Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Nov. 2010 - 11 S 2079/10

published on 02/11/2010 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 02. Nov. 2010 - 11 S 2079/10
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Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. August 2010 - 12 K 4413/09 - geändert.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 21.09.2009 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05.11.2009 nicht wirksam geworden sind.

Die Beklagte trägt die Kosten Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am … 1949 geborene Kläger ist polnischer Staatsangehöriger. Er wurde am 13.11.1985 als Asylberechtigter anerkannt und erhielt in der Folgezeit Aufenthaltserlaubnisse. Nachdem das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Anerkennung als Asylberechtigter mit Bescheid vom 23.01.1996 widerrufen hatte, widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.1999 die am 28.08.1996 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis und drohte die Abschiebung nach Polen an. Mit Verfügung vom 30.08.2002 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Bezirksstelle für Asyl - den Kläger darüber hinaus aus. Am 11.10.2002 wurde er nach Polen abgeschoben. Nach dem Beitritt Polens zur Europäischen Union wurde die Ausweisung im Ausländerzentralregister gelöscht. Nach einer Mitteilung der LPD Stuttgart II vom 13.10.2004 hielt sich der Kläger wieder seit Januar 2004 in Stuttgart auf. In der Folgezeit beging der Kläger – wie auch schon früher – verschiedene Straftaten, die strafgerichtliche Verurteilungen nach sich zogen. Auch befand sich der Kläger mehrfach in stationärer Behandlung. Seit 18.04.2008 wohnte er im Männerwohnheim der Heilsarmee.
Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 21.09.2009 gemäß § 5 Abs. 5 FreizügG/EU den Verlust des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU auf Einreise und Aufenthalt fest und erließ eine Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nach Polen. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei nicht freizügigkeitsberechtigt, insbesondere halte er sich nicht fünf Jahre ständig rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er habe auch kein Aufenthaltsrecht nach dem Aufenthaltsgesetz.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, er lebe schon seit 20 Jahren in Deutschland. Zu Polen habe er keine Beziehung mehr; er habe dort keine Familie. Seine einzige Tochter habe in Belgien gelebt und sei dort ein Jahr zuvor gestorben. Er sei im Jahr 2007 von Jugendlichen absichtlich angezündet worden und sei nach wie vor traumatisiert. Er bedürfe der Betreuung in vollstationärer Langzeithilfe. Eine Abschiebung wäre eine besondere soziale Härte für ihn.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2009 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es aus, der Kläger erfülle keine der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU. Er sei auch nicht aus anderen Gründen freizügigkeitsberechtigt. Ein Daueraufenthaltsrecht stehe ihm nicht zu. Es liege kein fünfjähriger rechtmäßiger Aufenthalt seit seiner letzten Einreise 2004 vor.
Am 27.11.2009 erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart. Er berief sich darauf, nicht geschäfts- und handlungsfähig zu sein. Die angefochtenen Verfügungen seien ihm nicht wirksam zugestellt worden. Eine Ausreise sei nicht zumutbar. Infolge eines auf ihn verübten Brandanschlags sei er entstellt und habe große Probleme beim Sehen und Hören. Er habe sich nicht zwischendurch im Ausland aufgehalten; er habe durchgehend als Obdachloser in Deutschland gelebt. Die Beklagte sei für den Erlass des Bescheids vom 21.09.2009 im Übrigen nicht zuständig.
Mit Beschluss vom 03.05.2010 bestellte das Notariat Stuttgart - Betreuungsgericht - dem Kläger eine Betreuerin und bestimmte zu deren Aufgabenkreis u. a. die ausländerrechtlichen Angelegenheiten. Die Betreuerin erteilte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15.05.2010 Prozessvollmacht.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, die Verfügungen seien rechtmäßig zugestellt worden. Sie seien lange vor Bestellung der Betreuerin zugegangen. Für den Zeitpunkt der Zustellung sei von der Geschäftsfähigkeit des Klägers auszugehen.
