Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Okt. 2017 - L 11 AS 591/17

bei uns veröffentlicht am17.10.2017
nachgehend
Bundessozialgericht, B 14 AS 385/17 B, 28.02.2018

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.07.2017 - S 13 AS 573/17 - wird im Hinblick auf die Minderung verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II-) gemäß dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017 um 40,90 € monatlich und die Feststellung, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht, um Meldepflichtverletzungen zu entschuldigen.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 19.01.2017 Alg II für die Zeit vom 01.03.2017 bis 28.02.2018. Zur Besprechung seiner beruflichen Situation lud der Beklagten den Kläger mit Schreiben vom 13.04.2017 zum 03.05.2017 ein. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genüge im Krankheitsfall nicht als Entschuldigung, vielmehr sei eine Bescheinigung des behandelnden Arztes vorzulegen, aus der hervorgehe, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gehindert sei, den Termin wahrzunehmen. Hierfür würden 5,36 € erstattet werden. Angehört zu einer beabsichtigten Minderung wegen Nichterscheinens zu einem Meldetermin am 03.05.2017 teilte der Kläger das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit ab 02.05.2017 mit. Mit Bescheid vom 12.05.2017 stellte der Beklagte den Eintritt einer Minderung um 40,90 € monatlich für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017 wegen Nichterscheinens zu einem Meldetermin am 03.05.2017 ohne wichtigen Grund fest und hob die Bewilligung mit Bescheid vom selben Tag teilweise für diese Zeit auf. Eine geforderte Wegeunfähigkeitsbescheinigung liege nicht vor. Hierüber sei aber mit dem Einladungsschreiben vom 13.04.2017 informiert worden. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück, denn er sei mangels Unterschrift unzulässig.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Er sei wegen seiner nachgewiesenen ärztlichen Krankheitsbescheinigung nicht verpflichtet gewesen, die Einladung zum 03.05.2017 wahrzunehmen. Wenn der Beklagte auf ein zusätzliches Attest zur Wegeunfähigkeit bestehe, habe er auch die Kosten hierfür (10 bis 20,00 €) zu zahlen. Der Beklagte sei daher zu verpflichten, die Kosten für ein solches Attest zu bezahlen. Der Beklagte wolle jedoch nur 5,36 € bezahlen. Am 22.06.2017 ist der Kläger zur mündlichen Verhandlung vom 12.07.2017 geladen worden. Zudem hat es, nachdem der Kläger den vom SG angeforderten Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht übersandt hatte, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (Beschluss vom 12.07.2017). In der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2017 hat das SG das Klageverfahren mit einer weiteren Klage des Klägers auf Feststellung, ob die allgemeinübliche Arbeitsunfähigkeit dazu ausreiche, um seinen Meldepflichten nicht nachkommen zu müssen, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Zuletzt hat der Kläger beantragt, den Bescheid vom 12.05.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche, um Meldepflichten zu entschuldigen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.07.2014 abgewiesen. Zwar habe der Beklagte den Widerspruch zu Unrecht mangels Unterschrift als unzulässig „zurückgewiesen“. Der Minderungsbescheid sei jedoch rechtmäßig. Wegen des mehrfachen Nichterscheinens des Klägers allein aufgrund von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei das Vorgehen des Beklagten (Verlangen nach einer Wegeunfähigkeitsbescheinigung) erforderlich. Der Kläger habe jedoch nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt, so dass kein wichtiger Grund für das Nichterscheinen vorliege. Die Klage auf (allgemeine) Feststellung, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche Meldepflichten zu entschuldigen, sei als allgemeine Feststellungsklage (§ 55 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) subsidiär gegenüber der vorliegenden Anfechtungsklage hinsichtlich des Bescheides vom 12.05.2017. Die vom Kläger begehrte Feststellung werde im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Minderungsbescheid vom 12.05.2017 getroffen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Dagegen hat der Kläger ausdrücklich „Berufung“ zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die Vorsitzende des SG habe „von nichts eine Ahnung“, über Prozesskostenhilfeanträge sei erst nachträglich entschieden worden und Ladungsfristen seien nicht eingehalten worden. Mit einer Entscheidung im Beschlussverfahren hat er sich nicht einverstanden erklärt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 12.07.2017 sowie die Bescheide vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche, um Meldepflichtverletzungen zu entschuldigen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf beigezogenen Akten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zum Teil nicht zulässig und daher zu verwerfen. Im Übrigen ist sie unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

Hinsichtlich des Streitgegenstandes, der sich auf die Feststellung der Minderung durch den Bescheid vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 bezieht, konnte der Senat gemäß § 158 Satz 1 und 2 SGG durch Beschluss entscheiden, denn die Berufung ist nicht statthaft. Hinsichtlich des davon abtrennbaren, nicht gleichartigen Streitgegenstandes auf allgemeine Feststellung, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche, um Meldepflichtverletzungen zu entschuldigen, konnte der Senat ebenfalls durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Das Einverständnis der Beteiligten hierzu ist nicht erforderlich; das Vorbringen des Klägers führt nicht zur Erforderlichkeit einer mündlichen Verhandlung.

Liegen innerhalb eines Klageverfahrens mehrere Streitgegenstände vor, ist hinsichtlich der Zulässigkeit der Berufung danach zu differenzieren, ob die einzelnen Streitgegenstände vom Berufungsausschluss erfasst werden oder nicht (BSG, Beschluss vom 18.04.2016 - B 14 AS 150/15 B H - veröffentlicht in Juris; vgl. auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 144 Rn. 16).

Die Berufung bezüglich der gegen die Bescheide vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 erhobenen Anfechtungsklage ist unzulässig; das SG hat die Berufung nicht zugelassen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt nicht 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Streitig ist allein die teilweise Aufhebung des Alg II für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017 iHv monatlich 40,90 €. Zu Recht hat das SG daher in seiner Rechtsmittelbelehrungauf das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen. Entgegen der erteilten Rechtsmittelbelehrunghat der Kläger allerdings ausdrücklich „Berufung“ erhoben. Bei der Auslegung eines Antrages geht der Senat davon aus, was der Kläger erreichen möchte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 123 Rn. 3). Nachdem die weiteren Ausführungen des Klägers nicht zum vorliegenden Verfahren in Beziehung stehen - der Kläger war zur mündlichen Verhandlung vor dem SG persönlich erschienen und hat die noch ausstehende Entscheidung über den Antrag auf PKH nicht moniert, die Ladungsfristen sind vom SG eingehalten worden -, bleibt allein der von ihm gewählte Wortlaut, um sein Begehren auszulegen. Hiernach hat er ausdrücklich „Berufung“, nicht aber Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Diese entgegen der erteilten Rechtsmittelbelehrungausdrücklich vom Kläger gewählte Bezeichnung ist einer Auslegung nicht zugänglich, es ist eine Umdeutung erforderlich. Eine Umdeutung einer Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist aber grundsätzlich auch bei nicht rechtskundig vertretenen Klägern nicht möglich (BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/11 B -, Beschluss des Senates vom 02.09.2016 - L 10 AL 125/15 NZB - beide veröffentlicht in Juris; vgl. dazu auch Leitherer a.a.O. § 151 Rn. 11a, derselbe a.a.O. Vor § 143 Rn. 15c). Der Kläger ist vom Senat auch auf das zutreffend zu erhebende Rechtsmittel innerhalb der noch offenen Rechtsmittelfrist hingewiesen worden (Schreiben vom 17.08.2017).

Hinsichtlich des unbezifferten Feststellungsantrages ist der Wert des Beschwerdegegenstandes zu ermitteln (vgl. Leitherer a.a.O. § 144 Rn. 15b, BSG, Beschluss vom 05.08.2015 - B 4 AS 17/15 B - veröffentlicht in Juris). Bei der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage, ob eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung allgemein ausreicht, um Verletzungen der Meldepflicht zu entschuldigen, geht es dem Kläger nicht um eine einzelne Minderung, sondern sein Ziel ist, zukünftige Minderungen im Allgemeinen zu vermeiden. Damit ist nicht auf eine einzelne Minderung abzustellen. Lässt sich aber endgültig nicht nachweisen, dass die Voraussetzungen für die Beschränkung der Berufung erfüllt sind, muss im Ergebnis die Grundregel des § 143 SGG - Statthaftigkeit ohne Zulassung - greifen (vgl. Leitherer a.a.O. § 144 Rn. 15b). Somit ist hinsichtlich des Feststellungsbegehrens die Berufung als zulässig anzusehen.

