Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 06. Feb. 2014 - L 11 AS 535/12

published on 06/02/2014 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 06. Feb. 2014 - L 11 AS 535/12
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Tatbestand

Streitig ist eine Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um 30% der Regelleistung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.01.2011.

Der Kläger bezog Alg II von der Beklagten. Mit Bescheid vom 27.09.2010 wurden ihm Leistungen für die Zeit vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 i. H. v. monatlich 674,13 EUR (359 EUR Regelleistung und 315,13 EUR Kosten für Unterkunft und Heizung) bewilligt. Unter Aufhebung dieser Bewilligungsentscheidung ab 01.01.2011 gewährte die Beklagte mit den Änderungsbescheiden vom 23.12.2010 und 23.05.2011 u. a. für Januar 2011 Alg II i. H. v. 682,13 EUR (364 EUR Regelleistung und 427,33 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung, abzüglich 109,20 EUR bzgl. einer Sanktion).

Im Rahmen eines Beratungsgespräches am 14.09.2010 um 8:30 Uhr wurde dem Kläger neben einem sofortigen Vermittlungsvorschlag bezüglich der Firma i. GmbH, K., ein weiteres Stellenangebot bei der Firma C. Personalmanagement (C.), A-Stadt, zur unverzüglichen Eingliederung in Arbeit übergeben. Er wurde darin jeweils aufgefordert, sich „jetzt unverzüglich“ zur Vorstellung zu den jeweiligen Firmen zu begeben. Darüber hinaus wurde in dem jeweiligen Vermittlungsvorschlag auf die Rechtsfolgen bei der Nichtbefolgung der Verpflichtung hingewiesen. Die Kenntnisnahme des Vermittlungsvorschlages und der Rechtsfolgenbelehrung sowie eine ausreichende Erläuterung und deren Verstehen bestätigte der Kläger unterschriftlich. Nach einem Aktenvermerk vom 14.09.2010 sei dem Kläger gesagt worden, er habe sich noch am selben Tag bei C. persönlich zu melden.

Der Kläger sprach am 14.09.2010 nicht bei C. vor. Die Beklagte „kürzte“ daraufhin mit Bescheid vom 08.10.2010 das Alg II des Klägers für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.01.2011 um 30% der Regelleistung. Entgegen der Aufforderung, sich noch am 14.09.2010 persönlich bei C. vorzustellen, habe er dies erst am 22.09.2010 getan, weshalb ein Beschäftigungsverhältnis nicht zustande gekommen sei. Da kein wichtiger Grund für sein Verhalten gegeben sei, sei die Regelleistung zwingend für drei Monate abzusenken. Die Berechnung könne der Anlage entnommen werden. Dem Bescheid war ein Berechnungsbogen für November 2010 beigefügt.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er habe bei seiner Vorsprache bei der Beklagten auf seinen Operationstermin am 23.09.2010 in E. mit einem Klinikaufenthalt von neun Tagen hingewiesen. Die Beklagte sei über seinen Gesundheitszustand - er habe Atembeschwerden und dürfe sich körperlich nicht anstrengen - informiert gewesen. Er habe sich - wie besprochen - zuerst schriftlich beworben (Bewerbung vom 15.09.2010). Am 22.09.2010 habe er sich dann persönlich bei C. vorgestellt. Die Rechtsfolgenbelehrung habe er am 14.09.2010 am Ende unterschreiben müssen. Den Sinn, unverzüglich zu C. gehen zu müssen, habe er bis heute nicht verstanden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2011 zurück. In der Rechtsbehelfsbelehrung wurde der Kläger darauf hingewiesen, eine Klage könne innerhalb eines Monats nach „Zustellung“ erhoben werde.

Der Kläger hat am 04.08.2011 u. a. gegen den Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 Klage beim Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben (S 9 AS 528/11). Mit Beschluss vom 24.10.2011 hat das SG dieses Begehren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 9 AS 774/11 fortgeführt. Der Kläger hat ausgeführt, er sei am 14.09.2010 wegen einer Behinderung der Nasenatmung körperlich nicht in der Lage gewesen, sich bei C. unverzüglich zu melden. Wegen der chronischen Nasenatmungsbehinderung habe er im Zeitraum vom 18.10.2010 bis 18.01.2011 keine körperlichen und schweren Arbeiten verrichten dürfen. Mit Urteil vom 12.04.2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Die am 04.08.2011 erhobene Klage sei verfristet. Der Widerspruchsbescheid sei am 22.03.2011 zur Post gegeben worden und gelte damit am 25.03.2011 als bekanntgegeben. Die Klagefrist sei somit am 25.04.2011 abgelaufen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung hat der Kläger vorgetragen, er habe den Satz, er müsse sich unverzüglich zu C. begeben, nicht verstanden. Sein deutsch-persisches Wörterbuch kenne den Begriff „begeben“ nicht. Er habe gedacht, er müsse sofort seine Bewerbungsunterlagen an C. verschicken. Er habe sich am 15.09.2010 bei C. beworben und am 22.09.2010 dort ein persönliches Vorstellungsgespräch gehabt.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 12.04.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 und unter Abänderung des Bescheides vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011 zu verurteilen, weiteres Arbeitslosengeld II für die Monate November und Dezember 2010 in Höhe von jeweils 107,70 EUR und für Januar 2011 in Höhe von 109,20 EUR an ihn zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Auf Anfrage des Gerichts hat C. mitgeteilt, es könne von dort nicht mehr festgestellt werden, ob der spätere Zeitpunkt der Bewerbung Einfluss auf die Einstellungschancen gehabt haben könnte.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Dies gilt auch für den Bescheid vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011, soweit damit für Januar 2011 die Leistungen um 109,20 EUR gemindert wird. Der Kläger hat Anspruch auf weiteres Alg II für die Monate November und Dezember 2010 i. H. v. jeweils 107,70 EUR und für Januar 2011 in i. H. v. 109,20 EUR

