Nachbarrecht: Wohnungsmieter hat kein Abwehrrecht gegen Baugenehmigung für Nachbarn

originally published: 28/11/2010 18:59, updated: 29/08/2023 12:27
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Anwalt für Nachbarrecht - Baurecht - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB

Da das Bebauungsrecht die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke regelt, kann grundsätzlich nur der jeweilige - zivilrechtliche - Eigentümer eines benachbarten Grundstücks Nachbarschutz in Anspruch nehmen.

Hierauf machte das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen aufmerksam. Die Richter machten deutlich, dass Mieter oder Pächter lediglich ein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableiten könnten. Aus dieser Rechtsposition hätten sie daher gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung grundsätzlich kein öffentlich-rechtliches Abwehrrecht. Etwas anderes gelte nur für Erbbauberechtigte oder Nießbraucher. Diese seien dem Eigentümer gleichzustellen, da sie in einer eigentumsähnlichen Weise an dem Grundstück dinglich berechtigt seien (VG Gelsenkirchen, 5 K 4586/09).


Die Entscheidung im einzelnen lautet:

VG Gelsenkirchen: Urteil vom 30.09.2010 - 5 K 4586/09

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in derselben Höhe Sicherheit leistet.


Tatbestand:

Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung im 1. Obergeschoss in dem Mehrfamilienhaus der Beigeladenen C.-Strauß-Str. ... in F. Das Haus liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 176 „R-weg“ mit den Festsetzungen B-Gebiet g/III. Seit einigen Jahren werden Räumlichkeiten im gesamten Gebäude durch das T. A. „F1. L. e. V.“ genutzt, das die Räume sowohl als Büro- als auch als Gruppenräume unterhält. Zweck des Vereins ist die ideelle und materielle Unterstützung von psychisch Kranken, Behinderten und Genesenden. In der Vergangenheit wandte sich die Klägerin bereits mit massiven Beschwerdebriefen wegen erheblicher Lärmbelästigungen aus diesen Räumen an den Beklagten. Eine baurechtliche Genehmigung für diese Nutzung existierte zunächst nicht.

Mit Bauantrag vom 9. März 2009 beantragte die Beigeladene beim Beklagten die baurechtliche Genehmigung für die Umnutzung von zwei Wohnungen im Erdgeschoss für Beratung, von einer Wohnung im 1. Obergeschoss sowie von zwei Wohnungen im 2. Obergeschoss für Büros durch den „F1. L. e. V.“. Nach der Betriebsbeschreibung umfasst das Angebot eine Vielzahl unterschiedlicher Hilfen, wie u. a. persönliche Beratung und Begleitung, Hilfen bei Behördenangelegenheiten, Krisenintervention, Gruppenangebote (z. B. gemeinsame Freizeitgestaltung, offener Treff, Gesprächsgruppen, Kreativgruppen, Musik- und Bewegungsangebote), Beratung von Angehörigen und Bezugspersonen sowie Vermittlung an ambulante, teilstationäre und stationäre Dienste. Die Beratungszeiten sind Montag bis Freitag, 9 bis 13 Uhr und nach Vereinbarung, die Gruppen werden täglich (auch am Wochenende) zwischen 9 und 21 Uhr angeboten.

Mit Bauschein vom 20. Mai 2009 genehmigte der Beklagte das Vorhaben und erteilte von der Festsetzung „Art der Nutzung“ im Bebauungsplan Befreiung.

