Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 09. März 2016 - L 15 SF 109/15

bei uns veröffentlicht am09.03.2016

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Gründe

Leitsatz:

In dem Erinnerungsverfahren

Rechtsanwältin A. A., A-Straße, A-Stadt

*in Sachen B. ./. Landkreis Unterallgäu, Sozialhilfeverwaltung

(Az.: S 3 SO 137/13 ER)*

- Erinnerungsführerin-Erinnerungsgegnerin-Beschwerdegegnerin-Beschwerdeführerin

zu 1. -

gegen

... (Staatskasse), vertreten durch den Bezirksrevisor beim ... Landessozialgericht, ...

- Erinnerungsgegner-Erinnerungsführer-Beschwerdeführer-Beschwerdegegner zu 2.

Erinnerungen nach § 55 RVG

erlässt der 15. Senat des Bayer. Landessozialgerichts in München am 9. März 2016 ohne mündliche Verhandlung durch den Richter am Bayer. Landessozialgericht Dr. Braun folgenden Beschluss:

Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 23. April 2015 werden zurückgewiesen.

Gründe:

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Augsburg (SG), Az.: S 3 SO 137/13 ER, ging es um die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde am 28.11.2013 gestellt; zugleich beantragte die Antragstellerin die Gewährung von PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 21.01.2014 entsprochen; die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. wurde beigeordnet.

Am 08.01.2014 und am 21.01.2014 fanden Erörterungstermine der Kammer statt. Im zweiten Termin erließ die Vorsitzende laut Sitzungsniederschrift folgenden Beschluss:

„Prozesskostenhilfe wird ohne Ratenzahlung bewilligt.

Gründe:

Es waren Ermittlungen im gerichtlichen Verfahren erforderlich, die im Ergebnis positiv ausgegangen sind. Im Hinblick auf die Bewilligung der PKH verzichtet die Klägerbevollmächtigte auf Kostenerstattung des Beklagten.“

Weiter gab der Antragsgegner dahingehend ein Anerkenntnis ab, dass die Sozialhilfeleistungen gewährt würden, wobei ein Lagerraum und Mehrbedarf im einstweiligen Rechtsschutz ausgeklammert würden. Die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. nahm das Anerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt.

Mit Schreiben vom 27.01.2014 beantragte die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. die Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse in Höhe von insgesamt 1.234,93 EUR. Dabei setzte sie unter anderem eine Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1006 ff. VV RVG in Höhe von 300,00 EUR an.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.08.2014 setzte die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Vergütung der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. auf 877,93 EUR, im Einzelnen wie folgt fest:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102, 3103 VV RVG:300,00 EUR

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG: 300,00 EUR

Erledigungsgebühr,Nr. 1002, 1005 VV RVG: - EUR

Auslagen(insgesamt): 137,76 EUR

Zwischensumme: 737,76 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 140,17 EUR

877,93 EUR

Die Erledigungsgebühr, so die Kostenbeamtin, sei nicht festzusetzen, da für die Entstehung einer solchen Gebühr eine Mitwirkung des Rechtsanwalts erforderlich sei, die nicht nur allgemein auf Verfahrensförderung gerichtet sei, sondern gerade auf den besonderen Erfolg der Erledigung der Sache ohne förmliche Entscheidung. Eine besondere Mühewaltung sei in der Annahme des Anerkenntnisses des Beklagten vorliegend nicht zu erkennen.

Hiergegen hat die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. am 22.09.2014 Erinnerung erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Einigungs- oder Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VVRVG eindeutig dann entstehe, wenn über den Gegenstand, über den sich die Parteien einigen würden oder wenn die Rechtssache z. B. durch Anerkenntnis erledigt werde, bereits ein gerichtliches Verfahren anhängig sei. Entscheidend sei nicht das angenommene Anerkenntnis, sondern allein das Mitwirken der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. bei der Erledigung des Verfahrens.

Am 17.10.2014 hat der Beschwerdeführer und Beschwerdegegner zu 2. (im Folgenden: Staatskasse) ebenfalls Erinnerung eingelegt und unter Verweis auf die Rechtsprechung des Kostensenats des Bayer. Landessozialgerichts (BayLSG) hervorgehoben, dass vorliegend weder eine Einigungsgebühr noch eine Erledigungsgebühr entstanden seien. Ungeklärt sei jedoch, ob sich die Staatskasse mit dem Antrag, die zu zahlende Vergütung auf 0,00 EUR festzusetzen, auf den Grundsatz berufen könne, dass es der Partei und dem ihr beigeordneten Rechtsanwalt obliege, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten; insbesondere dürfe der bedürftige Rechtsuchende nicht in der Erwartung, alle Kosten der Rechtsverfolgung würden von der Staatskasse getragen, Kosten verursachen, die ein nichtbedürftiger Auftraggeber, der für diese Kosten selbst aufkommen müsse, nicht verursacht hätte. Die Staatskasse hat hier auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verwiesen. Sie hat hervorgehoben, dass kein nichtbedürftiger Auftraggeber, der verständig rechne, bei einem Anerkenntnis, das sich nach dem Beschluss des Kostensenats vom 19.08.2013 (Az.: L 15 SF 117/13 B) automatisch auch auf die außergerichtlichen Kosten beziehe, auf die Kostenerstattung durch den Antragsgegner verzichten würde.

Mit Beschluss vom 23.04.2015 hat das SG „die Erinnerung und die Anschlusserinnerung gegen die Festsetzung vom 20.08.2014“ zurückgewiesen. Eine qualifizierte Mitwirkung der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. ergebe sich aus dem Protokoll des Erörterungstermins vom 21.01.2014 nicht. Hinzu komme, dass sich nach Auffassung des Gerichts der Rechtsstreit tatsächlich auch nicht vollumfänglich erledigt habe. Zwar sei es richtig, dass im Rahmen der Gewährung von PKH der Unbemittelte nicht besserzustellen sei als der Bemittelte. Ersterer habe unter Beachtung des Kostenrisikos die Kosten der Rechtsverfolgung niedrig zu halten. Davon, dass hiergegen vom Antragsteller verstoßen worden sei, sei jedoch, so das SG, nicht auszugehen. Vorliegend stelle sich der Abschluss des Verfahrens im oben genannten Termin für das Gericht nämlich nicht als vollständiges Anerkenntnis des Antragsgegners dar, sondern es sei inhaltlich vielmehr eher von einer „vergleichsweisen Einigung“ auszugehen. Zudem stelle sich die Frage, ob überhaupt in der Sache dem Grunde nach ein Kostenanspruch des Antragstellers bestanden hätte.

Gegen den Beschluss des SG hat zunächst die Staatskasse am 06.05.2015 Beschwerde erhoben. Die zu zahlende Vergütung sei auf 0,00 EUR festzusetzen. Jedenfalls was die Gerichtskosten betreffe, so die Staatskasse, sei ständige Rechtsprechung des Kostensenats des BayLSG, dass bestimmte Entscheidungen der Hauptsacherichter auf der Kostenebene nicht überprüfbar und somit bindend seien. Ausgehend von einem Anerkenntnis bestehe damit entsprechend der Rechtsprechung ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten, auf den man auch nicht explizit verzichten hätte müssen, wenn es sich doch um einen gerichtlichen Vergleich ohne Kostenregelung handeln würde im Hinblick auf die gesetzliche Kostenfolge des § 195 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Am 18.05.2015 hat sodann auch die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 23.04.2015 eingelegt. Das SG habe in der Begründung des Beschlusses ausgeführt, dass vorliegend wohl eine Vereinbarung zur Erledigung des Verfahrens getroffen worden sei, nachdem nicht sämtliche streitgegenständlichen Problempunkte geregelt worden seien und dementsprechend ein Anerkenntnis ausscheide; daher müsse auch eine Einigungsgebühr angefallen sein. Ohne Zweifel seien die Gebühren nicht auf 0,00 EUR festzusetzen. Insbesondere sei der Antragsteller auch nicht verpflichtet gewesen, einen Kostenantrag zu stellen, was im Übrigen gerade der gerichtliche Vorschlag gewesen sei, um auch den Antragsgegner zu einer Verfahrenserledigung zu bewegen. Dies könne dem Antragsteller unter keinen Umständen entgegengehalten werden.

