Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Dez. 2018 - L 12 SF 224/17

bei uns veröffentlicht am17.12.2018
vorgehend
Sozialgericht München, S 36 SF 150/17 E, 04.09.2017

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG München vom 4. September 2017, S 36 SF 150/17 E, wird zurückgewiesen.

Gründe

Im Streit steht die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) im Verfahren S 8 AS 2673/16 ER. Streitig ist allein, ob bei der Berechnung der nach Beiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdeführer) zu erstattenden Kosten die geltend gemachte Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG in voller Höhe anzusetzen ist oder ob auf diese Gebühr bei der Kostenfestsetzung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG die für die vorgerichtliche Tätigkeit angefallene Geschäftsgebühr teilweise anzurechnen ist.

Mit Antrag vom 04.10.2016 hatte der Antragsteller des Verfahrens S 8 AS 2673/16 ER beim Antragsgegner (Jobcenter Freising) Leistungen nach dem SGB II beantragt, die dieser mit Bescheid vom 07.11.2016 ablehnte. Der Antragsteller sei von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, da er sich im Rahmen einer Bewährungsweisung in einer stationären Drogentherapie befinde. Gegen die ablehnende Entscheidung legte der Antragsteller, anwaltlich vertreten durch den Beschwerdegegner, am 11.11.2016 Widerspruch ein.

Am 14.11.2016 beantragte der auch hier vom Beschwerdegegner vertretene Antragsteller beim Sozialgericht München (SG) im Wege einer einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 14.11.2016 bis einschließlich Februar 2017 monatlich 404 € zu bewilligen. Das SG bewilligte dem Antragsteller mit Beschluss vom 09.12.2016 ab Verfahrensbeginn Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdegegner bei. Mit Beschluss vom gleichen Tag verpflichtete das SG das Jobcenter, dem Antragsteller vorläufig SGB II Leistungen in Höhe von monatlich ca. 180 € zu gewähren und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Das Jobcenter wurde verpflichtet, die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.

Mit Schriftsatz vom 12.12.2016 beantragte der Beschwerdegegner die Festsetzung folgender Gebühren für das Antragsverfahren S 8 AS 2673/16 ER:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,00 € Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

19% USt, 7008 VV RVG 60,80 €

Gesamt: 380,80 €

Für das parallel zum gerichtlichen Eilverfahren geführte Widerspruchsverfahren habe ihm das Jobcenter mit Zahlungseingang vom 25.01.2017 einen Betrag in Höhe von 380,80 € erstattet. Unter Verweis auf den Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts vom 21.06.2016, L 15 SF 39/14 E machte er geltend, eine Anrechnung dieser Gebühren käme jedoch nicht in Betracht.

Das Jobcenter teilte mit, zu einer Zahlung der Hälfte der geltend gemachten Kosten (380,80 € / 2) für das Antragsverfahren bereit zu sein, eine Auszahlung sei noch nicht erfolgt.

Mit Beschluss vom 09.03.2017 setzte die zuständige Urkundsbeamte die Vergütung im Verfahren S 8 AS 2673/16 ER wie folgt fest:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,00 €

- Gem. Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG anzurechnen 150,00 € Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20 €

19% USt. 7008 VV RVG 32,30 €

Gesamt: 202,30 €

Die erhaltene Gebühr für das Widerspruchsverfahren sei anzurechnen. Der vom Beschwerdegegner angeführte Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts sei nicht einschlägig. Dort sei Gegenstand die Herstellung der aufschiebenden Wirkung eines Verwaltungsakts gewesen, während hier eine Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG getroffen worden sei.

Hiergegen hat der Beschwerdegegner am 16.03.2017 Erinnerung eingelegt. Der Kostenfestsetzungsbeschluss weiche von der ständigen gerichtlichen Praxis der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit ab. Das Widerspruchsverfahren und das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz seien unterschiedliche Angelegenheiten im gebührenrechtlichen Sinn und hätten jeweils einen unterschiedlichen Streitgegenstand. Der Beschwerdeführer führte unter Verweis auf den Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 31.05.2016, L 2 AS 603/15 B aus, maßgeblich sei allein, ob - wie hier - bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise „derselbe Gegenstand“ vorliege.

Das SG hat mit Beschluss vom 4. September 2017 den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09.03.2017 abgeändert und die im Antragsverfahren S 8 AS 2673/16 ER zu erstattende Vergütung auf insgesamt 380,00 € festgesetzt. Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG erfolge nicht. Nur soweit wegen „desselben Gegenstandes“ eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 (d.h. eine nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV RVG entstandene Geschäftsgebühr) entstehe, werde diese Gebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet. Vorliegend handele es sich aber nicht um denselben Gegenstand im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG; insbesondere seien keine Gründe ersichtlich, von der Rechtsprechung des Bayerischen Landessozialgerichts, vgl. Beschluss vom 21. Juni 2016, L 15 SF 39/14 E, abzuweichen. Nach der Gesetzesbegründung bezwecke der Gesetzgeber mit der Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG eine dem Aufwand entsprechende Vergütung des Rechtsanwalts. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit werde entscheidend davon beeinflusst, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst gewesen sei. Eine Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Rechtsanwalt, der zunächst außergerichtlich tätig gewesen sei, sei nicht zu rechtfertigen. Außerdem fördere die Anrechnung eine außergerichtliche Erledigung. Es müsse der Eindruck vermieden werden, der Rechtsanwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren (BayLSG a.a.O. unter Verweis auf Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 209 zu der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG).

Vorliegend sei der Beschwerdegegner aber nicht mit einer vorgerichtlichen Tätigkeit im Sinne der Gesetzesbegründung befasst gewesen, denn das Widerspruchsverfahren sei dem Eilrechtsschutzverfahren nicht vorgeschaltet gewesen, sondern vielmehr dessen Gegenstand und sei sogar erst nach dem Gerichtsverfahren abgeschlossen worden.

Weiter habe sich auch das Verfahren S 8 AS 2673/16 ER nicht auf die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des ablehnenden Verwaltungsakts vom 07.11.2016 beschränkt. Zwar sei auch nicht nur im Widerspruchsverfahren, sondern auch im Verfahren S 8 AS 2673/16 ER inhaltlich streitig gewesen, ob der Antragsteller in der Zeit seiner stationären Drogentherapie Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe. Auch dürfte der Urkundsbeamtin zuzustimmen sein, wenn sie darauf hinweise, dass im Falle der Regelungsanordnung gem. § 86 Abs. 2 Satz 2 SGG - gerade im Bereich der existenzsichernden Leistungen - eine inhaltliche Prüfung des Anspruchs häufig wesentlicher Bestandteil des gerichtlichen Eilverfahrens sei. Es bestehe aber auch bei Verfahren nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ein zum Widerspruch und damit zur Hauptsache deutlich abweichendes Prüfprogramm, insbesondere erfordere eine einstweilige Anordnung immer auch ein Eilbedürfnis. Das Kostenverfahren würde überfrachtet, wenn in jedem einzelnen Verfahren ermittelt werden müsste, inwieweit sich Widerspruchs- und Eilverfahren gedeckt hätten. Dass der mit dem Widerspruch angefochtene Verwaltungsakt im gerichtlichen Eilverfahren auch in gewissem Umfang inhaltlich zu prüfen sei, reiche nicht für die Annahme „desselben Gegenstands“ iSd. Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG.

Gegen den am 05.09.2017 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 06.09.2017 die vom SG zugelassene Beschwerde erhoben und unter Bezugnahme auf den Beschluss des LSG Hessen (aaO) begehrt, die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr - wie im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 09.03.2017 erfolgt - anzurechnen. Wenn der Prozessbevollmächtigte mehr oder weniger zeitgleich zu „demselben Gegenstand“ Aktivitäten mit leicht unterschiedlicher Zielsetzung und deshalb leicht unterschiedlichen juristischen Antrags- und Begründungsschemata entfalte, liege eine Arbeitsersparnis aufgrund detaillierter Kenntnisse des Gegenstandes in all seinen Facetten auf der Hand. Der Beschwerdeführer verwies zudem auf seine Auffassung unterstützende Kommentarliteratur sowie einen Beschluss des BGH vom 29.11.2011, XI ZB 16/119.

Der Beschwerdegegner hatte Gelegenheit zur Stellungnahme und hat sich inhaltlich nicht geäußert.

Am 25.09.2018 hat der Beschwerdegegner Verzögerungsrüge erhoben.

Mit Beschluss vom 12. Dezember 2018 hat die Berichterstatterin des Senats das Verfahren nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG auf den Senat übertragen.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahren und des Antragsverfahrens verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerden ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper.

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in der ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i.S.v. § 60 Abs. 1 RVG ist dem Beschwerdegegner nach dem 31.07.2013 erteilt worden.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist statthaft, weil das SG München wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage die Beschwerde in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG).

Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet.

Das SG hat die Vergütung des Beschwerdegegners zutreffend ohne die vom Beschwerdeführer begehrte Anrechnung festgesetzt. Zur Begründung hat das SG sich im Wesentlichen auf den Beschluss des BayLSG vom 21.06.2016, L 15 SF 39/14 E gestützt und mit zutreffender Begründung eine abweichende Beurteilung abgelehnt. Dieser Auffassung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Der Senat sieht keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung des Kostensenats, der eine Anrechnung der im Vorverfahren verdienten Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr eines damit im Zusammenhang stehenden gerichtlichen Eilverfahrens ablehnt, abzuweichen.

Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG wird die Geschäftsgebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr angerechnet, soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 entsteht. Zweck von Anrechnungsvorschriften ist es zu verhindern, dass die gleiche - oder annähernd gleiche - Tätigkeit zweimal honoriert wird, wenn sie hinsichtlich unterschiedlicher Angelegenheiten anfällt, z.B. zunächst als außergerichtliche und später als gerichtliche. Darüber hinaus soll die Einigungsbereitschaft dadurch gefördert werden, dass es gebührenrechtlich für den Anwalt weniger reizvoll sei soll, es zu einem gerichtlichen Verfahren kommen zu lassen (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Komm. zum RVG, 23. Aufl. 2017, VV Vorb. 3 RdNr. 245 unter Verweis auf die Motive zum KostRMoG). Maßgeblich ist daher auch im vorliegenden Fall, ob es sich hinsichtlich des Widerspruchs- und des Eilrechtsschutzverfahrens um denselben Gegenstand im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG handelt. Dies hat das SG zutreffend verneint. Denn Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens ist die - dem Klageverfahren vorgeschaltete - Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Gegenstand des hier zu beurteilenden Eilrechtsschutzverfahrens ist gerade nicht die inhaltliche Prüfung des Verwaltungsakts, sondern eine Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis. Das Verfahren im Eilrechtsschutz betrifft damit gerade nicht denselben Gegenstand wie das Widerspruchsverfahren, sondern ist erst aufgrund des ablehnenden - sodann mit Widerspruch angefochtenen - Bescheides erforderlich geworden. Zuzugeben ist, dass eine inhaltliche Prüfung des Widerspruchs, somit des angefochtenen Verwaltungsakts, eine nicht unerhebliche Rolle im Eilverfahren spielt, da der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) im Eilverfahren glaubhaft zu machen ist. Im Hinblick auf das abweichende Prüfprogramm und insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach in (vor allem existenzsichernde Leistungen betreffenden) einstweiligen Rechtsschutzverfahren, umfassende Abwägungen unter Einbeziehung von Grundrechten des Antragstellers vorzunehmen sind, tritt die materiell-rechtliche Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts aber deutlich zurück (vgl. schon Beschluss des BayLSG vom 21.06.2016, L 15 SF 39/14 E; Straßfeld, Sgb 2008, 635, 638, zum Aufwand eines Rechtsanwalts in Eilverfahren, wenn er bereits im Widerspruchsverfahren tätig war).

Eine Anrechnung der in einem Widerspruchsverfahren entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im Eilrechtsschutzverfahren ist vorliegend auch nicht mit gesetzgeberischen Motiven zu begründen (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 209 zu der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG):

„Eine Anrechnung ist zunächst aus systematischen Gründen erforderlich. Nach der Definition in Abs. 2 der Vorbemerkung erhält der Rechtsanwalt die gerichtliche Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Der Umfang dieser anwaltlichen Tätigkeit wird entscheidend davon beeinflusst, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Eine Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Rechtsanwalt, der zunächst außergerichtlich tätig war, ist nicht zu rechtfertigen.

Die Anrechnung ist aber auch erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es muss der Eindruck vermieden werden, der Rechtsanwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Dieses Interesse kollidiert zwangsläufig mit dem Bestreben einer aufwandsbezogenen Vergütung. Diesen unterschiedlichen Interessen wird die vorgeschlagene Anrechnungsregel gerecht.“

Der Beschwerdegegner war vorliegend zwar im Widerspruchsverfahren und damit in einer vorgerichtlichen Tätigkeit mit der Angelegenheit befasst, das Eilrechtsschutzverfahren war aber dem Widerspruchsverfahren nicht vorgeschaltet, sondern wurde parallel zum Widerspruchsverfahren beantragt. Daher konnte der Beschwerdegegner gerade nicht auf bereits erworbene Erkenntnisse wegen anwaltlicher Vorbefassung aus dem Widerspruchsverfahren zurückgreifen. Zwar ist nicht erforderlich, dass die Geschäftsgebühr bereits entstanden ist, eine Anrechnung erfolgt nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 vielmehr auch dann, wenn die Geschäftsgebühr nach der Verfahrensgebühr entsteht. Die Gesetzesbegründung (Bt-Drs. 16/3038, 56) führt hierzu als Beispiel den Fall auf, wenn in einem gerichtlichen Verfahren über einen Mehrvergleich erfolglos verhandelt wird und der Anwalt in Folge dessen einen Auftrag zur außergerichtlichen Einigung erhält. Dieses Beispiel belegt jedoch, dass der Gesetzgeber bei der pauschalen Anrechnungsvorschrift der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG die Synergieeffekte gebührenrechtlich abbilden wollte, die bei dem Anwalt durch die Vor- bzw. Nachbefassung mit der Angelegenheit vorliegen. Soweit aber die vorgerichtliche und die gerichtliche Tätigkeit einem unterschiedlichen Prüfungsschema unterliegt, treten die Synergieeffekte, die sich aus der Vorbefassung ergeben, zurück mit der Folge, die Verfahren nicht denselben Gegenstand betreffen.