Sie ist jedoch hinsichtlich dieses Streitgegenstandes unbegründet, denn das SG hat die Feststellungsklage im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen. Die vom Kläger begehrte Feststellung betrifft lediglich ein Tatbestandsmerkmal innerhalb der Rechtsgrundlage für die Feststellung des Eintritts einer Minderung, nämlich die Frage, ob ein wichtiger Grund für das Nichterscheinen zu einem Meldetermin vorliegt. Dieses Tatbestandsmerkmal ist im Rahmen der Amtsermittlung durch den Beklagten zu prüfen. Erst wenn entsprechende Nachforschungen ohne Erfolg bleiben, trifft den Betroffenen die Feststellungslast (vgl. Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 31 Rn. 66 ff, § 32 Rn. 27).

Die mit dieser Elementenfeststellungsklage vom Kläger aufgeworfene Frage ist zum einen bereits durch die Rechtsprechung bereits geklärt (BSG, Urteil vom 09.11.2010 - B 4 AS 27/10 R - veröffentlicht in Juris), zum anderen aber ist sie unzulässig. Es handelt sich vorliegend nicht um die Feststellung einzelner Rechten und Pflichten, sondern um die Feststellung einzelnen Elemente wie z.B. Rechtsfragen, Vorfragen oder Tatfragen (vgl dazu: Keller a.a.O. § 55 Rn. 9). Erst recht ist ein Feststellungantrag unzulässig, wenn das streitige Rechtsverhältnis in prozessualen Fragen eines ohnehin anhängigen Streites besteht (vgl. zum Ganzen Keller aaO § 55 Rn. 9). Dies ist vorliegend der Fall, denn die Frage der ausreichenden Entschuldigung durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird im Rahmen der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage hinsichtlich der Feststellung des Eintritts einer Minderung und Aufhebung für den konkreten Fall geklärt. Die vorliegende Elementenfeststellungsklage ist auch nicht ausnahmsweise zulässig, wenn durch diese der Rechtsstreit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird (Keller aaO Rn. 9a), denn bei der vom Kläger aufgeworfenen Frage ist auf den Einzelfall abzustellen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.11.2010 a.a.O.).

Nach alledem war die Berufung hinsichtlich der erhobenen Anfechtungsklage gegen die Minderung zu verwerfen und hinsichtlich der erhobenen allgemeinen Feststellungsklage zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 17. Okt. 2017 - L 11 AS 591/17

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Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier
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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 143


Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 158


Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Die Entsc

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Streitig ist die Minderung des Anspruches auf Alg II um 10% wegen Meldepflichtverletzung sowie die Feststellung, dass für die Entschuldigung einer Meldepflicht eine allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht.

Während des Bezuges von Leistungen war der Kläger mit Schreiben vom 13.04.2017 zu einem Meldetermin am 03.05.2017 eingeladen worden. Er wurde darauf hingewiesen, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Entschuldigung eines Nichterscheinens zum Termin nicht ausreichend wäre. Vielmehr müsse der Arzt bescheinigen, dass der Kläger nicht in der Lage wäre, den Weg zum Jobcenter zurückzulegen.

Zum vorgesehenen Termin erschien der Kläger nicht, worauf er mit Schreiben vom 05.05.2017 wegen der geplanten Minderung des Leistungsanspruches um 10% der Regelleistung wegen Meldepflichtsverletzung angehört wurde.

Mit Bescheid vom 12.05.2017 erfolgte schließlich die Minderung der Regelleistung um 10%, d.h. 40,90 € für die Dauer von drei Monaten vom 01.06.2017 bis 31.08.2017.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 26.05.2017 Widerspruch, der allerdings nicht mit einer Unterschrift versehen war. Am gleichen Tage wandte er sich an das Sozialgericht Nürnberg und erhob gegen den Bescheid vom 12.05.2017 Klage. Das Klageverfahren wurde unter dem Az. S 13 AS 573/17 registriert. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2017 wies die Beklagte den Widerspruch wegen fehlender Unterschrift als unzulässig zurück. Am 03.06.2017 erhob der Kläger eine weitere Klage mit der er die Feststellung begehrte, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreiche, um Meldepflichten zu entschuldigen. Diese Klage wurde unter dem Az. S 13 AS 609/17 registriert. In der mündlichen Verhandlung wurden die Streitsachen S 13 AS 573/17 und S 13 AS 609/17 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und führen nunmehr das Az. S 13 AS 573/17 Auf den Hinweis des Gerichts, dass sich aus dem Widerspruch des Klägers ergeben hätte, dass der Widerspruch vom Kläger stammt und dieses die Beklagte auch hätte erkennen müssen, war die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bereit, den Widerspruchsbescheid vom 26.05.2017 aufzuheben und erneut das Widerspruchsverfahren durchzuführen. Der Kläger war jedoch nicht bereit abzuwarten, sondern bestand vielmehr auf einem Endurteil.

Er beantragt,

den Bescheid vom 12.05.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht um Meldepflichten zu entschuldigen.

Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist insoweit zulässig, als sie sich gegen den Minderungsbescheid vom 12.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2017 wendet.

Zwar hat die Beklagte zu Unrecht durch den Widerspruchsbescheid vom 19.06.2017 den Widerspruch des Klägers als unzulässig verworfen, da sich aus dem Widerspruch eindeutig ergeben hatte, dass er vom Kläger stammt und die Beklagte dies auch erkannt hatte. Nach herrschender Meinung genügt in einem derartigen Fall trotz der Vorschrift des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG ein schriftlicher Widerspruch ohne Unterschrift.

Der Minderungsbescheid vom 12.05.2017 ist jedoch rechtlich nicht zu beanstanden. Unstreitig war der Kläger durch Schreiben vom 13.04.2017 zu einem Meldetermin am 03.05.2017 eingeladen und darauf hingewiesen worden, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Entschuldigung eines Nichterscheinens zum Termin nicht ausreicht, vielmehr eine Wegeunfähigkeitsbescheinigung erforderlich wäre. Nachdem der Kläger in der Vergangenheit mehrfach Meldetermine unter Hinweis auf eine bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht einhielt, war ein derartiges Vorgehen erforderlich. Das Handeln der Beklagten ist von der Sanktionsvorschrift des § 32 SGB II gedeckt.

Dennoch legte der Kläger wiederum nur eine schlichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor. Dieser ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger gesundheitlich gehindert gewesen wäre, das Jobcenter aufzusuchen. Insofern ist der Kläger seiner Verpflichtung zur Meldung nicht nachgekommen. Der Tatbestand des § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist daher erfüllt. Der Kläger konnte auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten darlegen und nachweisen. Zwar hat er in der mündlichen Verhandlung erklärt, er hätte im Zeitpunkt des Meldetermins tatsächlich nicht laufen können.

Eine entsprechende ärztliche Bescheinigung hat er aber nicht vorgelegt, so dass es am Nachweis des wichtigen Grundes fehlt.

Sollte der Kläger noch eine entsprechende Bescheinigung erhalten, bleibt es ihm unbenommen innerhalb eines Jahres ab Erlass des angefochtenen Bescheides einen Antrag nach § 44 SGB Xauf Rücknahme des Minderungsbescheides zu stellen.

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die allgemeine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausreicht Meldepflichten zu entschuldigen, ist diese Klage unzulässig, da es an einem Feststellungsinteresse fehlt. Eine Feststellungsklage gemäß § 55 SGG ist subsidiär zu einer Anfechtungsklage. Da im vorliegenden Fall die vom Kläger begehrte Feststellung im Rahmen der Anfechtungsklage gegen den Minderungsbescheid vom 12.05.2017 getroffen werden kann, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer Feststellungsklage.

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ist die Berufung nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

I.

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18.02.2015 - S 7 AL 18/13 - wird verworfen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I. Streitig ist der Eintritt zweier Sperrzeiten (drei Wochen und sechs Wochen) bei einem täglichen Leistungsentgelt in Höhe von 16,22 €.

Das Sozialgerichts Augsburg (SG) hat die verbundenen Klagen mit Urteil vom 18.02.2015 abgewiesen (zugestellt an den Kläger am 13.05.2015). Das Urteil könne mit der Berufung angefochten werden.

Dagegen hat der Kläger ausdrücklich Nichtzulassungsbeschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) am 27.05.2015 erhoben. Die Berufung hätte gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassen werden müssen. Das SG habe gegen rechtsstaatliche Grundsätze und gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung verstoßen. Es habe die Pflicht zur Amtsermittlung verletzt, die strittige Frage nur oberflächlich beantwortet und nur Kommentare zitiert.

Nach Hinweis des Beklagten im Schreiben vom 20.07.2015 und des LSG, das die Akten des SG samt Urteil erst am 26.06.2015 erhalten hat, mit Schreiben vom 11.09.2015 auf die Zulässigkeit der Berufung hat der Kläger im Rahmen eines Befangenheitsantrages gegen die Richter des damals zuständigen 9. Senates am 08.01.2016 ausgeführt, es sei unübersehbar, dass die Berufung angestrebt worden sei. § 123 SGG hätte angewandt werden müssen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II. Die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist zu verwerfen. Sie ist nicht zulässig.