Mit Urteil vom 04.08.2010 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Klage sei zulässig. Der Kläger sei zwar nicht prozessfähig. Denn er sei nach dem Inhalt des nervenärztlichen Gutachtens des Klinikums Stuttgart vom 16.04.2010 gemäß § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig. Der Kläger werde aber durch seine Betreuerin vertreten. Die Betreuerin habe die Vertretung des Klägers im vorliegenden Verfahren übernommen, indem sie dem Prozessbevollmächtigten des Klägers eine Vollmacht erteilt habe. Ausländerrechtliche Angelegenheiten gehörten auch nach dem Beschluss des Notariats Stuttgart vom 03.05.2010 zum Aufgabenkreis der Betreuerin. Die Klage sei aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Die angefochtenen Bescheide seien dem Kläger wirksam zugestellt worden. Es sei allerdings davon auszugehen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung schon geschäftsunfähig gewesen sei. Dieses lasse sich aus dem Ärztlichen Attest des Klinikums Stuttgart vom 16.12.2009 und dem nervenärztlichen Gutachten des Klinikums Stuttgart vom 16.04.2010 schließen. Schon im Ärztlichen Attest vom 16.12.2009 werde ausgeführt, der Kläger leide an einer langjährigen Alkoholabhängigkeit und an erheblichen mnestischen und kognitiven Defiziten sowie Einschränkungen von Auffassung und Konzentration. Er könne seine Angelegenheiten nicht selbst besorgen. Eine Verständigung über Sinn und Zweck einer Betreuung sei mit ihm nur bedingt möglich. Im nervenärztlichen Gutachten vom 16.04.2010 werde dies wiederholt und näher konkretisiert. Weiter werde dort ausgeführt, der Kläger befinde sich zum wiederholten Male in der Klinik. Allein im Jahr 2009 bis Januar 2010 sei es zu zehn stationären Aufenthalten im Zentrum für seelische Gesundheit gekommen. Der Kläger sei nicht orientiert, weder zeitlich und örtlich noch situativ. Kontakt im eigentlichen Sinne sei nicht herstellbar. In diagnostischer Hinsicht bestehe eine schwerste Alkoholabhängigkeit sowie ein Benzodiazepin- und Opiatmissbrauch. Nach dieser Darstellung müsse davon ausgegangen werden, dass beim Kläger keine plötzliche oder rapide Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten gewesen sei. Es handele sich vielmehr um eine allmähliche Verschlechterung, die schließlich zum Zustand der Geschäftsunfähigkeit geführt habe. Die unwirksame Bekanntgabe sei aber am 15.05.2010 mit Wirkung für die Zukunft wirksam geworden. Eine solche Heilung trete ein, wenn ein geschäftsunfähiger Empfänger später wieder geschäftsfähig werde und von dem Inhalt des ihm zugestellten Verwaltungsaktes Kenntnis nehme. Im vorliegenden Falle sei zwar der Kläger nicht geschäftsfähig geworden. Die Heilung sei aber dadurch eingetreten, dass die Betreuerin – vermittelt durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers – zum Zeitpunkt des Eintritts in das gerichtliche Verfahren durch Erteilung der Prozessvollmacht am 15.05.2010 Kenntnis von den angefochtenen Bescheiden erhalten habe. Die angefochtenen Bescheide seien auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Feststellung des Verlusts des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU auf Einreise und Aufenthalt gemäß § 5 Abs. 5 FreizügG/EU lägen vor.
Am 26.08.2010 hat der Kläger die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und diese zugleich unter Stellung eines Antrags begründet.
10 
Zu Begründung stellt er zunächst eine Genehmigung der fehlerhaften Zustellung durch die Betreuerin infrage. Das angegriffene Urteil verkenne, dass der Kläger schon im Januar 2004 nach dem mit Polen geschlossenen MOE-Abkommen zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei, weshalb er ein Daueraufenthaltsrecht erworben habe. Im Übrigen folge ein Daueraufenthaltsrecht aus der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache Lassal. Jedenfalls sei die Entscheidung ermessensfehlerhaft, weil die erheblichen gesundheitlichen Defizite ebenso wenig berücksichtigt worden seien wie der Umstand, dass er im Bundesgebiet Opfer eines Brandanschlags geworden sei. Schließlich sei die Beklagte nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht zuständig.
