Arzthaftungsrecht: Zur Beweisführung eines Aufklärungsgesprächs vor Herzoperation

published on 24/04/2014 12:30
Arzthaftungsrecht: Zur Beweisführung eines Aufklärungsgesprächs vor Herzoperation
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Das unterzeichnete Einwilligungsformular ist - sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht - ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 28.01.2014 (Az.: VI ZR 143/13) folgendes entschieden:

Das Gericht darf seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auf die Angaben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und "einiger" Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben.

Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe in Freiburg vom 15. März 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.


Tatbestand:

Der Kläger begehrt Schadensersatz für schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen nach einer Herzoperation mit tiefhypothermem Kreislaufstillstand in der Klinik der Beklagten zu 1. An der Operation hatten der Beklagte zu 3 als Operateur und der Beklagte zu 4 als Anästhesist mitgewirkt. Der Beklagte zu 2 ist der chirurgische Chefarzt der Klinik.

Der Kläger leidet an einer angeborenen valvulären Aortenstenose. Im Jahr 2004 wurde in dem von der Beklagten zu 1 betriebenen Herzzentrum eine schwere Aortenklappeninsuffizienz und Ektasie der Aorta ascendens festgestellt und die Indikation zum Ersatz der Aortenklappe und der Aorta ascendens gestellt. Die zunächst für Anfang Februar 2004 beabsichtigte Operation wurde im Hinblick auf den laborchemischen Befund und den Wunsch des Klägers, präoperativ Eigenblut zu spenden, verschoben. Der Kläger wurde sodann am 9. März 2004 zur Durchführung des Eingriffs stationär aufgenommen.

Am Nachmittag des 10. März 2004 fand ein Aufklärungsgespräch durch den Beklagten zu 3 statt. In dem verwendeten Aufklärungsbogen über die Herzklappenoperation wird beschrieben, dass diese unter Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs mit Hilfe einer Herz-Lungen-Maschine erfolge. Eine Beschreibung der Operationsmethode mit tiefhypothermem Kreislaufstillstand ist dem Bogen nicht zu entnehmen. Unter der Überschrift "Ist mit Komplikationen zu rechnen?" heißt es: "Trotz größter Sorgfalt kann es bei und nach der Operation zu schwerwiegenden oder sogar lebensbedrohlichen Zwischenfällen kommen [...]." Weiter werden als Risiken insbesondere Kreislaufstörungen genannt. Hierzu heißt es: "Sie können zu Lähmungserscheinungen, im Bereich des Gehirns auch zu Sprach- und Bewegungsstörungen führen."

Die Operation erfolgte am Vormittag des 11. März 2004. Die erkrankte Aortenklappe sowie die Aorta ascendens wurden durch eine klappentragende Gefäßprothese ersetzt. Aufgrund der Ausdehnung des Aneurysmas bis auf den beginnenden Aortenbogen wurde der Eingriff teilweise im tiefhypothermen Kreislaufstillstand, d.h. bei abgeschalteter Herz-Lungen-Maschine, durchgeführt. Postoperativ trat eine komplexe neurologische Störung auf, die sich in einer Gangunsicherheit, Schwindel und Koordinationsproblemen sowie einer Störung der Augenmotorik und der Sprache äußerte. Zahlreiche Nachbehandlungs- und Rehabilitationsversuche blieben erfolglos.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers, mit welcher er nur noch eine fehlerhafte Aufklärung geltend gemacht hat, zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch weiter.


Entscheidungsgründe:

Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Aufklärung zu. Das Landgericht habe zu Recht angenommen, dass der Kläger auch über die Operationserweiterung "hypothermer Kreislaufstillstand" ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei und für den Fall einer unzureichenden Aufklärung jedenfalls eine hypothetische Einwilligung des Klägers in den konkret durchgeführten Eingriff zu bejahen sei.

Es sei nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht davon überzeugt habe, dass sowohl der Zeuge P. als auch der Beklagte zu 3 in den im Vorfeld der geplanten Operation geführten Aufklärungsgesprächen am 2. Februar 2004 und am 10. März 2004 auch die voraussichtlich anzuwendende Operationsmethode des hypothermen Kreislaufstillstands beschrieben haben. Darüber hinaus sei der Kläger jedenfalls durch den Zeugen P. ordnungsgemäß über das erhöhte Risiko von neurologischen Schäden bei Anwendung dieser Methode gegenüber einer Operation unter durchgehendem Einsatz der Herz-Lungen-Maschine aufgeklärt worden. Dabei habe das Landgericht beachtet, dass in beiden Auf-klärungsbögen zur Herzklappenoperation nur die "konservative" Operationsmethode unter Aufrechterhaltung des Kreislaufs mit Herz-Lungen-Maschine beschrieben sei und jeglicher Hinweis auf die Operationsmethode des hypothermen Kreislaufstillstands fehle. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass dem Arzt gleichwohl auch insoweit die Möglichkeit offen stehe, einen über den schriftlich dokumentierten Text hinausgehenden Inhalt seines Aufklärungsgesprächs zu beweisen, und dass dies auch dann gelte, wenn der Arzt sich an das Aufklärungsgespräch nicht mehr konkret erinnern könne, aber bekunde, wie er entsprechend einer ständigen ausnahmslosen Übung verfahren sei. Ebenso wie dem Arzt der Nachweis der Aufklärung nicht verwehrt sei, wenn er sie überhaupt nicht dokumentiert habe, müsse es ihm möglich sein, über den schriftlich dokumentierten Text hinausgehende Inhalte seines Aufklärungsgesprächs nachzuweisen.

