|
|
| Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Baugenehmigung vom 15.4.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 15.11.2005 im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
|
| Die Rechtskraft der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.7.2002 - 2 K 913/01 - steht weder der Zulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 15.4.2005 noch der gerichtlichen Sachprüfung (vgl. hierzu: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 121 Rdnr. 26 mwN.) entgegen. Nach § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. In dem zwischen den Parteien des vorliegenden Rechtsstreits am 18.7.2002 ergangenen rechtskräftigen Urteil des Verwaltungsgerichts wurde die dem Beigeladenen am 27.10.1998 erteilte Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften und die Brandschutzvorschriften aufgehoben. Das vorliegende Verfahren betrifft nicht erneut diese bereits aufgehobene Baugenehmigung aus dem Jahre 1998, sondern eine andere neue Baugenehmigung vom 15.4.2005, über deren Rechtmäßigkeit bisher noch nicht entschieden worden ist und über die daher im vorliegenden Verfahren entschieden werden kann, ohne dass gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage rechtliche Bedenken bestünden (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992 - 1 C 12/92 -, NVwZ 1993, 672 mwN.). |
|
| Dem beklagten Land war es auch nicht infolge der Rechtskraftwirkung des Urteils vom 18.7.2002 verwehrt, auf den erneuten Genehmigungsantrag des Beigeladenen die nunmehr angefochtene Baugenehmigung zu erlassen. Zwar erfasst die Rechtskraftwirkung in dem in § 121 VwGO umschriebenen Rahmen auch nachfolgende Verwaltungsakte. Damit soll verhindert werden, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch ein Urteil rechtskräftig entschieden worden ist, erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht wird. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage darf die im Vorprozess unterlegene Behörde bei unveränderter Sach- und Rechtslage nicht den gleichen Verwaltungsakt aus den vom Gericht missbilligten Gründen erneut erlassen (vgl. BVerwG, a.a.O.). Vorliegend hat sich die maßgebliche Sachlage jedoch verändert. Der zur Genehmigung gestellte Bauantrag vom 3.12.2004 betrifft zwar insgesamt gesehen das gleiche Vorhaben; in wesentlichen Details sind jedoch Veränderungen vorgenommen worden, die eine für die Entscheidung relevante neue Sachlage begründeten. Denn die Änderungen betrafen u. a. den Brandschutz und die Verkürzung der dem Grundstück des Klägers zugewandten grenznahen Außenwand und waren somit für die Prüfung von Vorschriften bedeutsam, auf deren Verletzung die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zugunsten des Klägers gestützt worden war. Ob diese Veränderungen es letztlich rechtfertigten, die Baugenehmigung zu erteilen, ist eine Frage, die sich erst auf der Ebene der materiell-rechtlichen Prüfung stellt und keinen Einfluss auf die Sachprüfungsbefugnis des Gerichts unter dem Gesichtspunkt der Rechtskraftwirkung des vorangegangenen Urteils hat. |
|
| Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden, da die Baugenehmigung vom 15.4.2005 nicht hätte erteilt werden dürfen; dem Vorhaben stehen die Vorschriften der Landesbauordnung über die Abstandsflächen entgegen (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). |
|
| 1. Die nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO erforderliche Abstandsfläche vor der nordwestlichen Außenwand des Treppenhauses liegt nicht – wie nach § 5 Abs. 2 Satz 1 LBO für den Regelfall vorgesehen – auf dem Baugrundstück selbst, sondern zu einem erheblichen Teil auf dem Grundstück des Klägers. Anhaltspunkte dafür, dass aus planungsrechtlichen Gründen eine Abstandsfläche nicht erforderlich ist, bestehen nicht; außerdem wäre selbst bei einer nach Planungsrecht möglichen Grenzbebauung nicht öffentlich-rechtlich gesichert, dass auf dem Nachbargrundstück ebenfalls an die Grenze gebaut wird (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LBO). |