Im Folgenden hat die Staatskasse auf die Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des Kostensenats im Beschluss vom 19.05.2015 (Az.: L 15 SF 72/14 E) hingewiesen; die Erledigungsgebühr könne nicht zustehen. Nach der Rechtsprechung des Kostensenats (Beschluss vom 17.07.2015, Az.: L 15 SF 201/14 E) bestehe durchaus Anlass für die Vermutung, dass ein Vorsitzender des jeweiligen Spruchkörpers der Sozialgerichtsbarkeit in der Sitzungsniederschrift die prozessbeendenden Erklärungen von Parteien in materiell zutreffender Weise bezeichne; ein protokolliertes Anerkenntnis bleibe also ein solches. Im Hinblick auf den protokollierten Verzicht auf die Kostenerstattung bestehe für die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. kein Anspruch auf Vergütung aus der Staatskasse; die Staatskasse hat insoweit auf den Beschluss des SG Berlin vom 13.05.2015 (Az.: S 133 SF 6211/13 E) verwiesen.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungs- und des Eilrechtsschutzverfahrens des SG verwiesen.

II. Die Beschwerde der Staatskasse und die Beschwerde der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. haben keinen Erfolg.

Zuständig für die Entscheidung ist der Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG.

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in der ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i. S.v. § 60 Abs. 1 RVG ist der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. nach dem 31.07.2013 erteilt worden.

1. Die Beschwerden sind jeweils zulässig.

Sie sind statthaft, da der Wert der Beschwerdegegenstände 200,00 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerden sind auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerden sind jedoch nicht begründet.

Die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. hat Anspruch auf eine Rechtsanwaltsvergütung in Höhe von 877,93 EUR. Sie hat aber keinen Anspruch auf eine höhere Vergütung.

Die Kostenbeamtin und die Kostenrichterin des SG haben die Vergütung der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. zutreffend festgesetzt.

Der dieser zustehende Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf §§ 45 ff. RVG. Die Forderung der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1., ihr stünde eine Erledigungs-/Einigungsgebühr zu, ist nicht berechtigt. Die von der Kostenbeamtin vorgenommene und vom SG bestätigte Gebührenfestsetzung ist nicht zu eng bemessen. Gleichzeitig ist entgegen der Auffassung der Staatskasse die zu zahlende Vergütung nicht auf null festzusetzen.

a. Eine Erledigungsgebühr ist, anders als die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. meint, nicht entstanden.

Dabei kann offen bleiben, ob die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. im o.g. Erörterungstermin bereits einen Verzicht auf die Kostenerstattung durch den Antragsgegner erklärt hat oder lediglich einen Verzicht in Aussicht gestellt hat. Dies geht aus der Niederschrift der Kammer leider nicht klar hervor. Eine eigene Verzichtserklärung, die vorgelesen und genehmigt worden wäre, ist dem Protokoll nicht entnehmbar. Andererseits hat die Vorsitzende einen Verzicht der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. - allerdings als Begründungselement des PKH-Beschlusses - eindeutig festgehalten. Letztlich kommt es aus Sicht des Senats hierauf jedoch nicht entscheidend an, denn selbst wenn ein Verzicht bereits erklärt worden sein sollte, wäre die von der Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. begehrte Gebühr nicht entstanden.

Die Voraussetzungen für die Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. Nrn. 1006, 1005, 1002 VV RVG sind erfüllt, wenn sich der Rechtsstreit „durch die anwaltliche Mitwirkung“ erledigt hat. Der Senat hat jüngst bereits in seinem Grundsatzbeschluss vom 19.05.2015, Az.: L 15 SF 72/14 E, unter Bezugnahme auf den früheren Beschluss vom 07.02.2011 (Az.: L 15 SF 57/09 B) die Voraussetzungen für das Entstehen der Gebühr dargelegt. Insbesondere ist hervorgehoben worden, dass insoweit regelmäßig eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts vorausgesetzt wird. Eine Tätigkeit, die schon eine andere Gebühr, etwa die Verfahrensgebühr oder die Terminsgebühr, auslöst, reicht nicht aus, um die Erledigungsgebühr entstehen zu lassen (vgl. o.g. Senatsbeschluss vom 07.02.2011, m. w. N.). Die Annahme des vorliegenden Anerkenntnisses reicht nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen. Die Abgabe einer solchen Prozesserklärung wird mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Wie auch bei einer Klagerücknahmeerklärung liegt darin noch keine über die normale Prozessführung hinausgehende, qualifizierte Mitwirkung des Rechtsanwalts an der Erledigung (vgl. a. a. O., m. w. N.).

Vorliegend handelt es sich um die Annahme eines Anerkenntnisses. Wie der Senat ebenfalls bereits entschieden (vgl. Beschluss vom 17.07.2015, Az.: L 15 SF 201/14 E) und worauf die Staatskasse zu Recht hingewiesen hat, besteht durchaus Anlass für die Vermutung, dass ein Vorsitzender des jeweiligen Spruchkörpers der Sozialgerichtsbarkeit in der Sitzungsniederschrift die prozessbeendigenden Erklärungen von Parteien in materiell zutreffender Weise bezeichnet. Daraus folgt, dass der förmlichen Bezeichnung in der Sitzungsniederschrift entscheidende Bedeutung zukommt. Sie wird nur dann nicht maßgeblich sein können, wenn sie - ohne dass eine vertiefte Prüfung der am Kostenverfahren Beteiligten erforderlich ist - offensichtlich unzutreffend ist. In einem solchen Fall kann der Grundsatz, dass im Kostenansatzverfahren keine Überprüfung einer richterlichen Entscheidung durch den Kostenbeamten zu erfolgen hat (vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 12.01.2016, Az.: L 15 SF 47/15), nicht greifen. Denn dem Kostenbeamten kann nicht zugemutet werden - und es ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen auch nicht vereinbar -, sehenden Auges eine offensichtlich fehlerhafte, rechtswidrige Entscheidung zu treffen.

Davon, dass die Bezeichnung in der Sitzungsniederschrift vom 21.01.2014 offensichtlich unzutreffend wäre, kann vorliegend aber nicht die Rede sein.

b) Die an die Beschwerdeführerin und Beschwerdegegnerin zu 1. zu zahlende Vergütung ist nicht auf Null festzusetzen.

Der Senat hat in seinem oben genannten Beschluss vom 19.05.2015 (Az.: L 15 SF 72/14 E) auch deutlich gemacht, dass der öffentlich-rechtliche Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse mangels anders lautender gesetzlicher Anordnung nicht subsidiär gegenüber Ansprüchen ist, die dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit in derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit gegen den zur Kostentragung verpflichteten anderen Beteiligten zustehen. Der Rechtsanwalt hat ein Wahlrecht, ob er wegen seiner Vergütung zuerst die erstattungspflichtige Gegenpartei oder zuerst die Staatskasse in Anspruch nehmen will oder beide nur zu einem Teil (so auch Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., § 45 Rdnrn. 50 f.); der Gesamtbetrag darf seine gesetzliche Vergütung jedoch nicht übersteigen (a. a. O.). Nach der Rechtsprechung (vgl. z. B. Beschluss des SG Berlin vom 13.05.2015, Az.: S 33 SF 6211/13 E) und der herrschenden Literatur (vgl. z. B. Müller-Rabe, a. a. O., § 55, Rdnr. 55) widerspricht es Treu und Glauben nach dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und führt im Ergebnis dazu, dass eine Auszahlung der Vergütung aus der Staatskasse nicht erfolgen muss, wenn der Rechtsanwalt aus der Staatskasse aufgrund der Bewilligung von PKH eine Vergütung fordert, obwohl er oder sein Mandant der gesetzlichen Verpflichtung des § 59 RVG, die Staatskasse bei der Beitreibung von auf sie übergegangenen Ansprüchen gegen einen potenziell erstattungspflichtigen Dritten zu unterstützen, nicht nachgekommen ist und vielmehr ohne hinreichenden sachlichen Grund einen solchen Erstattungsanspruch sogar von vornherein unmöglich gemacht hat (vgl. SG Berlin, a. a. O., m. w. N.). Hierbei genügt es, dass der Rechtsanwalt oder der Mandant in dem Bewusstsein handelte, die Staatskasse ohne einen zwingenden sachlichen Grund zu beeinträchtigen; demnach reicht aus, dass der Rechtsanwalt oder der Mandant in dem Wissen um einen Nachteil für die Staatskasse handelt und hierfür ein hinreichender sachlicher Grund nicht vorhanden ist. Eine regelrechte Schädigungsabsicht wird von dieser herrschenden Ansicht nicht für erforderlich gehalten (vgl. SG Berlin, a. a. O.).

