WEG: Rechte und Pflichten des werdenden Wohnungseigentümers

published on 01/10/2012 12:12
WEG: Rechte und Pflichten des werdenden Wohnungseigentümers
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werdender Wohnungseigentümer tritt an die Stelle des im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Veräußerers-BGH vom 11.05.12-Az:V ZR 196/11
Ein Erwerber von Wohnungseigentum, der den Erwerbsvertrag vor Entstehen der WEG abschließt, hat eine gesicherte Erwerbsposition erlangt, wenn ein wirksamer Erwerbsvertrag vorliegt, eine Auflassungsvormerkung eingetragen und der Besitz auf den Erwerber übergegangen ist. Er ist dann „werdender Wohnungseigentümer“ mit der Folge, dass er einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben kann, andererseits aber die Kosten und Lasten tragen muss.

Diese Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Streitfall. Die Richter machten deutlich, dass die Rechtsposition des werdenden Erwerbers nicht mit Entstehen der endgültigen WEG durch Eintragung eines anderen Erwerbers in das Grundbuch ende. Es schade auch nicht, wenn der werdende Wohnungseigentümer den Besitz an der Wohnung erst nach dem Entstehen der WEG erlange. Im Hinblick auf die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten trete der werdende Wohnungseigentümer an die Stelle des im Grundbuch als Eigentümer eingetragenen Veräußerers. Dieser hafte aber nicht gesamtschuldnerisch neben dem Erwerber (BGH, V ZR 196/11).


Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

BGH Urteil vom 11.05.2012 (Az: V ZR 196/11)

Ein Erwerber von Wohnungseigentum, der den Erwerbsvertrag vor Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließt und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen wird, ist auch dann als werdender Wohnungseigentümer anzusehen, wenn er den Besitz an der Wohnung erst nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangt.

Der in dem Grundbuch als Eigentümer eingetragene Veräußerer haftet nicht gesamtschuldnerisch für die Lasten der Wohnung, wenn der Erwerber als werdender Wohnungseigentümer anzusehen ist.

Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.


Tatbestand:

Die Beklagte war Eigentümerin einer Wohnanlage, die sie in Wohnungseigentum aufteilte. Nach wie vor ist sie Eigentümerin einer Wohnung und zweier Tiefgaragenstellplätze, die sie mit notariellem Vertrag vom 14. Juli 2004 verkaufte. Für die Erwerberin wurde am 19. Juli 2004 eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Zu einem nicht genau festgestellten Zeitpunkt überließ ihr die Beklagte die Wohnung und die Stellplätze zur Nutzung. Am 22. September 2004 wurde der erste weitere Erwerber in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von der Beklagten unter anderem Zahlung der Abrechnungsspitzen aus den Abrechnungen der Jahre 2007 und 2008 sowie rückständiges Hausgeld aus den Jahren 2009 und 2010, jeweils bezogen auf die genannte Wohnung nebst Tiefgaragenstellplätzen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg gehabt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, und verfolgt ihren zuletzt gestellten Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht meint, für die Nachzahlungsbeträge und die rückständigen Hausgelder hafte nicht die Beklagte als eingetragene Eigentümer in der Wohnung nebst Tiefgaragenstellplätzen,sondern ausschließlich die Erwerberin. Diese sei als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen und trage als solche an Stelle des teilenden Eigentümers sämtliche Rechte und Pflichten. Eine gesamtschuldnerische Haftung des Veräußerers scheide daneben aus. Aufgrund der Auflassungsvormerkung sei aus dem Grundbuch ersichtlich, wer die mit dem Wohnungs- bzw. Teileigentum verbundenen Pflichten trage.

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, nicht die Beklagte als eingetragene Eigentümerin, sondern nur die Erwerberin als werdende Wohnungseigentümerin schulde die geltend gemachten Beträge, hält rechtlicher Nachprüfung stand.

Die Erwerberin ist als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen.

Der Senat hat für die Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden, dass - anders als bei einem sogenannten Zweiterwerb von Wohnungseigentum - jedenfalls im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten sein kann. Voraussetzung ist, dass der Erwerber aufgrund einer rechtlich verfestigten Erwerbsposition ein berechtigtes Interesse daran erlangt hat, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnanlage vorzeitig auszuüben. Eine solche Erwerbsposition ist entstanden, wenn ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorliegt, der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist (Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008, aaO, Rn. 14). Dies hat zur Folge, dass der werdende Wohnungseigentümer einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben kann und andererseits gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten zu tragen hat (Senat, aaO, Rn. 14, 21). Der Senat hat darüber hinaus entschieden, dass die solchermaßen erlangte Rechtsposition nicht dadurch endet, dass ein anderer Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird und damit die endgültige Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht (aaO, Rn. 16). Offen gelassen hat er bislang, ob und gegebenenfalls wie lange auch ein Ersterwerber, der erst nach diesem Zeitpunkt eine gesicherte Erwerbsposition erlangt, als werdender Wohnungseigentümer zu behandeln ist (aaO, Rn. 19 ff.).

