftsatz vom 06.10.2008 näher begründet wurde (Aktenzeichen S 38 KA 950/08). Der Patient befinde sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion. Auf den durchgeführten Auslassversuch (Ziffer 4 der DAGNÄ-Empfehlungen) dürfe hingewiesen werden. Nachdem die zusätzlichen bakteriellen Infektionen von Seiten des Beklagten ausdrücklich erwähnt worden seien, sei nicht nachvollziehbar, inwiefern hier auf die fehlende Compliance abgestellt werde. Die rezidivierenden Infektionen, denen mittels Gabe von Antibiotikum nicht ausreichend habe begegnet werden können, seien dem Beklagten bekannt wie auch die Tatsache, dass der Patient seit Einsatz von IVIG weniger zusätzliche Infektionen erlitten habe. Der Widerspruchsbescheid sei rechtswidrig beschwerend, weil es unter anderem an einer Begründung fehle. Der Beklagte stelle die Behauptung auf, dass die IVIG-Gabe ohne weitere Gabe von Antibiotika nicht gerechtfertigt sei. Unabhängig davon, dass der Patient auch Antibiotika erhalten habe, sei eine solche vom Beklagten normierte Voraussetzung weder dem wissenschaftlichen Stand der Medizin noch den DAGNÄ-Empfehlungen zu entnehmen. Ein erworbener Immundefekt könne nicht mit einem Antibiotikum behandelt werden. Es könne lediglich ein dahingehender Versuch gestartet werden, die weiteren Infektionen mittels Gabe eines Antibiotikums zu beherrschen. Weil der Patient an einem erworbenen Immundefekt leide, gelinge dies eben nicht immer. Das gehäufte Auftreten zusätzlicher Infektionen kennzeichne die HIV-Erkrankung als erworbenes Immundefekt-Syndrom. Der Beklagte habe sich nicht mit der Erkrankung auseinandergesetzt. Aus unerfindlichen Gründen betrachte er die auftretenden Infektionen offensichtlich als eigenständiges Krankheitsbild. Diese Einordnung sei aber falsch. Denn diese Infektionen, mögen sie auch für sich gesehen harmlos erscheinen, würden im Zusammenhang mit der HIV-Infektion stehen, seien krankheitsdefinierend. Würden die antiretroviralen Medikamente eine Vermehrung von HI-Viren immer zur Gänze verhindern, könnten diese zusätzlichen Infektionen erst gar nicht auftreten. Es würde sich nämlich dann in der Tat um „normale“ zusätzliche Infektionen handeln, die man, wie bei jedem anderen Patienten ohne HIV auch mit einem Antibiotikum behandeln könnte. Weil die Infekte das bereits teilweise zerstörte Immunsystem (durch HIV) weiter beschädigen, die Vermehrung der HI-Viren beschleunigen können und letztendlich damit auch das Funktionieren der HAART negativ beeinträchtigen, würden zusätzlich Immunglobuline eingesetzt. Der regressierte Patient habe von der Therapie bis zur letzten Infusion im Jahr 2001 profitiert. In der Folgezeit hätten sich schwere bakterielle Infektionen, insbesondere zwei bis drei PCP-Rezidive ereignet.

Hinsichtlich der Patienten A.G. (Az.: S 38 KA 951/08), F.K. (Az.: S 38 KA 994/08), W.M. (Az.: S 38 KA 953/08), J.L. (Az.: S 38 KA 954/08), H.N. (Az.: S 38 KA 955/08) und E.P. (Az.: S 38 KA 956/08) wurde auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 06.10.2008 in den dortigen Klageverfahren verwiesen.

Die Beigeladene zu 2) (AOK Bayern) hat mit Schriftsatz vom 31.03.2010 auf eine Reihe höchstrichterlicher Entscheidungen des Bundessozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts hingewiesen, die sich mit der Verordnung von Immunglobulinen für erwachsene HIV-Patienten und damit zusammenhängende Rechtsfragen beschäftigen.

Hierzu hat sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 30.04.2010 geäußert. Soweit im Schreiben vom 31.03.2010 ausgeführt werde, „die streitgegenständlichen Verordnungen seien Immunglobuline für erwachsene HIV-positive Patienten“, sei dies nicht zutreffend. Streitgegenständlich sei vielmehr die Verordnung für sekundäre Immunmangelzustände, die mit der HIV-Erkrankung, es handle sich um einen sekundären und damit erworbenen Immundefekt, einhergehen. Diese Unterscheidung mache deutlich, dass die im Schriftsatz vom 31.03.2010 aufgeführten Verfahren bis hin zum Bundesverfassungsgericht vorliegend nicht einschlägig seien. Denn hier sei in der Tat geprüft worden, ob sich die Indikation pauschal auf HIV-Erwachsene beziehe, was unbestritten nicht der Fall sei. Nachdem es sich bei HIV um einen erworbenen Immundefekt handle, sei die streitgegenständliche Substitutionstherapie zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen, die bekanntermaßen bei einer weit fortgeschrittenen HIV-Infektion, allemal aber beim Stadium AIDS der Infektion, als AIDS-definierende Infektionen, auftreten, von der zugelassenen Indikation umfasst. Die Klägerin hat sich mit Schriftsatz vom 17.09.2010 ergänzend geäußert. Unabhängig von der Frage, ob die mit der HIV-Infektion einhergehende Behandlung von Infektionen, die bei ihr als sekundärer Immundefekt auftreten, vom Anwendungsgebiet erfasst werden, sei hier auf ein Statement aus einem aktuellen Widerspruchsbescheid vom 07.09.2010 hinzuweisen, wonach ein einheitlicher Konsens bestehe, dass von 1990 bis 1996 die IVIG die Standardtherapie zur Behandlung einer HIV-Erkrankung gewesen sei. Wenngleich auch diese Zusammenfassung nicht ganz korrekt erscheine, da Immunglobuline ausdrücklich nicht zur Behandlung der HIV-Infektion, sondern der damit einhergehenden Vorbeugung und Behandlung weiterer Infektionen eingesetzt worden sei. In keinem der Verfahren der BSG-Entscheidungen, die Immunglobuline und die HIV-Erkrankung betreffen, werde die Indikation der Substitutionstherapie geprüft, sondern die nicht veranlasste Frage, ob IVIG für HIV-Erwachsene zugelassen sei. Auch das PEI sei in seinen diversen Stellungnahmen ersichtlich um eine sprachlich unkorrekte Formulierung bemüht. Wenn der 6. Senat des BSG die Behauptung aufstellen wolle, IVIG sei zur Behandlung der zusätzlich auftretenden Infektionen im Zusammenhang mit dem erworbenen Immundefekt nicht zugelassen, bedeute dies, dass die Gesamtheit der medizinischen Wissenschaftler weltweit über Jahre eine Therapie eingesetzt habe, die nicht indiziert gewesen sei. Weil die höchstrichterliche Rechtsprechung von einem falschen Sachverhalt, einem Off-Label-Use ausgehe, werde die groteske Situation konstruiert, eine Standardtherapie von nunmehr über 14 Jahren der Gestalt überprüfen zu wollen, dass neue Studien gefordert würden, den Benefit der Behandlung zu belegen. Die Gabe von IVIG sei immer schon parallel zur antiretroviralen Therapie erfolgt. Erst die Weiterentwicklung der antiretroviralen Therapie und die Möglichkeit, die Präparate miteinander zu kombinieren, habe über Jahre zur deutlichen Verbesserung ihrer Wirksamkeit geführt, so dass im Zuge dessen die Gabe von IVIG immer weiter in den Hintergrund getreten sei. Bei den diesbezüglichen Empfehlungen der DAGNÄ handle es sich um einen Kompromiss, der wirtschaftlichen Bedürfnissen Rechnung trage. Nach Bekanntmachung der neuen AMR im Jahre 1999 seien diese Empfehlungen nochmals konkretisiert und erneut klargestellt worden, dass die antiretrovirale Therapie ein wichtiger Faktor in der Behandlung HIV-Infizierter sei, aber die zusätzliche Gabe von IVIG in manchen Fällen nicht verzichtbar mache. Im Falle R.B. würde allein die auf Seite 98 und 99 zusammengefasste Aufstellung der Medikationen den ersichtlich denkbar schlechten Zustand des Patienten im Rahmen einer weit fortgeschrittenen HIV-Infektion dokumentieren, die seit 1994 mit antiretroviralen Medikamenten und IVIG behandelt worden sei. Nachdem es sich um einen recht schwierigen Patienten gehandelt habe, seien auch die Voraussetzungen für einen Auslassversuch erfüllt. Mit dem deutlichen Rückgang der infektiösen Krankheiten habe ein Optimum an Therapie erzielt werden können, ohne welches der Patient mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht überlebt hätte. Hinsichtlich der Patientin A.G. (Az.: S 38 KA 951/08), einer Patientin im Endstadium der HIV-Infektion mit dem Vollbild AIDS, sei seit 1995 eine antiretrovirale Therapie erfolgt und wegen gehäufter zusätzlicher Erkrankungen die Gabe von IVIG ab 1999 unabdingbar erforderlich gewesen. Trotz dieser Medikation habe die Patientin eine schwere abszendierende Pneumonie mit einer intensivstationären Behandlung im Krankenhaus für einen Monat (11, 12/00) erlitten. In der Bewertung des Beklagten finde dieser lebensbedrohliche Zustand der Patientin keinerlei Berücksichtigung. Sowohl die lebensbedrohliche Pneumonie als auch insbesondere die dokumentierte Verordnungsliste würden den lebensbedrohlichen Zustand der Patientin, die eine Viruslast von 270.000 aufweise, dokumentieren.

Bezüglich des Patienten F.K. (Az.: S 38 KA 952/08), ein Patient im finalen Stadium der HIV-Infektion mit dem Vollbild AIDS, sei seit 1988 hinsichtlich des multiresistenten Virus eine nahezu unwirksame antiretrovirale Medikation erfolgt. Zeitlich vor der Entwicklung der hoch aktiven antiretroviralen Kombinationsmöglichkeiten (1997) habe das HI-Virus schneller Resistenzen entwickelt, als die Pharmaindustrie neue Medikamente habe produzieren können. In den Jahren danach sei die Industrie zunehmend schneller gewesen als das Virus. Auch der Patient W.M. (Az.: S 38 KA 953/08) befinde sich im finalen Stadium der HIV-Infektion mit dem Vollbild AIDS. Er erhalte seit 10/93 die damalige Standardtherapie und seit 12/94 zusätzlich antiretrovirale Medikamente. Die unabdingbare Gabe von IVIG ergebe sich aus der Tatsache, dass er trotz dieser Therapie eine Pneumozystitis Carinii-Pneumonie mit Rezidiv, Thrombozytopenie von 6.000/mcl und mehrere bakterielle Pneumonien durchlebt habe. Der Bewertung des Beklagten seien zwar diese zusätzlichen Infektionen zu entnehmen, eine argumentative Auseinandersetzung hinsichtlich der erforderlichen Medikation finde sich indessen nicht. Der Beklagte behaupte zu Unrecht das Nichtvorliegen der DAGNÄ-Kriterien. Der durchgeführte Auslassversuch werde nicht erwähnt. Allein die Tatsache, dass dieser Patient trotz der Gabe von antiretroviralen Medikamenten und IVIG das tödliche Stadium AIDS erreicht habe, habe die Verordnung von IVIG dringend erforderlich gemacht, um das Leben des Patienten zu erhalten. Wie der Aufstellung auf Seite 105 der Verwaltungsakte zu entnehmen sei, habe die antiretrovirale Medikation umgestellt werden müssen (Fortovase, Viracept). Dies mache deutlich, dass selbst die antiretrovirale Medikation mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden gewesen sei. Die Patientin J.L. (Az.: S 38 KA 954/08) habe seit 1996 eine antiretrovirale Therapie und daneben IVIG erhalten, sie habe über Jahre hinweg (1990 bis 1997) sehr gehäufte Infektionen gezeigt, welche dank der Behandlung mit IVIG hätten eingedämmt werden können. Infolge der antiretroviralen Medikamente mit der stark toxischen Wirkung habe die Patientin J.L. ab 2001 eine dekompensierte Leberzirrhose entwickelt. Ein Unterlassen der antiretroviralen Therapie mit toxischer Wirkung für die Leber beschleunige den Fortgang der HIV-Infektion, der Einsatz antiretroviraler Medikamente fördere die ebenfalls tödlich verlaufende Leberzirrhose. Die Patientin J.L. sei mittlerweile verstorben. Der Patient H.N. (Az.: S 38 KA 955/08) habe sich im streitgegenständlichen Quartal im Stadium CDC C3 der HIV-Infektion mit dem Vollbild AIDS befunden. Die im Jahre 1997 durchlebte Pneumozystiscarinii-Pneumonie, eine AIDS-definierende Erkrankung, kennzeichne den lebensbedrohten Zustand des Patienten. Die dramatisch niedrige Helferzahl und der arztwechselbedingte Auslassversuch der Therapie mit IVIG hätten zu einer Einordnung des Pateinten in die Kategorie 1 + 3 der DAGNÄ-Empfehlungen geführt. Der Beklagte habe nicht zur Kenntnis genommen, dass es sich bei der Krankheit um einen chronischen Verlauf in der Endphase gehandelt habe. Der durch den Arztwechsel bedingte Auslassversuch habe zu gehäuften Infektionen geführt, die dank der Fortsetzung der IVIG-Behandlung eingedämmt hätten werden können. Trotz funktionierender antiretroviraler Therapie und der Gabe von IVIG leide der Patient an einem Nagelpilz. Außerdem leide H.N. an AIDS-bedingter Kachexie, so dass der lebensbedrohte Zustand ersichtlich nachvollzogen werden könne. Der Patient E.P. (Az.: S 38 KA 956/08) habe bis zum streitgegenständlichen Quartal im Stadium CDC B2 der HIV-Infektion gehalten werden können. Dieser Patient habe antiretrovirale Medikamente erhalten. Von der seit 1997 entwickelten Kombinationsmöglichkeit könne er nicht profitieren, da eine generelle Protease-Inhibitor-Unverträglichkeit bestehe, auch bei den Reverse-Transskriptase-Inhibitoren würden erhebliche Einschränkungen bestehen, so dass nur eine Zweifachkombination (wie sie Anfang der 90-iger Jahre üblich gewesen sei) realisiert habe werden können. Aus diesem Grunde erhalte dieser Patient seit 1994 eine Therapie mit IVIG, um seinen Krankheitszustand zu stabilisieren und damit sein Leben zu erhalten. Seit 8/1996 leide er an einer progredient verlaufenden Neuropathie. Er sei der Kategorie 1 + 3 der DAGNÄ-Empfehlungen zuzuordnen. Soweit der Beklagte auf Seiten 85 und 86 der Verwaltungsakte rüge, die ärztlichen Stellungnahmen seien veraltet und nicht ausreichend, werde einmal mehr das fehlende Verständnis der Krankheitszusammenhänge deutlich. Der Beklagte verschließe sich der Tatsache, dass es sich um einen chronischen Krankheitsverlauf handle. Eine Rückstufung der einmal erreichten Stadien CDC A1 bis CDC C3 finde in der medizinischen Wissenschaft nicht statt. Wer einmal das Stadium AIDS erreicht habe, könne zwar noch auf unbestimmte Zeit überleben, verbleibe aber in der Einordnung dieses Stadiums, welches unter anderem den desolaten Zustand des Immunstatus kennzeichne. Wenn die behandelnden Ärzte folglich festgestellt hätten, dass die antiretroviralen Medikamente nur bedingt zum Einsatz kommen könnten, ändere sich dies auch in der Zukunft nicht mehr.

Das Sozialgericht München hat mit Gerichtsbescheiden vom 11.01.2012 die Klagen (Az.: S 38 KA 950/08 bis S 38 KA 956/08) abgewiesen. In den Verfahren sei zu klären, ob das Immunglobulin „Octagam“ im Quartal 2/01 bei den streitgegenständlichen Patienten verordnungsfähig gewesen und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots gemäß §§ 2 Abs. 1, 12 SGB V verordnet worden sei. Die Patienten seien bereits mehrere Jahre vor dem Jahr 2001 in der klägerischen Praxis behandelt worden und seien am HIV-Virus erkrankt. Sie hätten in dem streitigen Quartal neben der sog. antiretroviralen Therapie auch eine Immunglobulintherapie mit dem Präparat „Octagam“ erhalten. Zunächst sei für das Präparat „Octagam“ die Frage der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären. Denn Präparate, die nach § 21 Abs. 2 AMG arzneimittelrechtlich zugelassen seien, würden grundsätzlich als zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V gelten und seien daher von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung mit umfasst. Gerade aus jüngster Zeit seien mehrere Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung bekannt geworden, die sich mit der Verordnungsfähigkeit von Immunglobulinen befasst hätten (Entscheidung des BayLSG vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 352/05, Entscheidung des BSG vom 20.11.2007, Az.: B 1 KR 118/07 B, Entscheidung des BVerfG vom 07.04.2008, Az.: 1 BvR 550/08; BSG, Urteil vom 28.02.2008, Az.: B 1 KR 15/07 R, BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 6 KA 6/09 R; BVerfG, Entscheidung vom 30.06.2008, Az.:1 BvR 1665/07). Den genannten Entscheidungen sei gemeinsam, dass sie wie auch die Vorinstanzen davon ausgehen, dass die Immunglobuline nicht zur Behandlung von an HIV erkrankten erwachsenen Patienten zugelassen seien. In den Entscheidungen sei daher darüber zu befinden gewesen, ob ausnahmsweise die Voraussetzungen des Off-Label-Use“ gegeben seien bzw. ob ausnahmsweise im Wege der verfassungskonformen Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V gleichwohl eine Verordnungsfähigkeit zu bejahen sei. Diese Voraussetzungen seien letztendlich verneint worden. Ob das Präparat „Octagam“ zugelassen sei, ergebe sich aus dem Bescheid des PEI bzw. aus den jeweiligen Fachinformationen. Das SG gehe bei dieser Beurteilung von der mit Änderungsbescheid vom 07.01.2002 modifizierten Zulassungssituation für „Octagam“ aus. Als Zwischenergebnis komme das Gericht zu der Auffassung, dass Octagam nicht für an HIV erkrankte erwachsene Patienten zugelassen sei und nur bei bestimmten primären und sekundären Immunmangelzuständen verordnungsfähig sei. Die Verordnung von nicht zugelassenen Arzneimitteln lasse sich vorliegend auch nicht auf Vertrauensschutzgesichtspunkte stützen. Der Kläger habe aufgrund der sich in der Ärzteschaft zunehmend intensivierten Auseinandersetzung mit der Frage, ob die zeitgleiche Verordnung von Immunglobulinen bei AIDS-Kranken angezeigt sei, spätestens ab Ende der Neunzigerjahre nicht mehr davon ausgehen können, dass er sich nicht der Gefahr von Regressen aussetzen würde. Die Verordnung von „Octagam“ bei den streitgegenständlichen Patienten sei nach Auffassung des Gerichts außerhalb der Zulassung erfolgt, womit das Vorliegen eine sog. „Off-Label-Use“ zu prüfen sei. Damit habe sich auch der Beklagte beschäftigt, indem er dessen Voraussetzungen aufgestellt habe. Allerdings deute der Inhalt des Widerspruchsbescheides darauf hin, dass der Beklagte wiederum nur geprüft habe, ob ein zulässiger Off-Label-Use von „ Octagam“ bei erwachsenen HIV-Patienten zur Behandlung der AIDS-Symptomatik möglich sei. Den Ausführungen sei aber nicht zu entnehmen, ob sich der Beklagte mit der Frage des Off-Label-Use in Hinblick auf etwaige sekundäre Immunmangelzustände auseinandergesetzt habe. Insofern könnte ein Begründungsdefizit und damit ein Verstoß gegen § 35 Abs. 1 SGB 10 vorliegen. Letztendlich könne dies aber dahinstehen. Denn es bleibe nach dem klägerischen Vortrag unklar, ob der Patient überhaupt an einem sekundären Immunmangelsyndrom leide. Auch sei zweifelhaft, ob eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung bzw. Verordnung nicht zur Verfügung gestanden habe, also ein Systemversagen und/oder die im zweiten Spiegelstrich aufgezeigte Voraussetzung des Bundesverfassungsrechts vorliege. Dem Kläger obliege nämlich eine Darlegungs- und Beweislast. Hintergrund sei, dass die Ärzte in die Stellung einrückten, die der Versicherte gehabt hätte, wenn er seinen Standpunkt zur Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels im Wege der Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 SGB V durchsetzen müsste. Wer einen Off-Label-Use geltend mache, dringe deshalb damit nur durch, wenn sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Aufklärung feststellen lasse, dass die dafür insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts formulierten Voraussetzungen vorgelegen hätten (BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R). Eine Aufklärung sei indes nicht möglich. Dies gehe zulasten des Klägers.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin zum Bayerischen Landessozialgericht. In der Sache handle es sich um ein Parallelverfahren zu dem bereits beim Bayerischen Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren Az.: L 12 KA 109/08. In diesem Verfahren - hier hätten die Kläger erstinstanzlich zur Gänze obsiegt - sei ein dem Wortlaut nach identischer Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 20.11.2003 streitgegenständlich. Habe das Sozialgericht hier die Auffassung vertreten, dass dieser Widerspruchsbescheid hinsichtlich seiner Begründung nicht den Anforderungen des § 35 Abs. 1 SGB X genüge, sehe sich der Vorsitzende der 38. Kammer nunmehr veranlasst, im Rahmen einer konsequenten Fortentwicklung der Rechtsprechung anders lautend zu entscheiden. Unabhängig von der Tatsache, dass die Entscheidung des BSG im Verfahren B 6 KA 6/09 R auf die hier streitgegenständlichen Verfahren nicht im Ansatz zur Anwendung gelange, weil es um eine nicht vergleichbare Erkrankung gehe, sei nicht zu erkennen, dass die aktuelle Rechtsprechung des BSG einem Widerspruchsbescheid aus dem Jahre 2003, dem es ersichtlich an einer Begründung fehle, gerade zu einer solchen verhelfen könne.

Der Beklagte hat sich hierzu mit Schriftsatz vom 30.04.2012 geäußert. Nach der Rechtsprechung (vgl. BayLSG, Az.: L 5 KR 352/05, Entscheidung vom 31.07.2007, BSG, Urteil vom 22.11.2007, Az.: B 1 KR 118/07, BVerfG, Urteil vom 07.04.2008, Az.: 1 BvR 550/08) stehe eindeutig fest, dass die Immunglobuline nicht für die HIV/AIDS-Therapie anwendbar seien, und zwar auch nicht als Off-Label-Use. Der Beklagte stelle abschließend fest, dass die Klägerin mehrfach angegeben hätte, dass sie auch kein HIV/AIDS mit den Immunglobulinen behandelt hätte, sondern allein und ausschließlich den sekundären Antikörpermangelzustand. Entscheidend wäre also die Frage, ob die betreffenden Patienten an einem sekundären Antikörpermangelzustand gelitten hätten. Hierbei stelle sich die Frage, welche Parameter einen sekundären Antikörpermangel definieren. Sekundäre Immundefekte seien Immunmangelerkrankungen, bei denen nicht eine primäre genetische Störung evident sei, sondern andere Krankheiten, Umwelteinflüsse oder Medikamente eine wichtige Rolle spielen. Es ergäben sich klinische Anfälligkeiten bei Antikörpermangel: Atemwegsinfekte seien die häufigsten Infektionen, die bei Antikörpermangel-Syndromen auftreten. Die Antikörpermangelerkrankungen würden nach Harry W. Schroeder jun. definiert als eine Gruppe von Störungen, die durch eine beeinträchtigte Fähigkeit zu Produktion von spezifischen Antikörpern in Reaktion auf Antigene gekennzeichnet seien. Die Beeinträchtigung könne angeboren (primär) oder erworben (sekundär) sein und sich in einigen Fällen mit der Zeit entweder zurückbilden oder verschlimmern. Der typische Patient weise eine Geschichte wiederkehrender Infektionen der oberen Atemwege bzw. der Lunge auf und zeige verringerte Serumskonzentrationen von einer bzw. mehreren Immunglobulinklassen (IgM, IgG, IgA bzw. IgD). Patienten mit normalen Serum-Immunglobulinspiegeln könnten jedoch spezielle Schwächen in ihrer Fähigkeit zum Aufbau von Abwehrkräften gegen bestimmte Antigene aufweisen und manche praktisch agammaglobulinämische Patienten könnten bemerkenswert symptomlos bleiben. Nach Ansicht der Kläger würden in allen Verfahren die wiederkehrenden Infektionen der oberen Atemwege bzw. der Lunge auf ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom hinweisen und dieses beweisen. Für den Beklagten sei die Tatsache, dass der Patient immer wieder Infektionen der oberen Atemwege bzw. der Lunge gehabt habe, kein ausreichender Nachweis für das Bestehen eines sekundären Antikörpermangelzustandes. Natürlich führe ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom dazu, dass solche Infekte gehäuft auftreten. Aber HIV/AIDS führe ebenfalls in seinem typischen Verlauf zum Auftreten immer wiederkehrender Infekte. Und genau diese Frage müssten die Kläger durch weitere Untersuchungen klären und belegen. Es reiche auf keinen Fall aus, bei einem doch sehr typischen Krankheitsverlauf (viele Infekte bei HIV/AIDS) einfach eine ungesicherte Diagnose aufzustellen und ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom zu diagnostizieren. Schließlich seien all diese Begleiterkrankungen der Patienten HIV/AIDS definierende Erkrankungen, was bedeute, dass die vielen vorhandenen Infekte nach Ansicht des Beklagten eher auf HIV/AIDS als auf ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom hindeuten. Wieso neben der die vielen Infekte auslösenden HIV/AIDS-Erkrankung noch ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom vorliegen solle, vermöge der Beklagte nicht zu erkennen. Wie die Klägerin überhaupt auf diese Diagnose gekommen sei, sei unklar. Laborchemische Untersuchungen seien keine gemacht worden. Zudem sei festzustellen, dass die dokumentierte Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge seit 1992 (rezidivierende obere Atemwegsinfekte) bestehen würde und dann bis zum Verordnungsquartal zehn Jahre später sich keine Dokumentation in der Akte mehr finde bei dem Patienten R.B. Irgendwelche quartalsbezogenen Diagnosen würden überhaupt nicht vorliegen. Auch im Abrechnungsschein des Quartals sei keine Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge dokumentiert. Bei der Patientin A.G. sei festzustellen, dass die dokumentierte Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge im Jahre 1995 (Pneumonie) liegen würde und dann bis zum Verordnungsquartal sieben Jahre später sich keine Dokumentation in der Akte mehr finde. Irgendwelche quartalsbezogenen Diagnosen würden überhaupt nicht vorliegen. Auch im Abrechnungsschein des Quartals sei keine Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge dokumentiert. Erst im Jahr 2002 habe die Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Schreiben vom 24.05.2002 angegeben, dass die Patientin eine schwere abszedierende Pneumonie habe, die stationär behandelt worden sei. Wann genau, bleibe aber unklar. Zu dem Patienten F.K. sei anzumerken, dass nicht einmal Atemwegsinfekte dokumentiert worden seien, aus den vorliegenden Unterlagen sei keine Atemwegserkrankung ersichtlich, dies gelte auch für den Abrechnungsschein. Bezüglich des Patienten H.M. sei festzustellen, dass die dokumentierte Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge zwischen 4/87 und 2/97 liegen würde und dann bis zum Verordnungsquartal vier Jahre später sich keine Dokumentation in der Akte mehr finde. Bezüglich der Patientin J.L. sei festzustellen, dass als einzig dokumentierte Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge in 7/96 eine „Sinusbronchitis“ zu verzeichnen sei und sich dann bis zum Verordnungsquartal vier Jahre später sich keine Dokumentation mehr in der Akte finde. Irgendwelche quartalsbezogenen Diagnosen würden überhaupt nicht vorliegen. Die Diagnose „Antikörpermangelsyndrom“ tauche überhaupt nicht auf. Bezüglich des Patienten H.N. sei festzustellen, dass die dokumentierte Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge im Jahr 1996 bzw. in 5/97 (Pneumozystiscarinii-Pneumonie, Pneumonie) liegen würde und dann bis zum Verordnungsquartal vier Jahre später sich keine Dokumentation in der Akte mehr finde. Irgendwelche quartalsbezogenen Diagnosen würden überhaupt nicht vorliegen. Die hierzu gegebene Begründung in der Beschwerdeausschusssitzung, dass es zu dem Patienten keine neueren Erkenntnisse gäbe, erscheine in einem Zeitraum von vier Jahren wenig glaubhaft. Bezüglich des Patienten E.P. sei schließlich festzustellen, dass die dokumentierte Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge im August 93 (chronische Bronchitis) und in einem anderen Schreiben seit 1990 (chronische Bronchitis) gelegen habe und dann bis zum Verordnungsquartal acht Jahre später sich keine Dokumentation in der Akte mehr finde. Irgendwelche quartalsbezogenen Diagnosen würden überhaupt nicht vorliegen. Auch im Abrechnungsschein des Quartals sei keine Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge dokumentiert. Nach Ansicht des Beklagten könne ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom aber nur und ausschließlich durch eine klinische Diagnose in Kombination mit einem laborchemischen Nachweis erfolgen. Hier liege weder das eine noch das andere vor. Die für den Patienten vorliegenden klinischen Diagnosen könnten sowohl auf ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom als auch auf eine HIV-bedingte Begleiterkrankung hindeuten. Für die Feststellung eines sekundären Antikörpermangelsyndroms müssten nach Ansicht des Beklagten Immunglobulinparameter gemessen werden. Die Kläger würden aber nur die Lymphozytenwerte messen und in manchen Quartalen nicht einmal diese. Des Weiteren reiche es nach Ansicht des Beklagten auch nicht aus, nur die Immunglobuline zu messen, da vielen Patienten die Immunglobuline zwar fehlen, sie aber deswegen noch kein Mangelsyndrom hätten. Ebenso kann es bei den HIV/AIDS-Patienten zu einem Anstieg bzw. einem erhöhten Immunglobulinspiegel kommen, der allerdings keine Wirkungen mehr habe. Deswegen reiche auch die Messung des Immunglobulinspiegels allein nicht aus. Der Beklagte stelle abschließend fest, dass die Summe der opportunistischen Erkrankungen seiner Ansicht nach durch HIV/AIDS bedingt sei und nicht aufgrund eines sekundären Antikörpermangelsyndroms entstanden sei. Die Beweislast hierfür liege allein bei den Klägern. Dem Beklagten reiche die einfache Behauptung eines „sekundären Antikörpermangelsyndroms“ nicht als Beweis für dessen Vorliegen aus, da sich diese Diagnose allein aus der Summe der Infekte begründe und von keinerlei laborchemischen Untersuchungen untermauert werde. Die Diagnose „Antikörpermangelsyndrom“ tauche überhaupt nicht auf. Auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 06.06.2003 erkläre die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dass die Immunglobuline für die Patienten zur Prophylaxe für die neben der HIV-Erkrankung vorliegenden bakteriellen und viralen Erkrankungen gegeben worden seien, also nicht zur Behandlung des sekundären Antikörpermangelsyndroms. Auch die Voraussetzungen für die Gabe von Immunglobulinen nach der DAGNÄ würden bei den streitgegenständlichen Patienten nicht vorliegen bzw. seien für den Beklagten nicht feststellbar. Ein Hinweis auf einen Antikörpermangel und die damit verbundenen vermehrt auftretenden bakteriellen Infekte könnte auch der vermehrte Bedarf an Antibiotika sein. Allerdings ist in den streitgegenständlichen Fällen entweder überhaupt keine Gabe von Antibiotika feststellbar bzw. nur in geringem Umfang. Der Beklagte habe bisher auch keine ausreichende Studienlage gefunden noch habe sich die Klägerin auf eine solche berufen oder eine solche dargelegt, dass sekundäre Antikörpermangelzustände aussichtsreich mit Immunglobulinen zu behandeln wären. Die von der Klägerseite angeführten Studien zur Behandlung der HIV-Infektion mit intravenösen Immunglobulinen würden ausnahmslos aus der Zeit vor Einführung der aktiven Kombinationstherapien gegen HIV stammen. Zum damaligen Zeitpunkt bzw. in den vorliegenden Studien seien die Patienten mit Monotherapien gegen HIV (vorwiegend Zidovudin) behandelt worden. Gemäß klinischen Studien sei diese Monotherapie relativ ineffektiv, da es schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit zur Resistenzentwicklung des Virus und damit zu einer klinischen Unwirksamkeit der Therapie komme. Daher sei bei der Monotherapiebehandlung in den frühen Neunzigerjahren bei HIV-Patienten eine nach wie vor hohe Rate von opportunistischen Infektionen und anderen Komplikationen zu beobachten gewesen. Zu diesem Zeitpunkt (also vor 1995/1996) habe sich der dringende Bedarf nach weiteren therapeutischen Optionen der anhaltend kranken HIV-Patienten gestellt. Den hier zu prüfenden Fall, dass der Patient mit antiretroviraler Kombinationstherapie zusätzlich mit Immunglobulinen behandelt werde, habe keine einzige der Studien zum Gegenstand. Randomisierte Studien mit validierten und tragfähigen Ergebnissen zu Immunglobulingabe neben einer antiretroviralen Kombinationstherapie seien dem Beklagten nicht bekannt und seien von den Klägern auch nicht vorgetragen.

Mit weiterem Schreiben vom 11.02.2013 hat der Beklagte vorgetragen, dass er der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt habe zur Vorbereitung einer Ausschusssitzung substantiiert darzulegen, für welche Erkrankungen die Immunglobuline, unter Bezugnahme auf die damals verschlüsselten Diagnosen, konkret verordnet worden seien. Die hierzu erstellte Patientenauflistung habe auch diejenigen Patienten umfasst, deren Verordnungen das SG A-Stadt zum Erlass der 39 Gerichtsbescheide zu Ungunsten der Klägerin veranlasst habe. Die Klägerseite habe hierzu mit Schreiben vom 17.09.2012 Unterlagen eingereicht, die in keinster Weise den Anforderungen an eine ausreichende Dokumentation genügen würden.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 04.03.2013 näher vorgetragen. Der Beklagtenvertreter habe erneut die falsche Prämisse bemüht, es bedürfe der labortechnischen Auswertung, anhand derer man ein Antikörpermangelsyndrom nachweisen könne. „Das“ Antikörpermangelsyndrom sei von der Begrifflichkeit in der medizinischen Wissenschaft nicht bekannt. Es gebe vielmehr sehr viele verschiedene Antikörpermangelsyndrome. Weit mehr sekundäre als primäre Antikörpermangelsyndrome. Soweit es sich um ein quantitatives Antikörpermangelsyndrom handle, sei dies labortechnisch nachweisbar. Beim hier streitgegenständlichen qualitativen Antikörpermangelsyndrom sei der labortechnische Nachweis nicht möglich und überdies auch nicht erforderlich. Die zahlreichen Studien, der Stand der medizinischen Wissenschaft, den Stellungnahmen des Prof. Dr. R. und auch denen des PEI sei zu entnehmen, dass nur bei HIV-Patienten (insbesondere und ausnahmsweise und auf den individuellen Einzelfall bezogen) ein qualitatives Antikörpermangelsyndrom dann mit der Erkrankung (in fortgeschrittener Krankheitsphase) einhergehe, wenn in der Klinik dieser Patienten vermehrt auftretende Infekte, die durch eine Insuffizienz des sog. B-Zell-Systems begünstigt würden, beobachtet und dokumentiert werden könnten. Hierzu würden vor allem bronchopulmonale Infekte, Sinusitiden, Infektionen des Urogenitaltraktes und Abszesse, wie sie durch die Klägerin dokumentiert worden seien, zählen. Der Nachweis sei der klinische Verlauf bei diesen Patienten. Der Beweis, dass diese Störungen nicht auf die HIV-Infektion, sondern auf dem Antikörpermangelzustand beruhen, sei durch die folgende Unterscheidung leicht zu erbringen. Bei den vorliegenden Infektionen handle es sich nicht um HIV-bedingte sog. opportunistische Infektionen. Es gehe vielmehr um solche vermehrt auftretenden Infekte, die durch eine Insuffizienz des sog. B-Zell-Systems begünstigt würden. Zu den opportunistischen und damit AIDS definierenden Erkrankungen würden vielmehr solche Infekte zählen, wie sie in der Anlage unter Kategorie C aufgeführt seien.

II.

Die Beigeladene zu 2) in den früheren Verfahren L 12 KA 17/12, L 12 KA 29/12 und L 12 KA 45/12 hat mit Schriftsatz vom 21.12.2001 Antrag auf Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise im Quartal 1/01 in Einzelfällen gestellt. Hierzu hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 11.02.2002 Stellung genommen. Hinsichtlich der Verordnung von Immunglobulinen in der HIV-Versorgung dürfe zunächst darauf hingewiesen werden, dass diese sich nicht gegen die Empfehlungen der DAGNÄ richten. Diese Empfehlungen würden sich gerade auf jene Fälle richten, in denen die Verordnung trotz und in Ergänzung zur hochaktiven antiretroviralen Kombinationstherapie aus medizinischer Sicht notwendig sei. Wie aus allen Prüfanträgen zu entnehmen sei, hätten die Vertragsärzte die Verordnung von Immunglobulinen lediglich in Fällen vorgenommen, bei denen zum einen eine stark fortgeschrittene Krankheitsphase der HIV-Erkrankung erreicht gewesen sei und zum anderen diese Patienten an rezidivierenden bakteriellen oder rezidivierenden viralen Infekten leiden, die trotz medikamentöser Behandlung, z. B. Antibiotika, immer wieder aufgetreten seien. Grund hierfür sei die Tatsache, dass mit der hochaktiven antiretroviralen Kombinationstherapie der erworbene Immundefekt nicht beseitigt werde. Durch diese Therapie werde lediglich die Ausbreitung des HI-Virus im menschlichen Körper eingedämmt bzw. verzögert. Vernichtet werde das Virus nicht. Bei den Patienten, bei denen die hochaktive antiretrovirale Kombinationstherapie nicht zum begehrten Therapieziel führe, sei die Ergänzung dieser Therapie mit Immunglobulinen indiziert. Gerade diese Fälle suche die DAGNÄ e.V. mit ihren Empfehlungen zu erfassen. Zweifelsfrei handle es sich bei der HIV-Infektion um eine sekundäre Immundefektkrankheit.

Der Prüfungsausschuss der KVB - Bezirksstelle A-Stadt-Stadt und Land - hat mit Prüfbescheid vom 09.07.2002 gegen die Klägerin einen Regress bei den Einzelverordnungen in Höhe von 39.108,98 € (= 76.490,51 DM) festgesetzt. Der Prüfungsausschuss habe eine Einzelfallprüfung durchgeführt und bestätige die von der AOK Bayern getroffenen Feststellungen hinsichtlich der unwirtschaftlichen Verordnungsweise. Die Vertragsärzte hätten in den genannten Fällen Immunglobuline eingesetzt, obwohl für die HIV-Infektion Erwachsener keine amtlich zugelassene Indikation existiere. Die Ärzte hätten deshalb unwirtschaftliche Verordnungen getätigt.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 02.08.2002, der mit Schriftsatz vom 06.02.2003 näher begründet wurde. In den vorliegenden Fällen sei die streitgegenständliche Therapie von den Arzneimittel-Richtlinien umfasst (Ziffer 20 AMR). Nach der Nr. 20 dieser Richtlinien dürften Impfstoffe und/oder Immunglobulinpräparate insbesondere bei immunsuprimierten Patienten und bei Patienten mit Immundefekt verordnet werden, wenn nach wissenschaftlicher Erkenntnis hierdurch ein Krankheitsausbruch mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden könne. Die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlung ergebe sich in den vorliegenden Fällen daraus, dass u. a. die aufgeführten Patienten L.S., A.G., F.W., E.P., J.L., W.M., F.K und H.N. neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leiden und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Der HI-Virus zerstöre das menschliche Immunsystem. Bei entsprechender Ausbreitung des Virus versterbe der Patient an den sog. opportunistischen Erkrankungen, die als Folge seiner Immunschwäche nicht mehr bekämpft werden könnten. Seit Anfang 1997 werde die hochaktive antiretrovirale Kombinationstherapie eingesetzt, mit der in vielen Fällen eine Ausbreitung des HI-Virus im menschlichen Körper zum Teil eingedämmt werden könne. Unbestritten habe die hochaktive antiretrovirale Kombinationstherapie zu einer deutlichen Reduktion der HIV-assoziierten Morbididät und Mortalität geführt. Gleichwohl könne AIDS unverändert nicht als heilbare Krankheit eingestuft werden. Mit der antretroviralen Kombinationstherapie könne keine ausreichende Medikation für die HIV-Erkrankung erfolgen, aber ein Hinauszögern im Stadium AIDS in vielen Fällen erreicht werden. Nach Eindringen des Virus in den menschlichen Blutkreislauf würden sich die Viren an die Oberfläche der CD 4-Lymphozyten (zentrale Schaltzellen des Immunsystems) anheften, in die Zelle eindringen und ihre genetische Information an das genetische Material im Zellkörper infizieren. Würden die so befallenen CD 4-Lymphozyten durch andere Erreger (Bakterien, Viren, Pilze) aktiviert, würden sie mit der Produktion von HI-Viren beginnen und dadurch zerstört. Da sich das menschliche Immunsystem täglich mit einer Fülle von in den Körper eindringenden Keimen auseinandersetzen müsse, würden täglich CD 4-Lymphozyten aktiviert und würden dadurch täglich neue HI-Viren bilden. Täglich würden Milliarden neuer Viren gebildet und Milliarden CD 4-Lymphozyten zerstört. Dies führe schließlich zu einer Erschöpfung der Zellenneuproduktion im Knochenmark, die CD 4-Lymphozytenzahl nehme ab. HIV-assoziierte Erkrankungen, opportunistische Infektionen oder bösartige Tumore würden über kurz oder lang zum Tod des Patienten führen. Mittels HAART könne zurzeit ein Fortschreiten der Erkrankung für fünf bis acht Jahre verhindert werden. Durch die Gabe antiretroviraler Kombinationspräparate könne das Eintreten des Endstadiums AIDS hinausgezögert werden. Wenn man sich den Verlauf einer HIV-Infektion als einen Zug vorstelle, der auf einen Abgrund (Tod durch AIDS) zufahre, so gebe die CD 4-Zellzahl den Abstand zum Abgrund an. Die Höhe der Virusbeladung zeige die Geschwindigkeit an, mit der sich der Zug auf den Abgrund zu bewege. Hinzu komme, dass es sich bei HAART um eine Therapie handle, die sich erst seit gut fünf Jahren im Einsatz befinde. Vor dem Hintergrund der Kürze der Erfahrungszeit mit dieser Therapie könne die Frage, ob sich letztendlich unter eine fortlaufende HAART über viele Jahrzehnte eine HIV-Infektion stabilisieren lasse, derzeit nur spekulativ beantwortet werden. Resistenzen, die immerhin 50% der Patienten, die derzeit HAART nehmen würden, bereits betreffen, Complianceschwierigkeiten und vor allem Langzeitnebenwirkungen würden die entsprechend andauernde Erfolgsrate antiretroviraler Therapieformen limitieren. Vor diesem Hintergrund seien die Vertragsärzte über die Verordnung von Immunglobulinen bei HIV-Erwachsenen per Rundschreiben vom 04.07.1994 über die KVB beraten worden. Diese Beratung sei zu keinem Zeitpunkt widerrufen oder korrigiert worden. Über viele Jahre hinweg seien die Kosten der streitbefangenen Therapie anstandslos übernommen worden. Der so geschaffene Vertrauenstatbestand stehe einem Regressanspruch entgegen. Nach der Fachinformation über das Präparat Octagam werde dieses Arzneimittel angewendet zur „Substitutionstherapie“ bei primären und sekundären Antikörpermangelzuständen sowie zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen, die bei diesen Krankheiten auftreten. Der Einsatz der Immunglobuline diene der Behandlung der neben der HIV-Infektion vorhandenen anderen Infektionen. Selbst wenn man in den vorliegenden Fällen einen Off-Label-Gebrauch des Präparates Octagam annehmen wollte, wäre eine zulassungsüberschreitende Verordnung nicht ausgeschlossen. Nach dem Urteil des BSG (Az.: B 1 KR 37/00 R, Urteil vom 19.03.2002) sei die Verordnung eines Medikamentes in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet möglich, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (oft lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn keine andere Therapie verfügbar sei und wenn aufgrund der Datenlage die begrenzte Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Damit Letzteres angenommen werden könne, müssten Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Davon könne ausgegangen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt sei und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlich seien und eine klinischrelevante Wirksamkeit bzw. einen klinischrelevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht seien, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund deren in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorangegangenen Sinne bestehe. Die entsprechenden Studien seien bekannt. Nicht zuletzt aufgrund dieser Datenlage sei den Vertragsärzten zur Verordnung mit Immunglobulinen bei HIV-Erwachsenen geraten worden. Die von der DAGNÄ e.V. aufgestellten Kriterien seien ebenfalls bekannt. Auch das dritte von der Rechtsprechung herangezogene Kriterium, nämlich ein nach den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft zu erwartender Behandlungserfolg, sei hier anzunehmen. Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen habe nämlich in der Nr. 20 AMR den Einsatz der Immunglobulinpräparate bei Patienten mit Immundefekt für verordnungsfähig gehalten. Damit werde auch festgestellt, dass diese Therapie grundsätzlich im Einklang stehe mit der Verpflichtung zu einer Arzneimittelversorgung auf der Grundlage des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse im Umfange einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung (Nr. 3 AMR). Mit weiterem Schreiben vom 07.04.2003 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die ärztlichen Stellungnahmen zu den streitgegenständlichen Behandlungsabläufen übersandt.

Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2003 den Bescheid des Prüfungsausschusses insoweit abgeändert, als ein Regress in Höhe von 34.060,15 € festgesetzt wurde. Im vorliegenden Fall sei die Einzelfallprüfung die sachgerechte Prüfmethode. Die Widerspruchsführerin würde im Wesentlichen auf die bereits ergangenen Schriftsätze sowie das Gutachten von PD Dr. R. vom 03.01.2003 verweisen. Darüber hinaus werde vom Beklagten das zu den Vorverfahren erstellte Gutachten von Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 herangezogen. Der Beschwerdeausschuss sehe sich in der Lage, auf der Grundlage dieser Gutachten zu entscheiden. Die Klägerin würde eine - in einigen Fällen unzureichende - antiretrovirale Therapie, häufig in fixer Kombination mit IVIG (intravenösem Immunglobulin) verwenden. Bereits die DAGNÄ- Empfehlungen vom Oktober 1996 hätten den Einsatz von intravenösen Immunglobulinen auf wenige ganz bestimmte Krankheitsbilder und Komplikationen beschränkt. Es handle sich dabei um Empfehlungen ohne allgemein verbindlichen Charakter, die DAGNÄ-Empfehlungen würden aber den damaligen Diskussionsstand der HIV-Behandlung mit Immunglobulinen widerspiegeln. Nicht der hohe Preis der IVIG-Therapie, sondern der fehlende Wirksamkeitsnachweis für die Indikation HIV bei Erwachsenen würde diese Therapie unwirtschaftlich machen. Bezüglich der zugelassenen Indikationen werde auf die Schreiben des PEI vom 30.10.2002 und vom 20.03.2003 verwiesen. Eine unkritische, über Monate bzw. Quartale gehende regelmäßige Substitution ohne jeglichen Anhaltspunkt für die therapeutische Wirksamkeit sei nicht geeignet, die Kriterien dieser Zulassung auch nur im Geringsten zu erfüllen. Da eine sachgerechte Therapie mit antiretroviralen Medikamenten opportunistische Infektionen sowieso schon in den Hintergrund dränge, sei der Argumentation der Klägerin schwer zu folgen. Nach den Ausführungen des PEI sei keines der in Deutschland zugelassenen Immunglobuline für die Indikation der Anwendung bei erwachsenen AIDS-Patienten zugelassen und die Indikation gelte weltweit als nicht durch klinische Studien belegt. Immunglobuline würden zur Substitution von Antikörpermangel ausschließlich bei bestimmten primären Immundefekterkrankungen sowie bei sekundären Mangelzuständen unter multiplen Myelom oder der chronischlymphatischen Leukämie angewendet. Diese Indikationen würden nicht eine pauschale Ausdehnung auf jegliche Zustände oder Erkrankungen erlauben, die mit Antikörpermangel einhergehen (Beispiel: AIDS-Erkrankung beim Erwachsenen). Der Beklagte erkenne an, dass die DAGNÄ-Empfehlungen zwar in gewisser Hinsicht den Stand der medizinischen Erkenntnisse widerspiegeln würden, allerdings in einem recht komplexen Geschehen und nur als Aufgreifkriterium für die Wirtschaftlichkeitsprüfung. Die internationale Studienliteratur belege Therapieversuche bei HIV/AIDS mit polyvalenten Immunglobulinen bei Erwachsenen, dieser Weg sei jedoch mangels Erfolg weitgehend verlassen worden. Zur Beurteilung der Fälle habe sich der Beklagte bereits in den Vorquartalen an einen Spezialisten, nämlich Herrn Prof. Dr. D., gewandt, der ein Gutachten erstellt habe, das in allen Punkten die Einschätzung des Beklagten gestützt habe und dieses sogar in der wissenschaftlichen Bewertung übertroffen habe. In dem Gutachten vom 06.07.2000 führe Prof. Dr. D. aus, dass die Gabe von Immunglobulinen nur als Prophylaxe verstanden werden könne, wofür es keine Indikation gebe. Die pauschalen Begründungen seien in den einzelnen Fällen nicht ausreichend, um eine Indikation zu rechtfertigen. Bei den von der Klägerin angeführten Patienten bzw. Begründungen seien die in den Empfehlungen der DAGNÄ für die HIV-Behandlung genannten Krankheitsbilder durchgängig nicht enthalten. Auch sei bei der Anwendung von Immunglobulinen darauf zu achten, dass alle anderen Strategien ausgeschöpft seien. Standard bei der HIV-Behandlung sei die Kombination mehrerer wirksamer antiretroviraler Medikamente einschließlich Proteasehemmern. Die Gabe von Immunglobulinen bei HIV-Infektion sei mit Ausnahme der ITP-ähnlichen Thrombozytopenie wegen mangelnder Effektivität völlig verlassen worden. Die Gegendarstellung von Herrn PD Dr. R. vom 03.01.2001, erstellt für das Quartal 3/1997, bringe lediglich eine Auflistung von Indikationen, ohne aber auf die Zulassungssituation einzugehen. Im Folgenden beschäftigt sich der Beklagte mit den einzelnen Fällen. Bezüglich des Patienten H.N. sei eine ausreichende Begründung vorhanden, so dass der Regress entfalle. Bezüglich des Patienten R.B. ist festzustellen, dass dieser Rechtsstreit im sozialgerichtlichen Verfahren abgetrennt wurde und mittlerweile durch Vergleich erledigt ist, so dass hier keine Darstellung erfolgt. In der Folge hat der Beklagte zu den einzelnen Fällen Stellung genommen. Bezüglich des Patienten L.S. sind zunächst die getätigten Verordnungen im Quartal 1/2001 aufgelistet. Sodann wurde aus dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 06.02.2003 zitiert, wonach sich die medizinische Notwendigkeit der Behandlung bei dem Patienten L.S. daraus ergebe, dass dieser neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe der bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich gewesen sei. Sodann wurde aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 07.04.2003 der Krankheitsverlauf wiederholt (HIV-Infektion im CDC-Stadium B 2. Seit 5/1997 antiretrovirale Therapie. Schwere Thrombozytopenie mit Nachweis von Thromozytenantikörpern. Tiefstwerte der Thrombozyten zwischen 12.000 und 28.000/mcl. Seit 8/1998 IVIG Kommentar: Schwere Thrombozytopenie mit Nachweis von Thrombozytenantikörpern. Aufgrund der erheblichen Blutungsgefahr IVIG weiterhin erforderlich. Hierzu hat der Beklagte festgestellt, dass die 2er-Kombination Videx und Zerit in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung („sonstige Immundefekte“ Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, „chronische Hepatitis, andernorts nicht klassifiziert“, „chronische Hepatitis, nicht näher bezeichnet, K 73.9“, sonstige näher bezeichnete Verletzungen der oberen Extremität, Höhe nicht näher bezeichnet, T 11.8) ohne weitere Gabe von Antibiotika und weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht rechtfertigen würden. Das Ausnahme-DAGNÄ-Kriterium Immun-Thrombozytopenien sei mangels neuerer Angaben nicht nachvollziehbar, alternative Therapien (Corticoide ...) seien nicht erkennbar, der zeitliche Abstand und die (für die Therapie erforderliche viel höhere Dosierung) würden ebenfalls gegen diese Annahme sprechen.

Hinsichtlich der Patientin A.G. wurde ebenfalls zuerst der Umfang der Verordnungen im Quartal 1/2001 dargestellt. Sodann wurde wiederum aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 06.02.2003 zitiert, wonach sich die medizinische Notwendigkeit der Behandlung bei der Patientin A.G. daraus ergebe, dass sie neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Des Weiteren wird aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 07.04.2003 über den Krankheitsverlauf zitiert (HIV-Infektion im CDC-Stadium C 3.1987 bis 1993 viermal Herpes zoster. Seit 1993 chronische Diarrhoe, Thrombopenie. 9/1993 Soor. Orale Haarleukoplakie. 1/1994 atopisches Ekzem. Ekzema herpeticum (Hände, Mund, Füße). 5/1994 orale Haarleukoplakie. Seit 1/1995 antiretrovirale Therapie. 1995 Pneumonie. 12/1996 Soor-Ösophagitis.1997 nektrotisierende Candida-Colitis, Soor. Seit 17.06.1999 intravenöse Immunglobulintherapie. Es handle sich um eine Patientin der Kategorie 1 bzw. 3 der DAGNÄ-Empfehlung. Seit IVIG deutlicher Rückgang von viralen, mykotischen und bakteriellen infektiösen Episoden. Unvollständige Virussubpression. Niedrige CD 4-Zahlen, Unverträglichkeit von zahlreichen antiretroviralen Medikamenten, insbesondere Proteaseinhibitoren, würden eine Weiterbehandlung mit IVIG notwendig machen. Hierzu hat der Beklagte festgestellt, dass die Kombination Videx, Epivir, Sustiva, Viracept, später mit Crixivan und Norvir in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung („sonstige Immundefekte“, Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, chronische Hepatitis, nicht näher bezeichnet, K 73.9, „sonstige Immundefekte“, Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, „sonstige Polyneuropathien“, Polyneuropathie, nicht bezeichnet, G 62.9) ohne weitere Gabe von Antibiotika außer einmalig Cefaclor und ohne weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht rechtfertigen würden. Bezüglich des Patienten F.W. wurde wiederum zuerst eine Übersicht über die im Quartal 1/2001 verordneten Arzneimittel gegeben. Sodann wurde aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 06.02.2003 zitiert, wonach sich die medizinische Notwendigkeit der Behandlung im Falle F.W. daraus ergebe, dass dieser neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich gewesen sei. Des Weiteren wird aus dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 07.04.2003 die Krankheitsgeschichte des Patienten F.W. referiert (HIV-Infektion im CDC-Stadium B 3. 9/1997 Salmonellenenteritis, rezidivierender Herpes simplex in der Mundhöhle, Condylomata acuminata, Soor, orale Haarleukoplakie. Kardiomyopathie und Aorteninsuffizienz seit Jahren bekannt. 5/1998 perianales spinozelluläres Karzinom, Resektion. Seit 10/1997 intravenöse Immunglobulintherapie und antiretrovirale Therapie. Seit 7/1998 distal betonte Neuropathie. 5/2000 Rezidiv eines spinozellulären Karzinoms, Chemo- und Radiotherapie. Der Patient F.W. gehöre der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlung an, es bestehe eine unbefriedigende Rekonstruktion des Immunsystems, CD 4-Zellen zwischen 200 und 300 Zellen/mcl trotz erfolgreicher antiretroviraler Therapie. Multimorbider Patient mit onkologischer Zweiterkrankung. Weitere Therapie mit IVIG indiziert. Hierzu hat der Beklagte ausgeführt, dass die 3er-Kombination Epivir, Zerit und Viramune in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung („sonstige Immundefekte“, Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9) ohne weitere Gabe von Antibiotika außer Cefaclor und (prophylaktischem?) Cotrim und ohne weitere Angaben einer Therapie mit IVIG nicht rechtfertige.

Bezüglich des Patienten E.P. wurde zunächst wiederum eine Übersicht über die im Quartal 1/2001 verordneten Medikamente gegeben. Sodann wurde aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 29.07.1999 die Krankheitsgeschichte des Patienten P. referiert (HIV-Infektion im CDC-Stadium B 2. Seit 1993 rezidivierender Herpes simplex, rezidivierende Pyodermien und orale Haarleukoplakie. Seit 8/1993 rezidivierender Soor. Seit 1/1993 rezidivierende Balanitis. Seit 8/1993 chronische Bronchitis. Seit 1/1994 antiretrovirale Therapie und intravenöse Immunglobulintherapie. Seit 8/1996 progrediente Neuropathie. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen. Während des gesamten Behandlungszeitraums mit IVIG deutlicher Rückgang schwerwiegender bakterieller und viraler Infekte, unter dem Gesichtspunkt einer generellen Proteaseinhibitorunverträglichkeit Fortführung der IVIG indiziert. Die medizinische Notwendigkeit der Behandlung ergebe sich daraus, dass der Patient E.P. neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen. Wegen erheblicher Nebenwirkung, insbesondere distal betonter Neuropathie und gastroenterologischer Beschwerden sei kein Einsatz von Proteaseinhibitoren möglich. Auch bei den Reverse-Transkriptase-Inhibitoren würden erhebliche Einschränkungen bestehen. Es werde derzeit nur eine 2-fach Kombination durchgeführt. Bei zufriedenstellendem virologischem Ergebnis bestehe weiterhin eine niedrige CD 4-Zahl. Seit Einsatz der IVIG habe kein Soor mehr beobachtet werden können, die Häufigkeit der Bronchitisschübe habe deutlich nachgelassen. Der Beklagte hat hierzu festgestellt, dass die 2er Kombination Combivir in Verbindung mit den in der Abrechnung genannten Diagnosen („Störungen des Lipoproteinstoffwechsels und sonstige Lipidämien“, Hyperlipidämie, nicht näher bezeichnet, E 78.5, „sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet, D 84.9, „sonstige Mononeuropathien“, sonstige näher bezeichnete Mononeuropathien, G 58.8, „nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus“ ohne Komplikationen, E 14.9, „Bauch- und Beckenschmerzen“, Schmerzen im Bereich des Oberbauches, R 14.1) ohne Gabe von Antibiotika und ohne weitere Angaben die parallele Therapie mit IVIG nicht rechtfertigen könne. Auffallend sei, dass der Patient einmal der DAGNÄ-Empfehlung Kategorie 1, dann 3 zugeordnet werde. So entstehe für den Ausschuss der Eindruck einer gewissen Beliebigkeit, zumal hier in Zusammenschau die älteren Ausarbeitungen neben den „aktuellen“ Stellungnahmen vorliegen, teilweise seien diese wohl aus alten Unterlagen ausgeschnitten und aufgeklebt.

Hinsichtlich der Patientin J.L. wird wiederum zunächst eine Übersicht über die verordneten Medikamente im Quartal 1/2001 gegeben. Sodann wird aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 29.07.1999 die Krankengeschichte zitiert (HIV-Infektion im CDC-Stadium B 2. Seit 8/1990 rezidivierende Gastroenteritiden. Seit 7/1991 orale Haarleukoplakie. 6/1993 Sialadenitis. Seit 2/1993 rezidivierender Herpes simplex. Seit 8/1993 bakterielle Vaginose. Seit 3/1994 Onychomykose. Seit 3/1994 Pyodermien. 10/1994 schwerer Schub der o.g. Gastroenteritiden. 2/1996 bakterielle Cervicitis. 7/1996 in unmittelbarer Folge schwere Gastroenteritis und Sinubronchitis. Seit 7/1996 intravenöse Immunglobulintherapie. Seit 5/1996 antiretrovirale Therapie). Es handle sich um eine Patientin der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlung. Deutlicher Rückgang von Häufigkeit und Schwere sämtlicher oben aufgeführter infektiöser Ereignisse. Aus dem Gutachten von Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 (zu einem früheren Quartal der Patientin) wird ausgeführt, dass auch bei dieser Patientin eine frühere Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten möglicherweise sinnvoll gewesen wäre. Wieso zwei Monate später eine intravenöse Immunglobulintherapie zusätzlich eingesetzt worden sei, sei nicht erkennbar. Der Rückgang von Häufigkeit und Schwere der aufgeführten infektiösen Ereignisse müssten auf die HAART zurückzuführen sein. Des Weiteren wird aus dem Gutachten von PD Dr. R. vom 03.01.2001 zitiert, wonach unter der Immunglobulintherapie ein deutlicher Rückgang von Häufigkeit und Schwere der verschiedenen bislang aufgetretenen bakteriellen Komplikationen zu verzeichnen gewesen sei. Weiter wird zitiert aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 06.02.2003, wonach die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlung sich daraus ergebe, dass die Patientin J.L. neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Es handle sich um eine Patientin der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlung. Die Zusammenschau der älteren Stellungnahme aus 1999 mit den aktuellen Stellungnahmen aus 2003 würde eine völlige Übereinstimmung zeigen. Dies lege den Schluss nahe, dass keine weitere Begründung (z. B. Laborwerte, aktuelle Erkrankungen, Verläufe etc.) geliefert werden könne. Es würden sich lediglich pauschale positive Bewertungen finden. Die Kombination aus Sustiva, Videx und Zerit in Verbindung mit den Diagnosen der aktuellen Abrechnung („sonstige Immundefekte“, Immundefekt, nicht näher bezeichnet, D 84.9, „Störungen des Lipoproteinstoffwechsels und sonstige Lipidämien“, Hypercholesterinämie, E 78.0, „sonstige Immundefekte“ nicht näher bezeichnet D 84.9, Diarrhoe und Gastroenteritis, vermutlich infektiösen Ursprungs, A 09) würden ohne Gabe von Antibiotika außer dem Antimykotikum Fluconazol und ohne weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht rechtfertigen.

Hinsichtlich des Patienten W.M. wird zunächst wiederum eine Übersicht über die im Quartal 1/2001 verordneten Medikamente gegeben. Die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlung bei dem Patienten W.M. ergebe sich daraus, dass er neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an einer anderen Krankheit leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Sodann wird aus dem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 07.04.2003 die Krankengeschichte referiert (HIV-Infektion im CDC-Stadium C 3. Seit 4/1987 rezidivierende eitrige Sinubronchitiden mit asthmoider Komponente. 8/1987 schwere Colitis. Seit 8/1987 rezidivierender Soor. Seit 1987 ausgeprägte progrediente Thrombozytopenie mit Werten bis zu 17.000 Plättchen/mcl. 12/1989 Bronchopulmonie. 1/1990 rezidivierender Herpes simplex. 2/1990 und 4/1990 eitrige asthmoide Bronchitis. 12/1991 eitrige Bronchitis. 12/1991 Otitis externa rechts. 12/1991 eitrige Bronchitis. 4/1993 ausgeprägter Soor und schwere eitrige Bronchitis. Seit 5/1993 orale Haarleukoplakie. Insgesamt ca. alle drei Monate. 2/1990 Pneumonie und eitrige Bronchitis. Seit 1993 erneut schwere Thrombozytopenie. 8/1993 eitrige Bronchitis. 9/1993 Onychomykose. Seit 10/1993 intravenöse Immunglobulintherapie. 6/1994 Oneumonie (atypische Mykobakterien). 1994 Pneumocystitis carinii, Pneumonie mit Rezidiv. 12/1994 Thrombozytopenie von 6.000 mcl. Seit 12/1994 antiretrovirale Therapie. 4/1995 und 2/1997 bakterielle Pneumonie). Die Immunglobulintherapie sei wegen schwerer symptomatischer Thrombozytopenie erforderlich gewesen. Deutlicher Rückgang der schweren bakteriellen Atemwegsinfekte seit IVIG. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlung. Hierzu hat der Beklagte angemerkt, dass dieser Patient an sich der Kategorie 2 der DAGNÄ-Empfehlungen zuzuordnen wäre (Patienten mit Immunthrombozytopenien, die auf andere Therapiewege nicht ausreichend angesprochen hätten und deren Thrombopenie bedrohlich werden könnte, in der Regel Thrombopenien mit weniger als 20.000 Thrombozyten sowie Patienten mit Thrombopenie, die sich z. B. einer Operation unterziehen müssten). Die Zuordnung zur Kategorie 1 verwirre, konsequent werde auch die Substitutionsdosis statt der immunmodulierenden IVIG Dosierung verwendet, trotzdem aber die symptomatische Thrombozytopenie neben dem deutlichen Rückgang der schweren bakteriellen Atemwegsinfekte seit IVIG angeführt. Eindruck der Beliebigkeit. Keine aktuellen Angaben in der „aktuellen“ Stellungnahme. Die Kombination Combivir, Ziagen, Fortovase und Viracept in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung („abnorme Befunde bei der bildgebenden Diagnostik sonstiger Körperstrukturen“, abnorme Befunde bei der bildgebenden Diagnostik der Leber und der Gallenwege, R 93.2, sonstige Immundefekte D 84.9, „sonstige Immundefekte“ D 84.9, „akute Infektionen an mehreren oder nicht näher bezeichneten Lokalisationen der oberen Atemwege“ akute Infektion der oberen Atemwege, nicht näher bezeichnet J 06.9, „sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit“ chronische obstruktive Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation J 44.1) rechtfertige ohne weitere Gabe von Antibiotika außer Cefaclor und (prophylaktischem?) Cotrim und ohne weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht.

Bezüglich des Patienten F.K. wird zunächst wiederum die Verordnungsweise im Quartal 1/2001dargestellt. Die medizinische Notwendigkeit der Behandlung ergebe sich beim Patienten F.K. daraus, dass er neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Sodann wird aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 07.04.2003 die Krankengeschichte referiert (HIV-Infektion im CDC-Stadium C 3. Antiretrovirale Therapie seit 1988. Seit 11/1993 Kaposi Sarkom der Haut. Seit 3/1994 orale Haarleukoplakie. 3/1994 perianales Ekzem. 5/1994 Colitis. Seit 6/1994 intravenöse Immunglobulintherapie. Kommentar: Multiresistentes Virus. Trotz schwerem Immundefekt (CD 4-Zellen zwischen 50 und 200 Helferzellen schwankend) keine bakteriellen oder mykotischen Infektionen seit Beginn der IVIG. Hierzu merkt der Beklagte an, dass eine Zuordnung zu einer Kategorie fehle. Das Fehlen der „bakteriellen oder mykotischen Infektionen seit Beginn der IVIG“ werde durch den aktuellen Zoster und das unklare Fieber relativiert. Die Begründung des Rückgangs sei wie immer beliebig IVIG zugedacht. Keine neueren Angaben in der „aktuellen“ Stellungnahme. Die Kombination Zerit, Videx, Sustiva und Kaletra in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung (sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet, D 84.9, „Fieber unbekannter Ursache“ nicht näher bezeichnet R 50.9, Herpes zoster, Zoster ohne Komplikation, B 02.9) rechtfertige ohne weitere Gabe von Antibiotika außer dem Herpesspezifikum Valtrex und ohne weitere Angaben eine Therapie mit IVIG nicht.

Bezüglich des Patienten H.N. wird wieder zunächst die Liste der verordneten Arzneimittel im Quartal 1/2001 dargestellt. Sodann wird aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 29.07.1999 die Krankengeschichte referiert (HIV-Infektion im CDC-Stadium C 3. Seit 5/1997 Pneumocystitis carinii-Pneumonie, seit 9/1997 Fortsetzung der intravenösen Immunglobulintherapie, die bereits vom Vorbehandler eingeleitet worden sei). Es handle sich um einen Patienten der Gruppe 1 der DAGNÄ-Empfehlung. Bei einem Nadir der Helferzellen von 47/mcl im Juli 1997 bestehe trotz erfolgreicher antiretroviraler Therapie noch ein erheblicher Immundefekt, so dass eine zusätzliche Unterstützung mit IVIG erforderlich sei. Hierzu wird aus einem Gutachten des Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 zu diesem Patienten referiert. Die Begründung, die intravenöse Immunglobulintherapie fortgesetzt zu haben, die bereits vom Vorbehandler eingeleitet worden sei, sei nicht akzeptabel, da der behandelnde Arzt die Indikation selbst überprüfen müsse. Als Begründung werde angegeben, dass trotz erfolgreicher ART noch ein erheblicher Immundefekt bestehe bei einer Helferzahl von 47/mcl im Juli 1997, so dass eine zusätzliche Unterstützung mit intravenösen Immunglobulinen erforderlich gewesen sei. Eine erfolgreiche ART bestätige sich in der Regel auch aus dem Anstieg der Helferzellenzahl. Außerdem sei die Gesamtzahl der T-Lymphozyten nicht genannt, auch die sog. Supressorzellen hätten eine wichtige Funktion in der Abwehr gegenüber Infektionen und seien nicht genannt. Aus dem oben Dargestellten eine intravenöse Immunglobulintherapie abzuleiten, sei jedenfalls nicht angemessen, eine Indikation bestehe nicht. Des Weiteren wird aus einem Gutachten des PD Dr. R. vom 03.01.2001 referiert, in dem ausgeführt ist, dass bei einem Nadir der Helferzellen von 47/mcl im Juli 1997 trotz erfolgreicher antiretroviraler Therapie noch ein erheblicher Immundefekt bestehe, weiter wird aus dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 06.02.2003 zitiert, dass sich die medizinische Notwendigkeit der Behandlung im Falle H.N. daraus ergebe, dass dieser neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich gewesen sei. Sodann wird nochmals die Krankengeschichte des Patienten H.N. gemäß dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 07.04.2003 referiert (HIV-Infektion im CDC-Stadium C 3. 1996 Pneumocystis carinii Pneumonie, seit 1996 antiretrovirale Therapie. 5/1997 Pneumonie. Seit 8/1997 intravenöse Immunglobulintherapie. 1/1999 Herpes zoster, aktuelle Stellungnahme 5/1997 Pneumocystitis carinii Pneumonie. Seit 9/1997 Fortsetzung der intravenösen Immunglobulintherapie, die bereits vom Vorbehandler eingeleitet gewesen sei). Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlung. Aktuelle Fassung, es handle sich um einen Patienten der Gruppe 1 der DAGNÄ-Empfehlung. Hierzu hat der Beklagte festgestellt, dass die Kombination von Zerit, Virumane und Videx, später mit Ziagen statt letzterem und in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung (sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet D 84.9, nicht bezeichnete HIV-Krankheit B 24) ohne weitere antibiotische Therapie außer (prophylaktischem ?) Pentamidin eine parallele IVIG-Therapie nicht rechtfertigen könne. Der Hinweis auf den Vorbehandler und die im Schreiben vom 20.07.1999 aufgeführten Diagnosen (HIV-Infektion im CDC-Stadium C 3, 5/1997 Pneumocystitis carinii-Pneumonie) seien hier nicht mehr relevant.

Der Beklagte hat abschließend insgesamt festgestellt, dass nach dem Quartal 3/97 keine neueren Daten zu den HIV-Patienten vorliegen würden. Dies sei von Dr. L. damit begründet worden, dass es zu diesen Patienten keine neuen Erkenntnisse gäbe. Allein schon vom medizinischen Standpunkt betrachtet, erscheine es dem Ausschuss wenig glaubhaft, dass sich innerhalb eines derart langen Zeitraums seit dem Quartal 3/1997 am Zustand der Patienten nichts geändert haben solle. Auf der anderen Seite sei es bereits als Ausdruck der vertragsärztlichen Pflichten anzusehen, dass dem Beklagten alle für die Entscheidung notwendigen Daten vorgelegt würden. Die Pflicht zur Dokumentation komme auch in den DAGNÄ-Empfehlungen zum Ausdruck. Hier heiße es u. a., hierzu gehören z. B. Patienten mit weniger als 50 CD 4-Lymphozyten, die keine antiretrovirale Therapie mehr vertragen und multiple klinische Komplikationen aufweisen. Voraussetzung für diese Feststellungen seien exakte Dokumentationen des behandelnden Arztes.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 15.12.2003 zum Sozialgericht München (Az.: S 38 KA 975/08), zu deren Begründung auf den Schriftsatz vom 06.10.2008 in der Streitsache S 38 KA 993/08 verwiesen werde.

Die Beigeladene zu 2) (in den früheren Verfahren L 12 KA 17/12, L 12 KA 29/12, L 12 KA 45/12) hat sich hierzu mit Schriftsatz vom 06.06.2011 geäußert. Auf den Aspekt des sekundären Immundefekts sei im Gegensatz zur Behauptung der Klägerin in jeder Stufe eingegangen worden. Eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvR 550/08 vom 07.04.2008) in gleicher Angelegenheit sei nicht zur Entscheidung angenommen worden. In der Begründung werde der Aspekt des sekundären Immundefekts in die Entscheidungsfindung miteinbezogen (mit der zusätzlichen Gabe von Immunglobulinen würden die mit der HIV-Infektion einhergehenden weiteren Infektionen bekämpft und vermieden). Letztendlich spiele die wiederholt geäußerte angebliche Verkennung der Behandlungsabsicht (nicht HIV/AIDS, sondern sekundärer Immunglobulinmangel) keine Rolle. Dies ergebe sich aus der zum damaligen Zeitpunkt gültigen Fachinformation. Gegenüber der Version zum Zeitpunkt der Zulassung sei die in den Quartalen 4/2000 und 1/2001 gültige Fachinformation bei den primären Mangelzuständen um die HIV-Infektion bei Kindern, bei den sekundären Mangelzuständen um das multiple Myelom erweitert worden. Eine zugelassene Anwendung sei weder bei erwachsenen HIV-/AIDS-Patienten noch bei den im Verlauf der Krankheit auftretenden gehäuften Infektionen durch sekundären Antikörpermangel zu erkennen. Die wissenschaftliche Aufbereitung zur intravenösen Immunglobulintherapie im Anwendungsgebiet „HIV/AIDS im Erwachsenenalter“ als Grundlage einer Bewertung durch die Expertengruppe „Off-Label-Infektiologie mit Schwerpunkt HIV/AIDS“ komme zu folgendem Faxit: „Es findet sich keine wissenschaftlich ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit von intravenösen Immunglobulinen im Anwendungsgebiet HIV/AIDS bei Erwachsenen als Therapie gegen das Fortschreiten des Immundefekts oder die resultierenden infektiologischen Komplikationen“.

Das Sozialgericht München hat mit Gerichtsbescheiden vom 11.01.2012 die Klagen (Az.: S 38 KA 975/08, S 38 KA 977/08 bis S 38 KA 983/08) abgewiesen. In dem Verfahren sei zu klären, ob die Immunglobuline „Octagam“ und „Flebogamma“ im Quartal 1/2001 bei den streitgegenständlichen Patienten verordnungsfähig seien und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots gemäß den §§ 2 Abs. 1, 12 SGB V verordnet worden seien. Die Patienten seien bereits mehrere Jahre in der klägerischen Praxis behandelt worden und seien am HIV-Virus erkrankt (gewesen). Sie hätten in dem streitigen Quartal neben der sog. antiretroviralen Therapie auch eine Immunglobulintherapie mit dem Präparat „Octagam“ oder „Flebogamma“ bzw. mit beiden Präparaten erhalten.

Zunächst sei für das Präparat Octagam die Frage der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären. Denn Präparate, die nach § 21 Abs. 2 AMG arzneimittelrechtlich zugelassen seien, würden grundsätzlich als zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V gelten und seien daher von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung mitumfasst. Bei keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung nach § 21 Abs. 1 AMG besehe mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit auch keine Verordnungsfähigkeit, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen für einen „Off-Label-Use“ bzw. für eine verfassungskonforme Auslegung leistungseinschränkender Vorschriften des SGB V vor. Gerade in jüngster Zeit hätten sich mehrere Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit der Verordnungsfähigkeit von Immunglobulinen befasst (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 352/05, Entscheidung des BSG vom 20.11.2007, Az.: B 1 KR 118/07 B, Entscheidung des BVerfG vom 07.04.2008, Az.: BvR 550/08, BSG, Urteil vom 28.02.2008, Az.: B 1 KR 15/07 R, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R; BVerfG, Entscheidung vom 30.06.2008, Az.: 1 BvR 1665/07). Den o.g. Entscheidungen sei gemeinsam, dass sie - wie auch die Vorinstanzen - davon ausgehen, dass die Immunglobuline nicht zur Behandlung von HIV-erkrankten erwachsenen Patienten zugelassen seien. In den Entscheidungen sei darüber zu befinden gewesen, ob ausnahmsweise die Voraussetzungen des Off-Label-Use gegeben seien oder ob ausnahmsweise im Wege der verfassungskonformen Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V gleichwohl eine Verordnungsfähigkeit zu bejahen sei. Nach gefestigter Rechtsprechung zum sog. Off-Label-Use (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az.: B 1 KR 30/06 R) bestehe eine Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn keine andere Therapie verfügbar sei und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Ebenfalls entstehe eine Verordnungsfähigkeit bei Anwendung der verfassungskonformen Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V, die seit der sog. Nikolaus-Entscheidung des BVerfG (Entscheidung vom 06.12.2005, Az.: 1 BvR 347/98) zusätzlich Anwendung finde. Danach sei vorauszusetzen, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung (= Notstandsindikation) vorliege, eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung bzw. Verordnung nicht zur Verfügung stehe und nicht auszuschließen sei, dass mit der Therapie oder Methode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Ob das Präparat zugelassen sei, ergebe sich aus dem Bescheid des PEI bzw. aus den jeweiligen Fachinformationen. Zum Zeitpunkt der Verordnung (Quartal 1/2001) habe noch nicht die mit Änderungsbescheid vom 07.01.2002 (PEI) modifizierte Zulassungssituation für Octagam gegolten. Der Indikationsbereich laute wie folgt: „Substitutionstherapie bei primären und sekundären Antikörpermangelzuständen sowie zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen, die bei diesen Krankheiten auftreten.“ Zusätzlich werden Immunglobuline auch zur Kontrolle oder Veränderung der individuellen Immunantwort eingesetzt, z. B.

1. Primäre Antikörpermangelzustände:

- Kongeniale Agammaglobulinämie und Hypogammaglobulinämie

- Variables Immundefektsyndrom

- Schweres kombiniertes Immundefektsyndrom

- Wiskott-Aldrich-Syndrom.

2. Ideopathische thrombozytopenische Purpura (ITP), insbesondere in akuten Fällen bei Kindern.

3. IGIV wird bei sekundären Immunmangelkrankheiten und folgenden Bedingungen angewendet: chronische lymphatische Leukämie (CLL).

Der Eingangssatz sei mit Änderungsbescheid vom 01.07.2002 gestrichen worden. Die Aufzählung der Indikationen ohne den Eingangssatz sei somit ab dem Zeitpunkt der Änderung abschließend. Ob vor dem 07.01.2002 -also Fassung mit dem Eingangssatz - die Aufzählung nicht abschließend gewesen sei und die unter den Ziffern 1 und 3 genannten Indikationen lediglich beispielhaft für primäre bzw. sekundäre Antikörpermangelzustände gewesen seien, lasse sich daraus nicht herleiten, genauso wenig wie das Gegenteil. Denn es könnte sich sowohl um eine echte Änderung als auch lediglich um eine klarstellende Änderung der Zulassungssituation handeln. Als Zwischenergebnis sei festzuhalten, dass „Octagam“ expresis verbis nicht für an HIV-erkrankte erwachsene Patienten zugelassen sei. Eventuell sei das Mittel aber für die mit der HIV-Erkrankung einhergehenden Begleitsymptome, insbesondere im Sinne von sekundären Immunmangelzuständen - für den Fall, dass die Aufzählung nicht abschließend sein sollte - verordnungsfähig oder zumindest als zulässiger „Off-Label-Use“ anzusehen sei bzw. aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, Az.: 1 BvR 347/98) die Verordnungsfähigkeit abzuleiten. Soweit eine Prüfung der Verordnungsfähigkeit außerhalb des Zulassungsbereichs zu erfolgen habe, sei fraglich, ob das sekundäre Antikörpermangelsyndrom eine eigenständige und hinreichend spezifische Erkrankung sei, die abgegrenzt von der Haupterkrankung behandelt werden könne und müsse (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R). Zweifel würden ferner bestehen, ob die positive Wirkung des Immunglobulins hinreichend belegt sei (vgl. BayLSG, Urteil vom 31.07.2007, Az: L 5 KR 352/05). Abgesehen davon sei nicht jede Verbesserung der Lebensqualität von der Ausweitung des Leistungsanspruchs erfasst (vgl. BSG, Urteil vom 13.10.2010, Az.: B 6 KA 48/09 R). Der Indikationsbereich bei Flebogamma laute wie folgt: Substitutionstherapie bei:

1. Primären Immunmangelkrankheiten wie

- kongenitale Agammaglobulinämie und Hypogammaglobulinämie

- allgemeine variable Immunmangelkrankheiten

- schwere kombinierte Immunmangelkrankheiten

- Wiskott-Aldrich-Syndrom.

2. Myelom oder chronischlymphatische Leukämie mit schwerer sekundärer Hypogammaglobulinämie und rezidivierenden Infektionen.

3. Immunmodulation

4. Ideopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) bei Kindern oder Erwachsenen mit einem hohen Blutungsrisiko oder vor chirurgischen Eingriffen zur Korrektur der Thrombozytenzahl.

- Guillain-Barré-Syndrom

- Kawasaki-Syndrom

- Allogene Knochenmarktransplantation.

Anders als bei „Octagam“ fehle beim Anwendungsbereich von Flebogamma ein Eingangssatz. Dies bedeute, dass hier die Anwendungsgebiete feststehen und eine darüber hinausgehende Verordnungsfähigkeit zulasten der gesetzlichen Krankenkassen nur auf die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmetatbestände gestützt werden könnte. Letztlich könne aber dahinstehen, ob eine Diagnose vorliege, für die „Octagam“ bzw. „Flebogamma“ zugelassen oder ein Ausnahmetatbestand gegeben sei, der zur Verordnungsfähigkeit führe. Denn in jedem Fall müsste sich die Notwendigkeit der Verordnung aus den Diagnosen ergeben, die ihrerseits - soweit sich die Klägerseite auf einen schweren Immundefekt berufe - durch labortechnische Untersuchungen abzustützen seien. Dies gelte erst recht bei Verordnungen von Medikamenten, die im Zusammenhang mit einer HIV-Infektion und/oder den damit einhergehenden Begleitsymptomen stehen, deren Verordnungsfähigkeit für die angeführten Diagnosen bekanntermaßen nicht eindeutig feststehe und die einen erheblichen Kostenfaktor darstellen. Dem Behandler obliege eine Darlegungs- und Beweislast, an die um so größere Anforderungen zu stellen seien, um so wahrscheinlicher die Verordnungsfähigkeit eines Medikaments nur ausnahmsweise zu bejahen sei. Wer einen „Off-Label-Use“ geltend mache, dringe deshalb damit nur durch, wenn sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Sachaufklärung feststellen lasse, dass die dafür insbesondere in der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG formulierten Voraussetzungen vorgelegen hätten (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.:B 6 KA 6/09 R). Unklar sei hier bereits, für welche Diagnose/Diagnosen „Octagam“ bzw. „Flebogamm“ verordnet worden sei (für die HIV-Erkrankung zusätzlich zur HAART?, für welche Diagnosen?), geschweige denn sei nicht bekannt, dass die Diagnosen, soweit sie nach Auffassung der Klägerseite auf einen schweren Immundefekt hindeuten sollen, durch geeignete laborchemische Untersuchungen verifiziert worden seien. Der Klägerin sei auch die Ausnahmekonstellation bewusst gewesen, die sich daraus ergebe, dass nur bei wenigen HIV-Patienten Immunglobuline eingesetzt worden seien. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, genau herauszuarbeiten, zu dokumentieren und geeignete Angaben zu machen, warum gerade in den streitgegenständlichen Fällen mit den Diagnosen die Verordnung von Immunglobulinen medizinisch indiziert gewesen sei. Damit lasse sich der Sachverhalt nicht im erforderlichen Umfang aufklären, was letztendlich zulasten der Klägerin gehen müsse.

Hiergegen richten sich die Berufungen der Klägerin zum Bayerischen Landessozialgericht vom 10.02.2012 (Az.: L 12 KA 29/12 bis L 12 KA 36/12). In den Verfahren handle es sich um Parallelverfahren zu dem bereits beim Bayerischen Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren L 12 KA 109/08, in dem ein dem Wortlaut nach identischer Widerspruchsbescheid ebenfalls am 20.11.2003 ergangen sei und in dem die Klägerin erstinstanzlich zur Gänze obsiegt hätte. Habe das Sozialgericht hier die Auffassung vertreten, dass dieser Widerspruchsbescheid hinsichtlich seiner Begründung nicht den Anforderungen des § 35 Abs. 1 SGB X genüge, sehe sich der Vorsitzende der 38. Kammer nunmehr veranlasst, im Rahmen einer konsequenten Fortentwicklung der Rechtsprechung anders lautend zu entscheiden. Unabhängig von der Tatsache, dass die Entscheidung des BSG im Verfahren B 6 KA 6/09 R auf die hier streitgegenständlichen Verfahren nicht im Ansatz zur Anwendung gelange, weil es um eine nicht vergleichbare Erkrankung gehe, sei nicht zu erkennen, dass die aktuelle Rechtsprechung des BSG einem Widerspruchsbescheid aus dem Jahre 2003, dem es ersichtlich an einer Begründung fehle, gerade zu einer solchen verhelfe.