Hiergegen hat die Klägerin am 16. Oktober 2009 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, dass sie auch als Mieterin klagebefugt sei. Für eine lediglich formelle Auslegung des Nachbarbegriffs sei kein Raum mehr. Vielmehr sei Nachbar im Sinne der baurechtlichen Nachbarklage nicht nur der Angrenzer im Sinne des Eigentümers, sondern nach dem materiellen Nachbarbegriff jede Person, die sich im Einwirkungsbereich der Anlage ständig oder langfristig aufhalte. Denn die Gebietsklassifizierungen der BauNVO dienten zumindest auch dem Schutz der in den betreffenden Gebieten sich ständig oder langfristig aufhaltenden Personen. Auch die Klägerin als Mieterin habe ein subjektiv-öffentliches Recht auf Wahrung des Gebietscharakters. Deshalb könnten sich Nachbarn gegen Nutzungen, die nicht allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind, zur Wehr setzen. Die Klägerin sei aber von den Auswirkungen der Befreiung von den Vorgaben des reinen Wohngebiets massivst betroffen. In der Erdgeschosswohnung fänden jeden Tag mehrere Veranstaltungen mit hoher Publikumsfrequenz statt. Auch in den übrigen, von dem „F1. L. e. V.“ genutzten Räumen finde umfangreicher Publikumsverkehr statt. An jedem ersten Samstag eines Monats werde von 18 bis 22 Uhr eine Discoveranstaltung mit hohem Publikumsaufkommen und ständiger Lärmbelästigung durch An- und Abfahrt der Besucher durchgeführt. Darüber hinaus finde jeweils an Sylvestertagen eine große Party mit Stereoanlage und Bewirtung und sehr hohem Publikumsaufkommen statt. Jeden Samstag und Sonntag (auch an Feiertagen) gebe es Veranstaltungen sowohl im Erdgeschoss als auch in den Gruppenbereichen das Kaffeetrinken von 15 bis 17:30 Uhr. Die Besucher kämen schon ab 14:30 Uhr, Klingelanlage und Türdrücker schallten im Minutentakt durchs Haus. Die Klägerin habe schon vom Beklagten ein ordnungsbehördliches Einschreiten gegen die zunächst formell illegale Nutzung beantragt; geschehen sei nichts.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig.

Die Klägerin ist nicht nach § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - antragsbefugt. Einen etwaigen Verstoß gegen hier allein in Rede stehende Vorschriften des Bebauungsplanungsrechts kann die Klägerin nicht geltend machen. Sie ist weder Eigentümerin des Grundstücks C.-T1.-Str. ... noch sonst in eigentumsähnlicher Weise an dem Grundstück berechtigt. Das Mietverhältnis an der Wohnung im Hause C.-T1.-Str. ... vermittelt der Klägerin keinen bauplanungsrechtlichen Nachbarschutz.

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen - OVG NRW - hat hierzu sowie zu der Frage, wie die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 26. Mai 1993, - 1 BvR 208/93 -, BVerfGE 1989, 1, in diesem Zusammenhang zu verstehen ist Folgendes ausgeführt:

„Nachbarschutz aus den Vorschriften des Bauplanungsrechts kann grundsätzlich nur der jeweilige - zivilrechtliche - Eigentümer eines benachbarten Grundstücks in Anspruch nehmen. Denn das Bebauungsrecht regelt die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke. Es ist grundstücks-, nicht personenbezogen. Zu den Aufgaben des Bauplanungsrechts gehört es, die einzelnen Grundstücke einer auch im Verhältnisuntereinander verträglichen Nutzung zuzuführen. Indem es in dieser Weise auf einen Ausgleich möglicher Bodennutzungskonflikte zielt, bestimmt es zugleich den Inhalt des Grundeigentums. Demgemäß beruht bauplanungsrechtlicher Nachbarschutz auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses; weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich- rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Grundstücksnachbarn durchsetzen. Dem Eigentümer gleichzustellen ist (nur), wer in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstückdinglich berechtigt ist, wie etwa der Inhaber eines Erbbaurechts oder der Nießbraucher; ferner auch der Käufer eines Grundstücks, auf den der Besitz sowie Nutzungen und Lasten übergegangen sind und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen ist. Wer dagegen - wie hier der Antragsteller - lediglich ein obligatorisches Recht an einem Grundstück von dessen Eigentümer ableitet (Mieter, Pächter usw.), hat aus dieser Rechtsposition gegen die einem Nachbarn erteilte Baugenehmigung grundsätzlich kein öffentlich- rechtliches Abwehrrecht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Mai 1989 - 4 C 1/88 -, BVerwGE 82, 61 (74 f.) und Beschluss vom 20. April 1988 - 4 B 22.98 -, BRS 60 Nr. 174; OVG NRW, Beschlüsse vom 11. April 1997- 7 A 879/97 -, BRS 59 Nr. 194, und vom 21. Oktober 2004 - 10 B 1643/04 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Juni 2006 - 8 S 997/06 -, BRS 70 Nr. 160, jeweils m. w. N.

Daran hat sich auch durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Mai 1993 - 1 BvR 208/93 -, BVerfGE 89, 1 (5 ff.), nichts geändert, wonach das Besitzrecht des Mieters an der gemieteten Wohnung Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ist. Denn mit dieser Verankerung des Mietrechts in Art. 14 GG ist angesichts der gesetzgeberischen Ausgestaltung der der Eigentumsgarantie unterfallenden Rechte noch keinerlei Aussage darüber getroffen, ob und inwieweit der Mieter eigentumsrechtlichen Schutz gegenüber der Erteilung einer Baugenehmigung für das Nachbargrundstück genießt.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. April 1988 - 4 B 22.98 -, a. a. O.; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 42 Rdnr. 97; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Auflage 2006, § 42 Rdnr. 456.“

Dem schließt sich das erkennende Gericht an.

