Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Jan. 2010 - 2 AZR 50/09
Gericht
Tenor
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1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. November 2008 - 13 Sa 912/08 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 13. Februar 2008 - 6 Ca 82/07 - teilweise abgeändert:
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Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2007 nicht beendet worden ist.
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3. Wegen der übrigen Klageanträge wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier betriebsbedingter Kündigungen.
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Der 1971 geborene Kläger ist Maurer- und Betonbauermeister. Seit dem 1. Oktober 1996 ist er als Ausbildungsmeister bei der Beklagten beschäftigt. In den Jahren 2002/2003 absolvierte er einen Lehrgang und eine Meisterprüfung als Zimmerer. Mit Wirkung vom 18. April 2006 ist er einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.
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Die Beklagte betreibt überbetriebliche Ausbildung für das Maurer- und Zimmererhandwerk. Noch im Jahr 2000 beschäftigte sie unter insgesamt etwa 30 Arbeitnehmern vier Meister. Nachdem sich die Zahl der Auszubildenden bis 2007 im Maurerbereich von 137 auf 68 und im Zimmererbereich von 124 auf 67 reduziert hatte, beschloss sie, Ausbildungsangebote nur noch einzügig anzubieten und dafür lediglich zwei Ausbildungsmeister einzusetzen.
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Mit Schreiben vom 23. Januar 2007 informierte die Beklagte den Personalrat über die beabsichtigte Kündigung des Klägers und bat um Mitteilung, welcher der drei im Jahr 2007 noch beschäftigten Ausbildungsmeister nach seiner - des Personalrats - Einschätzung am wenigsten sozial schutzwürdig sei. Mit Schreiben vom 30. Januar 2007 beantragte sie die Zustimmung zur fristgerechten Kündigung. Der Personalratsvorsitzende teilte dem Geschäftsführer daraufhin mit, dass der Personalrat der Kündigung weder zustimmen noch sie ablehnen werde und mit einer weiteren Stellungnahme des Gremiums nicht zu rechnen sei. Mit Schreiben vom 31. Januar 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. Juni 2007. Mit Schreiben vom 26. Juni 2007 kündigte sie ein weiteres Mal zum 31. Dezember 2007.
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Mit seiner am 19. Februar 2007 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die rückläufigen Auszubildendenzahlen rechtfertigten eine betriebsbedingte Kündigung nicht. Auch sei die Sozialauswahl fehlerhaft. Im Übrigen habe der Personalrat der Kündigung vom 31. Januar 2007 entgegen § 68 des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes vom 22. Januar 2007 (NPersVG) nicht zugestimmt. Bei Zugang der Kündigung habe weder eine Zustimmungserklärung vorgelegen noch die Zustimmung als erteilt gegolten.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen der Beklagten vom 31. Januar 2007 und 26. Juni 2007 nicht beendet worden ist;
2.
die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Ausbildungsmeister auf der Grundlage seines bisherigen Arbeitsvertrags weiterzubeschäftigen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien wirksam. Der Personalrat habe schon der Kündigung vom 31. Januar 2007 zugestimmt. Durch Übergabe des Anhörungsschreibens an seinen Vorsitzenden sei das Mitbestimmungsverfahren tags zuvor eingeleitet worden. Da der Personalrat beschlossen habe, sich zur Kündigung nicht zu äußern, und der Vorsitzende dies ihrem Geschäftsführer noch am 30. Januar 2007 mündlich mitgeteilt und erklärt habe, mit einer weiteren Stellungnahme sei nicht zu rechnen, gelte die Zustimmung zu diesem Zeitpunkt als erteilt.
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Das Arbeitsgericht hat - nach Beweisaufnahme - die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Die Kündigung vom 31. Januar 2007 ist unwirksam. Das führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Der Senat vermag über die Wirksamkeit der Kündigung vom 26. Juni 2007 nicht abschließend zu entscheiden.
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A. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Januar 2007 nicht beendet worden. Die Kündigung ist nach § 65 Abs. 2 Nr. 9, § 68 Abs. 1 und 2 NPersVG iVm. § 108 Abs. 2 BPersVG unwirksam. Es mangelt ihr an der erforderlichen Zustimmung des Personalrats.