Auch der gebührenrechtliche Aspekt, die Anrechnungsregelung solle eine außergerichtliche Erledigung fördern, vermag gerade in dem vorliegenden Fall nicht zu überzeugen. Denn bei Ablehnung der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II ist der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG die einzig denkbare Möglichkeit, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zu verschaffen. Ein gebührenrechtliches Interesse des Rechtsanwalts an dem gerichtlichen Verfahren steht daher nicht im Vordergrund.

Die gegenteilige Auffassung (LSG Hessen, aaO, sich dem anschließend Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 20. Juli 2017 - L 6 SF 950/15 B -, juris), die bei parallelem Widerspruchs- und Eilverfahren eine Anrechnung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 für zulässig hält, misst nach Auffassung des Senats den grundlegenden Unterschieden zwischen den Prüfschemata im Rahmen eines Verfahrens des Einstweiligen Rechtsschutzes und dem des Widerspruchsverfahren nicht genug Bedeutung bei. In der Literatur wird zwar für ein weites Verständnis des Begriffs „derselbe Gegenstand“ in Abs. 4 der Vorbemerkung 3 VV RVG votiert (vgl. z.B. Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl. 2018, VV 3100 Rn. 56 Stichwort „Eilverfahren“), nachdem mit Blick auf den Regelungskontext nicht der rechtlich-dogmatische, sondern der inhaltliche Zusammenhang der jeweiligen Verfahren im Vordergrund steht, der zu der Arbeitsersparnis führt, die durch die Regelung berücksichtigt werden soll (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, Anh. II Rn. 133 und 135). Zwar entstehen auch nach Auffassung dieses Senats im Verhältnis von Vorverfahren und gerichtlichem Eilverfahren typischerweise Synergieeffekte. Diese werden allerdings überlagert durch die regelmäßig im Eilverfahren zusätzlich erforderlichen Darlegungen zur Eilbedürftigkeit. Eine pauschale Anrechnung wie in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgegeben ist, wird diesen zusätzlichen Erfordernissen trotz weitem Überschneidungsbereich in Bezug auf die materiell-rechtliche Prüfung nicht gerecht.

Für die Annahme „desselben Gegenstandes“ i.S.d. Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG genügt gerade nicht, dass der mit dem Widerspruch angefochtene Verwaltungsakt im gerichtlichen Eilverfahren auch in gewissem Umfang inhaltlich zu prüfen ist.

Die vom Beschwerdeführer vorgetragene Kommentarliteratur (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl .2107, Anhang II RdNr. 133) betrifft die Anrechnung der bei der im Abmahnverfahren verdienten Geschäftsgebühr auf die im nachfolgenden einstweiligen Verfügungsverfahren. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden, auf den Erlass einer Regelungsanordnung gerichteten Fall nicht vergleichbar.

Die Vergütung für den Beschwerdegegner errechnet sich daher wie folgt:

„Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,00 € Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

19% USt, 7008 VV RVG 60,80 €

Gesamt: 380,80 €

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 56 Abs. 2 Satz 1 iVm. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

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Tenor I. Auf die Beschwerde wird Ziffer III. des Beschlusses des Sozialgerichts Würzburg vom 3. Februar 2014 aufgehoben. II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Gründe I. Gegenstand des

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Tenor

I.

Auf die Beschwerde wird Ziffer III. des Beschlusses des Sozialgerichts Würzburg vom 3. Februar 2014 aufgehoben.

II.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdegegner nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdeführer) zusteht. Streitig ist die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr. Gegenstand ist weiter der Kostenausspruch im Erinnerungsbeschluss.

Im Antragsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Würzburg (SG), Az.: S 11 KR 505/13 ER, ging es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des vom Kläger am 14.11.2013 eingelegten Widerspruchs (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) gegen die Rücknahme von Bewilligungsbescheiden bezüglich von Leistungen im Rahmen eines persönlichen Budgets durch den Bescheid vom 08.11.2013; die Beklagte hatte die sofortige Vollziehung dieses Bescheids angeordnet.

Am 14.11.2013 stellte der Kläger über seinen Bevollmächtigten, den Beschwerdegegner, den genannten Antrag im Eilrechtsschutzverfahren und beantragte die Gewährung von PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 22.11.2013 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet. Auf den Beschluss des SG im Eilrechtsschutzverfahren vom 22.11.2013, mit dem der Antrag des Klägers teilweise abgelehnt worden war, schloss sich das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG), Az.: L 5 KR 403/13 B ER, an; in diesem wurde der Beschwerdeführer auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 09.12.2013 im Rahmen der PKH-Gewährung beigeordnet. Mit Beschluss des BayLSG vom 02.12.2013, berichtigt durch Beschluss vom 09.12.2013, wurde u. a. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den oben genannten Bescheid vom 08.11.2013 (auch mit Wirkung für die Zukunft) angeordnet.

Am 25.11.2013 bzw. 04.12.2013 beantragte der Beschwerdegegner, seine Vergütung für die Eilrechtsschutzverfahren Az.: S 11 KR 505/13 ER sowie L 5 KR 431/13 B ER festzusetzen und setzte dabei eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 550,00 EUR und eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3204 VV RVG in Höhe von 370,00 EUR an.

Mit Beschluss vom 24.01.2014 setzte die zuständige Urkundsbeamtin die Vergütung des Beschwerdegegners gemäß § 55 RVG auf insgesamt 755,65 EUR, im Einzelnen wie folgt fest:

1. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 400,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 420,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 79,80 EUR

Zwischensumme mit Mehrwertsteuer: 499,80 EUR

abzüglich Ergebnis Vergleichsberechnung 208,25 EUR (str.)

Erstattungsbetrag: 291,55 EUR

2. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV RVG: 370,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 390,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 74,10 EUR

Zwischensumme mit Mehrwertsteuer: 464,10 EUR

Erstattungsbetrag: 464,10 EUR

Gesamterstattungsbetrag: 755,65 EUR

Aufgrund des Beschlusses des BayLSG im Eilrechtsschutzverfahren vom 09.12.2013 habe zwar die Beklagte die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten, auf Antrag des Beschwerdegegners würden die festgesetzten Gebühren jedoch vorab aus der Staatskasse erstattet. Zusammenfassend sei von einem überdurchschnittlichen ER-Verfahren auszugehen; eine Verfahrensgebühr für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von 400,00 EUR sei aus ihrer, der Urkundsbeamtin, Sicht angemessen und vollkommen ausreichend.

Entsprechend ihrer Mitteilung vom „15.01.2013“ habe die Beklagte mitgeteilt, dass der Beschwerdegegner für das oben genannte Widerspruchsverfahren Kosten in Höhe von 499,80 EUR geltend gemacht habe, die bereits ausgezahlt worden seien. Nach dem ab 01.08.2013 geltenden Recht seien die Kosten für das vorausgegangene Verfahren auf die Gebühren des nachfolgenden anzurechnen. Vorliegend sei eine Vergleichsberechnung durchzuführen, wobei die Gebühren eines Wahlanwalts den Kosten eines im Wege der PKH-Gewährung beigeordneten Anwalts gegenüber zu stellen seien. Der Wahlanwalt dürfe nicht besser oder schlechter gestellt werden als der beigeordnete Rechtsanwalt. Daher sei vorliegend nach Anrechnung einer Geschäftsgebühr von 175,00 EUR (zuzüglich Umsatzsteuer) ein Differenzbetrag von 208,25 EUR gegeben, um diesen die Verfahrensgebühr bei der PKH-Festsetzung zu reduzieren sei. Somit ergebe sich für das erstinstanzliche Eilrechtsschutzverfahren lediglich ein Erstattungsbetrag von 291,55 EUR.

Gegen diese Kostenfestsetzung hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 25.01.2014 Erinnerung erhoben und zur Begründung darauf verwiesen, dass eine Anrechnung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG nicht zu erfolgen habe, da es sich vorliegend nicht um denselben Gegenstand in dem dort genannten Sinn handle.

Mit Beschluss des SG vom 03.02.2014 ist der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.01.2014 abgeändert worden, soweit das Eilrechtsschutzverfahren Az.: S 11 KR 505/13 ER betroffen sei. Die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten sind vom SG auf 963,90 EUR festgesetzt worden. Zudem hat das SG in Ziffer III. des Beschlusses festgelegt, dass die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens der Beschwerdeführer als Erinnerungsgegner trage. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass es sich bei der vorliegenden Fallkonstellation gerade nicht um denselben Gegenstand von Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahren handle. Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens sei die Überprüfung der Recht- bzw. Zweckmäßigkeit eines Ausgangsbescheids, wohingegen der Gegenstand eines Eilrechtsschutzverfahrens die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs darstelle. Einmal ginge es also um die Rechtmäßigkeit eines Bescheids und im weiteren Fall um die Frage, ob ein wie auch immer gearteter Bescheid vorläufig Geltung behalten solle oder nicht. Eine Gebührenanrechnung scheide somit aus.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 11.02.2014 Beschwerde erhoben und beantragt, die Kostenentscheidung des SG (Ziffer III. des Beschlusses) aufzuheben und die Vergütung aus der Staatskasse für das erstinstanzliche Eilrechtsschutzverfahren auf 755,65 EUR festzusetzen. Im angefochtenen Kostenbeschluss vom 24.01.2014 erfolge keine Anrechnung einer Geschäftsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG, sondern eine Anrechnung nach § 58 Abs. 2 für die vom Beklagten für das Eilrechtsschutzverfahren erhaltenen Zahlungen in Höhe von 499,80 EUR.

Der Beschwerdegegner hat im Schriftsatz vom 14.03.2014 klargestellt, dass letztere Behauptung „gänzlich unzutreffend“ sei. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 15.01.2014 erwähnte Zahlung habe eindeutig die Gebühren für die Vertretung im Widerspruchsverfahren betroffen. Dies ergebe sich aus der nun vorgelegten Gebührenrechnung (des Beschwerdegegners) vom 18.12.2013 bezüglich des Widerspruchsverfahrens. Der Beschwerdegegner hat anwaltlich versichert, zu keiner Zeit eine Kostenerstattungsforderung bezüglich der oben genannten Eilrechtsschutzverfahren erhoben und keine Zahlung hierfür erhalten zu haben.

Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, nach wie vor davon überzeugt zu sein, dass die Urkundsbeamtin des SG keine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vor-, sondern den Versuch unternommen habe, im Rahmen einer „Vergleichsberechnung“ den Betrag zu ermitteln, der aufgrund der Zahlung von 499,80 EUR durch die Beklagte von der Staatskasse anzurechnen sei. Er hat darauf hingewiesen, dass wegen der Identität der gesetzlichen Vergütung mit der Wahlanwaltsvergütung und dem Umstand, dass die Beklagte nicht auf einer Anrechnung der Geschäftsgebühr bestanden habe, sich der identische Betrag für die zu zahlende Verfahrensgebühr errechne, als wenn die Urkundsbeamtin gleich selbst die Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgenommen hätte. Weiter hat der Beschwerdeführer hervorgehoben, dass eine Erstattungsverpflichtung der Beklagten auch für die Kosten des Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahrens bestehe. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte nicht auf einer Anrechnung im oben genannten Sinn bestanden habe; bei der vorgenommenen Vergleichsberechnung könne dies jedoch dahingestellt bleiben. Eine Anrechnung durch die Staatskasse nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei jedoch auch grundsätzlich möglich, da der Beschwerdeführer an die Stelle des Klägers nach § 15a Abs. 1 RVG trete. In beiden Fällen sei jedoch nötig, dass es sich um denselben Gegenstand (von Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahren) handle. Der Beschwerdeführer hat darauf hingewiesen, dass es jedenfalls gebührenrechtlich bei der Anrechnung nicht auf den Streitgegenstand ankomme, sondern darauf, ob es sich um denselben Gegenstand handle. Weiter hat er die Berücksichtigung von Synergieeffekten und die Intention der Anrechnungsvorschrift - nämlich die Verminderung von Überzahlungen bzw. Kostengerechtigkeit - thematisiert.

Der Beschwerdegegner hat hervorgehoben, eine Vergütung für die Vertretung im Widerspruchsverfahren in einer anderen Angelegenheit erhalten zu haben, als sie das gerichtliche Eilrechtsschutzverfahren darstelle. § 58 Abs. 2 RVG sei nicht einschlägig; eine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei nicht möglich. Er hat beantragt, das vorliegende Beschwerdeverfahren dem Senat zur Entscheidung zu übertragen, da es zu der neuen Rechtslage noch keine gefestigte Rechtsprechung gebe.

In einem weiteren Schriftsatz (08.05.2014) hat der Beschwerdeführer detailliert den Begriff der kostenrechtlichen Angelegenheit unter Berücksichtigung historischer Herleitungen beleuchtet und weitere Problemstellungen im Hinblick auf die Neuregelung von § 15a Abs. 2 RVG und die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG unter Berücksichtigung zahlreicher Rechtsprechungsnachweise herausgearbeitet. Zusammenfassend ist er zu der Beurteilung gelangt, dass eine Anrechnung vorliegend wegen desselben Gegenstands geboten sei.

Im Schriftsatz vom 02.06.2014 hat der Beschwerdegegner darauf hingewiesen, dass § 58 Abs. 2 RVG nicht einschlägig sei mangels derselben kostenrechtlichen Angelegenheit. Derselbe Gegenstand im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei ebenfalls nicht gegeben. Gegenstand des Verfahrens auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs seien der Widerspruch als solcher und seine Rechtswirkungen. Hingegen sei Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens der mit dem Widerspruch angefochtene und damit zur Überprüfung gestellte Bescheid.