|
| 2. Die Abstandsfläche darf auch nicht - jedenfalls nicht in voller Tiefe - aufgrund von § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO auf dem Grundstück des Klägers liegen. Nach dieser Vorschrift dürfen sich Abstandsflächen, soweit sie auf dem Grundstück selbst liegen müssen, ganz oder teilweise auf ein anderes Grundstück erstrecken, wenn durch Baulast gesichert ist, dass diese Abstandsflächen nicht überbaut werden und auf die auf diesem anderen Grundstück erforderlichen Abstandsflächen nicht angerechnet werden. Zwar besteht vorliegend – zumindest nach Aktenlage - eine derartige Baulast; sie sichert jedoch nicht im erforderlichen Umfang, dass die Abstandsfläche vor der Außenmauer des Treppenhauses nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderliche Abstandsfläche angerechnet wird. |
|
| a) Nach dem für das - bis zur Kreisreform 1971 - badische Unteruhldingen geltenden § 27 Abs. 1 des badischen Ortsstraßengesetzes vom 30.10.1936 (GVBl. S. 179) hafteten besondere, nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften sich ergebende Verpflichtungen, welche hinsichtlich der Nichtbebauung von Grundstücksteilen auf Verlangen der Baupolizeibehörde gegenüber dieser Behörde von dem Eigentümer mit Rücksicht auf ein von einem anderen Eigentümer eingereichtes Baugesuch übernommenen wurden, wenn sie in dem Baulastenbuch eingetragen waren, als öffentlich-rechtliche Lasten (Baulasten) auf dem Grundstück und gingen als solche auf jeden späteren Erwerber des Grundstücks über. Der Vater des Klägers hat als dessen Rechtsvorgänger im Zusammenhang mit dem vom Vater des Beigeladenen eingereichten Baugesuch die sich nicht schon aus den allgemeinen baupolizeilichen Vorschriften ergebende Verpflichtung übernommen, mit einem eigenen Vorhaben auf seinem Grundstück Flst. Nr. 400 von der Grenze des Grundstücks Flst. Nr. 401/1 einen Abstand von 4 m einzuhalten. Diese Verpflichtung wurde in das Baulastenbuch der Gemeinde Unteruhldingen eingetragen und liegt daher als öffentlich-rechtliche Last auf dem Grundstück Flst. Nr. 400/2, das insoweit an die Stelle des früheren Grundstücks Flst. Nr. 400 getreten ist. Sie blieb als eigenständige Verpflichtung mangels einer anders lautenden Übergangsregelung in der 1964 in Kraft getretenen Landesbauordnung (vgl. §§ 116 ff. LBO 1964) auch nach Außerkrafttreten des badischen Ortsstraßengesetzes (vgl. § 118 Abs. 1 Nr. 5 LBO 1964) bestehen. |
|
| b) Die Baulast ist auch grundsätzlich geeignet, die in § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO genannte Rechtsfolge herbeizuführen. Insbesondere fehlt es nicht an dem vom Verwaltungsgericht vermissten Anrechnungsverbot. Der Senat teilt zwar die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Übernahme der Verpflichtung als einseitige Willenserklärung entsprechend § 133 BGB auszulegen und dabei der wirkliche Wille zu erforschen ist. Für die Auslegung des erklärten Willens ist dabei maßgeblich, wie derjenige, für den die Erklärung bestimmt war, also die Baurechtsbehörde, diese nach Treu und Glauben verstehen durfte (sog. „objektiver Empfängerhorizont“, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.1.2007 – 3 S 1251/06 -, VBlBW 2007, 225 = NVwZ-RR 2007, 662 mwN.). Abweichend von diesem rechtlich zutreffenden Ansatz hat sich das Verwaltungsgericht aber bei seinen Ausführungen nicht am wirklichen Willen des Erklärenden, sondern am objektiven Wortlaut der Erklärung orientiert, indem es darauf abgestellt hat, dass die Übernahme von Abstandsflächen vom Baugrundstück auf das Grundstück des Klägers nicht erklärt worden sei bzw. dass eine Erklärung fehle, wonach die mit dem Überbauungsverbot belegte Fläche nicht auf die auf dem Grundstück des Klägers erforderlichen Abstandsflächen angerechnet