Der Beklagte hat sich hierzu mit Schriftsatz vom 23.04.2012 geäußert. Nach der Rechtsprechung (vgl. BayLSG vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 352/05; BSG, Urteil vom 20.11.2007, Az.: B 1 KR 118/07 und BVerfG, Urteil vom 07.04.2008, Az.: 1 BvR 550/08) stehe eindeutig fest, dass die Immunglobuline nicht für die HIV/AIDS-Therapie anwendbar seien, und zwar auch nicht als Off-Label-Use. Der Beklagte stelle abschließend fest, dass die Klägerin mehrfach angegeben hätte, dass sie auch kein HIV/AIDS mit den Immunglobulinen behandelt hätte, sondern allein und ausschließlich den sekundären Antikörpermangelzustand. Die Frage, ob HIV/AIDS mit Immunglobulinen behandelt werden könne bzw. dürfe, sei somit nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Nach der neueren Rechtsprechung des Sozialgerichts München (Az.: S 38 KA 1663/03, Berufung anhängig unter L 12 KA 112/08) sei die Frage entscheidend, ob die behandelten Patienten unter irgendeinem sekundären Antikörpermangelzustand leiden und dieser mit den Immunglobulinen therapiert worden sei. In diesem Falle wäre dann nach richterlicher Ansicht kein Regress von Octagam, wohl aber von Flebogamma möglich, weil die Immunglobuline nicht zur Behandlung von HIV/AIDS eingesetzt worden seien, sondern zur Therapie des sekundären Antikörpermangelzustandes. Entscheidend sei also die Klärung der Frage, ob die betreffenden Patienten an einem sekundären Antikörpermangelzustand gelitten hätten. Hierbei stelle sich die Frage, welche Parameter einen sekundären Antikörpermangelzustand definieren. Sekundäre Immundefekte seien Immunmangel-Erkrankungen, bei denen nicht eine primäre genetische Störung evident sei, sondern andere Krankheiten, Umwelteinflüsse oder Medikamente eine wichtige Rolle spielen. Es würden sich klinische Anfälligkeiten bei Antikörpermangel ergeben, wobei Atemwegsinfekte die hierbei häufigsten Infektionen darstellen. Die Antikörpermangelerkrankungen würden nach Harry W. Schröder jun. definiert als eine Gruppe von Störungen, die durch eine beeinträchtigte Fähigkeit zur Produktion von spezifischen Antikörpern in Reaktion auf Antigene gekennzeichnet seien. Die Beeinträchtigung könne angeboren (primär) oder erworben (sekundär) sein. Der typische Patient weise eine Geschichte wiederkehrender Infektionen der oberen Atemwege bzw. der Lunge auf und zeige verringerte Serumkonzentrationen von einer bzw. mehreren Immunglobulinen (IgM, IgG, IgA bzw. IgD). Patienten mit normalen Serum-Immunglobulinspiegeln könnten jedoch Schwächen in ihrer Fähigkeit zum Aufbau von Abwehrkräften gegen bestimmte Antigene aufweisen und manche praktisch agammaglobulinämische Patienten könnten bemerkenswert symptomlos bleiben. Nach Ansicht der Klägerin würden die wiederkehrenden Infektionen der oberen Atemwege bzw. der Lunge auf ein sekundäres Mangelsyndrom hinweisen bzw. dieses beweisen. Für den Beklagten sei jedoch die Tatsache, dass die Patienten immer wieder Infektionen der oberen Atemwege bzw. der Lunge hätten, kein ausreichender Nachweis für das Bestehen eines sekundären Antikörpermangelzustandes. Natürlich führe ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom dazu, dass solche Infekte gehäuft auftreten. Aber HIV/AIDS führe ebenfalls in seinem typischen Verlauf zum Auftreten immer wiederkehrender Infekte. Und genau diese Frage hätte die Klägerin durch weitere Untersuchungen klären und belegen müssen. Es reiche auf keinen Fall aus, bei einem doch sehr typischen Krankheitsverlauf (viele Infekte bei HIV/AIDS) einfach eine ungesicherte Diagnose aufzustellen und sekundäres Antikörpermangelsyndrom zu diagnostizieren. Schließlich seien all diese Begleiterkrankungen der Patienten HIV-/AIDS-definierende Erkrankungen, was bedeute, dass die vielen vorhandenen Infekte nach Ansicht des Beklagten eher auf HIV/AIDS als auf ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom hindeuten. Wieso neben der die vielen Infekte auslösenden HIV-/AIDS-Erkrankung noch ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom vorliegen solle, vermöge die Beklagte nicht zu erkennen. Wieso die Klägerin überhaupt auf diese Diagnose gekommen sei, sei ebenfalls unklar. Laborchemische Untersuchungen seien keine gemacht worden. Nach Ansicht des Beklagten könne ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom aber nur und ausschließlich durch eine klinische Diagnose in Kombination mit einem laborchemischen Nachweis erfolgen. Für die Feststellung eines sekundären Antikörpermangelsyndroms müssten nach Ansicht des Beklagten Immunglobulinparameter gemessen werden. Die Klägerin würde aber nur die Lymphozytenwerte messen und in manchen Quartalen nicht einmal diese. Zu der Messung des Immunglobulinspiegels müsste noch ein laborchemischer Nachweis erfolgen. Dies sei im Quartal 1/2001 nicht gegeben. Nach Durchsicht der Unterlagen sei festzustellen, dass die Diagnose „Antikörpermangelsyndrom“ überhaupt nicht auftauche. Wie schon mehrfach festgestellt, fehle es in den streitgegenständlichen Verfahren an der Dokumentation. Stattdessen würden sich immer wieder die Worte: „HIV-Infektion, Pneumonie, Soor und andere Erkrankungen - bei der Patientin A.G. bzw. Diagnose: „HIV-Infektion, Colitis, perianales Ekzem“ und andere Erkrankungen - beim Patienten F.K. bzw. Diagnose: „HIV-Infektion, rezidivierende Gastroenteritiden, rezidivierender Herpes, Pyodermien“ und andere Erkrankungen - bei der Patientin J.L. bzw. Diagnose: „HIV-Infektion, Colitis, Soor, Bronchitis, Pneumonie“ und andere Erkrankungen - bei dem Patient W.M. bzw. Diagnose: „HIV-Infektion, Herpes zoster, Pneumonie“ und andere Erkrankungen bei dem Patienten H.N. Diagnose: „HIV-Infektion, Herpes simplex, Soor, Balanitis“ und andere Erkrankungen - beim Patienten E.P. bzw. keinerlei Diagnosen beim Patienten L.S. sowie Diagnose „HIV-Infektion, Herpes simplex, Soor, Candiomyopathie?, Salmonellenenteritis und andere Erkrankungen beim Patienten F.W. gemäß den klägerischen Schriftsätzen vom 07.04.2003 bzw. 29.07.1999 finden. Auch die DAGNÄ-Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Aus den Unterlagen gehe auch kein einziger Auslassversuch hervor und sei auch von der Klägerin nicht dargestellt worden. Über die Immunthrombozytopenien sei für die streitgegenständlichen Patienten keine Aussage getroffen worden und ob die sicher vorhandenen, für eine AIDS-Erkrankung typischen rezidivierenden bakteriellen oder rezidivierenden viralen Infekte mit allen anderen Strategien erschöpfend behandelt worden seien, sei für den Beklagten nicht feststellbar. Die Patienten hätten sich auch nicht in einer Krankheitsphase befunden, in der sie mit anderen Therapien nicht mehr ausreichend hätten behandelt werden können. Die Patienten hätten die antiretrovirale Medikation durchaus noch vertragen, wie die verordneten Medikamente zeigen würden. Auch ein vermehrter Bedarf an Antibiotika sei nicht feststellbar, der einen Hinweis auf einen Antikörpermangel und die damit verbundenen vermehrt auftretenden bakteriellen Infekte sein könnte. Der Beklagte habe auch bisher keine ausreichende Studienlage gefunden noch habe sich die Klägerseite auf eine solche berufen oder eine solche dargelegt, dass sekundäre Antikörpermangelzustände aussichtsreich mit Immunglobulinen zu behandeln wären. Der Beklagte stelle klar, dass die vorhandenen klinischen Studien zur Behandlung der HIV-Infektion mit intravenösen Immunglobulinen ausnahmslos aus der Zeit vor Einführung der aktiven Kombinationstherapien gegen HIV (vor 1995 bzw. vor 1990) stammen würden. Den hier zu prüfenden Fall, dass die Patienten mit antiretroviraler Kombinationstherapie zusätzlich mit Immunglobulinen behandelt werden, habe keine einzige der Studien zum Gegenstand. Zudem habe die Bewertung der Expertengruppe Off-Label: Infektiologie mit Schwerpunkt HIV/AIDS zu „intravenösen Immunglobulinen (IVIG) bei HIV/AIDS im Erwachsenenalter bereits Studien aus dem Jahre 1994 vorgestellt, dass die IVIG keinerlei Effekte habe.

Mit Schriftsatz vom 04.03.2013 hat hierzu noch mal die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Stellung genommen. Der Beklagte bemühe erneut die falsche Prämisse, es bedürfe labortechnischer Auswertungen, anhand derer man ein Antikörpermangelsyndrom nachweisen könnte. Das Antikörpermangelkörpersyndrom sei von der Begrifflichkeit in der medizinischen Wissenschaft nicht bekannt. Es gebe vielmehr sehr viele verschiedene Antikörpermangelsyndrome. Soweit es sich um ein quantitatives Antikörpermangelsyndrom handle, sei dies labortechnisch nachweisbar. Beim hier streitgegenständlichen qualitativen Antikörpermangelsyndrom sei der labortechnische Nachweis nicht möglich und überdies auch nicht erforderlich. Den zahlreichen Studien, dem Stand der medizinischen Wissenschaft, der Stellungnahme von Prof. Dr. R. und auch des Paul-Ehrlich-Instituts sei in aller Deutlichkeit zu entnehmen, dass (nur) bei HIV-Patienten (insbesondere und ausnahmsweise und auf den individuellen Einzelfall bezogen) ein qualitatives Antikörpermangelsyndrom dann mit der Erkrankung (in fortgeschrittener Krankheitsphase) einhergehe, wenn in der Klinik dieser Patienten vermehrt auftretende Infekte, die durch eine Insuffizienz des sog. B-Zell-Systems begünstigt würden, beobachtet und dokumentiert werden könnte. Hierzu zählen vor allem bronchopulmonale Infekte, Sinusitiden, Infektionen des Urogenitaltraktes und Abszesse, wie sie durch die Klägerin dokumentiert worden seien. Der Nachweis sei der klinische Verlauf bei diesen Patienten. Im Gegensatz zu Patienten mit anderen Grunderkrankungen sei eine Laboruntersuchung wenig hilfreich, da ja trotz der scheinbar vermehrten Immunglobulinproduktion erhebliche funktionelle Störungen auftreten. Der Beweis, dass diese Störungen nicht auf die HIV-Infektion, sondern auf dem Antikörpermangelzustand beruhen, sei durch die folgende Unterscheidung leicht zu erbringen. Bei den vorliegenden Infektionen handle es sich nicht um HIV-bedingte sog. opportunistische Infektionen. Es gehe vielmehr um solche vermehrt auftretende Infekte, die durch eine Insuffizienz des sog. B-Zell-Systems begünstigt würden. Die Unterscheidung sei damit durch die Art der Infektion vorzunehmen. Dies sei dokumentiert worden. Darüber hinaus sei dokumentiert worden, dass sämtliche Patienten seit der Gabe von Immunglobulinen keine diesbezüglichen Infektionen mehr aufgewiesen hätten.

III.

Die Beigeladene zu 2) in den früheren Verfahren L 12 KA 17/12, L 12 KA 29/12 und L 12 KA 45/12 hat mit Schriftsatz vom 21.09.2001 Antrag auf Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise der Kläger im Quartal 4/00 gestellt.

Der Prüfungsausschuss der KVB - Bezirksstelle A-Stadt Stadt und Land - hat mit Prüfbescheid vom 08.07.2002 einen Arzneiregress in Höhe von 32.054,70 EUR festgesetzt. Der Prüfungsausschuss habe eine Einzelfallprüfung durchgeführt und bestätige zum Teil die von der Beigeladenen zu 2) getroffenen Feststellungen hinsichtlich der unwirtschaftlichen Verordnungsweise. Die Vertragsärzte hätten in elf Fällen neben der Immunglobulingabe (mittels Octagam) auch eine antiretrovirale Therapie durchgeführt. Die Kombination von Immunglobulinen mit antiretroviralen Substanzen entspreche nicht den Empfehlungen der DAGNÄ zur HIV-Therapie. Die Ärzte hätten deshalb unwirtschaftliche Verordnungen getätigt.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 11.08.2002, der mit Schriftsatz vom 07.02.2003 näher begründet wurde. Die Empfehlungen des Privatvereins DAGNÄ e.V. seien nicht geeignet, das für die Vertragsärzte bestehende Wirtschaftlichkeitsgebot zu konkretisieren (Hinweis auf den Schriftsatz einer anderen Kanzlei vom 08.05.1999 zu Vorquartalen). Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass sich die Empfehlungen der DAGNÄ e.V. gerade auf die Kombination antiretroviraler Medikamente mit Immunglobulinen beziehen. In den vorliegenden Fällen sei die streitgegenständliche Therapie von den Arzneimittelrichtlinien umfasst (Ziffer 20 AMR). Danach dürften Impfstoffe und/oder Immunglobulinpräparate insbesondere bei immunsupprimierten Patienten und bei Patienten mit Immundefekt verordnet werden, wenn nach wissenschaftlicher Erkenntnis hierdurch ein Krankheitsausbruch mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden könne. Die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlung ergebe sich in den vorliegenden Fällen daraus, dass die betroffenen Patienten neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leiden und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Das HI-Virus zerstöre das menschliche Immunsystem. Bei entsprechender Ausbreitung des Virus versterbe der Patient an den sog. opportunistischen Erkrankungen, die als Folge seiner Immunschwäche nicht mehr bekämpft werden könnten. Seit Anfang 1997 werde die hochaktive antiretrovirale Kombinationstherapie eingesetzt. Unbestritten habe diese Therapie zu einer deutlichen Reduktion der HIV-assoziierten Morbididät und Mortalität geführt. Gleichwohl könne AIDS unverändert nicht als heilbare Krankheit eingestuft werden. Mit der antiretroviralen Kombinationstherapie könne keine ausreichende Medikation für die HIV-Erkrankung erfolgen, aber ein Hinauszögern im Stadium AIDS in vielen Fällen erreicht werden. Nach Eindringen des Virus in den menschlichen Blutkreislauf würden sich die Viren an die Oberfläche der CD4-Lymphozyten (zentrale Schaltzellen des Immunsystems) anheften, in die Zelle eindringen und ihre genetische Information an das genetische Material im Zellkörper infizieren. Würden die so befallenen CD4-Lymphozyten durch andere Erreger (Bakterien, Viren, Pilze) aktiviert, würden sie mit der Produktion von HI-Viren beginnen und dadurch zerstört werden. Da sich das menschliche Immunsystem täglich mit einer Fülle von in den Körper eindringenden Keimen auseinandersetzen müsse, würden täglich CD4-Lymphozyten aktiviert und würden dadurch täglich neue HI-Viren bilden. Täglich würden Milliarden neuer Viren gebildet und Milliarden CD4-Lymphozyten zerstört. Dies führe schließlich zu einer Erschöpfung der Zellenneuproduktion im Knochenmark, die CD4-Lymphozytenzahl nehme ab. HIV-assoziierte Erkrankungen, opportunistische Infektionen oder bösartige Tumore würden über kurz oder lang zum Tod des Patienten führen. Mittels HAART könne zurzeit ein Fortschreiten der Erkrankung für fünf bis acht Jahre verhindert werden. Durch die Gabe antiretroviraler Kombinationspräparate könne das Eintreten des Endstadiums AIDS hinausgezögert werden. Wenn man sich den Verlauf einer HIV-Infektion als einen Zug vorstelle, der auf einen Abgrund (Tod durch AIDS) zufahre, so gebe die CD4-Zellzahl den Abstand zum Abgrund an. Die Höhe der Virusbeladung gebe die Geschwindigkeit an, mit der sich der Zug auf den Abgrund zu bewege. Hinzu komme, dass es sich bei der HAART um eine Therapie handle, die sich erst seit gut fünf Jahren im Einsatz befinde. Vor dem Hintergrund der Kürze der Erfahrungszeit mit dieser Therapie lasse sich die Frage, ob sich letztendlich unter einer fortlaufenden HAART über viele Jahre eine HIV-Infektion stabilisieren lasse, derzeit nur spekulativ beantworten. Resistenzen, die immerhin 50% der Patienten, die derzeit HAART nehmen würden, bereits betreffen, Complianceschwierigkeiten und vor allen Dingen Langzeitnebenwirkungen würden die entsprechend andauernde Erfolgsrate antiretroviraler Therapieformen limitieren. Vor diesem Hintergrund seien die Vertragsärzte über die Verordnung von Immunglobulinen bei HIV-Erwachsenen per Rundschreiben vom 04.07.1994 über die KVB beraten worden. Die Beratung sei zu keinem Zeitpunkt widerrufen oder korrigiert worden. Über viele Jahre hinweg seien die Kosten der streitbefangenen Therapie anstandslos übernommen worden. Der so geschaffene Vertrauenstatbestand stehe einem Regressanspruch entgegen. Selbst wenn in den vorliegenden Fällen man einen Off-Label-Use des gebrauchten Präparats Octagam annehme, wäre eine zulassungsüberschreitende Verordnung nicht ausgeschlossen. Nach dem Urteil des BSG (Urteil vom 19.03.2002, B 1 KR 37/00 R) sei die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet möglich, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn keine andere Therapie verfügbar sei und wenn aufgrund der Datenlage die begrenzte Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Damit Letzteres angenommen werden könne, müssten Forschungsergebnisse vorliegen, die erwarten lassen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Davon könne ausgegangen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt sei oder die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht seien und eine klinischrelevante Wirksamkeit bzw. einen klinischrelevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht seien, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorangegangenen Sinne bestehe. Die entsprechenden von der DAGNÄ e.V. aufgestellten Kriterien seien ebenfalls bekannt. Auch das dritte von der Rechtsprechung herangezogene Kriterium, nämlich ein nach den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft zu erwartender Behandlungserfolg sei hier anzunehmen. Hierzu hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 27.02.2003 ausgeführt, dass die Widerspruchsbegründung nur allgemein auf die beiden Therapieformen IVIG und HAART eingehe. Der Beklagte sei der Ansicht, dass die Problematik anhand konkreter Einzelfälle auf der Grundlage medizinischer Fakten diskutiert werden sollte. Es biete sich an, anhand einzelner Patienten und deren Krankheitsverläufen die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit von IVIG und HAART gegenüberzustellen.

Von einem durch die Beigeladene zu 1) geschaffenen Vertrauenstatbestand hinsichtlich der Immunglobulintherapie könne keine Rede sein. Am 16.09.1993 sei eine Beratung von Dr. A. erfolgt. Dieser sei auch in die regelmäßig stattfindenden Qualitätszirkel „AIDS“ in der Bezirksstelle A-Stadt Stadt und Land der KVB eingebunden gewesen, wo das Thema IVIG bis ins Detail erläutert und auch die Hinwendung zur „Dreiertherapie“ frühzeitig offenkundig geworden sei. Schon damals sei Dr. A. seiner bis dato experimentellen Therapie treu geblieben, obwohl die drohende Wirtschaftlichkeitsprüfung auch von den anwesenden Kassenvertretern in den Raum gestellt worden sei. Auch Dr. H. habe Dr. A. die Konsequenzen einer derartigen Therapie unter dem Licht der neuen Erkenntnisse vor Augen geführt.

Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2003 den Widerspruch zurückgewiesen. Der Beklagte habe im vorliegenden Fall die Einzelfallprüfung als sachgerechte Prüfmethode gewählt. Die widerspruchsführende Partei verweise im Wesentlichen auf die bereits ergangenen Schriftsätze, insbesondere das Gutachten von PD Dr. R. vom 03.01.2001. Darüber hinaus sei vom Beklagten das zu den Vorverfahren erstellte Gutachten von Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 herangezogen worden. Der Beklagte sehe sich in der Lage, auf der Grundlage dieser Gutachten zu entscheiden. Die Kläger würden eine - in einigen Fällen unzureichende - antiretrovirale Therapie, häufig in fixer Kombination mit IVIG verwenden. Bereits die DAGNÄ-Empfehlungen von Oktober 1996 würden den Einsatz von intravenösen Immunglobulinen auf wenige ganz bestimmte Krankheitsbilder und Komplikationen beschränken. Es handle sich um Empfehlungen ohne allgemein verbindlichen Charakter. Die DAGNÄ-Empfehlungen würden aber den damaligen Diskussionsstand der HIV-Behandlung mit Immunglobulinen widerspiegeln. Nicht der hohe Preis der IVIG-Therapie, sondern der fehlende Wirksamkeitsnachweis für die Indikation HIV beim Erwachsenen ohne Thrombozytopenie und Antikörpermangel würden diese Therapie unwirtschaftlich machen. Eine unkritische, über Monate bzw. Quartale gehende regelmäßige Substitution ohne jeglichen Anhaltspunkt für die therapeutische Wirksamkeit sei nicht geeignet, die Kriterien der Zulassung auch nur im Geringsten zu erfüllen. Gemäß dem Schreiben des PEI vom 30.10.2002 fehle der Wirksamkeitsnachweis für die Indikation HIV beim Erwachsenen, was den Schluss der unwirtschaftlichen Therapie nahelege. Es fehle auch ein Antrag auf Ausdehnung der Zulassung auf erwachsene AIDS-Patienten. Immunglobuline würden zur Substitution von Antikörpermangel ausschließlich bei bestimmten primären Immundefekterkrankungen sowie bei sekundären Mangelzuständen unter multiplem Myelom oder der chronischlymphatischen Leukämie angewendet. Diese Indikationen würden nicht eine pauschale Ausdehnung auf jegliche Zustände oder Erkrankungen erlauben, die mit Antikörpermangel einhergehen (Beispiel AIDS-Erkrankung beim Erwachsenen). Der Beklagte gehe wie das PEI davon aus, dass die Substitution von IVIG in Einzelfällen eine zugelassene Indikation sei, eine unkritische, über Monate und Quartale gehende regelmäßige Substitution ohne jeglichen Anhaltspunkt für die therapeutische Wirksamkeit wie in den vorliegenden Fällen sei nicht geeignet, die Kriterien der Zulassung zu erfüllen. Aus einer Grundsatzstellungnahme des MDK/MDS von Herrn Wolfgang Wilms, Referat Pharmakologie vom 01.10.1999 sei zu entnehmen, dass die Anwendung von Immunglobulinen für bestimmte HIV-/AIDS assoziierte Krankheitsbilder bei Erwachsenen keine zugelassene Indikation sei. Die zugelassenen Gaben von IVIG bei „kongenitaler HIV-Infektion bei Kindern“, dem (objektivierten) „Antikörpermangel“ oder anderen, zugelassenen Anwendungsgebieten, wie zum Beispiel ITP, „Guillain-Barré-Syndrom“ würden bei der Betrachtung ausgeklammert. Da in den vorliegenden Fällen ein Zulassungsverfahren (noch) nicht durchgeführt worden sei, sei es sachgerecht, die Verordnungsfähigkeit eines Medikamentes zulasten der Krankenkassen zu verneinen, weil ein ausreichender Wirksamkeitsnachweis in einem dafür vorgesehenen und geeigneten Verfahren nicht erbracht worden sei. Aus einer Stellungnahme des RKI (Robert-Koch-Institut) sei zu entnehmen, dass eine offizielle Empfehlung zur Immunglobulin-Therapie der HIV-Infektion bei Erwachsenen nicht existiere und sich diese „überlebt“ habe. Der Beklagte erkenne an, dass die DAGNÄ-Empfehlungen zwar in gewisser Hinsicht den Stand der medizinischen Erkenntnisse widerspiegeln würden, allerdings in einem recht komplexen Geschehen und nur ein Aufgreifkriterium für die Wirtschaftlichkeitsprüfung darstellen. Die internationale Studienliteratur belege Therapieversuche bei HIV/AIDS mit polyvalenten Immunglobulinen bei Erwachsenen. Dieser Weg sei jedoch mangels Erfolg weitgehend verlassen worden. Prof. Dr. D. führe in seinem Gutachten vom 06.07.2000 aus, dass die Gabe von Immunglobulinen nur als Prophylaxe verstanden werden könne, wofür es keine Indikation gebe. Die pauschalen Begründungen seien in den einzelnen Fällen nicht ausreichend, um eine Indikation zu rechtfertigen. Weiter verweise Prof. Dr. D. auf die Empfehlungen der DAGNÄ für die HIV-Behandlung und die dort aufgeführten Krankheitsbilder, bei denen die Gabe von Immunglobulinen (ausnahmsweise) indiziert sei. Bei den angeführten Patienten bzw. Begründungen seien diese Krankheitsbilder durchgängig nicht enthalten. Auch sei bei der Anwendung von Immunglobulinen darauf zu achten, dass alle anderen Strategien ausgeschöpft seien. Eine über viele Jahre dauernde regelmäßige Verabreichung von Immunglobulinen sei nirgends festgehalten. Standard der HIV-Behandlung sei die Kombination mehrerer wirksamer antiretroviraler Medikamente einschließlich Proteasehemmer. Die Gabe von Immunglobulinen bei HIV-Infektion sei mit Ausnahme der ITP-ähnlichen Thrombozytopenie wegen mangelnder Effektivität völlig verlassen worden. Der Gegengutachter PD Dr. R. komme in seinem Gutachten pauschal zu dem Ergebnis, dass die PA-Begründung - die DAGNÄ-Kriterien für die IVIG-Gabe seien nicht erfüllt - nicht greife. Die Gegendarstellung von PD Dr. R. vom 03.01.2001, erstellt für das Quartal 3/97, bringe lediglich eine Auflistung der Indikationen, ohne aber auf die Zulassungssituation einzugehen. Der Beschwerdeausschuss hat die vom Prüfungsausschuss beanstandeten Patienten nach Kassenzugehörigkeit erfasst, danach die Verordnungszeiträume und die Diagnosen benannt, letztendlich die gutachterlichen Stellungnahmen gegenübergestellt und aus dieser Gesamtübersicht eine Entscheidung getroffen. Der Beklagte hat sodann zu den einzelnen Patienten die im Quartal 4/00 verordneten Medikamente aufgeführt, aus den Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 07.02.2003 und 29.07.1999 zum Behandlungsverlauf und zur Notwendigkeit der durchgeführten Behandlung zitiert. Des Weiteren wurde aus dem Gutachten von Prof. Dr. D. und PD Dr. R. - soweit zu den einzelnen Patienten aus Vorquartalen vorhanden - zitiert. Sodann erfolgte die Bewertung des Beschwerdeausschusses.

Hiergegen richten sich die Klagen vom 15.12.2003 (S 38 KA 992/08 bis S 38 KA 1001/08) zum Sozialgericht München, die mit Schriftsätzen vom 06.10.2008 näher begründet wurden.

Der Patient E.C. befinde sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion. Er leide seit 1990 an rezidivierenden oberen Atemwegsinfekten. 12/1995 Herpes Zoster. Seit 12/1995 erhalte er eine antiretrovirale Therapie. Seit 12/1999 IVIG. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen. Es bestehe eine generelle Proteaseinhibitorenunverträglichkeit, daher habe nur eine insuffiziente HAART zur Anwendung gelangen können und es sei die IVIG-Therapie fortgesetzt worden. Der Widerspruchsbescheid sei rechtswidrig beschwerend, weil es an einer Begründung fehle. Der Beklagte stelle die Behauptung auf, dass die IVIG-Gabe ohne weitere Gabe von Antibiotika nicht gerechtfertigt sei. Unabhängig davon, dass der Patient auch Antibiotika erhalten habe, sei eine solche vom Beklagten normierte Voraussetzung weder dem wissenschaftlichen Stand der Medizin noch den DAGNÄ-Empfehlungen zu entnehmen. Ein erworbener Immundefekt könne auch nicht mit einem Antibiotikum behandelt werden. Es könne lediglich ein dahingehender Versuch gestartet werden, die weiteren Infektionen mittels Gabe eines Antibiotikums zu beherrschen. Gerade weil der Patient an einem erworbenen Immundefekt leide, gelinge dies eben nicht immer. Das gehäufte Auftreten zusätzlicher Infektionen kennzeichne die HIV-Erkrankung als erworbenes Immundefekt-Syndrom. Aus unerfindlichen Gründen betrachte der Beklagte die auftretenden Infektionen offensichtlich als eigenständiges Krankheitsbild. Diese Einordnung sei aber falsch. Denn diese Infektionen, mögen sie auch für sich gesehen harmlos erscheinen, stehen im Zusammenhang mit der HIV-Infektion, seien krankheitsdefinierend. Die Tatsache, dass sie sich überhaupt ereignen, gebe dem Behandler Auskunft über den schlechten Zustand des Immunsystems. Würden die antiretroviralen Medikamente eine Vermehrung von HI-Viren immer zur Gänze verhindern, könnten diese zusätzlichen Infektionen gar nicht auftreten. Es würde sich nämlich dann in der Tat um normale zusätzliche Infektionen handeln, die man, wie bei jedem anderen Patienten ohne HIV auch, mit einem Antibiotikum behandeln könne. Mit rezidivierenden Infekten sei überdies nicht ein schlichter kleiner Atemwegsinfekt gemeint. Weil solche Infekte das bereits teilweise zerstörte Immunsystem (durch HIV) weiter beschädigen, die Vermehrung der HI-Viren beschleunigen können und letztendlich damit auch das Funktionieren der HAART negativ beeinträchtigen können, würden Immunglobuline eingesetzt. Bei dem Patienten bestehe weiterhin eine generelle Proteaseinhibitorenunverträglichkeit, so dass er folglich nicht von einer funktionieren HAART profitieren könne. Der regressierte Patient habe die letzte Immunglobulin-Infusion am 13.09.2000 erhalten. In der Folgezeit seien gehäuft virale Infektionen im Augenbereich, Gastrointestinum, obere Atemwegsinfekte und Harnwege bei insgesamt schwieriger Gestaltung der antiretroviralen Therapie aufgetreten. Die Patientin A.G. befinde sich im schlechtesten Stadium der HIV-Erkrank- ung CDC C 3 mit dem Vollbild AIDS. Sie habe seit 1987 (1987 bis 1993) viermal an Herpes Zoster gelitten, seit 1993 an chronischer Diarrhöe und Thrombopenie. 3/1993 Soor, orale Haarleukoplakie. 1/1994 atopisches Ekzem, Ekzema herpeticum (Hände, Mund, Füße). 5/1994 Soor. Seit 1/1995 erhalte sie eine antiretrovirale Therapie. 1995 habe sie eine Pneumonie erlitten. 12/1996 Soor-Ösophagitis. 1997 nekrotisierende Colitis. 5/1999 Candida-Colitis und Soor. Seit 17.06.1999 erfolge die zusätzliche Behandlung mit Immunglobulinen. Es handle sich um eine Patientin der Kategorie 1 bzw. 3 der DAGNÄ-Empfehlungen. Seit der Gabe von IVIG habe sich ein deutlicher Rückgang von viralen, mykotischen und bakteriellen infektiösen Episoden ereignet. Es bestehe eine unvollständige Virussuppression. Niedrige CD4-Zellzahl und Unverträglichkeit von zahlreichen antiretroviralen Medikamenten, insbesondere Proteaseinhibitoren machten eine Weiterbehandlung mit IVIG dringend erforderlich. Die regressierte Patientin habe von der Therapie bis zur letzten Infusion im Jahre 2002 profitiert. In der Folgezeit seien wieder gehäuft mykotische, virale und bakterielle Infekte aufgetreten. In der jüngsten Vergangenheit habe die Patientin allerdings von der Wirksamkeit neuer antiretroviraler Medikamente insofern Nutzen ziehen können, als sie jetzt unter einer besser wirksamen HAART mit seltener auftretenden Infektionen belastet werde. Immerhin habe eine Überbrückung der Entwicklungszeit dieser neuen Präparate gelingen können. Der Patient F.K. befinde sich im schlechtesten Stadium der HIV-Erkrankung CDC C 3 mit dem Vollbild AIDS. Er erhalte seit 1988 antiretrovirale Medikamente und befinde sich seit 11/1993 (Kaposi-Sarkom) im Stadium AIDS der Infektion. Seit 3/1994 hätten sich orale Haarleukoplakien, 3/1994 perianales Ekzem, 5/1994 Colitis ereignet. Seit 6/1994 erhalte F.K. IVIG. Bei diesem Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen liege ein multiresistentes Virus vor. Trotz schwerem Immundefekt (DC4-Zellen zwischen 50 und 200 Helferzellen schwankend) hätten sich seit der Gabe von Immunglobulinen keine bakteriellen oder mykotischen Infektionen mehr ereignet. Das Kaposi-Sarkom sei eine AIDS-definierende Erkrankung. Dass der Beklagte dies nicht berücksichtige, zeige, dass sich das Gremium nicht mit den Grundlagen der HIV-Infektion beschäftigt habe. In dem bereits tödlichen Stadium der Erkrankung mit multiresistentem Virus, das heiße insuffizienter HAART bestehe ein erheblicher Immundefekt, der sich gerade in den zusätzlichen Infektionen zeige, so dass ein Unterlassen der Therapie unverantwortlich wäre. Die rezidivierenden Infektionen könnten mittels Gabe von Antibiotikum nicht ausreichend behandelt werden. Der regressierte Patient habe von der Therapie bis zur letzten Infusion im Jahre 2001 profitiert. In der Folgezeit seien wieder gehäuft obere Atemwegsinfektionen aufgetreten. Bis heute gestalte sich die antiretrovirale Therapie wegen Multiresistenzen schwierig.

Zur Patientin J.L. hat die Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 19.09.2008 auf gewisse Ungereimtheiten bezüglich der Zulassung des eingesetzten Immunglobulins „Octagam“ hingewiesen. Die Patientin J.L. sei seit 7/1996 über Jahre erfolgreich mit dieser Therapie ohne Beanstandung durch die Krankenkassen behandelt worden. Der Beklagte verkenne im allgemeinen Teil des Widerspruchsbescheids sowohl, dass entsprechende Studien zum Benefit der Behandlungsweise vorliegen würden, die streitgegenständlichen Verordnungen gerade auch im Rahmen einer beim PEI angemeldeten Anwendungsbeobachtung eingebunden seien, wobei eine angemeldete Anwendungsbeobachtung grundsätzlich gemäß § 67 Abs. 6 AMG nur in zugelassener Indikation erfolgen dürfe. Daneben seien auch die DAGNÄ-Empfehlungen falsch interpretiert worden. Das Bayerische Landessozialgericht (vgl. Az.: L 5 KR 352/05) sehe zu Unrecht keinen ausreichenden Evidenzgrad der vorliegenden Studien. Die im Urteil des BSG vom 19.03.2002 genannte Alternative „oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnenen Erkenntnisse veröffentlich sind, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen oder aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne besteht“ werde nicht geprüft. Bei den DAGNÄ-Empfehlungen handle es sich um eine Expertenmeinung. Zwischenzeitlich habe der GBA mit Beschluss vom 21.02.2006 der Expertengruppe Off-Label-Use den Auftrag erteilt, die Gabe von intravenösen Immunglobulinen zur Behandlung von HIV/AIDS im Erwachsenenalter (auch als Adjuvanz) zu bewerten. Damit sei die Frage des Off-Label-Use derzeit wie folglich im Jahre 2008 noch nicht hinreichend geklärt. Frau J.L. habe sich zum Zeitpunkt der Verordnungen im fortgeschrittenen Stadium CDC B 2 der HIV-Infektion befunden. Sie sei seit 1990 bei der Klägerin in Behandlung gewesen. Nach einer schweren Gastroenteritis und Sinusbronchitis sei sie ab 7/1996 zusätzlich zu HAART mit Immunglobulinen versorgt worden. Es handle sich um eine Patientin der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen. Unter der Therapie habe sich ein deutlicher Rückgang der Häufigkeit und Schwere sämtlicher bis dato bestehender infektiöser Ereignisse ergeben. Die Verordnungen seien bei der Patientin J.L. eingestellt worden. Unglücklicherweise sei der Krankheitsverlauf derart eskaliert, dass vermutlich durch die toxische Wirkung der hochaktiven antiretroviralen Kombinationstherapie eine Leberschädigung eingetreten sei, die bereits 2003 das Stadium CHILD B der Leberzirrhose erreicht habe. Die Patientin J.L. sei Mitte des Jahres 2006 verstorben.

Der Patient W.M. befinde sich im schlechtesten Stadium der HIV-Erkrankung CDC C 3 mit dem Vollbild AIDS. Er leide seit 4/1987 an rezidivierenden eitrigen Sinusbronchitiden mit asthmoider Komponente. 8/1987 schwere Colitis. Seit 1987 ausgeprägte, progrediente Thrombozytopenie mit Werten bis 17.000. 12/1989 Bronchopneumonie, 1/1990 Bronchopneumonie, 2/1990 eintrige asthmoide Bronchitis, 6/1991 Splenektomie wegen Thrombozytopenie, 6/1991 Otitis externa rechts, 12/1991 eitrige Bronchitis, 4/1993 ausgeprägter Soor und schwere eitrige Bronchitis. Seit 5/1993 orale Haarleukoplakie. Insgesamt ca. alle drei Monate Pneumonie oder eitrige Bronchitis. Seit 1993 erneut schwere Thrombozytopenie. 8/1993 eitrige Bronchitis. 9/1993 Onychomykose. Er erhalte seit 10/1993 IVIG, seit 12/1994 eine antiretrovirale Therapie. 4/1994 Pneumonie (atypische Mycobakterien), 1994 Pneumocystis carinii, Pneumonie mit Rezidiv. 12/1994 Thrombozytopenie mit einem Wert von 6.000. 4/1995 bakterielle Pneumonie. 2/1997 bakterielle Pneumonie. Seit der Patient bereits 1994 eine Pneumozystis carinii-Pneumonie erlitten habe, sei er als AIDS-Patient einzustufen, denn es handle sich um eine AIDS-definierende Erkrankung. Soweit der Beklagte meine, dies sei nicht mehr „relevant“, zeige dies, dass sich das Gremium nicht mit den Grundlagen der HIV-Infektion beschäftigt habe. Denn in der medizinischen Wissenschaft finde eine Rückstufung, wie der Beklagte sie hier offensichtlich vornehmen wolle, nicht statt. Den rezidivierenden Infektionen sei mittels Gabe von Antibiotikum nicht ausreichend zu begegnen gewesen. Der regressierte Patient habe von der Therapie bis zur letzten Infusion im Jahre 2001 profitiert. In der Folgezeit habe sich eine erhebliche Verschlechterung der Lungenfunktion aufgrund gehäufter oberer Atemwegsinfekte (COPD) ereignet. Herr W.M. sei berentet worden. Er befinde sich jetzt wegen des schweren Lungenleidens in Mitbehandlung einer lungenfachärztlichen Praxis.

Der Patient H.N. befinde sich im schlechtesten Stadium der HIV-Erkrankung CDC C 3 mit dem Vollbild AIDS. Bereits 5/1997 habe er eine Pneumozystis carinii-Pneumonie erlitten. Es handle sich um eine AIDS-definierende Erkrankung. In der medizinischen Wissenschaft finde eine Rückstufung, wie der Beklagte sie hier vornehmen wolle, nicht statt. Herr H.N. sei ein Patient der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen. Den rezidivierenden Infektionen habe mittels Gabe von Antibiotikum nicht ausreichend begegnet werden können. Der regressierte Patient habe von der Therapie bis zur letzten Infusion im Jahre 2001 profitiert und sei seither nicht mehr Patient der Klägerin. Die Patientin S.N.-M. befinde sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion. Seit 5/1994 hätten sich eitrige Infekte der oberen Atemwege ereignet. Seit 1994 erhalte sie eine antiretrovirale Therapie. Im Jahr 1995 habe sie eine ausgedehnte Pyodermie erlitten. Seit 6/1995 erhalte sie Immunglobuline. In der Zeit von 12/1996 bis 8/1997 habe die Patientin eine Schwangerschaft mit häufigem Erbrechen und insgesamt unzuverlässiger Medikamenteneinnahme durchlebt. Es handle sich um eine Patientin der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen. Seit dem Einsatz von IVIG habe sich ein Sistieren der schweren bakteriellen Infektionen eingestellt. Die rezidivierenden Infektionen seien mittels Gabe von Antibiotikum nicht ausreichend zu behandeln gewesen. Die regressierte Patientin habe von der Therapie bis zur letzten Infusion am 18.11.2000 profitiert. In der Folgezeit seien wieder gehäufte Infektionen aufgetreten. Ende 2005 habe Frau S.N.-M. eine Pneumozystis carinii-Pneumonie erlitten. Es handle sich um eine AIDS-definierende Erkrankung.

Der Patient E.P. befinde sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion. Der Krankheitsverlauf sei dem Beklagten seit Jahren bekannt. Es sei insbesondere darauf hingewiesen, dass der Patient an einer generellen Protease-Inhibitor-Unverträglichkeit leide. Es handle sich um einen wichtigen Bestandteil der HAART, die vor diesem Hintergrund nur insuffizient durchgeführt werden könne. Herr E.P. sei ein Patient der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen. Bei zufriedenstellendem virologischem Ergebnis bestehe weiterhin eine niedrige DC4-Zahl. Den rezidivierenden Infektionen sei mit der Gabe von Antibiotikum nicht ausreichend zu begegnen gewesen. Der regressierte Patient habe von der Therapie bis zur letzten Infusion profitiert.

Der Patient L.S. befinde sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion. Er erhalte seit 5/1997 eine antiretrovirale Therapie. Nach schwerer Thrombozytopenie mit Nachweis von Thrombozyten-Antikörpern (Tiefstwerte der Thrombozyten zwischen 12.000 und 28.000) erhalte er seit 8/1998 IVIG. Aufgrund der erheblichen Blutungsgefahr sei die Gabe von Immunglobulinen erforderlich gewesen. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 2 der DAGNÄ-Empfehlungen. Den rezidivierenden Infektionen sei durch die Gabe von Antibiotikum nicht ausreichend zu begegnen gewesen. Der regressierte Patient habe von der Therapie bis zur letzten Infusion profitiert.

Der Patient E.P. befinde sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion. Er leide an einer generellen Protease-Inhibitor-Unverträglichkeit. Es handle sich um einen wichtigen Bestandteil der HAART, die vor diesem Grund nur unzureichend durchgeführt werden könne. Er sei ein Patient der DAGNÄ-Empfehlungen. Bei zufriedenstellendem virologischem Ergebnis bestehe weiterhin eine niedrige CD 4-Zahl. Den rezidivierenden Infektionen habe mittels Gabe von Antibiotikum nicht ausreichend begegnet werden können.

Der Patient F.W. befinde sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion. Es handle sich um einen multimorbiden Patienten mit onkologischer Zweiterkrankung. Er habe seit 9/1997 an Salmonellen-Enteritis, dann rezidivierendem Herpes simplex der Mundhöhle, Condylomata acuminata, Soor, lokale Haarleukoplakie, Kardiomyopathie und Aorteninsuffizienz (seit Jahren bekannt) gelitten. Seit 5/1998 habe er ein perianales spinozelluläres Karzinom mit Resektion erlitten. Er habe sei 10/1997 antiretrovirale Medikamente und IVIG erhalten. Seit 7/1998 leide er an distal betonter Neuropathie mit 5/2000 Rezidiv eines spinozellulären Karzinoms mit Chemo- Radiotherapie. Der Patient sei zwischenzeitlich verstorben. Es habe sich um einen Patienten der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen gehandelt. Wegen unbefriedigender Rekonstruktion des Immunsystems trotz erfolgreicher antiretroviraler Therapie. Der regressierte Patient habe von der Therapie bis zur letzten Infusion profitiert. Auf die wissenschaftliche Diskussion über die Zusammenhänge zwischen eingeschränktem Immunsystem und der Bildung bösartiger Tumore werde hingewiesen.

Die Beigeladene zu 2) (Verfahren L 12 KA 17/12, L 12 KA 29/12, L 12 KA 45/12) hat mit Schriftsatz vom 06.06.2011 darauf hingewiesen, dass der Aspekt des sekundären Immundefekts in jeder Stufe berücksichtigt worden sei. Eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht (1 BvR 550/08 vom 07.04.2008) in gleicher Sacher sei nicht zur Entscheidung angenommen worden. In der Begründung werde der Aspekt des sekundären Immundefekts in die Entscheidungsfindung einbezogen („mit der zusätzlichen Gabe von Immunglobulinen würden die mit HIV-Infektion einhergehenden weiteren Infektionen bekämpft und vermieden“). Letztlich spiele die wiederholt geäußerte angebliche Verkennung der Behandlungsabsicht (nicht HIV/AIDS, sondern sekundärer Immunglobulinmangel) keine Rolle. Nach der Fachinformation bestehe eine zugelassene Anwendung weder bei erwachsenen HIV/AIDS-Patienten noch bei den im Verlauf der Krankheit auftretenden gehäuften Infektionen durch sekundären Antkörpermangel. Die Expertengruppe Off-Label-Use Infektiologie mit Schwerpunkt HIV/AIDS sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich keine wissenschaftlich ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit von intravenösen Immunglobulinen im Anwendungsgebiet HIV/AIDS bei Erwachsenen als Therapie gegen das Fortschreiten des Immundefekts oder die resultierenden infektiologischen Komplikationen finden lasse.

Das Sozialgericht München hat mit Gerichtsbescheiden vom 11.01.2012 (S 38 KA 992/08 bis S 38 KA 1001/08) die Klagen abgewiesen. Es sei zu klären, ob das Immunglobulin „Octagam“ im Quartal 4/2000 bei den streitgegenständlichen Patienten verordnungsfähig gewesen und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots verordnet worden sei. Die Patienten seien bereits mehrere Jahre zuvor in der klägerischen Praxis behandelt worden und seien am HIV-Virus erkrankt (gewesen). Sie hätten im streitigen Quartal neben der sog. antiretroviralen Therapie auch eine Immunglobulintherapie mit dem Präparat „Octagam“ erhalten. Zunächst sei für das Präparat „Octagam“ die Frage der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären. Denn Präparate, die nach § 21 Abs. 2 AMG arzneimittelrechtlich zugelassen seien, würden grundsätzlich als zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V gelten und seien daher von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung mit umfasst. Bei keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung nach § 21 Abs. 1 AMG bestehe mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit auch keine Verordnungsfähigkeit, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen für einen „Off-Label-Use“ bzw. für eine verfassungskonforme Auslegung leistungseinschränkender Vorschriften des SGB V vor. Gerade in jüngster Zeit hätten sich mehrere Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit der Verordnungsfähigkeit von Immunglobulinen befasst (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 353/05; Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 20.11.2007, Az.: B 1 KR 118/07 B; Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.04.2008, Az.: 1 BvR 550/08; BSG, Urteil vom 28.02.2008, Az.: B 1 KR 15/07 R; BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R; BVerfG, Entscheidung vom 30.06.2008, Az.: 1 BvR 1665/07). Den oben genannten Entscheidungen sei gemeinsam, dass sie - wie auch die Vorinstanzen - davon ausgehen, dass die Immunglobuline nicht zur Behandlung von an HIV erkrankten erwachsenen Patienten zugelassen seien. In den Entscheidungen sei daher darüber zu befinden gewesen, ob ausnahmsweise die Voraussetzungen des Off-Label-Use gegeben seien oder ob ausnahmsweise im Wege der verfassungskonformen Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V gleichwohl eine Verordnungsfähigkeit zu bejahen sei. Nach gefestigter Rechtsprechung zum sog. Off-Label-Use (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az.: B 1 KR 30/06 R) bestehe eine Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn keine andere Therapie verfügbar sei und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Ebenfalls entstehe eine Verordnungsfähigkeit bei Anwendung der verfassungskonformen Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V, die seit der sog. „Nikolausentscheidung“ des BVerfG (Entscheidung vom 06.12.2005, Az.: 1 BvR 347/98) zusätzlich Anwendung finde. Danach sei vorauszusetzen, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung (= Notstandsindikation) vorliege, eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung bzw. Verordnung nicht zur Verfügung stehe und nicht auszuschließen sei, dass mit der Therapie oder Methode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Ob das Präparat zugelassen sei, ergebe sich aus dem Bescheid des PEI bzw. aus den jeweiligen Fachinformationen. Zum Zeitpunkt der Verordnung (Quartal 4/2000) habe noch nicht die mit Änderungsbescheid vom 07.01.2002 (PEI) modifizierte Zulassungssituation für „Octagam“ bestanden. Der Indikationsbereich habe wie folgt gelautet: „Substitutionstherapie bei primären und sekundären Antikörpermangelzuständen sowie zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen, die bei diesen Krankheiten auftreten“. Zusätzlich werden Immunglobuline auch zur Kontrolle oder Veränderung der individuellen Immunantwort eingesetzt, zum Beispiel bei ITP.