Gemessen daran steht zwar nicht fest, ob die Erwerbsposition der Käuferin schon vor dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft gesichert war, weil aus dem Urteil nicht hervorgeht, wann sie den Besitz erlangt hat. Das Berufungsgericht hat sie aber zu Recht als werdende Wohnungseigentümerin behandelt. Fest steht nämlich, dass vor Entstehung der endgültigen Wohnungseigentümergemeinschaft am 22. September 2004 sowohl der Erwerbsvertrag abgeschlossen wurde als auch die Eintragung der Auflassungsvormerkung erfolgte. Sollte die Erwerberin - wie die Klägerin in der Revisionsbegründung vorträgt - den Besitz erst im Jahr 2006 erlangt haben, wäre ihre Erwerbsposition zwar erst zu einem Zeitpunkt gesichert gewesen, in dem die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits in Vollzug gesetzt war. Ungeachtet dessen wäre sie aber von der Besitzeinräumung an als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen.

Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 5. Juni 2008 angedeutet, dass jedenfalls für einen gewissen Zeitraum auch diejenigen Ersterwerber, die eine gesicherte Erwerbsposition erst nach der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangen, als werdende Wohnungseigentümer anzusehen sein könnten (Senat, aaO, Rn. 21 mwN). Im Ergebnis kam es darauf in der entschiedenen Fallkonstellation allerdings nicht an. Diese Ausführungen sind teilweise auf Zustimmung gestoßen. Als Abgrenzungskriterium in zeitlicher Hinsicht ist eine Anlehnung an das Verjährungsrecht vorgeschlagen worden. Andere meinen, verlässliche Abgrenzungskriterien ließen sich nicht entwickeln. Daher seien bis zu der Veräußerung der letzten Einheit sämtliche Ersterwerber ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Erlangens einer gesicherten Erwerbsposition als werdende Wohnungseigentümer anzusehen. Nach verbreiteter Auffassung ist eine solche Ausdehnung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt abzulehnen mit der Folge, dass von dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft an nur noch die Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch zu der Ausübung der mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten berechtigt.

Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung nicht, weil sie zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Ersterwerber führt. Diese haben unabhängig von dem Zeitpunkt der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft ein berechtigtes Interesse an einem zügigen Übergang der Entscheidungsmacht des teilenden Eigentümers. Die gegen die Einbeziehung der später hinzutretenden Erwerber gerichteten Argumente überzeugen nicht.

Zwar ist es richtig, dass sich der Verkauf von einem Bauträger über mehrere Jahre hinziehen kann mit der an sich nicht erwünschten Folge, dass Buchposition einerseits und Mitgliedschaftsrechte und -pflichten andererseits für geraume Zeit auseinanderfallen. Dies gilt aber gleichermaßen für diejenigen Erwerber, die die gesicherte Erwerbsposition vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangen, und ist deshalb kein taugliches Argument für eine Ungleichbehandlung; es entspricht inzwischen nämlich einhelliger Ansicht, dass die einmal erlangte Stellung als werdender Eigentümer nicht entfällt, selbst wenn sich die anschließende Umschreibung des Eigentums über Jahre hinzieht (Senat, aaO, Rn. 16 mwN).

Der Minderheitenschutz wird von dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft an auch nicht dadurch gewährleistet, dass der eingetragene Erwerber oder die in diesem Zeitpunkt vorhandenen werdenden Wohnungseigentümer Beschlussmängelklage erheben können. Dieser Personenkreis repräsentiert nicht ohne weiteres auch die Interessen der später hinzukommenden Erwerber. Vielmehr besteht auch im Verhältnis der Ersterwerber untereinander ein berechtigtes Interesse an der Herstellung gleicher Mitwirkungschancen.

Schließlich ist die unterschiedliche Behandlung von Erst- und Zweiterwerbern auch nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft sachlich begründet. Denn der Erwerb von Wohnungseigentum in der Entstehungsphase von einem Bauträger unterscheidet sich insbesondere wegen der mit der Abwicklung von Gewährleistungsrechten verbundenen Verzögerungen der Eigentumsumschreibung und wegen der typischen Interessenkonflikte von Erwerbern und Bauträgern grundlegend von dem Eigentumserwerb in einer bestehenden Gemeinschaft.