11 
Der Kläger beantragt sinngemäß,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 04.08.20100 - 12 K 4413/10 - zu ändern und festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 21.09.2009 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 05.11.2009 nicht wirksam geworden sind, hilfsweise die genannten Bescheide aufzuheben.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Grundsätzlich müsse davon ausgegangen werden, dass erwachsene Personen geschäftsfähig seien, weshalb der Kläger für eine bei der Zustellung bestehende Prozessunfähigkeit die Beweislast trage. Aus dem erst am 16.04.2010 erstellten Gutachten könne jedoch nicht geschlossen werden, dass bereits bei der Zustellung eine Geschäftsunfähigkeit vorgelegen habe. Im Übrigen hätten die Beklagte und das Regierungspräsidium bei der jeweiligen Bekanntgabe den erforderlichen Bekanntgabewillen gehabt. Zudem habe das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, weshalb der Kläger nicht freizügigkeitsberechtigt sei. Hierauf werde Bezug genommen.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird in erster Linie auf die Schriftsätze vom 24.08.2010, 29.09.2010, 15.10.2010 und 27.10.2010 Bezug genommen.
17 
Dem Senat lagen die Akten der Beklagten und die Widerspruchsakten vor.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Senat entscheidet mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
19 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache Erfolg.
20 
Auf den mittlerweile gestellten zulässigen Hauptantrag ist festzustellen (vgl. § 43 Abs. 1 VwGO), dass die im Streit befindlichen Bescheide nicht wirksam zugestellt wurden, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung nicht geschäftsfähig und damit auch für das Verwaltungsverfahren nicht handlungsfähig im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG war.
21 
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Ärztlichen Attest des Klinikums Stuttgart vom 16.12.2009 sowie dessen nervenärztlichen Gutachtens vom 16.04.2010, das dann in der Folge am 05.05.2010 zur Bestellung der Betreuerin geführt hat. Zwar ist es richtig, dass die Zustellung der hier in Frage stehenden Bescheide vor dem 16.12.2009 erfolgt ist. Unübersehbar ist jedoch, dass es bereits im Attest vom 16.12.2009 ausdrücklich heißt, dass eine Verständigung über Sinn und Zweck einer Betreuung mit dem Kläger nur noch bedingt möglich ist, was im Zusammenhang mit den dort festgehaltenen Feststellungen und dem Gutachten vom 16.04.2010 nur den Schluss zulässt, dass der Kläger bereits damals geschäftsunfähig war. Denn wenn ein Betroffener nicht einmal mehr in der Lage ist, vollständig zu begreifen, was der Sinn und Zweck einer Betreuung sind, kann vernünftigerweise nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dieser in der Lage ist, eigenverantwortlich seine Angelegenheiten zu regeln bzw. zu besorgen. Da nach Aktenlage der Zustand des Klägers auf einer langjährigen Entwicklung beruht und namentlich nach dem Attest vom 16.12.2009 keine Gesichtspunkte zu Tage getreten sind, wonach sich der Zustand gerade in den letzten 2 bis 3 Monaten vor dem 16.12.2009 erheblich verschlechtert haben könnte, muss mit dem Verwaltungsgericht davon ausgegangen werden, dass die Handlungsunfähigkeit auch bereits am 21.09.2009 vorgelegen hat.
22 
Die beiden Zustellungen an den Kläger persönlich sind damit unwirksam, weshalb die Bescheide keine Wirksamkeit erlangt haben.
