Reiserecht: Fluglinie muss rechtzeitig über geänderte Flugzeiten informieren
So entschied das Amtsgericht Nürnberg im Fall einer Familie mit zwei minderjährigen Kindern, die am 3.8.2018 um 5:00 Uhr von Nürnberg nach Rhodos fliegen wollte. Die Reise hatten sie über einen Reiseveranstalter gebucht. Die beklagte Fluglinie beschloss bereits am 25.5.2018, den Flug der Familie auf den 3.8.2018 um 18:05 Uhr zu verlegen. Mit E-Mail vom 21.7.2018 informierte die Fluglinie den Ehemann und dessen Familienangehörige über die geänderte Flugzeit. Der Mann hatte am 19.7.2018 versucht, über die Homepage der Fluglinie Sitzplätze zu reservieren. Auf der Homepage waren die geänderten Flugzeiten bereits eingetragen. Die Fluglinie ist daher der Auffassung, dass der Familie kein Anspruch mehr zustehe. Der in der Fluggastrechteverordnung geregelte Ausnahmefall einer rechtzeitigen Information, welche mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit erfolgen muss, sei erfüllt.
Das Amtsgericht Nürnberg hat der Familie insgesamt 1.600 EUR an Ausgleichszahlungsansprüchen aus der Fluggastrechteverordnung zugesprochen.
Nach Ansicht des Amtsgerichts ist der Ehemann nicht rechtzeitig über die Annullierung der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden. Er hätte spätestens am 20.7.2018 um 5:00 Uhr von der Fluglinie die entsprechenden Informationen erhalten müssen. Tatsächlich habe diese ihm aber erst am 21.7.2018 die geänderten Flugzeiten mitgeteilt. Die Tatsache, dass der Reiseveranstalter bereits vorher informiert worden sei, sei nicht maßgeblich. Der Reisevermittler bzw. Reiseveranstalter sei nämlich kein Empfangsvertreter des Passagiers.
Auch dass die Fluglinie auf ihrer Homepage bereits die geänderten Abflugzeiten dargestellt hatte, als der Ehemann versuchte, dort eine Sitzplatzreservierung vorzunehmen, genügt nach Ansicht des Amtsgerichts Nürnberg nicht. Der Anspruch der Familie auf Ausgleichszahlung entfalle nach der Fluggastrechteverordnung nur in dem Ausnahmefall, dass die Fluglinie zweck- und zielgerichtet unterrichtet. Es sei nicht ausreichend, dass der Fluggast nur im Rahmen einer anderen Tätigkeit – mehr oder weniger zufällig – Kenntnis von der Änderung der Flugzeiten erlange. Unterrichten bzw. Informieren im Sinn der Fluggastrechteverordnung bedeute ein bewusstes und zweckgerichtetes Übermitteln von Informationen an einen konkreten Adressaten.
Das AG Nürnberg hat mit Urteil vom 23.01.2019 – 19 C 7200/18 – entschieden:
Tenor:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 800,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 14.08.2018 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an ... und ..., vertreten durch den Kläger und ..., jeweils 400,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2018 zu bezahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.600,00 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um Ansprüche aus der Verordnung Nummer 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.2.2014 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung Nummer 295/91 .
Der Kläger, dessen Ehefrau ... und die gemeinsamen minderjährige Kinder ... verfügten für den Flug am 03.08.2018 von Nürnberg nach Rhodos über betätigte Buchungen. Der Kläger hatte zuvor bei dem Reiseveranstalter FTI eine Flugpauschalreise nach Rhodos für sich und seine Familie gebucht. Planmäßig sollte der Flug am 03.08.2018 um 5.00 Uhr starten und um 8.55 Uhr in Rhodos landen. Insoweit wird auf die Anlage K 2 Bezug genommen.
Jedenfalls am 21.07.2018 informierte die Beklagte per E-Mail, insbesondere den Kläger und seine Familienangehörigen, dass der Flug auf denselben Tag, aber erst um 18.05 Uhr Abflugszeit verlegt wurde. Auf die Anlage K 3 wird insoweit Bezug genommen.
Zwei Tage zuvor, am 19.07.2018, versuchten entweder der Kläger oder ein Familienmitglied des Klägers auf der Homepage der Beklagten eine Sitzplatzreservierung vorzunehmen. Dabei wurde auf der Homepage die geänderte Flugzeit bereits angezeigt. Die Beklagte hatte bereits intern am 25.05.2018 die Flugplanänderung beschlossen und die Reiseveranstalter am 28.05.2018 per E-Mail-Schreiben darüber informiert. Auf die Anlage B 3 wird insoweit Bezug genommen.