Eine zeitliche Begrenzung für die Anwendung der Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Ersterwerber hat der Senat lediglich im Hinblick darauf erwogen, dass der teilende Eigentümer nach einer längeren Vorratshaltung einem Eigenerwerber gleichzustellen sein könnte. In Betracht käme dies, wenn der Erwerbsvertrag als erster Bestandteil einer gesicherten Erwerbsposition erst geraume Zeit nach Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen wird. Ob sich insoweit geeignete Abgrenzungskriterien finden lassen oder ob einer zeitlich unbegrenzten Anwendung auf Ersterwerber der Vorzug zu geben ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Ist nämlich -wie hier - der Erwerbsvertrag bereits vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen worden, gibt es selbst dann keine sachliche Rechtfertigung für eine zeitliche Begrenzung, wenn die Erwerbsposition erst geraume Zeit nach der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Eintragung der Auflassungsvormerkung und die Einräumung des Besitzes gesichert wird. Beides kann der Erwerber häufig ebenso wenig wie die Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Eintragung eines anderen Erwerbers beeinflussen. Während sich die Eintragung in das Grundbuch durch behördeninterne Abläufe verzögern kann, hängt die Besitzübergabe unter anderem von der Fertigstellung der Wohnung ab. Der darauf bezogene zeitliche Ablauf kann deshalb keine unterschiedlichen Rechtsfolgen nach sich ziehen.

Zutreffend ist auch die Folgerung des Berufungsgerichts, dass die persönliche Verpflichtung der Beklagten zur Lastentragung gemäß § 16 Abs. 2 WEG entfällt, obwohl sie in dem Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist.

Allerdings soll nach verbreiteter Ansicht eine Gesamtschuld zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber entstehen. Andernfalls könne nicht in die verkaufte Wohnung vollstreckt werden. Nach der Gegenauffassung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, tritt der werdende Eigentümer im Hinblick auf die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten an die Stelle des Veräußerers, dem nur in sachenrechtlicher Hinsicht das Eigentum verbleibe.

Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung.

Richtig ist allerdings, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ohne weiteres in das Wohnungseigentum eines werdenden Eigentümers vollstrecken kann. Die Zwangsvollstreckung aufgrund eines gegen den Erwerber gerichteten persönlichen Titels scheitert daran, dass er nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (§ 17 Abs. 1, § 146 ZVG). Nach der Rechtsprechung des Senats geht mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft keine Verschiebung oder Vorwegnahme der sachenrechtlichen Zuordnung einher, an die das Zwangsvollstreckungsrecht in formalisierter Weise anknüpft. Die titulierte Hausgeldforderung stellt auch kein eingetragenes Recht im Sinne von § 147 ZVG dar; eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf nicht eingetragene Rechte scheidet aus (Senat, aaO, Rn. 4 f.).

Die vollstreckungsrechtlichen Folgen können für sich genommen aber nicht die persönliche Haftung des teilenden Eigentümers neben dem werdenden Eigentümer begründen. Ohnehin wäre auch die Vollstreckung in das Wohnungseigentum aufgrund eines gegen den Veräußerer gerichteten persönlichen Titels praktisch aussichtslos. Eine Zwangsverwaltung scheiterte nämlich an seinem fehlenden Eigenbesitz. Auch die Zwangsversteigerung wäre im Ergebnis ohne Erfolgsaussicht, weil die Auflassungsvormerkung gegenüber einem persönlichen Titel vorrangig ist. Eine Vollstreckung in das Wohnungseigentum wäre deshalb allenfalls dann möglich, wenn eine - von der persönlichen Haftung des Veräußerers unabhängige - gegenüber der Auflassungsvormerkung vorrangige dingliche Haftung des Wohnungseigentums gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG für den nach dieser Vorschrift bevorrechtigten Teil der Kosten und Lasten anzunehmen wäre.

Gegen eine persönliche Haftung des Veräußerers spricht entscheidend, dass der werdende Wohnungseigentümer wie ein Eigentümer behandelt wird und an dessen Stelle tritt. Hat er die Kosten und Lasten des Wohnungseigentums in analoger Anwendung von § 16 Abs. 2 WEG zu tragen, bedarf es im Hinblick auf den eingetragenen Eigentümer einer teleologischen Reduktion der Norm. Ihm könnten nämlich nur dann weiterhin Pflichten auferlegt werden, wenn ihm zugleich die Rechte eines Wohnungseigentümers zugestanden würden. Insbesondere muss das Stimm- und Anfechtungsrecht mit der Verpflichtung korrespondieren, Kosten und Lasten zu tragen. Stimmberechtigt ist jedoch allein der werdende Wohnungseigentümer, und zwar unabhängig davon, ob das Kopf-, das Objekt- oder das Anteilsstimmrecht gilt. Denn es widerspräche dem mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft verfolgten Zweck, einen frühzeitigen Übergang der Entscheidungsmacht von dem Veräußerer auf die Erwerber zu gewährleisten, wenn der Veräußerer weiterhin an der Willensbildung der Gemeinschaft beteiligt würde. Eine Verdoppelung des Stimmrechts, wie sie teilweise vorgeschlagen wird, wäre zudem mit den Belangen der übrigen Wohnungseigentümer unvereinbar.