Diesen „Griff in die Zauberkiste des § 242 BGB“ (zu weiteren übertriebenen Wortschöpfungen bzgl. Generalklauseln und § 242 BGB siehe z. B. ausführlich Staudinger/Olzen/Looschelders, 2015, BGB, § 242, Rdnrn. 1 ff.) sieht das Gericht indes als problematisch an (zur grundsätzlichen Kritik an Generalklauseln im deutschen Recht siehe a. a. O., Rdnrn. 2 ff.). Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall weitreichenden Rechtsfolgen der Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben, nämlich die völlige Verweigerung der Auszahlung der Rechtsanwaltsvergütung als Konsequenz der vorausgegangenen Prozesshandlungen im Hauptsacheverfahren, sieht das Gericht grundsätzlich eine eindeutige gesetzliche Regelung als erforderlich an (anders als etwa in den Fällen, in denen die Staatskasse die Auszahlung der Vergütung nur deshalb zurückstellt bzw. verweigert, weil der Rechtsanwalt die erforderlichen Angaben - vgl. z. B. den Beschluss des Senats vom 02.12.2015, Az.: L 15 SF 133/15 - noch nicht gemacht hat). Diese Notwendigkeit wird vor allem vor dem Hintergrund einer abstrakten Missbrauchsgefahr bei der Anwendung des § 242 BGB und im Hinblick auf die Eingriffswirkung sowie auf die Prinzipien der Gewaltenteilung gesehen (so auch Olzen/Looschelders, a. a. O., Rdnr. 104). Das Gericht sieht sich nicht dazu berufen, die konkreten Regelungen für eine Versagung der Vergütung des Rechtsanwalts zu treffen; dies muss der gesetzgebenden Gewalt vorbehalten bleiben.

Aufgrund dessen kommt es aus Sicht des Gerichts nur in offensichtlichen Fällen in Betracht, dass die Auszahlung der Vergütung aus der Staatskasse gemäß dem allgemeinen Rechtsgedanken des § 242 BGB nicht erbracht werden muss, auch wenn dessen ungeachtet eine regelrechte Schädigungsabsicht (vgl. o.) nicht erforderlich ist. Nur wenn - ohne dass für die Kostenverfahrensbeteiligten besondere Prüfpflichten bestehen würden - auf der Hand liegt, dass der Rechtsanwalt oder der Mandant ohne sachlichen Grund durch ihr Handeln die Staatskasse beeinträchtigten, kommt eine Versagung des Rechtsanwaltshonorars in Betracht.

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben; sachliche Gründe sind im Hinblick auf die besonderen Aspekte des Eilrechtsschutzverfahrens, der Möglichkeit eines Teilanerkenntnisses und den legitimen Interessen einer Verfahrens(teil)beendigung gerade nicht auszuschließen. Auch insoweit kommt es somit nicht darauf an, ob vorliegend ein Verzicht bereits wirksam erklärt worden ist (s. o.).

Die Beschwerden sind daher zurückzuweisen.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 09. März 2016 - L 15 SF 109/15

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(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das den Verteidiger bestellt hat.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten des Gerichts des Rechtszugs, solange das Verfahren nicht durch rechtskräftige Entscheidung oder in sonstiger Weise beendet ist.

(3) Im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt.

(4) Im Fall der Beratungshilfe wird die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des in § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes bestimmten Gerichts festgesetzt.

(5) § 104 Absatz 2 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten hat, hat er unverzüglich anzuzeigen.

(6) Der Urkundsbeamte kann vor einer Festsetzung der weiteren Vergütung (§ 50) den Rechtsanwalt auffordern, innerhalb einer Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle des Gerichts, dem der Urkundsbeamte angehört, Anträge auf Festsetzung der Vergütungen, für die ihm noch Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen, einzureichen oder sich zu den empfangenen Zahlungen (Absatz 5 Satz 2) zu erklären. Kommt der Rechtsanwalt der Aufforderung nicht nach, erlöschen seine Ansprüche gegen die Staatskasse.

(7) Die Absätze 1 und 5 gelten im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. An die Stelle des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tritt die Verwaltungsbehörde.

Tenor

Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. Februar 2014 sowie die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 7. November 2013 aufgehoben. Für das Klageverfahren Aktenzeichen S 19 SO 149/11 wird die „Erledigungsgebühr“ (berichtigt mit Beschluss vom 08.06.2015) auf 190,00 EUR (zuzüglich Umsatzsteuer) festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht, im Einzelnen, ob der Beschwerdeführer eine Erledigungsgebühr (in Höhe von 190,00 EUR) verlangen kann.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG), anfängliches Aktenzeichen S 19 SO 198/10, nach Fortsetzung S 19 SO 149/11, war zwischen den Beteiligten im Streit, ob eine Abrechnung der Heizkosten nach der Heizkostenverordnung die Voraussetzungen für eine isolierte Erfassung der Kosten der Warmwasserbereitung (Kosten für Unterkunft und Heizung - KdU) im Rahmen der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch erfüllt. Am 26.11.2010 erhob die Klägerin über ihren Bevollmächtigten, den Beschwerdeführer, Klage und beantragte PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 20.01.2011 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet.

Im Hinblick auf das zur oben geschilderten Problematik am Bundessozialgericht (BSG) anhängige Verfahren, Aktenzeichen B 14 AS 154/10 R, ordnete die zuständige 19. Kammer des SG mit Beschluss vom 27.01.2011 das Ruhen des Verfahrens an. Mit Schriftsatz vom 26.09.2011 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens, nachdem er unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 07.07.2011 im oben genannten Verfahren bei der Beklagten angefragt hatte, ob sie ein Anerkenntnis abgebe. Am 17.10.2011 verlängerte das SG die Frist zur Stellungnahme für die Beklagte, die nach Wiederaufnahme des Verfahrens gesetzt worden war und verwies darauf, dass die streitgegenständliche Grundsatzfrage mit der Entscheidung des BSG abschließend beantwortet worden sei. Mit Schriftsatz vom 18.10.2011 erklärte die Beklagte, dass sie im Hinblick auf das ergangene Urteil das beantragte Anerkenntnis abgebe, mit Schriftsatz vom 03.11.2011, auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen.

Nachdem die Beklagte die weiteren (unstreitigen) Gebühren und Auslagen bereits erstattet hatte, beantragte der Beschwerdeführer am 01.03.2012, die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten (im Übrigen) wie folgt festzusetzen:

Erledigungsgebühr, Nr. 1006, 1005 VV RVG 190,00 €

19% USt, Nr. 7008 VV RVG36,10 €

Gesamt:226,10 €

Dabei verwies er auf die Entscheidung des Senats vom 07.02.2011, Aktenzeichen L 15 SF 27/09 B.

Mit Schreiben vom 07.03.2012 erklärte die Beklagte, die Erledigungsgebühr nicht anzuerkennen. Daraufhin nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 02.05.2012 den Kostenfestsetzungsantrag gegen die Beklagte vom 01.03.2012 zurück. Dessen ungeachtet lehnte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Beschluss vom 19.07.2012 die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten gemäß § 197 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hinsichtlich der Erledigungsgebühr ab, da die Beklagte das Anerkenntnis nachweislich erst auf Hinweis des Gerichts abgegeben habe. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer am 26.07.2012 mit der Begründung Erinnerung, dass die Erledigungsgebühr nach der Rechtsprechung des Senats entstanden sei; darauf, dass der Antrag auf Kostenfestsetzung zurückgenommen worden war, ging der Beschwerdeführer nicht ein. Mit Beschluss des SG vom 12.08.2013 wurde die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen (Az.: S 19 SF 96/13 E). Das SG hat im Einzelnen begründet, weshalb aus seiner Sicht die streitige Erledigungsgebühr nicht entstanden sei. Insbesondere vermöge sich die Kammer nicht der Entscheidung des Senats vom 07.02.2011 anzuschließen, die in einer vergleichbaren Fallkonstellation vom Anfall einer Erledigungsgebühr ausgegangen sei.

Mit Schreiben vom 29.08.2013 bat der Beschwerdeführer das SG um Sachstandsmitteilung hinsichtlich der beantragten Festsetzung der Vergütung als beigeordneter Rechtsanwalt. Daraufhin teilte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Schreiben vom 03.09.2013 dem Beschwerdeführer mit, dass die Festsetzung der beantragten Erledigungsgebühr auch im Rahmen der PKH nicht erfolgen könne, da nach denselben Kriterien zu entscheiden sei. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.11.2013 lehnte der Urkundsbeamte sodann die Erstattung der Erledigungsgebühr ab, da die Beklagte das Anerkenntnis nachweislich erst auf Hinweis des Gerichts abgegeben habe.

Mit an das SG gerichtetem Schreiben vom 13.11.2013 hat der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.11.2013 erhoben. Nach seiner Auffassung, so der Beschwerdeführer, sei als Rechtsmittel eine Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) statthaft; er bitte darum, bei Unstatthaftigkeit die Beschwerde als statthaftes Rechtsmittel auszulegen. Dies ist erfolgt. Das SG hat die „Beschwerde“ als Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.11.2013 ausgelegt. Mit streitgegenständlichem Beschluss vom 27.02.2014 (Az.: S 17 SF 304/13 E) hat das SG die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen. Die zulässige Erinnerung sei nicht begründet, da die Entscheidung über die Festsetzung der PKH den gleichen Grundsätzen wie die Festsetzung der durch die Beklagte zu erstattenden außergerichtlichen Kosten folge. Die erkennende Kammer folge der Entscheidung vom 12.08.2013 im oben genannten Erinnerungsverfahren (Az.: S 19 SF 96/13 E).