werden dürfe. Mit dieser Begründung hat sich das Verwaltungsgericht auf eine Terminologie gestützt, die zum für die Auslegung maßgeblichen Zeitpunkt der Übernahme der Verpflichtung - 1961 - gesetzlich noch nicht vorgesehen war und die dementsprechend auch nicht dem wirklichen Willen des Erklärenden entsprechen konnte. Sowohl den Begriff der Abstandsfläche vor Außenwänden wie auch das Problem der Anrechnung von Abstandsflächen gibt es in dem für § 7 Abs. 1 Satz 1 LBO maßgeblichen Verständnis terminologisch erst seit der Neufassung der Abstandsvorschriften durch die LBO 1983. Zuvor ging das Gesetz – sowohl die LBO 1964 wie auch die badische Bauordnung - von Abständen aus, die u. a. zur Grundstücksgrenze hin eingehalten werden mussten (vgl. § 7 LBO 1964, §§ 31, 32 badBauO). Da dieser Abstand bei Gebäuden auf benachbarten Grundstücken von beiden Gebäuden einzuhalten war, entsprach der Abstand zwischen den Gebäuden dem doppelten Abstand von der Grenze. Auf diese Rechtslage bezog sich erkennbar das Schreiben des Landratsamtes Überlingen vom 13.3.1961 an den Vater des Beigeladenen, worin darauf hingewiesen wurde, dass gemäß § 2 (3) der Kreisbauordnung für den Landkreis Überlingen vom 11.6.1959 die Hauptgebäude von den seitlich angrenzenden Nachbargrundstücken einen Grenzabstand von mind. 3,00 m einhalten müssten und dass daher angesichts des bei dem geplanten Vorhaben beidseitig nur verbleibenden Grenzabstands von 2,00 m das Baugesuch nur dann genehmigungsfähig sei, wenn durch Übernahme von Baulasten durch die Eigentümer der Nachbargrundstücke sichergestellt sei, dass von den Umfassungswänden des Gebäudes bei der künftigen Bebauung der Nachbargrundstücke ein Abstand von mindestens 6,00 m eingehalten werde. Wenn sich der Vater des Klägers in der Folge zur Nichtüberbauung seines Grundstücks in einem Abstand von 4 m von der gemeinsamen Grundstücksgrenze verpflichtete, sollte damit offensichtlich dieser behördlichen Forderung Rechnung getragen werden. Denn damit war trotz des auf dem Baugrundstück seinerzeit nur vorgesehenen und vom Vater des Klägers auch vertraglich zugestandenen geringeren Grenzabstand von 2 m insgesamt gleichwohl ein Gebäudeabstand von 6 m gewährleistet. Das Gebäude des Klägers war daher so zu errichten, als ob die gemeinsame Grenze um 1 m nach Westen verschoben worden wäre. Damit war aber eine Situation geschaffen, die in ihren rechtlichen Wirkungen dem Anrechnungsverbot nach heutiger Rechtslage entspricht. Denn auch das heutige Anrechnungsverbot dient der Sache nach der Gewährleistung des beschriebenen Gebäudeabstands. Regelungsgehalt der Vorschriften über die Abstandsflächen ist, dass sie nicht überbaut werden (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 LBO) und dass sie sich grundsätzlich nicht überdecken dürfen (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 LBO). Die Abstandsflächen dürfen also auch dann, wenn sie auf dem Nachbargrundstück liegen, nicht überbaut und nicht von den aufgrund der dortigen Bebauung notwendigen Abstandsflächen überdeckt werden; das ist gemeint, wenn das Gesetz davon spricht, dass sie nicht angerechnet werden dürfen. In diesem Sinn ist es daher gerechtfertigt, die Konsequenzen der Baulastübernahme für den Grundstücksnachbarn mit einer fiktiven Grenzverschiebung zu umschreiben (vgl. Senatsbeschluss vom 30.7.2001 - 8 S 1485/01 - VBlBW 2002, 127; Senatsurteil vom 27.10.2000 - 8 S 1445/00 - VBlBW 2001, 188; Senatsbeschluss vom 14.12.1990 - 8 S 2440/90 - VGHBW-Ls 1991, Beilage 3, B 8). |
|
| c) Aus all dem ergibt sich aber auch, dass von den 4 m auf dem Grundstück des Klägers nur 1 m dem zu geringen Grenzabstand des Gebäudes auf dem Baugrundstück geschuldet war, die restlichen 3 m aber dem Grenzabstand eines zukünftigen Gebäudes auf dem Grundstück des Vaters des Klägers dienen sollten. Das bedeutet, dass die für das Vorhaben des Beigeladenen zur Verfügung stehende Abstandsflächentiefe maximal 1,50 m beträgt. Dieses Maß genügt aber selbst dann nicht, wenn man einen Fall abstandsrechtlicher Privilegierung in Betracht zieht. |
|
| (1) Nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO außer Betracht bleiben kann das Treppenhaus nicht, weil es auch von der „verschobenen“ Nachbargrenze nicht mindestens 2 m entfernt bleibt. Außerdem ist zweifelhaft, ob es sich um einen Vorbau in diesem Sinn handelt. Auch wenn sich solche Vorbauten nach der Rechtsprechung des erkennenden Gerichtshofs über die gesamte Gebäudehöhe erstrecken können (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 6.9.1996 - 5 S 2049/96 - VBlBW 1997, 144), muss der Vorbau dennoch in seiner räumlichen Ausdehnung im Verhältnis zum Baukörper des Hauptgebäudes deutlich untergeordnet sein. Er muss sich für den objektiven Betrachter noch als vorgebauter Annex und nicht bereits als angebauter Teil des Hauptgebäudes darstellen. Die Außenwand muss noch optisch prägend in Erscheinung treten (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschluss vom 22.6.1993 - 3 S 379/93 - VGHBW-Ls 1993, Beil. 9, B 12). Der Vorbau darf also beispielsweise die Außenwand in ihren Ausmaßen nicht überschreiten. Ein Vorbau, der höher als die Außenwand ist und somit in den Dachraum hineinragt, kann nicht mehr nach § 5 Abs. 6 Nr. 2 LBO privilegiert sein (vgl. Senatsbeschluss vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 -). Zwar bietet die vorgeschriebene Größenbeschränkung von maximal 5 m Breite und 1,5 m Tiefe insoweit einen gewissen Anhaltspunkt (vgl. LT-DrS. 11/5337, 81); gleichwohl ist der Vorbau zusätzlich noch in Beziehung zum Gebäude, insbesondere zu der dazugehörenden Außenwand zu setzen. So ist eine Wand, die 5 m breit ist und 1,5 m vortritt, dann kein für die Berechnung der Abstandsflächentiefe unbeachtlicher Vorbau, wenn die dazugehörende Außenwand insgesamt nur 10 m breit ist und daher ihrerseits gegenüber dem Vorbau nur unter- bzw. allenfalls gleichgeordnet in Erscheinung tritt. So liegt der Fall hier: Die Außenwand des Gebäudes bietet vom Grundstück des Klägers aus betrachtet aufgrund ihrer Gliederung in einzelne Abschnitte (rückwärtiger, mittlerer und vorderer Gebäudeteil) im Verhältnis zum grenznäheren, in der Mitte liegenden Treppenhaus keinen einheitlichen dominierenden Eindruck. Vielmehr erscheint die Außenwand des Treppenhauses eher als gleichberechtigter Teil dieser Gliederung. Gegenüber dem rückwärtigen Gebäudeteil fehlt es bereits von der Breite her an einem eindeutigen Über-/Unterordnungsverhältnis; dies gilt auch gegenüber dem vorderen Gebäudeteil, der schon wegen der geringeren Höhe – jedenfalls von außen betrachtet - seinerseits eher den Eindruck eines (südlichen) Anbaus vermittelt. |
|
| (2) Auch das sog. Schmalseitenprivileg nach § 5 Abs. 7 iVm. Abs. 8 LBO führt zu keiner Abstandsflächentiefe, die bei der gegebenen Sachlage das Vorhaben abstandsrechtlich unbedenklich machen würde. Denn selbst wenn man die maßgebliche tatsächliche Wandhöhe unberücksichtigt lassen würde, müsste vor der weniger als 5 m breiten Außenwand zumindest eine Abstandsfläche mit einer Tiefe von 2 m liegen, was jedoch – wie gezeigt - nicht der Fall ist. |
|
| 3. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auch die Verpflichtung der Baurechtsbehörde verneint, eine geringere Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO zuzulassen. Denn die von der Rechtsprechung geforderte Sondersituation auf dem Nachbargrundstück liegt ersichtlich nicht vor. Nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBO sind geringere Tiefen der Abstandsflächen zuzulassen, wenn Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben, Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen und, soweit die Tiefe der Abstandsflächen die Maße des § 5 Abs. 7 Satz 3 unterschreitet, nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden. Nach