Arbeitsgericht Hamburg Urteil, 01. Juni 2017 - 10 Ca 347/16

published on 01/06/2017 00:00
Arbeitsgericht Hamburg Urteil, 01. Juni 2017 - 10 Ca 347/16
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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 39.872,70 festgesetzt.

Die Berufung wird – soweit nicht bereits gesetzlich zulässig – nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses.

2

Die Beklagte betrieb bis zum 31.12.2016 im Hamburger Hafen einen Terminalbetrieb auf dem Gelände „A.“, ihren einzigen Betrieb, in dem regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt waren. Der Mietvertrag über das Betriebsgelände endete mit dem 31.12.2016. Vor diesem Hintergrund sah sich die Beklagte dazu gezwungen, ihr Umschlaggeschäft mit Wirkung zum 31.12.2016 aufzugeben und führte wegen der beabsichtigten Betriebsstilllegung mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen, für die nach deren Scheitern mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 04.05.2016 (5 TaBV 3/16) eine Einigungsstelle eingesetzt wurde. In der Folge fanden im Zeitraum vom 22.06.2016 bis 14.09.2016 insgesamt sechs Sitzungen der Einigungsstelle statt. In verschiedenen von der Beklagten erstellten Entwürfen für einen Interessenausgleich (Anlage B15 bis B17, Bl. 276 bis 282 d.A.) ist der Hinweis darauf enthalten, dass bei Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen verkürzte tarifvertragliche Kündigungsfristen zur Anwendung kommen können (so der Entwurf vom 26.11.2015) bzw. dass die betreffenden Arbeitsverhältnisse durch betriebsbedingte Kündigung spätestens mit Ablauf des 31.12.2016 enden sollen (so die Entwürfe vom 15.06.2016 und 09.092016). Letztlich scheiterten die Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs auch in der Einigungsstelle, was in der Sitzung der Einigungsstelle am 14.09.2016 durch Beschluss der Einigungsstelle festgestellt wurde. Über den Sozialplan kam sodann ebenfalls am 14.09.2016 ein Spruch der Einigungsstelle zustande. Hinsichtlich des Inhalts des Spruchs der Einigungsstelle wird auf die Anlage B3 (Bl. 146 bis 153 d.A.) verwiesen. Zum diesem Spruch der Einigungsstelle führten die Betriebsparteien ein Anfechtungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg (Az.: 29 BV 23/16), in dem am 02.02.2017 ein antragsabweisender Beschluss erging. Gegenwärtig führen die Betriebsparteien das Beschwerdeverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg.

3

Mit Schreiben vom 31.10.2016 (Anlage B4, Bl. 154 bis 164 d.A.) erstattete die Beklagte gegenüber der Bundesagentur für Arbeit die Anzeige über die im Zusammenhang mit der Betriebsstilllegung geplanten 59 Entlassungen. Mit Schreiben vom 09.11.2016 (Anlage B6, Bl. 166 d. A.) teilte die Bundesagentur für Arbeit der Beklagten mit, dass die beabsichtigten Kündigungen am 24.11.2016 mit Wirkung nach Ablauf der Sperrfrist am 30.11.2016 rechtswirksam ausgesprochen werden könnten.

4

Der 39 Jahre alte Kläger ist seit 08.01.2011 bei der Beklagten als Schiffsabfertiger zuletzt mit einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von € 5.696,10 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Rahmentarifvertrag für die technischen Angestellten in den Stückgut-Kaibetrieben vom 01.04.1992 in der Fassung vom 06.05.2003 (nachfolgend „RTV“) Anwendung. Dessen § 15 lautet auszugsweise wie folgt:

5

„§ 15
Kündigung

6

1. Für die Kündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen.

7

Bei 15jährigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses beträgt die beiderseitige Kündigungsfrist neun Monate zum Ende eines Kalenderhalbjahres, wenn der Arbeitnehmer das 50. Lebensjahr vollendet hat.
Soweit Sozialpläne abgeschlossen wurden, beträgt die Kündigungsfrist einen Monat zum Monatsende.
2. (...)“

8

Mit Schreiben vom 02.11.2016 (Anlage B10, Bl. 181 bis 184 d.A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat zu der beabsichtigten ordentlichen, betriebsbedingten Beendigungskündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger an. Mit Schreiben vom 08.11.2016 (Anlage K3, Bl. 13 bis 19 d.A. = Anlage B11, Bl. 185 bis 191 d.A.) äußerte der Betriebsrat Bedenken und widersprach der Kündigung.

