Erbrecht: Jahresfrist für Anfechtung eines Erbvertrags

published on 05/08/2011 16:13
Erbrecht: Jahresfrist für Anfechtung eines Erbvertrags
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Die Jahresfrist für die Anfechtung eines Erbvertrags beginnt in den Fällen des Irrtums über den Eintritt ode
Diese Entscheidung traf in einem entsprechenden Rechtsstreit der Bundesgerichtshof (BGH). Die Richter wiesen in ihrem Beschluss darauf hin, dass ein Rechtsirrtum hierbei nur beachtlich sei, wenn er die Unkenntnis einer die Anfechtung begründenden Tatsache zur Folge habe. Er sei dagegen unbeachtlich, wenn es sich nur um eine rechtsirrtümliche Beurteilung des Anfechtungstatbestands selbst handele. Im vorliegenden Fall ging es um einen Rechtsirrtum hinsichtlich der Änderung der Vermögensverhältnisse nach dem Tod des Vertragserblassers mit einem überschuldeten Nachlass durch einen späteren Vermögenserwerb des Vertragserben. Die Richter machten deutlich, dass in diesem Fall der Erblasser alle für die Anfechtung maßgeblichen tatsächlichen Umstände, nämlich Bestand und Inhalt des Erbvertrags, Eintritt des Erbfalls und Überschuldung des Nachlasses kannte. Wenn er gleichwohl zu einer Fehleinschätzung der Bindungswirkung des Erbvertrags gelangte, weil er irrig davon ausging, dass dieser sich nicht auf von ihm zukünftig erworbenes Vermögen beziehe oder durch die Änderung der Vermögensverhältnisse automatisch seine Wirkung verliere, so handele es sich um einen unbeachtlichen Rechtsirrtum (BGH, IV ZB 16/10).


Die Entscheidung im einzelnen lautet:

Der BGH hat mit dem Hinweisbeschluss vom 09.03.2011 (Az: IV ZB 16-10, IV ZB 16/10) entschieden:

Beginn der Jahresfrist für die Anfechtung eines Erbvertrages;

Die Jahresfrist für die Anfechtung eines Erbvertrages nach § 2283 Abs. 2 BGB beginnt in den Fällen des Irrtums nach § 2078 Abs. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt.

Ein Rechtsirrtum ist hierbei nur beachtlich, wenn er die Unkenntnis einer die Anfechtung begründenden Tatsache zur Folge hat, dagegen unbeachtlich, wenn es sich nur um eine rechtsirrtümliche Beurteilung des Anfechtungstatbestandes selbst handelt (hier: Rechtsirrtum bei Änderung der Vermögensverhältnisse nach dem Tod des Vertragserblassers mit überschuldetem Nachlass durch späteren Vermögenserwerb des Vertragserben).


Gründe:

Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, wonach sie jeweils zu 1/2 Erben ihrer am 11. Juli 2009 verstorbenen Schwester geworden sind. Die Erblasserin war in erster Ehe verheiratet mit Hans Wilhelm L., mit dem sie am 10. Juli 1975 einen notariell beurkundeten Erbvertrag schloss. In diesem setzten der Ehemann die Erblasserin zur Alleinerbin und die Erblasserin die beiden Kinder des Ehemannes aus dessen erster Ehe - die Beteiligte zu 3 sowie eine vorverstorbene Schwester - zu ihren Erben ein. Ferner vermachte die Erblasserin den Beteiligten zu 1 und 2 die "Grundbesitzbeteiligung" an einem ihr gehörenden Grundstück. Die Vertragsparteien behielten sich ein einseitiges Rücktrittsrecht vom Erbvertrag nicht vor. Nach dem Tod ihres Ehemannes am 9. Januar 1988 schlug die Erblasserin die Erbschaft wegen Überschuldung des Nachlasses aus. Im Dezember 1994 heiratete sie erneut und schloss mit ihrem zweiten Ehemann verschiedene Erbverträge. Nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes errichtete die Erblasserin am 10. Mai 2001 ein notarielles Testament, in welchem sie die Beteiligten zu 1 und 2 als Erben zu je 1/2 einsetzte. Das Amtsgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde.

Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Rechtsbeschwerde nach § 74a Abs. 1 FamFG sind gegeben.

Sollte das Beschwerdegericht eine Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage beabsichtigt haben, wie die Grenzen zwischen einem beachtlichen und einem unbeachtlichen Rechtsirrtum im Rahmen der Erbvertragsanfechtung zu beurteilen sind, wäre dies unzulässig. Eine teilweise Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nur in Betracht, wenn - wie hier nicht - abtrennbare Verfahrensgegenstände vorhanden sind.

Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung liegen nicht vor.
Der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts setzt voraus, dass der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Daran fehlt es hier, da die maßgeblichen Grundsätze geklärt sind. Die Jahresfrist für die Anfechtung nach § 2283 Abs. 2 BGB beginnt in den Fällen des Irrtums nach § 2078 BGB mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Ein Rechtsirrtum ist hierbei nur beachtlich, wenn er die Unkenntnis einer die Anfechtung begründenden Tatsache zur Folge hat, dagegen unerheblich, wenn es sich nur um eine rechtsirrtümliche Beurteilung des Anfechtungstatbestandes selbst handelt. Die rechtsirrtümliche Beurteilung eines den Tatsachen nach richtig erkannten Anfechtungstatbestandes geht, soweit es sich um das Anfechtungsrecht und seine Ausübung handelt, zu Lasten des Berechtigten. Ein Anlass für die Entwicklung weiterer höchstrichterlicher Leitsätze besteht auf dieser Grundlage nicht. Wann ein beachtlicher Rechtsirrtum vorliegt, ist über den Einzelfall hinaus nicht verallgemeinerungsfähig. Eine weitergehende abstrakt-generelle Abgrenzung zwischen beachtlichem und unbeachtlichem Rechtsirrtum erscheint nicht möglich.

Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne einer Divergenz setzt voraus, dass die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung. Daran fehlt es ebenfalls. Das Beschwerdegericht stellt den Rechtssatz auf, dass im Bereich des Motivirrtums nach § 2078 Abs. 2 BGB kein beachtlicher Rechtsirrtum vorliegen könne.
Hierbei weicht es nicht von anderen Entscheidungen ab. Vielmehr nimmt beispielsweise auch das Bayerische Oberste Landesgericht an, es liege kein beachtlicher Irrtum vor, wenn der Erblasser davon ausgehe, aufgrund veränderter Vermögensverhältnisse nicht mehr an einen früheren Erbvertrag gebunden zu sein.

Die Rechtsbeschwerde hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Ohne Erfolg machen die Beschwerdeführer geltend, der Erbvertrag sei dahin auszulegen, dass der Erblasserin konkludent ein Rücktrittsvorbehalt für den Fall eingeräumt worden sei, dass entgegen den Erwartungen der Vertragsschließenden beim Tod des Ehemannes der Nachlass überschuldet sein werde, die Erblasserin die Erbschaft deshalb ausschlagen müsse und sie erst in der Zeit nach dem Tod des Ehemannes eigenes Vermögen erwerben werde.

Für die Feststellung des in einem Erbvertrag erklärten Erblasserwillens gelten die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 2084 BGB. Hiernach ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Für die Auslegung vertragsmäßiger Verfügungen i.S. von § 2278 BGB gelten daneben und modifizierend die Auslegungsregeln für Verträge gemäß §§ 133, 157 BGB. Maßgebend ist daher der gemeinsame Wille der Vertragsteile zum Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrages. Diese Aufgabe der Auslegung obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Seine Auslegung kann mit der Revision bzw. Rechtsbeschwerde nur angegriffen werden, wenn sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt.

