Straßenwidmung: Kein Anspruch auf verkehrsrechtliche Maßnahmen zur Beschränkung des fließenden Verkehrs




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Das sah der Anwohner anders. Nach erfolglosem Widerspruch erhob er Klage. Die Anordnung eines verkehrsberuhigten Bereichs sei nicht ausreichend. In der Straße werde auch weiterhin zu schnell gefahren und falsch geparkt. Außerdem führen Reisebusse bis an das Friedensmuseum heran. Dementsprechend hätte das bisher bestehende Durchfahrtsverbot aufrechterhalten und konsequent durchgesetzt werden müssen. Gegenwärtig komme es zu einer Gefährdung von Leib und Leben seines Kindes sowie zu einer Eigentumsbeeinträchtigung.
Die Klage hatte vor dem VG keinen Erfolg. Der Kläger, so die Richter, hat keinen Anspruch auf die von ihm verlangten verkehrsrechtlichen Maßnahmen. Die Anordnung von Beschränkungen und Verboten des fließenden Verkehrs setze unter anderem eine Gefahrenlage voraus. Diese müsse auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen sein und zudem das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter erheblich übersteigen. Insbesondere an Letzterem fehle es hier. Hinsichtlich der Lärmbelastung sei die durch den Bahn- und Schiffsverkehr hervorgerufene Belastung des Gebiets zu sehen. Zudem weise die Straße „An der alten Rheinbrücke“ nach Ausbauzustand und Streckenführung kein besonderes Gefährdungspotenzial auf. Es handele sich auch nicht um eine Durchgangsstraße, sondern um eine Sackgasse. Sollten sich einzelne Fahrzeugführer nicht an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit oder sonstige verkehrsrechtlichen Anordnungen halten, sei es Aufgabe der Stadt, unter anderem durch entsprechende Kontrollen auf die Einhaltung der Vorschriften hinzuwirken.
Die Entscheidung im Einzelnen lautet:
VG Koblenz, Urteil vom 8.5.2015, (Az.: 5 K 742/14.KO).
Tatbestand
Die Kläger begehren die Anordnung verkehrsrechtlicher Maßnahmen.
Sie sind seit dem Jahr 2008 Eigentümer des Grundstücks An der alten Rheinbrücke... in R. Die Straße An der alten Rheinbrücke verläuft von der Goethestraße ausgehend in Richtung Norden auf den Rhein zu. Nach ca. 150 m mündet von Osten kommend der Simrockweg ein. Von dem Einmündungsbereich aus verläuft die Straße weitere ca. 100 m nach Norden und trifft dort auf eine öffentliche Einsatzstelle für Sportboote, die im Eigentum der Beigeladenen steht. Etwa 80 m westlich hiervon befindet sich das Friedensmuseum Brücke von Remagen, welches in den Türmen der ehemaligen Ludendorff-Brücke untergebracht ist. In dem Bereich vor der Brücke sind keine Parkplätze vorhanden.
Mit Schreiben vom 13. Juni 2010 äußerte der Kläger zu 1) gegenüber dem Bürgermeister der Beklagten seinen Unmut über die Entfernung des Verkehrszeichens 250 in der Straße An der alten Rheinbrücke in Höhe der Einmündung des Simrockwegs. Es komme zu einem Verkehrschaos, da die Straße An der alten Rheinbrücke von Besuchern des Friedensmuseums mit Kraftfahrzeugen befahren werde. Teilweise parkten die Besucher auch dort. Er forderte die Beklagte auf, das Verkehrszeichen wieder anzubringen und das Verbot zusätzlich durch Poller in Höhe des Anwesens An der alten Rheinbrücke... abzusichern.
Unter dem 29. Juni 2010 teilte die Beklagte mit, sie habe das Verkehrszeichen 250 entfernt, um Radfahrern die Durchfahrt zum Rhein zu ermöglichen. In Höhe der Einmündung des Simrockwegs sei nunmehr aber das Verkehrszeichen 260 angebracht worden. Eine Sperrung der Straße durch Poller komme insbesondere wegen der damit verbundenen Gefahren für Radfahrer nicht in Betracht.