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 14.03.2014 Beschwerde zum BayLSG erhoben. Zur Begründung hat er auf die oben genannte Rechtsprechung des Senats verwiesen, nach der es keine Rolle spiele, ob die Entscheidung, auf die vom Beschwerdeführer verwiesen worden sei, dem SG (im Hauptsacheverfahren) bekannt gewesen sei. Entscheidend sei, dass das Anerkenntnis auf den Hinweis an die Beklagte hin abgegeben worden sei. Zudem hat der Beschwerdeführer darauf verwiesen, dass er die Kostenentscheidung vom 19.07.2012 nicht veranlasst habe, da er den Kostenfestsetzungsantrag vom 01.03.2012 ausdrücklich zurückgenommen habe.

Der Staatskasse ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie der beiden o. g. Erinnerungsverfahren und des erstinstanzlichen Klageverfahrens des SG verwiesen.

II.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper.

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall gemäß der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl. S. 2586, 2681 ff.) die Regelungen des RVG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn der unbedingte Auftrag im Sinne der genannten Vorschrift ist dem Beschwerdeführer vor diesem Zeitpunkt erteilt worden.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Der Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren umfasst die Frage, ob eine Erledigungsgebühr (einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer) entstanden ist, ferner die ihrer Höhe. Maßgeblich ist allein, ob dem Beschwerdeführer der Anspruch nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von PKH gegen die Staatskasse zusteht. Nicht Gegenstand sind somit die im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 197 SGG getroffenen Festlegungen durch das SG (Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.07.2012 sowie Erinnerungsbeschluss vom 12.08.2013, Az.: S 19 SF 96/13 E).

Insbesondere war das SG im streitgegenständlichen Erinnerungsverfahren Aktenzeichen S 17 SF 304/13 E und ist der Senat vorliegend nicht an die gerichtliche Feststellung vom 12.08.2013 gebunden. Dabei kann dahinstehen, ob gegen deren Rechtmäßigkeit Bedenken bestehen, weil sie sich auf einen Kostenfestsetzungsbeschluss bezieht, dem mangels Antrag (vergleiche die Rücknahmeerklärung vom 02.05.2012, s. o.) die Grundlage fehlte; dieser Mangel könnte durch die (erste) Erinnerung des Beschwerdeführers geheilt sein. Maßgeblich ist, dass es sich bei den Kostenfestsetzungen gegenüber dem in die Kosten verurteilten Gegner einer- und im Rahmen der PKH gegen die Staatskasse andererseits grundsätzlich um zwei eigenständige Verfahren handelt. Vor allem ist der öffentlich-rechtliche Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung nicht subsidiär gegenüber Ansprüchen, die dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit in derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit gegen den zur Kostentragung verpflichteten anderen Beteiligten zustehen. Der Rechtsanwalt hat ein Wahlrecht, ob er wegen seiner Vergütung zuerst die erstattungspflichtige Gegenpartei oder zuerst die Staatskasse in Anspruch nehmen will oder beide nur zu einem Teil (so auch Müller-Rabe, in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, § 45, Rdnr. 50 f.); der Gesamtbetrag darf seine gesetzliche Vergütung jedoch nicht übersteigen (a. a. O.).

Vorliegend sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Wahlrecht des Beschwerdeführers ausnahmsweise beschränkt wäre; vor allem ergibt sich dieses auch nicht daraus, dass er nur den für ihn bei der Beklagten „nicht realisierbaren Forderungsrest“ einfordert. Denn ein Handeln zum Nachteil der Staatskasse, welches Letztere berechtigen würde, dem beigeordneten Rechtsanwalt eine Vergütung ganz oder teilweise zu verweigern, kann nicht angenommen werden. Insbesondere hat der Beschwerdeführer keine Kostenvereinbarung mit der Beklagten zulasten der Staatskasse getroffen; Erstere verweigert lediglich aufgrund ihrer und der vom SG ebenfalls vertretenen Rechtsauffassung zur Entstehung einer Erledigungsgebühr die Zahlung. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer einen Rückgriff der Staatskasse gegen die Beklagte verhindern würde (vgl. hierzu Müller-Rabe, a. a. O., § 55, Rdnr. 55). Dass vorliegend hinsichtlich der Erstattung der außergerichtlichen Kosten durch die Beklagte eine für die Staatskasse nachteilige bestandskräftige Entscheidung des SG vorliegt, ist nicht dem Handeln des Beschwerdeführers, sondern der gesetzgeberischen Entscheidung geschuldet, die einmal ein Rechtsmittel ausschließt und ein anderes Mal ein solches zulässt, so dass - entgegen dem Grundsatz der Wahrung der Rechtseinheit - der Kostensenat des BayLSG nur für einen Teilbereich zuständig ist.

Der Urkundsbeamte und die Kostenrichterin(nen) haben zu Unrecht die Erstattung der Erledigungsgebühr (Nr. 1006 VV RVG) abgelehnt; sie ist auf 190,00 EUR (zuzüglich der Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG) festzusetzen.

a. Die Erledigungsgebühr ist entstanden.

Die Voraussetzungen für die Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit Nrn. 1006, 1005, 1002 VV RVG sind erfüllt, wenn sich der Rechtsstreit „durch die anwaltliche Mitwirkung“ erledigt hat. Der Senat hat in dem oben genannten Beschluss vom 07.02.2011 im Einzelnen die Voraussetzungen für das Entstehen der Gebühr dargelegt. Insbesondere hat er hervorgehoben, dass insoweit regelmäßig eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts vorausgesetzt wird, die über die bloße Einlegung und Begründung des Rechtsmittels hinausgeht, und dass die Tatsache, dass der Rechtsstreit vielleicht auch ohne die außergerichtlichen Bemühungen des Rechtsanwalts mit einem Anerkenntnis geendet hätte, die Entstehung der Erledigungsgebühr grundsätzlich nicht hindert.

Unter Beachtung der vom Senat aufgestellten Grundsätze ist vorliegend die Erledigungsgebühr entstanden. Der Beschwerdeführer hat sich außergerichtlich um die Erledigung des Rechtsstreits bemüht und mit dieser Aktivität einen wesentlichen Beitrag zur Erledigung des Rechtsstreits geleistet. Zudem wurde auch das mit der Erledigungsgebühr verfolgte Ziel der Entlastung des SG durchaus erreicht. Maßgeblich ist dabei nicht der Aspekt, dass die - nachvollziehbare und naheliegende - Fortsetzung des Verfahrens beantragt worden ist, sondern dass sich das SG durch den Hinweis des Beschwerdeführers auf die aktuelle BSG-Entscheidung und das daraus resultierende Anerkenntnis ganz erheblichen Aufwand im Verfahren Aktenzeichen S 19 SO 149/11 erspart hat. Im Übrigen kann der Schriftsatz der Beklagten vom 07.03.2012 nicht als Nachweis dafür dienen, dass nicht der Hinweis des Beschwerdeführers, sondern erst der gerichtliche Hinweis den Ausschlag für die Abgabe eines Anerkenntnisses gegeben habe. Denn die Beklagte hat diese Erklärung nicht als unabhängige Dritte, sondern in der Stellung als potenzielle Gebührenschuldnerin im Festsetzungsverfahren nach § 197 SGG abgegeben, so dass Objektivitätsbedenken zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen sein dürften - gerade auch vor dem Hintergrund, dass sonstige Belege fehlen.

b. Bei einem für die Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG bestehenden Gebührenrahmen von 30,00 bis 350,00 EUR erscheint die Festsetzung der Mittelgebühr von 190,00 EUR angemessen, wie dies der Beschwerdeführer beantragt hat.

Bei Betragsrahmengebühren im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (vgl. im Einzelnen hierzu z. B. den Beschluss des Senats vom 01.04.2015, Az.: L 15 SF 259/14 E). Der Rechtsstreit Aktenzeichen S 19 SO 149/11 ist bei Zugrundelegung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG in Hinblick auf die Rechtsprechung des Senats zu Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch bzw. der insoweit maßgeblichen Streitgegenstände (vgl. Beschluss vom 06.06.2013, Az.: L 15 SF 190/12 B) und die (damals noch) schwierige Frage der Erfassung der Kosten der Warmwasserbereitung im Rahmen der KdU als Durchschnittsfall einzuordnen.

Die Kostenfestsetzung vom 07.11.2013 und der angefochtene Beschluss des SG waren daher aufzuheben.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.