Im Streitfall habe der Beklagte zu 3 bekundet, er erinnere sich zwar noch an das Gespräch mit dem Kläger, aber ganz konkrete Erinnerungen an den Gesprächsinhalt habe er nicht mehr. Er stütze sich darauf, wie er mit Patienten in vergleichbarer Situation und vergleichbarem Alter derartige Aufklärungsgespräche führe, wobei er immer darauf hinweise, dass die Möglichkeit eines hypothermen Kreislaufstillstands in Frage komme. Der Zeuge P. habe sich an das konkrete Aufklärungsgespräch nicht mehr erinnern und nur angeben können, wie Aufklärungsgespräche der entsprechenden Art immer abliefen, wenn es sich um eine Erkrankung wie beim Kläger handelte. Er habe in einem solchen Fall darauf hingewiesen, dass das Herunterkühlen des menschlichen Körpers zu allerlei Komplikationen führen könne. Neben Gerinnungsstörungen könnten das auch neurologische Ausfälle und Schäden sein, wobei er das Risiko mit 5 % angegeben habe.

Anders als bei abweichenden Entscheidungen stehe im Streitfall aufgrund der vom Kläger unterschriebenen Aufklärungsbögen fest, dass die entsprechenden Aufklärungsgespräche stattgefunden haben.

Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht aufgrund der Bekundungen des Beklagten zu 3 bei seiner Anhörung und der Aussage des Zeugen P. eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers auch über die Operationserweiterung "hypother-mer Kreislaufstillstand" bejaht hat.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats hat der aufklärungspflichtige Arzt nachzuweisen, dass er die von ihm geschuldete Aufklärung erbracht hat. An den dem Arzt obliegenden Beweis dürfen allerdings keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Danach hat der Tatrichter die besondere Situation, in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist; dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im Nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche, die für sie etwa vor allem von therapeutischer Bedeutung waren, nicht mehr erinnern. In jedem Fall bedarf es einer verständnisvollen und sorgfältigen Abwägung der tatsächlichen Umstände, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat. Schriftliche Aufzeichnungen im Krankenblatt über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt sind nützlich und dringend zu empfehlen. Ihr Fehlen darf aber nicht dazu führen, dass der Arzt regelmäßig beweisfällig für die behauptete Aufklärung bleibt. Allein entscheidend ist das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient. Deshalb muss auch der Arzt, der keine Formulare benutzt und für den konkreten Einzelfall keine Zeugen zur Verfügung hat, eine faire und reale Chance haben, den ihm obliegenden Beweis für die Durchführung und den Inhalt des Aufklärungsgesprächs zu führen.

Nach diesen Grundsätzen ist dem Arzt der Nachweis der Aufklärung nicht verwehrt, wenn er sie nicht dokumentiert hat. Auch wenn man in der stationären Behandlung eine Dokumentation der Tatsache eines Aufklärungsgesprächs und des wesentlichen Inhalts erwarten kann, darf an das Fehlen einer Dokumentation keine allzu weitgehende Beweisskepsis geknüpft werden. Aus medizinischer Sicht ist - anders als bei Behandlungsmaßnahmen - eine Dokumentation der Aufklärung regelmäßig nicht erforderlich. Ebenso wie dem Arzt der Nachweis der Aufklärung nicht verwehrt ist, wenn er sie überhaupt nicht dokumentiert hat, muss es ihm möglich sein, über den schriftlich dokumentierten Text hinausgehende Inhalte seines Aufklärungsgesprächs nachzuweisen. Dies gilt sowohl für den Fall, dass das sich realisierende Risiko in dem vom Patienten unterschriebenen Aufklärungsformular nicht erwähnt ist, als auch für den Fall, dass darüber hinaus durch handschriftliche Zusatzeinträge ein weitergehender Gesprächsinhalt dokumentiert ist.