Solche Auslegungsfehler hat die Rechtsbeschwerde nicht darzulegen vermocht. Insbesondere kommt angesichts der eindeutigen Regelung in VII des Erbvertrages mit dem Ausschluss eines einseitigen Rücktrittsrechts keine Auslegung des Vertrages dahin in Betracht, dass die Vertragsschließenden gleichwohl der Erblasserin einen stillschweigenden Rücktrittsvorbehalt für den Fall der Veränderung der Vermögensverhältnisse einräumen wollten. Ansonsten würde auch die vom Gesetz vorgesehene Bindungswirkung des Erbvertrages vorschnell ausgehöhlt. Hinzu kommt, dass den Vertragschließenden die prekäre finanzielle Situation des Ehemannes keineswegs unbekannt war. Die Beschwerdeführer haben selbst vorgetragen, dass die unternehmerische Tätigkeit des Ehemannes der Erblasserin im Ergebnis nicht erfolgreich verlief und der Erbvertrag erkennbar von der Absicht geprägt gewesen sei, das Vermögen der Eheleute dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen.

Auch die von den Beschwerdeführern erklärte Anfechtung des Erbvertrages greift nicht durch. Ob - wie das Beschwerdegericht meint -im Bereich des Motivirrtums nach § 2078 Abs. 2 BGB überhaupt kein beachtlicher Rechtsirrtum vorliegen könne, kann offen bleiben. Jedenfalls im vorliegenden Fall ist das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen, dass das Anfechtungsrecht der Erblasserin wegen eines unterstellten Motivirrtums im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung bereits erloschen war. Gemäß § 2283 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Die Beschwerdeführer machen als Motivirrtum geltend, die Erblasserin sei nicht von einer Bindungswirkung des Erbvertrages für den Fall ausgegangen, dass der Nachlass der Eheleute selbst überschuldet war, sie die Erbschaft nach ihrem Ehemann ausschlagen musste und erst später selbst neues Vermögen hinzu erworben hat.

Im Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes am 9. Januar 1988 kannte die Erblasserin aber alle für die Anfechtung maßgeblichen tatsächlichen Umstände, nämlich Bestand und Inhalt des Erbvertrages, Eintritt des Erbfalles und Überschuldung des Nachlasses. Wenn sie gleichwohl zu einer Fehleinschätzung der Bindungswirkung des Erbvertrages gelangte, weil sie irrig davon ausging, dass dieser sich nicht auf von ihr zukünftig erworbenes Vermögen beziehe oder durch die Änderung der Vermögensverhältnisse automatisch seine Wirkung verliere, so handelt es sich um einen unbeachtlichen Rechtsirrtum.
Entsprechendes gilt, falls die Erblasserin davon ausgegangen sein sollte, bereits durch die erklärte Ausschlagung sei die Bindungswirkung des Erbvertrages erloschen. Ein Recht des Überlebenden, nach Ausschlagung seine Verfügung durch Testament aufzuheben, sieht § 2298 Abs. 2 Satz 3 BGB nur für den Fall vor, dass im Erbvertrag bereits ohnehin dessen Rücktritt vorbehalten war. Das war hier nicht der Fall.


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Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic
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published on 09/03/2011 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZB 16/10 vom 9. März 2011 in der Nachlasssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 2078 Abs. 2, 2283 Abs. 2 Die Jahresfrist für die Anfechtung eines Erbvertrages nach § 2283 Abs. 2 BGB beginnt in den F
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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 16/10
vom
9. März 2011
in der Nachlasssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Jahresfrist für die Anfechtung eines Erbvertrages nach § 2283 Abs. 2 BGB
beginnt in den Fällen des Irrtums nach § 2078 Abs. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in
welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt.
Ein Rechtsirrtum ist hierbei nur beachtlich, wenn er die Unkenntnis einer die Anfechtung
begründenden Tatsache zur Folge hat, dagegen unbeachtlich, wenn
es sich nur um eine rechtsirrtümliche Beurteilung des Anfechtungstatbestandes
selbst handelt (hier: Rechtsirrtum bei Änderung der Vermögensverhältnisse
nach dem Tod des Vertragserblassers mit überschuldetem Nachlass durch späteren
Vermögenserwerb des Vertragserben).
BGH, Beschluss vom 9. März 2011 - IV ZB 16/10 - OLG Köln
AG Aachen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter Wendt,
Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Dr. Karczewski und
die Richterin Dr. Brockmöller
am 9. März 2011 beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Juli 2010 durch Beschluss nach § 74a FamFG zurückzuweisen.
Die Beteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30. März 2011.