23 
Dieser Mangel wurde auch nicht nach § 9 LVwZG bzw. § 8 BVwZG geheilt. Zwar hat in der Folgezeit die Betreuerin des Klägers die Bescheide tatsächlich erhalten und von ihnen Kenntnis genommen. Dieser Umstand ist jedoch in der hier zu beurteilenden Verfahrenskonstellation nicht hinreichend. Zwar kann der rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, wonach eine wegen Geschäftsunfähigkeit unwirksame Zustellung nachträglich geheilt wird, wenn der Empfänger später nach wieder hergestellter Geschäftsfähigkeit Besitz und Kenntnis von dem Bescheid erlangt, nicht infrage gestellt werden (vgl. etwa BVerwG, B.v. 11.02.1994 – 2 B 173.93 – NJW 1994, 2633).
24 
Darum geht es hier jedoch nicht. Die Beklagte wie auch das Regierungspräsidium hatten nämlich zu keinem Zeitpunkt der Betreuerin gegenüber den erforderlichen Bekanntgabewillen. Dieser muss nicht nur die Bekanntgabe an sich umfassen, sondern insbesondere auch auf eine näher konkretisierte Person bezogen sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, U.v. 08.03.2005 - 1 S 254/05 - NuR 2006, 440; U.Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 41 Rdn. 51 und 53; GK-AsylVfG § 12 Rdn. 34 f.). Im vorliegenden Fall konnte zum Zeitpunkt der Zustellung ein auf die Betreuerin bezogener Bekanntgabewille schon deshalb nicht vorliegen, weil sie damals noch gar nicht bestellt war.
25 
Die Betreuerin hat in der Folge auch keine Genehmigung erteilt, die grundsätzlich auch den unzureichenden Bekanntgabewillen heilen kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, U.v. 08.03.2005 - 1 S 254/05 - NuR 2006, 440; GK-AsylVfG § 12 Rdn. 36). Während des Klageverfahrens wurde vielmehr (namentlich auch nach dem 05.05.2010) durchgängig die Handlungsunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Zustellung und damit deren Unwirksamkeit geltend gemacht. Dann jedoch muss eine - auch konkludente - Genehmigung ausscheiden, weil dieses unvereinbar mit dem zentralen Klagevorbringen wäre.
26 
Lediglich der Vollständigkeit halber weist des Senat noch darauf hin, dass die Verfügung auch in der Sache keinen Bestand haben könnte und zwar - ungeachtet möglicher Ermessendefizite - schon deshalb, weil die Beklagte nicht für den Erlass zuständig war. Der Senat hat mit (nicht rechtskräftigem) Urteil vom 14.09.2010 - 11 S 1415/10 - (juris) ausgeführt, dass eine durch das Regierungspräsidium Karlsruhe getroffene Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU mangels sachlicher Zuständigkeit formell rechtswidrig ist. Er hat ausgeführt, dass die dort zur Festlegung der Zuständigkeit herangezogene Bestimmung des § 6 Abs. 3 AAZuVO Baden-Württemberg vom 02.12.2008 (GBl. S. 465) mangels gesetzlicher Ermächtigung im Sinne von Art. 61 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg nichtig ist und eine Ermächtigungsgrundlage sich insbesondere nicht aus § 71 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ergibt, weil § 11 FreizügG/EU die Anwendbarkeit des § 71 Abs. 1 AufenthG für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen sperrt.
27 
Eine sachliche Zuständigkeit der Beklagten als unterer Ausländerbehörde für die hier in Frage stehende Feststellung nach § 5 Abs. 5 FreizügG/EU besteht aber vor dem Hintergrund des Urteils des Senats vom 14.09.2010 (a.a.O.) gleichfalls nicht und kann ebenfalls nicht aus § 71 Abs. 1 AufenthG abgeleitet werden, denn diese Bestimmung ist nach der speziellen und abschließenden Verweisungsnorm des § 11 FreizügG/EU für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht anwendbar. § 11 Abs. 2 FreizügG/EU verweist auf die Anwendbarkeit des Aufenthaltsgesetzes erst nach Abschluss des Verfahrens um die Verlustfeststellung.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
29 
Beschluss vom 2. November 2010
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- EUR festgesetzt.
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
18 
Der Senat entscheidet mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
19 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache Erfolg.
