Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Feb. 2017 - L 2 SF 292/16 AB

published on 14/02/2017 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 14. Feb. 2017 - L 2 SF 292/16 AB
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Gericht

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Tenor

Der Antrag auf Ablehnung von Dr. X. wegen Besorgnis der Befangenheit wird verworfen.

Gründe

I.

Der Kläger und Antragsteller (ASt.) hatte sich im Beschwerdeverfahren unter dem Az. L 2 AS 599/16 B gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Würzburg (SG) vom 05.08.2016 gewandt. Das SG hatte gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 150,- Euro verhängt, weil er trotz ordnungsgemäßer Ladung unter Anordnung des persönlichen Erscheinens zu den gerichtlichen Terminen am 30.05.2016 und 15.06.2016 unentschuldigt nicht erschienen war.

Mit Beschluss vom 30.09.2016, dem ASt. zugestellt am 18.10.2016, hat der Senat die Beschwerde zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 27.10.2016, beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingegangen am 28.10.2016, hat sich der ASt. gegen den Beschluss mit „Widerspruch“ gewandt und zugleich den Vorsitzenden Richter Dr. X. wegen Befangenheit abgelehnt. Der ASt. hat vorgetragen, er sei wegen seiner herausgesprungenen Kniescheibe terminunfähig gewesen, das Gericht habe noch am gleichen Tag das Attest erhalten und er selbst habe alles zeitnah und richtig gemacht. Die Krankmeldung als nicht rechtzeitig zu titulieren, sei reine Willkür. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf das Schreiben des ASt. vom 27.10.2016 und das seiner Partnerin vom 27.10.2016 Bezug genommen.

Die dienstliche Stellungnahme von Dr. X. vom 17.11.2016 wurde dem ASt. mit Schreiben vom 21.11.2016 übersandt und Gelegenheit zur Stellungnahme bis 06.12.2016 gegeben.

II.

Das Ablehnungsgesuch ist bereits unzulässig.

Denn das Beschwerdeverfahren des ASt. gegen den Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts war bereits mit Beschluss des LSG vom 30.09.2016, laut Postzustellungsurkunde zugestellt am 18.10.2016, rechtskräftig. Damit war das Beschwerdeverfahren vollständig abgeschlossen. Ein weiteres Rechtsmittel gegen den Beschluss des SG oder den Beschluss des LSG gibt es nicht.

Nach vollständigem Abschluss der Instanz ist ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter gemäß § 60 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 Zivilprozessordnung (ZPO) jedoch unzulässig (vgl. hierzu BVerfG Beschluss vom 02.05.2007 - 2 BvR 2655/06 - Juris RdNr. 13; BVerfG Kammerbeschluss vom 28.04.2011 - 1 BvR 2411/10 - Juris RdNr. 23; BGH Beschluss vom 24.01.2012 - 4 StR 469/11 - Juris RdNr. 8; BGH Beschluss vom 11.07.2007 - IV ZB 38/06 - Juris RdNr. 5; BayVGH Beschluss vom 07.11.2016 - 10 BV 16.962 - Juris RdNr. 6; VGH Baden-Württemberg Beschluss vom 08.06.2016 1 - S 783/16 - Juris RdNr. 4).

Die Zulässigkeit des Befangenheitsgesuchs kann auch nicht auf eine zugleich erhobene Anhörungsrüge im Sinne von § 178a SGG gestützt werden. Denn eine Anhörungsrüge ist kein Rechtsmittel und zielt auf die Selbstkorrektur einer Entscheidung durch den entscheidenden Senat ab (vgl. hierzu BSG Beschluss vom 25.02.2010 - B 11 AL 22/09 C; BSG Beschluss vom 07.01.2016 - B 9 V 4/15 C, beide veröffentlicht in Juris). Der ASt. hat aber deutlich gemacht, dass er keine Entscheidung durch den zuständigen Senat einschließlich des zuständigen Vorsitzenden wünscht. Außerdem hat der ASt. nicht nachvollziehbar dargelegt, dass das LSG einen Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, was Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Anhörungsrüge ist (vgl. § 178a Abs. 2 Satz 5 SGG i.V.m. § 178 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG; vgl. BSG Beschluss vom 25.02.2010 - B 11 AL 22/09 C - Juris RdNr. 10). Die Kritik des ASt. erschöpft sich in der Wiederholung seiner Argumente gegen das verhängte Ordnungsgeld, die im Senatsbeschluss vom 30.09.2016 bereits berücksichtigt wurden. Eine unzulässige Anhörungsrüge vermag aber keine Zulässigkeit für ein Ablehnungsgesuch zu eröffnen (vgl. hierzu BGH Beschluss vom 24.01.2012 - 4 StR 469/11 - Juris RdNr. 13 ff.; ferner BayVGH Beschluss vom 07.11.2016 - 10 BV 16.952 und VGH Baden-Württemberg Beschluss vom 08.06.2016 - 1 S 783/16, bei veröffentlicht in Juris).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass der ASt. auch keinen Grund vorgetragen hat, der aus Sicht einer vernünftigen Partei Zweifel an der Unvoreingenommenheit und an der Unparteilichkeit des Vorsitzenden begründen könnte. Der ASt. schließt allein aus der Tatsache, dass seine Beschwerde keinen Erfolg hatte, auf eine Befangenheit des Vorsitzenden. Die Gründe dafür wurden aber in der Begründung des Beschlusses vom 30.09.2016 ausführlich dargelegt.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

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Annotations

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 175 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.