Mit Schreiben vom 26. Januar 2012 wandten sich die Kläger erneut an die Beklagte. Es komme in der Straße trotz der Beschilderung weiterhin zu erheblichem Durchgangsverkehr wobei der Bereich von Bussen, Pkws und Motorrädern teilweise mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit passiert werde. Dies gefährde insbesondere Kinder. Die unklare Beschilderung führe darüber hinaus dazu, dass auf der Straße unrechtmäßig geparkt werde. Sie forderten die Beklagte unter anderem auf, innerhalb von zwei Monaten Einfahrtsverbotsschilder am Beginn der Straße An der alten Rheinbrücke anzubringen und zudem Poller in Höhe ihres Anwesens aufzustellen.
Unter dem 20. März 2012 teilte die Beklagte mit, die derzeitige Verkehrsregelung sei rechtlich nicht bindend, da das Verbotsschild in Höhe des Anwesens der Kläger mit dem Zusatzzeichen "30 m" versehen sei und daher lediglich Ankündigungsfunktion habe. Eine Wiederholung des Durchfahrtsverbots nach 30 m habe es in der Vergangenheit zwar in Form eines mobilen Verkehrszeichens gegeben; dieses sei aber bereits zweimal entwendet worden. Ein im Boden verankertes Verkehrsschild sei aus Kostengründen nicht realisiert worden. Der Ortsbeirat habe zudem eine neue Verkehrsregelung für den Bereich beschlossen.
Mit Verfügung vom 19. Juni 2012 ordnete die Beklagte eine Änderung der Verkehrsführung an. In Höhe des Einmündungsbereichs des Simrockwegs in die Straße An der alten Rheinbrücke wurden die Verkehrszeichen 260 und 286 entfernt und durch die Verkehrszeichen 326-40 sowie 314 mit Zusatzzeichen 1044-10 ersetzt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, in den vergangenen Monaten habe der berechtigte Verkehr zu der Bootsrampe, dem Friedensmuseum sowie den Gartengrundstücken zugenommen und könne nicht vollständig verhindert werden. Die Einrichtung eines verkehrsberuhigten Bereiches entspreche am ehesten den verschiedenen Interessenlagen und komme insbesondere auch den Anwohnern entgegen.
Gegen die Anordnung vom 19. Juni 2012 legten die Kläger im August 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, die Beklagte sei bei ihrer Entscheidung unzutreffend davon ausgegangen, es existiere ein "berechtigter Verkehr" zu dem Friedensmuseum. Ein solcher Verkehr sei bereits deshalb nicht anzuerkennen, da eine Baugenehmigung für das Museum nicht existiere. Durch die geänderten Verkehrsregelungen komme es zudem zu einer Verschlechterung der Verkehrssituation, da nunmehr erstmals sämtliche Kraftfahrzeuge mit Ausnahme von Bussen in den Bereich einfahren könnten. Unabhängig hiervon habe es die Beklagte unterlassen, durch konkrete bauliche bzw. gestalterische Maßnahmen -etwa durch ein atypisches Straßenbild - auf die Fahrzeugbewegungen mäßigend einzuwirken.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2014 wies der Kreisrechtsausschuss des Landkreises A. den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung führte er aus, vor der Neuregelung sei die Straße wegen der bloßen Ankündigungsfunktion des Zeichens 260 mit dem Zusatzzeichen "30 m" insgesamt befahrbar gewesen. Im Verhältnis hierzu stelle die getroffene Anordnung eine Verbesserung für die Kläger dar, da neben der Geschwindigkeitsbegrenzung auch ein generelles Parkverbot mit Ausnahme der Behindertenparkplätze bestehe. Die Straße habe im vorliegenden Bereich fast ausschließlich Aufenthaltsfunktion und weise keine Gehwege auf. Fließender Straßenverkehr sei in dem Bereich nicht erwünscht. Die Anordnung der Beklagten sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.