9

Mit Schreiben vom 24.11.2016 (Anlage K2, Bl. 11 f. d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zum nächstmöglichen Termin, nach der Berechnung der Beklagten zum 31.12.2016. Die Kündigung wird in dem Schreiben auf betriebsbedingte Gründe wegen des Wegfalls sämtlicher Beschäftigungsmöglichkeiten infolge der vollständigen und dauerhaften Betriebsstilllegung gestützt.

10

Mit seiner am 15.12.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 02.01.2017 zugestellten Klage begehrt der Kläger Kündigungsschutz und vorläufige Weiterbeschäftigung. Mit einer der Beklagten am 24.02.2017 zugestellten Klagerweiterung vom 17.02.2017 begehrt der Kläger hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Abfindung, mindestens jedoch in Höhe von € 34.176,60 brutto.

11

Der Kläger ist der Auffassung, dass § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV nicht auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar sei, da die Tarifregelung nicht durch die Tarifhoheit unter Berücksichtigung der speziellen Branchenerfordernisse legitimiert sei. Die Möglichkeit einer schnellen Anschlussbeschäftigung in einer prosperierenden Hafenwirtschaft sei aktuell nicht gegeben. Zudem hätten die Tarifparteien einen weiteren Vorteil für die Beschäftigten durch die kurze Kündigungsfrist dadurch erreichen wollen, dass die Ersparnis des Arbeitgebers durch die Verkürzung der Kündigungsfristen bei Verhandlungen über die Höhe der Abfindung eingestellt werde. Diesem Umstand trage der vorliegende Sozialplan bzw. das Gesamtabfindungsvolumen nicht Rechnung. Zudem habe die Frage der Anwendung der verkürzten Kündigungsfrist und damit die notwendig eintretende Erhöhung des Sozialplanvolumens in den Einigungsstellenverhandlungen keine Rolle gespielt.

12

Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass den Tarifvertragsparteien eine Regelungsbefugnis hinsichtlich der Kündigungsfristen nur insoweit eingeräumt sei, wie gleichzeitig ein materieller Ausgleich für eine Verkürzung der Kündigungsfristen vorgesehen werde. Dies sei im vorliegenden Sozialplan nicht erfolgt. Dieser Aspekt wirke sich auch individualrechtlich aus und sei nicht nur im anhängigen Anfechtungsverfahren hinsichtlich des Sozialplans zu berücksichtigen. Der Kläger werde durch die rechnerische Abfindung in Höhe von rund € 6.700,- brutto (inkl. Kinderzuschlägen) nicht angemessen für den Verlust des Arbeitsplatzes abgefunden, zumal dagegen ein Anspruch bei Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Monaten stehe.

13

Im Hinblick auf den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Nachteilsausgleich behauptet der Kläger, dass die Beklagte nicht über die elementare Frage, mit welcher Kündigungsfrist die Arbeitsverhältnisse gekündigt werden könnten, Verhandlungen mit dem Betriebsrat geführt oder den Versuch unternommen habe, die Frage der Anwendung der Kündigungsfristen in einem Interessenausgleich zu regeln. Vielmehr hätten die Vertreter der Beklagten am 14.09.2016 den bereits schriftsätzlich angekündigten Antrag vom 09.09.2016 gestellt und die Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs für gescheitert erklärt. Von daher sei die durch den Einigungsstellenvorsitzenden erfolgte Feststellung, dass die Interessenausgleichsverhandlungen gescheitert seien, ohne die abschließende Festlegung der Anwendung bestimmter Kündigungsfristen erfolgt. Hieraus ergebe sich der Anspruch auf Nachteilsausgleich.