Am 05.11.2014 hat er mitgeteilt, dass vom Antragsgegner der Betrag von 968,90 EUR (inklusive Mahngebühren iHv. 5,00 EUR) an den Beschwerdeführer erstattet worden sei; die Staatskasse habe damit die von ihr getragenen Kosten vollumfänglich erstattet erhalten. Vor diesem Hintergrund bestünden, so der Beschwerdegegner, ernstliche Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers. Eine Belastung des Beschwerdeführers sei nicht erkennbar.

Hierauf hat der Beschwerdeführer (am 13.11.2014) darauf hingewiesen, dass sich die materielle Beschwer daraus ergebe, dass der Beschwerdegegner bei einer Zurückweisung der Beschwerde in den Genuss einer höheren Vergütung nach dem RVG kommen würde, als sie von Seiten des Gesetzgebers vorgesehen sei. Zudem hat der Beschwerdeführer auf die dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragenen Überwachungsaufgaben hingewiesen. Im Hinblick hierauf könne man dem Vertreter der Staatskasse doch nicht die Beschwer streitig machen, wenn er - ohne Zulassung der Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung - die vom Gesetzgeber gewollte, aber bis dato nicht realisierte Deckelung der Vergütung mit einer Beschwerde erreichen wolle bzw. müsse. Zudem müsse wohl auch daran erinnert werden, dass die Staatskasse darüber hinaus durch die contra legem getroffene Kostenentscheidung in Ziffer III. des Tenors beschwert sei.

Mit Schriftsatz vom 08.12.2014 hat der Beschwerdegegner die Auffassung vertreten, dass es nicht Aufgabe des Bezirksrevisors sei, sicherzustellen, dass ein Rechtsanwalt nicht in den Genuss einer höheren Vergütung nach dem RVG komme, als der Gesetzgeber sie angeblich vorgesehen habe. Eine Überwachungsaufgabe gegenüber Rechtsanwälten sei den Bezirksrevisoren nicht übertragen. Hinsichtlich der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss hat der Beschwerdegegner auf den Betrag von nur 27,00 EUR verwiesen, so dass insoweit bereits offensichtlich der Beschwerdewert nicht erreicht werde.

Am 22.12.2014 hat der Beschwerdeführer auch hierzu eingehend Stellung genommen und auf seine Aktivlegitimation, mit der gegen den Beschluss Beschwerde erhoben worden sei, verwiesen. Vorliegend handle es sich um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich der Anrechnungsvorschriften von § 15a RVG, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG und § 58 Abs. 2 RVG.

Mit Verweis auf die Rechtsprechung hat der Beschwerdeführer am 12.05.2015 davon berichtet, dass mittlerweile weder Rechtsanwälte noch Kostenrichter in ihren Entscheidungen nach § 197 SGG Zweifel daran hätten, dass es sich in der vorliegenden Fallkonstellation um denselben Gegenstand nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG handele.

Im Schriftsatz vom 17.06.2015 hat der Beschwerdegegner u. a. hervorgehoben, dass ein Verfahren nach Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts und das mit gleichem Ziel betriebene anschließende gerichtliche Eilverfahren denselben Gegenstand hätten. Vorliegend gehe es jedoch im Widerspruchsverfahren um die Überprüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit des angefochtenen Bescheids.

Am 05.04.2016 hat der Beschwerdegegner Verzögerungsrüge erhoben.

Am 05.05.2016 hat er u. a. hervorgehoben, dass es beim Widerspruch um die Beseitigung des Aufhebungsbescheides, beim Antrag auf Eilrechtsschutz aber um eine Unterbindung der Vollziehung des Aufhebungsbescheides gegangen sei; eine Entscheidung in der Sache selbst - nämlich über die Aufhebung des Bescheids - sei in diesem Verfahren überhaupt nicht zu erreichen gewesen.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens und des erstinstanzlichen Antragsverfahrens verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat nur teilweise Erfolg.

Zuständig für die Entscheidung ist der Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG; es besteht keine Veranlassung, die Sache dem Senat als Gesamtspruchkörper vorzulegen (vgl. die Entscheidung des Senats vom 02.12.2015, Az.: L 15 SF 133/15).

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i. S.v. § 60 Abs. 1 RVG ist dem Beschwerdegegner nach dem 31.07.2013 erteilt worden.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist statthaft, weil der Beschwerdeführer durch den Beschluss des SG mit mehr als 200,00 EUR beschwert ist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG).

Dabei kann offen bleiben, ob - wie der Beschwerdegegner meint - hinsichtlich des fehlerhaften Tenors des Beschlusses des SG in Ziffer III. (s. unten) ein Beschwerdewert von (lediglich) 27,00 EUR gegenwärtig (verbindlich) festgestellt werden kann oder ob eine „typische Offenheit in der Sache“ gegeben ist und ob eine solche der Staatskasse eine rechtsmittelfähige Beschwer vermitteln könnte (vgl. den Beschluss des Senats vom 30.04.2013, Az.: L 15 SF 160/12 B, L 15 SF 161/12 B). Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Aspekte.

Denn jedenfalls ist der Beschwerdewert allein bereits durch die in Frage gestellte Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr erreicht, ohne dass die vom Beschwerdegegner vorgetragene Zahlung des Antragsgegners des Eilrechtsschutzverfahrens an den Beschwerdeführer hieran etwas ändern würde.

Die Berechnung der Beschwer erfolgt schon aus Gründen der Rechtssicherheit rein formal nach der Differenz zwischen den Anträgen der Beteiligten und dem Tenor der Erinnerungsentscheidung. Sie erfolgt unabhängig von einer anteiligen Kostenübernahme durch den Verfahrensgegner, da anderenfalls die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von Lebenssachverhalten abhängig wäre, die außerhalb des Streitgegenstandes des jeweiligen Verfahrens liegen, vorliegend konkret von Höhe und Zeitpunkt der Zahlung der außergerichtlichen Kosten durch den Antragsgegner (vgl. z. B. LSG Hessen, Beschluss vom 23.06.2014, Az.: L 2 AS 568/13 B).

Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist jedoch nur teilweise begründet.

a. Soweit das SG die notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt hat (Ziff. III. des angefochtenen Beschlusses), ist die Beschwerde begründet.

Die Kostenentscheidung ist unzutreffend. Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden dabei nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss des SG ist daher insoweit aufzuheben.

b. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet

(1) Eine Anrechnung der gezahlten Geschäftsgebühr in Höhe von 499,80 EUR (Widerspruchsverfahren) auf die Verfahrensgebühr (Eilrechtsschutzverfahren) hat entsprechend der zutreffenden Annahme des SG nicht zu erfolgen.

(aa) Wie der Senat in seinem Grundsatzbeschluss vom 02.12.2015 (Az.: L 15 SF 133/15) bereits im Einzelnen dargelegt hat, wurde mit der neu gefassten Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nunmehr auch im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entstehen, auf eine echte Anrechnungsregelung umgestellt (vgl. auch z. B. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., Vorbemerkung 3 VV, Rdnr. 4). Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 (d. h. eine nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV RVG) entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet; bei Betragsrahmengebühren beträgt der Anrechnungshöchstbetrag 175,00 EUR. Die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgeschriebene Anrechnung führt dazu, dass im Rahmen der Kostenerstattung auch § 15a RVG unmittelbar Anwendung findet (so auch der Beschluss des Hessischen LSGvom 03.02.2015, Az.: L 2 AS 605/14 B; vgl. z. B. auch Müller-Rabe, a. a. O., Rdnr. 5).

Maßgeblich ist vorliegend somit § 15a Abs. 1 RVG (vgl. den o.g. Grundsatzbeschluss des Senats vom 02.12.2015, a. a. O.). Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn der Anwalt im Weg der PKH beigeordnet worden ist (vgl. Hessisches LSG, a. a. O.). Der Senat folgt der Auffassung des SG, dass § 15a Abs. 2 RVG im Verhältnis gegenüber der Staatskasse keine Anwendung findet (vgl. auch Hessisches LSG, a. a. O.; Hessischer VGH, Beschluss vom 27.06.2013, Az.: 6 E 600/13, 6 E 602/13, 6 E 601/13; Hansens, RVGreport 2015, 299 ff.). Diese Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Anrechnung von Leistungen eines Dritten im Außenverhältnis stattfindet. Die Staatskasse ist jedoch kein Dritter im Falle der Bewilligung von PKH, sondern Kostenschuldner des Rechtsanwalts (§ 45 Abs. 1 Satz 1 RVG). Sie tritt insoweit an die Stelle des Mandanten (vgl. z. B. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.05.2013, Az.: 18 W 68/13).

Eine Beschränkung des durch § 15a Abs. 1 RVG gewährten Wahlrechts des Rechtsanwalts infolge Anrechnung greift nur, wenn eine entsprechende Zahlung tatsächlich erfolgt ist, was hier ohne Weiteres der Fall ist. Aus Sicht des Senats bestehen keine Zweifel daran, dass der o.g. Betrag nicht auf die Gebühr für das gerichtliche Eilrechtsschutzverfahren, sondern für das Widerspruchsverfahren gezahlt worden ist. Dies ergibt sich schon aus der Kostenrechnung vom 18.12.2013, die der Beschwerdegegner vorgelegt hat.

(bb) Streitig bleibt, ob Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vorliegend rechtfertigt. Diese Frage ist nach Auffassung des Senats zu verneinen. Maßgeblich ist, wie die Beteiligten im Erinnerungs- und vor allem im Beschwerdeverfahren umfangreich herausgearbeitet haben, ob es sich hinsichtlich des Widerspruchs- und des Eilrechtsschutzverfahrens um denselben Gegenstand im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG handelt. Entsprechend den zutreffenden Darlegungen des SG und des Beschwerdegegners ist dies bei der hier vorliegenden Konstellation gerade nicht der Fall. Denn Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens ist die - dem Klageverfahren vorgeschaltete - Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Gegenstand des Eilrechtsschutzverfahrens in der hier vorliegenden Ausprägung ist jedoch nicht die inhaltliche Prüfung des Verwaltungsakts, sondern dessen Durchsetzbarkeit im weiteren Sinn bzw. die rechtlichen Wirkungen des Widerspruchs. Freilich verkennt der Senat nicht, dass auch eine inhaltliche Prüfung des Widerspruchs, somit des angefochtenen Verwaltungsakts, eine - jedenfalls gewisse - Rolle spielt. Im Hinblick auf das abweichende Prüfprogramm und insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach in (vor allem existenzsichernde Leistungen betreffenden) einstweiligen Rechtsschutzverfahren, umfassende Abwägungen unter Einbeziehung von Grundrechten des Antragstellers vorzunehmen sind, tritt die materiell-rechtliche Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts deutlich zurück (vgl. z. B. Straßfeld, Sgb 2008, 635, 638, zum Aufwand eines Rechtsanwalts in Eilverfahren, wenn er bereits im Widerspruchsverfahren tätig war).

Eine Anrechnung der in einem Widerspruchsverfahren entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im Eilrechtsschutzverfahren ist vorliegend auch nicht mit gesetzgeberischen Motiven zu begründen (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 209 zu der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG):

„Eine Anrechnung ist zunächst aus systematischen Gründen erforderlich. Nach der Definition in Abs. 2 der Vorbemerkung erhält der Rechtsanwalt die gerichtliche Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Der Umfang dieser anwaltlichen Tätigkeit wird entscheidend davon beeinflusst, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Eine Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Rechtsanwalt, der zunächst außergerichtlich tätig war, ist nicht zu rechtfertigen.

Die Anrechnung ist aber auch erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es muss der Eindruck vermieden werden, der Rechtsanwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Dieses Interesse kollidiert zwangsläufig mit dem Bestreben einer aufwandsbezogenen Vergütung. Diesen unterschiedlichen Interessen wird die vorgeschlagene Anrechnungsregel gerecht.“

Vorliegend kann jedoch, wo der Rechtsanwalt die Geschäftsgebühr für die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren geltend gemacht hat (s. oben), bereits nicht die Rede davon sein, dass er mit der Angelegenheit durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits befasst gewesen sei; das Widerspruchsverfahren war dem Eilrechtsschutzverfahren nicht vorgeschaltet, sondern vielmehr dessen Gegenstand. Wegen der Besonderheiten eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem es regelmäßig um Eilbedürftigkeit und effektive Rechtsdurchsetzung geht, kann den Senat weiter auch das Argument des gebührenrechtlichen Interesses nicht überzeugen.

Schließlich spricht auch der Regelungszweck von § 15a RVG i. V. m. Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG nicht zwingend für eine Anrechnung in der vorliegenden Fallkonstellation. Zwar hat der Senat in dem Beschluss vom 02.12.2015 (a. a. O.) bereits dargelegt, dass er in § 15a Abs. 1 RVG eine Vorschrift zur Minderung staatlicher Belastungen sieht, da auch diese Vorschrift der Vermeidung von Überzahlungen und damit der Kostendämpfung dient. Hieraus lässt sich jedoch keine Veranlassung entnehmen, die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG übermäßig weit zu verstehen. Eine solche Festlegung wäre auch Aufgabe des Gesetzgebers, nicht jedoch eine der rechtsprechenden Gewalt.

Im Übrigen erschließt sich für den Senat schon mit Blick auf die Identität der Betragsrahmengebühren nicht, weshalb es vorliegend auf eine angeblich zu wahrende Parität zwischen der Vergütung eines Wahl- und eines beigeordneten Anwalts ankommen könnte (vgl. den Beschluss des Senats vom 02.12.2015, a. a. O.).