Am 1. August 2014 haben die Kläger Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, die Anordnung eines verkehrsberuhigten Bereichs durch die Beklagte sei ermessensfehlerhaft erfolgt. Durch die Maßnahme werde kein legitimer Zweck erreicht, da in der Straße An der alten Rheinbrücke auch nach Anordnung des verkehrsberuhigten Bereichs falsch geparkt werde und Reisebusse bis an das Friedensmuseum heranführen. Die Maßnahme sei zudem nicht erforderlich. Es hätte vielmehr ausgereicht, das bisher bestehende Durchfahrtsverbot konsequent umzusetzen und zu überwachen. Durch die Gestattung der Durchfahrt werde der rechtswidrige Zustand aufrechterhalten und gerade nicht beseitigt. Gegenwärtig komme es zu einer Gefährdung von Leib und Leben ihres Kindes sowie zu einer Eigentumsbeeinträchtigung. Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3Straßenverkehrs-Ordnung diene aber gerade auch dem Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2014 zu verpflichten, die Straße An der alten Rheinbrücke in Remagen ab dem Grundstück An der alten Rheinbrücke... durch Einfahrtsverbotsschilder bzw. Schranken/Sperrpfosten zu sperren,
hilfsweise
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2014 zu verpflichten, über die am 26. Januar 2012 beantragten straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, eine möglicherweise rechtswidrige Nutzung der Straße führe nicht zu Ermessenfehlern bei der Anordnung der Maßnahme. Die Anordnung des verkehrsberuhigten Bereiches habe zu einem Wegfall von Parkflächen geführt. Zudem sei der Bereich mit Schrittgeschwindigkeit zu befahren, wobei auf Fußgänger besondere Rücksicht genommen werden müsse. Eine Rechtsverletzung liege daher bei den Klägern nicht vor.
Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag. Sie weist darauf hin, dass die Einsatzstelle für Sportboote nur noch selten in Anspruch genommen werde. Gegen eine Absperrung der Straße durch Poller oder Schranken bestünden keine Bedenken, wenn das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt Bingen entsprechende Schlüssel erhalte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsvorgänge Bezug genommen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die Klage bleibt sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch in Bezug auf den Hilfsantrag ohne Erfolg.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf die von ihnen begehrten weiteren verkehrsrechtlichen Maßnahmen zur Beschränkung des fließenden Verkehrs in dem als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen Teil der Straße An der alten Rheinbrücke in Remagen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Nach § 45 Abs. 1 Satz 1Straßenverkehrs-Ordnung können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten.
Das gleiche Recht haben sie nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3StVO zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen. Sie treffen auch die notwendigen Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in verkehrsberuhigten Bereichen, vgl. § 45 Abs. 1b Satz 1 Nrn. 3 und 4StVO. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1StVO sind Verkehrszeichen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt, § 45 Abs. 9 Satz 2StVO.
Aus § 45 Abs. 1 i. V. m. Abs. 9 Satz 2 StVO kann dem Einzelnen ein Anspruch auf ein Einschreiten der Behörde zu seinen Gunsten erwachsen, wenn die Verletzung seiner öffentlich-rechtlich geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Dieser grundsätzlich auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde begrenzte Anspruch kann sich in besonderen Fällen sogar zu einem Rechtsanspruch auf Erlass einer bestimmten verkehrsregelnden Anordnung verdichten. Zum Schutzbereich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs im Sinne des § 45 Abs. 1StVO gehört nämlich auch das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Soweit eine durch den Straßenverkehr verursachte Gefährdung dieses Rechtsguts in Frage steht, dient § 45 Abs. 1StVO nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern auch dem eigenen Recht desjenigen, von dem die drohenden Nachteile abgewendet werden sollen.
§ 45 Abs. 1StVO erfordert in Verbindung mit § 45 Abs. 9 Satz 2StVO für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs als tatbestandliche Voraussetzung für die Ermessensausübung aber eine Gefahrenlage, die - erstens - auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und - zweitens - das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter erheblich übersteigt.
An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Die für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs erforderliche qualifizierte Gefahrenlage bestimmt sich grundsätzlich nicht allein nach der Verkehrsdichte im fraglichen Bereich, sondern wird von einer Gemengelage verschiedener Faktoren beeinflusst, so unter anderem von der Breite und dem Ausbauzustand der für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr zur Verfügung stehenden Fläche, den Ausweichmöglichkeiten, der Inanspruchnahme von Flächen durch parkende Fahrzeuge und deren Auswirkungen auf den Verkehr, der Übersichtlichkeit der Streckenführung und der Verteilung des Verkehrs über den Tag.
Vorliegend sind keine weiteren, über die gegenwärtigen Regelungen hinausgehenden, verkehrsrechtlichen Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen Straße An der alten Rheinbrücke notwendig. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ergibt sich insbesondere kein erhebliches Übersteigen des allgemeinen Risikos einer Beeinträchtigung der von den Klägern angeführten Rechtsgüter. Was zunächst die Lärmbelastung in der Straße anbelangt , so ist in diesem Zusammenhang die durch den Bahn- und Schiffsverkehr hervorgerufene Vorbelastung des Gebietes zu sehen. Darüber hinaus weist die Straße An der alten Rheinbrücke im Hinblick auf ihre Länge und Breite sowie auf den Ausbauzustand und die Streckenführung kein besonderes Gefährdungspotential auf. Es handelt sich vielmehr um eine gerade, für Verkehrsteilnehmer gut einsehbare Straße. Mit Ausnahme des Simrockwegs sind in dem maßgeblichen Bereich keine weiteren Straßeneinmündungen vorhanden, die zu einer unübersichtlichen Verkehrssituation und damit zu einem erhöhten Unfallpotential beitragen könnten. Die Kammer vermag auch keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem vorliegenden Straßenabschnitt und einem anderen verkehrsberuhigten Bereich zu erkennen. Bei dem vorliegenden Streckenabschnitt handelt es sich nicht um eine Durchgangs- oder Verbindungsstraße, sondern um eine Sackgasse. Ein Durchgangsverkehr findet demnach nicht statt; die Verkehrsbewegungen stellen sich vielmehr ausschließlich als Ziel- und Quellverkehr dar.
Soweit die Kläger geltend machen, viele Fahrzeugführer hielten sich nicht an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit, kann dies die begehrten verkehrsrechtlichen Maßnahmen wie etwa ein Durchfahrtsverbot oder die Anbringung von Sperrpfosten/Schranken nicht rechtfertigen. Maßgeblich für die Notwendigkeit einer Anordnung zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesem verkehrsberuhigten Bereich ist allein, ob aufgrund der Umstände des Einzelfalles auch bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit eine solche Gefahr begründet wird. Sollte die zulässige Höchstgeschwindigkeit tatsächlich vielfach überschritten werden, so ist es Aufgabe der Beklagten, durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch häufigere Geschwindigkeitskontrollen, darauf hinzuwirken, dass die vorgeschriebene Geschwindigkeit beachtet wird. Die vorstehenden Erwägungen greifen auch für die von den Klägern geltend gemachten Parkverstöße Platz.
Schließlich können die Kläger auch nichts aus der von ihnen angeführten Entscheidung des VG Würzburg für sich herleiten. Das Gericht hatte in dem dortigen Verfahren zwar die Straßenverkehrsbehörde verpflichtet, eine Schranke bzw. einen Sperrpfosten aufzustellen. Der Sachverhalt ist mit dem vorliegenden Verfahren aber nicht vergleichbar. In dem konkreten Fall stand die Sperrung eines nur für den landwirtschaftlichen Verkehr freigegebenen Feld- bzw. Waldweges in Rede, der von täglich ca. 700 Kraftfahrzeugen als Abkürzungsstrecke zwischen einem Wohnquartier und dem Stadtzentrum von Würzburg genutzt wurde. Eine solche Verbindungsfunktion, die für eine Vielzahl von Kraftfahrzeugen als Schleichweg attraktiv sein könnte, kommt der Straße An der alten Rheinbrücke wie erwähnt gerade nicht zu.
Scheitert der Hauptantrag der Kläger bereits an den Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 und 9StVO, bleibt auch ihr hilfsweise gestellter Bescheidungsantrag ohne Erfolg. Die Kläger werden nach den vorstehenden Ausführungen weder durch die Ablehnung der Beklagten, weitere Maßnahmen zur Verkehrsregelung im Bereich der Straße An der alten Rheinbrücke vorzunehmen, noch durch den Bescheid vom 19. Juni 2012 in ihren Rechten verletzt. Die Ausweisung des in Rede stehenden Straßenabschnitts als verkehrsberuhigter Bereich hält sich aus mehreren Gesichtspunkten innerhalb des der Beklagten nach § 45StVO eingeräumten Ermessens: Es führt zum Wegfall von Parkflächen, zu einer Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und enthält zugleich die Verpflichtung der Kraftfahrer, in besonderem Maße auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen. All dies beeinträchtigt die Rechtsgüter der Kläger nicht, sondern schützt sie. Die Beklagte war daher nicht nach § 113 Abs. 5 Satz 2VwGO zu einer neuen Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1VwGO. Es ist ermessensgerecht, den Klägern nicht die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt hat und damit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167VwGO.
Gründe, die Berufung zuzulassen , liegen nicht vor.



Rechtsanwalt


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Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Die Kläger begehren die Anordnung verkehrsrechtlicher Maßnahmen.
- 2
Sie sind seit dem Jahr 2008 Eigentümer des Grundstücks An der alten Rheinbrücke ... in Remagen. Die Straße An der alten Rheinbrücke verläuft von der Goethestraße ausgehend in Richtung Norden auf den Rhein zu. Nach ca. 150 m mündet von Osten kommend der Simrockweg ein. Von dem Einmündungsbereich aus verläuft die Straße weitere ca. 100 m nach Norden und trifft dort auf eine öffentliche Einsatzstelle für Sportboote, die im Eigentum der Beigeladenen steht. Etwa 80 m westlich hiervon befindet sich das Friedensmuseum Brücke von Remagen, welches in den Türmen der ehemaligen Ludendorff-Brücke untergebracht ist. In dem Bereich vor der Brücke sind keine Parkplätze vorhanden.
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Mit Schreiben vom 13. Juni 2010 äußerte der Kläger zu 1) gegenüber dem Bürgermeister der Beklagten seinen Unmut über die Entfernung des Verkehrszeichens 250 (Verbot der Einfahrt für Fahrzeuge aller Art) in der Straße An der alten Rheinbrücke in Höhe der Einmündung des Simrockwegs. Es komme zu einem Verkehrschaos, da die Straße An der alten Rheinbrücke von Besuchern des Friedensmuseums mit Kraftfahrzeugen befahren werde. Teilweise parkten die Besucher auch dort. Er forderte die Beklagte auf, das Verkehrszeichen wieder anzubringen und das Verbot zusätzlich durch Poller in Höhe des Anwesens An der alten Rheinbrücke ... abzusichern.
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Unter dem 29. Juni 2010 teilte die Beklagte mit, sie habe das Verkehrszeichen 250 entfernt, um Radfahrern die Durchfahrt zum Rhein zu ermöglichen. In Höhe der Einmündung des Simrockwegs sei nunmehr aber das Verkehrszeichen 260 (Verbot für Kraftfahrzeuge) angebracht worden. Eine Sperrung der Straße durch Poller komme insbesondere wegen der damit verbundenen Gefahren für Radfahrer nicht in Betracht.
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Mit Schreiben vom 26. Januar 2012 wandten sich die Kläger erneut an die Beklagte. Es komme in der Straße trotz der Beschilderung weiterhin zu erheblichem Durchgangsverkehr wobei der Bereich von Bussen, Pkws und Motorrädern teilweise mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit passiert werde. Dies gefährde insbesondere Kinder. Die unklare Beschilderung führe darüber hinaus dazu, dass auf der Straße unrechtmäßig geparkt werde. Sie forderten die Beklagte unter anderem auf, innerhalb von zwei Monaten Einfahrtsverbotsschilder am Beginn der Straße An der alten Rheinbrücke anzubringen und zudem Poller in Höhe ihres Anwesens aufzustellen.
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Unter dem 20. März 2012 teilte die Beklagte mit, die derzeitige Verkehrsregelung sei rechtlich nicht bindend, da das Verbotsschild in Höhe des Anwesens der Kläger mit dem Zusatzzeichen „30 m" versehen sei und daher lediglich Ankündigungsfunktion habe. Eine Wiederholung des Durchfahrtsverbots nach 30 m habe es in der Vergangenheit zwar in Form eines mobilen Verkehrszeichens gegeben; dieses sei aber bereits zweimal entwendet worden. Ein im Boden verankertes Verkehrsschild sei aus Kostengründen nicht realisiert worden. Der Ortsbeirat habe zudem eine neue Verkehrsregelung für den Bereich beschlossen.
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Mit Verfügung vom 19. Juni 2012 ordnete die Beklagte eine Änderung der Verkehrsführung an. In Höhe des Einmündungsbereichs des Simrockwegs in die Straße An der alten Rheinbrücke wurden die Verkehrszeichen 260 (Verbot für Kraftfahrzeuge) und 286 (eingeschränktes Halteverbot) entfernt und durch die Verkehrszeichen 326-40 (Beginn/Ende verkehrsberuhigter Bereich; nunmehr: Zeichen 325.1 [Beginn] bzw. Zeichen 325.2 [Ende]) sowie 314 (Parkplatz) mit Zusatzzeichen 1044-10 (für Schwerbehinderte) ersetzt. Zur Begründung führte die Beklagte aus, in den vergangenen Monaten habe der berechtigte Verkehr zu der Bootsrampe, dem Friedensmuseum sowie den Gartengrundstücken zugenommen und könne nicht vollständig verhindert werden. Die Einrichtung eines verkehrsberuhigten Bereiches entspreche am ehesten den verschiedenen Interessenlagen und komme insbesondere auch den Anwohnern entgegen.
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Gegen die Anordnung vom 19. Juni 2012 legten die Kläger im August 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, die Beklagte sei bei ihrer Entscheidung unzutreffend davon ausgegangen, es existiere ein „berechtigter Verkehr" zu dem Friedensmuseum. Ein solcher Verkehr sei bereits deshalb nicht anzuerkennen, da eine Baugenehmigung für das Museum nicht existiere. Durch die geänderten Verkehrsregelungen komme es zudem zu einer Verschlechterung der Verkehrssituation, da nunmehr erstmals sämtliche Kraftfahrzeuge mit Ausnahme von Bussen in den Bereich einfahren könnten. Unabhängig hiervon habe es die Beklagte unterlassen, durch konkrete bauliche bzw. gestalterische Maßnahmen - etwa durch ein atypisches Straßenbild - auf die Fahrzeugbewegungen mäßigend einzuwirken.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2014 wies der Kreisrechtsausschuss des Landkreises Ahrweiler den Widerspruch der Kläger zurück. Zur Begründung führte er aus, vor der Neuregelung sei die Straße wegen der bloßen Ankündigungsfunktion des Zeichens 260 mit dem Zusatzzeichen „30 m" insgesamt befahrbar gewesen. Im Verhältnis hierzu stelle die getroffene Anordnung eine Verbesserung für die Kläger dar, da neben der Geschwindigkeitsbegrenzung auch ein generelles Parkverbot mit Ausnahme der Behindertenparkplätze bestehe. Die Straße habe im vorliegenden Bereich fast ausschließlich Aufenthaltsfunktion und weise keine Gehwege auf. Fließender Straßenverkehr sei in dem Bereich nicht erwünscht. Die Anordnung der Beklagten sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.
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Am 1. August 2014 haben die Kläger Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, die Anordnung eines verkehrsberuhigten Bereichs durch die Beklagte sei ermessensfehlerhaft erfolgt. Durch die Maßnahme werde kein legitimer Zweck erreicht, da in der Straße An der alten Rheinbrücke auch nach Anordnung des verkehrsberuhigten Bereichs falsch geparkt werde und Reisebusse bis an das Friedensmuseum heranführen. Die Maßnahme sei zudem nicht erforderlich. Es hätte vielmehr ausgereicht, das bisher bestehende Durchfahrtsverbot konsequent umzusetzen und zu überwachen. Durch die Gestattung der Durchfahrt werde der rechtswidrige Zustand aufrechterhalten und gerade nicht beseitigt. Gegenwärtig komme es zu einer Gefährdung von Leib und Leben ihres Kindes sowie zu einer Eigentumsbeeinträchtigung. Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Straßenverkehrs-Ordnung diene aber gerade auch dem Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen.
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Die Kläger beantragen sinngemäß,
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2014 zu verpflichten, die Straße An der alten Rheinbrücke in Remagen ab dem Grundstück An der alten Rheinbrücke ... durch Einfahrtsverbotsschilder bzw. Schranken/Sperrpfosten zu sperren,
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hilfsweise
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juli 2014 zu verpflichten, über die am 26. Januar 2012 beantragten straßenverkehrsrechtlichen Maßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 17
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend trägt sie vor, eine möglicherweise rechtswidrige Nutzung der Straße führe nicht zu Ermessenfehlern bei der Anordnung der Maßnahme. Die Anordnung des verkehrsberuhigten Bereiches habe zu einem Wegfall von Parkflächen geführt. Zudem sei der Bereich mit Schrittgeschwindigkeit zu befahren, wobei auf Fußgänger besondere Rücksicht genommen werden müsse. Eine Rechtsverletzung liege daher bei den Klägern nicht vor.
- 18
Die Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag. Sie weist darauf hin, dass die Einsatzstelle für Sportboote nur noch selten in Anspruch genommen werde. Gegen eine Absperrung der Straße durch Poller oder Schranken bestünden keine Bedenken, wenn das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt Bingen entsprechende Schlüssel erhalte.
- 19
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, die sonstigen zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen. Sämtliche Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
- 20
Die Klage bleibt sowohl hinsichtlich des Hauptantrags (I.) als auch in Bezug auf den Hilfsantrag (II.) ohne Erfolg.
I.
- 21
Die Kläger haben keinen Anspruch auf die von ihnen begehrten weiteren verkehrsrechtlichen Maßnahmen zur Beschränkung des fließenden Verkehrs in dem als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen Teil der Straße An der alten Rheinbrücke in Remagen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten.
- 23
Das gleiche Recht haben sie nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen. Sie treffen auch die notwendigen Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in verkehrsberuhigten Bereichen, vgl. § 45 Abs. 1b Satz 1 Nrn. 3 und 4 StVO. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt, § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO.
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Aus § 45 Abs. 1 i. V. m. Abs. 9 Satz 2 StVO kann dem Einzelnen ein Anspruch auf ein Einschreiten der Behörde zu seinen Gunsten erwachsen, wenn die Verletzung seiner öffentlich-rechtlich geschützten Individualinteressen in Betracht kommt. Dieser grundsätzlich auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde begrenzte Anspruch kann sich in besonderen Fällen sogar zu einem Rechtsanspruch auf Erlass einer bestimmten verkehrsregelnden Anordnung verdichten. Zum Schutzbereich der Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs im Sinne des § 45 Abs. 1 StVO gehört nämlich auch das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Soweit eine durch den Straßenverkehr verursachte Gefährdung dieses Rechtsguts in Frage steht, dient § 45 Abs. 1 StVO nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern auch dem eigenen Recht desjenigen, von dem die drohenden Nachteile abgewendet werden sollen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 03.07.1986 -7 B 141.85 -, juris, Rn. 3; ferner auch OVG NRW, Beschl. v. 15.09.1995 - 25 B 1861/95 -, juris, Rn. 11 f., m. w. N.).
- 25
§ 45 Abs. 1 StVO erfordert in Verbindung mit § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs als tatbestandliche Voraussetzung für die Ermessensausübung aber eine Gefahrenlage, die - erstens - auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und - zweitens - das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter (insbesondere Leben und Gesundheit sowie Eigentum) erheblich übersteigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.2010 - 3 C 37.09 -, juris, Rn. 24; OVG NRW, Beschl. v. 15.11.2011 - 8 A 2066/11 -, juris, Rn. 14).
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An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Die für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs erforderliche qualifizierte Gefahrenlage bestimmt sich grundsätzlich nicht allein nach der Verkehrsdichte im fraglichen Bereich, sondern wird von einer Gemengelage verschiedener Faktoren beeinflusst, so unter anderem von der Breite und dem Ausbauzustand der für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr zur Verfügung stehenden Fläche, den Ausweichmöglichkeiten, der Inanspruchnahme von Flächen durch parkende Fahrzeuge und deren Auswirkungen auf den Verkehr, der Übersichtlichkeit der Streckenführung und der Verteilung des Verkehrs über den Tag (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.04.2013 - 3 B 59.12 -, juris, Rn. 9).
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Vorliegend sind keine weiteren, über die gegenwärtigen Regelungen hinausgehenden, verkehrsrechtlichen Anordnungen zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in der als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesenen Straße An der alten Rheinbrücke notwendig. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ergibt sich insbesondere kein erhebliches Übersteigen des allgemeinen Risikos einer Beeinträchtigung der von den Klägern angeführten Rechtsgüter. Was zunächst die Lärmbelastung in der Straße anbelangt (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO), so ist in diesem Zusammenhang die durch den Bahn- und Schiffsverkehr hervorgerufene Vorbelastung des Gebietes zu sehen. Darüber hinaus weist die Straße An der alten Rheinbrücke im Hinblick auf ihre Länge und Breite sowie auf den Ausbauzustand und die Streckenführung kein besonderes Gefährdungspotential auf. Es handelt sich vielmehr um eine gerade, für Verkehrsteilnehmer gut einsehbare Straße. Mit Ausnahme des Simrockwegs sind in dem maßgeblichen Bereich keine weiteren Straßeneinmündungen vorhanden, die zu einer unübersichtlichen Verkehrssituation und damit zu einem erhöhten Unfallpotential beitragen könnten. Die Kammer vermag auch keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem vorliegenden Straßenabschnitt und einem anderen verkehrsberuhigten Bereich zu erkennen. Bei dem vorliegenden Streckenabschnitt handelt es sich nicht um eine Durchgangs- oder Verbindungsstraße, sondern um eine Sackgasse. Ein Durchgangsverkehr findet demnach nicht statt; die Verkehrsbewegungen stellen sich vielmehr ausschließlich als Ziel- und Quellverkehr dar.
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Soweit die Kläger geltend machen, viele Fahrzeugführer hielten sich nicht an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit, kann dies die begehrten verkehrsrechtlichen Maßnahmen wie etwa ein Durchfahrtsverbot oder die Anbringung von Sperrpfosten/Schranken nicht rechtfertigen. Maßgeblich für die Notwendigkeit einer Anordnung zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesem verkehrsberuhigten Bereich ist allein, ob aufgrund der Umstände des Einzelfalles auch bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit eine solche Gefahr begründet wird (vgl. OVG Rh.-Pf., Urt. v. 24.05.2012 - 7 A 10976/11.OVG -, juris, Rn. 43). Sollte die zulässige Höchstgeschwindigkeit tatsächlich vielfach überschritten werden, so ist es Aufgabe der Beklagten, durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch häufigere Geschwindigkeitskontrollen, darauf hinzuwirken, dass die vorgeschriebene Geschwindigkeit beachtet wird. Die vorstehenden Erwägungen greifen auch für die von den Klägern geltend gemachten Parkverstöße Platz.
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Schließlich können die Kläger auch nichts aus der von ihnen angeführten Entscheidung des VG Würzburg (Urt. v. 16.07.2008 - W 6 K 07.1431 -, juris) für sich herleiten. Das Gericht hatte in dem dortigen Verfahren zwar die Straßenverkehrsbehörde verpflichtet, eine Schranke bzw. einen Sperrpfosten aufzustellen. Der Sachverhalt ist mit dem vorliegenden Verfahren aber nicht vergleichbar. In dem konkreten Fall stand die Sperrung eines nur für den landwirtschaftlichen Verkehr freigegebenen Feld- bzw. Waldweges in Rede, der von täglich ca. 700 Kraftfahrzeugen als Abkürzungsstrecke zwischen einem Wohnquartier und dem Stadtzentrum von Würzburg genutzt wurde. Eine solche Verbindungsfunktion, die für eine Vielzahl von Kraftfahrzeugen als Schleichweg attraktiv sein könnte, kommt der Straße An der alten Rheinbrücke wie erwähnt gerade nicht zu.
II.
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Scheitert der Hauptantrag der Kläger bereits an den Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 und 9 StVO, bleibt auch ihr hilfsweise gestellter Bescheidungsantrag ohne Erfolg. Die Kläger werden nach den vorstehenden Ausführungen weder durch die Ablehnung der Beklagten, weitere Maßnahmen zur Verkehrsregelung im Bereich der Straße An der alten Rheinbrücke vorzunehmen, noch durch den Bescheid vom 19. Juni 2012 in ihren Rechten verletzt. Die Ausweisung des in Rede stehenden Straßenabschnitts als verkehrsberuhigter Bereich hält sich aus mehreren Gesichtspunkten innerhalb des der Beklagten nach § 45 StVO eingeräumten Ermessens: Es führt zum Wegfall von Parkflächen, zu einer Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und enthält zugleich die Verpflichtung der Kraftfahrer, in besonderem Maße auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen. All dies beeinträchtigt die Rechtsgüter der Kläger nicht, sondern schützt sie. Die Beklagte war daher nicht nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu einer neuen Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten.
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es ist ermessensgerecht, den Klägern nicht die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt hat und damit kein eigenes Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 und § 162 Abs. 3 VwGO). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 167 VwGO.
- 33
Beschluss
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.