GmbH-Gesellschafter: Änderung des Haftungskonzepts zum sog. existenzvernichtenden Eingriff
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Bitte beachten Sie auch die aktuelle Entscheidung:
BGH: Zur Existenzvernichtungshaftung des GmbH-Gesellschafters
Der 2. Senat des BGH hat mit seinem Urteil vom 16. Juli 2007 erneut Stellung zur Durchgriffshaftung des Gesellschafters wegen existenzvernichtenden Eingriffs genommen.
Erstmalig äußerte sich der BGH in seinem Grundsatzurteil vom 17.9.2001 („Bremer Vulkan“) zu einer Haftung des Gesellschafters mit seinem persönlichen Vermögen. Zuvor galt die Rechtsprechung zum qualifiziert faktischen Konzern. Diese wurde geändert, indem der BGH eine Haftung des Gesellschafters wegen existenzvernichtenden Eingriffs anerkannte. Danach bestand eine Haftung des Gesellschafters, wenn dieser
- in Vermögen oder Geschäftschancen der GmbH durch offene oder verdeckte Einnahmen ohne angemessenen Ausgleich eingreift
- dadurch die GmbH ihren Verbindlichkeiten nicht mehr oder nur noch in geringem Maße nachkommen kann und
- der zugefügte Nachteil sich nicht mehr quantifizieren und daher auch nicht durch die Rückführung von Stammkapital ausgleichen lässt (sog. Vorrang der Rückgewähr des Stammkapitals)
In seiner neuen Entscheidung gibt der BGH zunächst bekannt, dass er an diesen Grundsätzen festhalten will. Eine persönliche Haftung des Gesellschafters nach Wegfall des Haftungsschirmes des § 13 Abs.2 GmbhG soll demnach unter den jeweiligen Voraussetzungen weiterhin bestehen.
Die Änderung der Rechtsprechung betrifft hingegen die Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs. Bisher war die Haftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs als eigenständige Haftungsfigur konstruiert, die an den Missbrauch der Rechtsform anknüpfte und somit als Durchgriffs(außen)haftung des Gesellschafters gegenüber den Gläubigern ausgestaltet war. Während des Insolvenzverfahrens konnte lediglich der Insolvenzverwalter den Anspruch geltend machen.
Nunmehr soll die Existenzvernichtungshaftung des Gesellschafters an die missbräuchliche Schädigung des im Gläubigerinteresse zweckgebundenen Gesellschaftsvermögens anknüpfen und – in Gestalt einer schadensersatzrechtlichen Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft – einen besonderen Fall der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB darstellen.
Entscheidend ist nach Ansicht des BGH demnach weniger, dass der Gesellschafter den Schleier der Rechtsform benützt, um sich persönlich schadlos zu halten (piercing the corporate veil), sondern der missbräuchliche Umgang mit dem unternehmenseigenen Kapital. Es entstehen somit Haftungsverbindlichkeiten zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter. Diese Ansprüche können die Gläubiger nunmehr lediglich pfänden lassen. Da es sich in aller Regel der Fälle um insolvente Gesellschaften handeln wird, stellt die Entscheidung eine Stärkung der Insolvenzverwalter dar.
Eine Ausführliche Darstellung weiterer Haftungstatbestände finden Sie unter
"Persönliche Risken für Organe von Kapitalgesellschaften in der Insolvenz"
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