(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

Tenor

Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. Februar 2014 sowie die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 7. November 2013 aufgehoben. Für das Klageverfahren Aktenzeichen S 19 SO 149/11 wird die „Erledigungsgebühr“ (berichtigt mit Beschluss vom 08.06.2015) auf 190,00 EUR (zuzüglich Umsatzsteuer) festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist das Rechtsanwaltshonorar nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht, im Einzelnen, ob der Beschwerdeführer eine Erledigungsgebühr (in Höhe von 190,00 EUR) verlangen kann.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG), anfängliches Aktenzeichen S 19 SO 198/10, nach Fortsetzung S 19 SO 149/11, war zwischen den Beteiligten im Streit, ob eine Abrechnung der Heizkosten nach der Heizkostenverordnung die Voraussetzungen für eine isolierte Erfassung der Kosten der Warmwasserbereitung (Kosten für Unterkunft und Heizung - KdU) im Rahmen der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch erfüllt. Am 26.11.2010 erhob die Klägerin über ihren Bevollmächtigten, den Beschwerdeführer, Klage und beantragte PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 20.01.2011 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet.

Im Hinblick auf das zur oben geschilderten Problematik am Bundessozialgericht (BSG) anhängige Verfahren, Aktenzeichen B 14 AS 154/10 R, ordnete die zuständige 19. Kammer des SG mit Beschluss vom 27.01.2011 das Ruhen des Verfahrens an. Mit Schriftsatz vom 26.09.2011 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens, nachdem er unter Verweis auf das Urteil des BSG vom 07.07.2011 im oben genannten Verfahren bei der Beklagten angefragt hatte, ob sie ein Anerkenntnis abgebe. Am 17.10.2011 verlängerte das SG die Frist zur Stellungnahme für die Beklagte, die nach Wiederaufnahme des Verfahrens gesetzt worden war und verwies darauf, dass die streitgegenständliche Grundsatzfrage mit der Entscheidung des BSG abschließend beantwortet worden sei. Mit Schriftsatz vom 18.10.2011 erklärte die Beklagte, dass sie im Hinblick auf das ergangene Urteil das beantragte Anerkenntnis abgebe, mit Schriftsatz vom 03.11.2011, auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen.

Nachdem die Beklagte die weiteren (unstreitigen) Gebühren und Auslagen bereits erstattet hatte, beantragte der Beschwerdeführer am 01.03.2012, die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten (im Übrigen) wie folgt festzusetzen:

Erledigungsgebühr, Nr. 1006, 1005 VV RVG 190,00 €

19% USt, Nr. 7008 VV RVG36,10 €

Gesamt:226,10 €

Dabei verwies er auf die Entscheidung des Senats vom 07.02.2011, Aktenzeichen L 15 SF 27/09 B.

Mit Schreiben vom 07.03.2012 erklärte die Beklagte, die Erledigungsgebühr nicht anzuerkennen. Daraufhin nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 02.05.2012 den Kostenfestsetzungsantrag gegen die Beklagte vom 01.03.2012 zurück. Dessen ungeachtet lehnte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Beschluss vom 19.07.2012 die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten gemäß § 197 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hinsichtlich der Erledigungsgebühr ab, da die Beklagte das Anerkenntnis nachweislich erst auf Hinweis des Gerichts abgegeben habe. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer am 26.07.2012 mit der Begründung Erinnerung, dass die Erledigungsgebühr nach der Rechtsprechung des Senats entstanden sei; darauf, dass der Antrag auf Kostenfestsetzung zurückgenommen worden war, ging der Beschwerdeführer nicht ein. Mit Beschluss des SG vom 12.08.2013 wurde die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen (Az.: S 19 SF 96/13 E). Das SG hat im Einzelnen begründet, weshalb aus seiner Sicht die streitige Erledigungsgebühr nicht entstanden sei. Insbesondere vermöge sich die Kammer nicht der Entscheidung des Senats vom 07.02.2011 anzuschließen, die in einer vergleichbaren Fallkonstellation vom Anfall einer Erledigungsgebühr ausgegangen sei.

Mit Schreiben vom 29.08.2013 bat der Beschwerdeführer das SG um Sachstandsmitteilung hinsichtlich der beantragten Festsetzung der Vergütung als beigeordneter Rechtsanwalt. Daraufhin teilte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle mit Schreiben vom 03.09.2013 dem Beschwerdeführer mit, dass die Festsetzung der beantragten Erledigungsgebühr auch im Rahmen der PKH nicht erfolgen könne, da nach denselben Kriterien zu entscheiden sei. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.11.2013 lehnte der Urkundsbeamte sodann die Erstattung der Erledigungsgebühr ab, da die Beklagte das Anerkenntnis nachweislich erst auf Hinweis des Gerichts abgegeben habe.

Mit an das SG gerichtetem Schreiben vom 13.11.2013 hat der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.11.2013 erhoben. Nach seiner Auffassung, so der Beschwerdeführer, sei als Rechtsmittel eine Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) statthaft; er bitte darum, bei Unstatthaftigkeit die Beschwerde als statthaftes Rechtsmittel auszulegen. Dies ist erfolgt. Das SG hat die „Beschwerde“ als Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.11.2013 ausgelegt. Mit streitgegenständlichem Beschluss vom 27.02.2014 (Az.: S 17 SF 304/13 E) hat das SG die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss zurückgewiesen. Die zulässige Erinnerung sei nicht begründet, da die Entscheidung über die Festsetzung der PKH den gleichen Grundsätzen wie die Festsetzung der durch die Beklagte zu erstattenden außergerichtlichen Kosten folge. Die erkennende Kammer folge der Entscheidung vom 12.08.2013 im oben genannten Erinnerungsverfahren (Az.: S 19 SF 96/13 E).

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 14.03.2014 Beschwerde zum BayLSG erhoben. Zur Begründung hat er auf die oben genannte Rechtsprechung des Senats verwiesen, nach der es keine Rolle spiele, ob die Entscheidung, auf die vom Beschwerdeführer verwiesen worden sei, dem SG (im Hauptsacheverfahren) bekannt gewesen sei. Entscheidend sei, dass das Anerkenntnis auf den Hinweis an die Beklagte hin abgegeben worden sei. Zudem hat der Beschwerdeführer darauf verwiesen, dass er die Kostenentscheidung vom 19.07.2012 nicht veranlasst habe, da er den Kostenfestsetzungsantrag vom 01.03.2012 ausdrücklich zurückgenommen habe.

Der Staatskasse ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie der beiden o. g. Erinnerungsverfahren und des erstinstanzlichen Klageverfahrens des SG verwiesen.

II.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper.

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall gemäß der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 1 RVG auch nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl. S. 2586, 2681 ff.) die Regelungen des RVG in der bis 31.07.2013 geltenden Fassung. Denn der unbedingte Auftrag im Sinne der genannten Vorschrift ist dem Beschwerdeführer vor diesem Zeitpunkt erteilt worden.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR übersteigt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

Der Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren umfasst die Frage, ob eine Erledigungsgebühr (einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer) entstanden ist, ferner die ihrer Höhe. Maßgeblich ist allein, ob dem Beschwerdeführer der Anspruch nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von PKH gegen die Staatskasse zusteht. Nicht Gegenstand sind somit die im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß § 197 SGG getroffenen Festlegungen durch das SG (Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.07.2012 sowie Erinnerungsbeschluss vom 12.08.2013, Az.: S 19 SF 96/13 E).

Insbesondere war das SG im streitgegenständlichen Erinnerungsverfahren Aktenzeichen S 17 SF 304/13 E und ist der Senat vorliegend nicht an die gerichtliche Feststellung vom 12.08.2013 gebunden. Dabei kann dahinstehen, ob gegen deren Rechtmäßigkeit Bedenken bestehen, weil sie sich auf einen Kostenfestsetzungsbeschluss bezieht, dem mangels Antrag (vergleiche die Rücknahmeerklärung vom 02.05.2012, s. o.) die Grundlage fehlte; dieser Mangel könnte durch die (erste) Erinnerung des Beschwerdeführers geheilt sein. Maßgeblich ist, dass es sich bei den Kostenfestsetzungen gegenüber dem in die Kosten verurteilten Gegner einer- und im Rahmen der PKH gegen die Staatskasse andererseits grundsätzlich um zwei eigenständige Verfahren handelt. Vor allem ist der öffentlich-rechtliche Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung nicht subsidiär gegenüber Ansprüchen, die dem Rechtsanwalt für seine Tätigkeit in derselben gebührenrechtlichen Angelegenheit gegen den zur Kostentragung verpflichteten anderen Beteiligten zustehen. Der Rechtsanwalt hat ein Wahlrecht, ob er wegen seiner Vergütung zuerst die erstattungspflichtige Gegenpartei oder zuerst die Staatskasse in Anspruch nehmen will oder beide nur zu einem Teil (so auch Müller-Rabe, in Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, § 45, Rdnr. 50 f.); der Gesamtbetrag darf seine gesetzliche Vergütung jedoch nicht übersteigen (a. a. O.).