Der Kläger hatte seine Reise unter Vermittlung des Reisebüros ... gebucht. Jedenfalls am 20.7.2018 gegen 9.17 Uhr informierte der Reiseveranstalter FTI das Reisebüro ... über die geänderten Flugzeiten.
Die Flutstrecke zwischen Nürnberg und Rhodos beträgt zwischen 1.500 und 3.000 Kilometer.
Der Kläger ließ sich die Ansprüche seiner Ehefrau und ursprünglich auch die Ansprüche seiner minderjährigen Kinder abtreten. Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 02.08.2018 unter Fristsetzung bis 13.8.2018 forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung von Ausgleichsansprüchen in Höhe von 1.600,00 EUR für sich, seine Ehefrau und seine beiden minderjährigen Kinder auf.
Der Kläger ist der Auffassung, dass er nicht rechtzeitig innerhalb der 2-Wochen-Frist von Art. 5 Abs. 1 lit. c i Fluggastrechteverordnung über die Änderung der Flugzeiten informiert worden sei. Die weiteren Varianten von Art. 5 Abs. 1 lit c ii. iii der Fluggastrechteverordnung seien nicht einschlägig.
Ursprünglich beantragte der Kläger:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.600,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.8.2018 zu bezahlen.
Später änderte der Kläger unter Berufung auf eine gewillkürte Prozessstandschaft seine Klageanträge wie folgt:
1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 800,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.8.2018 zu bezahlen.
2.Die Beklagte wird verurteilt, an ... und ... vertreten durch den Kläger und Frau ..., weitere 800,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.8.2018 zu bezahlen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung änderte der Kläger seinen Klageantrag Ziffer 2 dahingehend ab, dass jeweils 400,00 EUR an ... zuzüglich Zinsen zu zahlen seien.
Die Beklagte beantragt:
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, der Kläger und seine Familienangehörigen seien bereits am 19.07.2018 über die geänderten Reiseverbindungen bzw. Flugdaten informiert worden. Denn sie hätten auf der Homepage der Beklagten bei Vornahme der Sitzplatzreservierung, die letztlich unstreitig nicht abgeschlossen wurde, auch die geänderten Flugzeiten zur Kenntnis genommen, Denn daraufhin hätten sie noch am 19.07.2018 beim Reisebüro ... angerufen, woraufhin dieses Reisebüro wiederum beim Reiseveranstalter FTI noch am 19.07.2018 wegen der geänderten Flugzeiten nachgefragt habe. Insoweit wird auf die Anlage B1 Bezug genommen. Der Kläger und seine Familienangehörigen seien daher bereits am 19.07.2018 über die Flugdatenänderungen unterrichtet gewesen, sodass ein Ausgleichszahlungsanspruch gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c i der Fluggastrechteverordnung ausgeschlossen sei.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin .... Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9.1.2019 Bezug genommen.
Im Übrigen wird zur Vervollständigung des Tatbestandes auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
I. Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Nürnberg ist örtlich und international gemäß §§ 29 Abs. 1 ZPO, Art. 7 Nummer 1 a und b, 2. Spiegelstrich der Brüsel-Ia-Verordnung zuständig, da bei einem Luftbeförderungsvertrag für Passagiere sowohl der Abflug- als auch der Zielflughafen Erfüllungsorte im Sinne dieser Vorschriften sind .
Weiterhin liegen hinsichtlich des Antrags Ziffer 2 die Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft vor. Voraussetzung dafür ist, dass der Kläger durch den Rechteinhaber ermächtigt wurde, dessen Rechte im eigenen Namen geltend zu machen. Weiterhin ist ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Prozessführung sowohl bei dem Dritten als auch bei dem Kläger Voraussetzung. Ferner darf der Gegner durch die Prozessführung durch den rechtsfremden Dritten nicht unzumutbar in seinen schutzwürdigen Belangen beeinträchtigt werden .
1. Indem sich der Kläger von seinen minderjährigen Kindern die Ansprüche abtreten lassen wollte, haben diese ihn zumindest ermächtigt, die Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Diese Ermächtigung war auch - anders als die Abtretung selbst - nicht gemäß §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB unwirksam. Denn anders als bei der Abtretung der Ansprüche führte die Ermächtigung zur gewillkürten Prozessstandschaft lediglich zu einer rein vorteilhaften Situation für die Kinder des Klägers. Der Kläger war also insoweit nicht von der Vertretung aufgrund des gesetzlichen Sorgerechts gemeinsam mit seiner Ehefrau ausgeschlossen, weil nach ganz herrschender Meinung § 181 BGB einschränkend dahingehend auszulegen ist, dass dieser für lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsgeschäfte nicht gilt.
