Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 27. Jan. 2015 - L 15 SF 162/12 B

bei uns veröffentlicht am27.01.2015
vorgehend
Sozialgericht München, S 36 SF 356/12, 13.07.2012

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 13. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung in einem krankenversicherungsrechtlichen Rechtsstreit.

Im Verfahren S 2 KN 233/02 KR vor dem Sozialgericht München (SG) war ein Entgeltanspruch des jetzigen Beschwerdegegners, eines Krankenhausträgers, für Krankenhausleistungen in Höhe von 756,34 € nebst Zinsen in Höhe von 138,40 € gegenüber der Bundesknappschaft Bochum streitig. Das Verfahren wurde mit Beschluss vom 12.02.2004 zum Ruhen gebracht und nach sechs Monaten am 24.08.2004 als erledigt verfügt. Eine Verfügung zu § 197 a SGG oder zum Streitwert hatte der Hauptsacherichter zu keinem Zeitpunkt getroffen.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 29.03.2012 erhob der Urkundsbeamte, ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 756,34 €, beim Beschwerdegegner Gerichtskosten in Höhe von 45,- €.

Dagegen hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 26.04.2012 Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) eingelegt und diese damit begründet, dass am 12.02.2004 das Ruhen verfügt und der Rechtsstreit seitdem nicht mehr betrieben worden sei. Eine nachträgliche Erhebung von Gerichtskosten nach nunmehr acht Jahren sei nicht mehr zulässig.

Mit Beschluss vom 13.07.2012 hat das SG die Gerichtskostenfeststellung vom 29.03.2012 aufgehoben und dies damit begründet, dass gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG Ansprüche auf Zahlung von Gerichtskosten innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs verjähren würden, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet worden sei. Von einer Beendigung in sonstiger Weise sei auch auszugehen, wenn wie hier nach sechsmonatigem Ruhen das Weglegen der Akten verfügt worden sei.

Dagegen hat der Bezirksrevisor (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Schreiben vom 25.07.2012 Beschwerde eingelegt. Er geht davon aus, dass das Weglegen nach Ruhen keinen Fall einer Beendigung des Verfahrens (der Hauptsache) in sonstiger Weise darstellt. Er weist darauf hin, dass ein ruhendes Verfahren jederzeit auch von Amts wegen aufgerufen werden könne und daher von einer Verjährung nicht zu sprechen sei.

Der Beschwerdegegner weist demgegenüber darauf hin, dass es der Staatskasse im Jahr 2004 freigestanden wäre, die entstandenen Gerichtskosten zu erheben.

II.

Die Beschwerde gegen die Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG zulässig, da das SG die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Sie ist aber nicht begründet. Das SG hat im Ergebnis zutreffend die Gerichtskostenfeststellung vom 29.03.2012 aufgehoben.

1. Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren

Im Rahmen der Beschwerdeentscheidung sind vom Beschwerdegericht alle für den Kostenansatz maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Beschwerdeführer aufgegriffen hat oder nicht. Das Beschwerdegericht ist eine neue Tatsacheninstanz, die in vollem Umfang anstelle des Erstgerichts zu entscheiden hat (ständige Rspr. des Senats - zum Rechtsbereich des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz: vgl. Beschluss des Senats vom 14.01.2015, Az.: L 15 SF 239/12 B; zur Übernahme von Kosten gemäß § 109 SGG: vgl. Beschluss des Senats vom 19.12.2012, Az.: L 15 SB 123/12 B).

2. Begründetheit der Erinnerung des Beschwerdegegners

Der mit der Erinnerung angegriffene Kostenansatz vom 29.03.2012 ist schon deshalb aufzuheben, weil der Hauptsacherichter nicht verfügt hat, dass das Verfahren der Hauptsache ein Verfahren nach § 197 a SGG darstellt. Die Frage der Verjährung einer Gerichtskostenforderung stellt sich daher überhaupt nicht.

2.1. Prüfungsrahmen der Erinnerung - Allgemeines

Die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; Bundesfinanzhof, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 13. Aufl. 2012, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung. Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen sind daher einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (ständige Rpsr., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 18.12.2014, Az.: L 15 SF 322/14 E - m. w. N.). Gleiches gilt grundsätzlich für die dort getroffenen Verfügungen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.10.2014, Az.: L 15 SF 61/14 E, und vom 05.12.2014, Az.: L 15 SF 202/14 E). Im Erinnerungsverfahren zum Kostenansatz kann daher lediglich geprüft werden, ob die im Hauptsacheverfahren erfolgten Festlegungen kostenrechtlich richtig umgesetzt worden sind.

2.2. Erinnerung des Beschwerdegegners

Das SG hat im angefochtenen Beschluss im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Erinnerung begründet ist.

Die Begründetheit der Erinnerung ergibt sich jedoch schon daraus, dass der Kostenbeamte überhaupt keine Gerichtskosten festsetzen hätte dürfen.

Der Hauptsacherichter hat zu keinem Zeitpunkt eine Verfügung dahingehend getroffen, dass das Hauptsacheverfahren mit dem Aktenzeichen S 2 KN 233/02 KR ein Verfahren nach § 197 a SGG darstellt. Weder im Rahmen der Eingangsverfügungen vom 02.01.2003 und 03.01.2003 noch aus der Abschlussverfügung vom 24.08.2004 ist zu entnehmen, dass der Hauptsacherichter von einem Verfahren gemäß § 197 a SGG ausgegangen wäre. Obwohl in den jeweiligen Formularen jeweils Verfügungen zu § 197 a SGG möglich gewesen wären, hat er diese nicht getroffen. Auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.02.2004 ist eine Verfügung zu § 197 a SGG nicht zu entnehmen. Eine Verfügung oder ein Beschluss zum (vorläufigem) Streitwert im Hauptsacheverfahren, der ein Beleg für ein Verfahren gemäß § 197 a SGG wäre, ist nicht ergangen.

Es gibt daher nichts, was als Verfügung des Hauptsacherichters zu § 197 a SGG gedeutet werden könnte.

Für das Kostenansatzverfahren kann daher wegen der fehlenden Verfügung des Hauptsacherichters nicht von einem Verfahren gemäß § 197 a SGG ausgegangen werden, auch wenn es ohne jeden Zweifel richtig gewesen wäre, das Hauptsacheverfahren als Verfahren gemäß § 197 a SGG zu führen. Im Kostenansatzverfahren ist jedoch eine Korrektur von Entscheidungen oder (Nicht-)Verfügungen des Hauptsacherichters nicht möglich. Dies gilt selbst dann, wenn die (Nicht-)Entscheidung des Hauptsacherichters zu § 197 a SGG - wie hier - offenkundig unrichtig ist.

In einer vergleichbaren Konstellation hat dies der Senat mit Beschluss vom 27.11.2013, Az.: L 15 SF 154/12 B, wie folgt formuliert:

„Auch wenn eine im Hauptsacheverfahren getroffene Festlegung zu § 197 a SGG falsch sein könnte oder sogar - wie hier - offenkundig unrichtig ist, darf sich das Gericht der Kostensache im Rahmen der Entscheidung über die Erinnerung nicht über die im Hauptsacheverfahren erfolgte bindende Festlegung zur Anwendung des § 197 a SGG hinwegsetzen und diese durch eine eigene Bewertung korrigieren. Es sind also durchaus Fälle denkbar, in denen der Kostenrichter sehenden Auges eine falsche Entscheidung im Hauptsacheverfahren zugrunde legen muss. Einer Korrektur im Rahmen der Erinnerung sind diese Fälle aufgrund der Rechtssystematik nicht zugänglich.“

Es ist daher für das Kostenansatzverfahren bindend davon auszugehen, dass das Hauptsacheverfahren kein Verfahren gemäß § 197 a SGG darstellt. Eine Erhebung von Gerichtskosten scheidet daher aus.

Darauf, ob einer Gerichtskostenfeststellung auch eine Verjährung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG entgegen gestanden hätte, kommt es daher nicht an. Der Senat merkt lediglich der Vollständigkeit halber an, dass die Annahme des SG, mit der Verfügung zum Weglegen der Akten nach sechsmonatigem Ruhen habe die vierjährige Frist zur Geltendmachung von Gerichtskosten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG zu laufen begonnen, wovon beispielsweise auch Teile der Kommentarliteratur ausgehen (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 5 GKG, Rdnr. 2), jedenfalls auf den ersten Blick nicht zwingend erscheint. Warum mit einem durch eine verwaltungsmäßige Aktenweglegung bestimmten Zeitpunkt ein fiktiver Parteiwille dahingehend, dass das Verfahren damit endgültig beendet sein solle - nichts anderes bedeuten die Ausführungen in der vorgenannten Kommentarliteratur -, begründet werden sollte, erschließt sich für den Senat nicht. Zudem berücksichtigt Hartmann nicht, dass das Ruhen jederzeit von Amts wegen beendet werden kann (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 114, Rdnr. 4), auch wenn dies keiner der Beteiligten beantragt, und das Ruhen auch bei statistischer Erledigung lediglich eine (vorübergehende) Unterbrechung darstellt (vgl. Bayer. Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 08.12.2014, Az.: 15 M 14.2529). Auch das BSG geht davon aus, dass durch ein Weglegen der Akten nach sechsmonatigem Ruhen der Rechtsstreit nur statistisch-verwaltungsmäßig, nicht aber prozessrechtlich als erledigt zu behandeln ist (vgl. BSG, Beschluss vom 08.09.1976, Az.: 11 RK 10/76). Schließlich erscheint die Ansicht von Hartmann auch deshalb fragwürdig, weil sie dazu führen würde, dass zwar einerseits einer Gerichtskostenforderung die Verjährung entgegen stehen würde, andererseits aber eben diese Gerichtskostenforderung nach Fortführung des Verfahrens unzweifelhaft geltend gemacht werden könnte. Eine derartige Rechtskonstruktion - Aufhebung der Verjährung durch ein späteres Ereignis - wäre der Rechtsordnung fremd.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Das Bayer. LSG hat über die Beschwerde gemäß § 66 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 Satz 1 GKG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Er ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 27. Jan. 2015 - L 15 SF 162/12 B

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(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschieß
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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 5 Verjährung, Verzinsung


(1) Ansprüche auf Zahlung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet ist. Für die Ansprüche auf Zahlung vo

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(1) Ansprüche auf Zahlung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet ist. Für die Ansprüche auf Zahlung von Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz beginnt die Frist frühestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens.

(2) Ansprüche auf Rückerstattung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. Die Verjährung beginnt jedoch nicht vor dem in Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt. Durch Einlegung eines Rechtsbehelfs mit dem Ziel der Rückerstattung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.

(3) Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden; die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt. Die Verjährung der Ansprüche auf Zahlung von Kosten beginnt auch durch die Aufforderung zur Zahlung oder durch eine dem Schuldner mitgeteilte Stundung erneut. Ist der Aufenthalt des Kostenschuldners unbekannt, genügt die Zustellung durch Aufgabe zur Post unter seiner letzten bekannten Anschrift. Bei Kostenbeträgen unter 25 Euro beginnt die Verjährung weder erneut noch wird sie gehemmt.

(4) Ansprüche auf Zahlung und Rückerstattung von Kosten werden vorbehaltlich der nach Nummer 9018 des Kostenverzeichnisses für das erstinstanzliche Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz geltenden Regelung nicht verzinst.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der beschwerdeführende Bezirksrevisor (im Folgenden: Beschwerdeführer) beanstandet die vom Sozialgericht festgesetzte Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) für das Erscheinen bei einem Gerichtstermin als zu hoch. Streitig sind der Kostenersatz für ein Flugticket, die Entschädigung für Verdienstausfall und die Höhe des Tagesgelds.

In dem am Sozialgericht München (SG) unter dem Aktenzeichen S 15 R 27/08 geführten rentenrechtlichen Klageverfahren wurde die Antragstellerin und jetzige Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Beschwerdegegnerin) als Beigeladene unter Anordnung des persönlichen Erscheinens für eine mündliche Verhandlung am 21.05.2012 in München geladen.

Die Beschwerdegegnerin, deren Wohnort (= Ladungsort) nahe H-Stadt über 600 km vom Gerichtsort entfernt lag, fragte daraufhin beim SG wegen der Erstattung der Reisekosten an und wies darauf hin, dass sie entweder am Vortag per Bahn mit einer Übernachtung oder am Sitzungstag mit dem Flugzeug anreisen könne. Zudem werde ihr ein Verdienstausfall für einen Tag Urlaub entstehen. Das SG teilte ihr dazu mit Schreiben vom 08.05.2012 mit, dass die Kosten der günstigsten Möglichkeit erstattet würden.