Gegen das Urteil des SG ist die Berufung zulässig, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Über dieses Rechtsmittel ist der Kläger vom SG zutreffend belehrt worden.

Der Kläger hat dennoch ausdrücklich Nichtzulassungsbeschwerde zum LSG erhoben und darauf hingewiesen, dass die Berufung hätte zugelassen werden müssen. Zudem geht er in seiner Begründung gerade auf Gründe ein, die zur Zulassung einer an sich nicht zulässigen Berufung führen (Abweichen von der obergerichtlichen Rechtsprechung und Verfahrensfehler im Sinne des § 144 Abs. 2 SGG). Damit aber hat er einen eindeutigen und klaren Antrag auf Zulassung der Berufung im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde gestellt. Das Begehren auf Zulassung der Berufung ist von ihm so deutlich formuliert, dass Zweifel über das Gewollte nicht bestehen. Bei der Auslegung eines Antrages geht das Gericht davon aus, was der Kläger erreichen wollte (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 123 Rn. 3). Hier wollte der Kläger zweifelsohne eine Zulassung der Berufung durch eine Nichtzulassungsbeschwerde erreichen. Der Kläger wollte gerade eine Nichtzulassungsbeschwerde erheben, denn er führt aus, die Berufung hätte zugelassen werden müssen. Eine Auslegung dieses entgegen der vom SG erteilten Rechtsmittelbelehrung eindeutig und klar gestellten Antrages ist deshalb nicht erforderlich und auch nicht möglich. Die vom Kläger erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist einer Auslegung als Berufung daher nicht zugänglich (vgl. dazu BSG, Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/11 B - veröffentlicht in juris für den umgekehrten Fall). Unabhängig davon, ob das eingelegte Rechtsmittel der erteilten Belehrung entspricht oder davon abweicht, ist für die Annahme kein Raum, der Erklärende habe ein anderes als das von ihm bezeichnete Rechtsmittel einlegen wollen (vgl. BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 R - veröffentlicht in juris). Es sind auch keine anderen Umstände hinzugetreten, die entgegen dem Wortlaut der Erklärung den wahren Willen des Erklärenden erkennen lassen, nachdem vorliegend außer der Bezeichnung auch alle übrigen Ausführungen des Klägers für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde sprechen (vgl. hierzu ebenfalls BSG a. a. O.).

Eine Umdeutung kommt ebenfalls nicht in Betracht. Der Begriff der Umdeutung wird im Gesetz für fehlerhafte Verwaltungsakte (vgl. § 43 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, § 47 Verwaltungsverfahrensgesetz) und für nichtige Rechtsgeschäfte verwendet (vgl. die Überschrift zu § 140 Bürgerliches Gesetzbuch in der seit 01. 01. 2002 geltenden Fassung). Da es sich bei einem unzulässigen Rechtsmittel weder um das eine noch um das andere handelt, ist bei der Annahme von Umdeutungsmöglichkeiten Zurückhaltung geboten. Für das Verhältnis von Berufung und Nichtzulassungsbeschwerde kommt aber eine solche Umdeutung wegen der unterschiedlichen Zielrichtung nicht in Betracht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 20.05.2003 und Urteil vom 10.11.2011 jeweils a. a. O.).

Die Frage, ob das LSG den Kläger rechtzeitig im Rahmen der prozessualen Fürsorgepflicht nochmals auf die Zulässigkeit der Berufung hätte hinweisen müssen - die SG-Akten samt Urteil sind aber erst nach Ablauf der Berufungsfrist beim LSG eingegangen -, kann vorliegend offen gelassen werden, denn die Nichtzulassungsbeschwerde wäre trotz alledem als unzulässiges Rechtsmittel zu verwerfen, zumal der Kläger auch im Schreiben vom 07.01.2016 im Rahmen eines gestellten Befangenheitsantrages nicht eindeutig erklärt hat, er lege nunmehr Berufung ein. Vielmehr hat er lediglich ausgeführt, es sei unübersehbar, dass er die Berufung angestrebt habe. Die Berufung wird aber von ihm letztendlich über eine Zulassung mittels Nichtzulassungsbeschwerde angestrebt.

Nach alledem war die Beschwerde zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Januar 2015 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren die Feststellung begehrt, dass es sich bei der von ihr verrichteten Tätigkeit als Näherin bei der Beklagten um ein Arbeitsverhältnis gehandelt und dieses über den 8.4.2008 bis zum 3.6.2008 fortgedauert habe, hilfsweise, dass die Maßnahme zwischen den Beteiligten durch die Beendigungserklärung der Beklagten nicht beendet worden sei, sondern bis zum 3.6.2008 fortgedauert habe.

2

Die Bewilligung einer Eingliederungsleistung in Gestalt einer Arbeitsgelegenheit nach § 16 Abs 3 S 2 SGB II, die für die Zeit vom 8.4.2007 bis 3.6.2008 durchgeführt werden sollte, wurde mit Wirkung zum 10.4.2008 unter Hinweis auf eine längere Erkrankung der Klägerin aufgehoben. Nach Verweisung der von der Klägerin hiergegen erhobenen Kündigungsschutzklage durch das Arbeitsgericht an das SG Magdeburg hat dieses die Klage abgewiesen (Urteil vom 8.3.2013). Der Vorsitzende des beim LSG Sachsen-Anhalt für die Berufung der Klägerin hiergegen zuständigen Senats hat sie durch Schreiben vom 30.12.2014 darauf hingewiesen, dass davon ausgegangen werde, der Rechtsstreit sei auf die Geltendmachung einer Mehraufwandsentschädigung für 41 Arbeitstage gerichtet. Der Beschwerdewert betrage daher 314,88 Euro und erreiche nicht den nach § 144 Abs 1 SGG für eine statthafte Berufung erforderlichen Wert von 750 Euro. In der mündlichen Verhandlung hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zur Niederschrift erklärt, dass sie trotz dieses Hinweises an dem ursprünglichen Begehren festhalte. Das LSG hat die Berufung alsdann durch Beschluss vom 15.1.2015 wegen der fehlenden Statthaftigkeit als unzulässig verworfen.

3

Ihre Beschwerde hat die Klägerin mit dem verfahrensfehlerhaften Erlass eines Prozessurteils an Stelle eines Sachurteils durch das LSG begründet (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Der Beschwerdewert übersteige den Betrag von 750 Euro. Die Klägerin habe mit ihren Haupt- und Hilfsanträgen die Feststellung des Fortbestands eines Arbeitsverhältnisses begehrt. Das Begehren sei daher nicht auf eine bestimmte Leistungspflicht gerichtet, sondern die beantragte Feststellung solle lediglich Grundlage für eine spätere Zahlung sein. Es unterfalle daher nicht der Grenze des § 144 Abs 1 SGG. Unabhängig davon sei der Beschwerdewert jedoch ohnehin höher, da die Klägerin nicht nur die Mehraufwandsentschädigung ab Kündigung der Eingliederungsvereinbarung sondern auch für die Zeit der Erkrankung begehrt habe.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG Erfolg (§ 160a Abs 5 SGG).

5

Wie die Klägerin formgerecht (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG) und zutreffend gerügt hat, ist das Urteil des LSG verfahrensfehlerhaft zustande gekommen (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Das LSG hat ein Prozessurteil an Stelle eines Sachurteils erlassen, weil es den Beschwerdewert im Berufungsverfahren verkannt hat. Unabhängig von der materiell-rechtlichen Bewertung der Rechtslage ist ausgehend von dem von der Klägerin im Klage- und Berufungsverfahren formulierten Begehren dieses in der Hauptsache auf die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses auch für die Zeit vom 8.4. bis 3.6.2008 gerichtet. Der sich daraus ergebende Beschwerdewert übersteigt die Grenze von 750 Euro des § 144 Abs 1 SGG.

6

Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist danach zu bestimmen, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung weiter verfolgt wird (BSG vom 4.7.2011 - B 14 AS 30/11 B - juris RdNr 4; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 144 RdNr 14). Bei einem Feststellungsantrag muss das Gericht den Wert ermitteln (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, RdNr 15b; Littmann in Lüdtke, LPK-SGG, 4. Aufl, § 144 RdNr 10). Soweit es sich um eine der Leistungsklage gleichwertige Feststellungsklage handelt, bemisst sich der Streitwert nach dem Betrag, den der Kläger letztlich erstrebt (BSG vom 5.10.1999 - B 6 KA 24/98 R - juris RdNr 6).