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published on 11/05/2012 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 196/11 Verkündet am: 11. Mai 2012 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja WEG § 16 Abs. 2 a) E
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Rechtsanwalt zum Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG) - BSP Rechtsanwälte Berlin Mitte
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 196/11
Verkündet am:
11. Mai 2012
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Ein Erwerber von Wohnungseigentum, der den Erwerbsvertrag vor Entstehen
der Wohnungseigentümergemeinschaft abschließt und zu dessen
Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen wird, ist auch dann als
werdender Wohnungseigentümer anzusehen, wenn er den Besitz an der
Wohnung erst nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft
erlangt (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 5. Juni 2008
- V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 ff.).

b) Der in dem Grundbuch als Eigentümer eingetragene Veräußerer haftet
nicht gesamtschuldnerisch für die Lasten der Wohnung, wenn der Erwerber
als werdender Wohnungseigentümer anzusehen ist.
BGH, Urteil vom 11. Mai 2012 - V ZR 196/11 - LG Stuttgart
AG Nürtingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und
Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 28. Juli 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte war Eigentümerin einer Wohnanlage, die sie in Wohnungseigentum aufteilte. Nach wie vor ist sie Eigentümerin einer Wohnung und zweier Tiefgaragenstellplätze, die sie mit notariellem Vertrag vom 14. Juli 2004 verkaufte. Für die Erwerberin wurde am 19. Juli 2004 eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. Zu einem nicht genau festgestellten Zeitpunkt überließ ihr die Beklagte die Wohnung und die Stellplätze zur Nutzung. Am 22. September 2004 wurde der erste weitere Erwerber in das Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft verlangt von der Beklagten unter anderem Zahlung der Abrechnungsspitzen aus den Abrechnungen der Jahre 2007 und 2008 sowie rückständiges Hausgeld aus den Jahren 2009 und 2010, jeweils bezogen auf die genannte Wohnung nebst Tiefgaragenstellplätzen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg gehabt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, und verfolgt ihren zuletzt gestellten Zahlungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


2
Das Berufungsgericht meint, für die Nachzahlungsbeträge und die rückständigen Hausgelder hafte nicht die Beklagte als eingetragene Eigentümerin der Wohnung nebst Tiefgaragenstellplätzen, sondern ausschließlich die Erwerberin. Diese sei als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen und trage als solche an Stelle des teilenden Eigentümers sämtliche Rechte und Pflichten. Eine gesamtschuldnerische Haftung des Veräußerers scheide daneben aus. Aufgrund der Auflassungsvormerkung sei aus dem Grundbuch ersichtlich, wer die mit dem Wohnungs- bzw. Teileigentum verbundenen Pflichten trage.

II.