Vorliegend sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das Wahlrecht des Beschwerdeführers ausnahmsweise beschränkt wäre; vor allem ergibt sich dieses auch nicht daraus, dass er nur den für ihn bei der Beklagten „nicht realisierbaren Forderungsrest“ einfordert. Denn ein Handeln zum Nachteil der Staatskasse, welches Letztere berechtigen würde, dem beigeordneten Rechtsanwalt eine Vergütung ganz oder teilweise zu verweigern, kann nicht angenommen werden. Insbesondere hat der Beschwerdeführer keine Kostenvereinbarung mit der Beklagten zulasten der Staatskasse getroffen; Erstere verweigert lediglich aufgrund ihrer und der vom SG ebenfalls vertretenen Rechtsauffassung zur Entstehung einer Erledigungsgebühr die Zahlung. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer einen Rückgriff der Staatskasse gegen die Beklagte verhindern würde (vgl. hierzu Müller-Rabe, a. a. O., § 55, Rdnr. 55). Dass vorliegend hinsichtlich der Erstattung der außergerichtlichen Kosten durch die Beklagte eine für die Staatskasse nachteilige bestandskräftige Entscheidung des SG vorliegt, ist nicht dem Handeln des Beschwerdeführers, sondern der gesetzgeberischen Entscheidung geschuldet, die einmal ein Rechtsmittel ausschließt und ein anderes Mal ein solches zulässt, so dass - entgegen dem Grundsatz der Wahrung der Rechtseinheit - der Kostensenat des BayLSG nur für einen Teilbereich zuständig ist.

Der Urkundsbeamte und die Kostenrichterin(nen) haben zu Unrecht die Erstattung der Erledigungsgebühr (Nr. 1006 VV RVG) abgelehnt; sie ist auf 190,00 EUR (zuzüglich der Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG) festzusetzen.

a. Die Erledigungsgebühr ist entstanden.

Die Voraussetzungen für die Erledigungsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit Nrn. 1006, 1005, 1002 VV RVG sind erfüllt, wenn sich der Rechtsstreit „durch die anwaltliche Mitwirkung“ erledigt hat. Der Senat hat in dem oben genannten Beschluss vom 07.02.2011 im Einzelnen die Voraussetzungen für das Entstehen der Gebühr dargelegt. Insbesondere hat er hervorgehoben, dass insoweit regelmäßig eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts vorausgesetzt wird, die über die bloße Einlegung und Begründung des Rechtsmittels hinausgeht, und dass die Tatsache, dass der Rechtsstreit vielleicht auch ohne die außergerichtlichen Bemühungen des Rechtsanwalts mit einem Anerkenntnis geendet hätte, die Entstehung der Erledigungsgebühr grundsätzlich nicht hindert.

Unter Beachtung der vom Senat aufgestellten Grundsätze ist vorliegend die Erledigungsgebühr entstanden. Der Beschwerdeführer hat sich außergerichtlich um die Erledigung des Rechtsstreits bemüht und mit dieser Aktivität einen wesentlichen Beitrag zur Erledigung des Rechtsstreits geleistet. Zudem wurde auch das mit der Erledigungsgebühr verfolgte Ziel der Entlastung des SG durchaus erreicht. Maßgeblich ist dabei nicht der Aspekt, dass die - nachvollziehbare und naheliegende - Fortsetzung des Verfahrens beantragt worden ist, sondern dass sich das SG durch den Hinweis des Beschwerdeführers auf die aktuelle BSG-Entscheidung und das daraus resultierende Anerkenntnis ganz erheblichen Aufwand im Verfahren Aktenzeichen S 19 SO 149/11 erspart hat. Im Übrigen kann der Schriftsatz der Beklagten vom 07.03.2012 nicht als Nachweis dafür dienen, dass nicht der Hinweis des Beschwerdeführers, sondern erst der gerichtliche Hinweis den Ausschlag für die Abgabe eines Anerkenntnisses gegeben habe. Denn die Beklagte hat diese Erklärung nicht als unabhängige Dritte, sondern in der Stellung als potenzielle Gebührenschuldnerin im Festsetzungsverfahren nach § 197 SGG abgegeben, so dass Objektivitätsbedenken zumindest nicht gänzlich ausgeschlossen sein dürften - gerade auch vor dem Hintergrund, dass sonstige Belege fehlen.

b. Bei einem für die Erledigungsgebühr gemäß Nr. 1006 VV RVG bestehenden Gebührenrahmen von 30,00 bis 350,00 EUR erscheint die Festsetzung der Mittelgebühr von 190,00 EUR angemessen, wie dies der Beschwerdeführer beantragt hat.

Bei Betragsrahmengebühren im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (vgl. im Einzelnen hierzu z. B. den Beschluss des Senats vom 01.04.2015, Az.: L 15 SF 259/14 E). Der Rechtsstreit Aktenzeichen S 19 SO 149/11 ist bei Zugrundelegung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG in Hinblick auf die Rechtsprechung des Senats zu Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch bzw. der insoweit maßgeblichen Streitgegenstände (vgl. Beschluss vom 06.06.2013, Az.: L 15 SF 190/12 B) und die (damals noch) schwierige Frage der Erfassung der Kosten der Warmwasserbereitung im Rahmen der KdU als Durchschnittsfall einzuordnen.

Die Kostenfestsetzung vom 07.11.2013 und der angefochtene Beschluss des SG waren daher aufzuheben.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe oder nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, beigeordneten oder nach § 67a Absatz 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung bestellten Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, geht der Anspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf diese über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Rechtsanwalts geltend gemacht werden.

(2) Für die Geltendmachung des Anspruchs sowie für die Erinnerung und die Beschwerde gelten die Vorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend. Ansprüche der Staatskasse werden bei dem Gericht des ersten Rechtszugs angesetzt. Ist das Gericht des ersten Rechtszugs ein Gericht des Landes und ist der Anspruch auf die Bundeskasse übergegangen, wird er insoweit bei dem jeweiligen obersten Gerichtshof des Bundes angesetzt.

(3) Absatz 1 gilt entsprechend bei Beratungshilfe.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 9. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdegegner nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdeführer) zusteht. Streitig ist die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht München (SG), Az.: S 22 AS 1098/14, ging es um die Höhe von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch für die Zeit ab Januar 2014, insbesondere die Anrechnung von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. Am 28.04.2014 erhob der Kläger über seine Bevollmächtigten, die Beschwerdegegner, Klage und beantragte PKH. Diesem Antrag wurde mit Beschluss vom 02.07.2014 entsprochen; die Beschwerdegegner wurden mit Wirkung ab Klageerhebung beigeordnet.

Mit Beschluss vom 20.05.2014 wurde der Rechtsstreit mit einem Parallelverfahren (Az.: S 22 AS 1221/14) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden (und unter dem Az.: S 22 AS 1098/14 fortgeführt). In der mündlichen Verhandlung des SG vom 18.07.2014 erklärten die Beschwerdegegner die Klage für erledigt.

Mit Schreiben vom 25.07. und 05.08.2014 beantragten die Beschwerdegegner die Festsetzung der Vergütung gegen die Staatskasse in Höhe von insgesamt 714,00 EUR, im Einzelnen wie folgt:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,00 €

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 280,00 €

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RV 20,00 €

19% USt, Nr. 7008 VV RVG 114,00 €

Gesamt: 714,00 €

Dabei vertraten die Beschwerdegegner die Auffassung, dass die Staatskasse Dritter im Sinne des § 15a Abs. 2 RVG sei; eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr habe nicht zu erfolgen. Die Beschwerdegegner würden von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen, die Verfahrens- auf die Geschäftsgebühr anzurechnen. Seitens der Beschwerdegegner bestehe Interesse an einer grundsätzlichen Klärung dieser Rechtsfrage.

Mit Beschluss vom 10.09.2014 setzte der zuständige Urkundsbeamte die Vergütung der Beschwerdegegner auf insgesamt 535,50 EUR fest. Dabei rechnete er die Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG in Höhe von 150,00 EUR auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG an:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RV 300,00 €

abzüglich Anrechnung Nr. 2302 VV RVG -150,00 €

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 280,00 €

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG20,00 €

19% USt, Nr. 7008 VV RVG 85,50 €

Gesamt: 535,50 €

Hiergegen haben die Beschwerdegegner am 10.10.2014 Erinnerung eingelegt und diese damit begründet, dass der Beschluss gegen § 15a Abs. 1 RVG verstoße. Aus der Vorschrift folge, dass es dem Ermessen des Anwalts obliege, ob er die Geschäftsgebühr oder aber die Verfahrensgebühr hälftig mindere.

Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass in der Rechtsprechung umstritten sei, ob die Staatskasse Dritter im Sinne von § 15a Abs. 2 RVG sei, dass teilweise die Meinung vertreten werde, mit der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei für das sozialgerichtliche Verfahren eine spezielle Anrechnungsregel geschaffen worden, welche die anwaltliche Wahlfreiheit bezüglich der Anrechnung einschränke, und dass gegebenenfalls eine Parität zwischen der Vergütung eines Wahlanwalts und eines im Wege der PKH-Bewilligung beigeordneten Anwalts beachtet werden müsse.

Die Beschwerdegegner haben u. a. die Frage aufgeworfen, ob es rechtspolitisch gewollt sei, die im Sozialrecht tätigen Rechtsanwälte bei der Vertretung auf PKH-Basis insgesamt in ihrem Anspruch auf Vergütung durch die Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr zu beschränken. Es könne sich hieraus die Motivation des Anwalts ergeben, das Vorverfahren immer dem Rechtssuchenden zu überlassen und womöglich den Kläger selbst zur Rechtsantragsstelle zu schicken. Auch der mittellose Rechtssuchende solle jedoch die Möglichkeit haben, bereits im Vorverfahren adäquat betreut zu werden. Ein Vergleich zum „Wahlanwalt“ sei verfehlt. Es sei zu befürchten, dass ein auf PKH-Basis tätiger Rechtsanwalt gegenüber einem Anwalt, der einen rechtsschutzversicherten oder selbst zahlenden Mandanten vertrete, benachteiligt werde. Nicht zuletzt spreche auch der Wortlaut von § 15a RVG für die von den Beschwerdegegnern gewählte Auslegung.

Mit streitgegenständlichem Beschluss vom 09.06.2015 hat das SG den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10.09.2014 abgeändert; die zu erstattende Vergütung sei, so das SG, auf insgesamt 714,00 € festzusetzen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage hat das SG die Beschwerde zugelassen.

Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr, wie von dem Kostenbeamten vorliegend vorgenommen, sei wegen des anwaltlichen Wahlrechts gemäß § 15a Abs. 1 RVG, so das SG, nicht möglich. § 15a Abs. 2 RVG finde keine Anwendung, da die Staatskasse kein Dritter im Falle der Bewilligung von PKH sei, sondern Kostenschuldner des Rechtsanwalts. Erst wenn eine der Gebühren bezahlt werde, müsse der Rechtsanwalt die Rechnung für den anderen Teil wegen der Anrechnung kürzen. Eine gesetzliche Grundlage dafür, dass der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt sich gegebenenfalls fiktive Zahlungsansprüche anrechnen lassen müsse, sei aus dem RVG nicht abzuleiten.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 17.06.2015 Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht erhoben. Unter Verweis auf die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG hat er darauf hingewiesen, dass es nicht nachvollziehbar sei, weshalb die Staatskasse de facto die Geschäftsgebühr für ein Vorverfahren bezahlen solle, obwohl PKH nur für gerichtliche Verfahren bewilligt werde.

Den Beschwerdegegnern ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens und des erstinstanzlichen Klageverfahrens des SG verwiesen.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper.

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in der ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i. S. v. § 60 Abs. 1 RVG ist dem Beschwerdeführer nach dem 31.07.2013 erteilt worden.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist statthaft, da sie vom SG zugelassen wurde, § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG). Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Vergütung der Beschwerdegegner zutreffend festgesetzt. Der Kostenansatz durch den Urkundsbeamten war zu niedrig. Der Vergütungsanspruch der Beschwerdegegner umfasst weitere 178,50 EUR (insgesamt 714,00 EUR).

Der diesen zuerkannte Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse beruht auf §§ 45 ff. RVG. Streitig ist vorliegend allein die Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr.

Wie das SG zu Recht entschieden hat, ist vorliegend eine Anrechnung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nicht vorzunehmen (auch eine horizontale Anrechnung gemäß § 58 RVG kommt nicht in Betracht). Denn die Beschwerdegegner haben keine Zahlungen ihres Auftraggebers (oder eines Dritten) erhalten.

Entsprechend den zutreffenden Darlegungen des SG wurde mit der neu gefassten Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nunmehr auch im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entstehen, auf eine echte Anrechnungsregelung umgestellt (vgl. auch z. B. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., Vorbemerkung 3 VV, Rdnr. 4). Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 (d. h. eine nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV RVG) entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet; bei Betragsrahmengebühren beträgt der Anrechnungshöchstbetrag 175,00 EUR. Die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgeschriebene Anrechnung führt dazu, dass im Rahmen der Kostenerstattung auch § 15a RVG unmittelbar Anwendung findet (so auch der Beschluss des Hessischen LSGvom 03.02.2015, Az.: L 2 AS 605/14 B; vgl. z. B. auch Müller-Rabe, a. a. O., Rdnr. 5).

Maßgeblich ist vorliegend somit § 15a Abs. 1 RVG. Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn der Anwalt im Weg der PKH beigeordnet worden ist (vgl. Hessisches LSG, a. a. O.). Der Senat folgt der Auffassung des SG, dass § 15a Abs. 2 RVG im Verhältnis gegenüber der Staatskasse keine Anwendung findet (vgl. auch Hessisches LSG, a. a. O.; Hessischer VGH, Beschluss vom 27.06.2013, Az.: 6 E 600/13, 6 E 602/13, 6 E 601/13; Hansens, RVGreport 2015, 299 ff.). Diese Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Anrechnung von Leistungen eines Dritten im Außenverhältnis stattfindet. Die Staatskasse ist jedoch kein Dritter im Falle der Bewilligung von PKH, sondern Kostenschuldner des Rechtsanwalts (§ 45 Abs. 1 Satz 1 RVG). Sie tritt insoweit an die Stelle des Mandanten (vgl. z. B. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.05.2013, Az.: 18 W 68/13).

Eine Beschränkung des durch § 15a Abs. 1 RVG gewährten Wahlrechts des Rechtsanwalts infolge Anrechnung greift nur, wenn eine entsprechende Zahlung tatsächlich erfolgt ist.

Zwar spricht für eine Anrechnung unabhängig von einer solchen zunächst der Wortlaut der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG. Nach diesem gilt:

„Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte (...) auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet.“

Danach kommt es nicht auf die tatsächliche Zahlung an, sondern nur auf das Entstehen einer Geschäftsgebühr. Vorliegend kann der Senat keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die Geschäftsgebühr nicht entstanden wäre.

Auch könnte der Regelungszweck von § 15a RVG für eine Anrechnung unabhängig von einer erfolgten Zahlung sprechen. Der Senat sieht auch in § 15a Abs. 1 RVG eine Vorschrift zur Minderung staatlicher Belastungen. Denn auch diese Vorschrift dient der Vermeidung von Überzahlungen und damit der Kostendämpfung (zur horizontalen Anrechnung ausdrücklich z. B. Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., § 58 RVG, Rdnr. 4).

Auch Praktikabilitätserwägungen könnten eine von Zahlungsströmen unabhängige Anrechnung im oben genannten Sinn nahelegen (s. hierzu unten).

Diese Aspekte vermögen jedoch nicht, eine Anrechnung unabhängig von der Zahlung der Geschäftsgebühr zu rechtfertigen. Denn eine derartige Auslegung wäre weder mit dem weiteren, zentralen Regelungszweck von § 15a RVG, nämlich der vom Gesetzgeber intendierten Wahlfreiheit des Rechtsanwalts, noch mit weiteren Vorschriften des RVG in Einklang zu bringen.

a. Mit dem SG und dem Hessischen LSG (Beschluss vom 03.02.2015, a. a. O.) ist der Senat der Auffassung, dass eine Anrechnung ohne tatsächliche Zahlung nicht mit § 15a Abs. 1 RVG zu vereinbaren ist.

§ 15a RVG ist durch Art. 7 des Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 in das RVG eingeführt worden als gesetzgeberische Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus den Jahren 2007/2008 (s. Bundestagsdrucksache 16/12717, S. 58; vgl. z. B. Müller-Rabe, a. a. O., § 15a, Rdnr. 7, m. w. N.).

Da Abs. 2 der Vorschrift nicht zur Anwendung kommt (s. oben), ist zwingend § 15a Abs. 1 RVG zu berücksichtigen (vgl. SG Fulda, Beschluss vom 29.07.2014, Az.: S 4 SF 16/14 E - „tertium non datur“).