(2) Eine Prüfung durch den Senat, ob durch eine von der Kostenbeamtin gegebenenfalls fehlerhaft angenommene Höhe der Verfahrensgebühr insgesamt doch ein zu hoher Kostenansatz erfolgt und die Beschwerde daher doch begründet sein könnte, hat vorliegend nicht zu erfolgen. Daran, dass vorliegend eine Verfahrensgebühr von 400,00 EUR zutreffend ist, könnte nämlich im Hinblick darauf, dass nach Ansicht der Rechtsprechung für ein durchschnittliches Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Hinblick auf die Charakteristika dieser Verfahren nur eine abgesenkte Mittelgebühr entsteht, Zweifel bestehen (vgl. Beschluss des LSG Hessen vom 26.10.2015, Az.: L 2 SO 95/15 B; vgl. allerdings den Senatsbeschluss vom 11.04.2013, Az.: L 15 SF 43/12 B).

Eine solche Überprüfung findet jedoch - wovon der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 13.05.2016 zutreffend ausgegangen ist - nicht statt, da eine vollumfängliche Prüfung im Rahmen der Erinnerung nach § 56 Abs. 1 RVG und damit auch bei der Beschwerde nach § 56 Abs. 2 RVG nicht stattfindet (vgl. im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 15.06.2016, Az.: L 15 SF 92/14 E).

Die Vergütung für den Beschwerdegegner ist daher wie folgt festzusetzen:

1. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 400,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 420,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 79,80 EUR

Erstattungsbetrag: 499,80 EUR

2. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV RVG: 370,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 390,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 74,10 EUR

Erstattungsbetrag: 464,10 EUR

Gesamterstattungsbetrag: 963,90 EUR

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Tenor

I.

Auf die Beschwerde wird Ziffer III. des Beschlusses des Sozialgerichts Würzburg vom 3. Februar 2014 aufgehoben.

II.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdegegner nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdeführer) zusteht. Streitig ist die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr. Gegenstand ist weiter der Kostenausspruch im Erinnerungsbeschluss.

Im Antragsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Würzburg (SG), Az.: S 11 KR 505/13 ER, ging es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des vom Kläger am 14.11.2013 eingelegten Widerspruchs (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) gegen die Rücknahme von Bewilligungsbescheiden bezüglich von Leistungen im Rahmen eines persönlichen Budgets durch den Bescheid vom 08.11.2013; die Beklagte hatte die sofortige Vollziehung dieses Bescheids angeordnet.

Am 14.11.2013 stellte der Kläger über seinen Bevollmächtigten, den Beschwerdegegner, den genannten Antrag im Eilrechtsschutzverfahren und beantragte die Gewährung von PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 22.11.2013 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet. Auf den Beschluss des SG im Eilrechtsschutzverfahren vom 22.11.2013, mit dem der Antrag des Klägers teilweise abgelehnt worden war, schloss sich das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG), Az.: L 5 KR 403/13 B ER, an; in diesem wurde der Beschwerdeführer auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 09.12.2013 im Rahmen der PKH-Gewährung beigeordnet. Mit Beschluss des BayLSG vom 02.12.2013, berichtigt durch Beschluss vom 09.12.2013, wurde u. a. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den oben genannten Bescheid vom 08.11.2013 (auch mit Wirkung für die Zukunft) angeordnet.

Am 25.11.2013 bzw. 04.12.2013 beantragte der Beschwerdegegner, seine Vergütung für die Eilrechtsschutzverfahren Az.: S 11 KR 505/13 ER sowie L 5 KR 431/13 B ER festzusetzen und setzte dabei eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 550,00 EUR und eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3204 VV RVG in Höhe von 370,00 EUR an.

Mit Beschluss vom 24.01.2014 setzte die zuständige Urkundsbeamtin die Vergütung des Beschwerdegegners gemäß § 55 RVG auf insgesamt 755,65 EUR, im Einzelnen wie folgt fest:

1. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 400,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 420,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 79,80 EUR

Zwischensumme mit Mehrwertsteuer: 499,80 EUR

abzüglich Ergebnis Vergleichsberechnung 208,25 EUR (str.)

Erstattungsbetrag: 291,55 EUR

2. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV RVG: 370,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 390,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 74,10 EUR

Zwischensumme mit Mehrwertsteuer: 464,10 EUR

Erstattungsbetrag: 464,10 EUR

Gesamterstattungsbetrag: 755,65 EUR

Aufgrund des Beschlusses des BayLSG im Eilrechtsschutzverfahren vom 09.12.2013 habe zwar die Beklagte die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten, auf Antrag des Beschwerdegegners würden die festgesetzten Gebühren jedoch vorab aus der Staatskasse erstattet. Zusammenfassend sei von einem überdurchschnittlichen ER-Verfahren auszugehen; eine Verfahrensgebühr für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von 400,00 EUR sei aus ihrer, der Urkundsbeamtin, Sicht angemessen und vollkommen ausreichend.

Entsprechend ihrer Mitteilung vom „15.01.2013“ habe die Beklagte mitgeteilt, dass der Beschwerdegegner für das oben genannte Widerspruchsverfahren Kosten in Höhe von 499,80 EUR geltend gemacht habe, die bereits ausgezahlt worden seien. Nach dem ab 01.08.2013 geltenden Recht seien die Kosten für das vorausgegangene Verfahren auf die Gebühren des nachfolgenden anzurechnen. Vorliegend sei eine Vergleichsberechnung durchzuführen, wobei die Gebühren eines Wahlanwalts den Kosten eines im Wege der PKH-Gewährung beigeordneten Anwalts gegenüber zu stellen seien. Der Wahlanwalt dürfe nicht besser oder schlechter gestellt werden als der beigeordnete Rechtsanwalt. Daher sei vorliegend nach Anrechnung einer Geschäftsgebühr von 175,00 EUR (zuzüglich Umsatzsteuer) ein Differenzbetrag von 208,25 EUR gegeben, um diesen die Verfahrensgebühr bei der PKH-Festsetzung zu reduzieren sei. Somit ergebe sich für das erstinstanzliche Eilrechtsschutzverfahren lediglich ein Erstattungsbetrag von 291,55 EUR.

Gegen diese Kostenfestsetzung hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 25.01.2014 Erinnerung erhoben und zur Begründung darauf verwiesen, dass eine Anrechnung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG nicht zu erfolgen habe, da es sich vorliegend nicht um denselben Gegenstand in dem dort genannten Sinn handle.

Mit Beschluss des SG vom 03.02.2014 ist der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.01.2014 abgeändert worden, soweit das Eilrechtsschutzverfahren Az.: S 11 KR 505/13 ER betroffen sei. Die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten sind vom SG auf 963,90 EUR festgesetzt worden. Zudem hat das SG in Ziffer III. des Beschlusses festgelegt, dass die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens der Beschwerdeführer als Erinnerungsgegner trage. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass es sich bei der vorliegenden Fallkonstellation gerade nicht um denselben Gegenstand von Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahren handle. Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens sei die Überprüfung der Recht- bzw. Zweckmäßigkeit eines Ausgangsbescheids, wohingegen der Gegenstand eines Eilrechtsschutzverfahrens die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs darstelle. Einmal ginge es also um die Rechtmäßigkeit eines Bescheids und im weiteren Fall um die Frage, ob ein wie auch immer gearteter Bescheid vorläufig Geltung behalten solle oder nicht. Eine Gebührenanrechnung scheide somit aus.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 11.02.2014 Beschwerde erhoben und beantragt, die Kostenentscheidung des SG (Ziffer III. des Beschlusses) aufzuheben und die Vergütung aus der Staatskasse für das erstinstanzliche Eilrechtsschutzverfahren auf 755,65 EUR festzusetzen. Im angefochtenen Kostenbeschluss vom 24.01.2014 erfolge keine Anrechnung einer Geschäftsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG, sondern eine Anrechnung nach § 58 Abs. 2 für die vom Beklagten für das Eilrechtsschutzverfahren erhaltenen Zahlungen in Höhe von 499,80 EUR.

Der Beschwerdegegner hat im Schriftsatz vom 14.03.2014 klargestellt, dass letztere Behauptung „gänzlich unzutreffend“ sei. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 15.01.2014 erwähnte Zahlung habe eindeutig die Gebühren für die Vertretung im Widerspruchsverfahren betroffen. Dies ergebe sich aus der nun vorgelegten Gebührenrechnung (des Beschwerdegegners) vom 18.12.2013 bezüglich des Widerspruchsverfahrens. Der Beschwerdegegner hat anwaltlich versichert, zu keiner Zeit eine Kostenerstattungsforderung bezüglich der oben genannten Eilrechtsschutzverfahren erhoben und keine Zahlung hierfür erhalten zu haben.

Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, nach wie vor davon überzeugt zu sein, dass die Urkundsbeamtin des SG keine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vor-, sondern den Versuch unternommen habe, im Rahmen einer „Vergleichsberechnung“ den Betrag zu ermitteln, der aufgrund der Zahlung von 499,80 EUR durch die Beklagte von der Staatskasse anzurechnen sei. Er hat darauf hingewiesen, dass wegen der Identität der gesetzlichen Vergütung mit der Wahlanwaltsvergütung und dem Umstand, dass die Beklagte nicht auf einer Anrechnung der Geschäftsgebühr bestanden habe, sich der identische Betrag für die zu zahlende Verfahrensgebühr errechne, als wenn die Urkundsbeamtin gleich selbst die Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgenommen hätte. Weiter hat der Beschwerdeführer hervorgehoben, dass eine Erstattungsverpflichtung der Beklagten auch für die Kosten des Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahrens bestehe. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte nicht auf einer Anrechnung im oben genannten Sinn bestanden habe; bei der vorgenommenen Vergleichsberechnung könne dies jedoch dahingestellt bleiben. Eine Anrechnung durch die Staatskasse nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei jedoch auch grundsätzlich möglich, da der Beschwerdeführer an die Stelle des Klägers nach § 15a Abs. 1 RVG trete. In beiden Fällen sei jedoch nötig, dass es sich um denselben Gegenstand (von Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahren) handle. Der Beschwerdeführer hat darauf hingewiesen, dass es jedenfalls gebührenrechtlich bei der Anrechnung nicht auf den Streitgegenstand ankomme, sondern darauf, ob es sich um denselben Gegenstand handle. Weiter hat er die Berücksichtigung von Synergieeffekten und die Intention der Anrechnungsvorschrift - nämlich die Verminderung von Überzahlungen bzw. Kostengerechtigkeit - thematisiert.

Der Beschwerdegegner hat hervorgehoben, eine Vergütung für die Vertretung im Widerspruchsverfahren in einer anderen Angelegenheit erhalten zu haben, als sie das gerichtliche Eilrechtsschutzverfahren darstelle. § 58 Abs. 2 RVG sei nicht einschlägig; eine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei nicht möglich. Er hat beantragt, das vorliegende Beschwerdeverfahren dem Senat zur Entscheidung zu übertragen, da es zu der neuen Rechtslage noch keine gefestigte Rechtsprechung gebe.

In einem weiteren Schriftsatz (08.05.2014) hat der Beschwerdeführer detailliert den Begriff der kostenrechtlichen Angelegenheit unter Berücksichtigung historischer Herleitungen beleuchtet und weitere Problemstellungen im Hinblick auf die Neuregelung von § 15a Abs. 2 RVG und die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG unter Berücksichtigung zahlreicher Rechtsprechungsnachweise herausgearbeitet. Zusammenfassend ist er zu der Beurteilung gelangt, dass eine Anrechnung vorliegend wegen desselben Gegenstands geboten sei.

Im Schriftsatz vom 02.06.2014 hat der Beschwerdegegner darauf hingewiesen, dass § 58 Abs. 2 RVG nicht einschlägig sei mangels derselben kostenrechtlichen Angelegenheit. Derselbe Gegenstand im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei ebenfalls nicht gegeben. Gegenstand des Verfahrens auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs seien der Widerspruch als solcher und seine Rechtswirkungen. Hingegen sei Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens der mit dem Widerspruch angefochtene und damit zur Überprüfung gestellte Bescheid.

Am 05.11.2014 hat er mitgeteilt, dass vom Antragsgegner der Betrag von 968,90 EUR (inklusive Mahngebühren iHv. 5,00 EUR) an den Beschwerdeführer erstattet worden sei; die Staatskasse habe damit die von ihr getragenen Kosten vollumfänglich erstattet erhalten. Vor diesem Hintergrund bestünden, so der Beschwerdegegner, ernstliche Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers. Eine Belastung des Beschwerdeführers sei nicht erkennbar.

Hierauf hat der Beschwerdeführer (am 13.11.2014) darauf hingewiesen, dass sich die materielle Beschwer daraus ergebe, dass der Beschwerdegegner bei einer Zurückweisung der Beschwerde in den Genuss einer höheren Vergütung nach dem RVG kommen würde, als sie von Seiten des Gesetzgebers vorgesehen sei. Zudem hat der Beschwerdeführer auf die dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragenen Überwachungsaufgaben hingewiesen. Im Hinblick hierauf könne man dem Vertreter der Staatskasse doch nicht die Beschwer streitig machen, wenn er - ohne Zulassung der Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung - die vom Gesetzgeber gewollte, aber bis dato nicht realisierte Deckelung der Vergütung mit einer Beschwerde erreichen wolle bzw. müsse. Zudem müsse wohl auch daran erinnert werden, dass die Staatskasse darüber hinaus durch die contra legem getroffene Kostenentscheidung in Ziffer III. des Tenors beschwert sei.

Mit Schriftsatz vom 08.12.2014 hat der Beschwerdegegner die Auffassung vertreten, dass es nicht Aufgabe des Bezirksrevisors sei, sicherzustellen, dass ein Rechtsanwalt nicht in den Genuss einer höheren Vergütung nach dem RVG komme, als der Gesetzgeber sie angeblich vorgesehen habe. Eine Überwachungsaufgabe gegenüber Rechtsanwälten sei den Bezirksrevisoren nicht übertragen. Hinsichtlich der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss hat der Beschwerdegegner auf den Betrag von nur 27,00 EUR verwiesen, so dass insoweit bereits offensichtlich der Beschwerdewert nicht erreicht werde.

