Amtsgericht Würzburg Beschluss, 11. März 2016 - IN 206/13

published on 11/03/2016 00:00
Amtsgericht Würzburg Beschluss, 11. März 2016 - IN 206/13
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Tenor

Auf Antrag des Insolvenzschuldners wird mit Wirkung ab 17.12.2015 gem. § 850 i ZPO angeordnet, dass das bei der Bayerischen Landesapothekerkammer erzielte Einkommen, soweit es sich um Vergütungszahlungen handelt, mit den von der Bayerischen Apothekerversorgung geleisteten Ruhegeldzahlungen gem. § 850 e ZPO analog zusammenzurechnen ist. Der pfändbare Betrag ist aus der Summe der Zahlungen zu ermitteln.

Der unpfändbare Grundbetrag ist zunächst den Leistungen zu entnehmen, die der Schuldner vom Rententräger Bayerische Apothekenversorgung in Form von Rente bezieht.

Kann der unpfändbare Grundbetrag nicht gedeckt werden, ist das Einkommen, das der Schuldner von der Bayerische Landesapothekerkammer bezieht, solange einzusetzen, bis der unpfändbare Grundbetrag gedeckt ist.

Gründe

Die Schuldnervertreterin beantragte mit Schreiben vom 15.12.2015, eingegangen am 17.12.2015,

dem Schuldner die aus seiner Tätigkeit bei der Bayerischen Landesapothekerkammer erzielten Einkünfte pfandfrei zu belassen. Gem. § 850 i ZPO sollten die Einnahmen grundsätzlich als pfandfrei behandelt werden. Die Schuldnervertreterin trug vor, dass es sich um grundsätzlich unpfändbare Aufwandsentschädigungszahlungen handele und im übrigen um überobligatorische Einnahmen, da der Schuldner aufgrund seiner Pensionierung keine Erwerbsobliegenheit mehr habe.

Hilfsweise wurde die Zusammenrechnung i.S.d. § 850 e ZPO beantragt.

Die Verwalterin wurde zu dem Antrag gehört.

Das Insolvenzgericht ist gem. § 36 Abs. 1 InsO i.V.m. § 850 i ZPO zur Entscheidung zuständig.

Der Schuldner bezieht Ruhegeld in Höhe von netto 1.939,08 € monatlich.

Im Rahmen seiner Tätigkeit für die Bayerische Landesapothekerkammer erzielte er darüberhinaus im Jahr 2013 Vergütungszahlungen i.H.v. 2.310,– EUR. Im 1. Halbjahr 2014 wurden Vergütungszahlungen von 2.940,00 EUR abgerechnet. Für das 2. Halbjahr 2014 liegen bislang keine Angaben vor. Für das 1. Halbjahr 2015 wurden Vergütungsbeträge von 2.205,– EUR und für die Teilnahme an einer Tagung eine Vergütung von 1.200,– EUR abgerechnet. Im übrigen liegen für das 2. Halbjahr 2015 noch keine Informationen vor.

Daneben rechnete der Schuldner Fahrtkosten und weitere Auslagen ab.

Die in den jeweiligen Abrechnungsschreiben des Schuldners als Vergütungen bezeichnete Beträge sind als Einnahmen i.S.d. § 850 i ZPO zu behandeln. Die Zahlungen vergüten seine Tätigkeit als Pharmazierat. Es handelt sich damit um die Vergütung einer vom Schuldner persönlich geleisteten Arbeit, welche kein Arbeitseinkommen aus einer abhängigen Beschäftigung ist.

Die Schuldnervertreterin beantragte die Unpfändbarkeit dieser Beträge festzustellen.

Dem kann nicht gefolgt werden. Es handelt es sich in Höhe der abgerechneten Vergütungen nicht um Aufwandsentschädigungen i.S.d. § 850 a Nr. 3 ZPO. Unpfändbar i.S.d. § 850 a ZPO sind lediglich die Auslagen für Fahrtkosten, Übernachtungen etc.

Unter Anwendung des § 850 i ZPO kann festgestellt werden, dass die bezogenen Gelder unpfändbar sind, wenn dies unter Abwägung der Schuldner- und Gläubigerinteressen angemessen ist.

Vorliegend verfügt der Schuldner bereits über monatliche Einkünfte von 1.939,08 €. Eine Notsituation des Schuldners ist weder anzunehmen noch wurde diese vorgetragen.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Schuldner die zur Freigabe beantragten Einkünfte nicht für den notwendigen Lebensunterhalt benötigt. Dem stehen zudem die Gläubigerinteressen gegenüber. Der Schuldner begehrt die Restschuldbefreiung, über welche voraussichtlich im Jahr 2019 entschieden wird. Wird ihm die Restschuldbefreiung erteilt, sind die Gläubiger gehindert ihre Ansprüche noch durchzusetzen. So ist es dem Schuldner zuzumuten Opfer zu bringen, um eine bestmögliche Gläubigerbefriedigung zu erreichen.

Hilfsweise beantragte die Schuldnervertreterin die analoge Anwendung des § 850 e ZPO.

Diesem Antrag war gemäß § 36 Abs. 4 und 1 InsO i.V.m. § 850 e Ziffer 2 ZPO analog zu entsprechen.

Zwar besteht keine Notsituation des Schuldners, jedoch bietet die Zusammenrechnung die Möglichkeit dem Schuldner einen Anreiz zur Aufrechterhaltung dieser Tätigkeit zu bieten.

Der Schuldner bezieht von dem Rententräger Bayerische Apothekenversorgung Rente in Höhe von monatlich 1.939,08 € und von der Bayerische Landesapothekerkammer ein schwankendes und noch nachzuweisendes Nettoeinkommen.

Der unpfändbare Grundbetrag ist in erster Linie dem Einkommen zu entnehmen, das die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners bildet.

Vorstehende Anordnung kann frühestens ab Antragstellung greifen. Für die Zeit vor diesem Antrag sind gezahlte Vergütungen in voller Höhe pfändbar und an die Insolvenzmasse abzuführen.

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(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnun
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(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnun

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(1) Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, gehören nicht zur Insolvenzmasse. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1, §§ 850g bis 850l, 851c, 851d, 899 bis 904, 905 Satz 1 und 3 sowie § 906 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Verfügungen des Schuldners über Guthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.

(2) Zur Insolvenzmasse gehören jedoch

1.
die Geschäftsbücher des Schuldners; gesetzliche Pflichten zur Aufbewahrung von Unterlagen bleiben unberührt;
2.
im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung; hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.

(3) Sachen, die zum gewöhnlichen Hausrat gehören und im Haushalt des Schuldners gebraucht werden, gehören nicht zur Insolvenzmasse, wenn ohne weiteres ersichtlich ist, daß durch ihre Verwertung nur ein Erlös erzielt werden würde, der zu dem Wert außer allem Verhältnis steht.

(4) Für Entscheidungen, ob ein Gegenstand nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Vorschriften der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist das Insolvenzgericht zuständig. Anstelle eines Gläubigers ist der Insolvenzverwalter antragsberechtigt. Für das Eröffnungsverfahren gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.