1. Primäre Antikörpermangelzustände:

- kongenitale Agammaglobulinämie

- variables Immundefektsyndrom

- schweres kombiniertes Immundefektsydrom

- Wiskott-Aldrich-Syndrom

2. Idiopatische thrombozytopenische Purpura (ITP), insbesondere in akuten Fällen bei Kindern.

3. IGIV wird bei sekundären Immungmangelkrankheiten unter folgenden Bedingungen angewendet:

- Chronische lymphatische Leukämie (CLL).“

Der Eingangssatz sei mit dem Änderungsbescheid vom 01.07.2002 gestrichen worden. Die Aufzählung der Indikationen ohne den Eingangssatz sei somit ab dem Zeitpunkt der Änderung abschließend. Ob vor dem 07.01.2002 die Aufzählung nicht abschließend gewesen sei und die unter den Ziffern 1 und 3 genannten Indikationen lediglich beispielhaft für primäre bzw. sekundäre Antikörpermangelzustände gewesen seien, lasse sich daraus nicht herleiten. Genauso wenig wie das Gegenteil. Denn es könnte sich sowohl um eine echte Änderung als auch lediglich um eine klarstellende Änderung der Zulassungssituation handeln. Als Zwischenergebnis sei festzuhalten, dass Octagam expressis verbis nicht für an HIV erkrankte erwachsene Patienten zugelassen sei. Eventuell sei das Mittel aber für die mit der HIV-Erkrankung einhergehenden Begleitsymptome, insbesondere im Sinne von sekundären Immunmangelzuständen - für den Fall, dass die Aufzählung nicht abschließend sein sollte - verordnungsfähig oder zumindest als zulässiger Off-Label-Use anzusehen bzw. sei aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, Az.: 1 BvR 347/98) die Verordnungsfähigkeit abzuleiten. Soweit eine Prüfung der Verordnungsfähigkeit außerhalb des Zulassungsbereichs zu erfolgen habe, sei fraglich, ob das sekundäre Antikörpermangelsyndrom eine eigenständige und hinreichend spezifische Erkrankung sei, die abgegrenzt von der Haupterkrankung behandelt werden könne und müsse (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R). Zweifel würden ferner bestehen, ob die positive Wirkung des Immunglobulins hinreichend belegt sei (vgl. BayLSG, Urteil vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 352/05). Abgesehen davon sei nicht jede Verbesserung der Lebensqualität von der Ausweitung des Leistungsanspruchs erfasst (vgl. BSG, Urteil vom 13.10.2010, Az.: 6 KA 48/09 R). Letztendlich könne aber dahinstehen, ob eine Diagnose vorliege, für die „Octagam“ zugelassen sei oder ein Ausnahmetatbestand gegeben sei, der zur Verordnungsfähigkeit führe. Denn in jedem Fall müsse sich die Notwendigkeit der Verordnung aus der Diagnose ergeben, die ihrerseits - soweit sich die Klägerseite auf einen schweren Immundefekt berufe - durch labortechnische Untersuchungen abzustützen sei. Dies gelte erst recht bei Verordnungen von Medikamenten, die im Zusammenhang mit einer HIV-Infektion und/oder damit einhergehenden Begleitsymptomen stehen, deren Verordnungsfähigkeit für die angeführten Diagnosen bekanntermaßen nicht eindeutig feststehe und die einen erheblichen Kostenfaktor darstellen. Dem Behandler obliege eine Darlegungs- und Beweislast, an die umso größere Anforderungen zu stellen seien, umso wahrscheinlicher die Verordnungsfähigkeit eines Medikaments nur ausnahmsweise zu bejahen sei. Unklar sei hier bereits, für welche Diagnose/Diagnosen „Octagam“ verordnet worden sei (für die HIV-Erkrankung zusätzlich zu HAART? für welche bestimmten Diagnosen?); geschweige denn sei nicht bekannt, dass die Diagnosen, soweit sie nach Auffassung der Klägerseite auf einen schweren Immundefekt hindeuten sollen, durch geeignete labortechnische Untersuchungen verifiziert worden seien. Den Klägern sei auch die Ausnahmekonstellation bewusst gewesen, die sich daraus ergebe, dass nur bei wenigen HIV-Patienten Immunglobuline eingesetzt worden seien. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, genau herauszufinden, zu dokumentieren und geeignete Angaben zu machen, warum gerade in den streitgegenständlichen Fällen mit den Diagnosen die Verordnung von Immunglobulinen medizinisch indiziert gewesen sei. Damit lasse sich der Sachverhalt nicht im erforderlichen Umfang aufklären, was letztendlich zulasten der Kläger gehen müsse.

Hiergegen richten sich die Berufungen der Klägerin zum Bayerischen Landessozialgericht vom 10.02.2012.

In der Sache handle es sich um ein Parallelverfahren zu dem bereits beim Bayerischen Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren L 12 KA 109/08. In diesem Verfahren - hier hätten die Kläger erstinstanzlich zur Gänze obsiegt - sei ein dem Wortlaut nach identischer Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 20.11.2003 streitgegenständlich. Habe das Sozialgericht hier die Auffassung vertreten, dass dieser Widerspruchsbescheid hinsichtlich seiner Begründung nicht den Anforderungen des § 35 Abs. 1 SGB X genüge, sehe es sich nunmehr veranlasst, im Rahmen einer konsequenten Fortentwicklung der Rechtsprechung anderslautend zu entscheiden. Unabhängig von der Tatsache, dass die Entscheidung des BSG im Verfahren B 6 KA 6/09 R auf die hier streitgegenständlichen Verfahren nicht im Ansatz zur Anwendung gelange, weil es um eine nicht vergleichbare Erkrankung gehe, sei nicht zu erkennen, dass die aktuelle Rechtsprechung des BSG einen Widerspruchsbescheid aus dem Jahre 2003, dem es ersichtlich an einer Begründung fehle, gerade zu einer solchen verhelfen könne.

Die Prozessbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 04.03.2013 weiter vorgetragen, dass der Beklagte erneut die falsche Prämisse bemühe, es bedürfe labortechnischer Auswertungen, anhand derer man ein Antikörpermangelsyndrom nachweisen könnte. Das Antikörpermangelsyndrom sei von der Begrifflichkeit her in der medizinischen Wissenschaft nicht bekannt. Es gebe vielmehr sehr viele verschiedene Antikörpermangelsyndrome. Soweit es sich um ein quantitatives Antikörpermangelsyndrom handle, sei dies labortechnisch nachweisbar. Um ein solches nachweisbares Syndrom handle es sich bei der BSG-Entscheidung, aufgrund derer das Sozialgericht die Klagen abgewiesen habe. Beim hier streitgegenständlichen qualitativen Antikörpermangelsyndrom sei der labortechnische Nachweis nicht möglich und überdies auch nicht erforderlich. Den zahlreichen Studien, dem Stand der medizinischen Wissenschaften, den Stellungnahmen des Prof. Dr. R. und denen des Paul-Ehrlich-Instituts sei in aller Deutlichkeit zu entnehmen, dass nur bei HIV-Patienten ein qualitatives Antikörpermangelsyndrom dann mit der Erkrankung in fortgeschrittener Krankheitsphase einhergehe, wenn in der Klinik dieser Patienten vermehrt auftretende Infekte, die durch die Insuffizienz des sog. B-Zellsystems begünstigt würden, beobachtet und dokumentiert werden könne. Hierzu zählen vor allem bronchopulmonale Infekte, Sinusitiden, Infektionen des Urogenitaltraktes und Abszesse, wie sie durch die Kläger dokumentiert seien. Der Nachweis sei der klinische Verlauf bei diesen Patienten. Der Beweis, dass die Störungen nicht auf der HIV-Infektion, sondern auf dem Antikörpermangelzustand beruhen, sei durch folgende Unterscheidung leicht zu erbringen: Bei den vorliegenden Infektionen handle es sich nicht um HIV-bedingte sog. opportunistische Infektionen. Es gehe vielmehr um solche vermehrt auftretenden Infekte, die durch eine Insuffizienz des sog. B-Zellsystems begünstigt werden. Zu den opportunistischen und damit AIDS definierenden Erkrankungen würden vielmehr solche Infekte zählen, wie sie in der Anlage (CDC-Klassifikation) unter Kategorie C aufgeführt seien. Die Unterscheidung sei damit durch die Art der Infektion vorzunehmen.

IV.

Der Beigeladene zu 2) (in den früheren Verfahren L 12 KA 24/12 und L 12 KA 37/12) hat mit Schreiben vom 07.12.2001 Antrag auf Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise der Klägerin in Einzelfällen im Quartal 1/2001 gestellt.

Der Prüfungsausschuss hat mit Bescheid vom 09.07.2002 gegen die Klägerin einen Regress bei den Einzelverordnungen in Höhe von 37.563,21 € (= 73.467,24 DM) festgesetzt.

Hiergegen hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 02.08.2002 Widerspruch eingelegt, der mit Schriftsatz vom 06.02.2003 näher begründet wurde. Im vorliegenden Fall werde die streitgegenständliche Therapie von den Arzneimittelrichtlinien umfasst. Nach der Nr. 20 AMR dürften Impfstoffe und/oder Immunglobulinpräparate, insbesondere bei immunsuprimierten Patienten und Patienten mit Immundefekt verordnet werden, wenn nach wissenschaftlicher Erkenntnis hierdurch ein Krankheitsausbruch mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden könne. Die medizinische Notwendigkeit der Behandlung ergebe sich in den vorliegenden Fällen daraus, dass die aufgeführten Patienten G.G., A.P., S.L., K.Sch. und H.T. neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leiden und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Wie bekannt, zerstöre das HI-Virus das menschliche Immunsystem. Bei entsprechender Ausbreitung des Virus sterbe der Patient an den sog. opportunistischen Erkrankungen, die als Folge seiner Immunschwäche nicht mehr bekämpft werden könnten. Seit Anfang 1997 werde die hochaktive antiretrovirale Kombinationstherapie eingesetzt. Unbestritten habe diese Therapie zu einer deutlichen Reduktion der HIV-assoziierten Morbidität und Mortalität geführt. Gleichwohl könne AIDS unverändert nicht als heilbare Krankheit eingestuft werden. Mit einer antiretroviralen Kombinationstherapie könne keine ausreichende Medikation für die HIV-Erkrankung erfolgen, aber ein Hinauszögern im Stadium AIDS in vielen Fällen erreicht werden. Nach Eindringen des Virus in den menschlichen Blutkreislauf würden sich die Viren an die Oberfläche des CD 4-Lymphozyten (zentrale Schaltzellen des Immunsystems) anheften, in die Zelle eindringen und ihre genetische Information an das genetische Material im Zellkörper infizieren. Würden die so befallen CD 4-Lymphozyten durch andere Erreger (Bakterien, Viren, Pilze) aktiviert, würden sie mit der Produktion von HI-Viren beginnen und dadurch zerstört. Da sich das menschliche Immunsystem täglich mit einer Fülle von in den Körper eindringenden Keimen auseinandersetzen müsse, würden täglich CD 4-Lymphozyten aktiviert und würden täglich neue HI-Viren bilden. Täglich würden Milliarden neuer Viren gebildet und Milliarden CD 4-Lymphozyten zerstört. Dies führe schließlich zu einer Erschöpfung der Zellenneuproduktion im Knochenmark, die CD 4-Lymphozytenzahl nehme ab. HIV-assoziierte Erkrankungen, opportunistische Infektionen oder bösartige Tumore würden über kurz oder lang zum Tod des Patienten führen. Mittels HAART könne zurzeit ein Fortschreiten der Erkrankung für fünf bis acht Jahre verhindert werden. Durch die Gabe antiretroviraler Kombinationspräparate könne das Eintreten des Endstadiums AIDS hinausgezögert werden. Wenn man sich den Verlauf einer HIV-Infektion als einen Zug vorstelle, der auf einen Abgrund (Tod durch AIDS) zufahre, so gebe die CD 4-Zellzahl den Abstand zum Abgrund an. Die Höhe der Virusbeladung zeige die Geschwindigkeit an, mit der sich der Zug auf den Abgrund zu bewege. Hinzu komme, dass es sich bei der HAART um eine Therapie handle, die sich erst seit gut fünf Jahren im Einsatz befinde. Vor dem Hintergrund der Kürze der Erfahrungszeit mit dieser Therapie könne die Frage, ob sich letztlich unter einer fortlaufenden HAART über viele Jahrzehnte eine HIV-Infektion stabilisieren lasse, derzeit nur spekulativ beantworten. Resistenzen, die immerhin 50% der Patienten, die derzeit HAART nehmen würden, bereits betreffen, Kombinationsschwierigkeiten und vor allem Dingen Langzeitnebenwirkungen würden die entsprechend andauernde Erfolgsrate antiretroviraler Therapieformen eindeutig begrenzen. Vor diesem Hintergrund seien die Vertragsärzte über die Verordnung von Immunglobulinen bei HIV-Erwachsenen per Rundschreiben vom 04.07.1994 über die KVB beraten worden. Diese Beratung sei zu keinem Zeitpunkt widerrufen oder korrigiert worden. Über viele Jahre hinweg seien die Kosten der streitbefangenen Therapie anstandslos übernommen worden. Der so geschaffene Vertrauenstatbestand stehe einem Regressanspruch entgegen. Selbst wenn man in den vorliegenden Fällen einen Off-Label-Use des gebrauchten Präparates Octagam annähme, wäre eine Zulassung nach dem Urteil des BSG (Urteil vom 19.03.2002, Az.: B 1 KR 37/00 R) als zulassungsüberschreitende Verordnung nicht ausgeschlossen. Nach dem Urteil sei die Verordnung eines Medikaments in einem von der Verordnung nicht umfassten Anwendungsgebiet möglich, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn keine andere Therapie verfügbar sei und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könnte. Davon könne ausgegangen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt sei oder die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht seien und eine klinisch relevante Wirksamkeit bzw. einen klinisch relevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht seien, die über Qualität und Wirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen zulassen und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens für einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorgenannten Sinne bestehe. Die entsprechenden Studien seien bekannt. Nicht zuletzt aufgrund der Datenlage sei den Vertragsärzten zur Verordnung mit Immunglobulinen bei HIV-Erwachsenen geraten worden. Die von der DAGNÄ e.V. aufgestellten Kriterien seien ebenfalls bekannt. Auch das dritte von der Rechtsprechung herangezogene Kriterium, nämlich ein nach den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft zu erwartender Behandlungserfolg, sei hier anzunehmen. Die Klägerin habe bezüglich des Patienten K.Sch. erfolgreich einen Eilantrag auf Gewährung der Immunglobulintherapie gestellt (Beschluss des Sozialgerichts München, Az.: S 44 KR 871/02 ER, bestätigt durch Beschluss des BayLSG, Az.: L 4 B 381/02 KR ER).

Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2003 den Bescheid des Prüfungsausschusses insoweit abgeändert, als ein Regressbetrag in Höhe von 30.598,93 € festgesetzt wurde. Der Beklagte habe im vorliegenden Fall die Einzelfallfprüfung als sachgerechte Prüfmethode gewählt. Der Beklagte sehe sich in der Lage auf der Grundlage des Gutachtens von PD Dr. R. vom 03.01.2001 und von Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 zu entscheiden. Die Klägerin würde eine - in einigen Fällen unzureichende - antiretrovirale Therapie, häufig in fixer Kombination mit IVIG (intravenösem Immunglobulin) verwenden. Bereits die DAGNÄ-Empfehlungen von Oktober 1996 würden den Einsatz für intravenöse Immunglobuline auf wenige ganz bestimmte Krankheitsbilder und Komplikationen beschränken. Hierbei handle es sich um Empfehlungen ohne allgemein verbindlichen Charakter, die DAGNÄ-Empfehlungen würden aber den damaligen Diskussionsstand der HIV-Behandlung mit Immunglobulinen widerspiegeln. Nicht der hohe Preis der IVIG-Therapie, sondern der fehlende Wirksamkeitsnachweis für die Indikation HIV bei Erwachsenen ohne Thrombozytopenie und Antikörpermangel würden diese Therapie unwirtschaftlich machen. Die Substitution von IVIG bei Antikörpermangel und entsprechender rezidivierender Infektion sei eine zugelassene Indikation, deren Notwendigkeit sich anhand von Laborwerten wie durch die Symptombesserung begründen bzw. belegen lasse. Demgegenüber sei eine unkritische, über Monate bzw. Quartale gehende regelmäßige Substitution ohne jeglichen Anhaltspunkt für die therapeutische Wirksamkeit nicht geeignet, die Kriterien dieser Zulassung auch nur im Geringsten zu erfüllen. Nach Auffassung des PEI sei keines der in Deutschland zugelassenen Immunglobuline für die Anwendung bei erwachsenen AIDS-Patienten zugelassen und die Indikation weltweit als nicht durch klinische Studien belegt anzusehen. Der Beklagte gibt auch die von ihm geteilte Auffassung des MDK/MDS von Herrn Wolfgang Wilms, Referat Pharmakologie zur Verordnung von Immunglobulinen bei erwachsenen HIV-Patienten in der GKV wieder, wonach die Anwendung von Immunglobulinen für bestimmte HIV/AIDS-assoziierte Krankheitsbilder bei Erwachsenen keine zugelassene Indikation sei. Voraussetzung für die Leistungspflicht der GKV sei der vom BSG präzisierte Begriff des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Kenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts. Das Urteil des BSG vom 23.07.1998 nenne als konkrete Bedingung für die Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV die „arzneimittelrechtliche Zulassung“. Auch das RKI (Robert-Koch-Institut) wird mit der Feststellung zitiert, dass eine offizielle Empfehlung zur Immunglobulintherapie der HIV-Infektion bei Erwachsenen nicht existiere und sich diese Therapie überlebt habe. Die internationale Studienliteratur würde Therapieversuche bei HIV/AIDS mit polyvalenten Immunglobulinen bei Erwachsenen belegen. Dieser Weg sei jedoch mangels Erfolg weitgehend verlassen worden. In seinem Gutachten vom 06.07.2000, erstellt für das Quartal 3/1997, führe Prof. Dr. D. aus, dass die Gabe von Immunglobulinen nur als Prophylaxe verstanden werden könne, wofür es keine Indikation gebe. Die pauschalen Begründungen seien in den einzelnen Fällen nicht ausreichend, um eine Indikation zu rechtfertigen. Weiterhin verweise Prof. Dr. D. auf die Empfehlungen der DAGNÄ für die HIV-Behandlung und die dort aufgeführten Krankheitsbilder, bei denen die Gabe von Immunglobulinen ausnahmsweise indiziert sei. Bei den angeführten Patienten bzw. Begründungen seien diese Krankheitsbilder durchgängig nicht enthalten. Standard der HIV-Behandlung sei die Kombination mehrerer wirksamer antiretroviraler Medikamente einschließlich Proteasehemmern. Die Gabe von Immunglobulinen bei HIV-Infektion sei mit Ausnahme der ITP-ähnlichen Thrombozytopenie wegen mangelnder Effektivität völlig verlassen worden. Angesichts der Gefahren und Kosten, die einer nicht bewiesenen Therapiewirksamkeit gegenüber ständen, könne es zum Schutz des Patienten nur eine Entscheidung bei der HIV-Infektion geben, nämlich die Immunglobuline nicht zu verabreichen, es sei denn, es liege eine wissenschaftlich begründete Indikation vor. Der Gegengutachter PD Dr. R. habe die im Gutachten von Prof. Dr. D. getroffenen Feststellungen nicht detailliert entkräftet, komme aber pauschal zu dem Ergebnis, dass die Begründung des Prüfungsausschusses - die DAGNÄ-Kriterien für die IVIG-Gabe seien nicht erfüllt - nicht greife. PD Dr. R. bringe lediglich eine Auflistung der Indikationen, ohne aber auf die Zulassungssituation einzugehen. Der Beklagte hat die vom Prüfungsausschuss beanstandeten Patienten nach Kassenzugehörigkeit erfasst, danach die Verordnungszeiträume und Diagnosen benannt, letztendlich die gutachterlichen Stellungnahmen gegenübergestellt und aus dieser Gesamtübersicht eine Entscheidung getroffen. Der Widerspruchsbescheid befasst sich sodann mit den streitgegenständlichen Patienten, indem er die getätigten Arzneiverordnungen im Quartal 1/2001 aufführt, die Begründung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin für die Verordnung der Immunglobuline, soweit vorhanden die Ausführungen in den Gutachten des Prof. Dr. D. bzw. PD Dr. R. aufführt und sodann die Bewertung des Beklagten hierzu darlegt. Bezüglich des Patienten R.-F.B. wurde die Gabe von Immunglobulinen als indiziert angesehen und deswegen dem Widerspruch insoweit stattgegeben. Bezüglich der anderen Fälle wurde dagegen keine Indikation für die Gabe von Immunglobulinen gesehen. Der Beklagte stellte insgesamt fest, dass nach dem Quartal 3/1997 keine neueren Daten zu den HIV-Patienten vorliegen würden. Die Begründung in der Sitzung, dass es zu diesem Patienten keine neuen Erkenntnisse gäbe, sei allein schon vom medizinischen Standpunkt betrachtet wenig glaubhaft, dass sich innerhalb eines derartig langen Zeitraums seit dem Quartal 3/1997 am Zustand des Patienten nichts geändert haben solle. Es bestehe die vertragsärztliche Pflicht, dem Beklagten alle für die Entscheidung notwendigen Daten vorzulegen. Dem sei die Klägerin nicht nachgekommen.

Hiergegen richten sich die Klagen vom 15.12.2003, die mit Schriftsätzen vom 29.09.2008 näher begründet wurden. Diesbezüglich wird zunächst auf die Ausführungen im Verfahren S 38 KA 995/08 verwiesen. Es sei auch bezüglich des Patienten G.G. (S 38 KA 959/08) nicht ersichtlich, warum sich der Beklagte mit dem hier vorliegenden, schwersten Immundefekt nicht auseinandergesetzt habe. Allein das namentlich bekannte Kaposi-Syndrom und das Wasting-Syndrom würden den dramatischen Krankheitsverlauf, welcher offensichtlich nicht durch die Gabe antiretroviraler Medikamente habe durchbrochen werden können, kennzeichnen. Unter der Therapie mit IVIG hätte sich über Jahre hinweg eine gewisse Stabilisierung ereignet.

Zum Krankheitsverlauf des Patienten S.L. (S 38 KA 960/08) sei bereits im Verfahren S 38 KA 987/08 vorgetragen worden. Der Patient S.L. profitiere in erheblichem Umfang von der Therapie mit Immunglobulin. Zum Krankheitsverlauf des Patienten A.P. (S 38 KA 962/08) sei bereits im Verfahren S 38 KA 988/08 vorgetragen worden. Der Patient A.P. profitiere in erheblichem Umfang von der Therapie mit Immunglobulin. Bezüglich des Patienten K.Sch. (S 38 KA 959/08) sei bereits im Verfahren S 38 KA 989/08 ausführlich zum Krankheitsverlauf vorgetragen worden. Die Patientin A.T. (S 38 KA 964/08) sei eine AIDS-Patientin der Kategorie 1 der DAGNÄ-Richtlinien. Seit 1990 leide sie an rezidivierender oraler Candidosis, Herpes simplex und genitales und chronischem Durchfall ohne Erregernachweis. Es handle sich hierbei um zusätzliche Infektionen, die der HIV-Infektion ursächlich zuzuordnen seien. Seit 2/2000 liege ein multiresistentes HIV 1-Virus vor. Die Patientin sei multiresistent gegen alle verfügbaren Medikamente der hochaktiven antiretroviralen Kombinationstherapie. Aus diesem Grund habe sich die Viruslast ab diesem Zeitpunkt nicht mehr nennenswert absenken lassen. Dennoch sei in der medizinischen Wissenschaft unbestritten, dass auch weiterhin antiretrovirale Medikamente zum Einsatz kommen müssten. Infolge der Gabe von IVIG sei die Häufigkeit der zusätzlichen Infektionen stark zurückgegangen, wie dies unter Hinweis auf die DAGNÄ-Empfehlungen auch zu erwarten gewesen sei. Nachdem die Patientin an einem schwersten Immundefekt gelitten habe, sei die Indikation zwingend veranlasst. Nachdem im Auszug auf Seite 116 der Verwaltungsakte diverse andere Präparate, z. B. Pentacarinat aufgeführt seien, sei nicht nachvollziehbar, inwiefern der auch mit Medizinern besetzte BA den dramatischen Krankheitsverlauf der Patientin negieren könne. Gerade weil die Immunglobulintherapie nachweislich zum Erfolg geführt habe, seien die Voraussetzungen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vorliegend erfüllt. Mit der zusätzlichen Gabe von IVIG in der Vergangenheit sei eine Überbrückung der Zeit bis zur Entwicklung neuer antiretroviraler Substanzen gelungen.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.09.2010 ergänzend Stellung genommen. In einem aktuellen Widerspruchsbescheid vom 07.09.2010 stelle der Beklagte erstmalig und ausdrücklich klar, dass ein einheitlicher Konsens bestehe, dass von 1990 bis 1996 die IVIG die Standardtherapie zur Behandlung einer HIV-Erkrankung gewesen sei. Wenngleich Immunglobuline ausdrücklich nicht zur Behandlung der HIV-Infektion, sondern der damit einhergehenden Vorbeugung und Behandlung weiterer Infektionen eingesetzt worden seien, bestätige der Beklagte im Jahr 2010, dass für bestimmte Einzelfälle die DAGNÄ-Empfehlungen zu berücksichtigen seien. Im Kern bestätige der Beklagte nunmehr, dass nur und ausschließlich in den, den Empfehlungen der DAGNÄ entsprechenden Fällen eine Verordnung von Immunglobulinen als wirtschaftlich einzustufen sei. Die einschlägigen BSG-Entscheidungen beruhten auf der Annahme eines Off-Label-Use und würden sich argumentativ mit der zwingend erforderlichen arzneimittelrechtlichen Zulassung und der damit verbundenen Arzneimittelsicherheit auseinandersetzen. In keinem dieser Verfahren gehe es um eine über Jahre eingesetzte Standardtherapie. Soweit das BSG insbesondere in der Entscheidung vom 05.05.2010 (Az.: B 6 KA 6/09 R) erneut auf die fehlende Zulassung, eine notstandsähnliche Situation für den Patienten, die Studienlage und eine vorherige Nachfrage bei der Krankenkasse abstelle, werde die fehlende Sachaufklärung bezogen auf die streitgegenständlichen Verfahren evident. Weil die höchstrichterliche Rechtsprechung von einem falschen Sachverhalt, einem Off-Label-Use ausgehe, werde die groteske Situation konstruiert, eine Standardtherapie von nun mehr über 14 Jahren dergestalt überbrücken zu wollen, dass neue Studien gefordert würden, den Benefit der Behandlung zu belegen. Solche Studien seien natürlich nicht existent und auch keineswegs veranlasst, weil der Einsatz antiretroviraler Medikamente seit 1990 zu einer zunehmenden Verbesserung der gesundheitlichen Situation der Patienten geführt habe. In der Folge wird auf einzelne Patienten eingegangen. Der Patient G.G. (Az.: S 38 KA 959/08), der dem Beklagten seit vielen Quartalen bekannt sei, befinde sich im Endstadium CDC C3 der HIV-Infektion. Er erhalte seit 1991 eine antiretrovirale Therapie, die nicht zu einer Verbesserung des schweren Immundefekts geführt habe. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen, bei welchem seit den Einsatz von IVIG zwar eine drastische Abnahme, nicht aber eine Vermeidung infektiöser Episoden habe erreicht werden können. Auch dies sei ein Fall, in welchem mit antiretroviraler Therapie allein das Überleben des Patienten nicht habe gesichert werden können. Denn jede weitere zusätzliche Infektion sei in der Lage, die durch die antiretroviralen Medikamente erreichte Eindämmung der Ausbreitung des HI-Virus im menschlichen Körper dergestalt zu stimulieren, dass ruhende Zellen erneut aktiviert würden. Aus diesem Grunde sei die Unterdrückung weiterer Infektionen von größter Bedeutung. Es handle sich um eine Standardtherapie beim erworbenen Immundefekt.

Der Patient S.L. (Az.: S 38 KA 960/08) sei der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen zuzuordnen. Trotz antiretroviraler Therapie seit 1995 und Gabe von IVIG gelinge es nur sehr bedingt, die zusätzlichen Infektionen zu beherrschen. Wie Blatt 111 und 112 der Verwaltungsakte zu entnehmen sei, seien auch im 1. Quartal 2001 durchgängig Infektionen mit Antibiotikum zu behandeln gewesen und damit sämtliche Strategien ausgeschöpft worden. Die IVIG-Gabe sei als ultimaratio-Behandlung erfolgt, um das Leben des Patienten zu erhalten. Der dramatische Krankheitsverlauf des Patienten A.P. (Az.: S 38 KA 962/08) sei dem Beklagten seit vielen Quartalen bekannt. Der Patient befinde sich im Endstadium CDC C3 der HIV-Infektion mit dem Vollbild AIDS. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen, dessen schwerer Immundefekt trotz virologisch wirksamer antiretroviraler Therapie und der Gabe von IVIG infektiöse Episoden zwar rückläufig habe machen können, aber nicht zur Gänze verhindern. Wie ersichtlich hätten weitere Infektionen der Behandlung mit Antibiotika bedurft. Deutlicher könne ein schwerer Immundefekt nicht ausfallen. Ohne die zusätzliche Gabe von IVIG würde dieser Patient mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das 2. Quartal nicht mehr erlebt haben. Der regressierte Patient erhalte eine 5-fach-Kombination antiretroviraler Medikamente und leide trotzdem an einem schweren Immundefekt, der nach Auffassung des Beklagten wie (????) behandelt werden solle, wenn nicht mit der Standardtherapie IVIG. Es handle sich ersichtlich um exakt die Situation, die im Eingangssatz der Zulassung des Präparats Octagam beschrieben sei, die opportunistische Infektion auf der Grundlage eines erworbenen Immundefekts, wie sie für die Kategorie der erworbenen Immundefekte immer dann typisch sei, wenn man ihre Ursache nicht kausal behandeln könne. Für den inzwischen verstorbenen Patienten K.Sch. (Az.: S 38 KA 963/08) habe die Unterfertigte die streitgegenständliche Therapie in einem Eilverfahren vor dem SG, Az.: S 44 KR 871/02 B ER, bestätigt durch BayLSG, Az.: L 4 B 381/02 KR ER, durchsetzen können. Der Beklagte fühle sich an diese Entscheidung nicht gebunden und bestätige einen Regress in Höhe von 10.926,66 €. Unabhängig von der Einschätzung des Beklagten habe sich der Patient K.Sch. im Stadium CDC C3 der HIV-Infektion befunden. Es handle sich um das Endstadium mit dem Vollbild AIDS, eine tödliche Krankheit, mit welcher zweifelsohne eine notstandsähnliche Situation einhergehe. Soweit die dramatisch niedrige Helferzahl als auch die rezidivierenden bakteriellen Infektionen würden den dramatischen Zustand des Patienten verdeutlichen, der trotz der Gabe von IVIG weitere Infektionen habe erleiden müssen.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheiden vom 11.01.2012 (Az.: S 38 KA 959/08, S 38 KA 960/08, S 38 KA 962/08 bis S 38 KA 964/08) die Klagen abgewiesen. In dem Verfahren sei zu klären, ob die Immunglobuline „Octagam“ und „Flebogamma“ im Quartal 1/2001 bei den streitgegenständlichen Patienten verordnungsfähig gewesen seien und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots gemäß §§ 2 Abs. 1, 12 SGB V von der Klägerseite verordnet worden seien. Die Patienten seien bereits mehrere Jahre zuvor in der klägerischen Praxis behandelt worden und seien am HI-Virus erkrankt. Die Patienten hätten in dem streitigen Quartal neben der sog. antiretroviralen Therapie auch eine Immunglobulintherapie mit den Präparaten „Octagam“ und „Flebogamma“ erhalten. Zunächst sei für das Präparat „Octagam“ die Frage der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu erklären. Denn Präparate, die nach § 21 Abs. 2 AMG arzneimittelrechtlich zugelassen seien, würden grundsätzlich als zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V gelten und seien daher von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung mitumfasst. Bei keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung nach § 21 Abs. 1 AMG bestehe mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit auch keine Verordnungsfähigkeit, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen für einen „Off-Label-Use“ bzw. für eine verfassungskonforme Auslegung leistungseinschränkender Vorschriften des SGB V vor. Gerade in jüngster Zeit hätten sich mehrere Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit der Verordnungsfähigkeit von Immunglobulinen befasst (BayLSG, Urteil vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 352/05; BSG, Urteil vom 20.11.2007, Az.: B 1 KR 118/07 B, BVerfG, Urteil vom 07.04.2008, Az.: BvR 550/08; BSG, Urteil vom 28.02.2008, Az.: B 1 KR 15/07; BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R; BVerfG, Urteil vom 30.06.2008, Az.: 1 BvR 1665/07). Den o.g. Entscheidungen sei gemeinsam, dass sie - wie auch die Vorinstanzen - davon ausgehen, dass die Immunglobuline nicht zur Behandlung von an HIV erkrankten erwachsenen Patienten zugelassen seien. In den Entscheidungen sei daher darüber zu befinden gewesen, ob ausnahmsweise die Voraussetzungen des Off-Label-Use gegeben seien oder ob ausnahmsweise im Wege der verfassungskonformen Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V gleichwohl eine Verordnungsfähigkeit zu bejahen sei. Nach gefestigter Rechtsprechung zum sog. Off-Label-Use (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az.: B 1 KR 30/06 R) bestehe eine Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn keine andere Therapie verfügbar sei und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Ebenfalls entstehe eine Verordnungsfähigkeit bei Anwendung der verfassungskonformen Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V, dies seit der sog. „Nikolaus-Entscheidung“ des BVerfG (Entscheidung vom 06.12.2005, Az.: 1 BvR 347/98). Danach sei vorauszusetzen, dass eine lebensbedrohlich oder regelmäßig tödliche Erkrankung (= Notstandsindikation) vorliege, eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung bzw. Verordnung nicht zur Verfügung stehe und nicht auszuschließen sei, dass mit der Therapie oder Methode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Erfolg oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Ob das Präparat zugelassen sei, ergebe sich aus dem Bescheid des PEI bzw. aus den jeweiligen Fachinformationen. Zum Zeitpunkt der Verordnung (Quartal 1/2001) habe noch nicht die mit Änderungsbescheid vom 07.01.2002 (PEI) modifizierte Zulassungssituation für „Octagam“ gegolten. Der Indikationsbereich habe wie folgt gelautet: „Substitutionstherapie bei primären und sekundären Antikörpermangelzuständen sowie zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen, die bei diesen Krankheiten auftreten“.

Zusätzlich werden Immunglobuline auch zur Kontrolle oder Veränderung der individuellen Immunantwort eingesetzt, z. B. bei ITP.

1. Primäre Antikörpermangelzustände:

- Kongenitale Agammaglobulinämie und Hypogammaglobulinämie

- variables Immundefektsyndrom

- schweres kombiniertes Immundefektsyndrom

- Wiskott-Aldrich-Syndrom

2. Ideopathische thrombozytopenische Purpura (ITP), insbesondere in akuten Fällen bei Kindern.

3. IGIV wird bei sekundären Immunmangelkrankheiten unter folgenden Bedingungen angewendet:

- chronische lymphatische Leukämie (CLL).“

Der Eingangssatz sei mit dem Änderungsbescheid vom 07.01.2002 gestrichen worden. Die Aufzählung der Indikationen ohne den Eingangssatz sei somit ab dem Zeitpunkt der Änderung abschließend. Ob vor dem 07.01.2002 die Aufzählung nicht abschließend gewesen sei und die unter den Ziffern 1 und 3 genannten Indikationen lediglich beispielhaft für primäre bzw. sekundäre Antikörpermangelzustände gewesen seien, lasse sich daraus nicht herleiten, genauso wenig wie das Gegenteil. Denn es habe sich sowohl um eine echte Änderung als auch lediglich um eine klarstellende Änderung der Zulassungssituation handeln können. Als Zwischenergebnis sei festzuhalten, dass „Octagam“ expressis verbis nicht für an HIV erkrankte erwachsene Patienten zugelassen sei. Eventuell sei das Mittel aber für die mit der HIV-Erkrankung einhergehenden Begleitsymptome, insbesondere im Sinne von sekundären Immunmangelzuständen - für den Fall, dass die Aufzählung abschließend sein sollte - verordnungsfähig oder zumindest als zulässiger „Off-Label-Use“ anzusehen bzw. aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, Az.: 1 BvR 347/98) die Verordnungsfähigkeit abzuleiten sei. Sofern eine Prüfung der Verordnungsfähigkeit außerhalb des Zulassungsbereichs zu erfolgen habe, sei fraglich, ob das sekundäre Antikörpermangelsyndrom eine eigenständige und hinreichend spezifische Erkrankung sei, die abgegrenzt von der Haupterkrankung behandelt werden könne und müsse (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R). Ferner würden Zweifel bestehen, ob die positive Wirkung des Immunglobulins hinreichend belegt sei (vgl. BayLSG, Urteil vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 352/05). Abgesehen davon sei nicht jede Verbesserung der Lebensqualität von der Ausweitung des Leistungsanspruchs erfasst (vgl. BSG, Urteil vom 13.10.2010, Az.: B 6 KA 48/09 R). Gleiches gelte für die Verordnungsfähigkeit von „Flebogamma“, wobei anders als bei „Octagam“ ein Eingangssatz bei den Anwendungsgebieten fehle. Dies bedeute, dass hier die Anwendungsgebiete feststehen und eine darüber hinausgehende Verordnungsfähigkeit zulasten der gesetzlichen Krankenkassen nur auf die von der Rechtsprechung entwickelten Ausnahmetatbestände gestützt werden könne (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 24/09 R). Letztendlich könne aber dahinstehen, ob eine Diagnose vorliege, für die „Octagam“ bzw. „Flebogamma“ zugelassen sei oder ob ein Ausnahmetatbestand gegeben sei, der zur Verordnungsfähigkeit führe. Denn in jedem Falle müsse sich die Notwendigkeit der Verordnung aus der Diagnose/den Diagnosen ergeben, die ihrerseits - soweit sich die Klägerseite auf einen schweren Immundefekt berufe - durch labortechnische Untersuchungen abzustützen sei/seien. Dies gelte erst recht bei Verordnungen von Medikamenten, die im Zusammenhang mit einer HIV-Infektion und/oder den damit einhergehenden Begleitsymptomen stehen, deren Verordnungsfähigkeit für die angeführten Diagnosen bekanntermaßen nicht eindeutig feststehe und die einen erheblichen Kostenfaktor darstellen. Dem Behandler obliege eine Darlegungs- und Beweislast, an die umso größere Anforderungen zu stellen seien, umso wahrscheinlicher die Verordnungsfähigkeit eines Medikaments nur ausnahmsweise zu bejahen sei. Denn die Ärzte rückten in die Stellung ein, die der Versicherte gehabt hätte, wenn er seinen Standpunkt zur Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels im Wege der Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 SGB V durchsetzen müsste. Wer einen „Off-Label-Use“ geltend mache, dringe deshalb damit nur durch, wenn sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Sachaufklärung feststellen lasse, dass die dafür insbesondere in der Rechtsprechung des BVerfG und BSG formulierten Voraussetzungen vorgelegen haben (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R). Unklar sei hier bereits, für welche Diagnosen „Octagam“ (Anmerkung: wohl auch „Flebogamma“) verordnet worden sei (für die HIV-Erkrankung zusätzlich zur HAART?, für welche Diagnosen?) geschweige denn sei nicht bekannt, dass die Diagnosen, soweit sie nach Auffassung der Klägerseite auf einen schweren Immundefekt hindeuten sollen, durch geeignete laborchemische Untersuchungen verifiziert worden seien. Der Klägerin sei auch die Ausnahmekonstellation bewusst gewesen, die sich daraus ergebe, dass nur bei wenigen HIV-Patienten Immunglobuline eingesetzt worden seien. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, genau herauszuarbeiten, zu dokumentieren und geeignete Angaben zu machen, warum gerade in den streitgegenständlichen Fällen mit den Diagnosen die Verordnung von Immunglobulinen medizinisch indiziert gewesen sei. Damit lasse sich der Sachverhalt nicht im erforderlichen Umfang aufklären, was letztendlich zulasten der Kläger gehen müsse.

Hiergegen richten sich die Berufungen zum Bayerischen Landessozialgericht vom 10.02.2012 (Az.: L 12 KA 24/12 ff.). In der Sache handle es sich um Parallelverfahren zu dem bereits beim Bayerischen Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren L 12 KA 109/08. In diesem Verfahren, in dem die Klägerin erstinstanzlich obsiegt hätte, sei ein, dem Wortlaut nach identischer Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 20.11.2003 streitgegenständlich. Habe das SG hier die Auffassung vertreten, dass dieser Widerspruchsbescheid hinsichtlich seiner Begründung nicht den Anforderungen des § 35 Abs. 1 SGB X genüge, sehe sich der Vorsitzende der 38. Kammer nunmehr veranlasst, im Rahmen einer konsequenten Fortentwicklung der Rechtsprechung, anderslautend zu entscheiden. Unabhängig von der Tatsache, dass die Entscheidung des BSG im Verfahren B 6 KA 6/09 R auf die hier streitgegenständlichen Verfahren nicht im Ansatz zur Anwendung gelange, weil es um eine nicht vergleichbare Erkrankung gehe, sei nicht zu erkennen, dass die aktuelle Rechtsprechung des BSG einen Widerspruchsbescheid aus dem Jahre 2003, dem es ersichtlich an einer Begründung fehle, gerade zu einer solchen verhelfen könne.