7

Das LSG hat vorliegend angenommen, die Klägerin begehre mit ihrer Klage die Gewährung einer Mehraufwandsentschädigung für den Zeitraum vom 8.4. bis 3.6.2008. Dem hat sie jedoch ausdrücklich in der mündlichen Verhandlung widersprochen, indem sie den Antrag auf Feststellung des Fortbestehens eines Arbeitsverhältnisses aufrechterhalten hat. Daher kann Ausgangspunkt der Wertbestimmung nur dieser Antrag sein, also der "Wert" des - nach Ansicht der Klägerin - bis zum 3.6.2008 fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. Zu dessen Bestimmung genügt eine überschlägige Berechnung bzw Schätzung unter Bewertung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 144 RdNr 14; Littmann in Lüdtke, LPK-SGG, 4. Aufl, § 144 RdNr 10; Jungeblut in BeckOK, § 144 RdNr 22). Gemäß § 202 SGG, § 3 ZPO ist der Wert vom Gericht nach freiem Ermessen festzusetzen, das unter Zuhilfenahme aller Anhaltspunkte und Erkenntnisquellen auszuüben ist.

8

Der materielle Gegenwert des Klagebegehrens der Klägerin kann sich hier insoweit nur in dem Entgelt widerspiegeln, das aus der Behauptung resultiert, es habe sich um ein Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten gehandelt. Dann wäre jedoch Grundlage der Wertbemessung nicht die Mehraufwandsentschädigung, wie vom LSG angenommen, sondern das ihr zu zahlende Arbeitsentgelt. Dabei ist davon auszugehen, dass dieses die Grenze von 750 Euro für den streitigen Zeitraum übersteigt, denn es wäre insoweit auf das ortsübliche Entgelt abzustellen und dieses mit den 41 verbleibenden Arbeitstagen und den von der Klägerin angegebenen 37,4 Wochenarbeitsstunden zu multiplizieren. Zwar mangelt es insoweit an Tatsachenfeststellungen des LSG. Selbst bei Zugrundelegung eines extrem niedrigen Stundenlohns ergibt sich jedoch ein Wert, der den des § 144 SGG deutlich übersteigt.

9

Ob man auch zu diesem Ergebnis gelangte, wenn die materiell-rechtlich grundlegenden Entscheidungen des BSG bedacht würden, dass die Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts gemäß § 16 Abs 3 S 2 Halbs 2 SGB II aF begründeten(vgl BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 98/10 R - BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr 7 und - B 14 AS 101/10 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 8; vom 13.11.2008 - B 14 AS 66/07 R - BSGE 102, 73 = SozR 4-4200 § 16 Nr 3 und BAG vom 26.9.2007 - 5 AZR 857/06 - NZA 2007, 1422 = AP Nr 3 zu § 16 SGB II; vgl auch BSG vom 27.8.2011 - B 4 AS 1/10 R - BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr 9, SozR 4-1300 § 31 Nr 7, RdNr 17)kann angesichts dessen, dass für die Statthaftigkeit der Berufung einzig auf das Berufungsbegehren abzustellen ist, dahinstehen. Insoweit käme allerdings, fehlte es bei der Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung - wie hier von der Klägerin vorgebracht - am Merkmal der "Zusätzlichkeit", ein Anspruch auf Wertersatz auf Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs durch den Träger der Grundsicherung wegen rechtsgrundlos erbrachter Arbeitsleistung in Betracht. Der Wertersatz ist arbeitstäglich danach zu bestimmen, was sonst hätte aufgewendet werden müssen, um die Arbeitsleistung zu erhalten, und welche Aufwendungen des Trägers dem gegenüberstanden (BSG, Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 98/10 R - BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr 7).

10

Da die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, steht es im Ermessen des erkennenden Senats, nach § 160a Abs 5 SGG zu verfahren. Im Rahmen dieser Ermessensausübung ist der Senat nicht daran gebunden, dass die Klägerin nur die Zulassung der Revision und nicht oder ggf hilfsweise die Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie die Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz beantragt hat. Der Senat verweist den Rechtsstreit maßgeblich aus prozessökonomischen Gründen an das LSG zurück.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 4. September 2008 geändert.

Der das Meldeversäumnis vom 17. Oktober 2007 betreffende Bescheid vom 18. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. November 2007 wird aufgehoben.

Der Bescheid vom 2. November 2007 wird geändert, soweit die Beklagte das Arbeitslosengeld II des Klägers für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 29. Februar 2008 um insgesamt mehr als 30 vH der Regelleistung aufgehoben hat.

Im Übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in allen Rechtszügen.

Tatbestand

1

Im Streit sind Absenkungen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wegen wiederholter Meldeversäumnisse in der Zeit vom 1.11.2007 bis 29.2.2008.

2

Der 1957 geborene Kläger bezieht seit Januar 2005 von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, welche zuletzt für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 bewilligt wurden (Bescheid vom 10.10.2007). In der Vergangenheit war er wiederholt Meldeaufforderungen der Beklagten unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Nervenarztes Dr. B nicht nachgekommen. Auf den Widerspruch des Klägers gegen eine aus diesem Grund erfolgte Absenkung von SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.10. bis 31.12.2006 (Bescheid vom 20.9.2006) teilte sie ihm mit, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen würden künftig nicht mehr akzeptiert. Er müsse ärztliche Bescheinigungen vorlegen, aus denen ersichtlich sei, dass er krankheitsbedingt nicht zu Meldeterminen erscheinen könne (Schreiben vom 27.9.2006). Dr. B teilte der Beklagten mit, er bescheinige vor Meldeterminen Arbeitsunfähigkeit, weil Schwerstgeschädigte - wie der Kläger - häufig in Angst und Panik gerieten (Schreiben vom 30.9.2006).

3

Nachdem der Kläger zu einem Meldetermin am 27.4.2007 unter Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. B erneut nicht erschienen war, senkte die Beklagte das Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 1.6. bis 31.8.2007 um monatlich 10 vH der Regelleistung ab (Bescheid vom 2.5.2007). Sie wies ihn darauf hin, dass das Alg II bei wiederholter gleichartiger Obliegenheitsverletzung innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten nach Eintritt dieser Sanktion um den Prozentsatz der zustehenden Regelleistung abgesenkt werde, der sich aus der Summe des Prozentsatzes aus dieser Sanktion und zusätzlichen 10 vH ergebe.

4

Mit Schreiben vom 28.9.2007 forderte sie ihn erneut auf, am 9.10.2007 bei ihr zu einem Gespräch über sein Bewerberangebot bzw seine berufliche Situation vorzusprechen. Der Termin diene auch der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens. Sofern er am Meldetag arbeitsunfähig sein sollte, werde ein Attest des behandelnden Arztes benötigt, wonach er den Termin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen könne. Dem Schreiben war eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt. Mit einem am 8.10.2007 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben teilte der Kläger mit, er könne wegen eines wichtigen Arzttermins am 9.10.2007 nicht erscheinen. Am 10.10.2007 erhielt die Beklagte Bescheinigungen des Dr. B über eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers in der Zeit vom 9.10. bis 31.10.2007 sowie des Dr. W über einen "Kontakt" in dessen Arztpraxis am 9.10.2007. Wegen des Nichterscheinens zu dem Meldetermin am 9.10.2007 hörte die Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Absenkung der Leistungen an und forderte ihn in gleicher Weise wie zuvor auf, am 17.10.2007 bei ihr vorzusprechen (Schreiben vom 9.10.2007). Nachdem der Kläger auch zu diesem Meldetermin nicht erschienen war, lud die Beklagte ihn - erneut unter Angabe derselben Meldezwecke mit inhaltsgleicher Rechtsfolgenbelehrung sowie unter Hinweis auf die Notwendigkeit eines entsprechenden Attestes des behandelnden Arztes bei Arbeitsunfähigkeit - zu einem weiteren Termin am 24.10.2007 ein. Auch diesen Termin nahm der Kläger nicht wahr.

5

Wegen des Meldeversäumnisses vom 9.10.2007 senkte die Beklagte das Alg II des Klägers für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.1.2008 um 20 vH der maßgebenden Regelleistung (69 Euro) ab und hob die Bewilligung für diesen Zeitraum gemäß § 48 Abs 1 SGB X "insoweit" auf(Bescheid vom 18.10.2007). Sie wies ihn darauf hin, dass der ihm zustehende Anspruch auf Leistungen bei wiederholter gleichartiger Pflichtverletzung für die Dauer von drei Monaten verschärft zu mindern sei. Sein Alg II werde dann um den Prozentsatz der ihm zustehenden Regelleistung abgesenkt, der sich aus der Summe des Prozentsatzes "aus dieser Sanktion" und zusätzlichen 10 vH ergebe. Mit weiterem Bescheid vom 18.10.2007 senkte sie das Alg II wegen des Meldeversäumnisses am 17.10.2007 für den gleichen Zeitraum (1.11.2007 bis 31.1.2008) weiter um 30 vH der maßgebenden Regelleistung (104 Euro monatlich) ab und hob auch "insoweit" die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis 31.1.2008 auf. Schließlich minderte sie das Alg II in der Zeit vom 1.12.2007 bis 29.2.2008 um monatlich 40 vH der maßgebenden Regelleistung (139 Euro monatlich) wegen wiederholter Pflichtverletzung, hob die ursprüngliche Bewilligung "insoweit" für diesen Zeitraum auf. Wie auch bereits mit dem Bescheid vom 18.10.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihm auf seinen Antrag in angemessenem Umfang ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen - insbesondere in Form von Lebensmittelgutscheinen - gewährt werden könnten (Bescheid vom 2.11.2007). Die Widersprüche des Klägers wies sie zurück (Widerspruchsbescheide vom 13.11.2007).

