Vermieter: Disagio: Sofortabzug bei Marktüblichkeit
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Hintergrund: Ausgaben sind für das Kalenderjahr anzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Diese Regelung gilt aber nicht für ein Disagio, soweit es marktüblich ist.
Zur Finanzierung eines Vermietungsobjekts hatte ein Steuerpflichtiger in 2009 ein Darlehen von rund 1,3 Mio. EUR aufgenommen (Zinsbindung 10 Jahre, 2,85 Prozent Nominalzinsen, Disagio 10 Prozent). Das Disagio (ca. 130.000 EUR) wurde im Erstjahr als sofort abziehbare Werbungskosten angesetzt. Das Finanzamt akzeptierte indes nur einen marktüblichen Teil von 5 Prozent und verteilte den restlichen Betrag gleichmäßig auf den Zinsbindungszeitraum von zehn Jahren. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz bestätigte diese Handhabung. Der BFH hingegen hob die Entscheidung auf und verwies den Streitfall zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Wird eine Zins- und Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit. Angesichts der üblichen Pflicht von Geschäftsbanken zur Risikokontrolle sind mit einer Geschäftsbank vereinbarte Zinsgestaltungen regelmäßig als im Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen zu betrachten.
Diese Vermutung kann widerlegt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen verlassen wird. Solche Umstände können etwa in einer besonderen Kreditunwürdigkeit des Darlehensnehmers, besonderen persönlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander oder ganz atypischen Vertragsgestaltungen liegen.
Beachten Sie: Soweit das Bundesfinanzministerium in seinem Schreiben aus 2003 aus Vereinfachungsgründen von der Marktüblichkeit ausgeht, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens fünf Jahren ein Disagio in Höhe von bis zu 5 Prozent vereinbart worden ist, bedeutet dies eine Sachverhaltstypisierung. Handelt es sich jedoch um ein Disagio von mehr als 5 Prozent, dann trifft diese Nichtbeanstandungsgrenze keine Aussage.
Fazit: Da die Vereinbarung im Streitfall mit einer Geschäftsbank abgeschlossen wurde, ist die Marktüblichkeit der Abrede zu vermuten. Um diese Vermutung zu widerlegen, hätte das Finanzgericht die Einzelumstände der Vertragsgestaltung prüfen müssen.
BFH, Urteil vom 8.3.2016, (Az.: IX R 38/14); BMF, Schreiben vom 20.10.2003, IV C 3 - S 2253 a - 48/03.
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Tenor
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Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Oktober 2014 4 K 1265/13 aufgehoben.
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Die Sache wird an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen.
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Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
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I. Streitig ist der Werbungskostenabzug für ein Disagio bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
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Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag erwarb der Kläger ein Mehrfamilienhaus zum Preis von 1,5 Mio. €. Den Kaufpreis finanzierte er mit einem bei einer Geschäftsbank aufgenommenen Hypothekendarlehen über einen Darlehensbetrag von nominell 1.333.000 €. Der Nominalzinssatz betrug bei einer festen Zinsbindung von zehn Jahren 2,85 % jährlich. Bei der Berechnung des Nominalzinssatzes war ein Disagio von 10 % der Darlehenssumme berücksichtigt.
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Der Kläger machte bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Vermietung des Mehrfamilienhauses das Disagio in Höhe von 133.000 € sowie weitere Darlehenskosten in Höhe von 150 € als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr (2009) berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nur einen Betrag von 66.725 € als Werbungskosten, da nur der marktübliche Teil von 5 % des Disagios sofort abziehbar sei. Der über 5 % hinausgehende Disagiobetrag werde auf den Zinsfestschreibungszeitraum von zehn Jahren verteilt und im Streitjahr nur anteilig in Höhe von 6.673 € berücksichtigt.
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Der Einspruch hatte, was das Disagio betraf, keinen Erfolg. Auch die Klage wurde abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) vertrat mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 115 veröffentlichten Urteil die Auffassung, das FA habe zu Recht den über 5 % hinausgehenden Disagiobetrag auf den Zinsfestschreibungszeitraum von zehn Jahren verteilt und im Streitjahr nur anteilig in Höhe eines Zehntels berücksichtigt, denn das im Streitfall vereinbarte Disagio von 10 % sei nicht marktüblich.