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I. Nach § 108 Abs. 2 BPersVG ist eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Beschäftigten unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht oder nicht ordnungsgemäß beteiligt worden ist (Senat 19. Juni 2007 - 2 AZR 58/06 - Rn. 14, BAGE 123, 175; 2. Februar 2006 - 2 AZR 38/05 - Rn. 36, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 142 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 144). Diese bundesrechtliche Regelung gilt für die Länder unmittelbar. Danach ist eine Kündigung wegen mangelnder Beteiligung der Personalvertretung in allen Fällen unwirksam, in denen das Landesrecht eine Beteiligung des Personalrats vorschreibt. Die ordnungsgemäße Durchführung des jeweiligen vom Landesgesetzgeber vorgeschriebenen Beteiligungsverfahrens ist Wirksamkeitsvoraussetzung einer jeden Kündigung (BVerfG 27. März 1979 - 2 BvL 2/77 - zu B I 1 a der Gründe, BVerfGE 51, 43). Dies gilt auch, soweit das Landesrecht die Zustimmung des Personalrats zur Voraussetzung der Wirksamkeit macht.
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II. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 31. Januar 2007 gekündigt, bevor das nach § 65 Abs. 2 Nr. 9, § 68 Abs. 1 und 2 NPersVG durchzuführende Mitbestimmungsverfahren abgeschlossen war.
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1. Nach § 65 Abs. 2 Nr. 9 NPersVG bestimmt der Personalrat bei einer ordentlichen Kündigung mit. Soweit eine Maßnahme der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt, bedarf sie nach § 68 Abs. 1 NPersVG seiner Zustimmung. Gemäß § 68 Abs. 2 NPersVG hat die Dienststelle den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme schriftlich zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen. Der Beschluss des Personalrats ist der Dienststelle innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Antrags mitzuteilen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Personalrat sie nicht innerhalb der Frist schriftlich unter Angabe von Gründen verweigert oder die aufgeführten Gründe offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach den §§ 64 bis 67 NPersVG liegen.
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2. Im Streitfall ist die Kündigung der Beklagten ohne ausdrückliche Zustimmung des Personalrats und vor Eintritt der Zustimmungsfiktion des § 68 Abs. 2 NPersVG erklärt worden.
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a) Der Personalrat hat der Kündigung weder ausdrücklich noch konkludent zugestimmt. In der Mitteilung seines Vorsitzenden, der Personalrat werde sich zum Antrag auf Zustimmung zur Kündigung nicht schriftlich äußern und der Kündigung weder zustimmen noch sie ablehnen, mit einer weiteren Stellungnahme sei nicht zu rechnen, liegt keine Zustimmung iSd. § 68 Abs. 1 NPersVG. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob der Personalratsvorsitzende auf der Basis eines wirksamen Beschlusses handelte und die Beklagte ggf. auf die Wirksamkeit eines solchen Beschlusses vertrauen durfte (vgl. dazu BVerwG 13. Oktober 1986 - 6 P 14.84 - BVerwGE 75, 62, 67; Weber in Richardi/Dörner/Weber BPersVG 3. Aufl. § 69 Rn. 53 mwN; Fischer/Goeres/Gronimus in Fürst GKöD V Stand Juli 2004 K § 69 Rn. 9g).
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b) Die Zustimmung des Personalrats gilt auch nicht als erteilt.
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aa) Gemäß § 68 Abs. 2 NPersVG wird die Zustimmung des Personalrats fingiert, wenn dieser sie nicht innerhalb der zweiwöchigen Äußerungsfrist - schriftlich unter Angabe von Gründen - verweigert hat. Diese Frist begann im Streitfall mit der Zuleitung des Antrags auf Zustimmung an den Personalratsvorsitzenden am 30. Januar 2007. Bei Ausspruch der Kündigung mit Schreiben vom 31. Januar 2007 war sie noch nicht abgelaufen. Die gesetzliche Zustimmungsfiktion war folglich noch nicht eingetreten.
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bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat die Erklärung des Personalratsvorsitzenden vom 30. Januar 2007, der Personalrat werde zum Antrag auf Zustimmung zur Kündigung nicht Stellung nehmen, keinen vorzeitigen Eintritt der Fiktion bewirkt.
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Nach dem Wortlaut des § 68 Abs. 2 NPersVG gilt die Zustimmung des Personalrats erst nach Ablauf der gesetzlichen Äußerungsfrist und nicht schon mit Zugang einer Erklärung von dessen Seite als erteilt, er werde der Kündigung weder zustimmen noch ihr widersprechen (vgl. auch BAG 19. November 2009 - 6 AZR 800/08 - Rn. 14, NZA 2010, 278; 23. November 2006 - 6 AZR 317/06 - Rn. 37, BAGE 120, 239; BVerwG 7. Dezember 1994 - 6 P 35.92 - zu II 2 d bb der Gründe, AP BAT § 2 SR 2y Nr. 13). Die Beklagte konnte die Kündigung deshalb selbst dann nicht wirksam vor Ablauf der Zweiwochenfrist aussprechen, wenn die Erklärung des Personalratsvorsitzenden, wie sie gemeint hat, tatsächlich als abschließende Äußerung der Personalvertretung anzusehen sein sollte.