Am 21.05.2012 nahm die Beschwerdegegnerin an der mündlichen Verhandlung teil. Sie war dazu vom Ladungsort mit dem Auto nach H-Stadt gefahren und von dort weiter nach München geflogen. Vom Flughafen München war sie mit der S-Bahn zum SG gefahren. Die Rückreise erfolgte mit der Bahn (zweite Klasse) nach H-Stadt und von dort wiederum mit dem Auto zum Ladungsort. Die Abwesenheitszeit von zu Hause betrug nach den Angaben der Beschwerdegegnerin im Entschädigungsantrag 12,5 Stunden.

Am 22.05.2012 stellte die Beschwerdegegnerin beim SG einen Entschädigungsantrag mit folgenden Kostenpositionen:

Verdienstausfall für einen Tag Urlaub 166,66 EUR

Pkw-Fahrt (45 km zu je 0,30 EUR) 13,50 EUR

Anreise Flugzeug 264,40 EUR

S-Bahn-Ticket 11,00 EUR

Zehrkosten 5,35 EUR

Abreise Bahn 129,00 EUR

Gesamt590,51 EUR

Belege für die Aufwendungen lagen bei.

Im Antragsformular hatte der Arbeitgeber der Beschwerdegegnerin dieser am 16.05.2012 bescheinigt, dass sie für den Tag der Gerichtsverhandlung bezahlten Urlaub bzw. Gleitzeit genommen habe; der tägliche Bruttoverdienst der Beschwerdegegnerin betrage 116,66 EUR.

Der Kostenbeamte setzte mit Schreiben vom 24.05.2012 folgende Entschädigung fest:

Entschädigung für Zeitversäumnis

für 8 Stunden 24,00 EUR

Pkw-Fahrt (45 km zu je 0,25 EUR) 11,25 EUR

Anreise Flugzeug 264,40 EUR

S-Bahn-Ticket 11,00 EUR

Tagegeld 6,00 EUR

Abreise Bahn 129,00 EUR

Gesamt 445,65 EUR

Die Ablehnung einer Entschädigung für Verdienstausfall wurde damit begründet, dass die Beschwerdegegnerin bezahlten Urlaub genommen habe.

Am 30.05.2012 hat sich die Beschwerdegegnerin an das SG gewandt und mitgeteilt mit, dass sie unbezahlten Urlaub genommen habe und daher eine Entschädigung für Verdienstausfall begehre. Es ist eine Kopie des Antragsformulars eingesandt worden, in dem zu der Frage „Wurde bezahlter Urlaub/Gleitzeit genommen“ nunmehr „nein“ angekreuzt war. In einer später von der Beschwerdegegnerin übersandten Bescheinigung des Arbeitgebers vom 22.08.2012 ist ihr bestätigt worden, am Sitzungstag unbezahlten Urlaub genommen und einen Verdienstausfall von 57,94 EUR netto erlitten zu haben. Die Beschwerdegegnerin hat mit Schreiben vom 24.09.2012 ergänzend vorgetragen, dass sie mit ihrem Arbeitgeber abgesprochen habe, unbezahlten Urlaub zu nehmen, da ihr Urlaub bereits verplant gewesen sei. Sie habe die Angaben des Arbeitgebers auf dem ursprünglichen Antragsformular nicht kontrolliert. Zudem hat die Beschwerdegegnerin eine „Entgeltabrechnung für R Mai 2012“ (Ausstellungsdatum nicht ersichtlich) vorgelegt, aus der hervorgeht, dass ihr in diesem Monat 116,66 EUR brutto für unbezahlte Fehlzeiten (8 Stunden) abgezogen worden waren und dass ein Resturlaub im Jahr 2012 von nur einem Tag bestanden hatte.

Der Beschwerdeführer hat mit Schreiben vom 21.08.2012 vorgetragen, dass die geänderte Verdienstausfallbestätigung ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter sei. Zudem sei aufgrund der Flugkosten eine Vergleichsberechnung mit einer Anreise per Zug in der zweiten Klasse am Vortag mit Übernachtung anzustellen. Danach sei nur eine Summe von 422,- EUR erstattungsfähig. Er hat beantragt, die Entschädigung auf 422,- EUR festzusetzen.

Mit Beschluss vom 08.10.2012 hat das SG die Entschädigung auf 538,31 EUR festgesetzt. Die Kostenrichterin hat dabei folgende Positionen zugrunde gelegt:

Verdienstausfall 116,66 EUR

Pkw-Fahrt 11,25 EUR

Flugticket 264,40 EUR

S-Bahn-Ticket 11,00 EUR

Tagegeld 6,00 EUR

Abreise Bahn 129,00 EUR

Gesamt 538,31 EUR

Die strittigen Punkte der Kostenfestsetzung hat das SG wie folgt begründet:

- Es sei richtig, dass bei bezahltem Urlaub und Gleitzeit kein Verdienstausfall nach § 22 JVEG entschädigt werde. Grundsätzlich seien die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich; eine rückwirkende Vereinbarung mit dem Arbeitgeber stelle einen unzulässigen Vertrag zulasten der Staatskasse dar. Vorliegend sei aber nachgewiesen, dass die Beschwerdegegnerin von Beginn an unbezahlten Urlaub nehmen habe wollen und der Arbeitgeber nur versehentlich unbezahlten Urlaub angegeben habe.

- Flugreisekosten seien grundsätzlich nur dann erstattungsfähig, wenn die Mehrkosten nicht außer Verhältnis zu den Zugkosten stünden. Im Rahmen einer Vergleichsberechnung seien jedoch die Kosten einer Bahnfahrt erster - nicht zweiter, wie der Beschwerdeführer meine - Klasse zugrunde zu legen. Unter Berücksichtigung allein der Übernachtungskosten gemäß § 6 Abs. 2 JVEG (nach den Bestimmungen des Bundesreisekostengesetzes grundsätzlich 60,- EUR pro Übernachtung) seien die Kosten einer Flugreise niedriger und daher zu erstatten.

- Das Tagegeld nach § 6 Abs. 1 JVEG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) sei mit 6,- EUR pauschal unter Durchbrechung des Antragsprinzips anzusetzen. Da ein Nachweis der konkreten Aufwendung grundsätzlich nicht erforderlich sei, wäre es nicht sachgerecht, einen Antragsteller, der nachgewiesene Kosten geltend mache, zu benachteiligen.

Die Beschwerde ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden.

Mit Schreiben vom 25.10.2012 hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung der Beschwerde trägt er Folgendes vor:

- Bei der Vergleichsberechnung für die Fahrtkosten dürfe nicht von den Kosten einer Anreise mit der Bahn in der ersten Klasse ausgegangen werden. Zwar sei die im Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) enthaltene Vorgabe, dass der Ersatz der Beförderungsauslagen nach den persönlichen Verhältnissen zu bemessen sei, im JVEG weggefallen. Es gehe aber zu weit, für die in der Sozialgerichtsbarkeit typische Klientel einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der ersten Klasse anzunehmen. Dies ergebe sich auch aus dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, auf das auch der Kostensenat des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) hinweise. Auch habe die Beschwerdegegnerin die Rückfahrt in der zweiten Klasse angetreten, was die Notwendigkeit nur der zweiten Klasse, nicht aber der ersten Klasse belege. Wenn einem Rechtsanwalt die Fahrt in der ersten Klasse zu erstatten sei, gebiete dies aus Gleichbehandlungsgründen keine Zugrundelegung der ersten Klasse, da ungleiche Sachverhalte vorlägen - die Beschwerdegegnerin sei technische Verkäuferin (Schreiben vom 25.10.2012).

- Wegen des Antragsprinzips seien nur die tatsächlich entstandenen Zehrkosten zu erstatten, nicht aber die Pauschale; dies sei auch aus dem Beschluss des Kostensenats des Bayer. LSG vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B, zu schließen (Schreiben vom 25.10.2012).

- Verdienstausfall sei nicht zu entschädigen, da ein unzulässiger Vertrag zulasten Dritter darin zu sehen sei, wenn der Arbeitgeber seine Angabe zur Frage, ob bezahlter Urlaub genommen worden sei, nachträglich abändere (Schreiben vom 25.10.2012).

- Die Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums der Justiz zur Gewährung von Reiseentschädigungen, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 07.01.2014, belege, dass § 5 Abs. 1 JVEG nicht so gelesen werden müsse bzw. dürfe, dass immer die Kosten bis zur ersten Klasse entschädigungsfähig seien (Schreiben vom 11.06.2014).

Der Kostensenat hat den Arbeitgeber der Beschwerdegegnerin mit den widersprüchlichen Angaben zur Frage, ob bezahlter Urlaub genommen worden sei, konfrontiert. Der Arbeitgeber hat dazu Folgendes mitgeteilt: Es werde bestätigt, dass die Beschwerdegegnerin unbezahlten Urlaub genommen habe. Das Kreuz im Antragsformular sei falsch gesetzt worden, da unklar gewesen sei, wie die Erstattung erfolge. Nach Rücksprache mit der Beschwerdegegnerin sei das Gehalt um diesen Tag gekürzt worden, da die Erstattung (durch das SG) erfolgen habe sollen. Die Kürzung sei rückwirkend im Oktober 2012 für den Mai 2012 vorgenommen worden. Der Arbeitgeber hat zudem eine „Abwesenheitsmitteilung“ der Beschwerdegegnerin vom 16.05.2012 vorgelegt; darin hatte die Beschwerdegegnerin für den Sitzungstag angekreuzt: „Gleitzeitausgleich“.

II.

Die vom SG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Beschwerde ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig. Sie ist begründet, was die Entschädigung wegen Verdienstausfall betrifft, im Übrigen unbegründet.

Die Entschädigung ist im Ergebnis wie folgt festzusetzen:

Keine Entschädigung für Verdienstausfall,

aber für Zeitversäumnis für 10 Stunden 30,00 EUR

Pkw-Fahrt - wie SG - 11,25 EUR

Flugticket - wie SG - 264,40 EUR

S-Bahn-Ticket - wie SG - 11,00 EUR

Tagegeld - wie SG - 6,00 EUR

Abreise Bahn - wie SG - 129,00 EUR

Gesamt 451,65 EUR

1. Anzuwendendes Recht

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn die Beschwerdegegnerin als Berechtigte ist vor dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden.

2. Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren

Im Rahmen der Beschwerdeentscheidung sind vom Beschwerdegericht alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Beschwerdeführer aufgegriffen hat oder nicht (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13; LSG Thüringen, Beschluss vom 05.03.2012, Az.: L 6 SF 1854/11 B - m. w. N.). Das Beschwerdegericht ist eine neue Tatsacheninstanz, die in vollem Umfang anstelle des Erstgerichts zu entscheiden hat (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 18; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 4 JVEG, Rdnr. 28).

3. Verdienstausfall

Der Beschwerdegegnerin steht keine Entschädigung für Verdienstausfall gemäß § 22 JVEG zu, da zum Zeitpunkt der Wahrnehmung des zu entschädigenden Gerichtstermins kein Verdienstausfall entstanden ist.

In seiner Grundsatzentscheidung vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, hat sich der Senat umfassend mit der Frage der Entschädigung von Verdienstausfall auseinander gesetzt. Er hat dabei - kurz zusammengefasst - folgende Kernaussagen getroffen:

- Um das Tatbestandsmerkmal des Verdienstausfalls im Sinn des § 22 JVEG bejahen zu können, bedarf es (nur) des Nachweises, dass überhaupt ein solcher Ausfall entstanden ist, nicht aber in welcher Höhe.

- Dieser Nachweis ist im Vollbeweis zu führen, da das JVEG keine Beweiserleichterung enthält.

- Dieser Beweismaßstab gilt sowohl bei abhängig beschäftigten als auch bei selbstständig tätigen Anspruchstellern. Wegen der bei letzterer Berufsgruppe wesensmäßig vorliegenden Nachweisschwierigkeit ist durch das Gericht im Rahmen der ihm obliegenden freien Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aber sicher zu stellen, dass der gesetzlich vorgesehene Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall nicht faktisch leer läuft.

- Maßgeblich für die Beurteilung, ob ein Verdienstausfall entstanden ist, ist die Beurteilung am Tag des Gerichtstermins, der den Entschädigungsanspruch nach dem JVEG zur Folge hat. Spätere Entwicklungen bleiben bei der Festsetzung der Entschädigung unberücksichtigt.

- Zu entschädigen ist die nach objektiven Maßstäben zu ermittelnde „gesamte Dauer der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten“, nicht mehr wie früher unter Geltung des ZuSEG die „versäumte Arbeitszeit“. Die konkret ausgefallene Arbeitszeit ist daher nicht zu ermitteln; eine fiktive Mittagspause kann nicht in Abzug gebracht werden (vgl. auch Beschluss des Senats vom 06.12.2013, Az.: L 15 SF 39/13).

An diesen Grundsätzen hat sich auch im hier zu entscheidenden Fall die Beantwortung der Frage zu orientieren, ob der Beschwerdegegnerin eine Entschädigung für Verdienstausfall zusteht oder nicht.

Nach den Ermittlungen des Senats ist deutlich geworden, dass die Beschwerdegegnerin am Sitzungstag (21.05.2012) noch keinen Verdienstausfall erlitten hat, sondern ein solcher erst später, nämlich im Oktober 2012, bewirkt worden ist. Dies kann aber für die Frage der Entschädigung keine Bedeutung mehr haben (vgl. Beschluss des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11).

Wenn das SG bei seiner Entscheidung vom 08.10.2012 davon ausgegangen ist, dass der Beschwerdegegnerin ein Verdienstausfall entstanden sei, war dies unter Zugrundelegung der damals bekannten Tatsachen und im Rahmen der damals vom SG getroffenen freien Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 SGG durchaus vertretbar. Die vom SG zugrunde gelegte Annahme, dass der Arbeitgeber „nur versehentlich“ bezahlten (Anmerkung: Die Formulierung im Beschluss des SG unter Ziff. II.1. - „nur versehentlich unbezahlten“ - beruht offenkundig auf einem Formulierungsversehen, gemeint war, wie sich eindeutig aus dem Zusammenhang ergibt: „nur versehentlich bezahlten“) Urlaub angegeben habe, war zum damaligen Zeitpunkt in Ansehung des Vortrags der Beschwerdegegnerin und den Angaben des Arbeitgebers nicht fernliegend. Bei den weiteren, vom Senat durchgeführten Ermittlungen hat sich aber ergeben, dass diese im sozialgerichtlichen Verfahren gemachten Angaben, wenn nicht sogar absichtlich falsch, so doch zumindest missverständlich und unvollständig waren. Denn der Arbeitgeber der Beschwerdegegnerin hat auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 29.10.2013 zugestanden, dass die Gehaltskürzung für den Sitzungstag erst im Oktober 2012, also lange nach dem Gerichtstermin, erfolgt war. Es ist der Beschwerdegegnerin also nicht am 21.05.2012, an dem der zu entschädigende Gerichtstermin stattgefunden hat, sondern erst mehrere Monate später ein Verdienstausfall entstanden. Auch die vom Arbeitgeber auf Anforderung des Senats vorgelegte „Abwesenheitsmitteilung“, die einem Urlaubsantrag vergleichbar ist, belegt eindeutig, dass die Beschwerdegegnerin für den Sitzungstag „Gleitzeitausgleich“, also bezahlte Freistellung, gewählt hat und ihr daher am Sitzungstag kein Verdienstausfall entstanden ist (vgl. Beschluss des Senats vom 23.10.2008, Az.: L 15 SF 191/08 SB KO). Ihre anderslautenden Angaben sind zweifelfrei unglaubwürdig.

Ein am 21.05.2012 entstandener Verdienstausfall, wie er Voraussetzung für eine Entschädigung für Verdienstausfall wäre, ist damit nicht nur nicht im Vollbeweis nachgewiesen, sondern sogar unzweifelhaft widerlegt.

Wenn die Beschwerdegegnerin durch spätere Änderungen ihrer „Abwesenheitsmitteilung“ versucht, eine für sie günstigere Entschädigung zu erreichen, kann dies entschädigungsrechtlich nicht zum Erfolg führen. Darauf hat der Senat bereits im Beschluss 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, in dem sich die genau konträr gelagerte Frage gestellt hatte, ob ein nicht zunächst gegebener Entschädigungsanspruch für Verdienstausfall infolge später hinzutretender Umstände wieder entfallen könne, hingewiesen und Folgendes ausgeführt:

„Spätere Entwicklungen müssen bei der Festsetzung der Entschädigung grundsätzlich unberücksichtigt bleiben, unabhängig davon, ob sie sich zulasten oder zugunsten (wie dies beispielsweise der Fall wäre, wenn ein Antragsteller, der zunächst bezahlten Urlaub genommen hat, nach der Mitteilung des Gerichts, dass ihm kein Verdienstausfall entschädigt werden könne, seinen Urlaubsantrag nachträglich in unbezahlten Urlaub abändert) des Antragstellers auswirken würden.“

Die Frage eines „unzulässigen Vertrags zulasten Dritter“, wie sie offenbar im Jahr 2009 in einem Kostenseminar für die Urkundsbeamten der bayerischen Sozialgerichtsbarkeit mit Blick auf ältere Entscheidungen des Kostensenats aufgezeigt worden ist, stellt sich für den Senat nicht. Bei Berücksichtigung des maßgeblichen Zeitpunkts bedarf es dieses Hilfsinstruments zur Abwehr entschädigungsrechtlicher Manipulationen nicht. Zudem erscheint der Gedanke des unzulässigen Vertrags zulasten Dritter dem Senat auch deshalb als fragwürdig, da ein derartiger Vertrag auch darin gesehen werden müsste, dass ein entschädigungsrechtlich versierter Berechtigter in Kenntnis der Rechtslage vor dem Gerichtstermin bereits mit seinem Arbeitgeber die unbezahlte Freistellung vereinbart, um sich die Entschädigung aus der Staatskasse zu sichern. Ein derartiges Verhalten ist aber ohne jeden Zweifel zulässig und nicht durch den Verlust der Entschädigung für Verdienstausfall sanktionierbar.

4. Entschädigung für Zeitversäumnis

Der Antragstellerin ist aber eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinn des § 20 JVEG in Höhe von 30,- EUR zu leisten.

Eine Entschädigung für Zeitversäumnis wird - auch bei Beteiligten des sozialgerichtlichen Verfahrens - regelmäßig dann zu erbringen sein, wenn weder ein Verdienstausfall noch Nachteile bei der Haushaltsführung geltend gemacht werden können. Denn bei dieser Entschädigung für sonstige Nachteile ist es nicht erforderlich, dass dem Berechtigten geldwerte Vorteile entgehen (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 20, Rdnr. 4). Zudem besteht mit § 20 letzter Halbsatz JVEG eine widerlegbare gesetzliche Vermutung dahingehend, dass ein Nachteil erstanden ist.

Mit der Frage, wann die gesetzliche Vermutung als widerlegt zu betrachten ist, hat sich der Senat eingehend in seinem Beschluss vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, auseinander gesetzt. Danach ist lediglich dann, wenn dem Antragsteller „ersichtlich“ kein Nachteil entstanden ist, eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht zu leisten. Davon, dass ersichtlich kein Nachteil entstanden ist, ist nur dann auszugehen, wenn sich aus den eigenen Angaben des Antragstellers ergibt, dass er die Zeit nicht anderweitig sinnvoll verwendet hätte, oder wenn es offensichtlich ist, dass ein Nachteil nicht eingetreten ist. Von ersterem ist dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Antrag nichts angibt, was auf eine Zeitversäumnis hindeutet, und nicht einmal durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle im Antragsformular zu erkennen gibt, dass ihm eine Zeitversäumnis entstanden ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 01.08.2012, Az.: L 15 SF 277/10, und vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11). Ob der Nichteintritt eines Nachteils aus anderen Gründen ersichtlich, d. h. offensichtlich erkennbar ist, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten sind dabei angesichts der gesetzlichen Vermutung nur sehr gering (vgl. Beschluss des Senats vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11). Denn mit der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG wird auch der Verlust von Freizeit entschädigt, wobei die Verwendung von Freizeit sehr vielgestaltig ist und im Belieben des Einzelnen steht. Eine Beurteilung der Wertigkeit der Freizeitgestaltung steht dem Kostenbeamten genauso wie dem Kostenrichter nicht zu.

Ist die Tatsache, dass keinerlei Angaben zur Zeitversäumnis gemacht werden oder nicht einmal ein Kreuz an der entsprechenden Stelle des Entschädigungsantrags gesetzt wird, jedoch damit zu erklären, dass der Antragsteller einen Verdienstausfall geltend macht, steht dies einer Entschädigung für Zeitversäumnis, wenn keine Entschädigung für Verdienstausfall möglich ist, nicht entgegen. Denn die fehlenden Angaben zur Zeitversäumnis sind in einem solchen Fall damit zu erklären, dass der Antragsteller eine (höhere) Entschädigung für Verdienstausfall angestrebt hat. Es kann ihm in einem solchen Fall nicht zum Nachteil gereichen, dass er im Antrag zur Zeitversäumnis keine Angaben gemacht hat (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 18.11.2013, Az.: L 15 SF 121/11 - m. w. N.).

Der Beschwerdegegnerin ist daher für die geltend gemachte Zeit der Abwesenheit von zu Hause von 12,5 Stunden, die der objektiv erforderlichen Abwesenheitszeit entspricht, Entschädigung für Zeitversäumnis zu gewähren. Die Entschädigungshöhe pro Stunde beträgt 3,- EUR, wobei die zu entschädigende Zeit gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 JVEG auf 10 Stunden pro Tag begrenzt ist. Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt daher im vorliegenden Fall 30,- EUR.

5. Fahrtkosten

Es ist ein Fahrkostenersatz in Höhe von insgesamt 415,65 EUR zu leisten.

5.1. Allgemeines

Der Gesetzgeber hat mit § 5 JVEG dem Zeugen bzw. Beteiligten ein Wahlrecht eröffnet, ob er mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln (§ 5 Abs. 1 JVEG) oder mit dem Kraftfahrzeug (§ 5 Abs. 2 JVEG) zum gerichtlich festgesetzten Termin anreist. Der Fahrtkostenersatz folgt der getroffenen Wahl des Beförderungsmittels.

5.1.1.

Grundsatz bei der Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln: Kostenobergrenze wie bei Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks

Reist ein Beteiligter wie hier - auch die Reise mit einem Flugzeug in der hier gewählten Form stellt eine Reise mit einem öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmittel dar (vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 5, Rdnrn. 5, 14) - mit öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln, werden ihm gemäß § 5 Abs. 1 JVEG die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt.

Dies bedeutet, dass - ohne dass der Gesetzgeber eine Ausnahme im Sinn einer niedrigen Kostenobergrenze zugelassen hätte - bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten immer zu erstatten sind, wenn sie sich im Rahmen der Fahrtkosten bewegen, die bei einer Fahrt in der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks entstanden wären. Dies hat zur Folge, dass selbst dann, wenn ein wirtschaftlich vernünftig denkender Beteiligter, der die Kosten selbst zu tragen hätte, nie die Fahrt in der ersten Wagenklasse gewählt hätte und stattdessen mit der kostengünstigeren zweiten Wagenklasse gefahren wäre, dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnet ist, auf Staatskosten in den Genuss der ersten Wagenklasse zu kommen, wenn er persönlich geladen zu einem Gerichtstermin erscheint (vgl. Beschlüsse des Senats vom 16.12.2014, Az.: L 15 SF 209/14, und vom 07.01.2015, Az.: L 15 SF 210/14). Einschränkungen, wie sie noch zur Geltungszeit des ZuSEG vorgesehen waren (§ 9 Abs. 2 Satz 2 ZuSEG: Bemessung des Ersatzes der Beförderungsauslagen nach den persönlichen Verhältnisses des Anspruchsstellers; § 9 Abs. 1 Satz 1 ZuSEG: Vorgabe, das preisgünstigste öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen), existieren im JVEG nicht mehr (vgl. Beschluss des Senats vom 07.01.2015, Az.: L 15 SF 210/14).

Insofern geht auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ins Leere. Im Beschluss vom 07.01.2015, Az.: L 15 SF 210/14, hat der Senat dazu Folgendes ausgeführt:

„Zwar ist wegen des allgemeinen haushaltsrechtlichen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 Bundeshaushaltsordnung, Art. 7 Bayerische Haushaltsordnung) im Bereich der Entschädigung von Zeugen, Sachverständigen, Dritten und ehrenamtlichen Richtern grundsätzlich das im gesamten Bereich des Kostenrechts geltende Gebot der Kostendämpfung und Kostenminimierung zu beachten (vgl. Beschlüsse des Senats vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B und vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Thüringer LSG, Beschluss vom 27.09.2005, Az.: L 6 SF 408/05; vgl. auch Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a. a. O., § 5, Rdnr. 2; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 5 JVEG, Rdnr. 2). Dies kann aber nicht dazu führen, dass dadurch die vom Gesetzgeber vorgegebenen Maßgaben für die Entschädigung über den Wortlaut des Gesetzes hinaus verschärft würden. Darauf, ob ein Antragsteller durch geschickte Auswahl der Fahrkarten eine weitere Reduzierung der Kosten erreichen hätte können, kommt es bei der Entschädigung nicht an, solange sich die tatsächlich entstandenen Kosten in dem vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmen halten (vgl. Beschluss des Senats vom 16.12.2014, Az.: L 15 SF 209/14). Die im gesamten Kostenrecht geltende Kostenminimierungspflicht findet insofern ihre Grenze an den Vorgaben des § 5 Abs. 1 JVEG (vgl. Beschlüsse des Senats vom 21.05.2014, Az.: L 15 SF 137/13, und vom 16.12.2014, Az.: L 15 SF 209/14).“

Wenn der Beschwerdeführer aus der Bekanntmachung des Bayer. Staatsministeriums der Justiz zur Gewährung von Reiseentschädigungen, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 07.01.2014, ableitet, dass § 5 Abs. 1 JVEG nicht so gelesen werden dürfe, dass immer die Kosten bis zur ersten Wagenklasse entschädigungsfähig seien, verkennt er die Tragweite und den Regelungszweck der genannten Bekanntmachung. Diese gilt für zivil- oder strafgerichtliche Verfahren. In solchen Verfahren hat der Beteiligte die Kosten der Anreise zum Gericht, jedenfalls wenn sie nicht am Ende des Verfahrens wegen Unterliegens einem anderen Beteiligten oder der Staatskasse auferlegt werden, grundsätzlich selbst zu tragen. Sofern dem Beteiligten nicht über die Prozesskostenhilfe die Fahrtkosten zu Gericht gewährt werden (vgl. zu diesem Gesichtspunkt den Beschluss des Senats vom 24.07.2014, Az.: L 15 VK 16/13), kann über die genannte Bekanntmachung dem Beteiligten trotz Mittellosigkeit die Fahrt zum Gericht ermöglicht werden. Einen gesetzlich ausgestalteten Anspruch gibt es hier im Gegensatz zu den vom JVEG geregelten Fällen nicht. Insofern ist es nachvollziehbar und bei Berücksichtigung des hierbei einschlägigen Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit geboten, dass nach Ziff. 1.1.3. der Bekanntmachung die Ermöglichung der Anreise grundsätzlich dadurch zu geschehen hat, dass Fahrkarten der zweiten - und nicht der teureren, aber nicht erforderlichen ersten - Wagenklasse zur Verfügung gestellt werden und eine Auszahlung allenfalls im Ausnahmefall in Betracht kommt. Dass diese Vorgaben der Bekanntmachung nicht auf Fälle, die dem JVEG unterliegen, übertragen werden können, liegt auf der Hand. Weder können gesetzliche Vorgaben durch - zumal nicht einmal einschlägige - Verwaltungsvorschriften abgeändert werden noch kann der Grundgedanke der Bekanntmachung, dass eine Anreise nur auf dem kostengünstigsten Weg ermöglicht werden soll, auf das JVEG übertragen werden. Denn auf der Bekanntmachung beruhende Leistungen stellen eine überobligatorische außergesetzliche Leistung dar, wohingegen der Fahrtkostenersatz nach dem JVEG auf einem gesetzlichen Anspruch beruht.

Im Ergebnis bedeutet dies für den Ersatz von Fahrtkosten bei der Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln, dass die tatsächlich entstandenen Kosten einschränkungslos bis zu der Höhe zu erstatten sind, wie sie bei der Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks entstanden wären.

5.1.2. Ausnahmsweise Überschreiten der Kostenobergrenze des § 5 Abs. 1 JVEG

In Anlehnung an die Rechtsprechung des Senats zu kostenerhöhenden Faktoren auch im Zusammenhang mit § 5 Abs. 3 JVEG, so zur Erstattung von Kosten einer Begleitperson (vgl. Beschlüsse vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B, und vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E), zu einer Anreise von einem weiter als dem Ladungsort entfernt liegenden Ort (vgl. Beschluss vom 06.11.2013, Az.: L 15 SF 191/11 B E), zu Taxikosten (vgl. Beschluss vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12) und zu Übernachtungskosten (vgl. Beschluss vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF 198/14), hat die Erstattung von Reisekosten, die über den in § 5 Abs. 1 JVEG gesetzten Rahmen hinausgehen, gemäß § 5 Abs. 3 JVEG dann und insoweit zu erfolgen, als entweder eine objektive Notwendigkeit für die darüber hinausgehenden Kosten zu bejahen ist oder Vertrauensschutzgesichtspunkte oder Wirtschaftlichkeitsüberlegungen (Wirtschaftlichkeit des teureren Beförderungsmittels im Gesamtvergleich) eine Erstattung gebieten.

5.2. Berücksichtigung der geltend gemachten Kosten im hier zu entscheidenden Fall

Es sind Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 415,65 EUR zu erstatten. Das SG hat die Kosten für die Anreise mit einem Flugzeug zutreffend als in voller Höhe erstattungsfähig berücksichtigt.

5.2.1. Pkw-Kosten

Für Fahrtkosten gemäß § 5 Abs. 2 JVEG ist eine Entschädigung in Höhe von 11,25 EUR für die gefahrene Strecke zu leisten.

Wählt der Beteiligte wie hier die Beschwerdegegnerin für die An- bzw. Rückreise nach bzw. von H-Stadt das Kraftfahrzeug, werden ihm gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG für jeden gefahrenen Kilometer 0,25 EUR ersetzt. Zu entschädigen sind die objektiv erforderlichen Fahrtkosten. Was objektiv erforderlich ist, ist unter Berücksichtigung der im gesamten Kostenrecht geltenden Kostenminimierungspflicht zu ermitteln. Dabei geht der Senat in ständiger Rechtsprechung und in großzügigerer Auslegung, als sie teilweise von anderen Gerichten zugrunde gelegt wird, davon aus, dass nicht nur die Kosten für die kürzeste Strecke (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 27.09.2005, Az.: L 6 SF 408/05), sondern grundsätzlich auch die Kosten für die schnellste, obgleich längere Strecke zu ersetzen sind, wobei weitere Ausnahmen dann zu akzeptieren sind, wenn die höheren Kosten durch besondere Umstände gerechtfertigt sind (z. B. Unzumutbarkeit der kürzesten bzw. schnellsten Strecke oder Umwege durch Straßensperrungen) (vgl. Beschluss des Senats vom 02.07.2012, Az.: L 15 SF 12/12).

Die Ermittlungen zur Streckenlänge können unter Zuhilfenahme der im Internet jedermann zugänglichen Routenplaner vorgenommen werden (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 14.05.2014, Az.: L 15 SF 122/13).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdegegnerin eine Fahrtstrecke von 45 km angegeben. Diese Streckenangabe entspricht im Wesentlichen der Entfernung, wie sie sich bei Zuhilfenahme von im Internet jedermann zugänglichen Routenplanern für die Fahrt von ihrem Wohnort nach H-Stadt und zurück ergibt.

Bei 45 km Fahrtstrecke und einer Entschädigung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG in Höhe von 0,25 EUR für jeden gefahrenen Kilometer errechnet sich ein Fahrtkostenersatz in Höhe von 11,25 EUR.

5.2.2. Kosten der Reise mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Flugzeug nach München und Bahn zurück)

Der von der Beschwerdegegnerin aufgewendete Betrag von insgesamt 404,40 EUR (264,40 EUR Flugkosten, 11,- EUR S-Bahn-Ticket vom Flughafen zum SG, 129,- EUR Zugfahrt vom SG nach H-Stadt) ist in voller Höhe zu erstatten.

Die von der Beschwerdegegnerin nachweislich aufgewendeten Kosten sind zu erstatten, da sie sich in dem vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 JVEG vorgegebenen Rahmen halten.

Gemäß § 5 Abs. 1 JVEG sind die „tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks“ zu ersetzen. Im Fall der Beschwerdegegnerin wären bei einer An- und Rückreise mit der Bahn in der ersten Wagenklasse (inklusiver Reservierungsgebühr) Kosten in Höhe von (bis zu) 446,- EUR angefallen, wie eine Auskunft der Bahn ergeben hat. In diesem Rahmen bewegen sich die Auslagen der Beschwerdegegnerin auch bei Berücksichtigung der Tatsache, dass bei einer Anreise mit der Bahn vermutlich keine Autofahrt bis nach H-Stadt erforderlich gewesen wäre und daher bei Anreise mit der Bahn der Fahrkostenersatz für die Autobenutzung in Höhe von 11,25 EUR (vgl. oben 5.2.1.) nicht angefallen wäre.

Der Vollständigkeit und auch der Klarheit für zukünftige Fälle halber weist der Senat auf folgende Gesichtspunkte hin:

- Bei der Ermittlung des für die Reise zum/vom Gericht eröffneten Kostenrahmens bei der Benutzung öffentlicher, regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel kommt es allein darauf an, welche Kosten insgesamt, d. h. für Hin- und Rückfahrt, bei Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks angefallen wären. Insofern verbietet es sich, einen abschnittsweisen Teilkostenvergleich dahingehend durchzuführen, dass die tatsächlichen Kosten auf der jeweiligen Teilstrecke den Kosten einer Anreise in der ersten Wagenklasse der Bahn gegenüber gestellt werden, wenn wie hier der Betroffene auf den Teilstrecken unterschiedlich teure Reisearten gewählt hat. Ein Teilkostenvergleich könnte im Einzelfall, wenn auf einer Teilstrecke eine teurere Reiseart als in der ersten Wagenklasse der Bahn gewählt würde, auf einer anderen Teilstrecke aber eine günstigere, dazu führen, dass der vom Gesetzgeber für die Wahrnehmung des Termins eröffnete Rahmen für den Fahrtkostenersatz im Sinn eines Budgets nicht ausgeschöpft würde. Ein derartiges Ergebnis wäre weder mit dem Wortlaut des Gesetzes noch mit der gesetzgeberischen Intention beim Erlass des JVEG zu vereinbaren.

So hat es der Gesetzgeber im Gesetzgebungsverfahren zum JVEG mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass die Neukonzeption des Entschädigungs- und Vergütungsrechts im Rahmen des JVEG von dem elementaren gesetzgeberischen Bedürfnis nach einer Vereinfachung der Rechtsanwendung und damit auch einer Entlastung der Kostenbeamten und ebenfalls der Kostenrichter geprägt war (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 2, 139, 140, 142, 143, 180; vgl. z. B. auch die Beschlüsse des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, und vom 07.01.2015, Az.: L 15 SF 210/14). Wenn eine Ermittlung der Vergleichskosten der ersten Wagenklasse der Bahn für jeden einzelnen Teilabschnitt erforderlich wäre, würde dies einen vom Gesetzgeber gerade nicht gewollten erhöhten Verwaltungsaufwand bedeuten und zudem erhöhte Prüfpflichten an die Kostenbeamten konstituieren, was auch dem Leitgedanken der Rechtsprechung des Kostensenats (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11, vom 22.06.2012, Az.: L 15 SF 136/11, vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, vom 08.04.2013, Az.: L 15 SF 305/10, vom 08.10.2013, Az.: L 15 SF 157/12 B, vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11, vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13, vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12, vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E, vom 03.11.2014, Az.: L 15 SF 254/12, vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF L 15 SF 198/14, vom 07.01.2015, Az.: L 15 SF 210/14) widersprechen würde.

- Würde ein - vom Senat für nicht vertretbar erachteter - Teilkostenvergleich durchgeführt, könnte dies im Einzelfall zur Folge haben, dass zulasten der erstattungspflichtigen Staatskasse unwirtschaftliches Verhalten eines Betroffenen, nämlich die durchgängige Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn, die voll zu erstatten wäre, belohnt, wirtschaftliches Verhalten, nämlich die möglicherweise geringfügig teurere Anreise per Flugzeug und die deutlich günstigere Abreise in der zweiten Wagenklasse, aber durch einen Abzug bei der geringfügig zu teuren Teilstrecke bestraft würde. Dies kann vom Gesetzgeber nicht gewollt sein und wäre unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten fragwürdig.

- Eine Erstattung von über die bei Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks anfallenden Kosten hinausgehenden Aufwendungen, wie sie bei An- bzw. Abreise mit einem Flugzeug entstehen können, wäre über § 5 Abs. 3 JVEG nicht fernliegend. Denn durch die Reise mit einem Flugzeug können die gerichtsbedingte Abwesenheitszeit von der Arbeit bzw. zu Hause möglicherweise deutlich verkürzt und damit nicht nur Übernachtungskosten, sondern auch eine weitergehende Entschädigung für Verdienstausfall (oder auch für Nachteile bei der Haushaltsführung oder Zeitversäumnis) vermieden werden (zur Frage der Zumutbarkeit der Reisezeit - grundsätzlich Anreisebeginn nicht vor 6.00 Uhr, Rückkehr nicht nach 24.00 Uhr - unter dem Gesichtspunkt einer notwendigen Übernachtung: vgl. Beschluss des Senats vom 04.11.2014, Az.: L 15 SF 198/14). Da sich im vorliegenden Fall die entstandenen Kosten aber im Rahmen der bereits gemäß § 5 Abs. 1 JVEG erstattungsfähigen Kosten bewegen, stellt sich die Frage danach nicht, ob etwaige Mehrkosten über § 5 Abs. 3 JVEG erstattungsfähig wären.

- Auf einen Vertrauenstatbestand bezüglich der Erstattungsfähigkeit der Fahrtkosten könnte sich die Beschwerdegegnerin vorliegend nicht berufen. Zwar hat sie beim SG wegen der zur Verfügung stehenden Anreisealternativen (Anreise per Flugzeug ohne Übernachtung oder mit der Bahn und Übernachtung) angefragt. Das SG hat aber umgehend auf die Anfrage reagiert, die später zu erfolgende Entschädigung mit Hinweis auf die günstigste Anreisemöglichkeit weitgehend offen gelassen und damit kein Vertrauen bezüglich einer bestimmten Anreiseart entstehen lassen (zum Gesichtspunkt des Vertrauenstatbestands: vgl. Beschluss des Senats vom 03.06.2014, Az.: L 15 SF 402/13 E).

6. Tagegeld

Es ist eine Entschädigung für Aufwand (Tagegeld, oft auch Zehrkosten genannt) gemäß § 6 Abs. 1 JVEG in Höhe von 6,- EUR zu gewähren.

Mit dem Tagegeld sind die weiteren Kosten pauschal abgedeckt, die infolge einer längeren Abwesenheit vom Wohnort oder der Arbeitsstelle entstehen. Davon umfasst sind insbesondere, aber nicht nur die (Mehr-)Kosten für Verpflegung. Derartige Kosten sind als allgemeiner Aufwand im Sinne von § 6 Abs. 1 JVEG erstattungsfähig, wenn sie infolge des gerichtlich angesetzten Termins objektiv notwendig sind. Aus dem Verweis in § 6 Abs. 1 letzter Halbsatz JVEG auf das Tagegeld im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG wird deutlich, wann und in welcher Höhe diese Kosten in Form einer Pauschale als notwendiger allgemeiner Aufwand zu erstatten sind. Bei einer Abwesenheit von mindestens acht bis unter 14 Stunden gibt es nach der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c) EStG im Jahr 2012 ein Tagegeld in Höhe von 6,- EUR. Eine mindestens achtstündige Abwesenheit vom Ladungsort ist damit auch Voraussetzung für die Entschädigung für Aufwand.

Eine durch die mündliche Verhandlung erforderlich gewordene Abwesenheit von dieser Mindestdauer ist im vorliegenden Fall mit 12,5 Stunden gegeben.

Auf die tatsächlichen Restaurantkosten der Beschwerdegegnerin kommt es aufgrund der vom Gesetzgeber gewählten Regelung einer Pauschalierung nicht an (vgl. Beschluss des Senats vom 21.05.2014, Az.: L 15 SF 137/13). Auch wenn diese von der Beschwerdegegnerin mit einem Beleg nachgewiesenen Kosten mit 5,35 EUR unter der gesetzlich vorgesehenen Pauschale liegen, bemisst sich die Entschädigung nach der Pauschale. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der vom Gesetzgeber gewählten Formulierung in § 6 Abs. 1 JVEG, wonach sich die Höhe des zu gewährenden Tagegelds „nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes bestimmt.“ Der Gesetzgeber hat damit ausdrücklich eine vom tatsächlich entstandenen Aufwand unabhängige Entschädigung vorgegeben. Die Höhe des Tagegelds ergibt sich daher ausschließlich aus der notwendigen Abwesenheitszeit, unabhängig von den konkret dadurch erforderlich gewordenen Aufwendungen (zu der ähnlichen Konstellation bei der Entschädigung für Verdienstausfall: vgl. Beschluss des Senats vom 04.12.2013, Az.: L 15 SF 226/11).

Auch das Antragsprinzip steht dem nicht entgegen. Aus dem Antragsprinzip folgt lediglich eine Begrenzung des maximal festzusetzenden Entschädigungsgesamtbetrags auf die beantragte Entschädigung. Eine Bindung an einzelne Berechnungselemente im Antrag, die letztlich nur der Begründung des Antrags zuzurechnen und auch nur Begründungselemente der gerichtlichen Festsetzung sind, besteht nicht (vgl. Beschlüsse des Senats vom 26.06.2012, Az.: L 15 SF 423/09, und vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13).

Wenn der Beschwerdeführer aus dem im Beschluss des Senats vom 24.05.2012, Az.: L 15 SF 24/12 B, enthaltenen Satz „Die Regelung des § 5 JVEG sieht nur die Erstattung tatsächlich entstandener Kosten - wenngleich pauschaliert und der Höhe nach begrenzt - vor, kennt aber keine fiktiven Kosten.“

den Rückschluss ziehen zu können glaubt, dass das Antragsprinzip bei jeder einzelnen Entschädigungsposition anzuwenden sei, irrt er. Die damalige Formulierung ist zum Fahrtkostenersatz gemäß § 5 JVEG erfolgt, ohne dass damit eine Aussage zum Antragsprinzip verbunden gewesen wäre. Die Regelung des § 5 Abs. 1 JVEG setzt - wie bereits erläutert - bei dem Ersatz von Fahrtkosten bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßigen Beförderungsmitteln den Nachweis der tatsächlich entstandenen Kosten voraus. Bei der Benutzung eines (eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen) Kraftfahrzeugs hingegen hat der Gesetzgeber in Anbetracht der Erkenntnis, dass die bei der Benutzung eines Kraftfahrzeugs entstandenen Kosten für die Fahrt zum Gerichtstermin kaum genau ermittelt und nachgewiesen werden können - die Kosten setzen sich nicht nur aus den Treibstoff-, sondern u. a. auch aus den sonstigen Betriebs- und Abnutzungskosten zusammen, die sich erst bei Kenntnis der Gesamtfahrleistung auf den einzelnen Kilometer umlegen lassen -, den Weg einer Kilometerpauschale gewählt. Damit ist die Entschädigung in diesem Fall unabhängig von den tatsächlichen Aufwendungen (vgl. Hartmann, a. a. O., § 4 JVEG, Rdnr. 11 - m. w. N.); ob die tatsächlichen Aufwendungen niedriger oder höher sind, kommt es im Rahmen des Fahrtkostenersatzes daher nicht an. Genauso ist es bei der Entschädigung für Aufwand gemäß § 6 JVEG.

Mit Blick auf die Argumentation des Beschwerdeführers, dass beim Fahrtkostenersatz in der täglichen Praxis nicht nach der Kilometerpauschale des § 5 Abs. 2 JVEG abgerechnet werde, wenn nur eine gegenüber der Ermittlung des Fahrtkostenersatzes billigere Treibstoffkostenrechnung im Rahmen des Entschädigungsantrags vorgelegt werde, und dies auch auf das Tagesgeld übertragen müsse, weist der Senat, ohne dass dies hier entscheidungserheblich wäre, darauf hin, dass er die genannte Praxis für grundsätzlich nicht gesetzeskonform hält. Die Fahrtkostenentschädigung gemäß § 5 Abs. 2 JVEG hat grundsätzlich nach der vom Gesetzgeber vorgegebenen Kilometerpauschale zu erfolgen. Eine Begrenzung der Entschädigung über das Antragsprinzip kann allenfalls in dem seltenen Fall zum Zug kommen, wenn die bei Zugrundelegung der Kilometerpauschale errechnete Entschädigung über dem expliziten, d. h. betragsmäßig bezifferten Entschädigungsantrag liegen würde.

Der Beschwerdeführer hat daher mit seiner Beschwerde nur teilweise Erfolg.

Der Kostensenat des Bayer. LSG trifft diese Entscheidung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).

Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Die Entschädigung für das Erscheinen beim Gerichtstermin am 21.05.2012 wird auf 451,65 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 35/07
vom
20. September 2007
in dem einstweiligen Verfügungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin
Lohmann
am 20. September 2007

beschlossen:
Die Erinnerung des Verfügungsbeklagten gegen den Kostenansatz des Bundesgerichtshofs vom 27.April 2007 - Kostenrechnung mit dem Kassenzeichen 78 00 71 01 78 42 vom 16. Mai 2007 - wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
1. Die Eingabe des Verfügungsbeklagten vom 21. Mai 2007 ist als Erinnerung gegen den Kostenansatz auszulegen. Über die Erinnerung hat nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 139 Abs. 1 GVG der Senat zu entscheiden (BGH, Beschl. v. 13. Januar 2005 - V ZR 218/04, NJW-RR 2005, 584; Beschl. v. 12. März 2007 - II ZR 19/05, n. v.).
2
2. Die Erinnerung hat keinen Erfolg.
3
Der Rechtsbehelf nach § 66 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (BGH, Beschl. v. 13. Februar 1992 - V ZR 112/90, NJW 1992, 1458; Beschl. v. 8. Dezember 1997 - II ZR 139/96, NJW-RR 1998, 503; Beschl. v. 29. November 2004 - VI ZB 2/04, n. v.). Einwendungen, die sich gegen die Kostenbelastung der Partei als solche richten, sind im Erinnerungsverfahren ausgeschlossen (BGH, Beschl. v. 29. November 2004 - VI ZB 2/04, n. v.).
4
Der Beklagte wendet sich mit seiner Erinnerung aber gegen die Kostengrundentscheidung ; das ist nicht möglich.
5
Der Kostenansatz von 90 € ist richtig. Es sind nach Nr. 1820 der Anlage 1 zum GKG zwei Gebühren festgesetzt worden. Bei einem Streitwert von 670 € beträgt die Höhe einer Gebühr 45 € (Anlage 2 zum GKG).
Fischer Raebel Kayser
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
AG Eisenach, Entscheidung vom 29.08.2006 - 57 C 549/06 -
LG Meiningen, Entscheidung vom 29.11.2006 - 4 S 197/06 -

Gründe

Die Gerichtskostenfeststellung vom 10. Februar 2014 wird aufgehoben.

G r ü n d e :

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Kostenbeamten im Rahmen eines Klageverfahrens zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens im Sinn der §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz.

In dem unter dem Aktenzeichen L 8 SF 341/13 EK vor dem Bayerischen Landessozialgericht geführten Klageverfahren (im Folgenden: Hauptsacheverfahren) macht der Kläger und jetzige Erinnerungsführer einen Anspruch auf Entschädigung wegen unangemessener Dauer eines schwerbehindertenrechtlichen Verfahrens geltend. Am 06.02.2014 hat der Berichterstatter im Hauptsacheverfahren festgestellt, dass der Kläger den Entschädigungsanspruch auf 23.700,- € beziffert habe, und anschließend die Erstellung einer Rechnung "wg. Gerichtskostenvorauszahlung" verfügt.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 10.02.2014 erhob der Kostenbeamte beim Erinnerungsführer unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 23.700,- € Gerichtskosten in Höhe von 1.484,- €.

Dagegen hat sich der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 04.04.2014 gewandt. Er hält die Festsetzung einer Vorauszahlung für rechtswidrig und scheint der Meinung zu sein, dass eine Gerichtskostenpflichtigkeit nicht bestehe, da Gegenstand seiner sozialgerichtlichen Verfahren ausschließlich Klagen nach dem sozialen Entschädigungsrecht seien. Einen zwischenzeitlich im Hauptsachverfahren gestellten Prozesskostenhilfeantrag hat der Kläger mit Schreiben vom 29.05.2014 wieder zurückgenommen.

II.

Die Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 197 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist auch begründet.

Eine Gerichtskostenfeststellung im Sinn eines Kostenansatzes gemäß § 19 GKG hätte nicht erfolgen dürfen, da eine solche nicht vom Hauptsacherichter verfügt worden ist.

1. Prüfungsumfang bei der Erinnerung

Die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 04.07.2014, Az.: L 15 SF 183/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 13. Aufl. 2012, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung.

Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen, insbesondere zu § 197 a SGG, aber auch über die Kostenverteilung und zur Höhe des Streitwerts sind - wie überhaupt die Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren - wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 158 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 68 Abs. 1 GKG) einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (zur Anwendung des § 197 a SGG: vgl. Beschlüsse des Senats vom 10.05.2013, Az.: L 15 SF 136/12 B, vom 22.07.2013, Az.: L 15 SF 165/13 E, vom 27.11.2013, Az.: L 15 SF 154/12 B, und - zur vergleichbaren Problematik in einem Verfahren nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - vom 16.02.2012, Az.: L 15 SF 204/11; zur Kostengrundentscheidung, zur Höhe des Streitwerts und zu einer behaupteten Fehlerhaftigkeit der zugrunde liegenden Gerichtsentscheidung: vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 07.11.2011, Az.: L 2 SF 340/11 E; zur Kostengrundentscheidung: vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; zur Streitwertfestsetzung: vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 29.06.2011, Az.: L 6 SF 408/11 E, und Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 09.01.2013, Az.: M 1 M 12.6265; zur Stellung als Beteiligter des Verfahrens und damit als Kostenschuldner: vgl. Beschlüsse des Senats vom 14.06.2013, Az.: L 15 SF 269/12 E, und vom 07.11.2013, Az.: L 15 SF 303/13; zu einer behaupteten Fehlerhaftigkeit der zugrunde liegenden Gerichtsentscheidung: vgl. BFH, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06). Gleiches gilt auch für Verfügungen, die der Richter des Hauptsacheverfahrens getroffen hat; auch hier ist eine Klärung nur im Hauptsacheverfahren, nicht aber im Erinnerungsverfahren möglich.

Im Erinnerungsverfahren zum Kostenansatz kann daher lediglich geprüft werden, ob die im Hauptsacheverfahren erfolgten Festlegungen kostenrechtlich richtig umgesetzt worden sind.

2. Überprüfung des angegriffenen Kostenansatzes

Die Unrichtigkeit des angegriffenen Kostenansatzes ergibt sich zwar nicht aus den Einwänden des Erinnerungsführers, jedoch bei der darüber hinausgehenden und von Amts wegen vorgenommenen Prüfung des Kostenansatzes vom 10.02.2014. Denn der Hauptsacherichter hat - bindend auch für das Kostenansatzverfahren - nicht die Erhebung von Gerichtskosten im Wege eines Kostenansatzes gemäß § 19 GKG verfügt, sondern die Anforderung einer Gerichtskostenvorauszahlung im Sinn des § 12 a GKG i.V.m. § 12 Abs. 1 GKG. Aufgrund dieser Verfügung hätte die angefochtene Gerichtskostenfeststellung nicht erfolgen dürfen. Der Kostenansatz ("Gerichtskostenfeststellung") vom 10.02.2014 ist daher infolge der Erinnerung aufzuheben.

Darauf, dass es die Gesetzeslage durchaus zugelassen hätte, bei entsprechender Verfügung des Berichterstatters im Hauptsacheverfahren einen entsprechenden Kostenansatz zu erlassen, kommt es infolge der anderslautenden Verfügung des Hauptsacherichters nicht an. Mit der Frage, ob eine Anforderung einer Gerichtskostenvorauszahlung in gleicher Höhe zu beanstanden gewesen wäre, hat sich der Senat mangels einer entsprechenden Anforderung nicht zu befassen. Es erfolgt daher lediglich informationshalber und ohne rechtliche Bindungswirkung der Hinweis, dass bei summarischer Prüfung eine entsprechende Anforderung als durchaus rechtmäßig erscheint.

Die Erinnerung hat daher Erfolg; die Kostenfeststellung vom 10.02.2014 ist aufzuheben.

Das Bayer. LSG hat über die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1, 1. Halbsatz GKG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

Tenor

Die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 6. November 2014 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung der Urkundsbeamtin in einem Verfahren nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Das zugrunde liegende Berufungsverfahren (in der Folge: Hauptsacheverfahren) der Erinnerungsführerin gegen die Bundesagentur für Arbeit mit dem Aktenzeichen L 10 AL 18/13 vor dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) endete mit Urteil vom 18.12.2013. Darin hob der Hauptsachesenat die Kosten des Verfahrens gegeneinander auf. Der Streitwert war in der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2013 mit Beschluss auf 1.597,16 € festgesetzt worden.

Mit Gerichtskostenfeststellung vom 06.11.2014 erhob die Urkundsbeamtin, ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 1.597,16 €, bei der Erinnerungsführerin Gerichtskosten in Höhe von 146,- €.

Dagegen hat die von ihrer Mutter vertretene Erinnerungsführerin mit Schreiben vom 20.11.2014 Erinnerung eingelegt. Die Kosten - so die Erinnerungsführerin - seien durch Fehlentscheidungen der Beklagten verursacht worden. Diese habe nach dem Verbescheidungsurteil ihrem Antrag vollumfänglich stattgegeben. Zudem werde sie erst am 25.12.2014 volljährig und sei zurzeit vermögenslos.

II.

Eine Verletzung des Kostenrechts ist weder von der Erinnerungsführerin vorgetragen worden noch ersichtlich.

Der Kostenansatz ist nicht zu beanstanden.

1. Prüfungsumfang bei der Erinnerung

Die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 13. Aufl. 2012, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung.

Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen, insbesondere zu § 197 a SGG, aber auch über die Kostenverteilung und zur Höhe des Streitwerts sind - wie überhaupt die Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren - wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 158 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 68 Abs. 1 GKG) einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (zur Anwendung des § 197 a SGG: vgl. Beschlüsse des Senats vom 10.05.2013, Az.: L 15 SF 136/12 B, vom 22.07.2013, Az.: L 15 SF 165/13 E, vom 27.11.2013, Az.: L 15 SF 154/12 B, und - zur vergleichbaren Problematik in einem Verfahren nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - vom 16.02.2012, Az.: L 15 SF 204/11; zur Kostengrundentscheidung, zur Höhe des Streitwerts und zu einer behaupteten Fehlerhaftigkeit der zugrunde liegenden Gerichtsentscheidung: vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 07.11.2011, Az.: L 2 SF 340/11 E; zur Kostengrundentscheidung: vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; zur Streitwertfestsetzung: vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 29.06.2011, Az.: L 6 SF 408/11 E, und Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 09.01.2013, Az.: M 1 M 12.6265; zur Festlegung der Höhe des vorläufigen Streitwerts: vgl. Beschluss des Senats vom 13.08.2014, Az.: L 15 SF 67/14 E; zur Stellung als Beteiligter des Verfahrens und damit als Kostenschuldner: vgl. Beschlüsse des Senats vom 14.06.2013, Az.: L 15 SF 269/12 E, und vom 07.11.2013, Az.: L 15 SF 303/13; zu einer behaupteten Fehlerhaftigkeit der zugrunde liegenden Gerichtsentscheidung: vgl. BFH, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06). Gleiches gilt auch für Verfügungen, die der Richter des Hauptsacheverfahrens getroffen hat; auch hier ist eine Klärung nur im Hauptsacheverfahren, nicht aber im Erinnerungsverfahren möglich (vgl. Beschluss des Senats vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E). Lediglich dann, wenn die „Verfügung“ ein rechtliches nullum darstellt, weil der Gesetzgeber dafür eine bestimmte Form vorgeschrieben hat und diese nicht eingehalten ist, kann die „Verfügung“ keine kostenrechtliche Bindung entfalten (zur Vergabe von neuen Aktenzeichen ohne Beschluss, also nur „faktischen“ Trennung: vgl. Beschluss des Senats vom 07.10.2014, Az.: L 15 SF 61/14 E).

Im Erinnerungsverfahren zum Kostenansatz kann daher lediglich geprüft werden, ob die im Hauptsacheverfahren erfolgten Festlegungen kostenrechtlich richtig umgesetzt worden sind.

2. Zu den Einwänden der Erinnerungsführerin

Die Erinnerungsführerin beanstandet sinngemäß die Richtigkeit der Entscheidung in der Hauptsache, wenn sie vorträgt, dass der Beklagte letztlich dem klägerischen Begehren vollumfänglich stattgegeben habe. Zudem ist ihrem Vortrag zu entnehmen, dass sie meint, als Minderjährige nicht zur Zahlung von Gerichtskosten verpflichtet zu sein, und sich aus wirtschaftlichen Gründen zur Begleichung der Gerichtskostenrechnung nicht in der Lage sieht.

Alle Einwände sind im Erinnerungsverfahren unbeachtlich.

2.1. Richtigkeit der Entscheidung in der Hauptsache

Der Einwand gegen die Richtigkeit der Entscheidung in der Hauptsache ist einer Prüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (vgl. oben Ziff. 1.).

Die Entscheidung zur geltend gemachten Forderung ist bereits im Hauptsacheverfahren getroffen und für das Kostenansatzverfahren bindend entschieden worden. Ob die Beklagte im Nachhinein dem klägerischen Begehren infolge des in der Hauptsache ergangenen Verbescheidungsurteils voll, teilweise oder gar nicht entsprochen hat, hat für das Kostenansatzverfahren keine Bedeutung. Maßgeblich ist allein, welche Regelung zur Kostentragung das Gericht der Hauptsache getroffen hat.

Lediglich zum besseren Verständnis weist der Senat darauf hin, dass selbst dann, wenn eine im Hauptsacheverfahren getroffene Entscheidung falsch sein könnte oder sogar offenkundig unrichtig wäre, sich das Gericht der Kostensache im Rahmen der Entscheidung über die Erinnerung nicht über die im Hauptsacheverfahren erfolgte bindende Entscheidung hinwegsetzen und diese durch eine eigene Bewertung ersetzen dürfte; einer Korrektur im Rahmen der Erinnerung sind diese Fälle aufgrund der Rechtssystematik nicht zugänglich (vgl. Beschluss des Senats vom 27.11.2013, Az.: L 15 SF 154/12 B).

2.2. Minderjährigkeit

Das Alter des Kostenpflichtigen ist kein kostenrechtlich maßgeblicher Umstand.

Einen „Ausschluss der Minderjährigenhaftung“, wie ihn die Erinnerungsführerin vorträgt, gibt es im Gerichtskostenrecht nicht. Genauso wie das SGG keine Gerichtskostenfreiheit allein aufgrund des Alters vorsieht, enthält das GKG keine Befreiung von Gerichtskosten für Minderjährige.

2.3. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gerichtskostenschuldners

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Prozessbeteiligten ist nach den gesetzlichen Vorgaben kein Kriterium im Rahmen des Kostenansatzes.

Die dem Vortrag der Erinnerungsführerin zu entnehmende eingeschränkte oder fehlende wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit wegen Vermögenslosigkeit ist im Rahmen einer Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG daher ohne rechtliche Bedeutung (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 05.12.2014, Az.: L 15 SF 202/14 E; Thüringer LSG, Beschluss vom 29.06.2011, Az.: L 6 SF 408/11 E).

3. Zur Überprüfung des Kostenansatzes über die von der Erinnerungsführerin erhobenen Einwände hinaus

Der Kostenansatz vom 06.11.2014 ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden.

Nach § 3 Abs. 1 GKG richten sich die Gebühren nach dem Streitwert. Der Streitwert ist mit Beschluss des Hauptsachesenats vom 18.12.2013 für den Kostensenat bindend mit 1.597,16 € festgesetzt worden. Die Kosten werden gemäß § 3 Abs. 2 GKG nach dem Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum GKG erhoben, wobei der maßgebliche Zeitpunkt für die Wertberechnung gemäß § 40 GKG durch die den Streitgegenstand betreffende Antragstellung, die den Rechtszug einleitet, bestimmt wird. Im Berufungsverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit beträgt die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gemäß Nr. 7120 KV grundsätzlich das 4,0-fache der Gebühr nach § 34 GKG.

Bei einem Streitwert in Höhe von 1.597,16 € beträgt zu dem gemäß § 40 GKG maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs des Berufungsschriftsatzes am 03.01.2013 die einfache Gebühr 73,- € (§ 34 Abs. 1 GKG i. V. m. Anlage 2 zum GKG). Das gemäß Nr. 7120 KV anzusetzende 4,0-fache der Gebühr nach § 34 GKG beträgt daher 292,- €. Davon hat die Erinnerungsführerin die Hälfte zu tragen, wie es sich aus dem Kostenausspruch im Urteil vom 18.12.2013 („II. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.“) ergibt. Die Kostenbeamtin hat diesen Betrag in Höhe von 146,- € zutreffend im Kostenansatz vom 06.11.2014 festgestellt.

Die (endgültigen) Gerichtskosten sind gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 1 GKG mit der unbedingten Entscheidung über die Kosten, wie sie im Urteil vom 18.12.2013 getroffen worden ist, fällig geworden.

Die Erinnerung ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Frage der Niederschlagung der Forderung ist einer Prüfung durch den Kostensenat im Rahmen der Erinnerung entzogen.

Das Bayer. LSG hat über die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1, 1. Halbsatz GKG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

Tenor

I.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers wird zurückgewiesen.

II.

Auf die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners hin wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 26. Februar 2014 aufgehoben.

III.

Die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung zum Verfahren vor dem Sozialgericht München mit dem Aktenzeichen S 39 KA 1164/10 vom 3. November 2011 wird zurückgewiesen.

IV.

Im Übrigen werden auf die Erinnerungen hin die Gerichtskostenfeststellungen zu den Verfahren vor dem Sozialgericht München mit den Aktenzeichen S 39 KA 126 - 136/11 vom 3. November 2011 aufgehoben.

Gründe

I.

Streitig sind mehrere Gerichtskostenfeststellungen der Urkundsbeamtin in (einem) Verfahren nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Erinnerungsführer und jetzige Beschwerdegegner (im Folgenden: Beschwerdegegner) erhob als Kassenarzt vor dem Sozialgericht (SG) München Anfechtungsklage gegen einen Honoraraufhebungs- und Neufestsetzungsbescheid für die Quartale I 2004 bis IV 2006. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen S 20 KA 1164/10, später nach Änderung des Geschäftsverteilungsplans umgetragen in S 39 KA 1164/10, erfasst.

In dem der Klageerhebung nachfolgenden Jahr veranlasste die zuständige Hauptsacherichterin des SG, dass für das Verfahren weitere 11 Aktenzeichen (Az.: S 20 (später 39) KA 126/11 bis 136/11) eingetragen wurden (für jedes Quartal nunmehr ein Aktenzeichen), ohne dass dazu ein gerichtlicher Beschluss ergangen wäre.

Mit Gerichtskostenfeststellungen vom 03.11.2011 machte die zuständige Urkundsbeamtin vorläufige Gerichtskosten für die einzelnen Klageverfahren wie folgt geltend:

Aktenzeichen (alt) Aktenzeichen (neu) QuartalStreitwert Gerichtskosten

S 39 KA 1164/10 S 20 KA 1609/12 1/2004 68.319,27 1968,00

S 39 KA 126/11 S 20 KA 1610/12 2/2004182.847,41 4068,00

S 39 KA 127/11 S 20 KA 1611/12 3/2004173.276,13 4068,00

S 39 KA 128/11 S 20 KA 1612/12 4/2004204.487,51 4818,00

S 39 KA 129/11 S 20 KA 1613/12 1/2005184.797,52 4068,00

S 39 KA 130/11 S 20 KA 1614/12 2/2005 26.172,08 1020,00

S 39 KA 131/11 S 20 KA 1615/12 3/2005 22.870,00 933,00

S 39 KA 132/11 S 20 KA 1616/12 4/2005 24.691,71 933,00

S 39 KA 133/11 S 20 KA 1617/12 1/2006 20.630,38 864,00

S 39 KA 134/11 S 20 KA 1618/12 2/2006 17.848,78 795,00

S 39 KA 135/11 S 20 KA 1619/12 3/2006 14.420,57 726,00

S 39 KA 136/11 S 20 KA 1620/12 4/2006 18.309,55 795,00

Summe: 958.670,91 25.056,00

Der Beschwerdegegner hat sich mit Erinnerungen vom 03.02.2014 gegen alle o.g. Gerichtskostenfeststellungen gewandt. Er trägt vor, nur gegen einzigen Bescheid sowie gegen den daraufhin ergangenen alleinigen Widerspruchsbescheid Klage erhoben zu haben. Eine Trennung des ursprünglich einheitlichen Verfahrens dürfe nicht dazu führen, dass er höhere Gerichtskosten zu zahlen habe.

Die Staatskasse als Vertreter des Freistaats Bayern, dem Erinnerungsgegner und jetzigen Beschwerdeführer (im Folgendes: Beschwerdeführer), hat die Ansicht vertreten, dass die Entscheidung der Hauptsacherichterin über die Trennung des Verfahrens nicht im Kostenansatzverfahren nach § 66 Gerichtskostengesetz (GKG) überprüft werden könne.

Mit Beschluss vom 26.02.2014 hat der Kostenrichter des SG sämtliche Erinnerungsverfahren verbunden und über die Erinnerungen entschieden. Dabei hat er den vorläufigen Kostenansatz für alle zugrundeliegenden Klageverfahren auf insgesamt 13.368,- € festgesetzt, was den anzusetzenden Gerichtskosten ohne Trennung der Hauptsacheverfahren (Streitwert 958.670,91 €) entspricht. Das SG hat dies damit begründet, dass, wie dies auch die damalige Hauptsacherichterin auf Nachfrage des Kostenrichters bestätigt habe, die Trennung aus heutiger Sicht nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei und daher eine unrichtige Sachbehandlung im Sinn des § 21 GKG vorliege.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und darauf hingewiesen, dass nach wie vor 12 Klagen anhängig seien und dass es sich bei der Trennung im Klageverfahren nach der Rechtsprechung des Kostensenats des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) um eine im Kostenansatzverfahren nicht überprüfbare Entscheidung im Hauptsacheverfahren handle.

Mit Schreiben vom 09.05.2014 hat der Beschwerdegegner eine unselbstständige Anschlussbeschwerde erhoben und die Festsetzung der vorläufigen Gerichtskosten aus dem Verfahren S 20 (später 39) KA 1164/10 (derzeitiges Aktenzeichen nach zwischenzeitlichem Ruhen: S 20 KA 1609/12) auf 1.968,- € beantragt. Für die Erhebung weiterer Gerichtskosten für die anderen Verfahren bestehe keine Rechtsgrundlage.

II.

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Erinnerung ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

Die Beschwerde des Beschwerdegegners in seinem Schreiben vom 09.05.2014 ist als unselbstständige Anschlussbeschwerde gemäß § 567 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 202 Satz 1 SGG bis zur Entscheidung über die Beschwerde zulässig (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 31.05.2010, Az.: L 1 KR 352/09 B; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG, 11. Aufl. 2014, Vor § 172, Rdnr. 4a). Die Anschlussbeschwerde ist auch begründet.

Das SG ist im Rahmen der Entscheidung über die Erinnerungen gegen die Gerichtskostenfeststellungen vom 03.11.2011 zu dem zwar letztlich der materiellen Richtigkeit entsprechenden Ergebnis gekommen, dass die Gerichtskostenforderung aus einem einzigen Streitwert in Höhe von 958.670,91 € zu berechnen und daher mit 13.368,- € zu beziffern sei. Dabei hat das SG aber übersehen, dass ihm eine derartige im Sinn der materiellen Richtigkeit liegende Entscheidung verwehrt ist. Denn das SG war nur zur Prüfung der einzelnen Gerichtskostenfeststellungen befugt, nicht aber dazu, eine für den Beschwerdegegner zu günstige Gerichtskostenfeststellung - und zwar im Verfahren S 20 (später 39) KA 1164/10 - im Sinn einer reformatio in peius zu seinen Lasten zu korrigieren.

Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

1. Prüfungsumfang bei der Erinnerung - Allgemeines

Die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl. 2014, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 13. Aufl. 2012, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung.

Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen, insbesondere zu § 197 a SGG, aber auch über die Kostenverteilung und zur Höhe des Streitwerts sind - wie überhaupt die Richtigkeit der gerichtlichen Entscheidung im Hauptsacheverfahren - wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 158 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 68 Abs. 1 GKG) einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (zur Anwendung des § 197 a SGG: vgl. Beschlüsse des Senats vom 10.05.2013, Az.: L 15 SF 136/12 B, vom 22.07.2013, Az.: L 15 SF 165/13 E, vom 27.11.2013, Az.: L 15 SF 154/12 B, und - zur vergleichbaren Problematik in einem Verfahren nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - vom 16.02.2012, Az.: L 15 SF 204/11; zur Kostengrundentscheidung, zur Höhe des Streitwerts und zu einer behaupteten Fehlerhaftigkeit der zugrunde liegenden Gerichtsentscheidung: vgl. Bayer. LSG, Beschluss vom 07.11.2011, Az.: L 2 SF 340/11 E; zur Kostengrundentscheidung: vgl. BGH, Beschluss vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; zur Streitwertfestsetzung: vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 29.06.2011, Az.: L 6 SF 408/11 E, und Verwaltungsgericht (VG) München, Beschluss vom 09.01.2013, Az.:

M 1 M 12.6265; zur Stellung als Beteiligter des Verfahrens und damit als Kostenschuldner: vgl. Beschlüsse des Senats vom 14.06.2013, Az.: L 15 SF 269/12 E, und vom 07.11.2013, Az.: L 15 SF 303/13; zu einer behaupteten Fehlerhaftigkeit der zugrunde liegenden Gerichtsentscheidung: vgl. BFH, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06). Gleiches gilt auch für Verfügungen, die der Richter des Hauptsacheverfahrens getroffen hat; auch hier ist eine Klärung nur im Hauptsacheverfahren, nicht aber im Erinnerungsverfahren möglich (vgl. Beschluss des Senats vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E).

Im Erinnerungsverfahren zum Kostenansatz kann daher lediglich geprüft werden, ob die im Hauptsacheverfahren erfolgten Festlegungen kostenrechtlich richtig umgesetzt worden sind.

Dabei geht der Senat mit dem BFH davon aus, dass im Erinnerungsverfahren trotz der in § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG ausdrücklich verankerten Abänderungsbefugnis von Amts wegen das Verbot der reformatio in peius zu beachten ist (vgl. BFH, Urteil vom 16.12.1969, VII B 45/68, Beschlüsse vom 22.03.1989, Az.: VI E 4/88, und vom 28.02.2001, Az.: VIII E 6/00). Danach ist im Erinnerungsverfahren eine Verböserung des Kostenansatzes nicht möglich, sofern nicht eine Anschlusserinnerung eingelegt ist (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2014, Az.: 17 K 6189/06).

Sofern diese Ansicht zum Verbot der reformatio in peius vereinzelt kritisiert wird (vgl. Finanzgericht - FG - Hamburg, Beschluss vom 14.08.2013, Az.: 3 KO 156/13) und ihr entgegen gehalten wird, dass die Befugnis zur Nachforderung gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 GKG einem Verbot der reformatio in peius entgegen stehe, kann der Senat dem nicht folgen. Denn diese Ansicht verkennt, dass die Befugnis zur Nachforderung in § 20 GKG nur dem Kostenbeamten, nicht aber dem Kostengericht zusteht.

2. Zum hier zu entscheidenden Fall

Gegenstand der insgesamt 12 Erinnerungen waren 12 Kostenrechnungen für die unter den Aktenzeichen S 20 (später 39) KA 1164/10 und S 20 (später 39) KA 126/11 bis 136/11 beim SG geführten Verfahren.

Zwar war die im angegriffenen (Kosten-)Beschluss des SG durchgeführte Verbindung der 12 Erinnerungsverfahren zulässig und ist auch ordnungsgemäß mit Beschluss durchgeführt worden. Die Verbindung der Kostenverfahren kann aber nicht dazu führen, dass auch die mit der Erinnerung angegriffenen Kostenrechnungen in einer Gesamtbetrachtung zuerst in eine einzige Gesamtrechnung zusammengeführt werden und dann die auf diese Weise faktisch geschaffene Gesamtrechnung auf ihre kostenrechtliche Richtigkeit geprüft wird. Vielmehr hätte das SG jede einzelne Gerichtskostenfeststellung isoliert auf ihre Richtigkeit prüfen müssen.

2.1. Zur Beschwerde des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer hat gegen den Beschluss zur Erinnerung eingewandt, dass sich der Kostenrichter des SG nicht über die im Hauptsacheverfahren getroffene Entscheidung, die Verfahren zu trennen, hinwegsetzen hätte dürfen. Dieser Einwand trifft im Ergebnis nicht zu.

Zwar ist es richtig, dass sich der Kostenrichter nicht über Entscheidungen oder Verfügungen hinwegsetzen kann, die im Hauptsacheverfahren im Rahmen der Zuständigkeit und Befugnis des Hauptsacherichters getroffen worden sind. Vorliegend fehlt es aber an einer Entscheidung des Hauptsacherichters zur Trennung, die den Kostenrichter unabhängig von der Richtigkeit der im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung binden würde.

Eine rechtliche Wirksamkeit erlangende Abtrennung der Verfahren S 20 (später 39) KA 126/11 bis 136/11 vom Verfahren S 20 (später 39) KA 1164/10 gibt es nicht. Es fehlt der dafür erforderliche Beschluss. Die "Verfügung" der damaligen Hauptsacherichterin, mit der das Verfahren S 20 (später 39) KA 1164/10 in insgesamt 12 Verfahren aufgetrennt werden sollte, ist rechtlich als nullum zu betrachten.

