Amtsgericht Erding Endurteil, 21. Feb. 2017 - 1 C 3361/16

published on 21/02/2017 00:00
Amtsgericht Erding Endurteil, 21. Feb. 2017 - 1 C 3361/16
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Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 386,75 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 18.11.2016 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 386,75 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt restliche Rechtsanwaltskosten nach einer durchgeführten Verkehrsunfallregulierung. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten hat nach einem unstreitig durch den Beklagten verursachten Verkehrsunfall vom 03.08.2016 sämtliche Schäden der Klägerin mit Ausnahme der Anwaltskosten vollumfänglich reguliert.

Die Klägerin machte vorgerichtlich Schadensersatzansprüche in Höhe von 11.456,16 EUR geltend. Neben weiteren unstreitigen Positionen waren hierin insbesondere enthalten der unstreitige Wiederbeschaffungswert in Höhe von brutto 9.925,– EUR. Der Restwert des verunfallten Fahrzeugs wurde nach regionalem Angebot mit 2.500,– EUR angegeben, bei der Berechnung des Gegenstandswertes für die Rechtsanwaltsgebühren aber nicht abgezogen. Das Fahrzeug ist differenzbesteuert.

Die Haftpflichtversicherung des Beklagten legte ein Restwertangebot eines nicht regionalen Anbieters in Höhe von 5.400,– EUR vor, an den die Klägerin in Fahrzeug auch letztendlich veräußerte. Für die Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren geht die Haftpflichtversicherung des Beklagten von einem Fahrzeugschaden in Höhe von 9.682,93 EUR und von dem Wiederbeschaffungswert netto abzüglich Restwert in Höhe von 5.400 EUR aus und berechnet aus diesen Beträgen zuzüglich der weiteren unstreitigen Positionen den Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren, auf die sie 571,40 EUR bezahlte. Von der Klägerin geltend gemacht war eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert aus 11.446,16 EUR, zuzüglich Postpauschale und Umsatzsteuer mithin 958,19 EUR.

Die Klägerin ist der Ansicht, Anspruch auf weitere 386,75 EUR Rechtsanwaltskosten zu haben, der Restwert sei bei der Berechnung des Gegenstandswerts nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt:

Die beklagte Partei wird verurteilt, an die Klagepartei 386,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Sie ist der Ansicht, dass die Rechtsanwaltsgebühren nur aus dem tatsächlichen Schadensbetrag geschuldet würden.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlage verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als vollumfänglich begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nach Regulierung des Verkehrsunfalls vom 03.08.2016 aus einem Geschäftswert von 10.617,08 €. Hierbei war zugrunde zu legen der Wiederbeschaffungswert netto, da das zerstörte Fahrzeug unstreitig differenzbesteuert ist, in Höhe von 9.682,92 €, zuzüglich Sachverständigenkosten i.H.v. 904,16 € und Unkostenpauschale 30,– €. Es ist somit von berechtigten Rechtsanwaltsgebühren (1,3) in Höhe von 958,19 € abzüglich bereits bezahlter 571,44 € auszugehen.

Nach der Regelung des § 249 Abs. 1 BGB ist der Geschädigte so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte. Dabei sind auch die Kosten erstattungsfähig, die durch die Geltendmachung und Durchsetzung des Schadensersatzanspruchs verursacht wurden (Palandt, Grüneberg, BGB, 76. Aufl. § 249 Rn. 56). Bei der Bemessung des Erstattungsanspruchs ist hinsichtlich der entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Gegenstandswert anzusetzen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht (Palandt a.a.O., Rn. 57).

Hinsichtlich des Gegenstandswerts für die außergerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist der Wiederbeschaffungswert ohne Abzug des Restwertes festzusetzen (so auch AG Ahlen, Urt. v. 07.05.2013 – 30 c 103/12, BeckRS 2013, 12024; Janeczek, Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 6. Aufl. Kap. IX. Rn. 29; AG Wesel, Urt. v. 25.03.2011 – 27 c 230/10, juris; a.A. AG Koblenz, a.a.O., AG Dinslaken, Urt. v. 16.06.2014 – 32 c 117/14, juris; AG Norderstedt Urt. v. 15.9.2015 – 47 C 118/15, BeckRS 2015, 15938, beck-online). Der Wiederbeschaffungswert spiegelt die Schadenshöhe für den Geschädigten im Unfallzeitpunkt wieder, sofern er wie hier geringer ist als Reparaturkosten plus Wertminderung. Es ist auch Aufgabe des beratenden Rechtsanwalts diese Werte im Rahmen der 130 %-Rechtsprechung zu vergleichen.

Bei der korrekten Entscheidung zur Abrechnung auf Totalschadenbasis ist Ziel des Geschädigten die Erlagung des vollständigen Wiederbeschaffungswertes, um so in der Lage zu einer Ersatzbeschaffung im Sinne einer vollständigen Naturalrestitution zu sein. Die Verwertung des verunfallten Fahrzeugs ist in diesem Falle Aufgabe des Schädigers oder dessen Versicherung, bzw. erfolgt durch den Geschädigten in dessen Interesse.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dieser Auffassung auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.11.2007 (VIII ZR 341/06) entgegen. Die dortige Entscheidung bezieht sich gerade nicht auf die Regulierung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Folge eines Verkehrsunfalls, sondern in einer Mietsache.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Nach übereinstimmenden Antrag der Parteien war gem. § 511 Abs. 4 Ziff. 1 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung die Berufung zuzulassen.

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Annotations

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.