14

Nach Rücknahme des auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichteten Klagantrags in der Kammerverhandlung beantragt der Kläger,

15

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 24.11.2016 zum 31.12.2016 aufgelöst ist, sondern bis zum 31.01.2017 fortbesteht;

16

2. hilfsweise für den Fall der Ablehnung des Klagantrags zu 1) die Beklagte zu verurteilen, eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Abfindung an den Kläger zu zahlen, mindestens in Höhe von € 34.176,60 brutto.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Die Beklagte ist der Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende gekündigt worden sei. Die Regelung im Tarifvertrag sei wirksam, insbesondere räume § 622 Abs. 4 BGB den Tarifvertragsparteien eine umfassende Gestaltungsbefugnis ein, ohne dass es erforderlich sei, bei der Vereinbarung von kürzeren als den gesetzlichen Kündigungsfristen einen materiellen Ausgleich vorzusehen. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Wirksamkeit der Tarifnorm nicht anhand des konkreten Einzelfalls bzw. des vorliegenden Sozialplans zu beurteilen. Maßgeblich sei insoweit vielmehr eine abstrakte Betrachtung und Beurteilung der Tarifnorm. Insbesondere komme es daher nicht auf die Frage an, ob der Kläger durch den Sozialplan eine ausreichende Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes erhalten habe. Unabhängig hiervon stünden die Mitarbeiter aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans im vorliegenden Fall besser, als wenn die Beklagte nicht verpflichtet gewesen wäre, einen Interessenausgleich und Sozialplan zu schließen bzw. Verhandlungen hierüber zu führen. In diesem Fall hätte die Beklagte die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter bereits Anfang des Jahres 2016 ordentlich kündigen können, so dass die Arbeitsverhältnisse auch unter Einhaltung der verlängerten Kündigungsfristen mit Ablauf des 31.12.2016 geendet hätten.

20

Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung eines Nachteilsausgleichs zustehe. Hierzu trägt sie vor, dass die Beklagte den Abschluss eines Interessenausgleich versucht und die Verhandlungen erst für gescheitert erklärt habe, nachdem auch im Einigungsstellenverfahren keine Einigung über den Abschluss eines Interessenausgleichs habe erreicht werden können. Zuvor hätten die Betriebsparteien bereits sieben Gespräche über die beabsichtigte Betriebsschließung geführt. Erst als in der sechsten Sitzung der Einigungsstelle eine Einigung nicht zustande gekommen sei, habe der Einigungsstellenvorsitzende am 14.09.2016 die Einschätzung geäußert, dass eine Einigung über den Interessenausgleich aussichtslos sei. Dieser Auffassung hätten beide Betriebsparteien nicht widersprochen. Im Rahmen der Verhandlungen über einen Interessenausgleich hätten die Betriebsparteien auch umfassend über den Kündigungstermin und die Abfindungshöhe verhandelt, weshalb letztlich auch die Geltung der Tarifnorm Gegenstand der Verhandlungen gewesen sei. Dies gehe auch aus dem Entwurf der Beklagten für einen Interessenausgleich aus November 2015 sowie aus den weiteren Entwürfen vom 15.06.2016 und 09.09.2016 hervor, in denen auf die einschlägige Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende verwiesen worden sei.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien und ihrer Beweisangebote wird gemäß §§ 313 Abs. 2 Satz 2, 495 ZPO, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

22

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

23

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere folgt das für den Klagantrag zu 1) als Feststellungsantrag gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse daraus, dass der Kläger ein alsbaldiges Interesse an der Klärung der zwischen den Parteien streitigen Frage hat, ob das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten bereits zum 31.12.2016 oder erst zum 31.01.2017 beendet worden ist.

24

2. Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die wirksame Kündigung der Beklagten vom 24.11.2016 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.2016 beendet (dazu unter a). Die lediglich hilfsweise für den Fall der Unbegründetheit der Feststellungsklage erhobene Zahlungsklage ist ebenfalls unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Nachteilsausgleich zu (dazu unter b)).

25

a) Die Kündigung der Beklagten vom 24.11.2016, deren Unwirksamkeit der Kläger im vorliegenden Verfahren nicht geltend macht, hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31.12.2016 beendet. Die maßgebliche Kündigungsfrist beträgt nach § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV einen Monat zum Monatsende. Die tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendung des § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV ist im Streitfall gegeben, da zwischen den Betriebsparteien im Hinblick auf die vorliegende Betriebsänderung in Gestalt der Betriebsstilllegung zum 31.12.2016 durch Spruch der Einigungsstelle am 14.09.2016 ein Sozialplan zustande gekommen ist. An der Existenz dieses Sozialplans ändert auch der Umstand nichts, dass die Betriebsparteien insoweit gegenwärtig ein Anfechtungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamburg führen.