6

Nach Verbindung der gegen die Widerspruchsbescheide gerichteten Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat das SG die Klage abgewiesen (Urteil vom 4.9.2008). Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg (Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 23.7.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Bescheid vom 18.10.2007, mit dem die Beklagte die Regelleistung wegen des Meldeversäumnisses am 9.10.2007 für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.1.2008 um 20 vH abgesenkt habe, sei rechtmäßig. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, sich auf Aufforderung der Beklagten zum Zweck der Besprechung seines Bewerberangebots/seiner beruflichen Situation zu melden bzw zu einer ärztlichen Untersuchung zu erscheinen. Die Meldeverpflichtung sei auch nicht entfallen. Eine bestehende Arbeitsunfähigkeit lasse die Meldepflicht jedenfalls bei begründeten Anhaltspunkten, dass die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit nicht gleichzeitig die Unfähigkeit zur Wahrnehmung eines Meldetermins begründe und wenn der Leistungsträger den Betroffenen zuvor darauf hingewiesen habe, dass eine "Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung" nicht ausreiche, um die krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Wahrnehmung des Meldetermins nachzuweisen, nicht entfallen. Da der Kläger zuvor bereits mehrfach Meldetermine unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht wahrgenommen habe, habe die Beklagte zu Recht die Vorlage einer besonderen Bescheinigung über die krankheitsbedingte Unfähigkeit zur Wahrnehmung des Meldetermins verlangt. Hierüber sowie über die Rechtsfolgen der Versäumnis des Meldetermins wegen Krankheit sei er ausreichend belehrt worden. Er habe wissen müssen, dass die Wahrnehmung eines Arzttermins grundsätzlich keine ausreichende Entschuldigung sei. Weder aus seinem Vortrag noch aus der Bestätigung des Dr. W ergäben sich Anhaltspunkte für eine Unaufschiebbarkeit des Arzttermins. Der Kläger habe keinen wichtigen Grund für sein Nichterscheinen nachgewiesen, weil er krankheitsbedingt nicht gehindert gewesen sei, die Meldetermine wahrzunehmen. Aus den vorliegenden ärztlichen Unterlagen ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine Unfähigkeit, zu Meldeterminen zu erscheinen. Auch der weitere Bescheid der Beklagten vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.11.2007, mit dem die Beklagte wegen des Meldeversäumnisses am 17.10.2007 die Regelleistung um 30 vH für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.1.2008 abgesenkt habe, sei - wie der Bescheid vom 2.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.11.2007 - rechtmäßig. Mit dem Einladungsschreiben der Beklagten vom 17.10.2007 liege eine wirksame und rechtmäßige Meldeaufforderung vor, welcher der Kläger nicht nachgekommen sei. Die bis zum 31.10.2007 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit lasse die Meldepflicht nicht entfallen und stelle auch keinen wichtigen Grund für deren Versäumnis dar. Die Beklagte habe unter Berücksichtigung der vorangegangenen Absenkung von 30 vH die Absenkung zutreffend auf 40 vH festgesetzt.

7

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 31 SGB II. Die Rechtsfolgenbelehrungen in den angefochtenen Bescheiden genügten nicht den Anforderungen der BSG-Rechtsprechung. Sie seien identisch, allgemein gehalten und völlig unverständlich. Er sei der festen Überzeugung gewesen, dass seine Krankmeldung durch Dr. B als wichtiger Grund anerkannt werde. Die Beklagte hätte ihn in einem individuellen Schreiben konkret belehren müssen. Eine "wiederholte Pflichtverletzung" sei nicht gegeben. Mit den angefochtenen Bescheiden sanktioniere die Beklagte Meldeversäumnisse, die in einem gewissen Zusammenhang stünden. Bei mehrfacher Verletzung derselben Obliegenheit durch bloße Bekräftigung einer bereits getätigten Handlung, die in einem Fortsetzungszusammenhang stehe, liege keine wiederholte Pflichtverletzung vor. Insofern setzte eine wiederholte Pflichtverletzung voraus, dass ein erstes Sanktionsereignis bereits feststehe. Die verschärfte Leistungsabsenkung bei wiederholter Pflichtverletzung greife das Konzept einer stufenweisen Leistungsabsenkung auf und setze erkennbar auf einen verhaltensändernden Effekt. Der erforderliche Inhalt der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ergebe sich aus § 56 SGB II. Da gegenüber dem SGB II-Träger keine Verpflichtung zur Angabe einer Diagnose bestehe, könne der Leistungsträger eine solche auch nicht verlangen.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Juli 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 4. September 2008 sowie die Bescheide vom 18. Oktober 2007 und 2. November 2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13. November 2007 aufzuheben.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Die Beklagte führt aus, der Kläger könne sich nicht auf einen wichtigen Grund berufen. Er sei stets - so auch mit der Meldeaufforderung vom 28.9.2007 - darauf hingewiesen worden, dass bei Arbeitsunfähigkeit ein Attest des behandelnden Arztes benötigt werde, aus dem hervorgehe, dass er den Termin aus gesundheitlichen Gründen nicht habe wahrnehmen können. Im Übrigen habe er weder nachgewiesen, dass die Arztbesuche an den Tagen der Meldeaufforderung auf Grund von medizinischen Notfallsituationen notwendig gewesen seien noch dass überhaupt eine Behandlung stattgefunden habe.

11

Während des Revisionsverfahrens hat die Beklagte den Bescheid vom 18.10.2007 hinsichtlich des Meldeversäumnisses vom 17.10.2007 dahin abgeändert, dass sich die Sanktionshöhe von monatlich 30 vH auf 20 vH der maßgeblichen Regelleistung vermindere. Die mit Bescheid vom 2.11.2007 verhängte Sanktion für das Meldeversäumnis vom 24.10.2007 hat sie auf 30 vH der maßgeblichen Regelleistung festgesetzt (Bescheide vom 28.7.2010).

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist teilweise begründet.

13

1. Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 18.10. und 2.11.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.11.2007. Mit diesen Bescheiden hat die Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wegen des in § 31 Abs 2 und Abs 3 Satz 3 SGB II geregelten Sanktionstatbestands der (wiederholten) Meldeversäumnisse für die Monate November 2007 bis Februar 2008 in unterschiedlicher Höhe - jeweils gesondert - gemäß § 48 SGB X aufgehoben. Wie der Senat bereits entschieden hat, bedarf es als Voraussetzung für die Aufhebung des Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligenden Bescheids - hier also desjenigen vom 10.10.2007 - keines vorgeschalteten, zusätzlichen feststellenden Verwaltungsakts (vgl im Einzelnen BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - RdNr 14; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 60/07 R; offengelassen vom BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 53/08 R - BSGE 105, 297 RdNr 16).

14

Die während des Revisionsverfahrens erteilten Bescheide vom 28.7.2010 gelten nach § 171 Abs 2 SGG als mit der Klage beim SG angefochten; die in § 171 Abs 2 SGG vorgesehene Ausnahme, dass der Kläger durch den neuen Verwaltungsakt (zumindest hinsichtlich eines abtrennbaren Streitgegenstandes) klaglos gestellt wird, liegt nicht vor. Die generalisierende Regelung des § 171 Abs 2 SGG ist weder dispositiv ausgestaltet noch differenziert sie danach, ob im Rahmen der Prüfung des ersetzenden Bescheids ausschließlich Rechtsfragen oder auch tatsächliche Umstände zu klären sind(BSG Urteil vom 29.8.2007 - B 6 KA 31/06 R - USK 2007-73 RdNr 17).

15

2. Gründe, die einer Sachentscheidung des Revisionsgerichts entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die am 20.10.2008 gegen das Urteil des SG Trier eingelegte Berufung zulässig war. Dem steht nicht entgegen, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes mit Wirkung zum 1.4.2008 für Klagen der vorliegenden Art von bisher 500 Euro auf nunmehr 750 Euro angehoben worden ist (vgl § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG idF des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.3.2008 ). Die Beschwer des Klägers durch das Urteil des SG, das nach Verbindung einheitlich über die Aufhebung des Alg II in dem gesamten Zeitraum vom 1.11.2007 bis 29.2.2008 entschieden hat, erreicht diesen Wert, weil die Beklagte die in den Bescheiden vom 18.10.2007 und 2.11.2007 enthaltenen Minderungsbeträge kumulierend berücksichtigt, also die Regelleistung in dem streitigen Zeitraum insgesamt um einen Gesamtbetrag in Höhe von 936 Euro gemindert hat. Die Berufung des Klägers richtete sich gegen dieses Urteil insgesamt.

