Internetrecht: Vergütung nach Kündigung des Werkvertrages

published on 03/01/2012 12:30
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Beweislast bei Kündigung eines Internet-SystemVertrages - BGH vom 28.07.11 - Az: VII ZR 45/11
Der BGH hat mit dem Urteil vom 28.07.2011 (Az: VII ZR 45/11) folgendes entschieden:

Der Unternehmer kann seinen Anspruch auf Vergütung nach einer freien Kündigung des Werkvertrags nur dann auf die Vermutung in § 649 Satz 3 BGB stützen, wenn er den Teil der vereinbarten Vergütung darlegt, der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfällt. Denn dieser Teil und nicht die gesamte vereinbarte Vergütung ist Bemessungsgrundlage für die Pauschale von 5 %.

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2011 (23 S 27/10) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.


Tatbestand:

Die Klägerin verlangt im Urkundsprozess von der Beklagten Werklohn nach Kündigung eines am 13. Januar 2009 geschlossenen Internet-SystemVertrages.

Der Vertrag beinhaltet unter anderem die Registrierung einer Domain, die Gestaltung einer individuellen Internetpräsenz und das Hosting der Website. Die Beklagte verpflichtete sich, für die Laufzeit von 48 Monaten ein monatliches Entgelt von 200 € zuzüglich Mehrwertsteuer sowie Abschlusskosten in Höhe von 199 € zuzüglich Mehrwertsteuer bei Vertragsschluss zu zahlen.

Die Beklagte leistete keine Zahlungen, sondern trat am 14. Januar 2009 vom Vertrag zurück. Am 24. September 2009 erklärte die Beklagte die Anfechtung des Vertrags. In der Klageerwiderung vom 23. November 2009 kündigte sie.

Die Klägerin hat die laufenden monatlichen Entgelte für das erste Vertragsjahr ab dem 13. Januar 2009 und die Anschlusskosten sowie Ersatz der außergerichtlichen Kosten verlangt.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren in Höhe von 381,23 € weiter.


Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

Das Berufungsgericht unterstellt, dass ein Internet-System-Vertrag wirksam zustande gekommen und nicht angefochten worden sei. Die Beklagte habe diesen Vertrag gemäß § 649 Satz 1 BGB gekündigt. Den Vergütungsanspruch gemäß § 649 Satz 2 BGB habe die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Der Unternehmer habe die erbrachten und nicht erbrachten Leistungen voneinander abzugrenzen und getrennt abzurechnen. Bei Letzterem seien ersparte Aufwendungen und anderweitiger Erwerb anzurechnen. Dabei habe er auf den konkreten Vertrag bezogen vorzutragen. Unterbleibe dieses, sei der gesamte Vergütungsanspruch nicht schlüssig vorgetragen.

Auch § 649 Satz 3 BGB verhelfe der Klage nicht teilweise zum Erfolg. Denn diese Vorschrift ändere nichts an der sekundären Darlegungslast des Unternehmers. Die Vermutungswirkung des § 649 Satz 3 BGB greife vielmehr erst, nachdem der Unternehmer schlüssig zur Abrechnung vorgetragen habe.

Daher sei die Klage nicht nur als im Urkundsprozess nicht statthaft, sondern gemäß § 597 Abs. 1 ZPO insgesamt als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin verfolgt mit der Revision nur noch einen Anspruch in Höhe von 5 % der vertraglich vereinbarten Gesamtvergütung zuzüglich Abschlusskosten. Diesen errechnet sie mit 381,23 €.

Die Revision ist unbegründet.

Das Berufungsgericht hat die im Urkundsprozess geführte Klage zu Recht gemäß § 597 Abs. 1 ZPO als unbegründet abgewiesen; denn die Klägerin hat, auch nach einem Hinweis des Berufungsgerichts gemäß § 139 ZPO, zu dem in der Revisionsinstanz noch weiterverfolgten Anspruch aus § 649 Satz 2, 3 BGB nicht schlüssig vorgetragen. Deshalb war die im Urkundsprozess geführte Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin stützt ihr Begehren in der Revision nur noch auf die in § 649 Satz 3 BGB geregelte Vermutung, dass (danach) dem Unternehmer 5 vom Hundert der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen. Diese durch das Forderungssicherungsgesetz vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2022) eingefügte Regelung ist auf Schuldverhältnisse anwendbar, die nach dem 1. Januar 2009 entstanden sind, Art. 229 § 19 Abs. 1 BGB.