26

Die Regelung in § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV ist auch wirksam.

27

aa) Insbesondere begegnet die mit § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV einhergehende Abweichung von den in § 622 Abs. 1 und 2 BGB geregelten Kündigungsfristen entgegen der klägerischen Auffassung keinen durchschlagenden Wirksamkeitsbedenken. Den Tarifvertragsparteien stand es nach § 622 Abs. 4 Satz 1 BGB bei Abschluss des Tarifvertrages frei, von den in den Absätzen 1 bis 3 des § 622 BGB geregelten Kündigungsfristen – auch zu Lasten der Arbeitnehmer – abzuweichen. Diese gesetzliche Öffnungsklausel ist keinen inhaltlichen Einschränkungen unterworfen und umfasst auch die Vereinbarung einheitlich kurzer Kündigungsfristen für Arbeitnehmer mit langer und kurzer Betriebszugehörigkeit (vgl. hierzu nur BAG, Urteil vom 23.04.2008, 2 AZR 21/97, Rn 14 ff., juris), ohne dass es insoweit einer materiellen Kompensation für die Verkürzung der Kündigungsfristen bedarf. Insbesondere ist die Wirksamkeit der tariflichen Regelung nicht von der Beantwortung der Frage abhängig, ob der konkrete Sozialplan oder aber die für einen einzelnen Arbeitnehmer im Sozialplan vorgesehene Abfindung einen ausreichenden materiellen Ausgleich für die Verkürzung der bei mehrjähriger Betriebszugehörigkeit eigentlich verlängerten Kündigungsfristen darstellen. Zudem kommt es für die Beurteilung der Wirksamkeit von § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV nicht auf die konkreten und zeitlich variierenden Aussichten der von einem Sozialplan insgesamt betroffenen Arbeitnehmer oder aber einzelner Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt an. Vielmehr ist die Frage nach der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Regelung losgelöst vom aktuellen Arbeitsmarkt sowie losgelöst von einer etwaigen materiellen Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes abstrakt-generell zu beantworten.

28

bb) Die Regelung Ziffer 1 Abs. 3 RTV verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Zwar folgt eine Ungleichbehandlung aus § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV dadurch, dass Arbeitnehmer, denen eine betriebsbedingte Kündigung bei Anwendung eines Sozialplanes ausgesprochen wird, schlechter bzw. jedenfalls anders gestellt sind als Arbeitnehmer, die eine betriebsbedingte Kündigung oder eine Kündigung aus anderen Gründen ohne Anwendung eines Sozialplanes erhalten.

29

Die hierin liegende Ungleichbehandlung ist allerdings unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien zukommenden weiten Gestaltungsspielraums gerechtfertigt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits für eine inhaltlich mit der vorliegenden tarifvertraglichen Regelung vergleichbaren Regelung im Jahr 2003 entschieden und wie folgt begründet (Urteil v. 18.09.2003, 2 AZR 537/02, Rn. 89 f., juris):

30

„Für die vom RTV erfassten Arbeiter folgt eine Ungleichbehandlung aus dem Umstand, dass sich für Arbeiter mit langen Betriebszugehörigkeiten unterschiedlich lange Kündigungsfristen ergeben können. Während für einen 50-jährigen Arbeiter bei einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren die Kündigungsfrist ohne Anwendung eines Sozialplans neun Monate zum Ende eines Kalenderhalbjahres beträgt, ist sie bei Anwendung eines Sozialplans auf einen Monat zum Monatsende begrenzt.