Die Klage ist deshalb mit der sich aus §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu lassen und sie nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil die Beigeladene keinen eigenen Antrag in der Sache gestellt und sich damit keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

 

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. März 2006 - 12 K 884/06 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 7.500 festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerden haben keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat mit überzeugender Begründung die Anträge, den Widersprüchen der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung zur Errichtung von vier Doppelhaushälften sowie drei Reihenhäusern mit Garagen und Stellplätzen auf den Grundstücken Flst. Nrn. ...1 und ...4 aufschiebende Wirkung beizumessen, abgelehnt. Die Beschwerdebegründung, die keine neuen Aspekte enthält, gibt lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Bemerkungen:
Die Angriffe der Antragsteller gegen die Erwägungen des Verwaltungsgerichts, mit denen es mit Blick auf dessen fehlende Eigentümerstellung die Antragsbefugnis des Antragstellers 2 in Zweifel zieht, gehen schon deshalb fehl, weil das Verwaltungsgericht diese Frage ausdrücklich offen gelassen hat. Davon abgesehen treffen ihre Rechtsausführungen auch nicht zu. Es ist zwar richtig, dass in der Rechtsprechung einem Mieter oder Pächter eine Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO unter bestimmten Voraussetzungen zuerkannt wurde (BVerwG, Beschluss vom 11.11.1988 - 4 NB 5.88 - VBlBW 1989, 254; Urteil vom 21.10.1999 - 4 CN 1.98 -, NVwZ 2000, 807; Beschluss vom 25.1.2002 - 4 BN 2.02 - BauR 2002, 1199; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 3.3.2005 - 3 S 1524/04 - VBlBW 2006, 142; Urteil des Senats vom 7.1.1998 - 8 S 1337/97 - ). Ferner wurde im Recht der Straßenplanung die Klagebefugnis von Pächtern bejaht, die sich von der enteignenden Vorwirkung eines Planfeststellungsbeschlusses (§ 19 FStrG) bedroht sahen (BVerwG, Urteil vom 1.9.1997 - 4 A 36.96 - BVerwGE 105, 178; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.12.2000 - 5 S 2716/90 - VBlBW 2001, 362). Dagegen entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 11.7.1989 - 4 B 33.89 - NJW 1989, 2766; Beschluss vom 20.4.1998 - 4 B 22.98 - NVwZ 1998, 956) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 26.8.1993 - 5 S 1772/93 - BWVPr. 1994, 90 m.w.N.), dass der nachbarschützende Gehalt bauplanungsrechtlicher Normen - wie sie vorliegend im Streit stehen - sich auf die Eigentümer der Nachbargrundstücke beschränkt, nicht jedoch die nur obligatorisch zur Nutzung dieser Grundstücke Berechtigten - wie Mieter oder Pächter - erfasst. Dem Eigentümer gleichzustellen ist lediglich, wer in eigentumsähnlicher Weise an einem Grundstück dinglich berechtigt ist, wie etwa der Inhaber eines Erbbaurechts oder der Nießbraucher, ferner auch der Käufer eines Grundstücks, auf den der Besitz sowie Nutzungen und Lasten übergegangen sind und zu dessen Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen ist. Unabhängig davon, dass somit - entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller - Mieter und Pächter in baurechtlichen Nachbarstreitverfahren weder nach § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt noch im Sinne der §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO antragsbefugt sind, trifft auch ihre Schlussfolgerung nicht zu, dass „natürlich“ für den Ehemann, der im landwirtschaftlichen Betrieb, der eine wichtige Existenzgrundlage für die Familie darstelle, mitarbeite, nichts anderes gelten könne. Denn es versteht sich von selbst, dass Mitarbeiter unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit Mietern oder Pächtern gleichgesetzt werden können.