Gründe:


1
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, wonach sie jeweils zu 1/2 Erben ihrer am 11. Juli 2009 verstorbenen Schwester geworden sind. Die Erblasserin war in erster Ehe verheiratet mit Hans Wilhelm L. , mit dem sie am 10. Juli 1975 einen notariell beurkundeten Erbvertrag schloss. In diesem setzten der Ehemann die Erblasserin zur Alleinerbin und die Erblasserin die beiden Kinder des Ehemannes aus dessen erster Ehe - die Beteiligte zu 3 sowie eine vorverstorbene Schwester - zu ihren Erben ein. Ferner vermachte die Erblasserin den Beteiligten zu 1 und 2 die "Grundbesitz- beteiligung" an einem ihr gehörenden Grundstück. Die Vertragsparteien behielten sich ein einseitiges Rücktrittsrecht vom Erbvertrag nicht vor. Nach dem Tod ihres Ehemannes am 9. Januar 1988 schlug die Erblasserin die Erbschaft wegen Überschuldung des Nachlasses aus. Im Dezember 1994 heiratete sie erneut und schloss mit ihrem zweiten Ehemann verschiedene Erbverträge. Nach dem Tod ihres zweiten Ehemannes errichtete die Erblasserin am 10. Mai 2001 ein notarielles Testament, in welchem sie die Beteiligten zu 1 und 2 als Erben zu je 1/2 einsetzte. Das Amtsgericht hat den Erbscheinsantrag zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde.
2
II. Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Rechtsbeschwerde nach § 74a Abs. 1 FamFG sind gegeben.
3
1. Sollte das Beschwerdegericht eine Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage beabsichtigt haben, wie die Grenzen zwischen einem beachtlichen und einem unbeachtlichen Rechtsirrtum im Rahmen der Erbvertragsanfechtung zu beurteilen sind, wäre dies unzulässig. Eine teilweise Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nur in Betracht, wenn - wie hier nicht - abtrennbare Verfahrensgegenstände vorhanden sind (vgl. Müther in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG § 70 Rn. 19; Gottwald in Bassenge/Roth, FamFG/RPflG 12. Aufl. § 70 Rn. 13).
4
2. Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung liegen nicht vor.
5
a) Der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts setzt voraus, dass der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292). Daran fehlt es hier, da die maßgeblichen Grundsätze geklärt sind. Die Jahresfrist für die Anfechtung nach § 2283 Abs. 2 BGB beginnt in den Fällen des Irrtums nach § 2078 BGB mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Ein Rechtsirrtum ist hierbei nur beachtlich , wenn er die Unkenntnis einer die Anfechtung begründenden Tatsache zur Folge hat, dagegen unerheblich, wenn es sich nur um eine rechtsirrtümliche Beurteilung des Anfechtungstatbestandes selbst handelt. Die rechtsirrtümliche Beurteilung eines den Tatsachen nach richtig erkannten Anfechtungstatbestandes geht, soweit es sich um das Anfechtungsrecht und seine Ausübung handelt, zu Lasten des Berechtigten (BGH, Urteil vom 3. November 1969 - III ZR 52/67, FamRZ 1970, 79 unter I 1; RGZ 132, 1, 4 f.; MünchKomm-BGB/Musielak, 5. Aufl. § 2283 Rn. 4; Soergel/Wolf, BGB 13. Aufl. § 2283 Rn. 2). Ein Anlass für die Entwicklung weiterer höchstrichterlicher Leitsätze besteht auf dieser Grundlage nicht. Wann ein beachtlicher Rechtsirrtum vorliegt, ist über den Einzelfall hinaus nicht verallgemeinerungsfähig. Eine weitergehende abstrakt-generelle Abgrenzung zwischen beachtlichem und unbeachtlichem Rechtsirrtum erscheint nicht möglich.
6
b) Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Sinne einer Divergenz setzt voraus, dass die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung (BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292 f.). Daran fehlt es ebenfalls. Das Be- schwerdegericht stellt den Rechtssatz auf, dass im Bereich des Motivirrtums nach § 2078 Abs. 2 BGB kein beachtlicher Rechtsirrtum vorliegen könne. Hierbei weicht es nicht von anderen Entscheidungen ab. Vielmehr nimmt beispielsweise auch das Bayerische Oberste Landesgericht an, es liege kein beachtlicher Irrtum vor, wenn der Erblasser davon ausgehe, aufgrund veränderter Vermögensverhältnisse nicht mehr an einen früheren Erbvertrag gebunden zu sein (NJW-RR 1991, 454, 455).
7
3. Die Rechtsbeschwerde hat auch keine Aussicht auf Erfolg.
8