31

Diese Ungleichbehandlung ist allerdings unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien gerechtfertigt. Nach der gesetzlichen Definition in § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG stellt ein Sozialplan eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, dar. Die Tarifvertragsparteien sind somit offensichtlich davon ausgegangen, dass der Schutz älterer Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit, der außerhalb der Anwendung eines Sozialplans (u.a.) durch lange Kündigungsfristen erreicht wird, von den Betriebspartnern bei den Verhandlungen über den Abschluss eines Sozialplans berücksichtigt wird. Dabei haben sie einerseits das Interesse des Arbeitgebers berücksichtigt, bei anstehenden Betriebsänderungen schnell handeln zu können und die geplante Umstrukturierung vorzunehmen, ohne Arbeitnehmer über mehrere Monate weiterbeschäftigen oder zumindest vergüten zu müssen, obwohl der Bedarf an der Arbeitsleistung längst entfallen ist. Andererseits kann für Arbeitnehmer eine Verkürzung der Kündigungsfrist, die bei einer derartigen tariflichen Regelung nicht zu Nachteilen im Hinblick auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld führt, von Vorteil sein. Ein Vorteil ergibt sich insbesondere dann, wenn die Betriebspartner die Ersparnis des Arbeitgebers durch die Verkürzung der Kündigungsfristen bei ihren Verhandlungen über die Höhe der Abfindung in ihre Überlegungen einstellen.“

32

Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen nach eigener Prüfung an. Eine andere Beurteilung ist im Streitfall auch nicht unter Berücksichtigung der konkreten Abfindungsregelungen des vorliegenden Sozialplans geboten. Auch insoweit ist die Frage, ob die mit § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV einhergehende Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt ist, nicht anhand des – von den Tarifvertragsparteien nicht beeinflussbaren, sondern von den Betriebsparteien bzw. der Einigungsstelle zu bestimmenden – Inhalts des jeweiligen Sozialplanes zu beantworten, sondern vielmehr – wie jede Rechtsnorm – abstrakt und losgelöst vom konkreten Einzelfall.

33

cc) Die Regelung in § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV ist auch nicht gemäß § 7 Abs. 2 AGG wegen Verstoßes gegen das in §§ 7 Abs. 1, 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot unwirksam. Eine – auch nur mittelbare – Benachteiligung wegen des Alters enthält die tarifvertragliche Regelung, die auf alle Arbeitnehmer unabhängig von ihrem Lebensalter Anwendung findet, gerade nicht. Die unterschiedlichen Auswirkungen der Regelung sind nicht auf die gleichermaßen für alle Arbeitnehmer anwendbaren Regelung in § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV zurückzuführen, sondern allein auf den – ggf. nach § 10 AGG zu rechtfertigenden und der Verkürzung der Kündigungsfrist vorgelagerten – Umstand, dass sich die Kündigungsfristen für Arbeitnehmer nach der Länge der Betriebszugehörigkeitszeiten richten und damit im Regelfall mit zunehmendem Lebensalter verlängern.

34

dd) Weitere Unwirksamkeitsgründe sind im Hinblick auf die tarifvertragliche Regelung in § 15 Ziffer 1 Abs. 3 RTV nicht ersichtlich und vom Kläger nicht angeführt worden.

35

bb) Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 3 BetrVG in Verbindung mit § 113 Abs. 1 BetrVG zu. Nach dieser Vorschrift kann ein Arbeitnehmer Klage beim Arbeitsgericht erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung zu verurteilen, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

36

Die Voraussetzungen für die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Abfindung liegen nicht vor. Zwar hat die Beklagte mit der Betriebsstilllegung eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG geplant. Sie hat sich jedoch vor deren Durchführung ausreichend um einen Interessenausgleich mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat bemüht.

37

Hierzu muss der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend unterrichten und mit ihm mit dem ernsthaften Willen zu einer Verständigung über die geplante Betriebsstillegung beraten. Dazu muss er sich mit den vom Betriebsrat vorgeschlagenen Alternativen zu der geplanten Betriebsänderung befassen und argumentativ auseinandersetzen. Können sich die Betriebsparteien nicht auf einen Interessenausgleich verständigen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Einigungsstelle anzurufen. Ein Anspruch auf Nachteilsausgleich besteht nicht, wenn die Betriebsparteien vor Beginn der Betriebsänderung einen Interessenausgleich vereinbaren oder der Verhandlungsanspruch des Betriebsrats in dem Einigungsstellenverfahren erfüllt wird (vgl. hierzu nur BAG, Urteil v. 22.09.2016, 2 AZR 276/16, Rn 80, juris, mit weiteren Nachweisen).