Die Ausführungen der Antragsteller zur früheren Untersagung ihrer Gänsehaltung weisen keinen erkennbaren Bezug zu der erteilten Baugenehmigung auf. Soweit geltend gemacht wird, Anwohner hätten die Gemeinde und deren Mitarbeiter „aufgehetzt“, soll wohl die Gefahr angedeutet werden, dass es wegen Emissionen aus der Tierhaltung zu Konfrontationen mit Nachbarn kommen und die Gemeindeverwaltung für deren Interessen eintreten könnte. Dies rechtfertigt es aber schon im Ansatz nicht, der Baugenehmigung, auf deren Erteilung die Beigeladene einen Anspruch hat, ihre durch § 212 a Abs. 1 BauGB angeordnete sofortige Vollziehbarkeit zu nehmen, zumal die Gemeinde Ai. nicht selbst Baurechtsbehörde ist.
Die Antragsteller beanstanden ferner zu Unrecht, dass sie im Baugenehmigungsverfahren nicht förmlich angehört worden seien, obwohl ihr Anwesen im „Einwirkungsbereich der geplanten Wohnbauvorhaben“ liege. Damit verkennen sie aber, dass § 55 Abs. 1 LBO die Gemeinden nur zur Benachrichtigung der Eigentümer angrenzender Grundstücke verpflichtet. Die der Antragstellerin 1 gehörenden Grundstücke Flst. Nrn. ...0, ...6, ...9 und ...0 grenzen aber nicht an die Baugrundstücke, weil die Grundstücke Flst. Nrn. ...8/2, ...3 und ...2 dazwischen liegen. Das Landratsamt Esslingen hat auch keineswegs - wie die Antragsteller vortragen - in seinem Schreiben vom 27.12.2005 behauptet, dass alles „bestens sei“. Vielmehr wird dort zutreffend auf die nach § 55 LBO bestehende Rechtslage hingewiesen.
Mit ihrem weiteren Vorbringen, die angefochtene Baugenehmigung leide an erheblichen Abwägungsmängeln, weil in ihr unter Missachtung des Trennungsgrundsatzes kein Ausgleich der durch sie hervorgerufenen Konfliktlage vorgenommen worden sei, verkennen die Antragsteller zum einen, dass sich das Trennungsgebot des § 50 BImSchG nur auf raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen bezieht und deshalb grundsätzlich nicht Einzelgenehmigungen erfasst. Zum anderen ist weder dargelegt noch ersichtlich, welche Maßnahmen zur Konfliktvermeidung oder -minderung zur Verfügung gestanden hätten.
Die Antragsteller werfen dem Verwaltungsgericht ferner zu Unrecht vor, seine Ausführungen, die bereits vorhandene Wohnbebauung verlange schon bisher gegenseitige Rücksichtnahme und eine Gefahr, dass gerade das Vorhaben der Beigeladenen die Fortführung des Betriebs der Antragstellerin 1 in Frage stellen könnte, sei nicht zu erkennen, stellten eine zu einseitige Betrachtung dar. Sie übersehen damit, dass das Verwaltungsgericht unter Heranziehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BVerwG, Beschluss vom 2.12.1985 - 4 B 189.85 - NVwZ 1996, 641; Urteil vom 14.1.1993 - 4 C 19.90 - NVwZ 1993, 1184) zutreffend darauf abgehoben hat, dass die genehmigte Wohnbebauung deshalb keine gesteigerte Rücksichtnahme verlangt, weil die Grundstücke der Antragstellerin schon derzeit auf allen Seiten von Wohnbebauung umgeben sind und sich auf dem Baugrundstück Flst. Nr. ...4 ein Wohnhaus befand. Der in diesem Zusammenhang gegebene Hinweis der Antragsteller auf das Urteil des Senats vom 9.5.1980 - VIII 2214/79 - geht fehl. Denn jenem Verfahren lag die völlig andere Fallkonstellation zugrunde, dass sich die Inhaberin einer Hautleim- und Gelatinefabrik gegen die Ausweisung von Gewerbe-, Misch- und Wohngebieten unter Einbeziehung ihrer Betriebsgrundstücke wehrte. Die seitens der Antragsteller aus dieser Entscheidung gezogene Schlussfolgerung, der Senat habe auf eine bereits gegebene Wohnbebauung abgestellt, trifft deshalb nicht zu. Im damaligen Verfahren gab es nur eine geplante, aber keine vorhandene Wohnbebauung; im Übrigen ging es um eine Bebauungsplanung und nicht - wie vorliegend - um eine gebundene Entscheidung über einen Bauantrag.
Nach allem sind die Beschwerden mit der Kostenfolge aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 und 63 Abs. 2 Satz 1 GKG. Der Senat orientiert sich dabei - ebenso wie offenbar auch das Verwaltungsgericht - an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (VBlBW 2004, 467). Eine Ermäßigung im Hinblick darauf, dass es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, ist nicht angezeigt, weil die Entscheidung in der Sache vorweggenommen wird (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs a.a.O.).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.