Für den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist nicht unbedingt erforderlich, dass sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch erinnert. Angesichts der Vielzahl von Informationsund Aufklärungsgesprächen, die Ärzte täglich führen, kann dies nicht erwartet werden. Da an den vom Arzt zu führenden Nachweis der ordnungsgemäßen Aufklärung keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, darf das Gericht seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auf die Angaben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und "einiger" Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben. Einen wesentlichen Anhaltspunkt für die Tatsache, dass ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat, gibt dabei das von dem Arzt und dem Patienten unterzeichnete Formular, mit dem der Patient sein Einverständnis zu dem ärztlichen Eingriff gegeben hat. Dieses Formular ist - sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht - zugleich ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs.

Soweit die Revision meint, Obergerichte hätten teilweise eine von den vorstehend dargelegten Grundsätzen abweichende Auffassung vertreten, lässt sich dies den von ihr angeführten Entscheidungen nicht entnehmen.

Der rechtliche Ausgangspunkt, dass ein vom Patienten unterschriebenes Aufklärungs- und Einwilligungsformular allein nicht den Schluss darauf zulässt, dass das erforderliche Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient tatsächlich stattgefunden hat , entspricht dem Grundsatz, dass dem unterschriebenen Aufklärungsformular nur eine Indizwirkung hinsichtlich eines Aufklärungsgesprächs zukommt. Wenn die angeführten Gerichte dann bei ihren Entscheidungen aufgrund einer Beweiswürdigung im Einzelfall aus weiteren Umständen die Überzeugung gewonnen haben, dass die von der Behandlungsseite behauptete Aufklärung tatsächlich stattgefunden hat, haben sie insoweit keine weiteren Voraussetzungen für die Annahme eines Aufklärungsgesprächs begründet. Es handelt sich vielmehr um die vom Senat geforderte Abwägung der tatsächlichen Umstände im Einzelfall, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat.

Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich aus obergerichtlichen Entscheidungen auch nicht der Grundsatz ableiten, dass der Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ohne konkrete Erinnerung an das Aufklärungsgespräch regelmäßig nicht erbracht ist, wenn das aufklärungspflichtige Risiko weder im Aufklärungsbogen noch in der Patientenkartei noch an anderer Stelle beschrieben ist. Weder das Oberlandesgericht Brandenburg noch das Oberlandesgericht Oldenburg noch das Oberlandesgericht Koblenz haben Grundsätze aufgestellt, die in Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats stünden. Sie sind vielmehr erkennbar von dieser Rechtsprechung ausgegangen, haben aber bei der Würdigung im Einzelfall nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Durchführung eines Aufklärungsgespräches oder eine hinreichende Aufklärung bewiesen ist.

Soweit die Revision Einwendungen gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts erhebt, sind ihre Bedenken unbegründet.

Das Berufungsgericht hat nicht seinen tatrichterlichen Ermessensspielraum bei der Beweiswürdigung und der Feststellung des Sachverhalts überschritten, wenn es die Überzeugung gewonnen hat, der Kläger sei aufgrund stattgefundener Aufklärungsgespräche am 2. Februar und am 10. März 2004 durch den Zeugen P. und den Beklagten zu 3 auch hinsichtlich der Operationserweiterung "hypothermer Kreislaufstillstand" ausreichend aufgeklärt worden. Insoweit hat das Berufungsgericht insbesondere berücksichtigt, dass in den Aufklärungsbögen zur Herzklappenoperation nur die "konservative" Operationsmethode unter Aufrechterhaltung des Kreislaufs mit Herz-LungenMaschine beschrieben ist und jeglicher Hinweis auf die Operationsmethode des hypothermen Kreislaufstillstands fehlt. Es hat auch beachtet, dass der Beklagte zu 3 bekundet hat, er erinnere sich zwar noch etwas an das Gespräch mit dem Kläger, aber ganz konkrete Erinnerungen an den Gesprächsinhalt habe er nicht mehr, und sich der Zeuge P. an das konkrete Aufklärungsgespräch nicht mehr erinnern konnte. Desgleichen hat es in seine Würdigung einbezogen, dass der am 2. Februar 2004 vom Kläger und dem Zeugen P. unterschriebene Aufklä-rungsbogen keine handschriftlichen Eintragungen enthält. Wenn es dennoch aufgrund der als glaubhaft eingestuften Aussage des Zeuge P. und der Bekundung des Beklagten zu 3 die Überzeugung gewonnen hat, dass der Kläger ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist, handelt es sich um eine tatrichterliche Würdigung im Einzelfall, die nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Aussage des Zeugen P. ist insoweit darauf hinzuweisen, dass er ausweislich der Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil hinsichtlich der Risiken der angewendeten Methode besonders sensibilisiert gewesen ist, weil er seine Ausbildung bei einem der Mitbegründer der Methode gemacht und insbesondere in den Anfangsjahren dieser Methode die Nebenwirkungen gesehen hat. Zudem weist das Berufungsgericht darauf hin, dass das Aufklärungsformular den Grundtatbestand der geplanten Operation und damit auch im Wesentlichen bereits alle Risiken auch der geplanten erweiterten Operation mit Einsetzen einer Aortenprothese mitumfasste. Dementsprechend sei in der Klinik der Beklagten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht immer noch dieses Aufklärungsformular für vergleichbare Operationen verwendet worden.

Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch nicht die Indizwirkung des Einwilligungsformulars verkannt. Wie bereits ausgeführt, hat es diesen Umstand bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigt.

Die Beweiswürdigung ist auch nicht lückenhaft, soweit sich keine Erwägungen des Berufungsgerichts dazu finden, ob die Aufklärung durch den Zeugen P. bereits am 2. Februar 2004 noch zum Zeitpunkt der Operation am 11. März 2004 wirksam gewesen ist.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Patient vor dem beabsichtigten Eingriff so rechtzeitig aufzuklären, dass er durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemessener Weise wahren kann. Zum Schutz des Selbstbestimmungsrechtes erfordert dies grundsätzlich, dass ein Arzt, der einem Patienten eine Entscheidung über die Duldung eines operativen Eingriffs abverlangt und für diesen Eingriff bereits einen Termin bestimmt, ihm schon in diesem Zeitpunkt auch die Risiken aufzeigt, die mit diesem Eingriff verbunden sind. Nach diesen Grundsätzen war es richtig, den Kläger bereits am 2. Februar 2004 - wie nach den Feststellungen durch den Zeugen P. geschehen - aufzuklären, weil die Operation zunächst für Anfang Februar 2004 vorgesehen war. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, bei einem zu großen zeitlichen Abstand könne die ursprünglich erteilte Einwilligung bis zum Eingriff bereits "entaktualisiert" sein besteht kein Anlass, im vorliegenden Fall dazu Stellung zu nehmen. Bei der hier erfolgten Operation am 11. März 2004 war die am 2. Februar 2004 erfolgte Aufklärung jedenfalls noch nicht "entaktualisiert".

Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch nicht widersprüchlich, dass das Berufungsgericht einerseits feststellt, dass sowohl der Beklagte zu 3 als auch der Zeuge P. die voraussichtlich anzuwendende Operationsmethode "tiefhypothermer Kreislaufstillstand" beschrieben haben, und andererseits ausführt, darüber hinaus sei der Kläger jedenfalls durch den Zeugen P. ordnungsgemäß auch über das erhöhte Risiko von neurologischen Schäden aufgeklärt worden. Bereits durch das Wort "jedenfalls" ist ersichtlich, dass das Berufungsgericht eine ordnungsgemäße Aufklärung auch durch den Beklagten zu 3 hinsichtlich des erhöhten Risikos nicht ausschließt. Wenn es eine solche aber jedenfalls durch den Zeugen P. mit der gemäß § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit annimmt, reicht dies aus.

Demnach ist die Revision bereits wegen der fehlerfrei festgestellten ordnungsgemäßen Aufklärung seitens des Beklagten zu 3 und des Zeugen P. zurückzuweisen, ohne dass es auf die Hilfserwägungen zu einer hypothetischen Einwilligung ankommt.

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(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.
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published on 28/01/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 143/13 Verkündet am: 28. Januar 2014 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
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In Arzthaftungsprozessen hat der Tatrichter die Pflicht, Widersprüchen zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger von Amts wegen nachzugehen.
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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 143/13 Verkündet am:
28. Januar 2014
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Gericht darf seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auf die
Angaben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn
seine Darstellung in sich schlüssig und "einiger" Beweis für ein Aufklärungsgespräch
erbracht ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt erklärt, ihm
sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben.