3
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, nicht die Beklagte als eingetragene Eigentümerin, sondern nur die Erwerberin als werdende Wohnungseigentümerin schulde die geltend gemachten Beträge, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
4
1. Die Erwerberin ist als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen.
5
a) Der Senat hat für die Entstehungsphase einer Wohnungseigentümergemeinschaft entschieden, dass - anders als bei einem sogenannten Zweiterwerb von Wohnungseigentum - jedenfalls im Innenverhältnis zwischen dem teilenden Eigentümer und den Ersterwerbern eine vorverlagerte Anwendung des Wohnungseigentumsgesetzes geboten sein kann (Beschluss vom 5. Juni 2008 - V ZB 85/07, BGHZ 177, 53 ff.; für den Zweiterwerb vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 1983 - VII ZB 28/82, BGHZ 87, 138, 141 ff.; Senat, Beschluss vom 1. Dezember 1988 - V ZB 6/88, BGHZ 106, 113, 118 ff.; Beschluss vom 18. Mai 1989 - V ZB 14/88, BGHZ 107, 285 ff.). Voraussetzung ist, dass der Erwerber aufgrund einer rechtlich verfestigten Erwerbsposition ein berechtigtes Interesse daran erlangt hat, die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Mitwirkungsrechte an der Verwaltung der Wohnanlage vorzeitig auszuüben. Eine solche Erwerbsposition ist entstanden, wenn ein wirksamer, auf die Übereignung von Wohnungseigentum gerichteter Erwerbsvertrag vorliegt, der Übereignungsanspruch durch eine Auflassungsvormerkung gesichert ist und der Besitz an der Wohnung auf den Erwerber übergegangen ist (Senat, Beschluss vom 5. Juni 2008, aaO, Rn. 14). Dies hat zur Folge, dass der werdende Wohnungseigentümer einerseits die Mitwirkungsrechte ausüben kann und andererseits gemäß § 16 Abs. 2 WEG die Kosten und Lasten zu tragen hat (Senat, aaO, Rn. 14, 21). Der Senat hat darüber hinaus entschieden, dass die solchermaßen erlangte Rechtsposition nicht dadurch endet, dass ein anderer Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wird und damit die endgültige Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht (aaO, Rn. 16). Offen gelassen hat er bislang, ob und gegebenenfalls wie lange auch ein Ersterwerber, der erst nach diesem Zeitpunkt eine gesicherte Erwerbsposition erlangt, als werdender Wohnungseigentümer zu behandeln ist (aaO, Rn. 19 ff.).
6
b) Gemessen daran steht zwar nicht fest, ob die Erwerbsposition der Käuferin schon vor dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft ge- sichert war, weil aus dem Urteil nicht hervorgeht, wann sie den Besitz erlangt hat. Das Berufungsgericht hat sie aber zu Recht als werdende Wohnungseigentümerin behandelt. Fest steht nämlich, dass vor Entstehung der endgültigen Wohnungseigentümergemeinschaft am 22. September 2004 sowohl der Erwerbsvertrag abgeschlossen wurde als auch die Eintragung der Auflassungsvormerkung erfolgte. Sollte die Erwerberin - wie die Klägerin in der Revisionsbegründung vorträgt - den Besitz erst im Jahr 2006 erlangt haben, wäre ihre Erwerbsposition zwar erst zu einem Zeitpunkt gesichert gewesen, in dem die Wohnungseigentümergemeinschaft bereits in Vollzug gesetzt war. Ungeachtet dessen wäre sie aber von der Besitzeinräumung an als werdende Wohnungseigentümerin anzusehen.
7
aa) Der Senat hat bereits in seinem Beschluss vom 5. Juni 2008 angedeutet , dass jedenfalls für einen gewissen Zeitraum auch diejenigen Ersterwerber , die eine gesicherte Erwerbsposition erst nach der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangen, als werdende Wohnungseigentümer anzusehen sein könnten (Senat, aaO, Rn. 21 mwN). Im Ergebnis kam es darauf in der entschiedenen Fallkonstellation allerdings nicht an. Diese Ausführungen sind teilweise auf Zustimmung gestoßen. Als Abgrenzungskriterium in zeitlicher Hinsicht ist eine Anlehnung an das Verjährungsrecht vorgeschlagen worden (Wenzel, NZM 2008, 625, 627 f.; zustimmend Timme in Timme, WEG, § 1 Rn. 45 f.). Andere meinen, verlässliche Abgrenzungskriterien ließen sich nicht entwickeln. Daher seien bis zu der Veräußerung der letzten Einheit sämtliche Ersterwerber ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Erlangens einer gesicherten Erwerbsposition als werdende Wohnungseigentümer anzusehen (Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 10 Rn. 18; Reymann, ZWE 2009, 233, 241 ff.). Nach verbreiteter Auffassung ist eine solche Ausdehnung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft insgesamt abzulehnen mit der Folge, dass von dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft an nur noch die Eintra- gung als Eigentümer in das Grundbuch zu der Ausübung der mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten berechtigt (Hügel in Hügel /Scheel, Handbuch des Wohnungseigentums, 3. Aufl., Teil 2 Rn. 23; Becker, ZfIR 2008, 869, 871; Elzer, ZMR 2008, 808, 810 f.; Müller, FS Merle [2010], 255, 258; zweifelnd auch Demharter, EWiR 2008, 637, 638).