2. Darüber hinaus besteht sowohl für die Kinder als auch für den Kläger ein rechtlich nachvollziebares Interesse an der Prozessstandschaft, da die Kinder sonst selbst klagen müssten. Andererseits hatte der Kläger die Reise auch für seine Kinder mitgebucht und war darüber hinaus im Rahmen des Aufenthaltsbestimmungrechts der Vermögens- und Personensorge berechtigt und auch zur Sorge verpflichtet. Es oblag ihm daher, die den minderjährigen Kindern zustehenden Ansprüche auch effektiv durchzusetzen. Dabei steht es letztlich dem gesetzlichen Vormund frei, ob er einen Prozess im eigenen Namen aufgrund einer gewillkürten Prozessstandschaft oder direkt im Namen der Kinder, vertreten durch die gesetzliche Vormünde, führt.
3. Durch diese Art der Prozessführung wird die Beklagte auch nicht in ihren Rechten beschränkt. Denn ob die minderjährigen Kinder selbst als Partei eines Rechtsstreits auftreten oder ob der Kläger, der selbst auch eigene Ansprüche aus demselben Sachverhalt geltend macht, als Prozesstandschaftler auftritt, spielt letztlich für die Beklagte keine Rolle .
II. Die Klage ist auch begründet.
Dem Kläger stehen sowohl für sich als auch aus abgetretenen Recht für seine Ehefrau gemäß Art. 5 Abs. 1 c in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung Ausgleichszahlungsansprüche zu. Dies gilt auch für die minderjährigen Kinder des Klägers, wobei der Kläger berechtigterweise deren Ansprüche geltend machen durfte.
1. Der Kläger ist aktiv legitimiert für sich und seine Ehefrau und für die minderjährigen Kinder im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft. Denn der Kläger und seine Ehefrau und die minderjährigen Kinder verfügten über bestätigte Buchungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Fluggastrechteverordnung, wobei die Beklagte ausführendes Luftfahrtunternehmen für den streitgegenständlichen Flug war und aufgrund der geänderten Abflugszeit auch eine Annullierung des ursprünglichen Fluges im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit c der Fluggastrechteverordnung vorlag. Die minderjährigen Kinder waren infolge der unwirksamen Abtretung der Ansprüche an den Kläger auch weiterhin noch Inhaber dieser Ansprüche, da die Abtretung gemäß §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 2, 181 BGB unwirksam war, da der Kläger keine Vertretungsmacht für den Abtretungsvertrag innehatte, weil er bei diesem Vertrag letztlich auf beiden Seiten auftrat.
2. Gemäß Art. 7 Abs. 1 b der Fluggastrechteverordnung beträgt bei einer Entfernung von mehr als 1.500 Kilometern bei einem innergemeinschaftlichen Flug der Ausgleichszahlungsanspruch je Passagier 400,00 EUR.
3. Der Anspruch ist auch nicht gemäß Art. 5 Abs. 1 c i der Fluggastrechteverordnung ausgeschlossen.
Zunächst kann festgehalten werden, dass die planmäßige Abflugszeit am 03.08.2018 um 5.00 Uhr war. Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c i der Fluggastrechteverordnung scheidet ein Anspruch dann aus, wenn der Fluggast über die Annullierung mindestens 2 Wochen vor der planmäßigen Abflugszeit unterrichtet wurde. Bei den Unterpunkten ii und iii kommt entscheidend noch hinzu, dass die geänderten Abflugszeiten bzw die geänderten Ankunftszeiten innerhalb eines bestimmten Zeitfensters liegen müssen. Dieses Zeitfenster wäre hier bei der Abflugszeit um 18.05 Uhr statt um 5.00 Uhr nicht eingehalten. Entscheidend kommt es daher nur auf die genannte Regelung an. Da Abflugszeit planmäßig am 03.08.2018 um 5.00 Uhr war, hätten daher der Kläger und seine Familienangehörigen spätestens am 20.072018 um 5.00 Uhr über die Flugzeitenänderungen unterrichtet werden müssen. Maßgeblich können daher nur sein, inwieweit eine Bereitstellung der Informationen auf der Homepage der Beklagten bei der Reservierung der Sitzplätze am 19.07.2018 Auswirkungen hatte. Denn die Emails am 20.07.2018 und 21.07.2018 waren jedenfalls zu spät im Sinne dieser Vorschrift.