16

3. Die Revision des Klägers ist begründet, soweit die Beklagte wegen des Meldeversäumnisses des Klägers vom 17.10.2007 mit dem weiteren Bescheid vom 18.10.2007 idF des Widerspruchsbescheids vom 13.11.2007 für den Zeitraum vom 1.11.2007 bis 31.1.2008 die Aufhebung des Alg II des Klägers um einen Betrag in Höhe von 30 vH der Regelleistung verfügt hat. Das LSG hat die Berufung des Klägers insofern zu Unrecht als unbegründet zurückgewiesen. Der dieses Meldeversäumnis betreffende Bescheid ist in vollem Umfang aufzuheben (4.). Die Revision des Klägers ist auch begründet, soweit die Beklagte sein Alg II mit Bescheid vom 2.11.2007 (betr das Meldeversäumnis vom 24.10.2007) für die Zeit vom 1.12.2007 bis 29.2.2008 um mehr als 30 vH der Regelleistung abgesenkt und den Bewilligungsbescheid vom 10.10.2007 insoweit aufgehoben hat (5.). Im Übrigen ist die Revision des Klägers nicht begründet. Die die Meldeversäumnisse vom 9.10.2007 und 24.10.2007 betreffenden Bescheide vom 18.10.2007 und 2.11.2007 sind rechtmäßig, soweit die Beklagte davon ausgegangen ist, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Absenkung des Alg II wegen der Meldeversäumnisse vorliegen (6.). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Absenkungen greifen für den hier vorliegenden Sachverhalt einer auf vier Monate begrenzten stufenweisen Absenkung wegen der Verletzung von Meldeobliegenheiten nicht durch (7.).

17

4. Der das Meldeversäumnis vom 17.10.2007 betreffende Bescheid vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.11.2007 ist in vollem Umfang aufzuheben, weil die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 10.10.2007 nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht vorliegen. Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Bewilligungsbescheids vorgelegen haben, ist nicht eingetreten. Die Voraussetzungen des § 31 Abs 3 Satz 3 SGB II sind schon deshalb nicht gegeben, weil es - bezogen auf das vorangegangene Meldeversäumnis vom 9.10.2007 und den die Absenkung regelnden Bescheid vom 18.10.2007 - an einer (weiteren) wiederholten Obliegenheitsverletzung fehlt.

18

Kommt der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nach und weist er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nach, wird das Alg II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 vH der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt(§ 31 Abs 2 SGB II). Bei wiederholter Pflichtverletzung nach Abs 2 wird das Alg II um den Vomhundertsatz gemindert, der sich aus der Summe des in Abs 2 genannten Vomhundertsatzes und dem der jeweils vorangegangenen Absenkung nach Abs 2 zu Grunde liegenden Vomhundertsatz ergibt (§ 31 Abs 3 Satz 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 - BGBl I 1706).

19

Zu einer (weiteren) Absenkung des Alg II bei wiederholten Meldeversäumnissen iS des § 31 Abs 3 Satz 3 SGB II mit einem jeweils erhöhten Absenkungsbetrag bedarf es einer vorangegangenen entsprechenden Feststellung eines ggf weiteren Meldeversäumnisses mit einem Absenkungsbetrag der niedrigeren Stufe. Zwar ergibt sich dies nicht bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift; jedoch sprechen der systematische Zusammenhang sowie der Sinn und Zweck der Regelung dafür, eine jeweils (weitere) wiederholte Pflichtverletzung mit einem erhöhten Absenkungsbetrag nur dann anzunehmen, wenn eine vorangegangene Pflichtverletzung jeweils mit einem Absenkungsbescheid der niedrigeren Stufe sanktioniert und dem Hilfebedürftigen zugestellt worden ist (vgl insbesondere für das Verhältnis von erstmaliger und wiederholter Obliegenheitsverletzung: LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 12.10.2007 - L 14 AS 1550/07 ER - juris RdNr 8; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 24.9.2007 - L 20 B 169/07 AS ER - NZS 2010, 230, juris RdNr 20; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 24.11.2008 - L 7 B 252/08 AS - juris RdNr 3; LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 22.6.2009 - L 7 AS 266/09 B ER - NZS 2010, 230, juris RdNr 14; Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 31 RdNr 86; Valgolio in Hauck/Noftz/Voelzke, SGB II, K § 31 RdNr 99, Stand Juli 2007; Sonnhoff in JurisPK-SGB II, 2. Aufl, § 31 RdNr 211, Stand 4.5.2007; aA LSG Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom 8.1.2009 - L 8 AS 59/06 - juris RdNr 62; Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 31 RdNr 50d).

20

Aus der Systematik des § 31 SGB II folgt, dass die Regelung hinsichtlich des Umfangs der Sanktionierung strikt danach differenziert, ob es sich um eine erstmalige, eine erste wiederholte Obliegenheitsverletzung oder eine weitere wiederholte Obliegenheitsverletzung handelt. Die jeweiligen Obliegenheitsverletzungen sind nach § 31 Abs 3 Satz 3 SGB II mit einer Stufenfolge von Absenkungen wegen wiederholter Meldeversäumnisse verbunden. Die Sanktionierung durch Festlegung eines erhöhten Absenkungsbetrags soll erst greifen, wenn dem Hilfebedürftigen durch den vorangegangenen Sanktionsbescheid mit einer Minderung des Sanktionsbetrags in der niedrigeren Stufe die Konsequenzen seines Verhaltens vor Augen geführt worden sind. Bezogen auf den das Meldeversäumnis vom 17.10.2007 betreffenden Bescheid vom 18.10.2007 mit einer Absenkung des Alg II um 30 vH fehlte es insofern an einem diesem Bescheid vorangehenden Absenkungsbescheid mit einer Absenkung um 20 vH, weil der das Meldeversäumnis vom 9.10.2007 betreffende Bescheid ebenfalls am 18.10.2007, also am selben Tag, erlassen worden ist.

21

Der das Meldeversäumnis vom 17.10.2007 betreffende Bescheid kann auch nicht etwa mit einer Minderung des Alg II um 20 vH der Regelleistung als rechtmäßig angesehen werden, weil dies das gesetzgeberische Konzept einer stufenweisen Minderung umgehen würde. Liegt ein (weiteres) wiederholtes Meldeversäumnis nicht vor, scheidet auch eine (weitere) Erhöhung des Minderungsbetrags durch eine zeitgleiche Absenkung mittels zweier gesonderter Minderungsbescheide mit gleichem Absenkungsbetrag aus, die im Ergebnis zu einer Minderung des Alg II im gleichen oder sogar höheren Umfang führen würden (vgl Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/Asylbewerberleistungsgesetz, § 31 SGB II RdNr 52, Stand April 2010; siehe zur Unzulässigkeit einer kumulierenden Absenkung unter 5.).

22

5. Der Bescheid der Beklagten vom 2.11.2007 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte das Alg II des Klägers in der Zeit vom 1.12.2007 bis 29.2.2008 um insgesamt mehr als 30 vH der Regelleistung abgesenkt und das ihm in dieser Zeit mit Bewilligungsbescheid vom 10.10.2007 bewilligte Alg II um insgesamt mehr als 30 vH der Regelleistung aufgehoben hat. Dies folgt zunächst daraus, dass der das Meldeversäumnis vom 17.10.2007 betreffende Bescheid aufzuheben war, das Alg II also - ausgehend von dem ersten Bescheid vom 18.10.2007 mit einer Minderung des Alg II um 20 vH der Regelleistung - in der nächstfolgenden Minderungsstufe nur um 30 vH der Regelleistung abgesenkt werden konnte. Im Tenor des Urteils hat der Senat die Absenkung jedoch auch klarstellend auf insgesamt 30 vH der Regelleistung festgelegt, weil die Beklagte mit den angefochtenen Aufhebungs- und Absenkungsbescheiden die Meldeversäumnisse jeweils gesondert sanktioniert und damit für die Zeit ab 1.12.2007 eine unzulässige "kumulierende" Absenkung des Alg II vorgenommen hat (vgl Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 31 RdNr 86). Liegt - wie hier - eine Fallgestaltung vor, in der innerhalb eines laufenden Sanktionszeitraums eine weitere Obliegenheitsverletzung gegeben ist, wird die vorangegangene Kürzungsstufe aber um die nächste Kürzungsstufe nicht durch "parallele Absenkungsbescheide" ergänzt, sondern von dieser - durch Erlass eines die neue erhöhte Sanktionsstufe regelnden Änderungsbescheids - abgelöst (vgl Schumacher in Oestreicher, SGB II/SGB X, § 31 SGB II RdNr 64, Stand Februar 2008; Sonnhoff in JurisPK-SGB II, 2. Aufl, Stand 24.8.2010, § 31 RdNr 220).