38

Diesen Anforderungen ist die Beklagte im Streitfall in ausreichendem Maße nachgekommen. Sie hat in mehreren Sitzungen mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat über einen Interessenausgleich hinsichtlich der beabsichtigten Betriebsstilllegung, zunächst außerhalb der Einigungsstelle und sodann in der Einigungsstelle, jeweils unter Austausch von Entwürfen für einen Interessenausgleich, verhandelt, bis mit Beschluss der Einigungsstelle am 14.09.2016 das Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen festgestellt worden ist. Weitergehende Verhandlungen und Gespräche der Beklagten mit dem Betriebsrat im Hinblick auf die beabsichtigte Betriebsstilllegung waren daneben nicht und hierbei insbesondere nicht zu der Frage, mit welcher Kündigungsfrist die von der Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitsverhältnisse gekündigt werden sollten, erforderlich.

II.

39

Als unterliegende Partei hat der Kläger gemäß §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG trotz der erfolgten, aber keine gesonderten Kosten auslösenden teilweisen Klagrücknahme die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

40

Der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Wert des Streitgegenstandes folgt aus §§ 42 Abs. 2 Satz 1 GKG, 3 ZPO und entspricht hinsichtlich des Klagantrags zu 1) einem Bruttomonatsgehalt des Klägers und hinsichtlich des Klagantrags zu 2) dem mit ihm geltend gemachten Betrag. Die Summe der beiden Einzelwerte ergibt den festgesetzten Gesamtwert.

41

Die bereits nach § 64 Abs. 2b) und c) ArbGG zulässige Berufung war gemäß § 64 Abs. 3 Ziffer 2b) ArbGG zusätzlich gesondert zuzulassen.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
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published on 22/09/2016 00:00

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Februar 2016 - 15 Sa 1953/15 - t
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published on 11/01/2018 00:00

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 1. Juni 2017 (10 Ca 347/16) abgeändert. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. November 2016
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Annotations

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1.
zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
2.
fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
3.
acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,
4.
zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,
5.
zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,
6.
15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,
7.
20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.

(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.

(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,

1.
wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
2.
wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Die einzelvertragliche Vereinbarung längerer als der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Kündigungsfristen bleibt hiervon unberührt.

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

1.
die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäftigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen,
2.
die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile,
3.
die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand,
4.
die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen,
5.
eine Vereinbarung, die die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der oder die Beschäftigte eine Rente wegen Alters beantragen kann; § 41 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt,
6.
Differenzierungen von Leistungen in Sozialplänen im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes, wenn die Parteien eine nach Alter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung geschaffen haben, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt worden sind, oder Beschäftigte von den Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen haben, die wirtschaftlich abgesichert sind, weil sie, gegebenenfalls nach Bezug von Arbeitslosengeld, rentenberechtigt sind.

(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Unternehmer den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und die geplanten Betriebsänderungen mit dem Betriebsrat zu beraten. Der Betriebsrat kann in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu seiner Unterstützung einen Berater hinzuziehen; § 80 Abs. 4 gilt entsprechend; im Übrigen bleibt § 80 Abs. 3 unberührt. Als Betriebsänderungen im Sinne des Satzes 1 gelten

1.
Einschränkung und Stilllegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
2.
Verlegung des ganzen Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen,
3.
Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben,
4.
grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen,
5.
Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen sowie in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen dem Grunde oder der Höhe nach geltend gemacht oder abgewehrt werden, ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Ist im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit die Höhe des Jahresbetrags nicht nach dem Antrag des Klägers bestimmt oder nach diesem Antrag mit vertretbarem Aufwand bestimmbar, ist der Streitwert nach § 52 Absatz 1 und 2 zu bestimmen.

(2) Für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet. Bei Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ist der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist.

(3) Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge werden dem Streitwert hinzugerechnet; dies gilt nicht in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen. Der Einreichung der Klage steht die Einreichung eines Antrags auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe gleich, wenn die Klage alsbald nach Mitteilung der Entscheidung über den Antrag oder über eine alsbald eingelegte Beschwerde eingereicht wird.