b) Das unterzeichnete Einwilligungsformular ist - sowohl in positiver als auch
in negativer Hinsicht - ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 - VI ZR 143/13 - OLG Karlsruhe in Freiburg
LG Freiburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Januar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen, den Richter Stöhr und die Richterin
von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe in Freiburg vom 15. März 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt Schadensersatz für schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen nach einer Herzoperation mit tiefhypothermem Kreislaufstillstand in der Klinik der Beklagten zu 1. An der Operation hatten der Beklagte zu 3 als Operateur und der Beklagte zu 4 als Anästhesist mitgewirkt. Der Beklagte zu 2 ist der chirurgische Chefarzt der Klinik.
2
Der Kläger leidet an einer angeborenen valvulären Aortenstenose. Im Jahr 2004 wurde in dem von der Beklagten zu 1 betriebenen Herzzentrum eine schwere Aortenklappeninsuffizienz und Ektasie der Aorta ascendens festgestellt und die Indikation zum Ersatz der Aortenklappe und der Aorta ascendens gestellt. Die zunächst für Anfang Februar 2004 beabsichtigte Operation wurde im Hinblick auf den laborchemischen Befund und den Wunsch des Klägers, präoperativ Eigenblut zu spenden, verschoben. Der Kläger wurde sodann am 9. März 2004 zur Durchführung des Eingriffs stationär aufgenommen.
3
Am Nachmittag des 10. März 2004 fand ein Aufklärungsgespräch durch den Beklagten zu 3 statt. In dem verwendeten Aufklärungsbogen über die Herzklappenoperation wird beschrieben, dass diese unter Aufrechterhaltung des Blutkreislaufs mit Hilfe einer Herz-Lungen-Maschine erfolge. Eine Beschreibung der Operationsmethode mit tiefhypothermem Kreislaufstillstand ist dem Bogen nicht zu entnehmen. Unter der Überschrift "Ist mit Komplikationen zu rechnen?" heißt es: "Trotz größter Sorgfalt kann es bei und nach der Operation zu schwerwiegenden oder sogar lebensbedrohlichen Zwischenfällen kom- men […]." Weiter werden als Risiken insbesondere Kreislaufstörungen genannt. Hierzu heißt es: "Sie können zu Lähmungserscheinungen, im Bereich des Gehirns ("Gehirnschlag") auch zu Sprach- und Bewegungsstörungen führen."
4
Die Operation erfolgte am Vormittag des 11. März 2004. Die erkrankte Aortenklappe sowie die Aorta ascendens wurden durch eine klappentragende Gefäßprothese ersetzt. Aufgrund der Ausdehnung des Aneurysmas bis auf den beginnenden Aortenbogen wurde der Eingriff teilweise im tiefhypothermen Kreislaufstillstand, d.h. bei abgeschalteter Herz-Lungen-Maschine, durchgeführt. Postoperativ trat eine komplexe neurologische Störung auf, die sich in einer Gangunsicherheit, Schwindel und Koordinationsproblemen sowie einer Störung der Augenmotorik (Sakkadenstörung) und der Sprache äußerte. Zahlreiche Nachbehandlungs- und Rehabilitationsversuche blieben erfolglos.
5
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers, mit welcher er nur noch eine fehlerhafte Aufklärung geltend gemacht hat, zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Schadensersatz wegen einer fehlerhaften Aufklärung zu. Das Landgericht habe zu Recht angenommen, dass der Kläger auch über die Operationserweiterung "hypothermer Kreislaufstillstand" ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei und für den Fall einer unzureichenden Aufklärung jedenfalls eine hypothetische Einwilligung des Klägers in den konkret durchgeführten Eingriff zu bejahen sei.
7
Es sei nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht davon überzeugt habe, dass sowohl der Zeuge P. als auch der Beklagte zu 3 in den im Vorfeld der geplanten Operation geführten Aufklärungsgesprächen am 2. Februar 2004 und am 10. März 2004 auch die voraussichtlich anzuwendende Operationsmethode des hypothermen Kreislaufstillstands beschrieben haben. Darüber hinaus sei der Kläger jedenfalls durch den Zeugen P. ordnungsgemäß über das erhöhte Risiko von neurologischen Schäden bei Anwendung dieser Methode gegenüber einer Operation unter durchgehendem Einsatz der Herz-Lungen-Maschine aufgeklärt worden. Dabei habe das Landgericht beachtet, dass in beiden Aufklärungsbögen zur Herzklappenoperation nur die "konservative" Operationsmethode unter Aufrechterhaltung des Kreislaufs mit Herz-Lungen-Maschine beschrieben sei und jeglicher Hinweis auf die Operationsmethode des hypothermen Kreislaufstillstands fehle. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen , dass dem Arzt gleichwohl auch insoweit die Möglichkeit offen stehe, einen über den schriftlich dokumentierten Text hinausgehenden Inhalt seines Aufklärungsgesprächs zu beweisen, und dass dies auch dann gelte, wenn der Arzt sich an das Aufklärungsgespräch nicht mehr konkret erinnern könne, aber bekunde , wie er entsprechend einer ständigen ausnahmslosen Übung verfahren sei. Ebenso wie dem Arzt der Nachweis der Aufklärung nicht verwehrt sei, wenn er sie überhaupt nicht dokumentiert habe, müsse es ihm möglich sein, über den schriftlich dokumentierten Text hinausgehende Inhalte seines Aufklärungsgesprächs nachzuweisen.
8
Im Streitfall habe der Beklagte zu 3 bekundet, er erinnere sich zwar noch an das Gespräch mit dem Kläger, aber ganz konkrete Erinnerungen an den Gesprächsinhalt habe er nicht mehr. Er stütze sich darauf, wie er mit Patienten in vergleichbarer Situation und vergleichbarem Alter derartige Aufklärungsgespräche führe, wobei er immer darauf hinweise, dass die Möglichkeit eines hypothermen Kreislaufstillstands in Frage komme. Der Zeuge P. habe sich an das konkrete Aufklärungsgespräch nicht mehr erinnern und nur angeben können, wie Aufklärungsgespräche der entsprechenden Art immer abliefen, wenn es sich um eine Erkrankung wie beim Kläger handelte. Er habe in einem solchen Fall darauf hingewiesen, dass das Herunterkühlen des menschlichen Körpers zu allerlei Komplikationen führen könne. Neben Gerinnungsstörungen könnten das auch neurologische Ausfälle und Schäden sein, wobei er das Risiko mit 5 % angegeben habe.
9
Anders als bei abweichenden Entscheidungen stehe im Streitfall aufgrund der vom Kläger unterschriebenen Aufklärungsbögen fest, dass die entsprechenden Aufklärungsgespräche stattgefunden haben.

II.

10
Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision ist nicht zu beanstanden , dass das Berufungsgericht aufgrund der Bekundungen des Beklagten zu 3 bei seiner Anhörung und der Aussage des Zeugen P. eine ordnungsgemäße Aufklärung des Klägers auch über die Operationserweiterung "hypothermer Kreislaufstillstand" bejaht hat.
11
1. a) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats hat der aufklärungspflichtige Arzt nachzuweisen, dass er die von ihm geschuldete Aufklärung erbracht hat. An den dem Arzt obliegenden Beweis dürfen allerdings keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Danach hat der Tatrichter die besondere Situation, in der sich der Arzt während der Behandlung des Patienten befindet, ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, sollte dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist; dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im Nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche, die für sie etwa vor allem von therapeutischer Bedeutung waren, nicht mehr erinnern. In jedem Fall bedarf es einer verständnisvollen und sorgfältigen Abwägung der tatsächlichen Umstände, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat (vgl. Senatsurteile vom 10. März 1981 - VI ZR 202/79, VersR 1981, 730, 731; vom 21. September 1982 - VI ZR 302/80, VersR 1982, 1193, 1194; vom 28. Februar 1984 - VI ZR 70/82, VersR 1984, 538, 539 f.; vom 8. Januar 1985 - VI ZR 15/83, VersR 1985, 361, 362; vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00, VersR 2002, 120, 121). Schriftliche Aufzeichnungen im Krankenblatt über die Durchführung des Aufklärungsgesprächs und seinen wesentlichen Inhalt sind nützlich und dringend zu empfehlen. Ihr Fehlen darf aber nicht dazu führen, dass der Arzt regelmäßig beweisfällig für die behauptete Aufklärung bleibt. Allein entscheidend ist das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient. Deshalb muss auch der Arzt, der keine Formulare benutzt und für den konkreten Einzelfall kei- ne Zeugen zur Verfügung hat, eine faire und reale Chance haben, den ihm obliegenden Beweis für die Durchführung und den Inhalt des Aufklärungsgesprächs zu führen (vgl. Senatsurteil vom 8. Januar 1985 - VI ZR 15/83, aaO).
12
b) Nach diesen Grundsätzen ist dem Arzt der Nachweis der Aufklärung nicht verwehrt, wenn er sie nicht dokumentiert hat (Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht , 12. Aufl., Rn. 516). Auch wenn man in der stationären Behandlung eine Dokumentation der Tatsache eines Aufklärungsgesprächs und des wesentlichen Inhalts erwarten kann, darf an das Fehlen einer Dokumentation keine allzu weitgehende Beweisskepsis geknüpft werden. Aus medizinischer Sicht ist - anders als bei Behandlungsmaßnahmen - eine Dokumentation der Aufklärung regelmäßig nicht erforderlich (Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 6. Aufl., C Rn. 134). Ebenso wie dem Arzt der Nachweis der Aufklärung nicht verwehrt ist, wenn er sie überhaupt nicht dokumentiert hat, muss es ihm möglich sein, über den schriftlich dokumentierten Text hinausgehende Inhalte seines Aufklärungsgesprächs nachzuweisen. Dies gilt sowohl für den Fall, dass das sich realisierende Risiko in dem vom Patienten unterschriebenen Aufklärungsformular nicht erwähnt ist, als auch für den Fall, dass darüber hinaus durch handschriftliche Zusatzeinträge ein weitergehender Gesprächsinhalt dokumentiert ist (vgl. OLG München, GesR 2003, 274, 275 mit Nichtannahme der Revision durch Beschluss des Senats vom 28. Januar 2003 - VI ZR 307/02; Martis/Winkhart - Martis, Arzthaftungsrecht, 3. Aufl. A 2291 f., 2293 ff. mwN).
13
c) Für den Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ist nicht unbedingt erforderlich, dass sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch (Ort, Umstände, genauer Inhalt) erinnert. Angesichts der Vielzahl von Informationsund Aufklärungsgesprächen, die Ärzte täglich führen, kann dies nicht erwartet werden. Da an den vom Arzt zu führenden Nachweis der ordnungsgemäßen Aufklärung keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, darf das Gericht seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auf die Angaben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und "einiger" Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben. Einen wesentlichen Anhaltspunkt für die Tatsache, dass ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat, gibt dabei das von dem Arzt und dem Patienten unterzeichnete Formular, mit dem der Patient sein Einverständnis zu dem ärztlichen Eingriff gegeben hat (vgl. Senatsurteile vom 8. Januar 1985 - VI ZR 15/83, aaO; vom 29. September 1998 - VI ZR 268/97, VersR 1999, 190, 191; vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00, aaO; Geiß/Greiner, aaO; Petig/Rensen, MDR 2012, 877, 880, 881). Dieses Formular ist - sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht (vgl. Lepa, Festschrift Geiß, 2000, S. 449, 455 mwN) - zugleich ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs.
14
2. Soweit die Revision meint, Obergerichte hätten teilweise eine von den vorstehend dargelegten Grundsätzen abweichende Auffassung vertreten, lässt sich dies den von ihr angeführten Entscheidungen nicht entnehmen.
15
Der rechtliche Ausgangspunkt, dass ein vom Patienten unterschriebenes Aufklärungs- und Einwilligungsformular allein nicht den Schluss darauf zulässt, dass das erforderliche Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient tatsächlich stattgefunden hat (vgl. etwa OLGR Düsseldorf 2006, 12, 13), entspricht dem Grundsatz, dass dem unterschriebenen Aufklärungsformular nur eine Indizwirkung hinsichtlich eines Aufklärungsgesprächs zukommt. Wenn die angeführten Gerichte dann bei ihren Entscheidungen aufgrund einer Beweiswürdigung im Einzelfall aus weiteren Umständen die Überzeugung gewonnen haben, dass die von der Behandlungsseite behauptete Aufklärung tatsächlich stattgefunden hat, haben sie insoweit keine weiteren Voraussetzungen für die Annah- me eines Aufklärungsgesprächs begründet. Es handelt sich vielmehr um die vom Senat geforderte Abwägung der tatsächlichen Umstände im Einzelfall, für die der Tatrichter einen erheblichen Freiraum hat.
16
Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich aus obergerichtlichen Entscheidungen auch nicht der Grundsatz ableiten, dass der Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung ohne konkrete Erinnerung an das Aufklärungsgespräch regelmäßig nicht erbracht ist, wenn das aufklärungspflichtige Risiko weder im Aufklärungsbogen noch in der Patientenkartei noch an anderer Stelle beschrieben ist. Weder das Oberlandesgericht Brandenburg (vgl. VersR 2000, 1283, 1285; Urteil vom 12. Juli 2007 - 12 U 207/06, juris Rn. 13) noch das Oberlandesgericht Oldenburg (OLGR Oldenburg 2007, 473, 474) noch das Oberlandesgericht Koblenz (OLGR Koblenz 2004, 537, 538; VersR 2009, 1077, 1078) haben Grundsätze aufgestellt, die in Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats stünden. Sie sind vielmehr erkennbar von dieser Rechtsprechung ausgegangen, haben aber bei der Würdigung im Einzelfall nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die Durchführung eines Aufklärungsgespräches oder eine hinreichende Aufklärung bewiesen ist.
17
3. Soweit die Revision Einwendungen gegen die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts erhebt, sind ihre Bedenken unbegründet.
18
a) Das Berufungsgericht hat nicht seinen tatrichterlichen Ermessensspielraum bei der Beweiswürdigung und der Feststellung des Sachverhalts überschritten, wenn es die Überzeugung gewonnen hat, der Kläger sei aufgrund stattgefundener Aufklärungsgespräche am 2. Februar und am 10. März 2004 durch den Zeugen P. und den Beklagten zu 3 auch hinsichtlich der Operationserweiterung "hypothermer Kreislaufstillstand" ausreichend aufgeklärt worden. Insoweit hat das Berufungsgericht insbesondere berücksichtigt, dass in den Aufklärungsbögen zur Herzklappenoperation nur die "konservative" Operationsmethode unter Aufrechterhaltung des Kreislaufs mit Herz-LungenMaschine beschrieben ist und jeglicher Hinweis auf die Operationsmethode des hypothermen Kreislaufstillstands fehlt. Es hat auch beachtet, dass der Beklagte zu 3 bekundet hat, er erinnere sich zwar noch etwas an das Gespräch mit dem Kläger, aber ganz konkrete Erinnerungen an den Gesprächsinhalt habe er nicht mehr, und sich der Zeuge P. an das konkrete Aufklärungsgespräch nicht mehr erinnern konnte. Desgleichen hat es in seine Würdigung einbezogen, dass der am 2. Februar 2004 vom Kläger und dem Zeugen P. unterschriebene Aufklärungsbogen keine handschriftlichen Eintragungen enthält. Wenn es dennoch aufgrund der als glaubhaft eingestuften Aussage des Zeuge P. und der Bekundung des Beklagten zu 3 die Überzeugung gewonnen hat, dass der Kläger ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist, handelt es sich um eine tatrichterliche Würdigung im Einzelfall, die nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Aussage des Zeugen P. ist insoweit darauf hinzuweisen, dass er ausweislich der Feststellungen im erstinstanzlichen Urteil hinsichtlich der Risiken der angewendeten Methode besonders sensibilisiert gewesen ist, weil er seine Ausbildung bei einem der Mitbegründer der Methode gemacht und insbesondere in den Anfangsjahren dieser Methode die Nebenwirkungen gesehen hat. Zudem weist das Berufungsgericht darauf hin, dass das Aufklärungsformular den Grundtatbestand der geplanten Operation und damit auch im Wesentlichen bereits alle Risiken auch der geplanten erweiterten Operation mit Einsetzen einer Aortenprothese mitumfasste. Dementsprechend sei in der Klinik der Beklagten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht immer noch dieses Aufklärungsformular für vergleichbare Operationen verwendet worden.
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b) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch nicht die Indizwirkung des Einwilligungsformulars verkannt. Wie bereits ausgeführt , hat es diesen Umstand bei seiner Beweiswürdigung berücksichtigt.
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c) Die Beweiswürdigung ist auch nicht lückenhaft, soweit sich keine Erwägungen des Berufungsgerichts dazu finden, ob die Aufklärung durch den Zeugen P. bereits am 2. Februar 2004 noch zum Zeitpunkt der Operation am 11. März 2004 wirksam gewesen ist.
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Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Patient vor dem beabsichtigten Eingriff so rechtzeitig aufzuklären, dass er durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemessener Weise wahren kann. Zum Schutz des Selbstbestimmungsrechtes erfordert dies grundsätzlich, dass ein Arzt, der einem Patienten eine Entscheidung über die Duldung eines operativen Eingriffs abverlangt und für diesen Eingriff bereits einen Termin bestimmt, ihm schon in diesem Zeitpunkt auch die Risiken aufzeigt , die mit diesem Eingriff verbunden sind (vgl. Senatsurteil vom 25. März 2003 - VI ZR 131/02, VersR 2003, 1441, 1443 mwN). Nach diesen Grundsätzen war es richtig, den Kläger bereits am 2. Februar 2004 - wie nach den Feststellungen durch den Zeugen P. geschehen - aufzuklären, weil die Operation zunächst für Anfang Februar 2004 vorgesehen war. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, bei einem zu großen zeitlichen Abstand könne die ursprünglich erteilte Einwilligung bis zum Eingriff bereits "entaktualisiert" sein (Deutsch NJW 1979, 1905, 1907; Hoppe NJW 1998, 782, 785; Katzenmeier in Laufs/Katzenmeier/Lipp, Arztrecht, 6. Aufl., V Rn. 82) besteht kein Anlass, im vorliegenden Fall dazu Stellung zu nehmen. Bei der hier erfolgten Operation am 11. März 2004 war die am 2. Februar 2004 erfolgte Aufklärung jedenfalls noch nicht "entaktualisiert".
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d) Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch nicht widersprüchlich , dass das Berufungsgericht einerseits feststellt, dass sowohl der Beklagte zu 3 als auch der Zeuge P. die voraussichtlich anzuwendende Operationsme- thode "tiefhypothermer Kreislaufstillstand" beschrieben haben, und andererseits ausführt, darüber hinaus sei der Kläger jedenfalls durch den Zeugen P. ordnungsgemäß auch über das erhöhte Risiko von neurologischen Schäden aufgeklärt worden. Bereits durch das Wort "jedenfalls" ist ersichtlich, dass das Berufungsgericht eine ordnungsgemäße Aufklärung auch durch den Beklagten zu 3 hinsichtlich des erhöhten Risikos nicht ausschließt. Wenn es eine solche aber jedenfalls durch den Zeugen P. mit der gemäß § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit annimmt, reicht dies aus.
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4. Demnach ist die Revision bereits wegen der fehlerfrei festgestellten ordnungsgemäßen Aufklärung seitens des Beklagten zu 3 und des Zeugen P. zurückzuweisen, ohne dass es auf die Hilfserwägungen zu einer hypothetischen Einwilligung ankommt. Galke Wellner Diederichsen Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Freiburg, Entscheidung vom 01.02.2012 - 6 O 479/09 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 15.03.2013 - 13 U 41/12 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.