23

Bereits der Wortlaut des § 31 Abs 3 Satz 3 SGB II spricht gegen eine zeitgleiche Minderung durch mehrere parallele Absenkungsbescheide bei weiteren Meldepflichtverletzungen innerhalb eines bereits laufenden Sanktionszeitraums, weil er von einer einheitlichen Minderung, nicht jedoch von mehrfachen Absenkungen des Alg II wegen wiederholter Meldeversäumnisse ausgeht. Entsprechend sah § 31 Abs 3 Satz 1 SGB II in seiner Fassung bei Inkrafttreten des SGB II(BGBl I 2003, 2954) ausdrücklich vor, dass das Alg II bei wiederholter Pflichtverletzung "zusätzlich um jeweils den Vomhundertsatz der nach § 20 maßgebenden Regelleistung gemindert" werden sollte, um den es in der ersten Stufe gemindert worden sei. Auch in den Gesetzesmaterialien wird von dem Konzept einer Minderung um "zusätzliche" Beträge, nicht jedoch von einer Kumulation von Absenkungsbescheiden ausgegangen (vgl Entwurf eines Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch , BT-Drucks 15/2816 S 12). Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sollte die Struktur des § 31 Abs 3 SGB II mit Wirkung zum 1.1.2007 nur insofern geändert werden, als nunmehr wiederholte Pflichtverletzungen innerhalb eines Jahres seit Beginn des vorangegangenen Absenkungszeitraums (§ 31 Abs 3 Satz 4 SGB II) neue Sanktionsereignisse darstellen, wiederholte Obliegenheitsverletzungen also nicht mehr - wie zuvor - nur dann sanktioniert werden konnten, wenn die zweite Pflichtverletzung und die daraus resultierende Absenkung des Alg II innerhalb des bereits bestehenden Sanktionszeitraums von drei Monaten liegen (BT-Drucks 16/1410 S 25). Mit der Anknüpfung an den Jahreszeitraum wollte der Gesetzgeber dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen (BT-Drucks aaO). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er - über die bisherige Rechtslage hinausgehend - Obliegenheitsverletzungen innerhalb eines bereits laufenden Sanktionszeitraums gleichzeitig in einem erhöhten Umfang sanktionieren wollte.

24

6. Im Übrigen sind die die Meldeversäumnisse vom 9.10.2007 und 24.10.2007 betreffenden Bescheide vom 18.10.2007 und 2.11.2007 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 13.11.2007 rechtmäßig, soweit die Beklagte davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für eine Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 10.10.2007 nach § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X vorliegen. Gegenüber den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheids vom 10.10.2007 vorgelegen haben, ist eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Absenkung des Alg II wegen der Meldeversäumnisse am 9.10.2007 und 24.10.2007 gegeben sind und die Beklagte deshalb berechtigt war, das Alg II für die Zeit ab 1.11.2007 um 20 vH der Regelleistung und für die Zeit ab 1.12.2007 bis 29.2.2008 um 30 vH der Regelleistung abzusenken.

25

a) Die Schreiben der Beklagten vom 28.9.2007 und 17.10.2007, mit denen diese den Kläger unter Angabe der Meldezwecke eines Gesprächs über das Bewerberangebot/seine berufliche Situation bzw der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens zu einer Vorsprache bei ihr aufforderte, sind wirksame Meldeaufforderungen. Es liegen hinreichend bestimmte Aufforderungen vor, die es dem Kläger ermöglichten, das ihm abverlangte Verhalten zu erkennen (zu diesem Erfordernis Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 31 RdNr 26; vgl Voelzke in Hauck/Noftz/ Voelzke, SGB II, K § 59 RdNr 15, Stand August 2008). Es werden individuelle, auf den Kläger bezogene Meldezwecke (vgl hierzu Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 59 SGB II RdNr 12, Stand September 2007) genannt. Unschädlich ist, dass die Beklagte in ihren Einladungsschreiben neben dem Meldezweck eines Gesprächs über das Bewerberangebot/die berufliche Situation bestimmte, dass der Termin gleichzeitig der Erstellung eines ärztlichen Gutachtens dienen sollte. Die dem Träger der Grundsicherung eingeräumte Möglichkeit, den Arbeitslosen aufzufordern, zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, enthält insofern keinen über die Regelung des § 59 SGB II iVm § 309 Abs 2 SGB III hinausgehenden Meldezweck, sondern stellt lediglich klar, dass zur Verwirklichung der dort genannten Zwecke ein Untersuchungstermin anberaumt werden kann(vgl Voelzke in Hauck/Noftz/Voelzke, SGB III, § 309 RdNr 29, Stand August 2008). Der Kläger konnte auf Grund der Meldeaufforderung zweifelsfrei und selbst verantwortlich darüber entscheiden, ob er der Einladung Folge leisten wollte und beurteilen, ob für ein Nichterscheinen wichtige Gründe vorliegen.

26

b) Die Meldeaufforderungen waren auch mit ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrungen versehen. Die Wirksamkeit einer solchen Rechtsfolgenbelehrung setzt nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zuständigen Senate des BSG voraus, dass sie im Einzelfall konkret, richtig und vollständig ist und zeitnah im Zusammenhang mit dem jeweils geforderten Verhalten erfolgt, sowie dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in verständlicher Form erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der Weigerung des geforderten Verhaltens für ihn ergeben, wenn für diese kein wichtiger Grund vorliegt. Diese strengen Anforderungen ergeben sich aus der Funktion der Rechtsfolgenbelehrung, den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen hinreichend über die gravierenden Folgen des § 31 Abs 2 iVm Abs 3 SGB II zu informieren und ihn in allgemeiner Form vorzuwarnen; denn nur eine verständliche Rechtsfolgenbelehrung kann die mit den Sanktionen verfolgte Zweckbestimmung, das Verhalten des Hilfebedürftigen zu steuern, verwirklichen (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 30/09 R - RdNr 22 ff, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen und BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 53/08 R - RdNr 19 ff, BSGE 105, 297, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, jeweils mit weiteren Nachweisen).

27

Diesen Anforderungen genügen die den Einladungsschreiben vom 28.9.2007 und 17.10.2007 beigefügten Rechtsfolgenbelehrungen unter Berücksichtigung der in den Absenkungsbescheiden vom 2.5.2007 und 18.10.2007 enthaltenen Belehrungen. Sie beziehen sich ausdrücklich nur auf die konkreten Rechtsfolgen bei Meldeversäumnis. Zwar erwähnen sie die Rechtsfolgen bei einer wiederholten Obliegenheitsverletzung dieser Art nur neben den Rechtsfolgen bei einer erstmaligen Verletzung. Der Kläger ist jedoch auch in den Absenkungsbescheiden vom 2.5.2007 und 18.10.2007 auf die konkrete Höhe der Minderung seines Anspruchs bei einer wiederholten Obliegenheitsverletzung hingewiesen worden, sodass er die Konsequenzen einer weiteren Meldeversäumnis auch hinsichtlich der Höhe der Minderung erkennen konnte.

28

c) Der Kläger hat nach den Feststellungen des LSG mit seinem Nichterscheinen am 9.10.2007 und 24.10.2007 gegen seine Obliegenheit zur Meldung bzw zum Erscheinen bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin pflichtwidrig verstoßen. Wegen der strukturellen Ähnlichkeit des § 31 SGB II zu den Sperrzeittatbeständen des § 144 Abs 1 Satz 2 SGB III ist auch im Rahmen des § 31 Abs 2 SGB II die subjektive Vorwerfbarkeit des Verhaltens als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zu prüfen(Rixen in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 31 RdNr 8; vgl zum Sperrzeitenrecht des SGB III: BSGE 84, 270, 275 = SozR 3-4100 § 119 Nr 19 S 97; BSGE 93, 105 = SozR 4-4300 § 144 Nr 8, RdNr 11; BSGE 95, 8 = SozR 4-4300 § 140 Nr 1, RdNr 21 f; so ausdrücklich für die Sperrzeit bei Verletzung der Meldepflicht nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB II: Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 446, Stand Juni 2010). Der Verstoß gegen die Meldepflicht war dem Kläger - unbesehen der Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes für die Versäumnis des Meldetermins (vgl hierzu unter e) - nach den Feststellungen des LSG vorwerfbar, weil die Beklagte ihn mit den Einladungsschreiben vom 28.9.2007 und 17.10.2007 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass nur eine ärztliche Bescheinigung mit Angabe gesundheitlicher Gründe sein Nichterscheinen zu den Meldeterminen entschuldigen könne.