Streitgegenstand ist vorliegend der Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2010, mit dem die Beklagte das Alg II des Klägers für den Zeitraum vom 01.11.2010 bis 31.01.2011 um monatlich 30% der Regelleistung „gekürzt“, d. h. die Pflichtverletzung und den Umfang der Minderung festgestellt hat. Der Bescheid vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011 ist ebenfalls Gegenstand des Verfahrens, soweit damit die ursprüngliche Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 27.09.2010 für den Monat Januar 2011 aufgehoben und u. a. unter Berücksichtigung der Leistungskürzung wegen der Sanktion die Höhe des Alg II neu geregelt worden ist. Im Hinblick auf die leistungsrechtliche Umsetzung der Sanktion bildet er mit dem Absenkungsbescheid vom 08.10.2010 eine rechtliche Einheit im Sinne eines einheitlichen Bescheids zur Höhe des Alg II in dem von der Absenkung betroffenen Zeitraum (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2010 - B 4 AS 68/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr. 4 - m. w. N.).

Statthafte Klage ist unter Berücksichtigung des klägerischen Begehrens zunächst die Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG), mit der der Kläger die Aufhebung des Bescheides vom 08.10.2010 begehrt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 20/09 R - BSGE 105, 194-201). Darüber hinaus hat der Kläger aber auch eine Leistungsklage (§ 54 Abs. SGG i. V. m. § 56 SGG) erhoben. Ihm geht es unabhängig von einer Aufhebung des Sanktionsbescheides (auch) um die Nachzahlung des mit Bescheid vom 27.09.2010 bewilligten, teilweise einbehaltenen Alg II. Dies bringt er in seiner Klageschrift an das SG zum Ausdruck, worin er u. a. die „ungekürzten Zahlungen“ für November 2010 bis Januar 2011 fordert. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Streitgegenstandes ist das vom Kläger Gewollte. Insofern hätte das SG nicht an dem vom Kläger formulierten Anfechtungsbegehren alleine hinsichtlich des Bescheides vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 festhalten dürfen; eine Erörterung der Konsequenzen einer solchen Beschränkung des Streitgegenstandes mit dem Kläger ist nicht ersichtlich, so dass über das gesamte klägerische Begehren zu befinden ist (vgl. dazu auch BSG a. a. O.). Der Leistungsklage kommt auch - neben der reinen Anfechtungsklage - Bedeutung für den Fall zu, dass der Sanktionbescheid zwar rechtmäßig ist, mangels Aufhebung der ursprünglichen Leistungsbewilligung aber weiterhin ein Zahlungsanspruch aus dem Bescheid vom 27.09.2010 besteht, dem die Beklagte gegebenenfalls zu Unrecht allein den Sanktionsbescheid entgegen hält.

Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie nicht verfristet (vgl. Beschluss des Senates vom 10.07.2012).

Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 08.10.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2011 und den Bescheid vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011 ist begründet. Es fehlt zur Überzeugung des Senats an einer Pflichtverletzung.

Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i. d. F. des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl I 1706 ) wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 in einer ersten Stufe um 30 v. H. der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen u. a. weigert, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen. Weigern in diesem Sinne bedeutet regelmäßig die vorsätzliche, ausdrückliche oder stillschweigende, schriftlich, mündlich oder in anderer Weise dem Leistungsträger oder dem Arbeitgeber zum Ausdruck gebrachte fehlende Bereitschaft, sich an die durch das Gesetz auferlegte Pflicht zu halten. Die Aufnahme einer Tätigkeit kann mithin auch durch konkludentes Verhalten verweigert werden (BSG, Urteil vom 15.12.2010 - B 14 AS 92/09 R - juris - m. w. N.; S. Knickrehm/Hahn in: Eicher, SGB II, 3. Aufl., § 31 Rn. 40). Ein vorwerfbares Fehlverhalten bezieht sich auf die Aufnahme einer Tätigkeit, worin sämtliches Verhalten bis zu dem eine Tätigkeit etwa durch Abschluss eines Arbeitsvertrages verfestigt wird, mithin auch vorbereitende Handlungen wie etwa im Hinblick auf Bewerbungen und Vorstellungsgespräche (vgl. S.Knickrehm/Hahn a. a. O. Rn. 42).