Der Beklagte hat sich hierzu mit Schriftsätzen vom 30.04.2012 geäußert. Nach der Rechtsprechung (BayLSG, Az.: L 5 KR 352/05, Entscheidung vom 31.07.2007; BSG, Urteil vom 22.11.2007, Az.: B 1 KR 118/07; BVerfG, Urteil vom 07.04.2008, Az.: 1 BvR 550/08) stehe eindeutig fest, dass die Immunglobuline nicht für die HIV/AIDS-Therapie anwendbar seien und zwar auch nicht als Off-Label-Use. Der Beklagte stelle abschließend fest, dass die Klägerin mehrfach angegeben hätte, dass sie mit den Immunglobulinen auch kein HIV/AIDS behandelt hätte, sondern allein und ausschließlich den sekundären Antikörpermangelzustand. Entscheidend wäre also die Frage, ob die betreffenden Patienten an einem sekundären Antikörpermangelzustand gelitten hätten. Hierbei stelle sich die Frage, welche Parameter einen sekundären Antikörpermangel definieren. Sekundäre Immundefekte seien Immunmangelkrankheiten, bei denen nicht eine primäre genetische Störung evident sei, sondern andere Krankheiten, Umwelteinflüsse oder Medikamente eine wichtige Rolle spielen. Es ergäben sich klinische Anfälligkeiten bei Antikörpermangel: Atemwegsinfekte seien die häufigsten Infektionen, die bei Antikörpermangel-Syndromen auftreten. Die Antikörpermangelerkrankungen würden nach Harry W. Schröder jun. definiert als eine Gruppe von Störungen, die durch eine beeinträchtigte Fähigkeit zur Produktion von spezifischen Antikörpern in Reaktion auf Antigene gekennzeichnet seien. Die Beeinträchtigung könne angeboren (primär) oder erworben (sekundär) sein und sich in einigen Fällen mit der Zeit zurückbilden oder verschlimmern. Der typische Patient weise eine Geschichte wiederkehrender Infektionen der oberen Atemwege bzw. der Lunge auf und zeige verringerte Serumkonzentrationen von einer bzw. mehreren Immunglobulinklassen (IgM, IgG, IgA bzw. IgD). Patienten mit normalen Serum-Immunglobulinspiegeln könnten jedoch spezielle Schwächen in ihrer Fähigkeit zum Aufbau von Abwehrkräften gegen bestimmte Antigene aufweisen und manche praktisch agammaglobulinämische Patienten könnten bemerkenswert symptomlos bleiben. Nach Ansicht der Klägerin würden in allen Verfahren die wiederkehrenden Infektionen der oberen Atemwege bzw. der Lunge auf ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom hinweisen und dieses beweisen. Für den Beklagten sei die Tatsache, dass der Patient immer wieder Infektionen der oberen Atemwege bzw. der Lunge gehabt habe, kein ausreichender Nachweis für das Bestehen eines sekundären Antikörpermangelzustandes. Natürlich führe ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom dazu, dass solche Infekte gehäuft auftreten. Aber HIV/AIDS führe ebenfalls in seinem typischen Verlauf zum Auftreten immer wiederkehrender Infekte. Und genau diese Frage müsste die Klägerin durch weitere Untersuchungen klären und belegen. Es reiche auf keinen Fall aus, bei einem doch sehr typischen Krankheitsverlauf (viele Infekte bei HIV/AIDS) einfach eine ungesicherte Diagnose aufzustellen und ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom zu diagnostizieren. Schließlich seien all diese Begleiterkrankungen der Patienten HIV/AIDS-definierende Erkrankungen, was bedeute, dass die vielen vorhandenen Infekte nach Ansicht des Beklagten eher auf HIV/AIDS als auf ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom hindeuten. Wieso neben der die vielen Infekte auslösenden HIV/AIDS-Erkrankung noch ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom vorliegen solle, vermöge der Beklagte nicht zu erkennen. Wie die Klägerin überhaupt auf diese Diagnose gekommen sei, sei unklar. Laborchemische Untersuchungen seien keine gemacht worden. Zudem sei festzustellen, dass bei dem Patienten G.G. (Az.: L 12 KA 24/12) die dokumentierten Infektionskrankheiten der oberen Atemwege bzw. der Lunge in 1991 „gehäufte obere Atemwegsinfekte in 10/1991, 9/1993, 6/1995 und 10/1995 Pneumocystitiscarnii-Pneumonien“ seien und dann bis zum Verordnungsquartal sechs Jahre später sich keine Dokumentation in der Akte mehr finde. Irgendwelche quartalsbezogenen Diagnosen würden überhaupt nicht vorliegen. Auch im Abrechnungsschein des Quartals sei keine Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge dokumentiert. Zum Patienten S.L. (Az.: L 12 KA 25/12) sei festzustellen, dass die dokumentierten Infektionskrankheiten der oberen Atemwege bzw. der Lunge seit 1990 „häufig rezidivierende obere Atemwegsinfekte“ seien. Dies stelle jedoch die einzige Dokumentation dar und es finde sich bis zum Verordnungsquartal keine Dokumentation mehr in der Akte. Irgendwelche quartalsbezogenen Diagnosen lägen überhaupt nicht vor. Auch im Abrechnungsschein des Quartals sei keine Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge dokumentiert. Bei dem Patienten A.P. (Az.: L 12 KA 26/12) sei festzustellen, dass die dokumentierten Infektionskrankheiten der oberen Atemwege bzw. der Lunge 1989 „Pneumocystitiscarinii Pneumonie“ und 1995 „Pseudomons Pneumonie“ seien. Dies stelle jedoch die einzige Dokumentation dar und dann finde sich bis zum Verordnungsquartal sechs Jahre später keine Dokumentation mehr in der Akte. Bei dem Patienten K.Sch. (Az.: L 12 KA 27/12) sei festzustellen, dass die dokumentierten Infektionskrankheiten der oberen Atemwege bzw. der Lunge 1998 „Lobärpneumonie“ und 1990 „Soorösophagitis“ seien. Dies stelle jedoch die einzige Dokumentation dar und dann finde sich bis zum Verordnungsquartal elf Jahre später keine Dokumentation in der Akte. Irgendwelche quartalsbezogenen Diagnosen würden überhaupt nicht vorliegen. Im Abrechnungsschein des Verordnungsquartals sei auch keine Diagnose über Infektionskrankheiten der oberen Atemwege bzw. der Lunge zu finden. Bezüglich der Patientin A.T. (Az.: L 12 KA 28/12) sei festzustellen, dass keine Infektionskrankheiten der oberen Atemwege bzw. der Lunge in dem Schreiben dokumentiert worden seien. Irgendwelche quartalsbezogenen Diagnosen würden überhaupt nicht vorliegen. Auch im Abrechnungsschein des Quartals sei keine Infektionskrankheit der oberen Atemwege bzw. der Lunge dokumentiert worden. Nach Ansicht des Beklagten könne ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom aber nur und ausschließlich durch eine klinische Diagnose in Kombination mit einem laborchemischen Nachweis erfolgen. Hier liege weder das eine noch das andere vor. Die für den Patienten vorliegenden klinischen Diagnosen könnten sowohl auf ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom als auch auf eine HIV-bedingte Begleiterkrankung hindeuten. Für die Feststellung eines sekundären Antikörpermangelsyndroms müssten nach Ansicht des Beklagten Immunglobulinparameter gemessen werden. Die Klägerin würde aber nur die Lymphozytenwerte messen, in manchen Quartalen nicht einmal diese. Des Weiteren reiche es nach Ansicht des Beklagten auch nicht aus, nur die Immunglobuline zu messen, da vielen Patienten die Immunglobuline zwar fehlten, sie aber deswegen noch kein Mangelsyndrom hätten. Ebenso könne es bei den HIV/AIDS-Patienten zu einem Anstieg bzw. einem erhöhten Immunglobulinspiegel kommen, der allerdings keine Wirkungen mehr habe. Deswegen reiche auch die Messung des Immunglobulinspiegels allein nicht aus. Der Beklagte stellt abschließend fest, dass die Summe der opportunistischen Erkrankungen seiner Ansicht nach durch HIV/AIDS bedingt sei und nicht aufgrund eines sekundären Antikörpermangelsyndroms entstanden sei. Die Beweislast hierfür liege allein bei der Klägerin. Dem Beklagten reiche die einfache Behauptung eines „sekundären Antikörpermangelsyndroms“ nicht als Beweis für dessen Vorliegen aus, da sich diese Diagnose allein aus der Summe der Infekte begründe und von keinerlei laborchemischen Untersuchungen untermauert werde. Die Diagnose „Antikörpermangelsyndrom'„ tauche überhaupt nicht auf. Auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 06.02.2003 erkläre die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dass die Immunglobuline für die Patienten zur Prophylaxe für die neben der HIV-Erkrankung vorliegenden bakteriellen und viralen Erkrankungen gegeben worden seien, also nicht zur Behandlung des sekundären Antikörpermangelsyndroms. Auch die Voraussetzungen für die Gabe von Immunglobulinen nach der DAGNÄ würden bei den streitgegenständlichen Patienten nicht vorliegen bzw. seien für den Beklagten nicht feststellbar. Ein Hinweis auf einen Antikörpermangel und die damit vermehrt auftretenden bakteriellen Infekte könnte auch der vermehrte Bedarf an Antibiotika sein. Allerdings sei bei den streitgegenständlichen Patienten im Quartal 1/2001 entweder gar kein Bedarf an Antibiotika bzw. ein nur geringer Bedarf an Antibiotika festzustellen. Der Beklagte habe bisher auch keine ausreichende Studienlage gefunden noch habe sich die Klägerin auf eine solche berufen oder eine solche dargelegt, dass sekundäre Antikörpermangelzustände aussichtsreich mit Immunglobulinen zu behandeln wären. Die von der Klägerseite angeführten Studien zur Behandlung der HIV-Infektion mit intravenösen Immunglobulinen würden ausnahmslos aus der Zeit vor Einführung der aktiven Kombinationstherapien gegen HIV stammen. Zum damaligen Zeitpunkt bzw. in den vorliegenden Studien seien die Patienten mit Monotherapien gegen HIV (vorwiegend Zidovudin) behandelt worden. Gemäß klinischen Studien sei diese Monotherapie relativ ineffektiv, da es schon nach verhältnismäßig kurzer Zeit zur Resistenzentwicklung des Virus und damit zu einer klinischen Unwirksamkeit der Therapie komme. Daher sei bei der Monotherapiebehandlung in den frühen 90-iger Jahren bei HIV-Patienten eine nach wie vor hohe Rate von opportunistischen Infektionen und anderen Komplikationen zu beobachten gewesen. Zu diesem Zeitpunkt (also vor 1995/1996) habe sich der dringende Bedarf nach weiteren therapeutischen Optionen der anhaltend kranken HIV-Patienten gestellt. Den hier zu prüfenden Fall, dass der Patient mit antiretroviraler Kombinationstherapie zusätzlich mit Immunglobulinen behandelt werde, habe keine einzige der Studien zum Gegenstand. Randomisierte Studien mit validierten und tragfähigen Ergebnissen zur Immunglobulingabe neben einer antiretroviralen Kombinationstherapie seien dem Beklagten nicht bekannt und seien von der Klägerin auch nicht vorgetragen.

Mit weiterem Schreiben vom 11.02.2013 hat der Beklagte vorgetragen, dass er der Klägerin die Möglichkeit eingeräumt habe zur Vorbereitung einer Ausschutzsitzung substantiiert darzulegen, für welche Erkrankungen die Immunglobuline unter Bezugnahme auf die damals verschlüsselten Diagnosen, konkret verordnet worden seien. Die hierzu erstellte Patientenauflistung habe auch diejenigen Patienten umfasst, deren Verordnungen das SG A-Stadt zum Erlass der 39 Gerichtsbescheide zu Ungunsten der Klägerin veranlasst habe. Die Klägerseite habe hierzu mit Schreiben vom 17.09.2012 Unterlagen eingereicht, die in keinster Weise den Anforderungen an eine ausreichende Dokumentation genügen würden.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 04.03.2013 näher vorgetragen. Der Beklagtenvertreter habe erneut die falsche Prämisse bemüht, es bedürfe labortechnischer Auswertung, anhand derer man Antikörpermangelsyndrome nachweisen könne. „Das“ Antikörpermangelsyndrom sei von der Begrifflichkeit in der medizinischen Wissenschaft nicht bekannt. Es gebe vielmehr sehr viele verschiedene Antikörpermangelsyndrome. Weit mehr sekundäre als primäre Antikörpermangelsyndrome. Soweit es sich um ein quantitatives Antikörpermangelsyndrom handle, sei dies labortechnisch nachweisbar. Beim hier streitgegenständlichen qualitativen Antikörpermangelsyndrom sei der labortechnische Nachweis nicht möglich und überdies auch nicht erforderlich. Den zahlreichen Studien, dem Stand der medizinischen Wissenschaften, den Stellungnahmen des Prof. Dr. R. und auch denen des PEI sei zu entnehmen, dass nur bei HIV-Patienten (insbesondere und ausnahmsweise und auf den individuellen Einzelfall bezogen) ein qualitatives Antikörpermangelsyndrom dann mit der Erkrankung (in fortgeschrittener Krankheitsphase) einhergehe, wenn in der Klinik dieser Patienten vermehrt auftretende Infekte, die durch eine Insuffizienz des sog. B-Zell-Systems begünstigt würden, beobachtet und dokumentiert werden könnten. Hierzu würden vor allem bronchopulmonale Infekte, Sinusitiden, Infektionen des Urogentitaltraktes und Abszesse, wie sie durch die Klägerin dokumentiert worden seien, fehlen. Der Nachweis sei der klinische Verlauf bei diesen Patienten. Der Beweis, dass diese Störungen nicht auf die HIV-Infektion, sondern auf dem Antikörpermangelzustand beruhen, sei durch die folgende Unterscheidung leicht zu erbringen. Bei den vorliegenden Infektionen handle es sich nicht um HIV-bedingte sog. opportunistische Infektionen. Es gehe vielmehr um solche vermehrt auftretende Infekte, die durch eine Insuffizienz des sog. B-Zell-Systems begünstigt würden. Zu den opportunistischen und damit AIDS-definierenden Erkrankungen würden vielmehr solche Infekte zählen, wie sie in der Anlage unter der Kategorie C aufgeführt seien.

V.

Der Beigeladene zu 2) (in den Verfahren L 12 KA 24/12 und L 12 KA 37/12)hat mit Schreiben vom 24.09.2001 Antrag auf Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise in Einzelfällen im Quartal 4/2000 der Klägerin gestellt.

Der Prüfungsausschuss hat mit Bescheid vom 08.07.2002 gegen die Klägerin einen Regress bei den Einzelverordnungen in Höhe von 34.305,94 € (= DM 67.096,60) festgesetzt. Der Prüfungsausschuss habe eine Einzelfallprüfung durchgeführt und bestätige zum Teil die vom Beigeladenen zu 2) getroffenen Feststellungen hinsichtlich der unwirtschaftlichen Verordnungsweise. Die Vertragsärzte hätten in den streitgegenständlichen Fällen neben der Immunglobulingabe mittels Octagam auch eine antiretrovirale Therapie durchgeführt. Die Kombination von Immunglobulinen mit antiretroviralen Substanzen entspreche nicht den Empfehlungen der DAGNÄ zur HIV-Therapie. In den Fällen E.M. und R.-F.B. sei eine Unwirtschaftlichkeit dagegen nicht festzustellen, da keine antiretrovirale Therapie durchgeführt worden sei. Hiergegen richtet sich der Widerspruch vom 10.08.2002, der mit Schriftsatz vom 07.02.2003 näher begründet wurde. Der Prüfungsausschuss komme in dem streitgegenständlichen Prüfbescheid zu dem Ergebnis, dass die Vertragsärzte unwirtschaftliche Verordnungen getätigt hätten, da der Einsatz von Immunglobulinen neben antiretroviralen Medikamenten nicht den Empfehlungen der DAGNÄ e.V. zur HIV-Therapie entspreche. Die Empfehlungen dieses Privatvereins seien aber nicht geeignet, das für die Vertragsärzte bestehende Wirtschaftlichkeitsgebot zu konkretisieren (Hinweis auf Schriftsatz der Anwaltskanzlei Wartensleben vom 08.05.1999). In den vorliegenden Fällen werde die streitgegenständliche Therapie von den Arzneimittelrichtlinien umfasst. Nach der Nr. 20 AMR dieser Richtlinien dürften Impfstoffe und/oder Immunglobulin-Präparate insbesondere bei immunsuprimierten Patienten und bei Patienten mit Immundefekt verordnet werden, wenn nach wissenschaftlicher Erkenntnis hierdurch ein Krankheitsausbruch mit großer Wahrscheinlichkeit verhindert werden könne. Die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlung ergebe sich in den vorliegenden Fällen daraus, dass die betroffenen Patienten neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leiden und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Das HI-Virus zerstöre das menschliche Immunsystem. Bei entsprechender Ausbreitung des Virus versterbe der Patient an den sog. opportunistischen Erkrankungen, die als Folge seiner Immunschwäche nicht mehr bekämpft werden könnten. Seit Anfang 1997 werde die hochaktive antiretrovirale Kombinationstherapie eingesetzt. Unbestritten habe diese Therapie zu einer deutlichen Reduktion der HIV-assoziierten Morbidität und Mortalität geführt. Gleichwohl könne AIDS unverändert nicht als heilbare Krankheit eingestuft werden. Mit einer antiretroviralen Kombinationstherapie könne keine ausreichende Medikation für die HIV-Erkrankung erfolgen, aber ein Hinauszögern im Stadium AIDS in vielen Fällen erreicht werden. Nach Eindringen des Virus in den menschlichen Blutkreislauf würden sich die Viren an die Oberfläche des CD4-Lymphozyten (zentrale Schaltzellen des Immunsystems) anheften, in die Zelle eindringen und ihre genetische Information an das genetische Material im Zellkörper infizieren. Würden die so befallenen CD4-Lymphozyten durch andere Erreger (Bakterien, Viren, Pilze) aktiviert, würden sie mit der Produktion von HI-Viren beginnen und dadurch zerstört. Da sich das menschliche Immunsystem täglich mit einer Fülle von in den Körper eindringenden Keimen auseinandersetzen müsse, würden täglich CD4-Lymphozyten aktiviert und würden dadurch täglich neue HI-Viren bilden. Täglich würden Milliarden neuer Viren gebildet und Milliarden CD4-Lymphozyten zerstört. Dies führe schließlich zu einer Erschöpfung der Zellenneuproduktion im Knochenmark, die CD4-Lymphozytenzahl nehme ab. HIV-assoziierte Erkrankungen, opportunistische Infektionen oder bösartige Tumore würden über kurz oder lang zum Tod des Patienten führen. Mittels HAART könne zurzeit ein Fortschreiten der Erkrankung für fünf bis acht Jahre verhindert werden. Durch die Gabe antiretroviraler Kombinationspräparate könne das Eintreten des Endstadiums AIDS hinausgezögert werden. Wenn man sich den Verlauf einer HIV-Infektion als einen Zug vorstelle, der auf einen Abgrund (Tod durch AIDS) zufahre, so gebe die CD4-Zellzahl den Abstand zum Abgrund an. Die Höhe der Virusbelastung zeige die Geschwindigkeit an, mit der sich der Zug auf den Abgrund zubewege. Hinzu komme, dass es sich bei der HAART um eine Therapie handele, die sich erst seit gut fünf Jahren im Einsatz befinde. Vor dem Hintergrund der Kürze der Erfahrungszeit mit dieser Therapie lasse sich die Frage, ob sich letztendlich unter einer fortlaufenden HAART über viele Jahre/Jahrzehnte eine HIV-Infektion stabilisieren lasse, derzeit nur spekulativ beantworten. Resistenzen, die immerhin 50% der Patienten, die derzeit HAART nehmen würden, bereits betreffen, Kombinationsschwierigkeiten und vor allen Dingen Langzeitnebenwirkungen würden die entsprechend andauernde Erfolgsrate antiretroviraler Therapieformen limitieren. Vor diesem Hintergrund seien die Vertragsärzte über die Verordnung von Immunglobulinen bei HIV-Erwachsenen per Rundschreiben vom 04.07.1994 über die KVB beraten worden. Diese Beratung sei zu keinem Zeitpunkt widerrufen oder korrigiert worden. Über viele Jahre hinweg seien die Kosten der streitbefangenen Therapie anstandslos übernommen worden. Der so geschaffene Vertrauenstatbestand stehe einem Regressanspruch entgegen. Selbst wenn in den vorliegenden Fällen man einen Off-Label-Use des gebrauchten Präparats Octagam annähme, wäre eine zulassungsüberschreitende Verordnung nicht ausgeschlossen. Nach dem Urteil des BSG (Urteil vom 19.03.2002, B 1 KR 37/00 R) sei die Verordnung eines Medikaments in einem von der Zulassung nicht umfassten Anwendungsgebiet möglich, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn keine andere Therapie verfügbar sei und wenn aufgrund der Datenlage die begrenzte Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Damit Letzteres angenommen werden könne, müssten Forschungsergebnisse vorliegen, dass das Arzneimittel für die betreffende Indikation zugelassen werden könne. Davon könne ausgegangen werden, wenn entweder die Erweiterung der Zulassung bereits beantragt sei und die Ergebnisse einer kontrollierten klinischen Prüfung der Phase III (gegenüber Standard oder Placebo) veröffentlicht seien und eine klinische relevante Wirksamkeit bzw. einen klinischrelevanten Nutzen bei vertretbaren Risiken belegen oder außerhalb eines Zulassungsverfahrens gewonnene Erkenntnisse veröffentlicht seien, die über die Qualitätswirksamkeit des Arzneimittels in dem neuen Anwendungsgebiet zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen enthalten und aufgrund derer in den einschlägigen Fachkreisen Konsens über einen voraussichtlichen Nutzen in dem vorangegangenen Sinne bestehe, die entsprechenden Studien seien bekannt. Nicht zuletzt aufgrund dieser Datenlage sei den Vertragsärzten zur Verordnung mit Immunglobulinen bei HIV-Erwachsenen geraten worden. Die von der DAGNÄ e.V. aufgestellten Kriterien seien ebenfalls bekannt. Auch das dritte von der Rechtsprechung herangezogene Kriterium, nämlich ein nach den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft zu erwartender Behandlungserfolg, sei hier anzunehmen. Die Klägerin habe bezüglich des Patienten K.Sch. erfolgreich einen Eilantrag auf Gewährung der Immunglobulintherapie gestellt (vgl. Beschluss des Sozialgerichts München, Az.: S 44 KR 871/02 ER, bestätigt durch Beschluss des BayLSG, Az.: L 4 B 381/02 KR ER).

Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2003 den Widerspruch zurückgewiesen. Der Beklagte habe im vorliegenden Fall die Einzelfallprüfung als sachgerechte Prüfmethode gewählt. Der Beklagte sehe sich in der Lage, auf der Grundlage des Gutachtens von PD Dr. R. vom 03.01.2001 und von Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 zu entscheiden. Die Klägerin würde eine - in einigen Fällen unzureichende - antiretrovirale Therapie, häufig in fixer Kombination mit IVIG (intravenösem Immunglobulin) verwenden. Bereits die DAGNÄ-Empfehlungen vom Oktober 1996 würden den Einsatz von intravenösen Immunglobulinen auf wenige ganz bestimmte Krankheitsbilder und Komplikationen beschränken. hierbei handele es sich um Empfehlungen ohne allgemeinverbindlichen Charakter, die DAGNÄ-Empfehlungen spiegeln aber den damaligen Diskussionsstand der HIV-Behandlung mit Immunglobulinen wider. Die Empfehlungen der DAGNÄ würden eine Kombination aus Immunglobulintherapie und antiretroviraler Therapie nicht generell ausschließen, sie aber auf wenige Ausnahmefälle beschränken. Demgegenüber sei eine unkritische, über Monate bzw. Quartale gehende regelmäßige Substitution ohne jeglichen Anhaltspunkt für die therapeutische Wirksamkeit nicht geeignet, die Kriterien dieser Zulassung auch nur im Geringsten zu erfüllen. Nach Auffassung des PEI sei keines der in Deutschland zugelassenen Immunglobuline für die Anwendung bei erwachsenen AIDS-Patienten zugelassen und die Indikation weltweit als nicht durch klinische Studien belegt anzusehen. Die Beklagte gibt auch die von ihm geteilte Auffassung des MDK/MDS von Herrn Wolfgang Wilms, Referat Pharmakologie zur Verordnung von HIV-Immunglobulinen bei erwachsenen HIV-Patienten in der GKV wieder, wonach die Anwendung von Immunglobulinen für bestimmte HIV-/AIDS-assoziierte Krankheitsbilder bei Erwachsenen keine zugelassene Indikation sei. Voraussetzung für die Leistungspflicht der GKV sei der vom Bundessozialgericht präzisierte Begriff des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Kenntnisse unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts. Das Urteil des BSG vom 23.07.1998 nenne als konkrete Bedingung für die Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV die „arzneimittelrechtliche Zulassung“. Auch das RKI (Robert-Koch-Institut) wird mit der Feststellung zitiert, dass eine offizielle Empfehlung zur Immunglobulin-Therapie der HIV-Infektion bei Erwachsenen nicht existiere und sich diese überlebt habe. Die internationale Studienliteratur belege Therapieversuche bei HIV/AIDS mit polyvalenten Immunglobulinen bei Erwachsenen. Dieser Weg sei jedoch mangels Erfolg weitgehend verlassen worden. In seinem Gutachten vom 06.07.2000, erstellt für das Quartal 3/1997, führe Prof. Dr. D. aus, dass die Gabe von Immunglobulinen nur als Prophylaxe verstanden werden könne, wofür es keine Indikation gebe. Die pauschalen Begründungen seien in den einzelnen Fällen nicht ausreichend, um eine Indikation zu rechtfertigen. Weiterhin verweise Prof. Dr. D. auf die Empfehlungen der DAGNÄ für die HIV-Behandlung und die dort aufgeführten Krankheitsbilder, bei denen die Gabe von Immunglobulinen ausnahmsweise indiziert sei. Bei den angeführten Patienten bzw. Begründungen seien diese Krankheitsbilder durchgängig nicht enthalten. Standard der HIV-Behandlung sei die Kombination mehrerer wirksamer antiretroviraler Medikamente einschließlich Proteasehemmern. Die Gabe von Immunglobulinen bei HIV-Infektion sei mit Ausnahme der ITP-ähnlichen Thrombozytopenie wegen mangelnder Effektivität völlig verlassen worden. Angesichts der Gefahren und Kosten, die einer nicht bewiesenen Therapiewirksamkeit gegenüberstünden, könne es zum Schutz der Patienten nur eine Entscheidung bei der HIV-Infektion geben, nämlich die Immunglobuline nicht zu verabreichen, es sei denn, es liege eine wissenschaftlich begründete Indikation vor. Der Gegengutachter PD Dr. R. habe die im Gutachten von Prof. Dr. D. getroffenen Feststellungen nicht detailliert entkräftet, komme aber pauschal zu dem Ergebnis, dass die Begründung des Prüfungsausschusses - die DAGNÄ-Kriterien für die IVIG-Gabe sei nicht erfüllt - nicht greife. PD Dr. R. bringe lediglich eine Auflistung der Indikationen, ohne aber auf die Zulassungssituation einzugehen. Der Beklagte habe die vom Prüfungsausschuss beanstandeten Patienten nach Kassenzugehörigkeit erfasst, danach die Verordnungszeiträume und die Diagnosen benannt, letztendlich die gutachterlichen Stellungnahmen gegenübergestellt und aus dieser Gesamtübersicht eine Entscheidung getroffen. Der Widerspruchsbescheid befasst sich sodann mit den streitgegenständlichen Patienten, indem er die getätigten Arzneiverordnungen im Quartal 4/2000 aufführt, die Begründung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin für die Verordnung der Immunglobuline, soweit vorhanden, die Ausführungen in den Gutachten des Prof. Dr. D. bzw. PD Dr. R. aufführt und sodann die Bewertung des Beklagten hierzu darlegt. Danach rechtfertige die hochaktive retrovirale Therapie in Verbindung mit den Diagnosen der Abrechnung ohne weitere Gabe von Antibiotika und ohne weitere Angaben einer Therapie mit IVIG nicht. Insgesamt stellt der Beklagte fest, dass nach dem Quartal 3/1997 keine neueren Daten zu den HIV-Patienten vorliegen würden. Dies sei von Dr. L. in der Sitzung damit begründet worden, dass es zu diesen Patienten keine neuen Erkenntnisse gebe. Allein schon vom medizinischen Standpunkt betrachtet, erscheine es dem Ausschuss jedoch wenig glaubhaft, dass sich innerhalb eines derart langen Zeitraums seit dem Quartal 3/1997 am Zustand des Patienten nichts geändert haben solle.

Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vom 15.12.2003 zum Sozialgericht München, die mit Schriftsätzen vom 29.09.2008 näher begründet wurde. Die Prozessbevollmächtigte verweist zunächst vollumfänglich auf die Ausführungen im Verfahren S 38 KA 995/08. Der Patient H.F. (S 38 KA 984/08) befinde sich in weit fortgeschrittenem Stadium der HIV-Infektion. Er leide zusätzlich seit 9/1993 an rezidivierenden Gastroenteritiden, die praktisch dauernd bestanden hätten, ohne Erregernachweis. Im Jahre 1991 habe er sich einer zweimaligen Operation wegen Harnblasenkarzinoms unterziehen müssen. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 4 der DAGNÄ-Empfehlungen, da ein Auslassversuch im Jahr 1999 zu einer dokumentierten Zunahme weiterer Infektionen geführt habe.

Der Patient G.G. (S 38 KA 985/08) sei ein AIDS-Patient der Kategorie 1 der DAGNÄ-Richtlinien. Seit 1991 leide er an gehäuften oberen Atemwegsinfektionen. In der Folge an Onychomykose, Polyneuropathie, Pneumocystiscarinii, orale Haarleukoplakie, Colitis, rezidivierende Pyodermien, Kaposi-Sarkom, Pneumocystiscarinii-Pneumonierezidiv, Wasting-Syndrom, Pneunocystiscarinii-Pneumonie, Salmonellen, Sepsis, Pilzpneumonie, pseudobremnanöse Colitis, Pneumocystiscarinii-Pneumonie und Kyptosporidiencolitis. Seit Ende 1991 erhalte der Patient eine antiretrovirale Therapie. Seit 7/1995 zusätzlich eine intravenöse Immunglobulintherapie. Seit Jahren sei bekannt, dass seit der Gabe von IVIG sämtliche zusätzlichen (AIDS-definierenden) Infekte drastisch zurückgegangen seien.

Der Patient J.K. befinde sich ebenfalls in weit fortgeschrittener Krankheitsphase der HIV-Infektion, es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen und die zusätzliche Gabe sei bei virologischem Therapieversagen der antiretroviralen Medikamente zweifelsfrei indiziert gewesen. Der Patient J.K. erhalte die streitgegenständliche Therapie seit 10/1997. Weiter sei auf die widersprüchliche Stellungnahme des Beklagten einerseits im Widerspruchsbescheid vom 22.04.2004 im Vergleich zu dem hier streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid vom 20.11.2003 hinzuweisen, wonach in dem ersteren Bescheid maßgeblich auf die DAGNÄ-Empfehlungen abgestellt werde, während der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid diese nur auf ganz bestimmte wenige Erkrankungen beschränke. Im vorliegenden Fall J.K. sei die Gabe von IVIG auch durch die Krankenkasse gedeckt worden (vgl. Schreiben der GEK vom 11.05.2001), es sei allerdings ein Auslassversuch gefordert worden. Dies bedeute, dass der Vertragsarzt eine bestens funktionierende Therapie unterlassen müsse, um mit einer erneuten Verschlechterung des Krankheitsbildes den Benefit der dann unterlassenen Therapie zu beweisen. Dieses unethische Experiment könne bei einem lebensbedrohlich Erkrankten mit dramatischen Folgen behaftet sein.

Im Falle S.L. (S 38 KA 987/08) handele es sich um einen Patienten der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen. Er befinde sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion und leide seit 1990 an häufig rezidivierenden oberen Atemwegsinfekten, rezidivierendem Herpes simplex, progredienter Neuropathie, oraler Haarleukoplakie und multisegmentalem Herpes zoster. Seit Einsatz der Immunglobulintherapie (6/1995) habe ein deutlicher Rückgang der oberen Atemwegsinfekte und Herpessimplex-Infektionen dokumentiert werden können. Nachdem die Klägerin die streitgegenständliche Verordnung unter wirtschaftlichem Druck hätten unterlassen müssen, sei der Patient nicht mehr in der Praxis erschienen, so dass der weitere Krankheitsverlauf nicht bekannt sei.

Der Patient A.P. befinde sich im Stadium CDC C 3, der schlechtesten klinischen Kategorie der HIV-Infektion mit dem Vollbild AIDS. Es handele sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen. Nach Pneumocystiscarinii-Pneumonie, Pseudomonas-Pneumonie, Staphylococcusaureus-Sepsis, Mykobakterium avium Infektion mit Wasting-Syndrom (54 kg bei einer Größe von 1,82 m) hätte sich die Klägerin nach einer akuten nekrotisierenden Pankreatitis und akutem Nierenversagen zur Gabe von IVIG (seit 4/1995) entschlossen. Seit diesem Zeitpunkt habe ein deutlicher Rückgang sämtlicher Infektionen verzeichnet werden können.

Der Patient K.Sch. (S 38 KA 989/08) sei im September 2004 an den Folgen seiner AIDS-Erkrankung verstorben. Er sei multiresistent gewesen und habe nur noch über wenige Helferzellen verfügt. Die Krankenkasse habe weder die Kosten der genotypischen noch der phänotypischen Resistenztestung übernommen. Einem Antrag auf einstweilige Anordnung der Fortführung der Immunglobulintherapie sei vom Sozialgericht München (S 44 KR 871/02 ER) - bestätigt durch Beschluss des BayLSG (L 4 B 381/02 KR) - stattgegeben worden.

Bezüglich der Patientin A.T. werde vollumfänglich auf die Ausführungen im Verfahren S 38 KA 995/08 (Schriftsatz vom 19.09.2008) und im Verfahren S 38 KA 964/08 verwiesen.

Der Patient H.T. (S 38 KA 991/08) befinde sich im Stadium AIDS der HIV-Erkrankung. Er leide seit 1997 an Neuropathie. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen. Seit der Gabe von IVIG (8/1997) hätte sich ein deutlicher Rückgang der zuvor bestehenden rezidivierenden Sinusitiden und Bronchitiden ereignet.

Das Sozialgericht München hat mit Gerichtsbescheiden vom 11.01.2012 (S 38 KA 984/08 - S 38 KA 991/08) die Klagen abgewiesen. In den Verfahren sei zu klären, ob das Immunglobulin (Octagam) im Quartal 4/2000 bei den streitgegenständlichen Patienten verordnungsfähig gewesen sei und unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots gemäß den §§ 2 Abs. 1, 12 SGB V von der Klägerseite verordnet worden sei. Die Patienten seien bereits mehrere Jahre zuvor in der klägerischen Praxis behandelt worden und seien am HI-Virus erkrankt (gewesen). Sie hätten in dem streitigen Quartal neben der sog. antiretroviralen Therapie auch eine Immunglobulintherapie mit dem Präparat „Octagam“ erhalten. Zunächst sei für das Präparat „Octagam“ die Frage der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären. Denn Präparate, die nach § 21 Abs. 2 AMG arzneimittelrechtlich zugelassen seien, würden grundsätzlich als zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V gelten und seien daher von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung mitumfasst. Bei keiner arzneimittelrechtlichen Zulassung nach § 21 Abs. 1 AMG bestehe mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit auch keine Verordnungsfähigkeit, es sei denn, es lägen die Voraussetzungen für einen „Off-Label-Use“ bzw. für eine verfassungskonforme Auslegung leistungseinschränkender Vorschriften des SGB V vor. Gerade in jüngster Zeit hätten sich mehrere Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung mit der Verordnungsfähigkeit von Immunglobulinen befasst (BayLSG, Urteil vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 352/05; Entscheidung des BSG vom 20.11.2007, Az.: B 1 KR 118/07 B; Entscheidung des BVerfG vom 07.04.2008; Az.: BvR 550/08; BSG, Urteil vom 28.02.2008, Az.: B 1 KR 15/07 R; BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R; BVerfG, Entscheidung vom 30.06.2008, Az.: 1 BvR 1665/07). Den oben genannten Entscheidungen sei gemeinsam, dass sie - wie auch die Vorinstanzen - davon ausgehen, dass die Immunglobuline nicht zur Behandlung von an HIV erkrankten erwachsenen Patienten zugelassen seien. In den Entscheidungen sei daher darüber zu befinden gewesen, ob ausnahmsweise die Voraussetzungen des Off-Label-Use gegeben seien oder ob ausnahmsweise im Wege der verfassungskonformen Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V gleichwohl eine Verordnungsfähigkeit zu bejahen sei. Nach gefestigter Rechtsprechung zum Off-Label-Use (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2007, Az.: B 1 KR 30/06 R) bestehe eine Verordnungsfähigkeit zulasten der GKV, wenn es um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung gehe, wenn keine andere Therapie verfügbar sei und wenn aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht bestehe, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden könne. Ebenfalls entstehe eine Verordnungsfähigkeit bei Anwendung der verfassungskonformen Auslegung leistungsbeschränkender Vorschriften des SGB V, die seit der sog. Nikolausentscheidung des BVerfG (Entscheidung vom 06.12.2005, Az.: 1 BvR 347/98) zusätzlich Anwendung finde. Danach sei vorauszusetzen, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung (= Notstandsindikation) vorliege, eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende medizinische Behandlung bzw. Verordnung nicht zur Verfügung stehe und nicht auszuschließen sei, dass mit der Therapie oder Methode eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Ob das Präparat zugelassen sei, ergebe sich aus dem Bescheid des PEI bzw. aus der jeweiligen Fachinformation. Zum Zeitpunkt der Verordnung (Quartal 4/2000) habe noch nicht die mit Änderungsbescheid vom 07.01.2002 (PEI) modifizierte Zulassungssituation für Octagam gegolten. Der Indikationsbereich lautete wie folgt: „Substitutionstherapie bei primären und sekundären Antikörpermangelzuständen sowie zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen, die bei diesen Krankheiten auftreten“. Zusätzlich werden Immunglobuline auch zur Kontrolle oder Veränderung der individuellen Immunantwort eingesetzt, z. B. bei ITP:

1. Primäre Antikörpermangelzustände:

- Kongenitale Agammaglobulinämie und Hypogammaglobulinämie,

- variables Immundefektsyndrom,

- schweres kombiniertes Immundefektsyndrom,

2. Wisskott-Aldrich-Syndrom.

Ideopathische thrombozytopenische Purpura (ITP), insbesondere in akuten Fällen bei Kindern.

3. IGIV wird bei sekundären Immunmangelkrankheiten unter folgenden Bedingungen angewendet:

- Chronische lymphatische Leukämie (CLL).

Der Eingangssatz sei mit dem Änderungsbescheid vom 07.01.2002 gestrichen worden, die Aufzählung der Indikationen ohne den Eingangssatz sei somit ab dem Zeitpunkt der Änderung abschließend. Ob vor dem 07.01.2002 - also Fassung mit dem Eingangssatz - die Aufzählung nicht abschließend gewesen sei und die unter den Ziffern 1 und 3 genannten Indikationen lediglich beispielhaft für primäre bzw. sekundäre Antikörpermangelzustände gewesen seien, lasse sich daraus nicht herleiten, genauso wenig wie das Gegenteil. Denn es könnte sich sowohl um eine echte Änderung als auch lediglich um eine klarstellende Änderung der Zulassungssituation handeln. Als Zwischenergebnis sei festzuhalten, dass Octagam expressis verbis nicht für an HIV erkrankte erwachsene Patienten zugelassen gewesen sei. Eventuell sei das Mittel aber für die mit der HIV-Erkrankung einhergehenden Begleitsymptome, insbesondere im Sinne von sekundären Immunmangelzuständen - für den Fall, dass die Aufzählung nicht abschließend sein sollte - verordnungsfähig oder zumindest als zulässiger „Off-Label-Use“ anzusehen bzw. aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Sozialstaatsprinzip (BVerfG, Beschluss vom 06.12.2005, Az.: 1 BvR 347/98) die Verordnungsfähigkeit abzuleiten. Soweit eine Prüfung der Verordnungsfähigkeit außerhalb des Zulassungsbereichs zu erfolgen habe, sei fraglich, ob das sekundäre Antikörpermangelsyndrom eine eigenständige und hinreichend spezifische Erkrankung sei, die abgegrenzt von der Haupterkrankung behandelt werden könne und müsse (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R). Zweifel bestünden ferner, ob die positive Wirkung des Immunglobulins hinreichend belegt sei (vgl. BayLSG, Urteil vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 352/05). Abgesehen davon sei nicht jede Verbesserung der Lebensqualität von der Ausweitung des Leistungsanspruchs erfasst (vgl. BSG, Urteil vom 13.10.2010, B 6 KA 48/09 R). Letztendlich könne dahinstehen, ob eine Diagnose vorliege, für die „Octagam“ zugelassen oder ein Ausnahmetatbestand gegeben sei, der zur Verordnungsfähigkeit führe. Denn in jedem Fall müsse sich die Notwendigkeit der Verordnung aus der Diagnose ergeben, die ihrerseits, soweit sich die Klägerseite auf einen schweren Immundefekt berufe, durch labortechnische Untersuchungen abzustützen sein. Dies gelte erst recht bei Verordnung von Medikamenten, die im Zusammenhang mit einer HIV-Infektion und/oder dem damit einhergehenden Begleitsymptom stehen, deren Verordnungsfähigkeit für die angeführten Diagnosen bekanntermaßen nicht eindeutig feststehe und die einen erheblichen Kostenfaktor darstelle. Dem Behandler obliege eine Darlegungs- und Beweislast, an die um so größere Anforderungen zu stellen seien, um so wahrscheinlicher die Verordnungsfähigkeit eines Medikaments nur ausnahmsweise zu bejahen sei. Unklar sei hier bereits, für welche Diagnose/Diagnosen „Octagam“ verordnet worden sei (für die HIV-Erkrankung zusätzlich zur HAART? Für welche Diagnosen?) geschweige denn sei nicht bekannt, dass die Diagnosen, soweit sie nach Auffassung der Klägerseite auf einen schweren Immundefekt hindeuten sollten, durch geeignete laborchemische Untersuchungen verifiziert worden seien. Der Klägerin sei auch die Ausnahmekonstellation bewusst gewesen, die sich daraus ergebe, dass nur bei wenigen HIV-Patienten Immunglobuline eingesetzt worden seien. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, genau herauszuarbeiten, zu dokumentieren und geeignete Angaben zu machen, warum gerade in den streitgegenständlichen Fällen mit den Diagnosen die Verordnung von Immunglobulinen medizinisch indiziert gewesen sei. Damit lasse sich der Sachverhalt nicht in erforderlichem Umfang aufklären, was letztendlich zulasten der Klägerin gehen müsse.

Hiergegen richten sich die Berufungen vom 10.02.2012 zum Bayerischen Landessozialgericht. In der Sache handele es sich um ein Parallelverfahren zu dem bereits beim Bayerischen Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahren L 12 KA 109/08. In diesem Verfahren - hier hätte die Klägerin erstinstanzlich zur Gänze obsiegt - sei ein dem Wortlaut nach identischer Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 20.11.2003 streitgegenständlich. Habe das Sozialgericht hier die Auffassung vertreten, dass dieser Widerspruchsbescheid hinsichtlich seiner Begründung nicht den Anforderungen des § 35 Abs. 1 SGB X genüge, sehe sich der Vorsitzende der 38. Kammer nunmehr veranlasst, im Rahmen einer konsequenten Fortentwicklung der Rechtsprechung anderslautend zu entscheiden. Unabhängig von der Tatsache, dass die Entscheidung des BSG im Verfahren B 6 KA 6/09 R auf die hier streitgegenständlichen Verfahren nicht im Ansatz zur Anwendung gelangen könne, weil es um eine nicht vergleichbare Erkrankung gehe, sei nicht erkennbar, dass die aktuelle Rechtsprechung des BSG einen Widerspruchsbescheid aus dem Jahre 2003, dem es ersichtlich an einer Begründung fehle, gerade zu einer solchen zu verhelfen geeignet sei.

Nach erfolglosem Güteverfahren hat der neu bestellte Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.09.2014 vorgetragen, dass in den überlassenen vollständigen Akten die zugrundeliegende Klage nicht enthalten sei, z. B. bei L 12 KA 17/12. Vorsorglich werde die Einrede der Verjährung erhoben. Für die Einrede gelte die 4-jährige Verjährungsfrist. Allein die Zeitspanne zwischen dem Erlass des Widerspruchsbescheides des Beklagten am 20.11.2003 bis zur erstmaligen Referenz zur Klageerhebung am 22.07.2008 übersteige diese Zeitspanne. Auch ein Nichtbetreiben des Verfahrens von Klageerhebung im Dezember 2003 bis zur teilweise erstmaligen Referenz zur Klageerhebung im Juli 2008 lasse den Lauf der Verjährung wieder aufleben und habe somit das Ergebnis der berechtigten Einrede der Verjährung zur Folge. Auch übersteige die Zeitspanne der Sitzung/Verhandlung des Beklagten und der Ausfertigung und Übersendung dieser Entscheidung vom 24.06.2003 bis 20.11.2003 die Fristenvorschrift von einer maximalen Zeitspanne von drei Monaten des § 8 der Prüfungsvereinbarung für den Beklagten. Der Einwand der Verfristung sei insoweit weiter begründet, als die angefochtenen Widerspruchsbescheide im November 2003 Abrechnungsquartale zurück bis zum 4. Quartal des Jahres 2000 betreffen, also bis zu ca. drei Jahre verstrichen seien, bis der Beklagte die angefochtenen Widerspruchsbescheide gegen die Kläger erlassen und zugestellt habe. Zudem sei zwischen dem Zugang der beanstandeten Verordnung/Abrechnung und dem Zugang des Prüfbescheides ein Zeitraum von mehr als zehn Monaten gelegen. Die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern stehe unter dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Der Prüfungsabschluss eines Leistungsfalles mehr als zehn Monate nach Übersendung der Rechnung sei ein Verstoß gegen Treu und Glauben mit der Rechtsfolge, dass kein Rückforderungsanspruch geltend gemacht werden könne. Nichts anderes könne für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Kassenärzten und die in diesem Rechtsverhältnis vom Beklagten für die beigeladenen Krankenkassen geltend gemachten Regressansprüche gelten. Der mit der Festsetzung des Regresses der Klägerin in den derzeit wohl ca. 550 Einzelverfahren verbundene Ruin der Klägerin sei unter dem Gesichtspunkt der im Rahmen der vom Beklagten zu prüfenden Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt worden. Angesichts der in den genannten Verfahren zwischenzeitlich seitens des Beklagten behaupteten Regressansprüche in Höhe von ca. 3.858.000,- € dürfte die wirtschaftliche Gefährdung der Klägerin im Sinne des § 106 Abs. 5c SGB V außer Frage stehen. Dennoch habe sich der Beklagte in der Beschwerdeausschusssitzung am 24.06.2003, in der die angefochtene Entscheidung getroffen worden sei, mit der Frage der wirtschaftlichen Gefährdung der Klägerin nicht einmal am Rande befasst. Hinsichtlich des medizinischwissenschaftlichen Vortrags zur Angemessenheit der Verordnung von Immunglobulinen (hier Octagam) sei darauf hinzuweisen, dass die bisherigen Entscheidungen des Beklagten wie des erstinstanzlichen Gerichts rechtsfehlerhaft davon ausgehen, dass die Verordnung dieses Präparates nicht geeignet gewesen sei, die zugrundeliegende HIV-Infektion bzw. bestehende Aids-Erkrankung zu behandeln. Die Verordnung des Präparats sei als ungeeignete Behandlungsmethode zur Aids-Erkrankung bewertet worden. Dabei werde verkannt, dass die streitgegenständliche Immunglobulin-Verordnung in keinem einzigen Fall zur Behandlung der Aids-Erkrankung erfolgt sei, sondern ausschließlich zur Erleichterung der mit dieser Erkrankung einher gegangenen, gleichzeitigen, aber ursachenbezogen verschiedenen weiteren Erkrankungen wie z. B. der bakteriellen oberen und unteren Atemwegsinfektionen erfolgt sei. Es komme nicht darauf an, ob zur Behandlung der AIDS-Erkrankung eine ausreichende und geeignete Dokumentation zur AIDS-Behandlung vorhanden sei, da es sich um keine Verordnung wegen dieser Erkrankung selbst gehandelt habe. Vielmehr komme es auf die Feststellung an, dass neben der antiretroviralen Behandlung zur AIDS-Erkrankung zusätzlich für weitere Erkrankungen des betreffenden Patienten die vom Kläger gewählte Immunglobulin-Verordnung geeignet gewesen sei. Die vom Beklagten gewählte Vermischung unterschiedlicher Erkrankungen und der jeweils im Einzelnen unterschiedlichen Behandlungs- und Verordnungsansätze sei nicht zulässig. Zu dem ganzen Komplex wird zum Beweis die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Die Feststellungen seien zudem für jeden einzelnen Patienten gesondert und im jeweiligen konkreten Einzelfall der einzelnen Verordnung festzustellen. Eine pauschale Feststellung, dass die Verabreichung von Immunglobulinen bei Aids erkrankten Patienten stets neben der antiretroviralen Behandlung ungeeignet sei, sei nicht ausreichend, da sie den Kern der vorliegenden konkreten Immunglobulin-Verordnung nicht einmal berühre. Soweit in unzulässiger Weise der Beklagte im Laufe des gegenständlichen Verfahrens seine Begründung der Regressentscheidung austauschen wolle, sei dies nicht zulässig. Zudem verkenne der Beklagte in grundlegenderweise in den vorliegenden Fällen die Funktion und das Anwendungsziel der Immunglobuline. Die Verordnung der streitgegenständlichen Immunglobuline diene vorliegend ausschließlich präventiven Zielen der Vorbeugung, nicht der Behandlung. Die jeweils erste Verordnung der Immunglobuline bei den betroffenen Patienten sei im Rahmen einer konkret aufgetretenen Atemwegs- und/oder anderen Infektion erfolgt und habe dem Zweck gedient, solche weiteren Erkrankungen für die Zukunft zu vermeiden, da die Belastungen dadurch gerade bei Aids-Erkrankten ungleich schwerer bis regelmäßig lebensbedrohend seien als bei im Übrigen gesunden Patienten. Für diesen Vortrag wird wiederum die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Die angemessene und richtige Dokumentation zu diesen Ersterkrankungen liege dem Beklagten in sämtlichen angeforderten Fällen vor. Diese vorbeugenden Verordnungen hätten erfreulicherweise die Folge gehabt, dass weitere solche Atemwegserkrankungen vielfach vollständig vermieden, zumindest deren Schwere aber deutlich abgemindert habe werden können. Hierzu wird die Einvernahme der betroffenen Patienten beantragt. Sei der mit der Verordnung der Immunglobuline gewollte präventive Erfolg eingetreten, könne die vermiedene Erkrankung schwerlich dokumentiert werden. Maßgeblich sei höchstens die Dokumentation der Ersterkrankung. Zudem hat sich mit Schriftsatz vom 13.10.2014 die weitere Prozessbevollmächtigte der Klägerin geäußert. Der streitgegenständliche Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2003 sei rechtswidrig beschwerend, da er in Hinblick auf seine Begründung nicht den Anforderungen des § 35 Abs. 1 SGB X genüge. Der Beklagte habe sich vorliegend für eine Einzelfallprüfung entschlossen. Hiermit seien weitere verfahrensrechtliche und rechtsstaatliche Anforderungen verbunden, die den Kläger (die Kläger) in die Lage versetzen müssen, seine Rechte entsprechend zu wahren und mit seinen Darstellungen auf die Entscheidung des Prüfgremiums Einfluss nehmen zu können. Insbesondere sei vor einem Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise dem Arzt Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Kläger sei nicht darüber informiert worden, dass die Gutachten von Prof. Dr. R. und Prof. Dr. D. wie auch die weiteren Stellungnahmen zum Verfahren beigezogen worden seien. Die vom Kläger mitgeführten Befundungen (Karteikarten) sämtlicher Patienten seien anlässlich der Sitzung am 24.06.2003 nicht gesichtet worden. Es habe keine Einzelfallprüfung, wie sich dies auch im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid niederschlage, stattgefunden. Die Prüfmethode der eingeschränkten Einzelfallprüfung setze andere Kenntnisse als diejenige zur statistischen Fallkostenprüfung voraus. Bei der strengen Einzelfallprüfung müsse sich die Begründung der Unwirtschaftlichkeit auf jeden einzelnen Behandlungsfall des geprüften Quartals erstrecken. Dürfe sie nur durch sachverständige Ärzte durchgeführt werden, werde bei der Prüfung der Behandlungsweise oder Verordnungsweise die Indikationsbeurteilung des geprüften Arztes zugrunde gelegt. Damit handle es sich im Grundsatz nach mehr um eine Schlüssigkeitsprüfung innerhalb der Behandlungsweise oder Verordnungsweise des Arztes als um eine echte Einzelfallprüfung. Eine derartige Anwendung der Prüfungsmethodik der Einzelfallprüfung lasse sich dem streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid nicht entnehmen. Vielmehr werde global die rechtliche Zulässigkeit der Verordnung von Immunglobulinen überprüft und diese als nicht von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst als unzulässig gewertet. Der Beklagte habe sich weder mit dem im Laufe geänderten Text der Arzneimittelzulassung beschäftigt, noch die Fachinformation herangezogen noch eine Prüfung des Off-Label-Use vorgenommen und insbesondere die Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts vom 30.10.2010 nicht berücksichtigt, wonach die Entscheidung über die Anwendung eines Immunglobulins in der nicht zugelassenen Indikation Aids-Erkrankung bei Erwachsenen daher eine Einzelfall-Entscheidung sei, die in die Therapiefreiheit des behandelnden Arztes fallen solle. Nach der Rechtsprechung des Sozialgerichts Dortmund (Az.: S 9 KA 128/08) müsse die Anwendung und Prüfung der Verordnung von Immunglobulinen bei erwachsenen HIV-Patienten im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit eines Off-Label-Use weitaus differenzierter gesehen werden. Denn hier könne es nicht bei den Einzelfällen mit zusätzlicher Lebensbedrohung ausreichen, dass die Wirksamkeit von Immunglobulinen bei Aids nicht durch adäquate Studien belegt worden sei. Damit würden die Inhalte des Nikolaus-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 (Az.: 1 BvR 347/98) verfehlt. Dies gelte hier insbesondere in Bezug darauf, dass dem Beklagten durchaus regressierte Patientenverläufe bekannt seien, für welche ein Eilantrag auf Verordnung der Immunglobuline gestellt worden sei. Der stattgebende Beschluss des SG A-Stadt (Az.: S 44 KR 871/02 ER) sei vom BayLSG (Az.: L 4 B 381/02 KR ER) bestätigt worden. Demzufolge liege mit der Rechtsprechung des BSG vom 27.06.2007 (Az.: B 6 KA 44/06 R) gerade kein Widerspruchsbescheid vor, in welchem die Unwirtschaftlichkeit der Verordnung durch den verordnenden Arzt darin begründet werden könnte, dass der Verordnungsumfang unter keinen Umständen mehr medizinisch zu rechtfertigen gewesen sei. In der Anlage wird eine Beweisanordnung des SG Dortmund nebst fachinternistischem Sachverständigengutachten vom 11.02.2011 zu den Akten gereicht. Hierbei handle es sich um eine solch dezidierte Auseinandersetzung zur Frage der Verordnung von Immunglobulinen auch als Adjuvanz, wie sie durch den BA wünschenswert gewesen wäre, aber nicht im Ansatz vorliege. Im Gutachten werde dem komplexen Krankheitsbild eines HIV-Patienten in fortgeschrittener Krankheitsphase im Zusammenhang mit weiteren, sich womöglich daraus ergebenen Krankheiten zur Gänze Rechnung getragen. Sei der Beklagte im Jahr 2003 davon ausgegangen, bei der Einzelfallprüfung auf einen Mix aus DAGNÄ-Empfehlungen, sich widersprechender Gutachten und allgemein verbindlicher Statements (Antibiotika statt IVIG) abzustellen, stelle ein wissenschaftlichen Anforderungen entsprechendes Gutachten des Univ. Klinikums Essen im Jahre 2011 fest, dass es wissenschaftlich fundierte Gründe für die Gabe von IVIG geben könne. Für die vorgenommenen Einzelfallbegründungen wäre zunächst von der Diagnosestellung des behandelnden Arztes auszugehen gewesen und demgemäß zu bewerten gewesen, ob die Verordnung der Arzneimittel auf diese genannten Erkrankungen abzielten und ggf. auch zu einer Besserung geführt hätten. Hier finde allerdings keine Prüfung statt. Die Ansätze dieser Einzelfallprüfung seien mit der generellen Problematik des Einsatzes von Immunglobulinen vermischt worden, wobei auch konkret der Gegenbeweis nicht angetreten worden sei, ob die benannten üblichen Therapien in Abhängigkeit vom Schweregrad mit der Gabe von ggf. Antibiotika etc. zu gleichen Ergebnissen geführt hätten. Denn der Beklagte habe sich mit den einzelnen Befunderhebungen (Karteikarten) nicht auseinandersetzen können, da er sie nicht gesichtet habe. Die Aussage, dass die klägerseits gewählte Arzneimitteltherapie mit Immunglobulinen nicht dem allgemeinen anerkannten Standard entsprochen habe, könne bei der gewählten Prüfmethode nicht ausreichen, sondern wäre allenfalls bei der Methode zur Feststellung von Unwirtschaftlichkeiten wegen der Verwendung von unzulässigen Arzneimitteln zur Anwendung gelangt. Auch dabei hätte nach den verschiedenen Stufen der Zulassungsebene genau ausgelotet werden und ggf. eine genaue Überprüfung im Bereich des Off-Label-Use stattfinden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R). Soweit sich der Beklagte darauf berufe, dass Immunglobuline für HIV-Erwachsene nicht zugelassen seien, gehe diese Behauptung an der hier zu klärenden Frage schlicht vorbei. Zu keinem Zeitpunkt hätten die Vertragsärzte jemals das streitgegenständliche Immunglobulinpräparat zur Behandlung von HIV-Erwachsenen eingesetzt. Es sei vielmehr eine Substitutionstherapie zur Behandlung des bestehenden Antikörper-Mangelzustandes, wie er in der Indikationsbeschreibung eindeutig normiert sei, erfolgt. Mit dieser zugelassenen Indikationsstellung habe sich der Beklagte ersichtlich in seinem Widerspruchsbescheid nicht im Ansatz auseinander gesetzt. In sämtlichen bemühten Gerichtsentscheidungen werde immer wieder von dem Statement ausgegangen, dass Immunglobuline für HIV-Erwachsene nicht zugelassen seien. Nachdem in der medizinischen Wissenschaft unbestritten sei, dass die HIV-Infektion mit Immunglobulinen nicht behandelt werden könne, seien die diesbezüglichen Ausführungen wenig hilfreich. Selbst wenn das Präparat Octagam für HIV-Erwachsene nicht zugelassen sein sollte (hier bestünden erhebliche Zweifel), sei die Substitutionstherapie zur Behandlung des Antikörper-Mangelzustandes sehr wohl erfasst. Die empfohlene Dosierung für primäre und sekundäre Antikörpermangel stehe in Abhängigkeit von der klinischen Reaktion. Der Beklagte, dem die im Verfahren regressierten Patientenverläufe seit Jahren bekannt seien, stelle allein auf die Kombination von antiretroviralen Medikamenten und der Gabe von Immunglobulinen ab. Es sei überdies widersinnig, wenn von den Vertragsärzten erwartet werde, eine Dokumentation der Infektionen vorzulegen, wenn diese gerade durch die streitgegenständliche Therapie vermieden worden seien. Sinn und Zweck der Immunglobulintherapie bei Antikörper-Mangelerkrankungen sei gerade, dass die Infektanfälligkeit reduziert werde. Der Unterfertigte gehe davon aus, dass sich in Bezug auf diesen Sachverhalt auf Seite 6 des Schriftsatzes vom 15.09.2014 ein Verständnis- bzw. Übermittlungsfehler eingeschlichen habe. Die hier streitgegenständlichen Antikörper-Mangelerkrankungen seien mit Immunglobulinen behandelt worden, hierbei handle es sich um eine zwingende Indikation und nicht lediglich um eine Vorbeugung wie dort ausgeführt. Die Tatsache, dass der Einsatz der Immunglobuline sich auf die Therapie des Antikörper-Mangelzustandes bezogen habe, sei für den fachkundig besetzten Beklagten auch zwingend erkennbar gewesen. Denn die Diagnose des Antikörper-Mangelzustandes sei neben der HIV-Krankheit in den Widerspruchsbescheiden namentlich aufgeführt. Es stelle sich hier die Frage, ob Fälle dieser Art überhaupt der Wirtschaftlichkeitsprüfung mit der hier gewählten Methodik unterzogen werden können, zumal die Entwicklung über die Jahre hin sehr viele unterschiedliche Symptome aufgewiesen habe und unterschiedliche Entwicklungen. Insbesondere könnten die Verordnungsansätze nicht an der Komplexität des Einzelfalls vorbeigehen, denn es handle sich zumeist an der Basis um eine HIV-Infektion, wobei in der Folge weitere Diagnosen hinzutreten. Nachdem sich der Beklagte im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid nicht mit den hier zu bewertenden Krankheitsbildern auseinander gesetzt habe, sei die Festsetzung eines Regresses in keinem Fall nachvollziehbar und daher rechtswidrig beschwerend. Die Schwierigkeit und Komplexität der Wirtschaftlichkeitsprüfung in diesem Bereich mache die Hinzuziehung eines immunologischen Sachverständigen unabdingbar.

Zu den Verfahren hat sich die Beigeladene zu 2) (AOK Bayern in den früheren Verfahren L 12 KA 17/12, L 12 KA 29/12, L 12 KA 45/12) mit Schriftsatz vom 15.10.2011 geäußert. Nach hiesigen Erkenntnissen würden sich die noch offenen Regressforderungen der AOK Bayern zum Streitthema auf 1,3 Mill. Euro belaufen. Die Beigeladene zu 2) habe keinerlei Interesse daran, durch Vollstreckungsmaßnahmen, die den finanziellen Rahmen der Klägerin sprengen würden, deren Existenz zu gefährden, da ggf. ihren Versicherten der Arzt ihres Vertrauens entzogen würde. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts habe die Beigeladene zu 2) aber dafür Sorge zu tragen, dass bei künftigen Änderungen der Verhältnisse eine Realisierung der Forderung noch möglich sei. Was den eigentlichen Streitstoff betreffe, sei in sämtlichen Verfahren zur Sach- und Rechtslage bereits dezidiert vorgetragen worden, worauf verwiesen werde. Auch im aktuellen Schriftsatz werde abermals versucht, unter Umstellung der ursprünglichen Argumentation im Widerspruchsverfahren darzulegen, dass die streitgegenständlichen Verordnungen gar nicht zur Behandlung von Aids erfolgt seien. Auch diesbezüglich werde auf den bisherigen Vortrag verwiesen. Zum Vortrag des Klägers zur Verjährung werde auf die Entscheidung des BSG vom 05.05.2010 (Az.: B 6 KA 5/09 R) hingewiesen, wonach die Vorschrift des § 204 Abs. 2 BGB für das vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägte sozialgerichtliche Verfahren nicht einschlägig sei.

Des Weiteren hat sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 16.10.2014 zum Verfahren geäußert. Zum Einwand der Verjährung sei darauf hinzuweisen, dass lt. höchstrichterlicher Rechtsprechung innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des jeweiligen Prüfquartals ein Prüfantrag zu stellen sei und ein Prüfbescheid zu ergehen habe, da ansonsten eine Verfristung eintrete. Die Ausschlussfrist beziehe sich jedoch nicht auf den Zeitraum zwischen bereits erlassenem Widerspruchsbescheid und dem Fortgang des weiteren Gerichtsverfahrens. Auch lasse das Nichtbetreiben eines Verfahrens nicht den Lauf der Verjährung wieder aufleben. Denn die Vorschriften des BGB über das Ende der Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung durch Nichtbetreiben des Verfahrens würden auf das von Amts wegen durchzuführende Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung keine Anwendung finden (BSG, Beschluss vom 11.05.2011, Az.: B 6 KA 5/11 B). Weiter werde dem Beklagten von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Ausfertigung eines Widerspruchsbescheides eine Frist zur Zustellung von fünf Monaten zugestanden (BSG, Urteil vom 28.04.1999, Az.: B 6 KA 79/97 R). Der Beklagte habe sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt. Der Kläger habe bezüglich einer angeblichen Existenzgefährdung nichts bis zum Ende der zweiten Verwaltungsinstanz vorgetragen. Zudem sei eine mögliche Existenzgefährdung des Vertragsarztes nicht geeignet, fortdauernde Verstöße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot mildernd zu bewerten. Kontinuierliche Verstöße könnten vielmehr sogar weitreichendere negative Konsequenzen für einen Vertragsarzt nach sich ziehen (BSG, Urteil vom 27.06.2001, Az.: B 6 KA 66/00 R). Zudem sei die Problematik (IVIG i. V. m. HIV-/Aids) der Klägerin hinlänglich bekannt gewesen. Bereits im Jahr 1993 sei durch die KVB eine Beratung des Dr. L. erfolgt. Dieser sei in die regelmäßig stattfindenden Qualitätszirkel „AIDS“ in der Bezirksstelle A-Stadt Stadt und Land der KVB eingebunden gewesen. Das Thema IVIG sei dort detailliert erörtert worden und auch die Hinwendung zur 3er-Therapie sei frühzeitig offenkundig gewesen. Der von Klägerseits zitierte § 106 Vc SGB V beziehe sich einzig auf die Richtgrößenprüfung. Alle vorliegenden in Streit stehenden Verordnungen seien gegenüber Versicherten, die an einer HIV- bzw. AIDS-Erkrankung gelitten hätten, erfolgt. Bei keinem der Versicherten habe die Klägerin substantiiert darlegen und nachweisen können, dass die Immunglobuline für eine andere Behandlung als HIV-/AIDS eingesetzt worden seien. Die Immunglobulintherapie zähle seit 1997 nicht mehr zur Standardtherapie bei HIV-infizierten Patienten. Der Stand der medizinischen Erkenntnisse sei zu diesem Zeitpunkt soweit gewesen, dass 3er-Kombinationen aus einem Proteaseinhibitor und zwei Nukleosidanaloga zum Standard gehört hätten. HIV-Schwer- punktpraxen in Bayern hätten die 3-fach-Therapie bereits mit Erfolg eingesetzt. Das Schreiben befasst sich in der Folge mit der Wirkweise von Immunglobulinen, dem Verlauf einer HIV-Infektion und der Behandlung gemäß HAART. Die streitgegenständlichen Quartale würden zeitlich nach der Einführung der HAART liegen. Die vom Kläger immer wieder angeführten klinischen Studien zur Behandlung der HIV-Infektion mit intravenösen Immunglobulinen würden ausnahmslos aus der Zeit vor der Einführung der aktiven Kombinationstherapie gegen HIV (vor 1995 bzw. vor 1990) liegen. Seit 1997 sei die HAART-Therapie die Standardbehandlungsmethode. Die Klägerin behaupte pauschal, dass mittels Immunglobulinen nicht HIV/AIDS, sondern ausschließlich zur Erleichterung der mit dieser Erkrankung einher gegangenen, aber ursachenbezogen verschiedene weitere Erkrankungen wie z. B. bakterielle obere und untere Atemwegsinfektionen behandelt worden seien. Bakterielle obere und untere Atemwegsinfektionen seien jedoch typische Begleiterkrankungen der HIV-/AIDS-Erkrankung. Aus den Begriffen „mit dieser Erkrankung einhergegangen“ und „ursachenbezogen“ gehe hervor, dass mittels der Immunglobuline HIV/AIDS behandelt worden sei, um die Begleitsymptome einzudämmen. Der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt zu der Frage Stellungnahme genommen, ob bzw. welche anderen Strategien zur Behandlung der bakteriellen oberen und unteren Atemwegsinfektionen bis dahin ausgeschöpft worden seien. Auch fehle eine Dokumentation, aus der sich ergebe, dass es bei der Gabe der Immunglobuline zu einer Verminderung der Infekte gekommen sei. Entgegen der Meinung der Klägerin stelle eine Verordnung, die zur Prophylaxe und nicht zur Behandlung eines Versicherten erfolge, einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot dar, da sie nicht notwendig sei. Zu den Verfahren hat sich weiter die Beigeladene zu 1) mit Schriftsatz vom 20.10.2014 geäußert. Die Gabe von intravenösen Immunglobulinen sei bis einschließlich 1996 Standard bei der Behandlung von HIV-Erkrankungen gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Krankenkasse wegen Verordnungen von intravenösen Immunglobulinen für HIV-Patienten keine Regressanträge gestellt. Erst mit Einführung der HAART-Therapie seien weitere Therapiemethoden im Laufe des Jahres 1996 hinzugekommen. Danach sei die Verschreibung von Immunglobulinen auch weiterhin zumindest bei folgenden Patienten indiziert gewesen, nämlich Patienten in sehr stark fortgeschrittenen Krankheitsphasen, die durch andere Therapien nicht ausreichend behandelbar gewesen seien, Patienten mit Immunthrombozytopenie, die auf andere Therapiewegen nicht ausreichend angesprochen hätten und deren Thrombozytenwerte unter 30.000/mm³ liegen, Patienten mit rezidivierenden bakteriellen oder rezidivierend viralen Infekten, bei denen andere Strategien ausgeschöpft seien und die auf einen Therapieversuch mit Immunglobulinen mit einer dokumentierten Verminderung der aufgetretenen Infekte reagieren, Patienten,die bisher mit Immunglobulinen behandelt worden seien und bei denen es nachweislich durch Absetzen dieser Therapie zu einer dokumentierten Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes gekommen sei. In Fällen, in denen eine dieser Voraussetzungen vorgelegen hätten, könnten nach hiesiger Einschätzung keine Regresse festgesetzt werden mit der Folge, dass die entsprechenden Regresse aufzuheben wären. Die Festsetzung von Regressen für den gesamten Zeitraum seit 1997 sei auch deshalb zweifelhaft, weil die Zulassung erst mit dem Bescheid des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) vom 07.01.2002 geändert worden sei und erst infolge dieser Entscheidung die eingeschränkte Zulassung in der Fachinformation klar ersichtlich gewesen sei. Die Zeiträume der anhängigen Verfahren einschließlich des Quartals 1/2002 sollten daher anhand der ursprünglichen Fassung der Fachinformation aus dem Jahre 1995 beurteilt werden. Erst wenn geklärt sei, welche Erkrankungen die Berufungskläger mit intravenösen Immunglobulinen tatsächlich behandelt hätten, könne beurteilt werden, ob die Verordnungen zulässig gewesen seien bzw. wenn nicht, ob ein zulässiger Off-Label-Use vorgelegen habe oder ob die streitgegenständlichen Immunglobuline aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze (Nikolaus-Beschluss vom 06.12.2005) ausnahmsweise verordnungsfähig gewesen seien. Soweit sich die Berufungskläger darauf berufen, dass die Voraussetzungen eines Off-Label-Use oder die vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Anforderungen an die Verordnungsfähigkeit gegeben seien, wäre dies von ihnen im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nachzuweisen.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mit Schriftsatz vom 23.10.2014 unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 20.03.2013 (Az.: B 6 KA 27/12 R) darauf hingewiesen, dass die Kläger, nachdem die ersten Prüfbescheide eingegangen seien, sich selbstverständlich um eine Lösung mit den Krankenkassen bemüht hätten, die diesbezüglichen Bemühungen aber im Wesentlich gescheitert seien. Den Vertragsärzten sei es aufgrund des bestehenden Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patienten nicht möglich gewesen, ein Privatrezept in jenen Fällen auszustellen, in denen über viele Jahre hinweg durch die Gabe von Immunglobulinen ein befriedigendes medizinisches Ergebnis habe erzielt werden können, die Medikation in der Form vorzuenthalten, dass sich Schwersterkrankte selbst um eine Erstattung der zu verauslagenden Kosten bemühen. In der zuvor bezeichneten Rechtsprechung des BSG bleibe der besondere Fall unberücksichtigt, dass es sich hier um solche Patienten handle, die schwersterkrankt und zum Teil todgeweiht seien und bei denen eine Behandlung eingestellt werden solle, die über Jahre hinweg zum Benefit geführt habe.

Die Streitsachen mit den Az.: L 12 KA 17/12, L 12 KA 24/12, L 12 KA 29/12, L 12 KA 37/12 und L 12 KA 45/12 wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin stellten den Antrag,

ein immunologisches Gutachten einzuholen zu der Frage, ob in den streitgegenständlichen Fällen die Immunglobulintherapie indiziert war.

Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin stellen weiter den Antrag,

die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 11.01.2012 sowie die Widerspruchsbescheide vom 20.11.2003 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über die Widersprüche der Klägerin erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Der Vertreter des Beklagten stellt den Antrag,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Vertreterin der Beigeladenen zu 2) (in den früheren Verfahren L 12 KA 17/12, 29/12, und 45/12) stellt den Antrag,

die Berufungen zurückzuweisen.

Der Vertreter der Beigeladenen zu 2) (in den früheren Verfahren L 12 KA 24/12 und 37/12) stellt den Antrag,

die Berufungen zurückzuweisen.

Der Vertreter der Beigeladenen zu 1) stellt keinen Antrag.

Dem Senat liegen die Verwaltungsakten des Beklagten, die Akten des Sozialgerichts München S 38 KA 950/08 bis S 38 KA 956/08, S 38 KA 959/08 bis S 38 KA 964/08, S 38 KA 975/08, S 30 KA 977/08 bis S 38 KA 1001/08, die Akten des Bayer. Landessozialgerichts L 12 KA 17/12 bis L 12 KA 54/12 und die beigezogenen SG-Akten S 38 KA 1656/03, S 38 KA 1658/03, S 38 KA 1660/03, S 38 KA 1662/03 und S 38 KA 1663/03 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Klägerin (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) sind zulässig, aber nicht begründet.

Die Widerspruchsbescheide des Beklagten vom 20.11.2003 betreffend die gegen die Klägerin festgesetzten Arzneiregresse für die Quartale 4/2000, 1/2001 und 2/2001, die allein Gegenstand der Klage- und Berufungsverfahren sind, sind nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht München hat deshalb mit den angegriffenen Gerichtsbescheiden vom 11.01.2012 die Klagen der Klägerin zurecht abgewiesen.

Die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung waren in den streitgegenständlichen Quartalen 4/2000, 1/2001 und 2/2001 nach damaliger Rechtslage berechtigt, Arzneikostenregresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise festzusetzen. Die Ermächtigung für die Normierung einer entsprechenden Rechtsgrundlage findet sich in § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V. Danach können die Landesverbände der Krankenkassen und die Verbände der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den Kassenärztlichen Vereinigungen über die in § 106 Abs. 2 Satz 1 SGB V vorgesehenen Prüfungsarten hinaus andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Von dieser Kompetenz haben die Partner der Gesamtverträge in Bayern in den in den streitigen Quartalen 4/2000, 1/2001 und 2/2001 geltenden Prüfungsvereinbarungen Gebrauch gemacht. In § 15 Abs. 1 der Bayer. Prüfungsvereinbarung (BayPV) in der in den Quartalen 4/2001 und 1/2001 geltenden Fassung bzw. in § 14 Abs. 1 BayPV in der im Quartal 2/2001 geltenden Fassung ist festgelegt, dass auf Antrag der KVB-Bezirksstelle, einer Krankenkasse, eines Landesverbandes oder der Verbände der Ersatzkassen der Prüfungsausschuss prüft, ob der Vertragsarzt im Einzelfall mit seiner Verordnungsweise gegen das Wirtschaftlichkeits- oder Verordnungszulässigkeitsgebot verstoßen hat. Die erfolgte Zuweisung der Sanktionierung unzulässiger bzw. rechtswidriger Verordnungen an die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung steht im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben in § 106 SGB V und den Bestimmungen der §§ 48 ff. BMV-Ä in der ab 01.01.1995 geltenden Fassung sowie mit der langjährigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013, Az.: B 6 KA 2/13 R, Rdnr. 12, Urteil vom 20.03.2013, Az.: B 6 KA 17/12 R, Rdnr. 19, Urteil vom 11.05.2011, Az.: B 6 KA 13/10 R, Rdnr. 33 sowie BSG, Urteil vom 14.03.2011, SozR 3-2500 § 106 SGB V Nr. 52).

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte sich im konkreten Fall für die Durchführung einer Einzelfallprüfung entschieden hat, um die Praxisstruktur mit den gehäuften HIV-Fällen angemessen berücksichtigen zu können. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass das Prüfgremium bei der Auswahl der Prüfmethode einen weiten Beurteilungsspielraum hat, dessen Grenzen der Beklagte vorliegend nicht überschritten hat. Diesbezüglich ist festzustellen, dass der Beklagte eine in der streitgegenständlichen Prüfungsvereinbarung ausdrücklich vorgesehene Prüfmethode gewählt hat. Einzelfallprüfungen sind dabei insbesondere dann sachgerecht, wenn das individuelle Vorgehen eines Arztes in bestimmten einzelnen Behandlungsfällen hinsichtlich des Verordnungsumfangs am Maßstab des Wirtschaftlichkeitsgebotes überprüft werden soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 13.10.2010, Az.: B 6 KA 48/09 R, SozR 4-2500 § 106 SGB V Nr. 30) und hier insbesondere die Frage im Mittelpunkt steht, ob die Verordnung des Arzneimittels innerhalb oder außerhalb des Anwendungsbereichs erfolgt ist bzw. die Voraussetzungen für einen sog. „Off-Label-Use“ vorliegen (vgl. hierzu Engelhard in Hauck/Nofz, Kommentar zur Gesetzlichen Krankenversicherung § 106 Rdnr. 139, Stand August 2014).

Bei der Einzelfallprüfung ist zwischen der strengen und der eingeschränkten Einzelfallprüfung zu unterscheiden. Der Beklagte hat vorliegend erkennbar eine eingeschränkte Einzelfallprüfung vorgenommen. Bei der eingeschränkten Einzelfallprüfung untersuchen die Prüfinstanzen Behandlungsfälle eines Arztes aufgrund von dessen Behandlungsangaben und Behandlungsunterlagen. Die strenge Einzelfallprüfung unterscheidet sich von der eingeschränkten demnach dadurch, dass bei der letzteren der Prüfung der Behandlungsweise die Indikationsbeurteilung des geprüften Arztes zugrunde gelegt wird. Es handelt sich damit nicht um eine „wirkliche“ Einzelfallprüfung, sondern im Kern um eine bloße Schlüssigkeitsprüfung. Da bei ihr die Angaben des geprüften Arztes zugrunde gelegt werden, kann mit ihr zwar nicht der Nachweis der Wirtschaftlichkeit geführt werden, doch können die Ergebnisse der Prüfung eine geeignete Grundlage einer wertenden Entscheidung der Prüfgremien sein, dass die Behandlung unwirtschaftlich ist. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte nicht eine strenge Einzelfallprüfung vorgenommen hat. Diese Prüfung ist nur in Ausnahmefällen in Betracht zu ziehen, weil ungeachtet des ohnehin verbundenen erheblichen Aufwandes sie in aller Regel schon deswegen ausscheidet, weil im Nachhinein - wie hier nach Ablauf von 2 1/2 bis 3 Jahren - die konkrete Behandlungs- und Verordnungssituation nicht mehr zuverlässig aufgeklärt werden kann.

Die im vorliegenden Fall aufgrund der vorgenannten Rechtsgrundlagen durchgeführten Einzelfallprüfungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Die vom Kläger vorgenommenen Verordnungen von Octagam und Flebogamma in den Quartalen 4/2000, 1/2001, 2/2001 in den streitgegenständlichen Fällen waren nicht zulässig.

Versicherte haben Anspruch auf Versorgung im Rahmen der GKV nur nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 i. V. m. § 31 Abs. 1 SGB V. Diese Bestimmungen ergeben im Kontext mit den allgemeinen Regelungen der §§ 2 Abs. 1 Satz 3, 12 Abs. 1 SGB V, dass im Rahmen der GKV nur solche Verordnungen zulässig sind, die die Gewähr für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit jeweils nach Maßgabe des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse bieten. Dafür sind zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen über das Arzneimittel in dem Sinne erforderlich, dass der Erfolg der Behandlung mit ihm durch eine ausreichende Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl. BSG, Urteil vom 05.11.2008, SozR 4-2500 § 106 Nr. 21). Wenn ein Arzneimittel die Prüfung im Rahmen des Arzneimittelzulassungsverfahrens durchlaufen hat und somit die erfolgreiche Anwendung des Arzneimittels anhand zuverlässiger wissenschaftlich nachprüfbarer Aussagen in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt und entsprechend für das Arzneimittel die Zulassung einschließlich der darin enthaltenen Ausweisung der Anwendungsgebiete erteilt worden ist, so ist es in diesem Umfang auch verordnungsfähig im Sinne des SGB V. In solchen Fällen ist also mit der Zulassung der damit gegebenen Verkehrsfähigkeit im Sinne des AMG zugleich die Verordnungsfähigkeit im Rahmen der GKV gegeben. Denn Präparate, die nach § 21 Abs. 2 AMG arzneimittelrechtlich zugelassen sind, gelten grundsätzlich als zweckmäßig und wirtschaftlich im Sinne der §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V und sind daher von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung mitumfasst.

Vor diesem Hintergrund ist zunächst der arzneimittelrechtliche Zulassungsstatus von Octagam bzw. Flebogamma in den Quartalen 4/2000, 1/2001, 2/2001 zu klären. In der Fachinformation vom 04.02.1995 lautete die Indikation für Octagam wie folgt:

Substitutionstherapie bei primären und sekundären Antikörpermangelzuständen sowie zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionen, die bei diesen Krankheiten auftreten. Zusätzlich werden Immunglobuline auch zur Kontrolle oder Veränderung der individuellen Immunantwort eingesetzt, z. B. bei ITP. Dann folgt die Aufzählung:

1. Primäre Antikörpermangelzustände:

- Kongenitale Agammaglobulinämie und Hypogammaglobulinämie

- Variables Immundefektsyndrom

- Schweres kombiniertes Immundefektsyndrom

- Wiskott-Aldrich-Syndrom.

2. Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP), insbesondere in akuten Fällen bei Kindern.

3. IGIV wird bei sekundären Immunmangelkrankheiten unter folgenden Bedingungen angewendet:

- Chronische lymphatische Leukämie (CLL).

Der Eingangssatz ist erst mit dem Änderungsbescheid vom 07.01.2002 gestrichen worden, so dass für die streitgegenständlichen Quartale 4/2000 bis 2/2001 noch von der ursprünglichen Fachinformation vom 04.02.1995 auszugehen ist. Diesbezüglich hält der Senat an seiner Auffassung fest (vgl. Urteil des Senats vom 02.03.2005, Az.: L 12 KA 107/03, die Nichtzulassungsbeschwerde hiergegen wurde mit Beschluss des BSG vom 31.05.2006, Az.: B 6 KA 53/05 B zurückgewiesen), dass Octagam auch in der Fassung der Fachinformation von 1995 für die Behandlung von an HIV erkrankten erwachsenen Patienten nicht zugelassen war. Gleiches gilt für den Einsatz von Octagam für jeglichen primären und sekundären Antikörpermangelzustand. Vielmehr ist schon der vor dem 07.01.2002 geltenden Indikationsbeschreibung von „Octagam“ zu entnehmen, dass dem allgemein gehaltenen Eingangssatz hinsichtlich der Verwendung von Immunglobulinen wie Octagam in dem 2. Satz Ziffern 1 bis 3 ein konkreter Anwendungsbereich von Immunglobulinen bei primären und sekundären Immunmangelkrankheiten („unter folgenden Bedingungen“) zugeordnet war. Mithin handelt es sich bei der Änderung vom 07.01.2002 lediglich um eine Klarstellung der schon bis dahin geltenden Zulassungslage von Octagam.

Anders als bei Octagam umfasste das Anwendungsgebiet für Flebogamma seit jeher ohne den Eingangssatz wie bei Octagam folgende Anwendungsgebiete:

„Substitutionstherapie bei primären Immunmangelkrankheiten wie

- kongenitale Agammaglobulinämie und Hypogammaglobulinämie

- allgemeine variable Immunmangelkrankheit

- schwere kombinierte Immunmangelkrankheit

- Wiskott-Aldrich-Syndrom.

Myelom oder chronische lymphatische Leukämie mit schwerer sekundärer Hypogammaglobulinämie und rezidivierenden Infekten.

Kinder mit kongenitalem Aids und rezidivierenden Infekten.

Immunmodulation:

Idiopathische thrombozytopenische Purpura (ITP) bei Kindern oder Erwachsenen sowohl bei hohem Blutungsrisiko als auch vor Operationen zur Korrektur der Thrombozytenzahl.

Guillain-Barré-Syndrom.

Kawasaki-Syndrom.

Allogene Knochenmarktransplantation.“

Vor dem Hintergrund der genannten Anwendungsgebiete der Immunglobuline Octagam und Flebogamma ist festzustellen, dass deren Verordnung in allen streitgegenständlichen Behandlungsfällen außerhalb dieser Anwendungsgebiete erfolgt ist. Dies ergibt sich aus den Angaben der Klägerin zum Grund der Verabreichung von Octagam bzw. Flebogamma in den streitgegenständlichen Fällen. Da die diesbezüglichen Angaben der Klägerin im Laufe des Verfahrens gewisse Abänderungen erfahren haben, sollen diese zunächst der zeitlichen Reihenfolge nach nochmals aufgeführt werden. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin ausgeführt, dass sich die medizinische Notwendigkeit der Behandlung in den vorliegenden (= streitgegenständlichen) Fällen daraus ergebe, dass die aufgeführten Patienten neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leiden und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Des Weiteren wurde im Rahmen des Verwaltungsverfahrens darauf hingewiesen, dass die Klägerin sich an den Vorgaben der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte für HIV-Behandlung (DAGNÄ) orientiert hätte. Im Rahmen des Klageverfahrens hat die Klägerin dagegen zu allen streitgegenständlichen Fällen geltend gemacht, dass die streitgegenständlichen Verordnungen der Immunglobuline nicht für erwachsene HIV-positive Patienten erfolgt seien, streitgegenständlich sei vielmehr die Verordnung für sekundäre Immunmangelzustände, die mit der HIV-Erkrankung als einem sekundären und damit erworbenen Immundefekt einher gehen. Im Rahmen des Berufungsverfahrens hat der neu bestellte zusätzliche Bevollmächtigte mit Schriftsatz vom 15.09.2014 vorgetragen, dass die streitgegenständliche Immunglobulin-Verordnung in keinem einzigen Fall zur Behandlung der Aids-Erkrankung erfolgt sei, sondern ausschließlich zur Erleichterung der mit dieser Erkrankung einher gegangenen gleichzeitigen, aber ursachenbezogen verschiedenen weiteren Erkrankungen wie z. B. der bakteriellen oberen und unteren Atemwegsinfektionen erfolgt sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 13.10.2014 hat die weitere Prozessbevollmächtigte nochmals vorgetragen, dass zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht worden sei, dass die Vertragsärzte das streitgegenständliche Immunglobulin-Präparat zur Behandlung von HIV bei Erwachsenen eingesetzt hätten. Es sei vielmehr eine Substitutionstherapie zur Behandlung des bestehenden Antikörper-Mangelzustandes erfolgt, die in der Indikationsbeschreibung eindeutig normiert sei. Zudem wurde hinsichtlich des Schriftsatzes des Kollegen vom 15.09.2014 ein Verständnis- bzw. Übermittlungsfehler geltend gemacht, weil die Behandlung der streitgegenständlichen Antikörper-Mangelerkrankung mit Immunglobulinen nicht lediglich zur Vorbeugung, sondern als zwingende Indikation behandelt worden sei.

Ausgehend von den Angaben der Ärzte zum Grund der Behandlung der streitgegenständlichen Patienten mit Octagam bzw. Flebogamma ist festzustellen, dass deren Verordnung in keinem einzigen der streitgegenständlichen Fälle auf einer der o.g. zugelassenen Indikationen beruhen. Die genannten Indikationen schließen nach ihrem Wortlaut auch eine Verordnung von Octagam bzw. Flebogamma zur Behandlung jeglicher Zustände oder Erkrankungen aus, die mit Antikörpermangel einher gehen, wie dies z. B. bei der Aids-Erkrankung beim Erwachsenen der Fall ist (vgl. in diesem Sinne auch die Stellungnahme des Paul-Ehrlich-Instituts vom 30.10.2002). Die Verordnung von Octagam und Flebogamma ist nach alledem in allen streitgegenständlichen Fällen außerhalb der zugelassenen Indikation erfolgt. Ein Vertragsarzt, der Medikamente außerhalb der zugelassenen Indikationen verordnet, kann weder sich noch der Krankenkasse Gewissheit darüber verschaffen, dass die Verordnung dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt, also notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Bei Off-Label-Verordnungen hat nämlich gerade keine Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des jeweiligen Arzneimittels stattgefunden, die seinen Einsatz im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung rechtfertigt. Eine solche Prüfung ist im AMG nur indikationsbezogen vorgeschrieben und durchführbar, die von der Zulassung nach dem AMG ausgehende Schutzwirkung und Qualitäts- wie Wirksamkeitserwartung greift bei einem Einsatz des Medikaments außerhalb der Zulassung gerade nicht. Von daher muss zwingend nachträglich geprüft werden dürfen, ob die jeweilige Verordnung den Regeln des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht (vgl. zum vorstehenden BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R = SozR 4-2500 § 106 Nr. 27 Rdnr. 43). Daher war in den streitgegenständlichen Fällen zu überprüfen, ob eine Verordnungsfähigkeit von Octagam bzw. Flebogamma in den streitgegenständlichen Fällen unter den Voraussetzungen eines zulässigen „Off-Label-Use“ in Frage kommt. Dies würde voraussetzen, dass es sich in diesen Fällen um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung handelt, keine andere Therapie verfügbar ist und aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Lässt sich nicht mit hinreichender Gewissheit feststellen, dass die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise gerechtfertigten Off-Label-Use vorgelegen haben, geht das zulasten des Arztes. Er rückt, obwohl er sich nach Ausrichtung des Verfahrens gegen einen Regress wendet, hinsichtlich der Verteilung von Darlegungs- und Beweislast in die Stellung ein, die der Versicherte gehabt hätte, wenn er seinen Standpunkt zu der Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels gegen die Krankenkasse nach § 13 Abs. 3 SGB V im Wege der Geltendmachung eines Kostenerstattungsanspruchs durchsetzen hätte müssen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 6/09 R = SozR 4-2500 § 106 SGB V Rdnr. 46).