a) Ohne Erfolg machen die Beschwerdeführer geltend, der Erbvertrag sei dahin auszulegen, dass der Erblasserin konkludent ein Rücktrittsvorbehalt für den Fall eingeräumt worden sei, dass entgegen den Erwartungen der Vertragsschließenden beim Tod des Ehemannes der Nachlass überschuldet sein werde, die Erblasserin die Erbschaft deshalb ausschlagen müsse und sie erst in der Zeit nach dem Tod des Ehemannes eigenes Vermögen erwerben werde.
9
aa) Für die Feststellung des in einem Erbvertrag erklärten Erblasserwillens gelten die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 2084 BGB. Hiernach ist der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (Senatsurteile vom 8. Dezember 1982 - IVa ZR 94/81, BGHZ 86, 41, 45; vom 24. Juni 2009 - IV ZR 202/07, NJW-RR 2009, 1455 Rn. 25). Für die Auslegung vertragsmäßiger Verfügungen i.S. von § 2278 BGB gelten daneben und modifizierend die Auslegungsregeln für Verträge gemäß §§ 133, 157 BGB. Maßgebend ist daher der gemeinsame Wille der Vertragsteile zum Zeitpunkt der Errichtung des Erbvertrages (Staudinger/Kanzleiter, BGB [2006] Einl. zu § 2274 ff. Rn. 30). Diese Aufgabe der Auslegung obliegt in erster Linie dem Tatrichter. Seine Auslegung kann mit der Revision bzw. Rechtsbeschwerde nur angegriffen werden, wenn sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt (Senatsurteil vom 24. Februar 1993 - IV ZR 239/91, BGHZ 121, 357, 363).
10
bb) Solche Auslegungsfehler hat die Rechtsbeschwerde nicht darzulegen vermocht. Insbesondere kommt angesichts der eindeutigen Regelung in VII des Erbvertrages mit dem Ausschluss eines einseitigen Rücktrittsrechts keine Auslegung des Vertrages dahin in Betracht, dass die Vertragsschließenden gleichwohl der Erblasserin einen stillschweigenden Rücktrittsvorbehalt für den Fall der Veränderung der Vermögensverhältnisse einräumen wollten. Ansonsten würde auch die vom Gesetz vorgesehene Bindungswirkung des Erbvertrages vorschnell ausgehöhlt. Hinzu kommt, dass den Vertragschließenden die prekäre finanzielle Situation des Ehemannes keineswegs unbekannt war. Die Beschwerdeführer haben selbst vorgetragen, dass die unternehmerische Tätigkeit des Ehemannes der Erblasserin im Ergebnis nicht erfolgreich verlief und der Erbvertrag erkennbar von der Absicht geprägt gewesen sei, das Vermögen der Eheleute dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen.
11
b) Auch die von den Beschwerdeführern erklärte Anfechtung des Erbvertrages greift nicht durch. Ob - wie das Beschwerdegericht meint - im Bereich des Motivirrtums nach § 2078 Abs. 2 BGB überhaupt kein beachtlicher Rechtsirrtum vorliegen könne, kann offen bleiben. Jedenfalls im vorliegenden Fall ist das Beschwerdegericht zutreffend davon ausgegangen , dass das Anfechtungsrecht der Erblasserin wegen eines unterstellten Motivirrtums im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung bereits erloschen war. Gemäß § 2283 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BGB beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Die Beschwerdeführer machen als Motivirrtum geltend, die Erblasserin sei nicht von einer Bindungswirkung des Erbvertrages für den Fall ausgegangen, dass der Nachlass der Eheleute selbst überschuldet war, sie die Erbschaft nach ihrem Ehemann ausschlagen musste und erst später selbst neues Vermögen hinzu erworben hat.
12
Im Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes am 9. Januar 1988 kannte die Erblasserin aber alle für die Anfechtung maßgeblichen tatsächlichen Umstände, nämlich Bestand und Inhalt des Erbvertrages, Eintritt des Erbfalles und Überschuldung des Nachlasses. Wenn sie gleichwohl zu einer Fehleinschätzung der Bindungswirkung des Erbvertrages gelangte, weil sie irrig davon ausging, dass dieser sich nicht auf von ihr zukünftig erworbenes Vermögen beziehe oder durch die Änderung der Vermögensverhältnisse automatisch seine Wirkung verliere, so handelt es sich um einen unbeachtlichen Rechtsirrtum. Entsprechendes gilt, falls die Erblasserin davon ausgegangen sein sollte, bereits durch die erklärte Ausschlagung sei die Bindungswirkung des Erbvertrages erloschen. Ein Recht des Überlebenden, nach Ausschlagung seine Verfügung durch Testament aufzuheben, sieht § 2298 Abs. 2 Satz 3 BGB nur für den Fall vor, dass im Erbvertrag bereits ohnehin dessen Rücktritt vorbehalten war. Das war hier nicht der Fall.
Wendt Felsch Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
AG Aachen, Entscheidung vom 08.03.2010- 74 M VI 1897/09 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.07.2010 - 2 Wx 81/10 -