Nicht vertretbar erscheint die - im Beschluss des SG Würzburg, Az.: S 14 SF 152/14 E, zum Ausdruck kommende - Auffassung, der Gesetzgeber habe in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG für sozialgerichtliche Verfahren eine besondere Anrechnungsregel geschaffen, welche die anwaltliche Wahlfreiheit hinsichtlich der Anrechnung einschränke. Denn ein solches Verständnis der genannten Vorschriften ist mit der Systematik des RVG nicht in Einklang zu bringen. Während das RVG an verschiedenen Stellen - wie z. B. in der genannten Vorbemerkung - regelt, welche Gebühren aufeinander anzurechnen sind, hat § 15a RVG die Funktion, zu regeln, welche Folgen eine solche Anrechnung im Innenverhältnis nach Abs. 1 (und im Verfahren zu ersatz- oder erstattungspflichtigen Dritten im Sinne von Abs. 2) hat (vgl. z. B. Müller-Rabe, a. a. O., Rdnr. 8). Die genannte Vorbemerkung kann also nicht als lex specialis gegenüber der Regelung des § 15a RVG verstanden werden; vielmehr handelt es sich insoweit um unterschiedliche Regelungsbereiche. § 15a RVG ist immer dann anwendbar, wenn der Anwalt mehrere Gebühren verdient hat und wenn das Gesetz eine Anrechnung der einen auf eine andere Gebühr vorsieht (vgl. z. B. Hartmann, a. a. O., § 15a, Rdnr. 3).

§ 15a Abs. 1 RVG sieht jedoch ausdrücklich eine Wahlfreiheit des Rechtsanwalts hinsichtlich der Geltendmachung der Gebühren vor; dies ist ausdrücklicher Regelungsgehalt der Vorschrift zur Vermeidung der durch die vorherige BGH-Rechtsprechung verursachten Folgen. Insofern hat der Bundestags-Rechtsausschuss ausgeführt (Bundestagsdrucksache 16/12717, S. 58):

„Absatz 1 soll die Anrechnung im Innenverhältnis zwischen dem Rechtsanwalt und dem Auftraggeber regeln. Die Vorschrift beschränkt die Wirkung der Anrechnung auf den geringstmöglichen Eingriff in den Bestand der betroffenen Gebühren. Beide Gebührenansprüche bleiben grundsätzlich unangetastet erhalten. Der Rechtsanwalt kann also beide Gebühren jeweils in voller Höhe geltend machen. Er hat insbesondere die Wahl, welche Gebühr er fordert und - falls die Gebühren von verschiedenen Personen geschuldet werden - welchen Schuldner er in Anspruch nimmt. Ihm ist lediglich verwehrt, insgesamt mehr als den Betrag zu verlangen, der sich aus der Summe der beiden Gebühren nach Abzug des anzurechnenden Betrags ergibt. Soweit seine Forderung jenen Betrag überschreitet, kann ihm der Auftraggeber die Anrechnung entgegenhalten. Mehr ist nicht erforderlich, um die Begrenzung des Vergütungsanspruchs zu erreichen, die mit der Anrechnung bezweckt wird.“

Entsprechend der Rechtsprechung des Hessischen LSG (a. a. O.) und des SG ist es folglich Zweck des § 15a Abs. 1 RVG, jedenfalls im Innenverhältnis von Auftraggeber und Rechtsanwalt dem Letzteren die volle Wahlfreiheit zu lassen, welche Gebühr er in voller Höhe fordern will und welche er dann infolge der Deckelung durch die Höchstsumme infolge der Anrechnung nur beschränkt verlangt.

Wie das SG Fulda in dem oben genannten Beschluss (a. a. O.) zutreffend darauf hingewiesen hat, träte jedoch dann genau das Ergebnis ein, das der Gesetzgeber durch § 15a Abs. 1 RVG vermeiden hat wollen - nämlich ein von vornherein nur beschränkter Anspruch auf die um die Anrechnung reduzierte Verfahrensgebühr -, wenn man einen Rechtsanwalt durch eine gegebenenfalls rein fiktive Anrechnung darauf verweisen würde, die Zahlung der Geschäftsgebühr bei seinem Mandanten oder dem Prozessgegner zu erwirken. Da die Staatskasse an die Stelle des Auftraggebers tritt und, wie dargelegt, nicht Dritter ist, betrifft die Entscheidung, von der Staatskasse zunächst die volle Verfahrensgebühr im Wege der Vergütungsfestsetzung zu fordern, genau die Wahlfreiheit im Innenverhältnis, die durch § 15a Abs. 1 RVG gesichert wird (vgl. Müller-Rabe, a. a. O., § 58, Rdnr. 35 sowie § 15a, Rdnr. 12).

b. Dass eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nur dann vorgenommen werden kann, wenn die Geschäftsgebühr auch gezahlt worden ist, ergibt sich zudem auch aus § 55 Abs. 5 Sätze 2 bis 4 RVG (vgl. Hessisches LSG, a. a. O., m. w. N.), die wie folgt lauten:

„Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten hat, hat er unverzüglich anzuzeigen.“

Durch diese Angaben sollen für die Festsetzung der Vergütung die Daten zur Verfügung gestellt werden, die zur Ermittlung benötigt werden, in welchem Umfang die Zahlungen auf die anzurechnende Gebühr als Zahlung auf die festgesetzte Gebühr zu behandeln sind (vgl. Begründung des Rechtsausschusses, Bundestagsdrucksache 16/12717, S. 59). Daraus wird ersichtlich, dass bei der Kostenfestsetzung nur geleistete Zahlungen zu berücksichtigen sind, denn anderenfalls wäre eine Angabe, welche Zahlungen der Rechtsanwalt empfangen hat, nicht zwingend erforderlich (vgl. Hessisches LSG, a. a. O., m. w. N.).

c. Nicht folgen kann der Senat den Bedenken des Beschwerdeführers, die Staatskasse habe de facto die Geschäftsgebühr für ein Vorverfahren zu bezahlen, obwohl PKH nur für gerichtliche Verfahren bewilligt werde. Denn eine Addition beider Gebühren findet wegen der Deckelung durch die Anrechnung, beschränkt durch den Höchstbetrag von 175,- €, gerade nicht statt. Die Staatskasse muss in diesem Rahmen somit hinsichtlich des Betrags immer nur die „PKH-Kosten“ tragen.

d. Im Übrigen erschließt sich für den Senat mit Blick auf die Identität der Betragsrahmengebühren nicht, weshalb es vorliegend auf eine angeblich zu wahrende Parität zwischen der Vergütung eines Wahl- und eines beigeordneten Anwalts ankommen könnte, wie es etwa in dem o. g. Beschluss des Sozialgerichts Würzburg thematisiert worden ist.

e. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr ist somit nur dann vorzunehmen, wenn und soweit die Geschäftsgebühr auch gezahlt worden ist. Bereits aus Gründen der Rechtssicherheit genügt es insbesondere nicht, wenn der Rechtsanwalt die Gebühr (nur) in Rechnung gestellt hat.

f. Damit wird dem Rechtsanwalt entsprechend der gesetzgeberischen Intention die volle Wahlfreiheit belassen, welche Gebühr er in voller Höhe fordern will und welche er dann infolge der Deckelung durch die Höchstsumme infolge der Anrechnung nur beschränkt verlangt. Dieses Wahlrecht ist auch bei tatsächlich erfolgten Zahlungen erst dann beschränkt, wenn der Deckelungsbetrag der Höchstsumme erreicht ist.

g. Der Senat verkennt nicht, dass in diesem Zusammenhang vor allem zur Vermeidung von Überzahlungen organisatorischer Aufwand der Gerichte besteht. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch die von der gesetzgebenden Gewalt gesetzten Regelungen nicht außer Kraft setzen. Wichtig wird daher sein, dass die Staatskasse, sobald ausreichende Erfahrungen vorliegen, von den Antragstellern in den betroffenen Kostenverfahren gezielt die Beantwortung des maßgeblichen Fragenkatalogs verlangt, der für rationell durchführbare, d. h. überflüssigen Aufwand vermeidende „Überwachungsmaßnahmen“ erforderlich ist. Aus gerichtlicher Sicht haben die Antragsteller dem zur Festsetzung der Gebühr berufenen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zwingend Kenntnis von sämtlichen Vereinbarungen zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Auftraggeber zu geben und insbesondere die erhaltenen Zahlungen und die gegen den Auftraggeber geltend gemachten Forderungen darzulegen (vgl. hierzu z. B. Hessischer VGH, a. a. O.); vor allem muss dem Urkundsbeamten - ohne dass dieser Veranlassung zu weiteren Nachfragen etc. sehen müsste - klar zur Kenntnis gegeben werden, ob der Anrechnungsbetrag vom Rechtsanwalt seinem Auftraggeber gegenüber überhaupt abgezogen worden ist. Der Senat sieht hier weitreichende Informationspflichten des Rechtsanwalts, vor allem auch hinsichtlich der ungefragten Offenlegung nachträglich erhaltener Zahlungen etc.

Nach alldem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.