8
bb) Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung nicht, weil sie zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Ersterwerber führt. Diese haben unabhängig von dem Zeitpunkt der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft ein berechtigtes Interesse an einem zügigen Übergang der Entscheidungsmacht des teilenden Eigentümers. Die gegen die Einbeziehung der später hinzutretenden Erwerber gerichteten Argumente überzeugen nicht.
9
Zwar ist es richtig, dass sich der Verkauf von einem Bauträger über mehrere Jahre hinziehen kann mit der an sich nicht erwünschten Folge, dass Buchposition einerseits und Mitgliedschaftsrechte und -pflichten andererseits für geraume Zeit auseinanderfallen. Dies gilt aber gleichermaßen für diejenigen Erwerber , die die gesicherte Erwerbsposition vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft erlangen, und ist deshalb kein taugliches Argument für eine Ungleichbehandlung; es entspricht inzwischen nämlich einhelliger Ansicht, dass die einmal erlangte Stellung als werdender Eigentümer nicht entfällt, selbst wenn sich die anschließende Umschreibung des Eigentums über Jahre hinzieht (Senat, aaO, Rn. 16 mwN).
10
Der Minderheitenschutz wird von dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft an auch nicht dadurch gewährleistet, dass der eingetragene Erwerber oder die in diesem Zeitpunkt vorhandenen werdenden Wohnungseigentümer Beschlussmängelklage erheben können. Dieser Personenkreis repräsentiert nicht ohne weiteres auch die Interessen der später hinzukommen- den Erwerber. Vielmehr besteht auch im Verhältnis der Ersterwerber untereinander ein berechtigtes Interesse an der Herstellung gleicher Mitwirkungschancen (Coester, NJW 1990, 3184, 3185; Reymann, ZWE 2009, 233, 241 f.).
11
Schließlich ist die unterschiedliche Behandlung von Erst- und Zweiterwerbern auch nach dem Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft sachlich begründet. Denn der Erwerb von Wohnungseigentum in der Entstehungsphase von einem Bauträger unterscheidet sich insbesondere wegen der mit der Abwicklung von Gewährleistungsrechten verbundenen Verzögerungen der Eigentumsumschreibung und wegen der typischen Interessenkonflikte von Erwerbern und Bauträgern grundlegend von dem Eigentumserwerb in einer bestehenden Gemeinschaft (vgl. nur Wenzel, NZM 2008, 625, 627; Heismann, ZMR 2004, 10, 11).
12
cc) Eine zeitliche Begrenzung für die Anwendung der Grundsätze der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft auf die Ersterwerber hat der Senat lediglich im Hinblick darauf erwogen, dass der teilende Eigentümer nach einer längeren Vorratshaltung einem Eigenerwerber gleichzustellen sein könnte (Senat, aaO, Rn. 21; vgl. Wenzel, NZM 2008, 625, 627). In Betracht käme dies, wenn der Erwerbsvertrag als erster Bestandteil einer gesicherten Erwerbsposition erst geraume Zeit nach Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen wird. Ob sich insoweit geeignete Abgrenzungskriterien finden lassen oder ob einer zeitlich unbegrenzten Anwendung auf Ersterwerber der Vorzug zu geben ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Ist nämlich - wie hier - der Erwerbsvertrag bereits vor der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossen worden, gibt es selbst dann keine sachliche Rechtfertigung für eine zeitliche Begrenzung, wenn die Erwerbsposition erst geraume Zeit nach der Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Eintragung der Auflassungsvormerkung und die Einräumung des Besitzes gesichert wird. Beides kann der Erwerber häufig ebenso wenig wie die Entstehung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Eintragung eines anderen Erwerbers beeinflussen. Während sich die Eintragung in das Grundbuch durch behördeninterne Abläufe verzögern kann, hängt die Besitzübergabe unter anderem von der Fertigstellung der Wohnung ab. Der darauf bezogene zeitliche Ablauf kann deshalb keine unterschiedlichen Rechtsfolgen nach sich ziehen.
13
2. Zutreffend ist auch die Folgerung des Berufungsgerichts, dass die persönliche Verpflichtung der Beklagten zur Lastentragung gemäß § 16 Abs. 2 WEG entfällt, obwohl sie in dem Grundbuch als Eigentümerin eingetragen ist.
14