Am 22.12.2014 hat der Beschwerdeführer auch hierzu eingehend Stellung genommen und auf seine Aktivlegitimation, mit der gegen den Beschluss Beschwerde erhoben worden sei, verwiesen. Vorliegend handle es sich um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich der Anrechnungsvorschriften von § 15a RVG, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG und § 58 Abs. 2 RVG.

Mit Verweis auf die Rechtsprechung hat der Beschwerdeführer am 12.05.2015 davon berichtet, dass mittlerweile weder Rechtsanwälte noch Kostenrichter in ihren Entscheidungen nach § 197 SGG Zweifel daran hätten, dass es sich in der vorliegenden Fallkonstellation um denselben Gegenstand nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG handele.

Im Schriftsatz vom 17.06.2015 hat der Beschwerdegegner u. a. hervorgehoben, dass ein Verfahren nach Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts und das mit gleichem Ziel betriebene anschließende gerichtliche Eilverfahren denselben Gegenstand hätten. Vorliegend gehe es jedoch im Widerspruchsverfahren um die Überprüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit des angefochtenen Bescheids.

Am 05.04.2016 hat der Beschwerdegegner Verzögerungsrüge erhoben.

Am 05.05.2016 hat er u. a. hervorgehoben, dass es beim Widerspruch um die Beseitigung des Aufhebungsbescheides, beim Antrag auf Eilrechtsschutz aber um eine Unterbindung der Vollziehung des Aufhebungsbescheides gegangen sei; eine Entscheidung in der Sache selbst - nämlich über die Aufhebung des Bescheids - sei in diesem Verfahren überhaupt nicht zu erreichen gewesen.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens und des erstinstanzlichen Antragsverfahrens verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat nur teilweise Erfolg.

Zuständig für die Entscheidung ist der Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG; es besteht keine Veranlassung, die Sache dem Senat als Gesamtspruchkörper vorzulegen (vgl. die Entscheidung des Senats vom 02.12.2015, Az.: L 15 SF 133/15).

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i. S.v. § 60 Abs. 1 RVG ist dem Beschwerdegegner nach dem 31.07.2013 erteilt worden.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist statthaft, weil der Beschwerdeführer durch den Beschluss des SG mit mehr als 200,00 EUR beschwert ist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG).

Dabei kann offen bleiben, ob - wie der Beschwerdegegner meint - hinsichtlich des fehlerhaften Tenors des Beschlusses des SG in Ziffer III. (s. unten) ein Beschwerdewert von (lediglich) 27,00 EUR gegenwärtig (verbindlich) festgestellt werden kann oder ob eine „typische Offenheit in der Sache“ gegeben ist und ob eine solche der Staatskasse eine rechtsmittelfähige Beschwer vermitteln könnte (vgl. den Beschluss des Senats vom 30.04.2013, Az.: L 15 SF 160/12 B, L 15 SF 161/12 B). Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Aspekte.

Denn jedenfalls ist der Beschwerdewert allein bereits durch die in Frage gestellte Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr erreicht, ohne dass die vom Beschwerdegegner vorgetragene Zahlung des Antragsgegners des Eilrechtsschutzverfahrens an den Beschwerdeführer hieran etwas ändern würde.

Die Berechnung der Beschwer erfolgt schon aus Gründen der Rechtssicherheit rein formal nach der Differenz zwischen den Anträgen der Beteiligten und dem Tenor der Erinnerungsentscheidung. Sie erfolgt unabhängig von einer anteiligen Kostenübernahme durch den Verfahrensgegner, da anderenfalls die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von Lebenssachverhalten abhängig wäre, die außerhalb des Streitgegenstandes des jeweiligen Verfahrens liegen, vorliegend konkret von Höhe und Zeitpunkt der Zahlung der außergerichtlichen Kosten durch den Antragsgegner (vgl. z. B. LSG Hessen, Beschluss vom 23.06.2014, Az.: L 2 AS 568/13 B).

Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist jedoch nur teilweise begründet.

a. Soweit das SG die notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt hat (Ziff. III. des angefochtenen Beschlusses), ist die Beschwerde begründet.

Die Kostenentscheidung ist unzutreffend. Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden dabei nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss des SG ist daher insoweit aufzuheben.

b. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet

(1) Eine Anrechnung der gezahlten Geschäftsgebühr in Höhe von 499,80 EUR (Widerspruchsverfahren) auf die Verfahrensgebühr (Eilrechtsschutzverfahren) hat entsprechend der zutreffenden Annahme des SG nicht zu erfolgen.

(aa) Wie der Senat in seinem Grundsatzbeschluss vom 02.12.2015 (Az.: L 15 SF 133/15) bereits im Einzelnen dargelegt hat, wurde mit der neu gefassten Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nunmehr auch im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entstehen, auf eine echte Anrechnungsregelung umgestellt (vgl. auch z. B. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., Vorbemerkung 3 VV, Rdnr. 4). Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 (d. h. eine nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV RVG) entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet; bei Betragsrahmengebühren beträgt der Anrechnungshöchstbetrag 175,00 EUR. Die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgeschriebene Anrechnung führt dazu, dass im Rahmen der Kostenerstattung auch § 15a RVG unmittelbar Anwendung findet (so auch der Beschluss des Hessischen LSGvom 03.02.2015, Az.: L 2 AS 605/14 B; vgl. z. B. auch Müller-Rabe, a. a. O., Rdnr. 5).

Maßgeblich ist vorliegend somit § 15a Abs. 1 RVG (vgl. den o.g. Grundsatzbeschluss des Senats vom 02.12.2015, a. a. O.). Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn der Anwalt im Weg der PKH beigeordnet worden ist (vgl. Hessisches LSG, a. a. O.). Der Senat folgt der Auffassung des SG, dass § 15a Abs. 2 RVG im Verhältnis gegenüber der Staatskasse keine Anwendung findet (vgl. auch Hessisches LSG, a. a. O.; Hessischer VGH, Beschluss vom 27.06.2013, Az.: 6 E 600/13, 6 E 602/13, 6 E 601/13; Hansens, RVGreport 2015, 299 ff.). Diese Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Anrechnung von Leistungen eines Dritten im Außenverhältnis stattfindet. Die Staatskasse ist jedoch kein Dritter im Falle der Bewilligung von PKH, sondern Kostenschuldner des Rechtsanwalts (§ 45 Abs. 1 Satz 1 RVG). Sie tritt insoweit an die Stelle des Mandanten (vgl. z. B. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.05.2013, Az.: 18 W 68/13).

Eine Beschränkung des durch § 15a Abs. 1 RVG gewährten Wahlrechts des Rechtsanwalts infolge Anrechnung greift nur, wenn eine entsprechende Zahlung tatsächlich erfolgt ist, was hier ohne Weiteres der Fall ist. Aus Sicht des Senats bestehen keine Zweifel daran, dass der o.g. Betrag nicht auf die Gebühr für das gerichtliche Eilrechtsschutzverfahren, sondern für das Widerspruchsverfahren gezahlt worden ist. Dies ergibt sich schon aus der Kostenrechnung vom 18.12.2013, die der Beschwerdegegner vorgelegt hat.

(bb) Streitig bleibt, ob Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vorliegend rechtfertigt. Diese Frage ist nach Auffassung des Senats zu verneinen. Maßgeblich ist, wie die Beteiligten im Erinnerungs- und vor allem im Beschwerdeverfahren umfangreich herausgearbeitet haben, ob es sich hinsichtlich des Widerspruchs- und des Eilrechtsschutzverfahrens um denselben Gegenstand im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG handelt. Entsprechend den zutreffenden Darlegungen des SG und des Beschwerdegegners ist dies bei der hier vorliegenden Konstellation gerade nicht der Fall. Denn Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens ist die - dem Klageverfahren vorgeschaltete - Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Gegenstand des Eilrechtsschutzverfahrens in der hier vorliegenden Ausprägung ist jedoch nicht die inhaltliche Prüfung des Verwaltungsakts, sondern dessen Durchsetzbarkeit im weiteren Sinn bzw. die rechtlichen Wirkungen des Widerspruchs. Freilich verkennt der Senat nicht, dass auch eine inhaltliche Prüfung des Widerspruchs, somit des angefochtenen Verwaltungsakts, eine - jedenfalls gewisse - Rolle spielt. Im Hinblick auf das abweichende Prüfprogramm und insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach in (vor allem existenzsichernde Leistungen betreffenden) einstweiligen Rechtsschutzverfahren, umfassende Abwägungen unter Einbeziehung von Grundrechten des Antragstellers vorzunehmen sind, tritt die materiell-rechtliche Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts deutlich zurück (vgl. z. B. Straßfeld, Sgb 2008, 635, 638, zum Aufwand eines Rechtsanwalts in Eilverfahren, wenn er bereits im Widerspruchsverfahren tätig war).

Eine Anrechnung der in einem Widerspruchsverfahren entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im Eilrechtsschutzverfahren ist vorliegend auch nicht mit gesetzgeberischen Motiven zu begründen (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 209 zu der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG):

„Eine Anrechnung ist zunächst aus systematischen Gründen erforderlich. Nach der Definition in Abs. 2 der Vorbemerkung erhält der Rechtsanwalt die gerichtliche Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Der Umfang dieser anwaltlichen Tätigkeit wird entscheidend davon beeinflusst, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Eine Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Rechtsanwalt, der zunächst außergerichtlich tätig war, ist nicht zu rechtfertigen.

Die Anrechnung ist aber auch erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es muss der Eindruck vermieden werden, der Rechtsanwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Dieses Interesse kollidiert zwangsläufig mit dem Bestreben einer aufwandsbezogenen Vergütung. Diesen unterschiedlichen Interessen wird die vorgeschlagene Anrechnungsregel gerecht.“

Vorliegend kann jedoch, wo der Rechtsanwalt die Geschäftsgebühr für die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren geltend gemacht hat (s. oben), bereits nicht die Rede davon sein, dass er mit der Angelegenheit durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits befasst gewesen sei; das Widerspruchsverfahren war dem Eilrechtsschutzverfahren nicht vorgeschaltet, sondern vielmehr dessen Gegenstand. Wegen der Besonderheiten eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem es regelmäßig um Eilbedürftigkeit und effektive Rechtsdurchsetzung geht, kann den Senat weiter auch das Argument des gebührenrechtlichen Interesses nicht überzeugen.

Schließlich spricht auch der Regelungszweck von § 15a RVG i. V. m. Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG nicht zwingend für eine Anrechnung in der vorliegenden Fallkonstellation. Zwar hat der Senat in dem Beschluss vom 02.12.2015 (a. a. O.) bereits dargelegt, dass er in § 15a Abs. 1 RVG eine Vorschrift zur Minderung staatlicher Belastungen sieht, da auch diese Vorschrift der Vermeidung von Überzahlungen und damit der Kostendämpfung dient. Hieraus lässt sich jedoch keine Veranlassung entnehmen, die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG übermäßig weit zu verstehen. Eine solche Festlegung wäre auch Aufgabe des Gesetzgebers, nicht jedoch eine der rechtsprechenden Gewalt.

Im Übrigen erschließt sich für den Senat schon mit Blick auf die Identität der Betragsrahmengebühren nicht, weshalb es vorliegend auf eine angeblich zu wahrende Parität zwischen der Vergütung eines Wahl- und eines beigeordneten Anwalts ankommen könnte (vgl. den Beschluss des Senats vom 02.12.2015, a. a. O.).

(2) Eine Prüfung durch den Senat, ob durch eine von der Kostenbeamtin gegebenenfalls fehlerhaft angenommene Höhe der Verfahrensgebühr insgesamt doch ein zu hoher Kostenansatz erfolgt und die Beschwerde daher doch begründet sein könnte, hat vorliegend nicht zu erfolgen. Daran, dass vorliegend eine Verfahrensgebühr von 400,00 EUR zutreffend ist, könnte nämlich im Hinblick darauf, dass nach Ansicht der Rechtsprechung für ein durchschnittliches Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Hinblick auf die Charakteristika dieser Verfahren nur eine abgesenkte Mittelgebühr entsteht, Zweifel bestehen (vgl. Beschluss des LSG Hessen vom 26.10.2015, Az.: L 2 SO 95/15 B; vgl. allerdings den Senatsbeschluss vom 11.04.2013, Az.: L 15 SF 43/12 B).

Eine solche Überprüfung findet jedoch - wovon der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 13.05.2016 zutreffend ausgegangen ist - nicht statt, da eine vollumfängliche Prüfung im Rahmen der Erinnerung nach § 56 Abs. 1 RVG und damit auch bei der Beschwerde nach § 56 Abs. 2 RVG nicht stattfindet (vgl. im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 15.06.2016, Az.: L 15 SF 92/14 E).