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Im Streitfall sei der vom Kläger vereinbarte Darlehensnominalzins von 2,85 % deutlich niedriger als der Marktzins. Dies belegten die Berechnung des FA und die vom Kläger selbst vorgelegte Übersicht über Effektivzinsen für Immobilienkredite nach der Zinsstatistik für Juli 2009 der Deutschen Bundesbank (diese betragen bei Wohnungsbaukrediten an private Haushalte mit Ursprungslaufzeit von über einem Jahr bis fünf Jahre ca. 4,6 % und von über fünf Jahren ca. 5 %). Das vom Kläger vereinbarte Disagio sei dementsprechend ungewöhnlich hoch. Damit habe sich der Kläger die niedrigen Nominalzinsen für die Laufzeit des Darlehens "erkauft". Da das Disagio bei dem vom Kläger aufgenommenen Darlehen höher sei als 5 %, greife die Vereinfachungsregelung nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 20. Oktober 2003 (BStBl I 2003, 546) und der Gesetzesbegründung (BTDrucks 16/2712 vom 25. September 2006 zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2007 --JStG 2007--) nicht ein.
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Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der diese die Verletzung materiellen Rechts rügen (§ 11 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Das vereinbarte Disagio sei marktüblich. Darlehen und Disagio seien zwischen unabhängigen Dritten abgeschlossen und hielten einem Drittvergleich stand. Der Effektivzins des Darlehens liege im Rahmen des Marktzinsniveaus im September 2009.
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Die Kläger beantragen,
das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften des Klägers aus der Vermietung des Mehrfamilienhauses weitere Werbungskosten in Höhe von 59.685 € berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht hat das FG hinsichtlich der Marktüblichkeit des streitbefangenen Disagios eine Feststellungslastentscheidung getroffen.
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1. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Nach § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG ist diese Regelung (Satz 3) auf ein Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist. Danach ist auch ein marktübliches Disagio, das für einen Kredit über eine Laufzeit von mehr als fünf Jahren gezahlt wird, nicht auf die Laufzeit zu verteilen, sondern kann im Jahr der Leistung, d.h. des Abflusses, voll zum Abzug gebracht werden.
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a) Disagio ist der Unterschiedsbetrag zwischen Nenn- und Verfügungsbetrag einer Schuld. Es fungiert im Ergebnis als Ausgleich für einen niedrigeren Nominalzinssatz und ist damit als Vorauszahlung eines Teils der Zinsen anzusehen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. Oktober 1999 X R 69/96, BFHE 190, 185, BStBl II 2000, 259). Zweck von § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG ist es, Einmalzahlungen für die Gewährung von Nutzungsrechten entsprechend dem tatsächlich eingeräumten Nutzungsvorteil zu verteilen. Die Besonderheit der Vereinbarung eines Disagios besteht im Hinblick auf Satz 3 darin, dass es zwar wirtschaftlich Entgelt für eine Überlassung ist, aber bereits im Zeitpunkt der Zahlung den Nutzungsvorteil vermindert, da sich die ausgezahlte Darlehenssumme um die Höhe des Disagios vermindert (Kister in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 11 EStG Rz 128, Stichwort "Klarstellende Bedeutung").
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b) Der in § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG verwendete Begriff "marktüblich" bezieht sich auf das jeweils konkret betroffene Disagio. Bezogen auf die dargelegte Funktion eines Disagios ergibt sich die Marktüblichkeit aus der Höhe des Disagios im Verhältnis zur Höhe und Laufzeit des Kredits, dies in Relation zu den aktuellen Verhältnissen auf dem Kreditmarkt (HHR/Kister, § 11 EStG Rz 128, Stichwort "Marktüblichkeit"): Was marktüblich ist, ist nach den aktuellen Verhältnissen auf dem Kreditmarkt bezogen auf das konkrete finanzierte Objekt zu entscheiden. Die Marktüblichkeit an einen festen Zinssatz zu koppeln, kommt insoweit nicht in Betracht.