29

d) Der Kläger hatte auch keine wichtigen Gründe für sein Nichterscheinen zu den Meldeterminen am 9.10.2007 und 24.10.2007. Nach § 31 Abs 2 SGB II scheidet eine Sanktionierung wegen der Verwirklichung eines Sanktionstatbestandes aus, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige einen wichtigen Grund für sein Verhalten "nachweist". Wichtige Gründe iS des § 31 Abs 2 SGB II können alle Umstände des Einzelfalls sein, die unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Hilfebedürftigen in Abwägung mit etwa entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit das Verhalten des Hilfebedürftigen rechtfertigen.

30

Das LSG hat festgestellt, dass gesundheitliche Umstände, die einen wichtigen Grund für das Nichterscheinen des Klägers zu den Meldeterminen am 9.10.2007 und 24.10.2007 darstellen könnten, nicht gegeben seien, die vorhandenen ärztlichen Unterlagen und deren Inhalte ausgewertet und im Ergebnis den Umstand, dass der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung ein ärztliches Attest für die Unmöglichkeit des Erscheinens zu den Meldeterminen nicht vorgelegt hat, zu seinen Lasten gewertet. Der Senat ist an die Feststellungen zum gesundheitlichen Leistungsvermögen des Klägers und damit seiner Fähigkeit zur Wahrnehmung der Meldetermine gebunden, weil der Kläger insofern keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen erhoben hat (§ 163 SGG iVm § 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Soweit Verfahrensmängel gerügt werden - hier kommt eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG in Betracht - muss die Revisionsbegründung die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben(§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Erforderlich sind konkrete Angaben dazu, welche zusätzlichen Ermittlungen das Gericht hätte anstellen, welche Beweismittel es hätte einsetzen müssen und zu welchen Ergebnissen diese Ermittlungen geführt hätten (vgl zB BSG Urteil vom 24.11.1987 - 3 RK 7/87 - USK 87136, juris RdNr 15; BSG Urteil vom 26.4.2005 - B 5 RJ 6/04 R - SozR 4-2600 § 4 Nr 2 RdNr 35). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers nicht. Mit seinem Revisionsvorbringen, er sei auf Grund "seiner Krankmeldung" durch Dr. B vom Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgegangen bzw ein wichtiger Grund sei schon wegen des anberaumten Arzttermins gegeben, stellt er auf subjektive Vorstellungen, nicht jedoch auf den rechtlich geforderten "objektiven Maßstab" für die Annahme eines wichtigen Grundes ab (vgl BSG SozR 4-4300 § 144 Nr 9 RdNr 13 mwN).

31

Soweit der Kläger geltend macht, bereits die Bescheinigungen des Dr. B über seine Arbeitsunfähigkeit begründeten den Nachweis eines wichtigen Grundes für sein Nichterscheinen zu den Meldeterminen, rügt er die rechtlichen Maßstäbe des LSG für die Ausfüllung des wichtigen Grundes iS des § 31 Abs 2 SGB II. Seine Einwände greifen jedoch nicht durch. Die von ihm herangezogene Regelung des § 309 Abs 3 Satz 3 SGB III, nach der die Meldeaufforderung auf den ersten Tag der Arbeitsfähigkeit fortwirkt, wenn der Meldepflichtige am Meldetermin arbeitsunfähig erkrankt ist und die Agentur für Arbeit dies in der Meldeaufforderung bestimmt, bewirkt nicht, dass die Meldepflicht bei Arbeitsunfähigkeit entfällt. Sie soll das Meldeverfahren für die Arbeitsverwaltung und die Leistungsberechtigten lediglich vereinfachen, Missbrauchsmöglichkeiten einschränken und der Arbeitsverwaltung die mit erheblichem Verwaltungsaufwand verbundene erneute Meldung des Arbeitslosen ersparen (BT-Drucks 15/1515 S 100), wenn sie auf Grund einer Arbeitsunfähigkeit gleichzeitig einen wichtigen Termin für das Nichterscheinen zum Meldetermin annimmt. Wegen der Vorgeschichte erfolgloser Meldeaufforderungen hat die Beklagte von dieser Möglichkeit aber gerade nicht Gebrauch gemacht.

32

Macht der Arbeitslose gesundheitliche Gründe für sein Nichterscheinen geltend, kommt als Nachweis für die Unfähigkeit, aus gesundheitlichen Gründen beim Leistungsträger zu erscheinen, zwar regelmäßig die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Betracht. Arbeitsunfähigkeit ist jedoch nicht in jedem Einzelfall gleichbedeutend mit einer krankheitsbedingten Unfähigkeit, zu einem Meldetermin zu erscheinen (Sonnhoff in JurisPK-SGB II, 2. Aufl, Stand 24.8.2010, § 31 RdNr 193; A. Loose in GK-SGB II, § 31 RdNr 78, Stand Mai 2008; Düe in Brand/Niesel, SGB III, 5. Aufl 2010, § 309 RdNr 21; aA Winkler in Gagel, SGB II/SGB III, § 309 SGB III Rz 21a, Stand Juni 2006). Da es sich bei dem Begriff der Arbeitsunfähigkeit zudem um einen Rechtsbegriff handelt, dessen Voraussetzungen anhand ärztlich erhobener Befunde - ggf auch durch eine ex-post-Beurteilung - festzustellen sind (BSG Urteil vom 26.2.1992 - 1/3 RK 13/90 - SozR 3-2200 § 182 Nr 12; Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 44 SGB V RdNr 132, Stand 1.9.2008; Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 309 RdNr 64, Stand November 2004), besteht im Streitfall schon keine Bindung an den Inhalt der von dem Vertragsarzt nach § 73 Abs 2 Satz 1 Nr 9 SGB V ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Entsprechend ist auch die mit einer Arbeitsunfähigkeit regelmäßig verbundene Vermutung, dass ein Meldetermin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrgenommen werden kann, im Streitfall von den Sozialgerichten zu überprüfen. An die vom LSG insoweit getroffenen Feststellungen zum Nichtvorhandensein von gesundheitlichen Gründen für die Meldeversäumnisse des Klägers ist der Senat gebunden (§ 163 SGG).

33

e) Mit den Meldeversäumnissen vom 9.10.2007 und 24.10.2007 liegen auch wiederholte Obliegenheitsverletzungen iS des § 31 Abs 3 Satz 3 SGB III vor. Ob eine wiederholte Pflichtverletzung gegeben ist, beurteilt sich vorrangig nach dem Zeitablauf zwischen dem Beginn des Sanktionszeitraums und einem weiteren Obliegenheitsverstoß, der maximal ein Jahr betragen darf (§ 31 Abs 3 Satz 4 SGB II). Mit dem Bescheid vom 2.5.2007 hat die Beklagte bereits eine erste Minderung des Alg II wegen eines Meldeversäumnisses und mit dem Bescheid vom 18.10.2007 eine (erste) wiederholte Versäumnis während dieser Zeitspanne festgestellt. Liegen verschiedene Meldetermine vor, kann nicht allein die Grundhaltung, Meldetermine wegen einer Arbeitsunfähigkeit nicht zu befolgen, einen gegen eine wiederholte Pflichtverletzung sprechenden "Fortsetzungszusammenhang" bewirken, wenn es sich um zeitlich aufeinander folgende Obliegenheitsverletzungen handelt (vgl auch Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 31 RdNr 78).

34

7. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Absenkung des Alg II für den hier auf vier Monate begrenzten Zeitraum vom 1.11.2007 bis 29.2.2008 um 20 vH bzw 30 vH der für den Kläger maßgebenden Regelleistung bestehen im hier zu entscheidenden Fall nicht. Die für eine wiederholte Verletzung der Meldepflicht vorgesehenen Sanktionen sind wegen der damit verbundenen Absenkung des Leistungsniveaus vorliegend allein an dem aus Art 1 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG hergeleiteten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums zu messen (BVerfG Urteil vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175, 223 = NJW 2010, 505, 508; BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 7.7.2010 - 1 BvR 2556/09 - NJW 2010, 2866, 2868). Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hier nach Überzeugung des Senats bereits deshalb nicht, weil die Beklagte dem Kläger nach dem konkreten Geschehensablauf im streitigen Zeitraum bereits mit dem Bescheid vom 2.11.2007 ergänzende Sachleistungen "in angemessenem Umfang" angeboten und der Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat. Es bedurfte vor diesem Hintergrund hier keiner Entscheidung darüber, ob die gesetzlich geregelten Absenkungsmöglichkeiten als ein dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns genügender Ausdruck der verfassungsrechtlich bestehenden Selbsthilfeobliegenheit als Kehrseite der Gewährleistungspflicht des Staates anzusehen sind.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.