Die Vergütung für den Beschwerdegegner ist daher wie folgt festzusetzen:

1. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 400,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 420,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 79,80 EUR

Erstattungsbetrag: 499,80 EUR

2. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV RVG: 370,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 390,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 74,10 EUR

Erstattungsbetrag: 464,10 EUR

Gesamterstattungsbetrag: 963,90 EUR

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

Wird während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert, so wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens; er ist der Stelle, die über den Widerspruch entscheidet, unverzüglich mitzuteilen.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 16/11
vom
29. November 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
RVG VV Vorbem. 3 Abs. 4
Klagt der Zessionar aus abgetretenem Recht einen durch seinen Prozessbevollmächtigten
namens des Zedenten vorgerichtlich geltend gemachten Anspruch ein,
so ist die außergerichtlich angefallene Geschäftsgebühr gemäß Vorbemerkung 3
Abs. 4 VV RVG auf die im Klageverfahren anfallende Verfahrensgebühr anzurechnen.
BGH, Beschluss vom 29. November 2011 - XI ZB 16/11 - OLG Hamm
LG Essen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. November 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richterin Mayen sowie die Richter
Dr. Grüneberg, Maihold und Pamp

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Mai 2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.166,44 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten im Verfahren der Kostenfestsetzung darum, ob bei der Berechnung der von der Beklagten der Klägerin zu erstattenden Kosten die geltend gemachte Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) in voller Höhe anzusetzen ist, oder ob auf diese Gebühr bei der Kostenfestsetzung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG die für die vorgerichtliche Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten angefallene Geschäftsgebühr teilweise anzurechnen ist.
2
Der instanzgerichtliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin (im Folgenden : Klägervertreter) wandte sich mit Schreiben vom 3. Mai 2007 an die Beklagte und machte im Namen der Zedentin Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend. Hierfür stellte er der Zedentin mit der über 3.085,19 € lautenden Gebührenrechnung vom 10. August 2007 eine 1,9-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG in Rechnung. Nachdem das im Namen der Zedentin an die Beklagte gerichtete Schreiben erfolglos geblieben war, trat die Zedentin ihre Ansprüche an die Klägerin ab, die die Beklagte aus abgetretenem Recht mit der Klage in Anspruch nahm. Gegenstand der Klage waren unter anderem die vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten von 3.085,19 €. Mit Urteil des Landgerichts Essen vom 4. März 2009 (Nr. 5 des Urteilstenors ) wurde die Beklagte insoweit antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung führte das Landgericht unter Bezugnahme auf die als Anlage K .. zur Akte gereichte Gebührenrechnung des Klägervertreters vom 10. August 2007 aus, die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren, da der Ansatz einer 1,9-fachen Gebühr angesichts der Komplexität der Materie nicht von vornherein unbillig erscheine. Das Oberlandesgericht Hamm hat das landgerichtliche Urteil mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil vom 2. November 2009 (31 U 53/09) in diesem Punkt bestätigt (Nr. 6 des Urteilstenors) und zur Begründung ausgeführt, der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht ein Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.085,19 € zu. Die Kosten des Rechtsstreits hat es in vollem Umfang der Beklagten auferlegt.
3
Das Landgericht hat im Kostenfestsetzungsverfahren die Erstattungsfähigkeit der vom Klägervertreter geltend gemachten vollen Verfahrensgebühr abgelehnt und mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 9. Dezember 2010 eine Geschäftsgebühr mit einem Gebührensatz von 0,65 auf die Verfahrensgebühr angerechnet. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Klägervertreter habe unstreitig wegen seiner außergerichtlichen Tätigkeit eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG verdient. Diese sei jedenfalls in dem vom Landgericht vorgenommenen Umfang gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV zum RVG auf die vom Klägervertreter zur Erstattung angemeldete Verfahrensgebühr anzurechnen, weil diese wegen desselben Gegenstands entstanden sei. Der Gegenstand werde durch den Auftrag des Auftraggebers bestimmt; dabei sei die Frage, ob ein Gegenstand vorliege oder zwei Gegenstände anzunehmen seien, anhand einer wirtschaftlichen Betrachtung zu beantworten. Dies führe - wenn sich wie im Streitfall ergebe, dass es um denselben Anspruch und dasselbe Recht gehe - bei einem Auftrag der Zedentin zur außergerichtlichen Tätigkeit und einem weiteren Auftrag der Zessionarin zur gerichtlichen Tätigkeit nicht dazu, dass von zwei Gegenständen auszugehen sei; auch in diesem Fall betreffe die Tätigkeit vielmehr denselben Gegenstand. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Anrechnung, mit der der Arbeitsersparnis des Rechtsanwalts Rechnung getragen werden solle. Die Anrechnung sei im Verhältnis zur Beklagten gemäß § 15a Abs. 2 RVG zu berücksichtigen, da die Geschäftsgebühr durch das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. November 2009 tituliert worden sei. Die Verurteilung beziehe sich ausweislich des Berufungsurteils und der Klagebegründung unzweifelhaft auf die infolge der vorgerichtlichen Tätigkeit entstandene Geschäftsgebühr des Klägervertreters. Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im übrigen (§ 575 ZPO) zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Beschwerdegericht die außergerichtliche Geschäftsgebühr gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG auf die vom Klägervertreter verdiente Verfahrensgebühr angerechnet und dabei angenommen, die Beklagte könne sich nach § 15a Abs. 2 Fall 2 RVG auf die Anrechnung berufen, weil wegen des Anspruches auf die Geschäftsgebühr bereits ein Vollstreckungstitel vorliege.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde fehlt es weder an einer ausreichenden Titulierung im Sinne des § 15a Abs. 2 Fall 2 RVG (dazu unten 1.) noch scheidet eine Anrechnung mangels Gegenstandsidentität im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG aus (dazu unten 2.).
5
1. Dass § 15a RVG auf den Streitfall Anwendung findet, wird von der Rechtsbeschwerde zu Recht nicht in Frage gestellt. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist mittlerweile geklärt, dass sich die Anrechnungsvorschrift des § 15a RVG auch in Kostenfestsetzungsverfahren, die vor Inkrafttreten des § 15a RVG entstandene Gebühren betreffen, grundsätzlich nicht auswirkt, eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vielmehr nur unter den in § 15a Abs. 2 RVG genannten Voraussetzungen stattfindet (BGH, Beschlüsse vom 2. September 2009 - II ZB 35/07, NJW 2009, 3101 Rn. 8, vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 175/07, NJW 2010, 1375 Rn. 16 ff., vom 11. März 2010 - IX ZB 82/08, JurBüro 2010, 358 Rn. 6, vom 29. April 2010 - V ZB 38/10, JurBüro 2010, 471 Rn. 8 ff., vom 10. August 2010 - VIII ZB 15/10, JurBüro 2011, 22 Rn. 6 ff., vom 14. September 2010 - VIII ZB 33/10, AGS 2010, 473 Rn. 7 f., vom 28. Oktober 2010 - VII ZB 55/09, RVGreport 2011, 27 Rn. 5 und vom 7. Dezember 2010 - VI ZB 45/10, NJW 2011, 861 Rn. 7 und Senatsbeschluss vom 28. September 2010 - XI ZB 7/10, juris Rn. 8).
6
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind im Streitfall die Voraussetzungen, unter denen sich der kostenpflichtige Prozessgegner nach § 15a Abs. 2 RVG auf die Anrechnung berufen kann, aber erfüllt. Das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 2. November 2009 stellt einen die Anrechnung gemäß § 15a Abs. 2 Fall 2 RVG rechtfertigenden Vollstreckungstitel bezüglich der Geschäftsgebühr dar. Die Rechtsbeschwerde kann hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, der Vollstreckungstitel weise keine exakte Bezifferung des Anspruchs aus. Das Gegenteil ist der Fall. Auch wenn der Begriff "Geschäftsge- bühr" weder im landgerichtlichen Urteil noch im Berufungsurteil ausdrücklich genannt wird, kann kein Zweifel daran bestehen, dass die vom Klägervertreter verdiente vorgerichtliche Geschäftsgebühr dort tituliert worden ist. Anders als in dem von der Rechtsbeschwerde zum Beleg ihrer Auffassung zitierten Beschluss des VI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 2010 (VI ZB 45/10, NJW 2011, 861 Rn. 8 ff.) fehlt es im Streitfall nicht an einer betragsmäßigen Bezifferung des Anspruchs. Vielmehr sind hier die vorgerichtlichen Anwaltskosten im landgerichtlichen Tenor und bestätigend im oberlandesgerichtlichen Tenor jeweils betragsmäßig in Höhe von 3.085,19 € gesondert tituliert. Im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, auf den das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist hierzu ausgeführt, die Zedentin habe wegen der vergeblichen vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Beklagten Rechtsanwaltsgebühren für den klägerischen Prozessbevollmächtigten in der titulierten Höhe aufgewandt. Aus den Urteilsgründen beider Urteile folgt, dass die Klägerin den Betrag als Schadensersatz für die vorprozessual entstandenen Anwaltskosten verlangen könne, wobei ausweislich des landgerichtlichen Urteils unter Bezugnahme auf die die Geschäftsgebühr ausweisende Gebührenrechnung K .. ausdrücklich die der Zedentin in Rechnung gestellte 1,9-fache Gebühr unbeanstandet blieb. Anders als in dem vom VI. Zivilsenat entschiedenen Fall, der einen Prozessvergleich betraf, aus dem sich nicht entnehmen ließ, in welcher Höhe die Geschäftsgebühr dort mit der Vergleichssumme abgegolten war (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2010 - VI ZB 45/10, NJW 2011, 861 Rn. 12 f.), lässt sich im Streitfall daher zweifelsfrei feststellen, dass die Geschäftsgebühr tituliert worden ist.
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2. Ohne Rechtsfehler ist das Beschwerdegericht auch zu dem Ergebnis gelangt, gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei die titulierte Geschäftsgebühr auf die vom Klägervertreter verdiente Verfahrensgebühr anzurechnen, weil sie wegen desselben Gegenstandes entstanden sei wie die Verfahrensgebühr.
8
Für die Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG kommt es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht darauf an, ob die Geschäfts - und die Verfahrensgebühr dieselbe Angelegenheit oder unterschiedliche kostenrechtliche Angelegenheiten betreffen; entscheidend ist allein, dass wegen desselben Gegenstands bereits eine Geschäftsgebühr entstanden ist (BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2008 - I ZB 30/08, WRP 2009, 75 Rn. 11). Was Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit in diesem Sinn ist, wird durch das Recht oder Rechtsverhältnis bestimmt, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen des ihm erteilten Auftrags bezieht. Dabei ist bei der Bestimmung des Gegenstandes keine formale, sondern eine wertende Betrachtungsweise angezeigt (BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 14 ff.) und auf die wirtschaftliche Identität abzustellen (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 19. Aufl., VV 1008 Rn. 136). Die Frage, ob eine vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit und die anschließende Klage in diesem Sinne denselben Gegenstand gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG betreffen, ist daher anhand einer wirtschaftlichen Betrachtung zu entscheiden (BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 15). Der hierfür zu fordernde sachliche Zusammenhang ist problemlos gegeben, wenn der vom Rechtsanwalt angemahnte Zahlungsbetrag anschließend eingeklagt wird (Schons in Hartung/Schons/Enders, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz , Vorbem. 3 VV Rn. 95; vgl. auch BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 13, 16). Die Anrechnungsnorm (Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG) findet nämlich ihren Grund in dem geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand, den ein bereits vorgerichtlich mit der Angelegenheit befasster Rechtsanwalt hat (BT-Drucks. 15/1971, S. 209; BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 15 und BGH, Beschluss vom 16. Juli 2008 - IV ZB 24/07, JurBüro 2008, 529 Rn. 8 mwN).
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Einen solchen Fall hat das Beschwerdegericht hier zu Recht bejaht. Wie auch die Rechtsbeschwerde nicht in Abrede stellt, handelt es sich bei den außergerichtlich gegenüber der Beklagten geltend gemachten Ansprüchen wegen fehlerhafter Anlageberatung um diejenigen, die später eingeklagt worden sind. Dass sie vorgerichtlich von der Zedentin aus eigenem Recht geltend gemacht wurden und prozessual von der Klägerin aus abgetretenem Recht, ändert - wie das Beschwerdegericht zu Recht angenommen hat - nichts an der zur Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG führenden wirtschaftlichen Identität (ebenso u.a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. April 2011 - I-17 W 14/11, juris Rn. 15 ff. und OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Juni 2011 - I-10 W 45/11, BeckRS 2011, 21986; OLG Hamm, Beschluss vom 13. Mai 2011 - 25 W 95/11, juris Rn. 30 ff. = BeckRS 2011, 19833 mit kritischer Anmerkung Mayer, NJW-Spezial 2011, 668, 669; aA OLG Frankfurt, Urteil vom 3. Januar 2011 - 23 U 259/09). Eine formale, auf die Person des Auftraggebers abstellende Betrachtungsweise wird in Fällen der vorliegenden Art, in denen der Zessionar die vorgerichtlich bereits vom Zedenten verfolgte Forderung aus abgetretenem Recht einklagt, dem oben dargelegten Sinn der Anrechnungsvorschrift nicht gerecht. Danach soll bei der Höhe der insgesamt vom Rechtsanwalt verdienten Gebühren gerade dem typischerweise geringeren Aufwand nach vorprozessualer Befassung Rechnung getragen werden. Entscheidend ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung danach, dass die vom Anwalt zu entfaltende Tätigkeit in beiden Fällen dieselben rechtlichen und tatsächlichen Punkte betrifft (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2007 - VIII ZR 184/06, NJW 2007, 2050 Rn. 15). Das ist in Fällen der vorliegenden Art ungeachtet der Zession der Fall.
10
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt darin auch keine ungerechtfertigte Begünstigung des Zessionars. Die Anrechnung hat ihren Grund darin, dass dem schon vorprozessual mit der Sache befassten und hierfür vergüteten Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf den erfahrungsgemäß geringeren Einarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand nur eine gekürzte Vergütung zugebilligt werden solle (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - VII ZB 41/09, juris Rn. 6, 9). Genau so liegt der Sachverhalt aber auch in Fällen der vorliegenden Art. Wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht geltend macht, würde hier die Nichtanrechnung allein den Anwalt entgegen dem oben näher dargelegten Sinn und Zweck der Anrechnungsnorm privilegieren, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund bestünde.
11
Die Vorinstanzen haben nach alledem zu Recht die gekürzte Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht.
12
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wiechers Mayen Grüneberg
Maihold Pamp
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 09.12.2010 - 11 O 3/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.05.2011 - I-25 W 135/11 -

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Für die Vergütung ist das bisherige Recht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt worden ist. Dies gilt auch für einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse (§ 45, auch in Verbindung mit § 59a). Steht dem Rechtsanwalt ein Vergütungsanspruch zu, ohne dass ihm zum Zeitpunkt der Beiordnung oder Bestellung ein unbedingter Auftrag desjenigen erteilt worden ist, dem er beigeordnet oder für den er bestellt wurde, so ist für diese Vergütung in derselben Angelegenheit bisheriges Recht anzuwenden, wenn die Beiordnung oder Bestellung des Rechtsanwalts vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung wirksam geworden ist. Erfasst die Beiordnung oder Bestellung auch eine Angelegenheit, in der der Rechtsanwalt erst nach dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erstmalig beauftragt oder tätig wird, so ist insoweit für die Vergütung neues Recht anzuwenden. Das nach den Sätzen 2 bis 4 anzuwendende Recht findet auch auf Ansprüche des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts Anwendung, die sich nicht gegen die Staatskasse richten. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch, wenn Vorschriften geändert werden, auf die dieses Gesetz verweist.