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Die Verwaltungsregelung im BMF-Schreiben in BStBl I 2003, 546, wonach von einer Marktüblichkeit ausgegangen werden kann, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens fünf Jahren ein Disagio in Höhe von bis zu 5 % vereinbart worden ist, hat nach der Gesetzesbegründung zum JStG 2007 (BTDrucks 16/2712 vom 25. September 2006, S. 44) ohne materiell-rechtliche Änderung Eingang in § 11 Abs. 2 EStG gefunden. Jenseits dessen ist der Gesetzesbegründung lediglich zu entnehmen, dass eine Zinsvorauszahlung regelmäßig anzunehmen ist, wenn der Nominalzins ungewöhnlich niedrig und das Disagio entsprechend hoch bemessen ist. Die Gesetzesbegründung verbindet durch die Formulierung "ungewöhnlich niedrig" das Kriterium der fehlenden Marktüblichkeit mit dem des Ungewöhnlichen. Nur ein ungewöhnlicher Nominalzins rechtfertigt die Versagung des Sofortabzugs des Disagios.
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Abzugrenzen ist das marktübliche Disagio mithin von "ungewöhnlichen" Gestaltungen, die sich nicht in dem auf dem aktuellen Kreditmarkt üblichen Rahmen halten. Wann dies der Fall ist, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung.
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Wird eine Zins- und Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit. Angesichts der üblichen Pflicht von Geschäftsbanken zur Risikokontrolle sind mit einer Geschäftsbank vereinbarte Zinsgestaltungen regelmäßig als im Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen zu betrachten. Diese Vermutung kann widerlegt werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die dafür sprechen, dass der Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen verlassen wird. Solche Umstände können etwa in einer besonderen Kreditunwürdigkeit des Darlehensnehmers, besonderen persönlichen Beziehungen der Beteiligten zueinander oder ganz atypischen Vertragsgestaltungen liegen.
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Soweit das BMF aus Vereinfachungsgründen von der Marktüblichkeit ausgeht, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von mindestens fünf Jahren ein Disagio in Höhe von bis zu 5 % vereinbart worden ist, bedeutet dies eine Sachverhaltstypisierung, die die tatrichterliche Würdigung erleichtert. Handelt es sich jedoch, wie vorliegend, um ein Disagio von mehr als 5 %, so trifft die genannte Nichtbeanstandungsgrenze keine Aussage.
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2. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG im Streitfall keine hinreichenden Feststellungen zur Marktüblichkeit der streitbefangenen Disagio- und Zinsvereinbarung getroffen.
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Die Nichtbeanstandungsgrenze des BMF (vgl. oben 1.b) regelt den Streitfall nicht. Es kann dahinstehen, ob diese Nichtbeanstandungsgrenze die Marktüblichkeit zutreffend typisiert.
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Das FG hat lediglich festgestellt, dass der Nominalzins von 2,85 % deshalb ungewöhnlich niedrig und deutlich niedriger sei als der Marktzins, weil die Effektivzinsen für Immobilienkredite nach der Zinsstatistik für Juli 2009 der Deutschen Bundesbank bei Wohnungsbaukrediten an private Haushalte mit Ursprungslaufzeit von über fünf Jahren ca. 5 % betrügen. Deshalb sei das Disagio des Klägers ungewöhnlich hoch. Da jedoch die streitbefangene Disagio- und Zinsvereinbarung mit einer Geschäftsbank abgeschlossen wurde, wird die Marktüblichkeit der Abrede vermutet. Das FG hätte, um diese Vermutung ggf. zu widerlegen, die Einzelumstände der Vertragsgestaltung prüfen müssen.
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3. Die Sache ist nicht spruchreif. Da das FG die Maßstäbe für die Feststellung der Marktüblichkeit abweichend beurteilt hat, hat es nicht geprüft, ob besondere Einzelumstände des konkreten Falls gegen die durch den Vertragsschluss mit einer Geschäftsbank indizierte Marktüblichkeit sprachen. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.