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die in den streitgegenständlichen Fällen vorgenommenen Arzneiregresse nicht zu beanstanden sind. Dies gilt zunächst für die Primärkassenpatienten.

Bei der Patientin A.G. (geboren 1965) hat die Klägerin in den Quartalen 4/2000, 1/2001 und 2/2001neben der sog. antiretroviralen Therapie (Quartal 4/2000 Kombination Videx, Epivir, Sustiva und später Kaletra, Quartal 1/2001 Kombination Videx, Epivir, Sustiva, Viracept, später mit Crixivan und Norvir, Quartal 2/2001 Kombination Videx, Epivir, Sustiva, Viracept) eine Immunglobulintherapie mit dem Präparat „Octagam“ durchgeführt. Der Senat stimmt mit der Auffassung des Beklagten überein, dass aufgrund der völlig unzureichenden Angaben der Klägerin zu den streitgegenständlichen Quartalen die zusätzliche Immunglobulintherapie bei der Patientin S.G.nicht als erforderlich angesehen werden kann. Diesbezüglich ist zunächst festzustellen, dass dem Beklagten hierzu die von der Klägerin als Anlage zu den Schriftsätzen vom 07.04.2003 (Quartal 1/2001) und vom 06.06.2003 (Quartal 2/2001) als Anlage vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen zum streitgegenständlichen Behandlungsverlauf und die Abrechnungsdiagnosen vorlagen. Aus den ärztlichen Stellungnahmen der Klägerin zu der Patientin A.G. ergibt sich, dass diese an einer HIV-Infektion im CDC-Stadium C3 leidet. Sie habe in den Jahren von 1987 bis 1993 viermal Herpes zoster gehabt, seit 1993 chronische Diarrhoe, Thrombopenie, im September 1993 Soor, dann orale Haarleukoplakie, im Januar 1994 ein atopisches Ekzem, dann ein Ekzema herpetikum (Hände, Mund, Füße), im Mai 1994 Soor. Seit dem 1. Quartal 1994 erhalte sie eine antiretrovirale Therapie. Danach ist ausgeführt 1995 Pneumonie, 12/1996 Soor-Ösophagitis, 1997 nektrotisierende Colitis und Mai 1999 Candida-Colitis und Soor. Seit 17.06.1999 erhalte die Klägerin eine intravenöse Immunglobulintherapie. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, wieso die ärztliche Stellungnahme zu den Arzneiverordnungen für die Quartale 4/2000, 1/2001 und 2/2001 im Juni 1999 endet. Auch im Klage- und Berufungsverfahren werden die genannten Angaben lediglich nochmals wiederholt (vgl. Schriftsatz vom 06.10.2008, Az.: S 38 KA 993/08). Von daher ist festzustellen, dass es in den streitgegenständlichen Quartalen 4/2000, 1/2001 und 2/2001 zu der Patientin A.G.an jeglicher Dokumentation fehlt. Auch aus den Abrechnungsscheinen zu den streitgegenständlichen Quartalen ergeben sich keine weitergehenden Erkenntnisse. Die Klägerin weist lediglich darauf hin, dass sich seit IVIG - also seit Juli 1999 - ein deutlicher Rückgang von viralen, mykotischen und bakteriellen infektiösen Episoden verzeichnen lasse. Soweit die Klägerin weiter vorträgt, bei der Patientin A.G. handle es sich um eine Patientin der Kategorie 1 bzw. 3 der DAGNÄ-Empfehlung, fehlt hierzu wiederum jegliche Dokumentation. Die erste Gruppe der DAGNÄ-Empfehlungen betrifft Patienten in sehr stark fortgeschrittenen Krankheitsphasen, die durch andere Therapien nicht ausreichend behandelbar sind. Hierzu gehören z. B. Patienten mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten, die keine antiretrovirale Therapie mehr vertragen und multiple klinische Komplikationen aufweisen. Zur Nummer 3 gehören Patienten mit rezidivierenden bakteriellen und rezidivierenden viralen Infekten, bei denen andere Strategien ausgeschöpft sind und die auf einen Therapieversuch mit Immunglobulinen mit einer dokumentierten Verminderung der aufgetretenen Infekte reagieren. Zur Patientin A.G. ist weder dokumentiert, dass sie weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten aufweist, noch dass bei ihr multiple klinische Komplikationen vorliegen und sie keine antiretrovirale Therapie mehr verträgt. Die Patientin hat vielmehr in allen streitgegenständlichen Quartalen eine antiretrovirale Therapie erhalten, die sowohl Nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhinbitoren (NRTI), nämlich Videx und Epivir sowie Nichtnukleosidische Reverse-Transkriptase-Hemmer (NNRTI), nämlich Sustiva und die Proteaseinhibitoren Viracept und Kaletra umfasste, ein Auslassversuch im Sinne der Nr. 3 der DAGNÄ-Empfehlungen ist ebenfalls nirgends dokumentiert oder gar behauptet. Unabhängig von der fehlenden Dokumentation ist darauf hinzuweisen, dass die Empfehlungen der Deutschen Arbeitsgemeinschaft niedergelassener Ärzte in der Versorgung HIV-Infizierter e.V. (DAGNÄ) keine rechtliche Verbindlichkeit entfalten, weil der DAGNÄ weder eine Kompetenz zur Bestimmung der Anwendungsgebiete von Immunglobulinen noch zur Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebotes zukommt. Dies schließt es andererseits nicht aus, dass die Gremien der Wirtschaftlichkeitsprüfung in den DAGNÄ-Empfehlungen enthaltene Gesichtspunkte bei ihrer Entscheidung mit berücksichtigen.

Soweit die Klägerin im Rahmen des Klageverfahrens erstmalig vorträgt, mit den Immunglobulinen ein sekundäres Antikörpermangelsyndrom behandelt zu haben, ist nach Auffassung des Senats schon das Bestehen eines solchen sekundären Antikörpermangelsyndroms nicht nachgewiesen bzw. hinreichend dokumentiert. In den Abrechnungsunterlagen zu den streitgegenständlichen Quartalen taucht die Diagnose Antikörpermangelzustand nicht auf. Soweit die Klägerin mit Schreiben vom 13.10.2014 auf die Abrechnungsdiagnose „sonstige Immundefekte D 84.9“ hinweist, ist festzustellen, dass die Schlüsselnummer D 84.9 eine Auffangnummer darstellt innerhalb des Kapitels III Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems, unter die eine Vielzahl von Störungen mit Beteiligung des Immunsystems erfasst werden können. Hätte die Klägerin spezifisch die Diagnose eines Antikörpermangelzustandes angeben wollen, hätten hierfür einerseits ganz spezifische Schlüsselnummern (selektiver Immunglobulin-A-Mangel, D 80.2, selektiver Mangel an Immunglobulin G-Subklassen, D 80.3, selektiver Immunglobulin-M-Mangel, D 80.4 usw.) und andererseits allgemein gehaltene Schlüsselnummern (sonstige Immundefekte mit vorherrschendem Antikörpermangel D 80.8 und Immundefekt mit vorherrschendem Antikörpermangel, nicht näher bezeichnet, D 80.9) zur Verfügung gestanden. Diese Abrechnungsziffern hat die Klägerin aber wohl deswegen nicht gewählt, weil entsprechende Laborwerte in den streitgegenständlichen Quartalen eben gerade nicht erhoben wurden. Die Erhebung solcher Laborwerte für die Dokumentation des Vorliegens eines sekundären Antikörpermangelzustandes wäre neben dem klinischen Bild aber notwendig gewesen, weil die aufgeführten Krankheitsbilder in den Jahren 1987 bis 1999 nach der von der Klägerin selbst vorgelegten CDC-Klassifikation Aidsdefinierende Krankheiten (Kategorie C) oder Krankheitssymptome oder Erkrankungen umfasst, die nicht in die Aidsdefinierende Kategorie C fallen, dennoch der HIV-Infektion ursächlich zuzuordnen sind oder auf eine Störung der zellulären Immunabwehr hinweisen (Kategorie B). Da die von der Klägerin ohnehin nur bis 1999 dokumentierten Erkrankungen damit eher auf die nachgewiesene Erkrankung HIV/Aids hinweisen, ist das Vorliegen eines sekundären Antikörpermangelsyndroms, insbesondere auch im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung, nicht nachgewiesen bzw. nicht dokumentiert. Der Vortrag der Klägerin, die Immunglobulinpräparate niemals zur Behandlung von HIV bei Erwachsenen eingesetzt zu haben, steht im direkten Widerspruch zur Feststellung der Klägerin im Schriftsatz vom 03.11.2014, dass die Gabe von intravenösen Immunglobulinen bis 1997 Standard der Behandlung von HIV-Erkrankungen gewesen sei. Es ist für den Senat nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin die Immunglobulintherapie bis 1997 zur Behandlung von HIV-Erkrankungen eingesetzt hat, nach Etablierung der HAART-Therapie aber nur noch ein bestehendes sekundäres Antikörpermangelsyndrom mit den Immunglobulinen behandelt hat.

Bei dem Patienten F.K. (geboren 1941) hat die Klägerin in den Quartalen 4/2000, 1/2001 und 2/2001 neben der antiretroviralen 3er-Kombination (Zerit, Videx, Sustiva, später Kaletra) eine Immunglobulintherapie mit Octagam durchgeführt. In der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Stellungnahme zum Behandlungsverlauf des Patienten F.K. ist ausgeführt, dass es sich um einen Patienten mit einer HIV-Infektion im CDC-Stadium C 3 handele. Eine antiretrovirale Therapie werde seit 1988 durchgeführt. Seit 11/1993 bestehe ein Kaposisarkom der Haut, seit 3/1994 eine orale Haarleukoplakie, seit 3/1994 ein perianales Ekzem und seit 5/1994 eine Colitis. Seit Juni 1994 werde eine intravenöse Immunglobulintherapie durchgeführt. Als Kommentar wird aufgeführt: Multiresistentes Virus. Trotz schwerem Immundefekt (CD 4-Zellen zwischen 50 und 200 Helferzellen schwankend) keine bakteriellen oder mykotischen Infektionen seit Beginn der IVIG. Die diesbezüglichen Angaben hat die Klägerin im Rahmen des Klageverfahrens (Az.: S 38 KA 994/08, Schriftsatz vom 06.10.2008) wiederholt. Damit liegt auch bezüglich des Patienten F.K. nicht ansatzweise eine hinreichende Dokumentation zu den Quartalen 4/00, 1/01 und 2/01 vor. Ergänzend wurde vorgetragen, dass das seit 1993 bestehende Kaposisarkom als Aidsdefinierende Erkrankung einzustufen sei. Das gehäufte Auftreten zusätzlicher Infektionen kennzeichne die HIV-Erkrankung als erworbenes Immundefekt-Syndrom. Die Infektionen, mögen sie auch für sich gesehen harmlos erscheinen, würden im Zusammenhang mit der HIV-Infektion stehen und seien krankheitsdefinierend. Des Weiteren wird - insoweit nicht nachvollziehbar - behauptet, dass der Beklagte die auftretenden Infektionen offensichtlich als eigenständiges Krankheitsbild betrachte. Die Klägerin hat also im Falle des Patienten F.K. die mit der HIV-Erkrankung einhergehenden Infektionen behandelt. Diesbezüglich ist aber darauf hinzuweisen, dass das Immunglobulin Octagam weder für die Anwendung bei erwachsenen HIV-/Aids-Patienten noch bezüglich der im Verlauf der Krankheit auftretenden gehäuften Infektionen zugelassen ist. Die „wissenschaftliche Aufbereitung zu intravenösen Immunglobulinen (IVIG) im Anwendungsgebiet „HIV/Aids im Erwachsenenalter“ als Grundlage einer Bewertung durch die Expertengruppe Off-Label Infektiologie mit Schwerpunkt HIV/Aids als Entscheidungsgrundlage für den Gemeinsamen Bundesausschuss kommt diesbezüglich zu folgendem Fazit: „Es findet sich keine wissenschaftlich ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit von intravenösen Immunglobulinen im Anwendungsgebiet HIV/Aids bei Erwachsenen als Therapie gegen das Fortschreiten des Immundefekts oder die resultierenden infektiologischen Komplikationen. Auch die Voraussetzungen der Nr. 1 der ohnehin nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen liegen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht vor. Es ist gerade nicht nachgewiesen bzw. dokumentiert, dass sich der Patient F.K. in einer sehr stark fortgeschrittenen Krankheitsphase befindet, die durch andere Therapien nicht ausreichend behandelbar ist. Er gehört nicht zu den Patienten mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten, die keine antiretrovirale Therapie mehr vertragen und multiple klinische Komplikationen aufweisen. Der Patient hat eine antiretrovirale Medikation erhalten (NRTI Videx und Zerit sowie die PI Kaletra und Sustiva). Hinsichtlich des Vorliegens eines sekundären Antikörpermangelzustandes gelten die zu der Patientin A.G. gemachten Ausführungen entsprechend.

Beim Patienten W.M. hat die Klägerin neben der antiretroviralen Therapie in den streitgegenständlichen Quartalen 4/2000, 1/2001 und 2/2001 ebenfalls eine Immunglobulintherapie mit Octagam durchgeführt. In der ärztlichen Stellungnahme zum Behandlungsverlauf bei dem Patienten W.M. gibt die Klägerin an, dass es sich um eine HIV-Infektion im CDC-Stadium C3 handle. Des Weiteren wird mitgeteilt, dass der Patient seit 4/1987 rezidivierende eitrige Sinusbronchitiden mit asthmoider Komponente aufweise, 8/1987 schwere Colitis, seit 8/1987 rezidivierender Soor, seit 1987 ausgeprägte, progrediente Thrombozytopenie mit Werten bis 17.000 Plättchen/µl, 12/1989 Bronchopneumonie, 1/1990 Bronchopneumonie, 2/1990 eitrige asthmoide Bronchitis, 4/1990 eitrige asthmoide Bronchitis, 6/1991 Splenektomie wegen Thrombozytopenie, 6/1991 Otitis externa rechts, 12/1991 eitrige Bronchitis, 4/1993 ausgeprägter Soor und schwere eitrige Bronchitis, seit 5/1993 orale Haarleukoplakie, insgesamt ca. alle drei Monate Pneumonie oder eitrige Bronchitis, seit 1993 erneut schwere Thrombozytopenie, 8/1993 eitrige Bronchitis, 9/1993 Onychomykose. Seit 10/1993 intravenöse Immunglobulintherapie, 6/1994 Oneumonie (atypische Mycobakterien), 1994 Pneumo- cystitis carinii Pneumonie mit Rezidiv, 12/1994 Thrombozytopenie von 6.000 µl, seit 12/1994 antiretrovirale Therapie, 4/1995 bakterielle Pneumonie, 2/1997 bakterielle Pneumonie. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens hat die Klägerin die genannten Diagnosen/Befunde lediglich wiederholt (Az.: S 38 KA 996/08, Schriftsatz vom 06.10.2008). Damit liegen auch im Falle des Patienten W.M. keine auf die streitgegenständlichen Quartale bezogenen Diagnosen und Befunde vor. Die Klägerin hat ergänzend vorgetragen, dass es sich bei der Pneumo- cystitis carinii Pneumonie um eine Aidsdefinierende Erkrankung handle und das gehäufte Auftreten zusätzlicher Infektionen die HIV-Erkrankung als erworbenes Immundefekt-Syn- drom kennzeichnen würde. Weil solche Infekte das bereits teilweise zerstörte Immunsystem (durch HIV) weiter beschädigen, die Vermehrung der HI-Viren beschleunigen könnten und letztendlich damit auch das Funktionieren der HAART negativ beeinträchtigen würden, würden zusätzlich Immunglobuline eingesetzt. Die ohnehin nicht verbindlichen Empfehlungen der DAGNÄ zur Immunglobulintherapie sind nicht gegeben. Zum einen sind die Voraussetzungen der Nr. 1 der Empfehlungen nicht erkennbar. Der Patient W.M. zählt nicht zu den Patienten in sehr stark fortgeschrittenen Krankheitsphasen, die durch andere Therapien nicht ausreichend behandelbar sind. Aus den Verordnungen der Klägerin ist ersichtlich, dass der Patient eine antiretrovirale Medikation erhalten hat (NRTI Combivir und Ziagen sowie die PI Fortovase und Viracept). Auch das Vorliegen der Nr. 2 der DAGNÄ-Empfehlungen (Patienten mit Immunthrombozytopenie, die auf andere Therapiewege nicht ausreichend angesprochen haben und deren Thrombozytenwerte unter 30.000/mm3 liegen) kann nicht bestätigt werden. Diagnosen bzw. Befunde hierzu liegen für die streitgegenständlichen Quartale nicht vor. Auch soweit ein Auslassversuch behauptet wird (Schreiben der Klägerin vom 24.05.2002), ist dieser nicht nachvollziehbar. Voraussetzung hierfür wäre, dass bei Patienten, die bisher mit Immunglobulinen behandelt wurden, es nachweislich durch Absetzen dieser Therapie zu einer dokumentierten Verschlechterung des Gesundheitszustandes gekommen ist. Diesbezüglich ist zunächst festzustellen, dass für den Senat nicht erkennbar ist, wann der Auslassversuch stattgefunden haben soll. Von daher kann auch keine Dokumentation des Zustandes vor dem Auslassversuch und des Zustandes während des Auslassversuches beim Patienten festgestellt werden. Der nicht dokumentierte Auslassversuch dürfte in Hinblick auf das Schreiben der Klägerin vom 06.10.2008 (Az.: S 38 KA 996/08) jedenfalls nach den hier streitgegenständlichen Quartalen stattgefunden haben und nicht wie erforderlich vor diesen. Auch das Vorliegen eines sekundären Antikörpermangelzustandes, insbesondere auch im Sinne einer von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung, ist in den streitgegenständlichen Quartalen bezüglich des Patienten W.M. nicht dokumentiert. In den Abrechnungsdiagnosen findet sich wiederum nur die Ziffer D 84.9 „sonstige Immundefekte“, Immundefekt, nicht näher bezeichnet, so dass insgesamt ergänzend auf die Ausführungen zu der Patientin A.G. verwiesen werden kann.

Bei der Patientin J.L. (geboren 1968) hat die Klägerin neben der antiretroviralen Therapie eine Immunglobulintherapie mit Octagam und Flebogamma durchgeführt.

In der ärztlichen Stellungnahme hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren zu den streitgegenständlichen Quartalen mitgeteilt, dass es sich bei der Patientin J.L. um eine Patientin mit HIV-Infektion im CDC Stadium B2 handle. Seit 8/1990 habe sie rezidivierende Gastroenteritiden, seit Juli 1991 orale Haarleukoplakie, seit 6/1993 Sialadenitis, seit 2/1993 rezidivierender Herpes simplex, seit 8/1993 bakterielle Vaginose, seit 3/1994 Onychomykose, seit 3/1994 Pyodermien, seit 10/1994 ein schwerer Schub der o.g. Gastroenteritiden, seit 2/1996 eine bakterielle Cervicitis, seit 7/1996 in unmittelbarer Folge schwere Gastroenteritis und Sinubronchitis. Seit Mai 1996 erhalte sie eine antiretrovirale Therapie und seit 7/1996 eine intravenöse Immunglobulintherapie. Es handle sich um eine Patientin der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlung. Es sei ein deutlicher Rückgang von Häufigkeit und Schwere sämtlicher oben aufgeführter infektiöser Ereignissen zu verzeichnen. Im Rahmen des Klage- und Berufungsverfahren hat die Klägerin keine weitergehenden Angaben gemacht. Die Voraussetzungen für die Nr. 3 der ohne nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen sind nicht dokumentiert. Stattdessen findet sich nur eine pauschale Erklärung „deutlicher Rückgang von Häufigkeit und Schwere sämtlicher oben aufgeführter infektiösen Ereignisse“. Auch aus den Abrechnungsdiagnosen zu den streitgegenständlichen Quartalen gehen keine zusätzlichen Erkenntnisse hervor, die eine Immunglobulintherapie neben der antiretroviralen Therapie mit dem NRTI Zerit und Videx sowie dem NNRTI Sustiva rechtfertigen könnten. Auch für das Vorliegen des von Seiten der Klägerin geltend gemachten Antikörpermangelsyndroms, insbesondere auch im Sinne einer von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren eigenständigen Erkrankung ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen kein Nachweis bzw. ist dieser nicht dokumentiert. Im Übrigen hat schon der zu einem früheren Quartal (3/1997) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragte Gutachter Dr. D. in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 06.07.2000 nicht nachvollziehen können, warum zwei Monate nach Beginn der antiretroviralen Behandlung bei der Patientin J.L. zusätzlich eine intravenöse Immunglobulintherapie begonnen wurde.

Bei dem Patienten H.N. hat die Klägerin neben der antiretroviralen Therapie eine Immunglobulintherapie mit Octagam und Flebogamma durchgeführt. Zu dem Patienten H.N. hat die Klägerin in ihrer ärztlichen Stellungnahme angegeben, dass es sich bei dem Patienten um eine HIV-Infektion im CDC-Stadium C3 handle. Im Jahre 1996 habe er eine Pneumocystitis carinii Pneumonie erlitten. Seit 1996 werde eine antiretrovirale Therapie durchgeführt. Im Mai 1997 sei es zu einer Pneumocystitis carinii Pneumonie gekommen. Seit September 1997 werde die intravenöse Immunglobulintherapie fortgesetzt, die bereits vom Vorbehandler eingeleitet worden sei. Es handle sich um einen Patienten der Kategorien 1 und 3 der DAGNÄ-Empfehlungen. Bei einem Nadir der Helferzellen von 47/µl im Juli 1997 bestehe trotz erfolgreicher antiretroviraler Therapie noch ein erheblicher Immundefekt, so dass eine zusätzliche Unterstützung mit IVIG erforderlich sei. Schon der Gutachter Dr. D. zum 3. Quartal 1997 bezüglich des Patienten H.N. hat in seinem Gutachten vom 06.07.2000 bemängelt, dass der behandelnde Arzt die Indikation für eine Therapie - hier mit Immunglobulinen - selbst stellen muss und nicht lediglich auf den Vorbehandler verweisen kann. Im 3. Quartal 1997 sei weder die Gesamtzahl der T-Lymphozyten genannt noch die sog. Supressorzellen, die auch eine wichtige Funktion der Abwehr gegenüber Infektionen hätten. Auch aus den Abrechnungsdiagnosen sind keine weiteren Erkenntnisse zu gewinnen. Dort ist neben der HIV-Krankheit (B 24) als weiterer Hinweis nur „sonstige Immundefekte“ Immundefekt nicht näher bezeichnet, D 84.9 aufgeführt. Von daher liegen auch bezüglich des Patienten H.N. keine ausreichenden aktuellen Diagnosen bzw. Befunde für die streitgegenständlichen Quartale vor, die die zusätzliche Therapie mit Immunglobulinen rechtfertigen könnten. Auch die Voraussetzungen für die Nrn. 1 und 3 der ohnehin nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen liegen nicht vor bzw. sind nicht dokumentiert. Der Patient H.N. hat in allen Quartalen eine antiretrovirale Medikation erhalten, nämlich die NRTI Ziagen und Videx sowie das NNRTI Viramune. Auch für das Vorliegen einer bestehenden sekundären Antikörpermangelerkrankung, insbesondere auch im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung, fehlt jegliche Dokumentation.

Der Patient E.P. (geboren 1933) hat in den streitgegenständlichen Quartalen neben der antiretroviralen Behandlung (2er-Kombination mit Combivir) eine Therapie mit Immunglobulinen erhalten. Die Klägerin hat in der ärztlichen Stellungnahme zu dem Patienten E.P. mitgeteilt, dass bei diesem eine HIV-Infektion im CDC-Stadium B2 vorliege. Seit 1990 chronische Bronchitis und schwere distal betonte Neuropathie, 1/1993 Balanitis, 5/1993 orale Haarleukoplakie, seit 10/1993 rezidivierender Soor. Seit 1994 intravenöse Immunglobulintherapie und seit 1996 antiretrovirale Therapie. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlung. Wegen erheblicher Nebenwirkungen, insbesondere distal betonter Neuropathie und gastroenterologischer Beschwerden sei kein Einsatz von Proteaseinhibitoren möglich. Auch bei den Reverse-Transkriptase-Inhibitoren würden erhebliche Einschränkungen bestehen. Es werde derzeit nur eine 2-fach Kombination durchgeführt. Bei zufriedenstellendem virologischem Ergebnis bestehe weiterhin eine niedrige CD 4-Zahl. Seit Einsatz der IVIG habe kein Soor mehr beobachtet werden können. Die Häufigkeit der Bronchitisschübe habe deutlich nachgelassen. Die Klägerin hat im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens keine weiteren, auf die streitgegenständlichen Quartale bezogenen konkreten Angaben gemacht. Von daher liegt auch bezüglich des Patienten E.P. keine auf die streitgegenständlichen Quartale bezogene Dokumentation der Diagnosen und Befunde vor. Damit ist auch das Vorliegen der Nr. 1 der ohnehin nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen nicht dokumentiert, die sich auf Patienten mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten, die keine antiretrovirale Therapie mehr vertragen und multiple klinische Komplikationen aufweisen, bezieht. In den streitgegenständlichen Quartalen ist weder die CD-4-Lymphozytenzahl konkret benannt, sondern nur als niedrig beschrieben, wobei zudem nicht klar ist, auf welche Quartale sich das bezieht. Des Weiteren wird sehr wohl noch eine antiretrovirale Therapie vertragen (in den streitgegenständlichen Quartalen eine 2er-Kombination mit Combivir) und es sind auch keine multiplen klinischen Komplikationen dokumentiert. Auch für das Vorliegen einer bestehenden sekundären Antikörpermangelerkrankung, insbesondere im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung, fehlt jegliche Dokumantation.

Der Patient L.S. (geboren 1965) hat neben der antiretroviralen Therapie (2er-Kombination Videx und Zerit) in den streitgegenständlichen Quartalen 4/2000 und 1/2001 eine Immunglobulintherapie mit Octagam und Flebogamma erhalten. In der ärztlichen Stellungnahme zu dem Patienten hat die Klägerin mitgeteilt, dass der Patient L.S. eine HIV-Infektion im CDC Stadium B2 habe. Es bestehe eine schwere Thrombozytopenie mit Nachweis von Thrombozytenantikörpern, Tiefstwerte der Thrombozyten zwischen 12.000 und 28.000 µl. Seit 5/1997 erhalte der Patient eine antiretrovirale Therapie und seit 8/1998 eine intravenöse Immunglobulintherapie. Wegen der schweren Thrombozytopenie sei aufgrund der erheblichen Blutungsgefahr weiterhin eine Immunglobulintherapie erforderlich. Im Rahmen des Klage- und Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu dem Patienten L.S. keine weiteren Angaben gemacht, so dass auch bezüglich dieses Patienten eine hinreichende Dokumentation der Diagnosen und Befunde für die streitigen Quartale 4/2000 und 1/2001 fehlt. Auch aus den Abrechnungsdiagnosen der Klägerin (Quartal 4/2000 sonstiger Immundefekt nicht näher bezeichnet, D 84.9 „chronische Hepatitis“, nicht näher bezeichnet K 73.9 und „Fieber unbekannter Ursache“ R 50.9; Quartal 1/2001 sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet D 84.9 „chronische Hepatitis“ nicht näher bezeichnet K 73.9 sonstige Verletzung der oberen Extremität, Höhe nicht näher bezeichnet, T 11.8) ergeben keine hinreichenden Erkenntnisse hinsichtlich der Notwendigkeit der Verordnung von Immunglobulinen. Auch die Voraussetzungen der Nr. 2 der nicht verbindlichen DAGNÄ-Richtlinien (Patienten mit Immunthrombozytopenie, die auf andere Therapiewege nicht ausreichend angesprochen haben und deren Thrombozytenwerte unter 30.000 mm3 liegen) liegen ebenfalls nicht vor. Der Beklagte hat in seiner Entscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass das Vorliegen dieses DAGNÄ-Kriteriums mangels aktueller Angaben zu dem streitgegenständlichen Quartal 1/2001 nicht nachvollzogen werden kann. Gleiches gilt für das Quartal 4/2000, wenn man die im Verwaltungsverfahren zu Quartal 1/2001 eingereichte ärztliche Stellungnahme auch auf das Quartal 4/2000 bezieht. Auch für das Vorliegen einer sekundären Antikörpermangelerkrankung, insbesondere im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung, gibt es keine aussagekräftige Dokumentation seitens der Klägerin.

Der Patient F.W. (geboren 1937) hat neben der antiretroviralen Therapie (3er-Kombination mit Epivir, Zerit und Viramune) in den streitigen Quartalen 4/2000 und 1/2001 zusätzlich eine Immunglobulintherapie mit Octagam und Flebogamma erhalten. In der ärztlichen Stellungnahme hierzu zum Quartal 1/2001 ist ausgeführt, dass bei dem Patienten F.W. eine HIV-Infektion im CDC-Stadium B3 vorliege. Zum Krankheitsverlauf wird mitgeteilt: 9/1997 eine Salmonellenenteritis, rezidivierender Herpes simplex der Mundhöhle, Condylomata acuminata, Soor, orale Haarleukoplakie, Kardiomyopathie und Aorteninsuffizienz seit Jahren bekannt, 5/1998 perianales spinozelluläres Karzinom Resektion, seit 10/1997 intravenöse Immunglobulintherapie und antiretrovirale Therapie, seit 7/1998 distal betonte Neuropathie und 5/2000 Rezidiv eine spinozellulären Karzinoms, Chemo- und Radiotherapie. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlung, es liege eine unbefriedigende Rekonstitution des Immunsystems (CD 4-Zellen zwischen 200 und 300 Zell µl) trotz erfolgreicher antiretroviraler Therapie vor. Es handle sich um einen multimorbiden Patienten mit onkologischer Zweiterkrankung. Im Rahmen des Klage- und Berufungsverfahrens wurden keine weiteren auf die streitgegenständlichen Quartale bezogenen Angaben gemacht, sondern die genannten Angaben lediglich wiederholt. Auch aus den Abrechnungsdiagnosen (sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet, D 84.9 in den Quartalen 4/2000 und 1/2001) ergeben sich keine weiteren Erkenntnisse, die die Notwendigkeit der zusätzlichen Immunglobulintherapie begründen könnten, so dass auch bezüglich des Patienten F.W. keine Dokumentation gegeben ist. Die Voraussetzungen der Ziffer 3 der nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen liegen nicht vor. Aus den Angaben der Klägerin ist nicht ansatzweise erkennbar, dass es sich bei dem Patienten F.W. um einen Patienten mit rezidivierenden bakteriellen und viralen Infekten handle, bei dem andere Strategien ausgeschöpft sind und der auf einen Therapieversuch mit Immunglobulinen mit einer dokumentierten Verminderung der aufgetretenen Infekte reagiert habe. Des Weiteren ist auch nicht dokumentiert, dass eine, sekundäre Antikörpermangelerkrankung, insbesondere im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung vorgelegen hat.

Bei dem Patienten E.C. (geboren 1948) wurde neben der antiretroviralen Therapie (3er-Kombination mit Videx, Zerit und Fortovase) eine Immunglobulintherapie mit Octagam durchgeführt. Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens wurden im Quartal 4/2000 seitens der Klägerin keine auf diesen Patienten bezogenen Angaben gemacht. Es wurde nur allgemein ausgeführt (Schriftsatz vom 07.02.2003), dass sich die Notwendigkeit der Immunglobulintherapie daraus ergebe, dass der Patient E.C. neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Im Rahmen des Klageverfahrens (Schriftsatz vom 06.10.2008, Az.: S 38 KA 992/08) wurde weiter ausgeführt, dass der Patient E.C. sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion befinde. Er leide seit 1990 an rezidivierenden oberen Atemwegsinfekten, 12/1995 Herpes zoster. Er erhalte seit 12/1995 eine antiretrovirale Therapie und seit 12/1999 eine Immunglobulintherapie. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen. Es bestehe eine generelle Proteaseinhibitorenunverträglichkeit, so dass nur eine insuffiziente HAART zur Anwendung gelangen könne. Auf der Grundlage der unzureichenden Dokumentation des Krankheitszustandes des Patienten E.C. im Quartal 4/2000 ist das Vorliegen der Ziffer 1 der nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen nicht nachvollziehbar. Der Patient E.C. ist kein Patient mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten, der keine antiretrovirale Therapie mehr verträgt und multiple klinische Komplikationen aufweist. Vorliegend sind keine auf das streitige Quartal bezogenen Angaben zu rezidivierenden bakteriellen und/oder viralen Infekten vorhanden. Auch die Ausschöpfung anderer Strategien ist nicht dokumentiert, ebenso wenig ein Therapieversuch mit Immunglobulinen, auf den mit einer dokumentierten Verminderung der aufgetretenen Infekte reagiert wurde. Schließlich gibt es keine dokumentierten Hinweise für eine vorliegende sekundäre Antikörpermangelerkrankung, insbesondere auch nicht im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung.

Die Patientin S.N.-M. (geboren 1965) hat neben der antiretroviralen Therapie (wechselnde Kombination aus Combivir, Norvir, Viramune, dann mit Crixivan, Fortovase und Ziagen) im streitigen Quartal 4/2000 eine Immunglobulintherapie mit Octagam erhalten. Die Klägerin hat hierzu im Rahmen des Verwaltungsverfahrens keine auf das streitige Quartal 4/2000 bezogene ärztliche Stellungnahme vorgelegt. Es wurde nur allgemein ausgeführt (Schriftsatz vom 07.02.2003), dass die medizinische Notwendigkeit der Immunglobulintherapie sich im Falle der Patientin S.N.-M. daraus ergebe, dass diese neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Im Rahmen des Klageverfahrens (Schriftsatz vom 06.10.2008, Az.: S 38 KA 998/08) wurde ergänzend vorgetragen, dass die Patientin S.N.-M. sich im weit fortgeschrittenen Stadium der HIV-Infektion befinde. Seit 5/1994 hätten sich eitrige Infekte der oberen Atemwege ereignet. Seit 1994 erhalte die Patientin eine antiretrovirale Therapie. Im Jahre 1995 habe sie eine ausgedehnte Pyodermie erlitten. Seit 6/1995 erhalte sie eine Immunglobulintherapie. In der Zeit von 12/1996 bis 8/1997 habe die Patientin eine Schwangerschaft mit häufigem Erbrechen und insgesamt unzuverlässiger Medikamenteneinnahme durchlebt. Es handle sich um eine Patientin der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen. Seit dem Einsatz von IVIG stelle sich ein Sistieren der schweren bakteriellen Infektionen ein. Auch aus den Abrechnungsdiagnosen („sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet“ D 84.9) ergeben sich keine weiteren verwertbaren Erkenntnisse. Die Patientin S.N.-M. erfüllt entgegen der Angaben der Klägerseite nicht die Voraussetzungen der Ziffer 1 der DAGNÄ-Empfehlungen. Sie ist keine Patientin mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten, die keine antiretrovirale Therapie mehr verträgt und multiple klinische Komplikationen aufweist. Des Weiteren ist auch nicht dokumentiert, dass die Patientin an einer sekundären Antikörpermangelerkrankung, insbesondere auch im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung leidet.

Der Patient R.B. (geboren 1962) hat neben einer antiretroviralen Therapie (Kombinationstherapie mit Epivir, Kaletra, Ziagen und Agenerase) im streitigen Quartal 2/2001 zusätzlich eine Immunglobulintherapie mit Octagam erhalten. In der ärztlichen Stellungnahme zu dem Patienten R.B. ist ausgeführt, dass dieser an einer HIV-Infektion im CDC-Stadium B2 leide. Seit 1992 rezidivierende obere Atemwegsinfekte, seit 10/1993 orale Haarleukoplakie, seit 8/1994 ausgedehnte Dermatomykose, seit 9/1994 rezidivierender Herpes simplex, seit 9/1994 antiretrovirale Therapie und zusätzlich eine intravenöse Immunglobulintherapie in relativ großen Abständen und zeitweisen längeren Unterbrechungen (5/1997 bis 6/1998 keine IVIG). Letzte Infusion 6/1998 wegen fehlender Compliance. Während IVIG sei ein deutlicher Rückgang infektiöser Krankheiten festzustellen gewesen. Im Rahmen des Klageverfahrens (Schriftsatz vom 06.10.2008, Az.: S 38 KA 950/08) wurde auf die Ziffer 4 der nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen hingewiesen. Die Voraussetzungen der Ziffer 4 der DAGNÄ-Empfehlungen sind nicht hinreichend dokumentiert. Nach der Nr. 4 der DAGNÄ-Empfehlungen ist eine Therapie mit Immunglobulinen gerechtfertigt, wenn bei Patienten, die bisher mit Immunglobulinen behandelt wurden, es nachweislich durch Absetzen dieser Therapie zu einer dokumentierten Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes gekommen ist. Die in der Ziffer 4 der DAGNÄ-Empfehlung vorausgesetzte Dokumentation der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Patienten R.B. fehlt vorliegend völlig. Auch aus den Abrechnungsdiagnosen ergeben sich keine weiteren hinreichenden Erkenntnisse (sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet, D 84.9, HIV-Krankheit, D 24, sonstige bakterielle Krankheiten, andernorts nicht klassifiziert, A 48.8). Infolge der nicht ausreichenden Dokumentation des Krankheitsverlaufs des Patienten R.B. ist auch nicht erkennbar, dass der Patient an einer sekundären Antikörpermangelerkrankung, insbesondere auch im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung gelitten hat.

Die Patientin A.T. (geboren 1961) hat in den streitigen Quartalen 4/2000 und 1/2001 neben der antiretroviralen Therapie (Kombination mit NRTI Ziagen, NNRTI Rescriptor sowie das PI Viracept) eine Immunglobulintherapie mit Octagam und Flebogamma erhalten. Die Klägerin hat die Gabe von Immunglobulinen in den Widersprüchen vom 07.02.2003 damit begründet, dass sich die medizinische Notwendigkeit dieser Behandlung u. a. im Fall A.T. daraus ergebe, dass diese neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Wenn man ergänzend die in den Widerspruchsverfahren zu den Primärkassenpatienten vorgelegte ärztliche Stellungnahme, die auch Angaben zu Patienten der Ersatzkassen enthalten, heranzieht, ergibt sich für die Patientin A.T. folgender Krankheitsverlauf: Es handle sich bei der Patientin A.T. um eine HIV-Infektion im Stadium CDC B3. Seit 1990 rezidivierende orale Candidosis (Mundpilzbefall), rezidivierender Herpes simplex und genitales, chronischer Durchfall ohne Erregernachweis. Seit 2/2000 liege ein multiresistentes HIV 1-Virus vor. Die Viruslast lasse sich zu diesem Zeitpunkt mit keinem der bekannten antiretroviralen Medikamente nennenswert absenken. Seit 2/2000 intravenöse Immunglobulintherapie. In der Folge unter dieser Behandlung nur noch seltenes Auftreten der oralen Candidosis und des Herpes simplex bzw. genitalis. Im Verlauf der weiteren Behandlung sistierten auch die chronischen Diarrhoen. Gleichzeitig Zunahme einer ausgeprägten distal betonten Polyneuropathie. Es handle sich um eine Patientin der Kategorie 1 der DAGNÄ-Richtlinien. HIV-Virus multiresistent gegen alle bekannten antiretroviralen Medikamente. Hierzu hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.09.2008 (Az.: S 38 KA 964/08) im Klageverfahren ergänzend mitgeteilt, dass es sich bei den Erkrankungen der Patientin A.T. um zusätzliche Infektionen handle, die der HIV-Infektion ursächlich zuzuordnen seien. Wegen der Multiresistenz gegen alle verfügbaren Medikamente der hochaktiven antiretroviralen Kombinationstherapie habe sich ab Februar 2000 die Viruslast nicht mehr nennenswert absenken lassen. Vor diesem Hintergrund ist wiederum festzustellen, dass für die Patientin A.T. für die streitigen Quartale 4/2000 und 1/2001 keine aktuellen quartalsbezogenen Diagnosen oder gar Befunde vorliegen. Auch aus den mitgeteilten Abrechnungsdiagnosen (für beide Quartale sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet, D 84.9, HIV-Krankheit, B 24) ergaben sich hierzu keine weiteren Erkenntnisse. Das Vorliegen der Ziffer 1 der DAGNÄ-Empfehlungen (Patienten mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten, die keine antiretrovirale Therapie mehr vertragen und multiple klinische Komplikationen aufweisen) ist in keiner Weise dokumentiert. Die Lymphozytenzahl der Patientin A.T. ist weder für die streitgegenständlichen Quartale noch für sonstige Quartale bekannt, es wird weiterhin die klassische antiretrovirale Therapie in Form der 3er-Kombination durchgeführt und es bestehen keine Hinweise auf multiple klinische Komplikationen. Infolge der mangelnden Dokumentation ergeben sich auch keine Hinweise für ein vorliegendes sekundäres Antikörpermangelsyndrom, auch nicht im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung

Der Patient K.S. (geboren 1949) hat neben einer antiretroviralen Therapie (in den Quartalen 4/2000 und 1/2001 Kombinationstherapie mit den NRTI Epivir und Zerit sowie die PI Kaletra und Agenerase) in den streitigen Quartalen 4/2000 und 1/2001 zusätzlich eine Immunglobulintherapie mit Octagam und Flebogamma erhalten. Zur Begründung der Immunglobulintherapie hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 07.02.2003 (Quartal 4/2000) auch hier geltend gemacht, dass im Falle des Patienten K.S. eine fortgeschrittene HIV-Infektion mit anderen Erkrankungen vorgelegen habe und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Zum anderen wurde zum Quartal 1/2001 eine ärztliche Stellungnahme zum Krankheitsverlauf des Patienten K.S. übersandt. Danach liege bei dem Patienten eine HIV-Infektion im CDC-Stadium C3 vor. Seit 1988 rezidivierender Herpes simplex, 1988 Lobärpneumonie, 1990 Soorösophagitis, seit 1989 therapieresistente Gastritis unklarer Genese, seit 4/1997 therapierefraktäre Neuropathie. Es bestehe ein virologisches Therapieversagen mit Abfall der Helferzahl auf zuletzt unter 100 Helferzellen/µl. Zur Zeit 5-fach-Therapie. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlung. Angaben zu den streitgegenständlichen Quartalen 4/2000 und 1/2001 fehlen gänzlich. Auch aus den Abrechnungsdiagnosen zu den streitigen Quartalen finden sich keine hinreichenden weiteren Erkenntnisse (sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet, D 84.9, sonstige cardiale Arrhythmien und nicht näher bezeichnete Extrasystolie, I 49.4, Gastritis und Duodenitis, K 29.7, Störungen des Sphingo-Lipidstoff- wechsels und sonstige Störungen der Lipidspeicherung, E 75.5). Auf dieser Grundlage sind die Voraussetzungen der Ziffer 1 der nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen auch im Falle des Patienten K.S. nicht dokumentiert. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es sich bei ihm um einen Patienten mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten handelt, der keine antiretrovirale Therapie mehr verträgt und multiple klinische Komplikationen aufweist. Aus demselben Grunde ist auch nicht dokumentiert, dass dieser Patient an einem Antikörpermangelsyndrom, insbesondere im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung, leidet.

Der Patient S.L. (geboren 1958) hat in den streitigen Quartalen 4/2000 und 1/2001 neben einer antiretroviralen Therapie (Kombinationstherapie mit den NRTI Zerit, Ziagen und Videx und dem NNRTI Viramune) zusätzlich eine Immunglobulintherapie mit Octagam und Flebogamma erhalten. Die Klägerin hat die Behandlung mit Immunglobulinen im Widerspruchsverfahren auch im Falle des Patienten S.L. damit begründet, dass bei ihm neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion andere Erkrankungen vorliegen würden und die Immunglobulintherapie zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen erforderlich sei. Zum Quartal 1/2001 wurde eine ärztliche Stellungnahme eingereicht, nach der bei dem Patienten S.L. eine HIV-Infektion im CDC-Stadium B2 vorliege. Seit 1990 häufig rezidivierende obere Atemwegsinfekte und rezivierender Herpes simplex, seit 1992 progrediente Neuropathie, seit 1993 orale Haarleukoplakie und seit 7/1995 multisegmentaler Herpes zoster. Seit 6/1995 antiretrovirale Therapie und intravenöse Immunglobulintherapie. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlung. Seit IVIG deutlicher Rückgang von oberen Atemwegsinfekten und Herpes simplex-Infektionen. Der dargestellte Krankheitsverlauf wurde im Klageverfahren (Schriftsatz vom 29.09.2008, Az.: S 38 KA 987/08) nochmals wiederholt.