a) Allerdings soll nach verbreiteter Ansicht eine Gesamtschuld zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber entstehen (Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 203; Pause, Bauträgerkauf und Baumodelle, 4. Aufl., Rn. 621; Elzer, ZMR 2007, 714, 715; Müller, FS Merle [2010], 255, 260 f.). Andernfalls könne nicht in die verkaufte Wohnung vollstreckt werden (Müller, aaO, 261; Drasdo, NZI 2009, 823, 824; vgl. auch Timme/Dötsch, WEG, § 10 Rn. 58). Nach der Gegenauffassung, der sich das Berufungsgericht angeschlossen hat, tritt der werdende Eigentümer im Hinblick auf die mit dem Wohnungseigentum verbundenen Rechte und Pflichten an die Stelle des Veräußerers, dem nur in sachenrechtlicher Hinsicht das Eigentum verbleibe (Schneider, ZWE 2010, 341, 342 f.; Wenzel, NZM 2008, 625, 628; so im Ergebnis wohl auch Sauren, ZWE 2008, 375, 377; Timme/Dötsch, WEG, § 10 Rn. 58).
15
b) Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung.
16
aa) Richtig ist allerdings, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ohne weiteres in das Wohnungseigentum eines werdenden Eigentümers vollstrecken kann. Die Zwangsvollstreckung aufgrund eines gegen den Erwerber gerichteten persönlichen Titels scheitert daran, dass er nicht als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (§ 17 Abs. 1, § 146 ZVG). Nach der Rechtspre- chung des Senats geht mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft keine Verschiebung oder Vorwegnahme der sachenrechtlichen Zuordnung einher, an die das Zwangsvollstreckungsrecht in formalisierter Weise anknüpft (Beschluss vom 23. September 2009 - V ZB 19/09, NZM 2009, 912, Rn. 4). Die titulierte Hausgeldforderung stellt auch kein eingetragenes Recht im Sinne von § 147 ZVG dar; eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf nicht eingetragene Rechte scheidet aus (Senat, aaO, Rn. 4 f.).
17
Die vollstreckungsrechtlichen Folgen können für sich genommen aber nicht die persönliche Haftung des teilenden Eigentümers neben dem werdenden Eigentümer begründen. Ohnehin wäre auch die Vollstreckung in das Wohnungseigentum aufgrund eines gegen den Veräußerer gerichteten persönlichen Titels praktisch aussichtslos (Schneider, ZWE 2010, 341, 346 und 349). Eine Zwangsverwaltung scheiterte nämlich an seinem fehlenden Eigenbesitz (BGH, Urteil vom 26. September 1985 - IX ZR 88/84, BGHZ 96, 61 ff.). Auch die Zwangsversteigerung wäre im Ergebnis ohne Erfolgsaussicht, weil die Auflassungsvormerkung gegenüber einem persönlichen Titel vorrangig ist. Eine Vollstreckung in das Wohnungseigentum wäre deshalb allenfalls dann möglich, wenn eine - von der persönlichen Haftung des Veräußerers unabhängige - gegenüber der Auflassungsvormerkung vorrangige dingliche Haftung des Wohnungseigentums gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG für den nach dieser Vorschrift bevorrechtigten Teil der Kosten und Lasten anzunehmen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Februar 2009 - IX ZB 112/06, NJW-RR 2009, 923 Rn. 7; Urteil vom 21. Juli 2011 - IX ZR 120/10, NJW 2011, 3098 Rn. 23 jeweils zu § 49 InsO; für eine dingliche Haftung Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 185; Böttcher, ZVG, 5. Aufl., § 10 Rn. 19, § 52 Rn. 3; Alf, ZWE 2010, 105, 106; Schneider, ZMR 2009, 165 ff.; ders., ZWE 2010, 341, 347 f.; aA Kesseler, NJW 2009, 121 ff.; Fabis, ZfIR 2010, 354, 357 f.).
18
bb) Gegen eine persönliche Haftung des Veräußerers spricht entscheidend , dass der werdende Wohnungseigentümer wie ein Eigentümer behandelt wird und an dessen Stelle tritt. Hat er die Kosten und Lasten des Wohnungseigentums in analoger Anwendung von § 16 Abs. 2 WEG zu tragen, bedarf es im Hinblick auf den eingetragenen Eigentümer einer teleologischen Reduktion der Norm. Ihm könnten nämlich nur dann weiterhin Pflichten auferlegt werden, wenn ihm zugleich die Rechte eines Wohnungseigentümers zugestanden würden. Insbesondere muss das Stimm- und Anfechtungsrecht mit der Verpflichtung korrespondieren, Kosten und Lasten zu tragen (insoweit zutreffend Elzer, ZMR 2007, 714, 715; aA Pause, aaO, Rn. 621 ff.). Stimmberechtigt ist jedoch allein der werdende Wohnungseigentümer (vgl. OLG Hamm, ZMR 2007, 712, 713 f.), und zwar unabhängig davon, ob das Kopf-, das Objekt- oder das Anteilsstimmrecht gilt. Denn es widerspräche dem mit der Anerkennung der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft verfolgten Zweck, einen frühzeitigen Übergang der Entscheidungsmacht von dem Veräußerer auf die Erwerber zu gewährleisten, wenn der Veräußerer weiterhin an der Willensbildung der Gemeinschaft beteiligt würde. Eine Verdoppelung des Stimmrechts, wie sie teilweise vorgeschlagen wird (Elzer, ZMR 2007, 714, 715; Heismann, Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft, 2003, S. 214 ff.), wäre zudem mit den Belangen der übrigen Wohnungseigentümer unvereinbar (vgl. auch Senat, Urteil vom 27. April 2012 - V ZR 211/11, juris).