der Rechtsprechung aller mit Baurechtssachen befassten Senate des erkennenden Gerichtshofs ist dabei von der normativen Wertung auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nachbarlicher Belange regelmäßig dann vorliegt, wenn der nachbarschützende Teil der Abstandsflächentiefe unterschritten wird, gleichgültig, ob die Unterschreitung gravierend oder geringfügig ist (vgl. u. a. Senatsbeschlüsse vom 4.7.2003 - 8 S 1251/03 - und vom 8.10.1996 - 8 S 2566/96 - BRS 58 Nr. 109; Beschluss vom 13.6.2003 – 3 S 938/03 -, BauR 2003, 1549 = BRS 66 Nr. 129; Urteil vom 10.10.2002 - 5 S 1655/01 -, BauR 2003, 1201 = BRS 65 Nr. 121; Beschluss vom 26.4.2002 – 5 S 629/02 - VBlBW 2002, 445). Nachbarliche Belange sind in einem solchen Fall nur dann nicht erheblich beeinträchtigt, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch bauordnungsrechtlich relevante Besonderheiten gekennzeichnet ist, die das Interesse des Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandstiefe deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999 - 8 S 1668/999 - BRS 62 Nr. 94); auf eine Interessenabwägung kommt es dagegen - wie schon das Verwaltungsgericht hervorgehoben hat - nicht an (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.1.1999 - 5 S 2971/98 -, VBlBW 1999, 347 = NVwZ-RR 1999, 491 = BRS 62 Nr 132; Beschluss vom 10.3.1999 - 3 S 332/99 -, VGHBW-Ls 1999, Beilage 5, B 4). Solche Besonderheiten können beispielsweise vorliegen bei unterschiedlicher Höhenlage beider Grundstücke, d. h. wenn das Baugrundstück wesentlich tiefer liegt als das Nachbargrundstück, bei einem ungewöhnlichen Zuschnitt des Nachbargrundstücks, der dessen Bebauung in dem dem geplanten Gebäude gegenüberliegenden Bereich praktisch ausschließt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 - VBlBW 1997, 266; Beschluss vom 12.9.1996 - 5 S 2232/96 - VBlBW 1997, 221) oder bei schmalen oder topographisch besonders gelagerten Grundstücken, die weder bebaut noch sonst gärtnerisch oder zu Freizeitzwecken sinnvoll genutzt werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.9.1999, - 3 S 1437/99 - VGHBW-Ls 1999, Beil. 12, B 4), wie bei einem als Zufahrt genutzten Grundstücksteil (vgl. Senatsbeschluss vom 19.12.1996 - 8 S 3190/96 - BRS 59 Nr. 107). Aber auch bei einem vorhandenen grenznahen Gebäude auf dem Nachbargrundstück, das die verlässliche Aussage zulässt, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002 a.a.O.), wie z.B. einer privilegierten Grenzgarage (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000 - 5 S 2996/99 -, VBlBW 2000, 286; Beschluss vom 12.9.1996, aaO.) oder einer Grenzmauer, die das Vorhaben verdeckt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.1.2000, a.a.O.), und auch bei erklärtem Einverständnis des Nachbarn (vgl. Senatsurteil vom 8.11.1999, a.a.O.) liegt eine Sondersituation in diesem Sinn vor. |
|
| Keine der genannten Sondersituationen ist hier gegeben. Zwar liegt das Baugrundstück insgesamt gesehen tiefer als das Grundstück des Klägers; jedoch ergibt sich daraus keine die Abweichung von der regulären Abstandsflächentiefe rechtfertigende Situation. Denn die für die Abstandsflächentiefe maßgebliche Außenwand des Treppenhauses beginnt im Wesentlichen auf der Höhe der an der Grenze bestehenden Grundstücksoberfläche des Nachbargrundstücks, so dass sich die tiefere Lage des Gesamtgebäudes für den Kläger nicht in entscheidendem Umfang entlastend auswirkt. Ebenso wenig ist der Fall eines ungewöhnlichen Grundstückszuschnitts gegeben, aufgrund dessen das Nachbargrundstück an dieser Stelle nicht bebaut werden kann. Denn das Grundstück ist in dem gegenüberliegenden Bereich tatsächlich bebaut; dass die Bebauung nicht bis zur Grenze reicht, hat keine tatsächlichen, sondern rechtliche Gründe, nämlich die Einhaltung der Abstandsflächenvorschriften bzw. der Baulast. Aber selbst wenn man