Voraussetzung für den Anspruch auf die Pauschale von 5 % ist nach § 649 Satz 3 BGB, dass der Unternehmer die auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallende vereinbarte Vergütung darlegt. Es reicht nicht, die Gesamtvergütung darzulegen, denn diese ist nicht Grundlage für die Berechnung der Pauschale von 5 %. Vielmehr muss der Unternehmer darlegen, welche Leistungen er erbracht hat und welche Leistungen nicht erbracht worden sind. Er muss auf der Grundlage der vertraglichen Vergütungsvereinbarung darlegen, welcher Teil der vereinbarten Vergütung auf die erbrachten und welcher Teil auf die nicht erbrachten Leistungen entfällt. Der Gesetzgeber hat insoweit - entgegen der möglicherweise von der Revision vertretenen Auffassung - die sekundäre Darlegungslast des Unternehmers nicht erleichtern wollen. Im Entwurf zum Forderungssicherungsgesetz ist vielmehr die Auffassung vertreten worden, dass die Rechtsprechung so hohe Anforderungen an die Darlegung des abzusetzenden ersparten Aufwandes gestellt habe, dass der Anspruch aus § 649 Satz 2 BGB kaum darstellbar sei. Hiervon sei die Rechtsprechung teilweise wieder abgerückt. Der Unternehmer habe aber immer noch größte Schwierigkeiten, seinen verbleibenden Vergütungsanspruch durchzusetzen (BT-Drucks. 16/511 S. 17). Ferner ist darauf hingewiesen worden, dass der Besteller den Nachweis höherer Ersparnis führen könne.

Diese Begründung geht zwar von falschen Voraussetzungen aus, weil die Rechtsprechung keine unerfüllbaren Anforderungen an die Darlegungslast gestellt hat und von den gestellten Anforderungen auch nicht abgerückt ist. Sie hat vielmehr durchgehend darauf hingewiesen, dass es - was nicht in Frage steht - allein dem Unternehmer möglich ist, die Ersparnis darzulegen, die Darlegung so erfolgen muss, dass dem Besteller eine sachgerechte Rechtswahrung möglich ist, und an diese Darlegung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen.

Aus der Begründung zum Entwurf des Forderungssicherungsgesetzes ergibt sich jedoch unmissverständlich, dass lediglich die Darlegungslast zur Ersparnis erleichtert worden ist und als Bemessungsgrundlage für die Pauschale von vornherein nicht die vereinbarte Vergütung vorgesehen war, sondern der Teil der Vergütung, auf den sich die Ersparnis bezieht. Denn in Abkehr von der in der Begründung zum Gesetzesentwurf in Bezug genommenen Regelung in § 648a Abs. 5 Satz 4 BGB a.F. ist offenbar bewusst als Bemessungsgrundlage nicht mehr "die Vergütung" gewählt worden, sondern der Teil der vereinbarten Vergütung, der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfällt. Damit sollte offenbar den Bedenken Rechnung getragen werden, die gegen eine Pauschalierung mit einer Anknüpfung an die Gesamtvergütung erhoben worden sind. Diese Anknüpfung ist im Hinblick auf die Regelung in § 649 Satz 2 BGB nicht zwingend. Sie ist jedoch konsequent, weil damit eine von vornherein überhöhte Pauschale bei kurz vor Vertragsbeendigung erfolgter Kündigung vermieden wird und für den Besteller in aller Regel nur nach einem Vortrag des Unternehmers zu dem Teil der vereinbarten Vergütung, der auf die nicht erbrachte Leistung entfällt, die Möglichkeit besteht, die Vermutung einer höheren Ersparnis als 95 % zu widerlegen.

Die Klägerin hat - wie die Revision nicht in Frage stellt - den Teil der vereinbarten Vergütung, der auf die nicht erbrachte Leistung entfällt, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht dargelegt. Sie hat deshalb zu dem Anspruch auf die Pauschale von 5 % nicht schlüssig vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.


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(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Insoweit der in der Klage geltend gemachte Anspruch an sich oder infolge einer Einrede des Beklagten als unbegründet sich darstellt, ist der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen.

(2) Ist der Urkundenprozess unstatthaft, ist insbesondere ein dem Kläger obliegender Beweis nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln angetreten oder mit solchen Beweismitteln nicht vollständig geführt, so wird die Klage als in der gewählten Prozessart unstatthaft abgewiesen, selbst wenn in dem Termin zur mündlichen Verhandlung der Beklagte nicht erschienen ist oder der Klage nur auf Grund von Einwendungen widersprochen hat, die rechtlich unbegründet oder im Urkundenprozess unstatthaft sind.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.

(2) Eine Teilkündigung ist möglich; sie muss sich auf einen abgrenzbaren Teil des geschuldeten Werks beziehen.

(3) § 314 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Nach der Kündigung kann jede Vertragspartei von der anderen verlangen, dass sie an einer gemeinsamen Feststellung des Leistungsstandes mitwirkt. Verweigert eine Vertragspartei die Mitwirkung oder bleibt sie einem vereinbarten oder einem von der anderen Vertragspartei innerhalb einer angemessenen Frist bestimmten Termin zur Leistungsstandfeststellung fern, trifft sie die Beweislast für den Leistungsstand zum Zeitpunkt der Kündigung. Dies gilt nicht, wenn die Vertragspartei infolge eines Umstands fernbleibt, den sie nicht zu vertreten hat und den sie der anderen Vertragspartei unverzüglich mitgeteilt hat.

(5) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.

(6) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Ist dem Vertrag ein Kostenanschlag zugrunde gelegt worden, ohne dass der Unternehmer die Gewähr für die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergibt sich, dass das Werk nicht ohne eine wesentliche Überschreitung des Anschlags ausführbar ist, so steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grund kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.

(2) Ist eine solche Überschreitung des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich Anzeige zu machen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)