(2) Sind Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert mehrerer Gegenstände zu bemessen, gilt für die gesamte Vergütung das bisherige Recht auch dann, wenn dies nach Absatz 1 nur für einen der Gegenstände gelten würde.

(3) In Angelegenheiten nach dem Pflegeberufegesetz ist bei der Bestimmung des Gegenstandswerts § 52 Absatz 4 Nummer 4 des Gerichtskostengesetzes nicht anzuwenden, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit vor dem 15. August 2019 erteilt worden ist.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

Tenor

I.

Auf die Beschwerde wird Ziffer III. des Beschlusses des Sozialgerichts Würzburg vom 3. Februar 2014 aufgehoben.

II.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdegegner nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse (Beschwerdeführer) zusteht. Streitig ist die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr. Gegenstand ist weiter der Kostenausspruch im Erinnerungsbeschluss.

Im Antragsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Würzburg (SG), Az.: S 11 KR 505/13 ER, ging es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des vom Kläger am 14.11.2013 eingelegten Widerspruchs (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) gegen die Rücknahme von Bewilligungsbescheiden bezüglich von Leistungen im Rahmen eines persönlichen Budgets durch den Bescheid vom 08.11.2013; die Beklagte hatte die sofortige Vollziehung dieses Bescheids angeordnet.

Am 14.11.2013 stellte der Kläger über seinen Bevollmächtigten, den Beschwerdegegner, den genannten Antrag im Eilrechtsschutzverfahren und beantragte die Gewährung von PKH. Diesem Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 22.11.2013 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet. Auf den Beschluss des SG im Eilrechtsschutzverfahren vom 22.11.2013, mit dem der Antrag des Klägers teilweise abgelehnt worden war, schloss sich das Beschwerdeverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG), Az.: L 5 KR 403/13 B ER, an; in diesem wurde der Beschwerdeführer auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 09.12.2013 im Rahmen der PKH-Gewährung beigeordnet. Mit Beschluss des BayLSG vom 02.12.2013, berichtigt durch Beschluss vom 09.12.2013, wurde u. a. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den oben genannten Bescheid vom 08.11.2013 (auch mit Wirkung für die Zukunft) angeordnet.

Am 25.11.2013 bzw. 04.12.2013 beantragte der Beschwerdegegner, seine Vergütung für die Eilrechtsschutzverfahren Az.: S 11 KR 505/13 ER sowie L 5 KR 431/13 B ER festzusetzen und setzte dabei eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 550,00 EUR und eine Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3204 VV RVG in Höhe von 370,00 EUR an.

Mit Beschluss vom 24.01.2014 setzte die zuständige Urkundsbeamtin die Vergütung des Beschwerdegegners gemäß § 55 RVG auf insgesamt 755,65 EUR, im Einzelnen wie folgt fest:

1. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 400,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 420,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 79,80 EUR

Zwischensumme mit Mehrwertsteuer: 499,80 EUR

abzüglich Ergebnis Vergleichsberechnung 208,25 EUR (str.)

Erstattungsbetrag: 291,55 EUR

2. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV RVG: 370,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 390,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 74,10 EUR

Zwischensumme mit Mehrwertsteuer: 464,10 EUR

Erstattungsbetrag: 464,10 EUR

Gesamterstattungsbetrag: 755,65 EUR

Aufgrund des Beschlusses des BayLSG im Eilrechtsschutzverfahren vom 09.12.2013 habe zwar die Beklagte die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten, auf Antrag des Beschwerdegegners würden die festgesetzten Gebühren jedoch vorab aus der Staatskasse erstattet. Zusammenfassend sei von einem überdurchschnittlichen ER-Verfahren auszugehen; eine Verfahrensgebühr für das erstinstanzliche Verfahren in Höhe von 400,00 EUR sei aus ihrer, der Urkundsbeamtin, Sicht angemessen und vollkommen ausreichend.

Entsprechend ihrer Mitteilung vom „15.01.2013“ habe die Beklagte mitgeteilt, dass der Beschwerdegegner für das oben genannte Widerspruchsverfahren Kosten in Höhe von 499,80 EUR geltend gemacht habe, die bereits ausgezahlt worden seien. Nach dem ab 01.08.2013 geltenden Recht seien die Kosten für das vorausgegangene Verfahren auf die Gebühren des nachfolgenden anzurechnen. Vorliegend sei eine Vergleichsberechnung durchzuführen, wobei die Gebühren eines Wahlanwalts den Kosten eines im Wege der PKH-Gewährung beigeordneten Anwalts gegenüber zu stellen seien. Der Wahlanwalt dürfe nicht besser oder schlechter gestellt werden als der beigeordnete Rechtsanwalt. Daher sei vorliegend nach Anrechnung einer Geschäftsgebühr von 175,00 EUR (zuzüglich Umsatzsteuer) ein Differenzbetrag von 208,25 EUR gegeben, um diesen die Verfahrensgebühr bei der PKH-Festsetzung zu reduzieren sei. Somit ergebe sich für das erstinstanzliche Eilrechtsschutzverfahren lediglich ein Erstattungsbetrag von 291,55 EUR.

Gegen diese Kostenfestsetzung hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 25.01.2014 Erinnerung erhoben und zur Begründung darauf verwiesen, dass eine Anrechnung nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG nicht zu erfolgen habe, da es sich vorliegend nicht um denselben Gegenstand in dem dort genannten Sinn handle.

Mit Beschluss des SG vom 03.02.2014 ist der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24.01.2014 abgeändert worden, soweit das Eilrechtsschutzverfahren Az.: S 11 KR 505/13 ER betroffen sei. Die zu erstattenden außergerichtlichen Kosten sind vom SG auf 963,90 EUR festgesetzt worden. Zudem hat das SG in Ziffer III. des Beschlusses festgelegt, dass die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahrens der Beschwerdeführer als Erinnerungsgegner trage. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass es sich bei der vorliegenden Fallkonstellation gerade nicht um denselben Gegenstand von Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahren handle. Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens sei die Überprüfung der Recht- bzw. Zweckmäßigkeit eines Ausgangsbescheids, wohingegen der Gegenstand eines Eilrechtsschutzverfahrens die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs darstelle. Einmal ginge es also um die Rechtmäßigkeit eines Bescheids und im weiteren Fall um die Frage, ob ein wie auch immer gearteter Bescheid vorläufig Geltung behalten solle oder nicht. Eine Gebührenanrechnung scheide somit aus.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 11.02.2014 Beschwerde erhoben und beantragt, die Kostenentscheidung des SG (Ziffer III. des Beschlusses) aufzuheben und die Vergütung aus der Staatskasse für das erstinstanzliche Eilrechtsschutzverfahren auf 755,65 EUR festzusetzen. Im angefochtenen Kostenbeschluss vom 24.01.2014 erfolge keine Anrechnung einer Geschäftsgebühr nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG, sondern eine Anrechnung nach § 58 Abs. 2 für die vom Beklagten für das Eilrechtsschutzverfahren erhaltenen Zahlungen in Höhe von 499,80 EUR.

Der Beschwerdegegner hat im Schriftsatz vom 14.03.2014 klargestellt, dass letztere Behauptung „gänzlich unzutreffend“ sei. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 15.01.2014 erwähnte Zahlung habe eindeutig die Gebühren für die Vertretung im Widerspruchsverfahren betroffen. Dies ergebe sich aus der nun vorgelegten Gebührenrechnung (des Beschwerdegegners) vom 18.12.2013 bezüglich des Widerspruchsverfahrens. Der Beschwerdegegner hat anwaltlich versichert, zu keiner Zeit eine Kostenerstattungsforderung bezüglich der oben genannten Eilrechtsschutzverfahren erhoben und keine Zahlung hierfür erhalten zu haben.

Im weiteren Verlauf des Beschwerdeverfahrens hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, nach wie vor davon überzeugt zu sein, dass die Urkundsbeamtin des SG keine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vor-, sondern den Versuch unternommen habe, im Rahmen einer „Vergleichsberechnung“ den Betrag zu ermitteln, der aufgrund der Zahlung von 499,80 EUR durch die Beklagte von der Staatskasse anzurechnen sei. Er hat darauf hingewiesen, dass wegen der Identität der gesetzlichen Vergütung mit der Wahlanwaltsvergütung und dem Umstand, dass die Beklagte nicht auf einer Anrechnung der Geschäftsgebühr bestanden habe, sich der identische Betrag für die zu zahlende Verfahrensgebühr errechne, als wenn die Urkundsbeamtin gleich selbst die Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgenommen hätte. Weiter hat der Beschwerdeführer hervorgehoben, dass eine Erstattungsverpflichtung der Beklagten auch für die Kosten des Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahrens bestehe. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte nicht auf einer Anrechnung im oben genannten Sinn bestanden habe; bei der vorgenommenen Vergleichsberechnung könne dies jedoch dahingestellt bleiben. Eine Anrechnung durch die Staatskasse nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei jedoch auch grundsätzlich möglich, da der Beschwerdeführer an die Stelle des Klägers nach § 15a Abs. 1 RVG trete. In beiden Fällen sei jedoch nötig, dass es sich um denselben Gegenstand (von Widerspruchs- und Eilrechtsschutzverfahren) handle. Der Beschwerdeführer hat darauf hingewiesen, dass es jedenfalls gebührenrechtlich bei der Anrechnung nicht auf den Streitgegenstand ankomme, sondern darauf, ob es sich um denselben Gegenstand handle. Weiter hat er die Berücksichtigung von Synergieeffekten und die Intention der Anrechnungsvorschrift - nämlich die Verminderung von Überzahlungen bzw. Kostengerechtigkeit - thematisiert.

Der Beschwerdegegner hat hervorgehoben, eine Vergütung für die Vertretung im Widerspruchsverfahren in einer anderen Angelegenheit erhalten zu haben, als sie das gerichtliche Eilrechtsschutzverfahren darstelle. § 58 Abs. 2 RVG sei nicht einschlägig; eine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei nicht möglich. Er hat beantragt, das vorliegende Beschwerdeverfahren dem Senat zur Entscheidung zu übertragen, da es zu der neuen Rechtslage noch keine gefestigte Rechtsprechung gebe.

In einem weiteren Schriftsatz (08.05.2014) hat der Beschwerdeführer detailliert den Begriff der kostenrechtlichen Angelegenheit unter Berücksichtigung historischer Herleitungen beleuchtet und weitere Problemstellungen im Hinblick auf die Neuregelung von § 15a Abs. 2 RVG und die Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG unter Berücksichtigung zahlreicher Rechtsprechungsnachweise herausgearbeitet. Zusammenfassend ist er zu der Beurteilung gelangt, dass eine Anrechnung vorliegend wegen desselben Gegenstands geboten sei.

Im Schriftsatz vom 02.06.2014 hat der Beschwerdegegner darauf hingewiesen, dass § 58 Abs. 2 RVG nicht einschlägig sei mangels derselben kostenrechtlichen Angelegenheit. Derselbe Gegenstand im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG sei ebenfalls nicht gegeben. Gegenstand des Verfahrens auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs seien der Widerspruch als solcher und seine Rechtswirkungen. Hingegen sei Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens der mit dem Widerspruch angefochtene und damit zur Überprüfung gestellte Bescheid.

Am 05.11.2014 hat er mitgeteilt, dass vom Antragsgegner der Betrag von 968,90 EUR (inklusive Mahngebühren iHv. 5,00 EUR) an den Beschwerdeführer erstattet worden sei; die Staatskasse habe damit die von ihr getragenen Kosten vollumfänglich erstattet erhalten. Vor diesem Hintergrund bestünden, so der Beschwerdegegner, ernstliche Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers. Eine Belastung des Beschwerdeführers sei nicht erkennbar.

Hierauf hat der Beschwerdeführer (am 13.11.2014) darauf hingewiesen, dass sich die materielle Beschwer daraus ergebe, dass der Beschwerdegegner bei einer Zurückweisung der Beschwerde in den Genuss einer höheren Vergütung nach dem RVG kommen würde, als sie von Seiten des Gesetzgebers vorgesehen sei. Zudem hat der Beschwerdeführer auf die dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle übertragenen Überwachungsaufgaben hingewiesen. Im Hinblick hierauf könne man dem Vertreter der Staatskasse doch nicht die Beschwer streitig machen, wenn er - ohne Zulassung der Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung - die vom Gesetzgeber gewollte, aber bis dato nicht realisierte Deckelung der Vergütung mit einer Beschwerde erreichen wolle bzw. müsse. Zudem müsse wohl auch daran erinnert werden, dass die Staatskasse darüber hinaus durch die contra legem getroffene Kostenentscheidung in Ziffer III. des Tenors beschwert sei.

Mit Schriftsatz vom 08.12.2014 hat der Beschwerdegegner die Auffassung vertreten, dass es nicht Aufgabe des Bezirksrevisors sei, sicherzustellen, dass ein Rechtsanwalt nicht in den Genuss einer höheren Vergütung nach dem RVG komme, als der Gesetzgeber sie angeblich vorgesehen habe. Eine Überwachungsaufgabe gegenüber Rechtsanwälten sei den Bezirksrevisoren nicht übertragen. Hinsichtlich der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss hat der Beschwerdegegner auf den Betrag von nur 27,00 EUR verwiesen, so dass insoweit bereits offensichtlich der Beschwerdewert nicht erreicht werde.

Am 22.12.2014 hat der Beschwerdeführer auch hierzu eingehend Stellung genommen und auf seine Aktivlegitimation, mit der gegen den Beschluss Beschwerde erhoben worden sei, verwiesen. Vorliegend handle es sich um einen Fall von grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich der Anrechnungsvorschriften von § 15a RVG, Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG und § 58 Abs. 2 RVG.