in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch Besonderheiten rechtlicher Art in Betracht ziehen würde (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.12.2007 - 3 S 2107/07 -, VBlBW 2008, 190), ergäbe sich daraus vorliegend keine Sondersituation, weil die Baulast gerade die Einhaltung von Abständen gewährleisten soll und daher nicht das Interesse des Klägers daran mindert. Und schließlich geht auch die Annahme des Beklagten fehl, dass die Grenzgarage als ein vorhandenes grenznahes Gebäude eine Sondersituation begründe. Die Garage lässt nicht die verlässliche Aussage zu, dass durch das konkrete Bauvorhaben keine oder nur eine unerhebliche Beeinträchtigung verursacht wird (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 26.4.2002, a.a.O.), weil die Garage und das Bauvorhaben nicht im selben Grenzbereich liegen. Anhaltspunkte für die Annahme einer durch andere Umstände begründeten Sondersituation sind ebenfalls nicht ersichtlich. |
|
| 4. Der Kläger ist auch nicht durch den Grundsatz von Treu und Glauben gehindert, den Abstandsflächenverstoß geltend zu machen. Zwar gilt nach der Rechtsprechung, dass ein Nachbar, der seinerseits den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, nach dem Grundsatz von Treu und Glauben daran gehindert ist, die Verletzung des Grenzabstands zu rügen, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen (vgl. VGH Bad.-Württ. Urteil vom 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, VBlBW 2003, 235). Denn es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Kläger selbst mit seiner Grenzgarage den erforderlichen Grenzabstand nicht einhält. Nach der zum Zeitpunkt der Genehmigung der Garage geltenden Rechtslage war sie als privilegiertes Gebäude unter Einhaltung der gesetzlichen Maße an der Grenze zulässig (vgl. § 7 Abs. 3 LBO 1972). Eine Terrassennutzung, die eventuell zu einer Entprivilegierung hätte führen können (vgl. insoweit zu § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LBO 1983: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 1.3.1995 - 3 S 1121/94 -, VBlBW 1995, 321; siehe aber auch Senatsurteil vom 24.7.1998 - 8 S 1306/98 -, VBlBW 1999, 64) wurde nicht genehmigt; der Augenschein hat auch keinen Anhaltspunkt dafür erbracht, dass das Dach der Garage faktisch als Terrasse genutzt wird. Ob die bestehende Baulast der Errichtung der privilegierten Garage entgegenstand (in diesem Sinn § 10 Abs. 4 2. HS LBO 1972 interpretierend Senatsurteil vom 7.4.1978 - VIII 2147/77 -; anders dagegen Sauter, LBO, Kommentar, Stand September 1979, § 10 Rn. 4; s. a. § 7 Abs. 1 Satz 2 LBO in der aktuellen Fassung), kann offen bleiben; denn jedenfalls würde die dadurch vorliegende Verletzung der Abstandsflächenvorschriften gegenüber derjenigen durch das aufsteigende Treppenhaus ersichtlich weniger schwer wiegen, da die Grenzgarage im hinteren Bereich gänzlich von Erde bedeckt ist. |
|
| 5. Erweist sich die Baugenehmigung somit bereits aufgrund des Verstoßes gegen die Abstandsflächenvorschriften als rechtswidrig, braucht auf die vom Kläger außerdem noch geltend gemachten brandschutzrechtlichen Bedenken nicht weiter eingegangen zu werden. |
|
| 6. Das Verwaltungsgericht hat es auch zutreffend abgelehnt, die Baugenehmigung im Hinblick darauf nur teilweise aufzuheben, dass der genehmigte Um- und Erweiterungsbau in seinem überwiegenden Umfang nachbarschützende Vorschriften nicht tangiert, denn eine solche Teilaufhebung kommt mangels Teilbarkeit der Baugenehmigung nicht in Betracht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2007, § 113 Rn. 16 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 3.11.1982 - 3 S 1168/82 -, VBlBW 1983, 266). |
|
|
|
| Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. |
|
| Beschluss vom 10. April 2008 |
|
| Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 7.500 EUR festgesetzt. |
|
| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
|