Auch aus den Abrechnungsdiagnosen ergeben sich keine hinreichenden weiteren Erkenntnisse (Quartal 4/2000 sonstige Immundefekte nicht näher bezeichnet, D 84.9, Störungen des Mineralstoffwechsels, Störungen des Eisenstoffwechsels, E 83.1, im Quartal 1/2001 noch zusätzlich Laktoseintoleranz, E 73.8, sonstige Störungen der Hautpigmentierung, nicht näher bezeichnet, L 81.9, sonstige Mononeuropathien, G 58.8). Damit liegen auch für den Patienten S.L. keine hinreichenden Dokumentationen für die streitigen Quartale 4/2000 und 1/2001 vor. Auf der Grundlage der von der Klägerin gemachten Angaben ist auch das Vorliegen der Kategorie 3 der nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen nicht nachvollziehbar, die Patienten mit rezidivierenden bakteriellen und viralen Infekten betrifft, bei denen andere Strategien ausgeschöpft sind und die auf einen Therapieversuch mit Immunglobulinen mit einer dokumentierten Verminderung der aufgetretenen Infekte reagieren. Des Weiteren ist auch das Vorliegen einer bestehenden sekundären Antikörpermangelerkrankung, insbesondere im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung, nicht dokumentiert.

Der Patient A.P. (geboren 1957) hat neben einer antiretroviralen Therapie (Kombinatiostherapie mit den NRTI Epivir, Zerit und Videx und den PI Norvir und Fortovase) zusätzlich eine Immunglobulintherapie mit Octagam und Flebogamma erhalten Die Klägerin hat hierzu zum Quartal 4/2000 mitgeteilt (Schriftsatz vom 07.02.2003), dass sich die Notwendigkeit der Immunglobulintherapie beim Patienten A.P. daraus ergebe, dass dieser neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie notwendig sei. In der zum Quartal 1/2001 vorgelegten ärztlichen Stellungnahme wird zum Krankheitsverlauf des Patienten A.P. mitgeteilt, dass dieser an einer HIV-Infektion im CDC-Stadium C3 leide. 1989 Pneumocystitis carinii Pneumonie, 1995 Pseudomonas-Pneumonie, 1995 Staphylococus aureus Sepsis, 4/1995 Myobakterium avium Infektion, 1995 Wasting-Syndrom (54 kg Körpergewicht bei einer Größe von 182 cm), 4/1995 akute nekrotisierende Pankreatitis und akutes Nierenversagen. Seit 4/1995 intravenöse Immunglobulintherapie. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlung. Trotz virologisch wirksamer antiretroviraler Therapie weiterhin schwerer Immundefekt, deutlicher Rückgang sämtlicher infektiöser Episoden seit Beginn der IVIG. Auch aus den Abrechnungsdiagnosen ergeben sich keine hinreichenden weitergehenden Erkenntnisse (Quartal 4/2000: sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet, D 84.9, Störungen des Sphingolipidstoffwechsels und sonstige Störung der Lipidspeicherung, E 75.5, Notwendigkeit der Impfung gegen nicht näher bezeichnete Infektionskrankheit, Z 26.9; Quartal 1/2001 neben sonstigen Immundefekten nicht näher bezeichnet, D 84.9 und Störungen des Sphingolipidstoffwechsels, E 75.5 noch Bronchitis, nicht als akut oder chronisch bezeichnet, J 40). Damit liegen auch bezüglich des Patienten A.P. für die streitigen Quartale keine hinreichend dokumentierten Diagnosen und Befunde vor. Deswegen kann auch das Vorliegen der Nr. 1 der nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlung in keiner Weise nachvollzogen werden. Es ist gerade nicht erkennbar, dass es sich bei dem Patienten A.P. um einen Patienten mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten handelt, der keine antiretrovirale Therapie mehr verträgt und multiple klinische Komplikationen aufweist. Aus demselben Grunde kann auch nicht das Vorliegen einer bestehenden sekundären Antikörpermangelkrankheit, insbesondere im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung, nachvollzogen werden.

Der Patient G.G. (geboren 1936) hat in den Quartalen 4/2000 und 1/2001 neben einer antiretroviralen Therapie (Quartale 4/2000 und 1/2001 Kombinationstherapie mit NRTI Epivir und Zerit sowie PI Viracept und Kaletra) zusätzlich eine Immunglobulintherapie mit Octagam und Flebogamma erhalten. Zur Begründung hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren zum Quartal 4/2000 ausgeführt, dass der Patient G.G. neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Ergänzend wurde in der ärztlichen Stellungnahme zum Quartal 1/2001 geltend gemacht, dass bei dem Patienten G.G. eine HIV-Infektion im CDC-Stadium C3 bestehe. Seit 1991 gehäufte obere Atemwegsinfekte und Onychomykose, seit 7/1991 Polyneuropathie, seit 9/1991 orale Haarleukoplakie, seit 10/1991 Pneumocystitis carinii Pneumonie, seit 11/1991 Colitis, seit 12/1991 antiretrovirale Therapie. Seit 1991 rezidivierende Pyodermien, seit 9/1993 Pneumocystitis carinii Pneumonierezidiv, seit 1/1995 Kaposi-Sarkom, 2/1995 Wasting-Syndrom, 6/1995 Pneumocystitis carinii Pneumonie, 6/1995 Salmonellenspesis, 7/1995 Pilzpneumonie und pseudomembranöse Colitis. Seit 7/1995 intravenöse Immunglobulintherapie und 10/1995 Pneumocystitis carinii Pneumonie und Kryptosporidiencolitis. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlung. Seit IVIG drastische Abnahme sämtlicher infektiöser Episoden. Im Klageverfahren (Schriftsatz vom 29.09.2008, Az.: S 38 KA 985/08) hat die Klägerin die in der ärztlichen Stellungnahme genannten Erkrankungen wiederholt. Auch aus den Abrechnungsdiagnosen ergeben sich keine hinreichenden weitergehenden Erkenntnisse (Quartal 4/2000: sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet, D 84.9, Störungen des Sphingolipidstoffwechsels und sonstige Störungen der Lipidspeicherung E 75.5, Quartal 1/2001: sonstige Immundefekte, nicht näher bezeichnet D 84.9, Störungen des Sphingolipidstoffwechsels und sonstige Störungen der Lipidspeicherung, E 75.5, sonstige Krankheiten der Prostata, nicht näher bezeichnet, N 42.9, Fieber unbekannter Ursache, nicht näher bezeichnet, R 50.9). Danach liegen für die streitgegenständlichen Quartale 4/2000 und 1/2001 keine hinreichende Dokumentationen vor. Soweit die Klägerin auf eine Besserung des Gesundheitszustandes des Patienten G. G. seit Gabe von Immunglobulinen im Juli 1995 hingewiesen hat, ist festzustellen, dass der Patient im Oktober 1995 eine Pneumocystitis carinii Pneumonie und eine Kryptosporidiencolitis hatte. Der Senat geht weiter davon aus, dass der Kläger ab 1996/1997 eine hochaktive antiretrovirale Therapie erhalten hat und davon auszugehen ist, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes des Patienten auf diese antiretrovirale Therapie zurückzuführen ist. In den streitigen Quartalen 4/2000 und 1/2001 hat der Patient G.G. jedenfalls eine antiretrovirale Therapie mit den NRTI Epivir und Zerit sowie den PI Viracept und Kaletra erhalten. Vor diesem Hintergrund ist das Vorliegen der Voraussetzungen der Kategorie 1 der nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen (Patient mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten, die keine antiretrovirale Therapie mehr vertragen und multiple klinische Komplikationen aufweisen) mangels vorliegender Dokumentation nicht nachvollziehbar. Gleiches gilt für das Vorliegen einer bestehenden sekundären Antikörpermangelerkrankung, insbesondere im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung.

Bei dem Patienten H.F. (geboren 1969) wurden eben einer antiretroviralen Therapie (Kombinationstherapie mit den NRTI Ziagen und Epivir sowie dem NNRTI Viramune) im Quartal 4/2000 eine Immunglobulintherapie mit Octagam durchgeführt. Im Verwaltungsverfahren hat die Klägerin die Immunglobulingabe damit begründet, dass der Patient H.F. neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Der Beklagte hat zusätzlich ein Schreiben der Klägerin vom 29.07.1999 betreffend das Quartal 3/1997 zum Krankheitsverlauf des Patienten H.F. berücksichtigt. Danach handelt es sich um eine HIV-Infektion im CDC-Stadium B2. 11/1991 zweimalige Operation wegen Harnblasenkarzinoms. Seit 9/1993 rezidivierende Gastroenteritiden, die praktisch dauernd bestanden haben, ohne Erregernachweis. 1995 Facialisparese, seit 1993 rezidivierende Sinusbronchitiden. Seit 2/1997 antiretrovirale Therapie und intravenöse Immunglobulintherapie. Auslassversuch IVIG von Januar bis Mai 1999 aufgrund eines vorübergehenden Arztwechsels. Dabei starke Häufung von sinusbronchitischen Infekten. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 4 der DAGNÄ-Empfehlungen. Im Klageverfahren (Schriftsatz vom 29.09.2008, Az.: S 38 KA 984/08) hat die Klägerin zunächst auf die Ausführungen im Verfahren S 38 KA 995/08 verwiesen, die sich allerdings auf eine andere Patientin, nämlich die Patientin J.L., beziehen. Im Übrigen wurde bestätigt, dass es sich bei dem Patienten H.F. um ein fortgeschrittenes Stadium der HIV-Infektion handle. Er leide zusätzlich seit 9/1993 an rezidivierenden Gastroenteritiden ohne Erregernachweis. Im Jahr 1991 habe er sich einer zweimaligen Operation eines Harnblasenkarzinoms unterziehen müssen. Diese Angaben der Klägerin wurden bereits in den Gutachten von Dr. D. vom 06.07.2000 und PD Dr. R. vom 03.01.2001 gewürdigt. Während PD Dr. R. von einem Auslassversuch ausgeht und von daher die Voraussetzungen der DAGNÄ-Empfehlungen für gegeben erachtet, weist Dr. D. in dem Gutachten darauf hin, dass der Auslassversuch nicht hinreichend dokumentiert sei. Auch unter Zugrundelegung der Abrechnungsdiagnosen (sonstige Immundefekte nicht näher bezeichnet, D 84.9, Störungen des Sphingolipidstoffwechsels und sonstige Störungen der Lipidspeicherung, E 75.5) fehlen auch für das streitige Quartal 4/2000 hinreichende Dokumentationen zur Beurteilung der Notwendigkeit der zusätzlichen Gabe von Immunglobulinen. In Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. D. ist auch der Senat der Auffassung, dass ein Auslassversuch nicht hinreichend dokumentiert ist, eine solche Dokumentation sieht die Ziffer 4 der DAGNÄ-Empfehlungen aber ausdrücklich vor. Zunächst ist schon nicht klar, wann der Auslassversuch stattgefunden haben soll, nach Angaben der Klägerin von Januar bis Mai 1999. Der Beklagte hat hierzu aber festgestellt, dass dem Beklagten auch die Prüfquartale 1/1999 und 2/1999 (Januar bis Juni 1999) vorliegen und hier Verordnungen von Octagam am 07.01.1999, 21.01.1999, 04.02.1999, 25.05.1999, 07.06.1999 und 22.06.1999 erfolgt sind. Der Auslassversuch könnte daher allenfalls zwischen dem 04.02.1999 und dem 25.05.1999 stattgefunden haben. Unabhängig davon ist aber nicht dokumentiert, welche Medikation der Patient H.F. in diesem Zeitraum erhalten hat, wie der Gesundheitszustand vor dem 04.02.1999 beim Patienten H.F. sich dargestellt hat und ob und in welcher Weise sich der Gesundheitszustand im Zeitraum vom 04.02.1999 bis 25.05.1999 verschlechtert hat. Hierzu fehlen jegliche zeitbezogenen Angaben. Weiter liegt auch keine Dokumentation für das Vorliegen eines bestehenden sekundären Antikörpermangelsyndroms vor, insbesondere nicht im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung.

Der Patient H.T. (geboren 1937) hat im streitigen Quartal 4/2000 neben einer antiretroviralen Therapie (Kombinationstherapie mit dem NRTI Videx und dem PI Viracept) eine Immunglobulintherapie mit Octagam erhalten. Die Klägerin hat zur Begründung der zusätzlichen Immunglobulintherapie bezüglich des Patienten H.T. mit Schriftsatz vom 07.02.2003 vorgetragen, dass dieser neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Im Rahmen des Klageverfahrens hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 29.09.2008 zum Patienten H.T. ergänzend mitgeteilt, dass der Patient sich im Stadium Aids der HIV-Erkrankung befinde und seit 1997 an Neuropathie leide. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 3 der DAGNÄ-Empfehlungen. Seit der Gabe von IVIG (8/1997) habe sich ein deutlicher Rückgang der zuvor bestehenden rezidivierenden Sinusitiden und Bronchitiden ereignet. Selbst wenn man die Diagnosen der Abrechnung (sonstige Immundefekte nicht näher bezeichnet, D 84.9) in die Betrachtung miteinbezieht, ist auch bezüglich des Patienten H.T. festzustellen, dass keinerlei aussagekräftige Diagnosen und Befunde für das streitgegenständliche Quartal 4/2000 vorliegen, die die Gabe der zusätzlichen Immunglobulintherapie rechtfertigen könnten. Die Ziffer 3 der DAGNÄ-Empfehlung ist mangels Dokumentation nicht nachvollziehbar. Der Patient H.T. ist kein Patient mit rezidivierenden bakteriellen und rezidivierenden viralen Infekten, bei dem andere Strategien ausgeschöpft sind und die auf einen Therapieversuch mit Immunglobulinen mit einer dokumentierten Verminderung der aufgetretenen Infekte reagieren. Auch das Vorliegen einer sekundären Antikörpermangelerkrankung, insbesondere im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung, ist nicht dokumentiert.

Der Patient J.K. (geboren 1962) hat im streitigen Quartal 4/2000 neben der antiretroviralen Therapie (Kombinationstherapie mit den NRTI Ziagen, Videx und Epivir, NNRTI Sustiva und PI Kaletra) zusätzlich eine Immunglobulintherapie erhalten. Die Klägerin hat die zusätzliche Gabe von Immunglobulinen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens damit erklärt, dass der Patient J.K. neben einer fortgeschrittenen HIV-Infektion an anderen Erkrankungen leide und zur Prophylaxe dieser bakteriellen und viralen Erkrankungen eine Immunglobulintherapie erforderlich sei. Im Rahmen des Klageverfahrens (Schriftsatz vom 29.09.2008, Az.: S 38/KA 986/08) hat die Klägerin ergänzend ausgeführt, dass sich der Patient J.K. in weit fortgeschrittener Krankheitsphase der HIV-Infektion befinde. Es handle sich um einen Patienten der Kategorie 1 der DAGNÄ-Empfehlungen und die zusätzliche Gabe bei virologischem Therapieversagen der antiretroviralen Medikamente sei zweifelsfrei indiziert. Auch wenn man die Diagnosen der Abrechnung in die Betrachtung mit einbezieht (sonstige Immundefekte nicht näher bezeichnet, 84.9, Blutung aus den Atemwegen, Hämoptoe, R 04.2, abnorme Befunde bei der bildgebenden Diagnostik sonstiger Körperstrukturen, R 93.8, Fieber unbekannter Ursache, nicht näher bezeichnet, R 50.9) ist festzustellen, dass für das streitige Quartal 4/2000 die zusätzliche Gabe von Immunglobulinen mangels ausreichender Dokumentation nicht nachvollziehbar ist. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass es sich bei dem Patienten J.K. um einen Patienten der Ziffer 1 der nicht verbindlichen DAGNÄ-Empfehlungen handelt, also um einen Patienten mit weniger als 50 µl CD-4-Lymphozyten, der keine antiretrovirale Therapie mehr verträgt und multiple klinische Komplikationen aufweisen. Weder ist die Lymphozytenzahl dokumentiert, noch trifft es zu, dass der Patient J.K. keine antiretrovirale Therapie mehr verträgt, da er nachweislich die klassische HAART-Behandlung mit NRTI, NNRTI und PI im Quartal 4/2000 erhalten hat. Die Genehmigung der Behandlung des Patienten J.K. mit Immunglobulinen betrifft nach den vorgelegten Unterlagen nicht das streitige Quartal 4/00, sondern einen späteren Zeitraum.

Auch das Vorliegen eines bestehenden sekundären Antikörpermangelsyndroms ist nicht dokumentiert, insbesondere nicht im Sinne einer eigenständigen, von der HIV-Erkrankung abgrenzbaren Erkrankung.

Insgesamt lässt sich daher feststellen, dass das Sozialgericht München mit den Gerichtsbescheiden vom 11. Januar 2012 die Klagen gegen die Widerspruchsbescheide des Beklagten vom 20.11.2003 zu Recht abgewiesen hat. Die in den Widerspruchsbescheiden vom 20.11.2003 festgesetzten Arzneiregresse sind nicht zu beanstanden. Die Klägerin ist bis zuletzt eine eindeutige Antwort zu der Frage schuldig geblieben, aus welchem Grunde die Immunglobuline in den vorliegenden Fällen neben der antiretroviralen Therapie verordnet wurden. Als Begründungsalternativen wurden im gesamten Verfahren wahlweise genannt die Gabe der Immunglobuline zum Zwecke der Prophylaxe, zur Behandlung der mit der HIV-Infektion einhergehenden weiteren krankheitsdefinierenden Infektionen oder eines sekundären Antikörpermangelsyndroms, das mit der HIV-Erkrankung im fortgeschrittenem Stadium einhergeht. Keine der genannten Begründungsvarianten kann vorliegend die Gabe von Immunglobulinen rechtfertigen. Dies gilt zunächst unter dem Gesichtspunkt des sogenannten zulässigen „Off-Label-Use“. Ein Off-Label-Use kommt nur in Betracht, wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, 2. keine andere Therapie verfügbar ist und 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann.

Zwar litten die streitgegenständlichen Patienten unstreitig an einer schwerwiegenden Erkrankung, aber es fehlt an den beiden weiteren Voraussetzungen für einen ausnahmsweise zulässigen Off-Label-Use, da einerseits seit Mitte der 90-iger Jahre mit der antiretroviralen Kombinationstherapie eine Standardtherapie zur Behandlung der HIV-Infektion vorliegt und andererseits aufgrund der Datenlage keine begründete Aussicht besteht, dass mit Immunglobulinen ein Behandlungserfolg bei HIV-erkrankten erwachsenen Patienten zu erzielen ist.

Die Gabe von Immunglobulinen zur Prophylaxe kann vor diesem Hintergrund schon nicht als notwendig im Sinne der §§ 2, 12 SGB V angesehen werden, zumal mit der antiretroviralen Therapie eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung steht. Soweit die Klägerin geltend macht, mit der Gabe von Immunglobulinen die mit der HIV-Infektion einhergehenden weiteren Infektionen zu behandeln, ist darauf hinzuweisen, dass der Senat bereits in einem früheren Rechtsstreit. (Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 02.03.2005, Az.: L 12 KA 107/03, Breithaupt 2005, 901-908, zur Verordnung von Octagam im Rahmen der Behandlung einer HIV-Erkrankung nachfolgend BSG, Beschluss vom 31.05.2006, B 6 KA 53/05 B, BVerfG, Beschluss vom 28.11.2006, 1 BvR 2020/06), in dem ebenfalls vorgetragen worden war, dass mit den Immunglobulinen die mit der HIV/Aids-Erkrankung einhergehenden Infekte behandelt würden (vgl. Urteil des BayLSG, a. a. O., juris Rdnr. 14), entschieden hat, dass die Gabe von Immunglobulinen in der Indikation der Anwendung bei erwachsenen Aids-Patienten weltweit als nicht durch klinische Studien belegt anzusehen ist, wobei sich diese Feststellung auch auf die mit der HIV-Erkrankung typischerweise einhergehenden Begleiterkrankungen bezog (ebenso in dem Urteil des BayLSG vom 31.07.2007, L 5 KR 352/05 zur Verordnung von Flebogamma im Rahmen einer HIV-Erkrankung, nachfolgend BSG, Beschluss vom 20.11.2007, Az.. B 1 KR 118/07 B und BVerfG, Beschluss vom 07.04.2008, 1 BvR 550/08). Diese Bewertung wurde mittlerweile auch vom Gemeinsamen Bundesausschuss bestätigt, indem beschlossen wurde, die Liste der Wirkstoffe, die in zulassungsüberschreitenden Anwendungen (Off-Label-Use) nicht verordnungsfähig sind, in der Anlage 6 zum Abschnitt K der Arzneimittelrichtlinien Teil B um eine Ziffer 10 zu ergänzen um intravenöse Immunglobuline bei HIV/Aids im Erwachsenenalter (auch als Adjuvans). Dieser Beschluss gründet sich auf die Bewertung der Expertengruppe Off-Label im Bereich Infektiologie mit Schwerpunkt HIV/Aids zur Bewertung der Anwendung von intravenösen Immunglobulinen bei HIV/Aids im Erwachsenenalter, wonach sich keine wissenschaftlich ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit von intravenösen Immunglobulinen im Anwendungsgebiet HIV/Aids bei Erwachsenen als Therapie gegen das Fortschreiten des Immundefekts oder die resultierenden infektiologischen Komplikationen findet. Auf die umfassende Bewertung der ausgewerteten Studien und Folgerungen der Expertengruppe Off-Label Infektiologie mit Schwerpunkt HIV/Aids vom 28.09.2010 hierzu wird verwiesen. Vorliegend ist nicht erkennbar bzw. dokumentiert, dass die dem medizinischen Standard bei der Behandlung von HIV/Aids entsprechende antiretrovirale Therapie in den streitgegenständlichen Fällen nicht zur Anwendung kommen konnte. Soweit die Klägerin schließlich behauptet, die Gabe von Immunglobulinen zur Behandlung eines weiteren neben der HIV/Aids-Erkrankung bestehenden Antikörpermangelerkrankung eingesetzt zu haben, ist festzustellen, dass die von der Klägerin lediglich behaupteten Komplikationen aller Wahrscheinlichkeit nach als Begleiterkrankung der Aids-Erkrankung anzusehen sind und nicht ihre Grundlage in einer weiteren Antikörpermangelerkrankung haben. Jedenfalls fehlt es für das Bestehen einer abgrenzbaren sekundären Antikörpermangelerkrankung neben der HIV-Infektion an jeglicher Dokumentation.

Ein günstigeres Ergebnis ergibt sich für die Klägerin auch nicht aus der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98) zur verfassungsrechtlichen Konkretisierung der Leistungsansprüche von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung bei lebensbedrohlichen, tödlich verlaufenden Erkrankungen. Danach müssten kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sein, nämlich 1. das Vorliegen einer lebensbedrohlichen und regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung oder wertungsgemäß damit vergleichbaren Erkrankung, für die 2. eine allgemein anerkannte medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht und 3. bezüglich der beim Versicherten angewandten Methode eine auf „Indizien gestützte“, nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2013, B 1 KR 26/12 R, juris Rdnr. 15). Vorliegend lag aber gerade bereits seit Mitte der 90-iger Jahre die antiretrovirale Kombinationstherapie als Standardtherapie zur Verfügung, die in den streitgegenständlichen Fällen auch zur Anwendung kam. Zudem ist zur berücksichtigen, dass die vom BVerfG (a. a. O.) entwickelten Grundsätze zwar auch sinngemäß für die Versorgung mit Arzneimitteln gelten, dabei aber auch die spezifischen Sicherungen des Arzneimittelrechts zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 04.04.2006, B 1 KR 7/05 R, juris Rdrnn. 18, 24). Deswegen ist hinsichtlich der in Rede stehenden Erkrankung eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik zu fordern (vgl. BSG, Urteil vom 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris Rdnrn. 21 ff), was vorliegend bei den streitgegenständlichen Patienten nicht erkennbar ist bzw. jedenfalls mangels Dokumentation nicht nachvollziehbar ist.

Die Bescheide des Beklagten vom 20.11.2003 leiden auch nicht an formellen Mängeln. Soweit die Klägerin eine Fehlerhaftigkeit der Bescheide darin sieht, dass die Zeitspanne zwischen den Sitzungen/Verhandlungen des Beklagten und der Ausfertigung und Übersendung dieser Entscheidung vom 24.06.2003 bis 20.11.2003 die Fristenvorschrift von einer maximalen Zeitspanne von drei Monaten des § 8 der Prüfungsvereinbarung für den Beklagten überschreitet, ist darauf hinzuweisen, dass dem Beklagten zur Ausfertigung eines Widerspruchsbescheides bis zu dessen Zustellung ein Zeitrahmen von fünf Monaten eingeräumt wird, innerhalb dessen die Bescheide des Beklagten nach Beschlussfassung zur Zustellung gegeben werden (vgl. BSG, Urteil vom 28.04.1999, Az.: B 6KA 79/97 R, Rdnrn. 18, 19). Vorliegend sind die Widerspruchsbescheide innerhalb der Frist von fünf Monaten nicht nur ausgefertigt und zum Zwecke der Zustellung herausgegeben bzw. zur Post gegeben worden, sondern auch zugestellt worden. Den verhängten Arzneiregressen steht auch nicht der vorsorglich von der Klägerin erhobene Einwand der Verjährung entgegen. Innerhalb der maßgeblichen 4-Jahresfrist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 03.02.2010, Az.: B 6 KA 37/08 R, Rdnr. 21) sind bezüglich der hier streitigen Quartale 4/2000, 1/2001 und 2/2001 nicht nur die notwendigen Prüfanträge für diese Quartale gestellt worden, sondern es sind auch die hier streitgegenständlichen Bescheide des Beklagten vom 20.11.2003 ergangen. Soweit die Klägerin eine Verjährung dadurch eingetreten sieht, dass ein Nichtbetreiben des Verfahrens von der Klageerhebung im Dezember 2003 bis zur teilweise erstmaligen Referenz zur Klageerhebung im Juli 2008 besteht, ist darauf hinzuweisen, dass die Vorschriften des BGB über das Ende der Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung durch Nichtbetreiben des Verfahrens auf das von Amts wegen durchzuführende Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung keine Anwendung finden (vgl. Urteil des BSG vom 05.05.2010, B 6 KA 5/09 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 28, Rdnr. 49 f).

Der Senat war schließlich nicht verpflichtet, den Rechtsstreit zu vertagen und entsprechend dem Antrag der Klägerin ein immunologisches Gutachten zu der Frage einzuholen, ob in den streitgegenständlichen Fällen die Immunglobulintherapie indiziert war. Eine solche Verpflichtung bestand für den Senat schon deshalb nicht, weil die Berufung der Klägerin schon aus Rechtsgründen keine Aussicht auf Erfolg hat. Denn der Senat konnte wie zuvor schon der Beklagte und das Sozialgericht den maßgeblichen Sachverhalt zur Beurteilung der Frage, ob ausnahmsweise die Gabe von Immunglobulinen indiziert war, mangels nicht vorhandener Dokumentation bzw. jedenfalls nicht hinreichender Dokumentation nicht ermitteln. Diese nicht vorhandene Dokumentation kann nicht durch die Einholung eines Gutachtens geheilt werden. Vorliegend käme allenfalls ein Aktenlagegutachten in Betracht, weil die Frage des Vorliegens einer Indikation für die Gabe von Immunglobulinen in den streitgegenständlichen Quartalen 4/2000, 1/2001 und 2/2001 allenfalls im Jahre 2015 - abgesehen davon, dass einige Patienten zwischenzeitlich verstorben sind - nur in Form eines Aktenlagegutachtens erstellt werden könnte. Die Möglichkeit eines Aktenlagegutachtens steht und fällt aber mit dem Bestehen einer für die Frage hinreichenden Dokumentation. Diese aber fehlt bei den streitgegenständlichen Patienten in den Quartalen 4/2000, 1/2001 und 2/2001 völlig. Im Übrigen liegt es grundsätzlich im Ermessen des Gerichts, ob es dem Antrag auf Einholung eines Gutachtens nachkommt. Der für andere Beweismittel wie insbesondere dem Zeugenbeweis geltenden Grundsatz, dass eine Beweiswürdigung nicht vorweggenommen werden darf, gilt nicht für die Frage der Einholung von Sachverständigengutachten. Hier darf das Gericht unter Hinweis darauf, dass von einem Sachverständigengutachten keine weiteren Erkenntnisse zu erwarten seien, weil das Gericht ausreichend eigene Sachkunde habe oder weil ihm bereits ausreichende Sachverständigeerkenntnisse vorliegen, dessen Einholung ablehnen. Das Gericht übt sein Ermessen nur dann fehlerhaft aus, wenn sich ihm die Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen (vgl. zum ganzen Urteil des BSG vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 20/09 R, juris Rdz. 49 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es zur Frage der Wirksamkeit von Immunglobulinen gerade im Zusammenhang mit der Behandlung von HIV/Aids und den typischen Begleiterkrankungen bereits zahlreiche Urteile gibt (zum Krankenversicherungsrecht vgl. Urteil des SG A-Stadt vom 26.10.2005, Az.: S 29 KR 256/04, Urteil des BayLSG vom 31.07.2007, Az.: L 5 KR 352/05, Beschluss des BSG vom 20.11.2007, Az.: B 1 KR 118/07 B und Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 07.04.2008, Az.: 1 BvR 550/08, zum Vertragsarztrecht vgl. Urteil des SG A-Stadt vom 19.05.2003, Az.: S 45 KA 2209/01, Urteil des BayLSG vom 02.03.2005, Az.: L 12 KA 107/03, Urteil des BSG vom 31.05.2006, Az.: B 6 KA 53/05 B und Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 28.11.2006, Az.: 1 BvR 2020/06). Die Wirkungen und die in Frage kommenden Indikationen für Immunglobuline sind zudem auch im Zusammenhang mit anderen Erkrankungen wie z. B. multipler Sklerose (vgl. Urteile des BSG vom 27.03.2007, Az.: B 1 KR 17/06 R und vom 28.02.2008, Az.: B 1 KR 15/07 R) gut erforscht und die Forschungsergebnisse in der Rechtsprechung des BSG umfassend rezipiert worden (vgl. hierzu auch Urteil des BSG vom 05.05.2010, Az.: B 6 KA 20/09 R, juris Rdz. 47 zu einem Arzneikostenregress wegen der Verordnung eines Immunglobulins im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung). Zudem lagen dem Senat die Gutachten des Prof. Dr. D. vom 06.07.2000 und des PD Dr. R. vom 03.01.2000 im Zusammenhang mit einem Arzneimittelregress der klägerischen Praxis im Quartal 3/1997 vor, wobei einige der dort im Rahmen der Gutachten nach Aktenlage besprochenen Patienten auch in den hier streitigen Arzneimittelregressen in den Quartalen 4/2000, 1/2001 und 2/2001 betroffen sind. Daneben lagen dem Senat eine Reihe weiterer Unterlagen (u. a. Schreiben des Internisten Dr. Jäger vom 22.03.1999, Schreiben des PEI vom 30.10.2002 und 29.07.2004, Grundsatzstellungnahme des MDK/MDS von Herrn Wolfgang Wilms, Referat Pharmakologie des MDK NO und stellvertretender Leiter der AG M5 (Arzneimittel) der MDK-Gemeinschaft vom 01.10.1999 zur Verordnung von IVIG bei erwachsenen HIV-Patienten in der GKV) vor. Schließlich stützt sich die Entscheidung auch auf die Bewertung der Expertengruppe Off-Label Infektiologie mit Schwerpunkt HIV/Aids zu „intravenöse Immunglobuline bei HIV/Aids im Erwachsenenalter“ vom 28.09.2010, die sich eingehend mit der Wirkweise der seit Mitte der 90-iger Jahre als Standardtherapie etablierten antiretroviralen Kombinationstherapie befasst und unter Auswertung der klinischen Studien zur Behandlung der HIV-Infektion mit intravenösen Immunglobulinen, die ausnahmslos aus der Zeit vor Einführung der aktiven Kombinationstherapien gegen HIV stammen, zu der Bewertung gelangt ist, dass sich keine wissenschaftlich ausreichende Evidenz für die Wirksamkeit von intravenösen Immunglobulinen im Anwendungsgebiet HIV/Aids bei Erwachsenen als Therapie gegen das Fortschreiten des Immundefekts oder die resultierenden infektiologischen Komplikationen findet. Vor diesem Hintergrund sah sich der Senat in der Lage, ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens aufgrund seiner eigenen Sachkunde und der ihm bereits ausreichend vorliegenden Sachverständigenerkenntnisse zu entscheiden, zumal die Berufung der Klägerin schon wegen der völlig unzureichenden Dokumentation nicht erfolgreich sein konnte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht erkennbar (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG
14 Referenzen - Urteile

moreResultsText

{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 12/11/2014 00:00

Tenor I. Die Berufungen der Klägerin gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 11.01.2012 werden zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsverfahren einschließlich der außergerichtliche
published on 30/10/2013 00:00

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. April 2012 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das La
published on 07/05/2013 00:00

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 22. März 2012 wird zurückgewiesen.
published on 20/03/2013 00:00

Tenor Auf die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 2. wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. September 2011 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhan
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 12/11/2014 00:00

Tenor I. Die Berufungen der Klägerin gegen die Gerichtsbescheide des Sozialgerichts München vom 11.01.2012 werden zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufungsverfahren einschließlich der außergerichtliche
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Betriebe und Einrichtungen, die Arzneimittel entwickeln, herstellen, klinisch prüfen, prüfen, lagern, verpacken, einführen, in den Verkehr bringen oder sonst mit ihnen Handel treiben, haben dies vor der Aufnahme der Tätigkeiten der zuständigen Behörde anzuzeigen. Satz 1 gilt entsprechend für Einrichtungen, die Gewebe gewinnen, die die für die Gewinnung erforderliche Laboruntersuchung durchführen, Gewebe be- oder verarbeiten, konservieren, prüfen, lagern, einführen oder in Verkehr bringen. Die Entwicklung von Arzneimitteln ist anzuzeigen, soweit sie durch eine Rechtsverordnung nach § 54 geregelt ist. Das Gleiche gilt für Personen, die diese Tätigkeiten selbständig und berufsmäßig ausüben, sowie für Personen oder Personenvereinigungen, die Arzneimittel für andere sammeln. In der Anzeige sind die Art der Tätigkeit und die Betriebsstätte anzugeben; werden Arzneimittel gesammelt, so ist das Nähere über die Art der Sammlung und über die Lagerstätte anzugeben. Die Sätze 1 und 3 bis 5 gelten entsprechend für Betriebe und Einrichtungen, die Wirkstoffe oder andere zur Arzneimittelherstellung bestimmte Stoffe herstellen, prüfen, lagern, verpacken, einführen, in den Verkehr bringen oder sonst mit ihnen Handel treiben, soweit diese Tätigkeiten durch eine Rechtsverordnung nach § 54 geregelt sind. Satz 1 findet keine Anwendung auf die Rekonstitution, soweit es sich nicht um Arzneimittel handelt, die zur klinischen Prüfung bestimmt sind. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für Betriebe und Einrichtungen, die mit den dort genannten Tätigkeiten im Zusammenhang stehende Aufzeichnungen aufbewahren. Die Sätze 1 und 5 gelten auch für Betriebe und Einrichtungen, die einen Datenspeicher einrichten oder verwalten, der zum Datenspeicher- und -abrufsystem nach Artikel 31 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 gehört.

(2) Ist die Herstellung von Arzneimitteln beabsichtigt, für die es einer Erlaubnis nach § 13 nicht bedarf, so sind die Arzneimittel mit ihrer Bezeichnung und Zusammensetzung anzuzeigen.

(3) Nachträgliche Änderungen sind ebenfalls anzuzeigen. Bei Betrieben und Einrichtungen, die Wirkstoffe herstellen, einführen oder sonst mit ihnen Handel treiben, genügt jährlich eine Anzeige, sofern die Änderungen keine Auswirkungen auf die Qualität oder Sicherheit der Wirkstoffe haben können.

(3a) Betriebe und Einrichtungen, die mit den in Absatz 1 Satz 1 bis 4 und 6 genannten Tätigkeiten im Zusammenhang stehende Aufzeichnungen außerhalb der von der Erlaubnis nach den §§ 13, 20b, 20c, 52a, 72b oder 72c erfassten Räume aufbewahren lassen, haben dies vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde anzuzeigen; dies gilt auch für nachträgliche Änderungen.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für diejenigen, die eine Erlaubnis nach § 13, § 20b, § 20c, § 52a, § 72, § 72b oder § 72c haben, für Apotheken nach dem Gesetz über das Apothekenwesen und für klinische Prüfungen mit Arzneimitteln, die in den Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 fallen.

(5) Wer als pharmazeutischer Unternehmer ein Arzneimittel, das nach § 36 Absatz 1 von der Pflicht zur Zulassung freigestellt ist, in den Verkehr bringt, hat dies zuvor der zuständigen Bundesoberbehörde und der zuständigen Behörde anzuzeigen. In der Anzeige sind der Hersteller, die verwendete Bezeichnung, die verwendeten nicht wirksamen Bestandteile, soweit sie nicht in der Verordnung nach § 36 Absatz 1 festgelegt sind, sowie die tatsächliche Zusammensetzung des Arzneimittels, soweit die Verordnung nach § 36 Absatz 1 diesbezügliche Unterschiede erlaubt, anzugeben. Anzuzeigen sind auch jede Änderung der Angaben und die Beendigung des Inverkehrbringens.

(6) Wer Untersuchungen durchführt, die dazu bestimmt sind, Erkenntnisse bei der Anwendung zugelassener oder registrierter Arzneimittel zu sammeln, hat dies der zuständigen Bundesoberbehörde, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. unverzüglich anzuzeigen. Dabei sind Ort, Zeit, Ziel und Beobachtungsplan der Anwendungsbeobachtung anzugeben sowie gegenüber der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen die beteiligten Ärzte namentlich mit Angabe der lebenslangen Arztnummer, der Betriebsstättennummer und der Praxisadresse zu benennen. Entschädigungen, die an Ärzte für ihre Beteiligung an Untersuchungen nach Satz 1 geleistet werden, sind nach ihrer Art und Höhe so zu bemessen, dass kein Anreiz für eine bevorzugte Verschreibung oder Empfehlung bestimmter Arzneimittel entsteht. Sofern beteiligte Ärzte Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen, sind bei Anzeigen nach Satz 1 auch die Art und die Höhe der jeweils an sie tatsächlich geleisteten Entschädigungen anzugeben sowie jeweils eine Ausfertigung der mit ihnen geschlossenen Verträge und jeweils eine Darstellung des Aufwandes für die beteiligten Ärzte und eine Begründung für die Angemessenheit der Entschädigung zu übermitteln. Sofern sich bei den in Satz 4 genannten Informationen Änderungen ergeben, sind die jeweiligen Informationen nach Satz 4 vollständig in der geänderten, aktualisierten Form innerhalb von vier Wochen nach jedem Quartalsende zu übermitteln; die tatsächlich geleisteten Entschädigungen sind mit Zuordnung zu beteiligten Ärzten namentlich mit Angabe der lebenslangen Arztnummer, der Betriebsstättennummer und der Praxisadresse zu übermitteln. Innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Datenerfassung sind unter Angabe der insgesamt beteiligten Ärzte die Anzahl der jeweils und insgesamt beteiligten Patienten und Art und Höhe der jeweils und insgesamt geleisteten Entschädigungen zu übermitteln. Der zuständigen Bundesoberbehörde ist innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Datenerfassung ein Abschlussbericht zu übermitteln. § 42b Absatz 2 Satz 1 und 4 gilt entsprechend. Die Angaben nach diesem Absatz sind elektronisch zu übermitteln. Hierfür machen die zuständigen Bundesoberbehörden elektronische Formatvorgaben bekannt; die zuständige Bundesoberbehörde hat ihr übermittelte Anzeigen und Abschlussberichte der Öffentlichkeit über ein Internetportal zur Verfügung zu stellen. Für die Veröffentlichung der Anzeigen gilt § 42b Absatz 2 Satz 4 entsprechend. Die Sätze 4 bis 6 gelten nicht für Anzeigen gegenüber der zuständigen Bundesoberbehörde. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. legen einvernehmlich Formatvorgaben für die elektronische Übermittlung der an sie zu richtenden Angaben fest und geben diese bekannt. Die Sätze 1 bis 12 gelten nicht für Unbedenklichkeitsstudien nach § 63f.

(7) Wer beabsichtigt, gewerbs- oder berufsmäßig Arzneimittel, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zum Inverkehrbringen durch einen anderen pharmazeutischen Unternehmer zugelassen sind, erstmalig aus diesem Mitgliedstaat in den Geltungsbereich des Gesetzes zum Zweck des Inverkehrbringens im Geltungsbereich des Gesetzes zu verbringen, hat dies dem Inhaber der Zulassung vor der Aufnahme der Tätigkeit anzuzeigen. Für Arzneimittel, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt worden ist, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Anzeige dem Inhaber der Genehmigung und der Europäischen Arzneimittel-Agentur zu übermitteln ist. An die Agentur ist eine Gebühr für die Überprüfung der Einhaltung der Bedingungen, die in den unionsrechtlichen Rechtsvorschriften über Arzneimittel und den Genehmigungen für das Inverkehrbringen festgelegt sind, zu entrichten; die Bemessung der Gebühr richtet sich nach den unionsrechtlichen Rechtsvorschriften.

(8) Wer zum Zweck des Einzelhandels Arzneimittel im Wege des Versandhandels über das Internet anbieten will, hat dies vor Aufnahme der Tätigkeit der zuständigen Behörde unter Angabe des Namens oder der Firma und der Anschrift des Ortes, von dem aus die Arzneimittel geliefert werden sollen, und die Adresse jedes Internetportals einschließlich aller Angaben zu deren Identifizierung anzuzeigen. Nachträgliche Änderungen sind ebenfalls anzuzeigen. Die zuständige Behörde übermittelt diese Informationen an eine Datenbank nach § 67a. Das Internetportal nach Satz 1 muss den Namen und die Adresse der zuständigen Behörde und ihre sonstigen Kontaktdaten, das gemeinsame Versandhandelslogo nach Artikel 85c der Richtlinie 2001/83/EG aufweisen und eine Verbindung zum Internetportal des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte haben.

(9) Wer nicht zulassungs- oder genehmigungspflichtige Arzneimittel für neuartige Therapien bei einem Patienten anwendet, hat dies der zuständigen Bundesoberbehörde gemäß den Sätzen 2 und 3 anzuzeigen. Die Anzeige ist unverzüglich nach Beginn der Anwendung einzureichen. Die Anzeige muss die folgenden Angaben enthalten:

1.
den Namen und die Anschrift der behandelnden Person,
2.
den Namen und die Anschrift der Einrichtung, in der der Patient behandelt wurde,
3.
die Bezeichnung des Arzneimittels,
4.
die Wirkstoffe nach Art und Menge und die Art der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels,
5.
die Darreichungsform,
6.
die Art der Anwendung,
7.
den Nachweis, dass die behandelnde Person zur Herstellung des Arzneimittels berechtigt ist,
8.
Initialen, Geschlecht und Geburtsjahr des Patienten, der mit dem Arzneimittel behandelt wurde,
9.
den Tag der Behandlung oder den Zeitraum der Behandlung und
10.
die Indikation, in der das Arzneimittel angewendet wird.
Die zuständige Bundesoberbehörde gibt das für die Anzeige zu verwendende Formular auf ihrer Internetseite bekannt.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 bis 3 ist der Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu begründen, wenn der Beteiligte, dem der Verwaltungsakt bekannt gegeben ist, es innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe verlangt.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen. Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.

(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt.

(2) Die Versicherten erhalten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch nichts Abweichendes vorsehen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten Buches gilt entsprechend. Über die Erbringung der Sach- und Dienstleistungen schließen die Krankenkassen nach den Vorschriften des Vierten Kapitels Verträge mit den Leistungserbringern.

(3) Bei der Auswahl der Leistungserbringer ist ihre Vielfalt zu beachten. Den religiösen Bedürfnissen der Versicherten ist Rechnung zu tragen.

(4) Krankenkassen, Leistungserbringer und Versicherte haben darauf zu achten, daß die Leistungen wirksam und wirtschaftlich erbracht und nur im notwendigen Umfang in Anspruch genommen werden.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.