Ein solches vorwerfbares Verhalten kann beim Kläger nicht festgestellt werden. Unstreitig hat sich der Kläger am 15.09.2010 schriftlich bei C. beworben und am 22.09.2010 dort ein Vorstellungsgespräch. Seiner Verpflichtung zur Bewerbung und Vorsprache ist er damit nachgekommen. Eine Obliegenheit, sich schon am 14.09.2010 persönlich bei C. vorzustellen, bestand nicht. Es ist in der Verwaltungsakte der Beklagten in keinster Weise hinreichend dokumentiert worden, ob und dass eine sofortige Vorstellung am 14.09.2010 zwingend notwendig sei, um die Arbeitsstelle zu bekommen. Zwar mag es sein, dass im Bereich der Zeitarbeit eine zeitnahe Bewerbung vorteilhaft und teilweise erforderlich ist. Ob dies in Bezug auf die konkrete Stelle der Fall gewesen ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. So konnte auch C. auf Anfrage des Gerichts nicht mehr mitteilen, ob sich die Einstellungschancen des Klägers durch die schriftliche Bewerbung am 15.09.2010 und die persönliche Vorstellung am 22.09.2010 verschlechtert haben. Dagegen spricht aber schon, dass er der Kläger zu einem persönlichen Vorstellungstermin wohl nicht mehr eingeladen worden wäre, wenn seine schriftliche Bewerbung am 15.09.2010 aussichtslos gewesen wäre.

Hinzu kommt, dass der Kläger sich auch am 14.09.2010 unverzüglich zur Firma i. GmbH nach K. hätte begeben sollen. Dass auch bei der dortigen Firma zufälligerweise nur eine Bewerbung am selben Tage Sinn gemacht hätte, erscheint nicht nachvollziehbar, so dass der Eindruck entsteht, die Beklagte hat in ihrem Bewerbungsaufforderungen vom 14.09.2010 generell auf eine Bewerbung am selben Tage ohne notwendigen Anlass bestanden. Schließlich erscheint es ungewiss, ob der Kläger, der über kein eigenes Fahrzeug verfügt hat, in der Lage gewesen wäre, tatsächlich beide persönlichen Vorstellungstermine am 14.09.2010 erfüllen zu können. Sofern die Beklagte in ihrem Aktenvermerk vom 14.09.2010 festgehalten hat, dem Kläger sei gesagt worden, er habe sich noch am selben Tag bei C. persönlich zu melden, bleibt unklar, ob er dies auch so verstanden hat. Dies weicht zudem vom Wortlaut des schriftlichen Vermittlungsvorschlages ab, wonach die Vorstellung „jetzt unverzüglich“, mithin zeitlich weitaus weniger konkret, erfolgen sollte. Die nachgewiesene schriftliche Rechtsfolgenbelehrung bezog sich insofern auch nur auf den schriftlichen Vermittlungsvorschlag.

Eine Weigerung des Klägers, die Arbeit bei C. aufzunehmen, liegt damit nicht vor. Er hat sich „unverzüglich“ schriftlich bei C. beworben. Eine Leistungsabsenkung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.01.2011 scheidet folglich aus. Die Leistungsklage auf Auszahlung der mit Bescheid vom 27.09.2010 für November und Dezember 2010 ist daher begründet. Dieser Bescheid ist für den genannten Zeitraum nicht teilweise nach § 40 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i. V. m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben worden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - SozR 4-4200 § 31 Nr. 3) und mangels Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 08.10.2010 auch nicht aufhebbar gewesen.

Im Hinblick auf die Gewährung von ungekürzten Leistungen für Januar 2011 war der Bescheid vom 23.12.2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.05.2011 abzuändern. Die dort berücksichtigte Leistungsabsenkung infolge der Sanktion durfte - wie oben ausgeführt - nicht erfolgen, eine wesentliche Änderung ist insoweit nicht eingetreten. Eine bloße Aufhebung dieses Bescheides war allerdings nicht möglich, da darin über die Berücksichtigung der Leistungsabsenkung hinaus dem Kläger im Hinblick auf die Erhöhung der Regelleistung ab 01.01.2011 und den Wegfall des Abzuges für Warmwasser sowie die Berücksichtigung einer im Januar 2011 fälligen Nebenkostenabrechnung höhere Leistungen bewilligt worden sind.

Die Berufung war damit hinsichtlich der erhobenen Anfechtungs- und Leistungsklage erfolgreich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha
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Annotations

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.