Mit Verweis auf die Rechtsprechung hat der Beschwerdeführer am 12.05.2015 davon berichtet, dass mittlerweile weder Rechtsanwälte noch Kostenrichter in ihren Entscheidungen nach § 197 SGG Zweifel daran hätten, dass es sich in der vorliegenden Fallkonstellation um denselben Gegenstand nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG handele.

Im Schriftsatz vom 17.06.2015 hat der Beschwerdegegner u. a. hervorgehoben, dass ein Verfahren nach Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts und das mit gleichem Ziel betriebene anschließende gerichtliche Eilverfahren denselben Gegenstand hätten. Vorliegend gehe es jedoch im Widerspruchsverfahren um die Überprüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit des angefochtenen Bescheids.

Am 05.04.2016 hat der Beschwerdegegner Verzögerungsrüge erhoben.

Am 05.05.2016 hat er u. a. hervorgehoben, dass es beim Widerspruch um die Beseitigung des Aufhebungsbescheides, beim Antrag auf Eilrechtsschutz aber um eine Unterbindung der Vollziehung des Aufhebungsbescheides gegangen sei; eine Entscheidung in der Sache selbst - nämlich über die Aufhebung des Bescheids - sei in diesem Verfahren überhaupt nicht zu erreichen gewesen.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens und des erstinstanzlichen Antragsverfahrens verwiesen.

II.

Die Beschwerde hat nur teilweise Erfolg.

Zuständig für die Entscheidung ist der Einzelrichter gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG; es besteht keine Veranlassung, die Sache dem Senat als Gesamtspruchkörper vorzulegen (vgl. die Entscheidung des Senats vom 02.12.2015, Az.: L 15 SF 133/15).

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall die Regelungen des RVG in ab 01.08.2013 geltenden Fassung gemäß dem Zweiten Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Zweites Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl S. 2586, 2681 ff.). Denn der unbedingte Auftrag i. S.v. § 60 Abs. 1 RVG ist dem Beschwerdegegner nach dem 31.07.2013 erteilt worden.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Die Beschwerde ist statthaft, weil der Beschwerdeführer durch den Beschluss des SG mit mehr als 200,00 EUR beschwert ist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG).

Dabei kann offen bleiben, ob - wie der Beschwerdegegner meint - hinsichtlich des fehlerhaften Tenors des Beschlusses des SG in Ziffer III. (s. unten) ein Beschwerdewert von (lediglich) 27,00 EUR gegenwärtig (verbindlich) festgestellt werden kann oder ob eine „typische Offenheit in der Sache“ gegeben ist und ob eine solche der Staatskasse eine rechtsmittelfähige Beschwer vermitteln könnte (vgl. den Beschluss des Senats vom 30.04.2013, Az.: L 15 SF 160/12 B, L 15 SF 161/12 B). Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer vorgetragenen Aspekte.

Denn jedenfalls ist der Beschwerdewert allein bereits durch die in Frage gestellte Anrechnung der Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr erreicht, ohne dass die vom Beschwerdegegner vorgetragene Zahlung des Antragsgegners des Eilrechtsschutzverfahrens an den Beschwerdeführer hieran etwas ändern würde.

Die Berechnung der Beschwer erfolgt schon aus Gründen der Rechtssicherheit rein formal nach der Differenz zwischen den Anträgen der Beteiligten und dem Tenor der Erinnerungsentscheidung. Sie erfolgt unabhängig von einer anteiligen Kostenübernahme durch den Verfahrensgegner, da anderenfalls die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von Lebenssachverhalten abhängig wäre, die außerhalb des Streitgegenstandes des jeweiligen Verfahrens liegen, vorliegend konkret von Höhe und Zeitpunkt der Zahlung der außergerichtlichen Kosten durch den Antragsgegner (vgl. z. B. LSG Hessen, Beschluss vom 23.06.2014, Az.: L 2 AS 568/13 B).

Die Beschwerde ist auch fristgerecht innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG eingelegt worden.

2. Die Beschwerde ist jedoch nur teilweise begründet.

a. Soweit das SG die notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt hat (Ziff. III. des angefochtenen Beschlusses), ist die Beschwerde begründet.

Die Kostenentscheidung ist unzutreffend. Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden dabei nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss des SG ist daher insoweit aufzuheben.

b. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet

(1) Eine Anrechnung der gezahlten Geschäftsgebühr in Höhe von 499,80 EUR (Widerspruchsverfahren) auf die Verfahrensgebühr (Eilrechtsschutzverfahren) hat entsprechend der zutreffenden Annahme des SG nicht zu erfolgen.

(aa) Wie der Senat in seinem Grundsatzbeschluss vom 02.12.2015 (Az.: L 15 SF 133/15) bereits im Einzelnen dargelegt hat, wurde mit der neu gefassten Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG nunmehr auch im sozialgerichtlichen Verfahren, in dem Betragsrahmengebühren entstehen, auf eine echte Anrechnungsregelung umgestellt (vgl. auch z. B. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., Vorbemerkung 3 VV, Rdnr. 4). Soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr nach Teil 2 (d. h. eine nach den Nrn. 2300 bis 2303 VV RVG) entsteht, wird diese Gebühr zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet; bei Betragsrahmengebühren beträgt der Anrechnungshöchstbetrag 175,00 EUR. Die in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgeschriebene Anrechnung führt dazu, dass im Rahmen der Kostenerstattung auch § 15a RVG unmittelbar Anwendung findet (so auch der Beschluss des Hessischen LSGvom 03.02.2015, Az.: L 2 AS 605/14 B; vgl. z. B. auch Müller-Rabe, a. a. O., Rdnr. 5).

Maßgeblich ist vorliegend somit § 15a Abs. 1 RVG (vgl. den o.g. Grundsatzbeschluss des Senats vom 02.12.2015, a. a. O.). Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn der Anwalt im Weg der PKH beigeordnet worden ist (vgl. Hessisches LSG, a. a. O.). Der Senat folgt der Auffassung des SG, dass § 15a Abs. 2 RVG im Verhältnis gegenüber der Staatskasse keine Anwendung findet (vgl. auch Hessisches LSG, a. a. O.; Hessischer VGH, Beschluss vom 27.06.2013, Az.: 6 E 600/13, 6 E 602/13, 6 E 601/13; Hansens, RVGreport 2015, 299 ff.). Diese Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Anrechnung von Leistungen eines Dritten im Außenverhältnis stattfindet. Die Staatskasse ist jedoch kein Dritter im Falle der Bewilligung von PKH, sondern Kostenschuldner des Rechtsanwalts (§ 45 Abs. 1 Satz 1 RVG). Sie tritt insoweit an die Stelle des Mandanten (vgl. z. B. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.05.2013, Az.: 18 W 68/13).

Eine Beschränkung des durch § 15a Abs. 1 RVG gewährten Wahlrechts des Rechtsanwalts infolge Anrechnung greift nur, wenn eine entsprechende Zahlung tatsächlich erfolgt ist, was hier ohne Weiteres der Fall ist. Aus Sicht des Senats bestehen keine Zweifel daran, dass der o.g. Betrag nicht auf die Gebühr für das gerichtliche Eilrechtsschutzverfahren, sondern für das Widerspruchsverfahren gezahlt worden ist. Dies ergibt sich schon aus der Kostenrechnung vom 18.12.2013, die der Beschwerdegegner vorgelegt hat.

(bb) Streitig bleibt, ob Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr vorliegend rechtfertigt. Diese Frage ist nach Auffassung des Senats zu verneinen. Maßgeblich ist, wie die Beteiligten im Erinnerungs- und vor allem im Beschwerdeverfahren umfangreich herausgearbeitet haben, ob es sich hinsichtlich des Widerspruchs- und des Eilrechtsschutzverfahrens um denselben Gegenstand im Sinne von Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG handelt. Entsprechend den zutreffenden Darlegungen des SG und des Beschwerdegegners ist dies bei der hier vorliegenden Konstellation gerade nicht der Fall. Denn Gegenstand eines Widerspruchsverfahrens ist die - dem Klageverfahren vorgeschaltete - Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Gegenstand des Eilrechtsschutzverfahrens in der hier vorliegenden Ausprägung ist jedoch nicht die inhaltliche Prüfung des Verwaltungsakts, sondern dessen Durchsetzbarkeit im weiteren Sinn bzw. die rechtlichen Wirkungen des Widerspruchs. Freilich verkennt der Senat nicht, dass auch eine inhaltliche Prüfung des Widerspruchs, somit des angefochtenen Verwaltungsakts, eine - jedenfalls gewisse - Rolle spielt. Im Hinblick auf das abweichende Prüfprogramm und insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach in (vor allem existenzsichernde Leistungen betreffenden) einstweiligen Rechtsschutzverfahren, umfassende Abwägungen unter Einbeziehung von Grundrechten des Antragstellers vorzunehmen sind, tritt die materiell-rechtliche Prüfung des angefochtenen Verwaltungsakts deutlich zurück (vgl. z. B. Straßfeld, Sgb 2008, 635, 638, zum Aufwand eines Rechtsanwalts in Eilverfahren, wenn er bereits im Widerspruchsverfahren tätig war).

Eine Anrechnung der in einem Widerspruchsverfahren entstandenen Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr im Eilrechtsschutzverfahren ist vorliegend auch nicht mit gesetzgeberischen Motiven zu begründen (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 209 zu der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG):

„Eine Anrechnung ist zunächst aus systematischen Gründen erforderlich. Nach der Definition in Abs. 2 der Vorbemerkung erhält der Rechtsanwalt die gerichtliche Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Der Umfang dieser anwaltlichen Tätigkeit wird entscheidend davon beeinflusst, ob der Rechtsanwalt durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits mit der Angelegenheit befasst war. Eine Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Rechtsanwalt, der zunächst außergerichtlich tätig war, ist nicht zu rechtfertigen.

Die Anrechnung ist aber auch erforderlich, um eine außergerichtliche Erledigung zu fördern. Es muss der Eindruck vermieden werden, der Rechtsanwalt habe ein gebührenrechtliches Interesse an einem gerichtlichen Verfahren. Dieses Interesse kollidiert zwangsläufig mit dem Bestreben einer aufwandsbezogenen Vergütung. Diesen unterschiedlichen Interessen wird die vorgeschlagene Anrechnungsregel gerecht.“

Vorliegend kann jedoch, wo der Rechtsanwalt die Geschäftsgebühr für die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren geltend gemacht hat (s. oben), bereits nicht die Rede davon sein, dass er mit der Angelegenheit durch eine vorgerichtliche Tätigkeit bereits befasst gewesen sei; das Widerspruchsverfahren war dem Eilrechtsschutzverfahren nicht vorgeschaltet, sondern vielmehr dessen Gegenstand. Wegen der Besonderheiten eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, in dem es regelmäßig um Eilbedürftigkeit und effektive Rechtsdurchsetzung geht, kann den Senat weiter auch das Argument des gebührenrechtlichen Interesses nicht überzeugen.

Schließlich spricht auch der Regelungszweck von § 15a RVG i. V. m. Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG nicht zwingend für eine Anrechnung in der vorliegenden Fallkonstellation. Zwar hat der Senat in dem Beschluss vom 02.12.2015 (a. a. O.) bereits dargelegt, dass er in § 15a Abs. 1 RVG eine Vorschrift zur Minderung staatlicher Belastungen sieht, da auch diese Vorschrift der Vermeidung von Überzahlungen und damit der Kostendämpfung dient. Hieraus lässt sich jedoch keine Veranlassung entnehmen, die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG übermäßig weit zu verstehen. Eine solche Festlegung wäre auch Aufgabe des Gesetzgebers, nicht jedoch eine der rechtsprechenden Gewalt.

Im Übrigen erschließt sich für den Senat schon mit Blick auf die Identität der Betragsrahmengebühren nicht, weshalb es vorliegend auf eine angeblich zu wahrende Parität zwischen der Vergütung eines Wahl- und eines beigeordneten Anwalts ankommen könnte (vgl. den Beschluss des Senats vom 02.12.2015, a. a. O.).

(2) Eine Prüfung durch den Senat, ob durch eine von der Kostenbeamtin gegebenenfalls fehlerhaft angenommene Höhe der Verfahrensgebühr insgesamt doch ein zu hoher Kostenansatz erfolgt und die Beschwerde daher doch begründet sein könnte, hat vorliegend nicht zu erfolgen. Daran, dass vorliegend eine Verfahrensgebühr von 400,00 EUR zutreffend ist, könnte nämlich im Hinblick darauf, dass nach Ansicht der Rechtsprechung für ein durchschnittliches Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Hinblick auf die Charakteristika dieser Verfahren nur eine abgesenkte Mittelgebühr entsteht, Zweifel bestehen (vgl. Beschluss des LSG Hessen vom 26.10.2015, Az.: L 2 SO 95/15 B; vgl. allerdings den Senatsbeschluss vom 11.04.2013, Az.: L 15 SF 43/12 B).

Eine solche Überprüfung findet jedoch - wovon der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 13.05.2016 zutreffend ausgegangen ist - nicht statt, da eine vollumfängliche Prüfung im Rahmen der Erinnerung nach § 56 Abs. 1 RVG und damit auch bei der Beschwerde nach § 56 Abs. 2 RVG nicht stattfindet (vgl. im Einzelnen den Beschluss des Senats vom 15.06.2016, Az.: L 15 SF 92/14 E).

Die Vergütung für den Beschwerdegegner ist daher wie folgt festzusetzen:

1. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG: 400,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 420,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 79,80 EUR

Erstattungsbetrag: 499,80 EUR

2. Instanz:

Verfahrensgebühr, Nr. 3204 VV RVG: 370,00 EUR

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR

Zwischensumme: 390,00 EUR

19% Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG: 74,10 EUR

Erstattungsbetrag: 464,10 EUR

Gesamterstattungsbetrag: 963,90 EUR

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.