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Eine Abkürzung der Äußerungsfrist und einen darauf beruhenden vorzeitigen Eintritt der Zustimmungsfiktion lässt das Gesetz nicht zu. Die vom Landesarbeitsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, derzufolge der Arbeitgeber bereits vor Ablauf der Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG kündigen kann, wenn der Betriebsrat abschließend zur Kündigungsabsicht Stellung genommen hat (vgl. 12. März 1987 - 2 AZR 176/86 - zu B I 1 b und c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 71; 4. August 1975 - 2 AZR 266/74 - zu III 3 der Gründe, BAGE 27, 209), kann wegen der Unterschiedlichkeit der Beteiligungsrechte auf das Mitbestimmungsverfahren bei einer ordentlichen Kündigung nach § 68 Abs. 2 NPersVG nicht übertragen werden. Sie verstieße gegen das im NPersVG normierte positive Konsensprinzip (zu § 79 PersVG Berlin: BAG 19. November 2009 - 6 AZR 800/08 - Rn. 14, NZA 2010, 278; vgl. auch Weber in Richardi/Dörner/Weber BPersVG 3. Aufl. § 69 Rn. 13). Der Personalrat besitzt bei der Kündigung eines Arbeitnehmers nicht nur ein Anhörungsrecht. Eine ordentliche Kündigung bedarf seiner vorherigen Zustimmung. Diese muss in jedem Fall vor Ausspruch der Kündigung vorliegen. Entweder sie wurde vom Personalrat selbst innerhalb zweier Wochen erteilt oder sie wurde nach form- und fristgerechter Verweigerung im Verfahren nach § 70 NPersVG erzielt, äußerstenfalls also durch eine Entscheidung der obersten Dienstbehörde ersetzt, oder sie wurde nach Ablauf von zwei Wochen gesetzlich fingiert. Einen „vierten Weg“ in Gestalt einer Zustimmungsfiktion vor Ablauf von zwei Wochen gibt es nicht. Selbst bei ausdrücklicher und fristgemäßer Zustimmungsverweigerung aus Gründen, die „offensichtlich außerhalb der Mitbestimmung nach §§ 64 bis 67 liegen“ (§ 68 Abs. 2 Satz 6 NPersVG), gilt die Zustimmung erst nach Ablauf der zweiwöchigen Äußerungsfrist und nicht bereits mit Eingang der unbeachtlichen abschließenden Verweigerung als erteilt (zu § 79 PersVG Berlin: BAG 19. November 2009 - 6 AZR 800/08 - Rn. 14 mwN, aaO). Für den Fall, dass der Personalrat - wie hier - innerhalb der Äußerungsfrist noch nicht einmal inhaltlich zur Kündigungsabsicht Stellung genommen und ihr widersprochen, sondern nur erklärt hat, er werde sich inhaltlich gerade nicht äußern, kann nichts anderes gelten. Auch in diesem Fall verkürzt sich die gesetzliche Frist bis zum Eintritt der Zustimmungsfiktion nicht. Eine solche Annahme liefe auf eine nicht gerechtfertigte Anwendung des Gesetzes jenseits seines Wortsinns hinaus.
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B. Die Sache ist nicht in vollem Umfang entscheidungsreif. Ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung vom 26. Juni 2007 beendet worden ist, vermag der Senat auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht zu beurteilen. Das Berufungsgericht hat sich - auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung folgerichtig - mit dieser Kündigung nicht befasst. Das wird es nachzuholen haben.
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Kreft
Schmitz-Scholemann
Eylert
Röder
Niebler
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Annotations
(1) Die Verwaltungsgerichte, im dritten Rechtszug das Bundesverwaltungsgericht, entscheiden in den Fällen der §§ 26, 30, 55 Absatz 1 und des § 56 sowie über
- 1.
Wahlberechtigung und Wählbarkeit, - 2.
Wahl, Amtszeit und Zusammensetzung der Personalvertretungen und der Jugend- und Auszubildendenvertretungen, - 3.
Zuständigkeit, Geschäftsführung und Rechtsstellung der Personalvertretungen und der Jugend- und Auszubildendenvertretungen, - 4.
Rechtmäßigkeit eines Beschlusses der Einigungsstelle oder Aufhebung eines Beschlusses der Einigungsstelle durch die oberste Dienstbehörde sowie - 5.
Bestehen oder Nichtbestehen von Dienstvereinbarungen.
(2) Die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren gelten entsprechend.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
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der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat, - 2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt, - 3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann, - 4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder - 5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
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die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder - 2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder - 3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.