a) Insoweit ist sowohl nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung als auch nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass der Kläger und seine Familienangehörigen noch am 19.07.2018 versucht hatten, eine Sitzplatzreservierung über die Homepage der Beklagten mittels eines mitgeteilten Buchungscodes vorzunehmen. Dabei wurden die geänderten Flugzeiten auf der Homepage der Beklagten dargestellt. Zum einen steht dieser Sachverhalt fest, weil die Kläger den Vortrag der Beklagten im letzten Schriftsatz nicht angegriffen hatte und damit dieser Vortrag als zugestanden gemäß § 138 Abs. 3 ZPO gilt. Zum anderen hatte die Zeugin ... nachvollziehbar ausgeführt, dass sie zwar kaum noch eine Erinnerung an den Sachverhalt habe. Aus der E-Mail sei aber im Umkehrschluss zu entnehmen, dass sie, die Zeugin, bereits einen Tag vor dem 20.07.2018 mit dem Reiseveranstalter Kontakt aufgenommen habe. Die Zeugin konnte nachvollziehbar ausschließen, dass diese Kontaktaufnahme am 20.07. morgens noch erfolgt sei, weil das Reisebüro erst um 9.00 Uhr öffne und weil der Reiseveranstalter bereits um 9.17 Uhr geantwortet habe. Eine solch kurze Antwortzeit sei bei derartigen Vorgängen gänzlich unüblich. Die Zeugin hatte zwar weder an ein Telefonat mit dem Kläger und seinen Familienangehörigen noch mit dem Reiseveranstalter am Vortag eine konkrete und bewusste Erinnerung. Ohne dass das Gericht der Zeugin den Vorhalt aus dem letzten Schriftsatz der Beklagten gemacht hätte, konnte die Zeugin aber bei nochmaligen Nachdenken über den Sachverhalt schließlich ausführen, dass wohl eine Sitzplatzreservierungsanfrage seitens des Klägers und seinen Familienangehörigen Anlass des Anrufs bei dem Reisebüro gewesen sein müsste. Auch wenn die Zeugin keine absolute Sicherheit bei ihrer Erinnerung mehr hatte, so geht das Gericht doch aufgrund der Gesamtumstände davon aus, dass es eine solche Sitzplatzreservierungsanfrage der Familienangehörigen bzw. über die Homepage der Beklagten am 19.7.2018 gegeben haben muss.
b) Zur Überzeugung des Gerichts genügt es aber nicht, wenn ein Fluggast lediglich Kenntnis von den geänderten Flugzeiten erlangt, ohne dabei ausdrücklich und bewusst vom ausführenden Luftfahrtunternehmen über die Änderung unterrichtet zu werden.
aa) Nicht ausreichend ist es, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen lediglich den Reiseveranstalter oder den Reisevermittler über die geänderten Flugzeiten informiert . Denn der Reisevermittler bzw. der Reiseveranstalter sind keine Empfangsvertreter des Passagiers. Es ist immer noch entscheidend, wann dann der Reisevermittler bzw. Reiseveranstalter die Information an den Fluggast weitergegeben hat.
bb) Im Übrigen handelt es sich bei Art. 5 Abs. 1 lit. c i der Fluggastrechteverordnung um einen Ausnahmetatbestand, der aufgrund des allgemeinen hohen Schutzniveaus der Fluggastrechteverordnung eng auszulegen ist . Der Wortlaut der deutschen Fassung spricht dabei insbesondere dafür, dass eine bloße Kenntnisnahme nicht ausreichend ist. Während noch der Wortlaut sowohl der engischen als auch der französischen Fassung jedenfalls im Bereich von Art. 5 Abs. 1 lit. c i der Fluggastrechteverordnung eine Kenntniserlangung offenbar als ausreichend erscheinen lassen , wird sowohl in der englischen, der französischen als auch der deutschen Fassung in Art. 5 Abs. 2 der Fluggastrechteverordnung verlangt, dass die Passagiere auch über den Ersatzflug unterrichtet bzw. informiert werden bzw. sind. In Art. 5 Abs. 4 der Fluggastrechteverordnung wiederum wird geregelt, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen letztlich die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass der Passagier bzw. die Passagiere informiert wurden. Insoweit enthalten auch die englische und die französische Fassung eine Formulierung, die dafür spricht, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen bewusst die Fluggäste über die Flugänderungen informieren muss.