Eine Verfahrenstrennung zuvor nicht verbundener Verfahren - in den Fällen mit zuvor erfolgter Verbindung gilt § 113 Abs. 2 SGG - kann nur durch förmlichen und zu begründenden gerichtlichen Beschluss gemäß § 202 SGG i. V. m. § 145 Abs. 1 Satz 2 ZPO erfolgen. Nicht möglich ist eine Trennung durch eine (konkludente) Verfügung (vgl. BFH, Beschluss vom 24.10.1973, Az.: VII B 47/72; FG des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.07.2010, Az.: 5 KO 805/10; Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 113, Rdnrn. 5 f.; Reichold, in: /Putzo, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 145, Rdnr. 3). Die Vergabe von neuen Aktenzeichen ohne Beschluss hingegen ist ein rein verwaltungstechnischer Vorgang ohne entscheidungserhebliche Bedeutung (vgl. BFH, Beschluss vom 15.07.2010, Az.: VIII B 39/09) und kann daher bei der Kostenfestsetzung keine Bedeutung haben.

Der Kostenrichter war daher, wie er dies zutreffend angenommen hat, nicht an die faktisch durchgeführte Trennung, die, wenn sie wirksam mit Beschluss durchgeführt worden wäre, die Möglichkeit zu mehrfachen Gerichtskostenfeststellungen eröffnet hätte, gebunden.

2.2. Zur Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners

Der Beschwerdegegner macht mit der Anschlussbeschwerde geltend, dass mit Ausnahme der Gerichtskostenfeststellung im Verfahren S 20 (später 39) KA 1164/10 (über 1.968,- €) keine weiteren Gerichtskostenfeststellungen erfolgen hätten dürfen. Dieser bereits im Verfahren der Erinnerung deutlich gewordene Einwand ist zutreffend.

Wie bereits oben (vgl. Ziff. 2.1.) ausgeführt, ist die faktisch durchgeführte Trennung als rechtliches nullum zu betrachten. Daher fehlt sämtlichen Gerichtskostenfeststellungen mit Ausnahme der im Verfahren S 20 (später 39) KA 1164/10 erfolgten Gerichtskostenfeststellung die Grundlage. Alle Gerichtskostenfeststellungen mit Ausnahme der im Verfahren S 20 (später 39) KA 1164/10 erfolgten sind daher aufzuheben.

Eine Möglichkeit, im Rahmen der Erinnerung die Gerichtskostenfeststellung im Verfahren S 20 (später 39) KA 1164/10 dem tatsächlichen Streitwert in diesem Verfahren (958.670,91 €) anzupassen, besteht wegen des Verbots der reformatio in peius nicht (vgl. oben Ziff. 1. a.E.). Es muss bei der von der Kostenbeamtin erfolgten Festsetzung bleiben.

Eine Korrekturmöglichkeit wäre nur dann eröffnet gewesen, wenn der Beschwerdeführer bereits im Erinnerungsverfahren einen entsprechenden Einwand im Weg einer Anschlusserinnerung erhoben hätte. Dass er dies nicht gemacht hat, ist die logische Konsequenz daraus, dass er von einer den Kostenrichter bindenden Trennung der Verfahren und daher von der Richtigkeit der 12-fachen Gerichtskostenfeststellungen ausgegangen ist.

Dass möglicherweise damit zu rechnen ist, dass nach diesem Beschluss die Urkundsbeamtin des SG eine Gerichtskostenfeststellung auf der Grundlage eines Streitwerts von 958.670,91 € nachholen und damit der Beschwerdegegner die Früchte seiner Anschlussbeschwerde eventuell nicht ernten können wird, ist für die rechtliche Würdigung der Anschlussbeschwerde ohne Bedeutung.

Der Kostensenat des Bayer. LSG entscheidet über die Beschwerde nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 66 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 Satz 2 GKG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Er ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).

(1) Ansprüche auf Zahlung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet ist. Für die Ansprüche auf Zahlung von Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz beginnt die Frist frühestens mit dem rechtskräftigen Abschluss des Musterverfahrens.

(2) Ansprüche auf Rückerstattung von Kosten verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Zahlung erfolgt ist. Die Verjährung beginnt jedoch nicht vor dem in Absatz 1 bezeichneten Zeitpunkt. Durch Einlegung eines Rechtsbehelfs mit dem Ziel der Rückerstattung wird die Verjährung wie durch Klageerhebung gehemmt.

(3) Auf die Verjährung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden; die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt. Die Verjährung der Ansprüche auf Zahlung von Kosten beginnt auch durch die Aufforderung zur Zahlung oder durch eine dem Schuldner mitgeteilte Stundung erneut. Ist der Aufenthalt des Kostenschuldners unbekannt, genügt die Zustellung durch Aufgabe zur Post unter seiner letzten bekannten Anschrift. Bei Kostenbeträgen unter 25 Euro beginnt die Verjährung weder erneut noch wird sie gehemmt.

(4) Ansprüche auf Zahlung und Rückerstattung von Kosten werden vorbehaltlich der nach Nummer 9018 des Kostenverzeichnisses für das erstinstanzliche Musterverfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz geltenden Regelung nicht verzinst.

Tenor

I.

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin stellte am 18. März 2009 beim Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan „Gewerbegebiet O.“. Mit Beschluss vom 24. November 2009 ordnete der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens nach § 173 Satz 1 VwGO, § 251 Satz 1 ZPO an. Am selben Tag wurde das Verfahren nach § 6 Abs. 3 Buchst. d VwG-Statistik statistisch für erledigt erklärt und die Gerichtsakte weggelegt. Am 14. Februar 2012 beantragte die Antragstellerin die Fortsetzung des Verfahrens. Mit Urteil vom 1. Juli 2014 (Az. 1 N 12.333) gab der Verwaltungsgerichtshof dem Normenkontrollantrag statt und erklärte den Bebauungsplan für unwirksam (Ziff. I. des Urteilstenors). Der Antragsgegnerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziff. II. des Urteilstenors). Der Streitwert wurde mit Beschluss vom selben Tag auf 20.000 € festgesetzt.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. September 2014 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofs auf Antrag des Bevollmächtigten der Antragstellerin die nach Ziffer II. des Urteils vom 1. Juli 2014 von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin zu erstattenden notwendigen Aufwendungen auf 2.359,52 € fest. Den beantragten Ansatz einer erneuten Verfahrensgebühr nach § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG in Höhe von 1.033,60 € lehnte er ab.

Hiergegen hat die Antragstellerin am 22. September 2013 die Entscheidung des Gerichts beantragt. Zur Begründung macht sie geltend, das Verfahren sei statistisch erledigt worden und habe länger als zwei Jahre geruht, bevor ihr Bevollmächtigter am 9. Februar 2012 den Auftrag erhalten habe, das Verfahren wiederaufzunehmen. § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG finde in einem solchen Fall zumindest entsprechende Anwendung. Das gebiete der Sinn und Zweck der Regelung. Nach Ablauf von zwei Kalenderjahren müsse sich ein Rechtsanwalt erfahrungsgemäß vollständig neu in die Angelegenheit einarbeiten.

Die Antragsgegnerin wendet sich unter Berufung auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. März 2006 (Az. VII ZB 69/05) gegen den Antrag.

Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Der gemäß § 165 Satz 1 und 2 i. V. m. § 151 Satz 1 VwGO statthafte und auch sonst zulässige (§ 151 Satz 2 und 3 i. V. m. §§ 147 bis 149 VwGO) Antrag auf gerichtliche Entscheidung (sog. Erinnerung) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15. September 2014 hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichthofs hat die nach § 162 VwGO zu erstattenden notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin gemäß § 164 VwGO, §§ 103 ff. ZPO zutreffend mit einem Betrag in Höhe von 2.359,52 € angesetzt. Eine erneute Verfahrensgebühr in Höhe von 1.033,60 € war nicht in Ansatz zu bringen, weil die Voraussetzungen des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG nicht vorliegen.

Nach § 15 Abs. 5 Satz 1 RVG erhält der Rechtsanwalt, nachdem er in einer Angelegenheit tätig geworden ist und beauftragt wird, in derselben Angelegenheit weiter tätig zu werden, nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein hiermit beauftragt worden wäre. Der Rechtsanwalt kann demnach im Grundsatz Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal verlangen. Nach der Ausnahmeregelung des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG gilt die weitere Tätigkeit nur dann als neue Angelegenheit und im RVG bestimmte Anrechnungen von Gebühren entfallen, wenn der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist. Die Bestimmung setzt demnach voraus, dass der frühere Auftrag erledigt ist und dem Rechtsanwalt nach der Erledigung ein weiterer Auftrag erteilt worden ist (vgl. BGH, B. v. 30.3.2006 - VII ZB 69/05 - NJW 2006, 1525 = juris Rn. 5 zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung des § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO; B. v. 11.8.2010 - XII ZB 60/08 - MDR 2010, 1218 = juris Rn. 13).

Das ist hier nicht der Fall. Die Anordnung des Ruhens des Verfahrens und die statistische Erledigung haben das gerichtliche Verfahren lediglich (vorübergehend) unterbrochen, nicht aber den früheren Auftrag der Antragstellerin an ihren Bevollmächtigten erledigt, weil über den Normenkontrollantrag im Zeitpunkt der Unterbrechung noch nicht entschieden war. Eine „Erledigung des Auftrags“ im Sinne des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG tritt erst ein, wenn der Anwalt seine Verpflichtungen aus dem Anwaltsdienstvertrag vollständig erfüllt hat (vgl. BGH, B. v. 11.8.2010 - XII ZB 60/08 - MDR 2010, 1218 = juris Rn. 14). Das ist bei einer Ruhensanordnung und/oder statischen Erledigung - anders als etwa bei einem Prozessvergleich - nicht der Fall. Der Rechtsanwalt muss jederzeit mit der Fortführung des Verfahrens rechnen, auch wenn seit der Unterbrechung mehr als zwei Jahre verstrichen sind. Ein neuer Auftrag ist nicht erforderlich, der Prozessbevollmächtigte bleibt weiterhin beauftragt (vgl. BGH, B. v. 30.3.2006 - VII ZB 69/05 - NJW 2006, 1525 = juris Rn. 5; B. v. 11.8.2010 - XII ZB 60/08 - MDR 2010, 1218 = juris Rn. 26; OLG SH, B. v. 28.1.2013 - 15 WF 363/12 - FamRZ 2013, 1602 = juris Rn. 7; OLG Oldenburg, 13.1.2011 - 13 WF 166/10 - FamRZ 2011, 665 = juris Rn. 8).

Eine Auftragserledigung im Sinne des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil die Vergütung des Bevollmächtigen der Antragstellerin gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG drei Monate nach dem Ruhensbeschluss fällig geworden ist. Ist der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig, wird nach dieser Bestimmung die Vergütung unter anderem fällig, wenn das Verfahren - wie hier nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2009 - länger als drei Monate ruht. Der Gesetzgeber hat schon nach dem Wortlaut der Regelung das Ruhen des Verfahrens über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten aber gerade nicht als Erledigung des Auftrags angesehen, sondern lediglich im Hinblick auf die Fälligkeit der Vergütung einer Auftragserledigung gleichgestellt (vgl. OLG Oldenburg, 13.1.2011 - 13 WF 166/10 - FamRZ 2011, 665 = juris Rn. 9 f.).

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin findet § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG auch keine entsprechende Anwendung. Zwar wurde § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG für den Fall geschaffen, dass der frühere Auftrag seit mehr als zwei Kalenderjahren erledigt ist, weil der Gesetzgeber eine einmalige Gebühr für unbillig erachtet hat, wenn bis zur Erteilung eines weiteren Auftrags in derselben Angelegenheit eine lange Zeit vergangen ist und sich der Rechtsanwalt deswegen vollkommen neu einarbeiten muss (vgl. BT-Drs. 12/6962, S. 102 zur Vorgängerregelung des § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO; BT-Drs. 15/1971, S. 190). Dies rechtfertigt aber nicht den Schluss, der Gesetzgeber habe - entgegen dem Wortlaut des § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG - einen erneuten Gebührenanspruch nicht nur bei Erledigung des Auftrags, sondern auch bei Vorliegen anderer die Fälligkeit der Vergütung auslösenden Tatbestände entstehen lassen wollen, zumal es sich bei der Regelung um eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift handelt (vgl. BGH, B. v. 11.8.2010 - XII ZB 60/08 - MDR 2010, 1218 = juris Rn. 21 ff.; OLG Oldenburg, 13.1.2011 - 13 WF 166/10 - FamRZ 2011, 665 = juris Rn. 11 f.).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG und § 11 Abs. 2 RVG entsprechend). Eine Streitwertfestsetzung ist deshalb nicht erforderlich.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.