(1) Die Anfechtung durch den Erblasser kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.

(2) Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört, in den übrigen Fällen mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.

(3) Hat im Falle des § 2282 Abs. 2 der gesetzliche Vertreter den Erbvertrag nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit der Erblasser selbst den Erbvertrag in gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.

(1) Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde.

(2) Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.

(3) Die Vorschrift des § 122 findet keine Anwendung.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht weist die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde durch einstimmigen Beschluss ohne mündliche Verhandlung oder Erörterung im Termin zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen und die Rechtsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat.

(2) Das Rechtsbeschwerdegericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Beteiligten auf die beabsichtigte Zurückweisung der Rechtsbeschwerde und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Rechtsbeschwerdeführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Der Beschluss nach Absatz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Absatz 2 enthalten sind.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

(1) Die Anfechtung durch den Erblasser kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.

(2) Die Frist beginnt im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört, in den übrigen Fällen mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 entsprechende Anwendung.

(3) Hat im Falle des § 2282 Abs. 2 der gesetzliche Vertreter den Erbvertrag nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfall der Geschäftsunfähigkeit der Erblasser selbst den Erbvertrag in gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.

(1) Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde.

(2) Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.

(3) Die Vorschrift des § 122 findet keine Anwendung.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Lässt der Inhalt einer letztwilligen Verfügung verschiedene Auslegungen zu, so ist im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann.

(1) In einem Erbvertrag kann jeder der Vertragschließenden vertragsmäßige Verfügungen von Todes wegen treffen.

(2) Andere Verfügungen als Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und die Wahl des anzuwendenden Erbrechts können vertragsmäßig nicht getroffen werden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Eine letztwillige Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte und anzunehmen ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage nicht abgegeben haben würde.

(2) Das Gleiche gilt, soweit der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des Eintritts oder Nichteintritts eines Umstands oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist.

(3) Die Vorschrift des § 122 findet keine Anwendung.

(1) Sind in einem Erbvertrag von beiden Teilen vertragsmäßige Verfügungen getroffen, so hat die Nichtigkeit einer dieser Verfügungen die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge.

(2) Ist in einem solchen Vertrag der Rücktritt vorbehalten, so wird durch den Rücktritt eines der Vertragschließenden der ganze Vertrag aufgehoben. Das Rücktrittsrecht erlischt mit dem Tode des anderen Vertragschließenden. Der Überlebende kann jedoch, wenn er das ihm durch den Vertrag Zugewendete ausschlägt, seine Verfügung durch Testament aufheben.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 und des Absatzes 2 Sätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist.