Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Dez. 2008 - 8 S 2395/08

published on 29/12/2008 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 29. Dez. 2008 - 8 S 2395/08
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

Die Beschwerden der Eheleute ... gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5. August 2008 - 13 K 1075/08 - werden zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Gründe

 
Die Beschwerden haben keinen Erfolg. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Beschwerdeführer nicht zu dem Rechtsstreit beizuladen, in dem die Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung für ein Baumhaus als Abenteuerspielanlage auf dem dem Anwesen der Beschwerdeführer benachbarten Grundstück - allerdings in einer Entfernung von etwa 10,5 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze - begehren, ist nicht zu beanstanden.
Die Beschwerdeführer machen zu Unrecht geltend, es liege ein Fall der notwendigen Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO vor, weil sie mit den Klägern und der Beklagten nicht nur tatsächlich aufgrund ihres unmittelbar an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks, sondern aufgrund des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses und der dadurch begründeten Schicksalsgemeinschaft, die unmittelbaren Ausdruck im baurechtlichen Rücksichtnahmegebot finde, auch rechtlich verbunden seien. Sie verkennen damit aber, dass der für eine notwendige Beiladung erforderliche unmittelbare Eingriff in ihre Rechtspositionen nicht schon durch eine gerichtliche Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der Baugenehmigung erfolgt, sondern erst durch diese selbst bzw. ihre Realisierung. Sie sind deshalb an dem streitigen Rechtsverhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung darüber auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, wie es § 65 Abs. 2 VwGO voraussetzt. Es entspricht deshalb ständiger und gefestigter Rechtsprechung, dass im Verpflichtungsrechtsstreit des Bauherrn gegen die Baurechtsbehörde Nachbarn auch dann nicht notwendig beigeladen werden müssen, wenn sie gegen das Bauvorhaben im Verwaltungsverfahren Einwendungen erhoben haben (BVerwG, Beschluss vom 21.6.1973 - IV B 38.73 - DÖV 1975, 99; Urteil vom 11.2.1977 - 4 C 9.75 - NJW 1978, 64; Beschluss vom 20.5.1992 - 1 B 22.92 - NVwZ-RR 1993, 18; Bier, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: 16. Erg.-Lief. 2008, § 65 RdNr. 24).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer einfachen Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 1 VwGO liegen dagegen vor, da bei einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung rechtliche Interessen der Grundstücksnachbarn berührt werden können; denn die Bebauung und die Nutzung eines Grundstücks können sich auf die Nachbargrundstücke auswirken (BayVGH, Beschluss vom 3.12.2001 - 2 C 01.1882 - juris). Eine solche Beiladung steht jedoch im Ermessen des Gerichts und die Ermessensentscheidung des Verwaltungsgerichts, den Beiladungsantrag der Beschwerdeführer abzulehnen, ist nicht zu beanstanden. Es hat zutreffend angeführt, dass die Gerichte von Amts wegen die mögliche Verletzung nachbarlicher Rechte (z. B. des baurechtlichen Rücksichtnahmegebots) zu prüfen haben und die Beschwerdeführer im Falle einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung die Aufhebung der dann zu erteilenden Baugenehmigung im Wege des Anfechtungsprozesses, zu dem die Kläger als Genehmigungsinhaber notwendig beizuladen wären, erreichen könnten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.5.1992, a. a. O.). Soweit die Beschwerdeführer dem die von ihnen für prozessökonomisch gehaltene Erwägung entgegenhalten, ihre Beiladung vermeide eine zweifache Inanspruchnahme der Gerichte, da sich ein Folgeprozess gegen die erteilte Baugenehmigung anschließen werde, übersehen sie, dass noch keineswegs feststeht, ob die Beklagte zur Erteilung der beantragten - und von ihr sowie dem Regierungspräsidium verweigerten - Genehmigung verpflichtet wird.
Nach allem sind die Beschwerden mit der Kostenfolge aus § 155 Abs. 1 VwGO zurückzuweisen. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da für diese Entscheidung eine Festgebühr in Höhe von EUR 50,-- anfällt (Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG). Eine Festsetzung des Gegenstandswerts kommt nicht in Betracht, da ein hierauf bezogener Antrag fehlt (§ 33 Abs. 1 RVG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 08/04/2014 00:00

Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. 1Gründe 2Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Begehren auf Beiladung zum Klageverfahren weiterfolgt, hat keinen Erfolg. 3Zunächs
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Das Gericht kann, solange das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen oder in höherer Instanz anhängig ist, von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung).

(3) Kommt nach Absatz 2 die Beiladung von mehr als fünfzig Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluß anordnen, daß nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluß ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Er muß außerdem in Tageszeitungen veröffentlicht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich die Entscheidung voraussichtlich auswirken wird. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muß mindestens drei Monate seit Veröffentlichung im Bundesanzeiger betragen. In der Veröffentlichung in Tageszeitungen ist mitzuteilen, an welchem Tage die Frist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Frist gilt § 60 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(4) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Die Beiladung ist unanfechtbar.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.

(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.

(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.

(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.

(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.