cc) Zur Überzeugung des Gerichts muss diese Information zweck- und zielgerichtet an den Fluggast adressiert werden. Nicht ausreichend kann es sein, dass der Fluggast nur im Rahmen einer anderen Tätigkeit - mehr oder weniger zufällig - Kenntnis von der Änderung der Flugzeiten erlangt. Vielmehr bedeutet „unterrichten“ bzw. „informieren“ ein bewusstes und zweckgerichtetes Übermitteln von Informationen an einen konkreten Adressaten bzw. Adressatenkreis. Das bloße Bereithalten von Informationen auf der Homepage bei einem Sitzplatzreservierungsvorgang erfüllt diese hier formulierten Vorgaben allerdings nicht. Denn die Bereithaltung dieser Information auf der Homepage der Beklagten zum allgemeinen Abruf richtete sich nicht bewusst und zielgerichtet an den einzelnen Passagier dieses Fluges sondern war letztlich für die Allgemeinheit dort verfügbar. Darüber hinaus hatte die Beklagte den Sitzplatzreservierungsbereich ihrer Homepage nicht dafür eingerichtet, um die Fluggäste über die Flugzeugänderung zu informieren, sondern um ihnen im Rahmen eines Serviceangebotes die Möglichkeit einzuräumen, eine Sitzplatzreservierung vorzunehmen. Dass bei dieser Gelegenheit nebenbei auch die Flugzeitänderung offenbart wurde, war aber jedenfalls für den Fluggast nicht als ziel- und zweckgerichtete Unterrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. c i, Abs. 2, Abs. 4 der Fluggastrechteverordnung zu verstehen. Dass im Rahmen der Sitzplatzreservierung diese besondere Information der Flugzeitänderung auf eine besonders hervorgehobene Art und Weise dem sich jeweils einloggenden Fluggast vor Augen geführt wurde, hat die Beklagten jedenfalls nicht vorgetragen.
c) Eine Vorlage nach Art. 267 AEUV an den EuGH zur Auslegung der genannten Regelung hält das erkennende Gericht deswegen nicht für erforderlich, weil der EuGH sich bereits zu der Frage geäußert hat , ob eine bloße Information des Reiseveranstalters ausreichend sei. Im Rahmen dieser Entscheidung hat der EuGH bereits die Kriterien für eine Unterrichtung des Fluggastes definiert. Nachdem eine solche Vorlage hier nur im Ermessen des Gerichts lag, Art. 267 Abs. 3 AEUV, weil die Entscheidung des Gerichts mit Rechtsmitteln angreifbar ist, hat das erkennende Gericht von einer eigenen Vorlage abgesehen.
d) Das Berufen der Kläger und der Kinder ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Denn letztlich oblag es der Beklagten, die Kläger rechtzeitig zu unterrichten. Die Beklagte hatte bereits mehrere Monate vorher den Entschluss gefasst, die Flugzeiten zu ändern. Art. 5 Abs. 1 lit. c i der Fluggastrechtverordnung enthält einen Ausschlusstatbestand, der einen Anspruch komplett ausschließt. Würde man auf die bloße Kenntnis abstellen, würde dies zu Beweisschwierigkeiten führen, wobei das ausführende Luftfahrtunternehmen wegen Art. 5 Abs. 4 der Fluggastrechteverordnung die Beweislast trägt. Eine rechtzeitige Information hätte im Übrigen dem Kläger die Chance gewährt, ggf. über den Reiseveranstalter einen andere Flug zu erlangen. Im Hinblick auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ist ein Rechtsmissbrauch des Klägers und seiner Familienangehörigen für das Gericht hier nicht erkennbar.
4. Der Anspruch auf die Verzinsung folgt aus Verzug, §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Dabei konnte der Kläger auch für seine Kinder die Beklagte mahnen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Umstellung der Klageanträge war kostenmäßig wertneutral. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
Haben Sie Fragen zum Thema Reiserecht? Nehmen Sie Kontakt zu auf und lassen Sie sich fachkundig beraten.
moreResultsText
moreResultsText
Annotations
(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.
(2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.
(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.
(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.
(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange
- 1.
die Eltern getrennt leben oder - 2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.
(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.
(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.
(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange
- 1.
die Eltern getrennt leben oder - 2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.