III.


19
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Nürtingen, Entscheidung vom 21.10.2010 - 18 C 1367/10 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 28.07.2011 - 2 S 49/10 -

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Die Zwangsversteigerung darf nur angeordnet werden, wenn der Schuldner als Eigentümer des Grundstücks eingetragen oder wenn er Erbe des eingetragenen Eigentümers ist.

(2) Die Eintragung ist durch ein Zeugnis des Grundbuchamts nachzuweisen. Gehören Vollstreckungsgericht und Grundbuchamt demselben Amtsgericht an, so genügt statt des Zeugnisses die Bezugnahme auf das Grundbuch.

(3) Die Erbfolge ist durch Urkunden glaubhaft zu machen, sofern sie nicht bei dem Gericht offenkundig ist.

(1) Auf die Anordnung der Zwangsverwaltung finden die Vorschriften über die Anordnung der Zwangsversteigerung entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 147 bis 151 ein anderes ergibt.

(2) Von der Anordnung sind nach dem Eingang der im § 19 Abs. 2 bezeichneten Mitteilungen des Grundbuchamts die Beteiligten zu benachrichtigen.

(1) Wegen des Anspruchs aus einem eingetragenen Rechte findet die Zwangsverwaltung auch dann statt, wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 nicht vorliegen, der Schuldner aber das Grundstück im Eigenbesitze hat.

(2) Der Besitz ist durch Urkunden glaubhaft zu machen, sofern er nicht bei dem Gericht offenkundig ist.

(1) Ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück gewähren nach folgender Rangordnung, bei gleichem Rang nach dem Verhältnis ihrer Beträge:

1.
der Anspruch eines die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers auf Ersatz seiner Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks, im Falle der Zwangsversteigerung jedoch nur, wenn die Verwaltung bis zum Zuschlag fortdauert und die Ausgaben nicht aus den Nutzungen des Grundstücks erstattet werden können;
1a.
im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 festgesetzt worden ist;
2.
bei Vollstreckung in ein Wohnungseigentum die daraus fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach § 16 Abs. 2, § 28 Absatz 1 und 2 des Wohnungseigentumsgesetzes geschuldet werden, einschließlich der Vorschüsse und Rückstellungen sowie der Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer. Das Vorrecht erfasst die laufenden und die rückständigen Beträge aus dem Jahr der Beschlagnahme und den letzten zwei Jahren. Das Vorrecht einschließlich aller Nebenleistungen ist begrenzt auf Beträge in Höhe von nicht mehr als 5 vom Hundert des nach § 74a Abs. 5 festgesetzten Wertes. Die Anmeldung erfolgt durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Rückgriffsansprüche einzelner Wohnungseigentümer werden von diesen angemeldet;
3.
die Ansprüche auf Entrichtung der öffentlichen Lasten des Grundstücks wegen der aus den letzten vier Jahren rückständigen Beträge; wiederkehrende Leistungen, insbesondere Grundsteuern, Zinsen, Zuschläge oder Rentenleistungen, sowie Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind, genießen dieses Vorrecht nur für die laufenden Beträge und für die Rückstände aus den letzten zwei Jahren. Untereinander stehen öffentliche Grundstückslasten, gleichviel ob sie auf Bundes- oder Landesrecht beruhen, im Range gleich. Die Vorschriften des § 112 Abs. 1 und der §§ 113 und 116 des Gesetzes über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 446) bleiben unberührt;
4.
die Ansprüche aus Rechten an dem Grundstück, soweit sie nicht infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind, einschließlich der Ansprüche auf Beträge, die zur allmählichen Tilgung einer Schuld als Zuschlag zu den Zinsen zu entrichten sind; Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen, insbesondere Zinsen, Zuschläge, Verwaltungskosten oder Rentenleistungen, genießen das Vorrecht dieser Klasse nur wegen der laufenden und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Beträge;
5.
der Anspruch des Gläubigers, soweit er nicht in einer der vorhergehenden Klassen zu befriedigen ist;
6.
die Ansprüche der vierten Klasse, soweit sie infolge der Beschlagnahme dem Gläubiger gegenüber unwirksam sind;
7.
die Ansprüche der dritten Klasse wegen der älteren Rückstände;
8.
die Ansprüche der vierten Klasse wegen der älteren Rückstände.

(2) Das Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück besteht auch für die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstück bezweckenden Rechtsverfolgung.

(3) Für die Vollstreckung mit dem Range nach Absatz 1 Nummer 2 genügt ein Titel, aus dem die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung, die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit zu erkennen sind. Soweit die Art und der Bezugszeitraum des Anspruchs sowie seine Fälligkeit nicht aus dem Titel zu erkennen sind, sind sie in sonst geeigneter Weise glaubhaft zu machen.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.