20 
Auf den mittlerweile gestellten zulässigen Hauptantrag ist festzustellen (vgl. § 43 Abs. 1 VwGO), dass die im Streit befindlichen Bescheide nicht wirksam zugestellt wurden, weil der Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung nicht geschäftsfähig und damit auch für das Verwaltungsverfahren nicht handlungsfähig im Sinne des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG war.
21 
Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Ärztlichen Attest des Klinikums Stuttgart vom 16.12.2009 sowie dessen nervenärztlichen Gutachtens vom 16.04.2010, das dann in der Folge am 05.05.2010 zur Bestellung der Betreuerin geführt hat. Zwar ist es richtig, dass die Zustellung der hier in Frage stehenden Bescheide vor dem 16.12.2009 erfolgt ist. Unübersehbar ist jedoch, dass es bereits im Attest vom 16.12.2009 ausdrücklich heißt, dass eine Verständigung über Sinn und Zweck einer Betreuung mit dem Kläger nur noch bedingt möglich ist, was im Zusammenhang mit den dort festgehaltenen Feststellungen und dem Gutachten vom 16.04.2010 nur den Schluss zulässt, dass der Kläger bereits damals geschäftsunfähig war. Denn wenn ein Betroffener nicht einmal mehr in der Lage ist, vollständig zu begreifen, was der Sinn und Zweck einer Betreuung sind, kann vernünftigerweise nicht mehr davon ausgegangen werden, dass dieser in der Lage ist, eigenverantwortlich seine Angelegenheiten zu regeln bzw. zu besorgen. Da nach Aktenlage der Zustand des Klägers auf einer langjährigen Entwicklung beruht und namentlich nach dem Attest vom 16.12.2009 keine Gesichtspunkte zu Tage getreten sind, wonach sich der Zustand gerade in den letzten 2 bis 3 Monaten vor dem 16.12.2009 erheblich verschlechtert haben könnte, muss mit dem Verwaltungsgericht davon ausgegangen werden, dass die Handlungsunfähigkeit auch bereits am 21.09.2009 vorgelegen hat.
22 
Die beiden Zustellungen an den Kläger persönlich sind damit unwirksam, weshalb die Bescheide keine Wirksamkeit erlangt haben.
23 
Dieser Mangel wurde auch nicht nach § 9 LVwZG bzw. § 8 BVwZG geheilt. Zwar hat in der Folgezeit die Betreuerin des Klägers die Bescheide tatsächlich erhalten und von ihnen Kenntnis genommen. Dieser Umstand ist jedoch in der hier zu beurteilenden Verfahrenskonstellation nicht hinreichend. Zwar kann der rechtliche Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts, wonach eine wegen Geschäftsunfähigkeit unwirksame Zustellung nachträglich geheilt wird, wenn der Empfänger später nach wieder hergestellter Geschäftsfähigkeit Besitz und Kenntnis von dem Bescheid erlangt, nicht infrage gestellt werden (vgl. etwa BVerwG, B.v. 11.02.1994 – 2 B 173.93 – NJW 1994, 2633).
24 
Darum geht es hier jedoch nicht. Die Beklagte wie auch das Regierungspräsidium hatten nämlich zu keinem Zeitpunkt der Betreuerin gegenüber den erforderlichen Bekanntgabewillen. Dieser muss nicht nur die Bekanntgabe an sich umfassen, sondern insbesondere auch auf eine näher konkretisierte Person bezogen sein (vgl. VGH Baden-Württemberg, U.v. 08.03.2005 - 1 S 254/05 - NuR 2006, 440; U.Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 41 Rdn. 51 und 53; GK-AsylVfG § 12 Rdn. 34 f.). Im vorliegenden Fall konnte zum Zeitpunkt der Zustellung ein auf die Betreuerin bezogener Bekanntgabewille schon deshalb nicht vorliegen, weil sie damals noch gar nicht bestellt war.
25 
Die Betreuerin hat in der Folge auch keine Genehmigung erteilt, die grundsätzlich auch den unzureichenden Bekanntgabewillen heilen kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, U.v. 08.03.2005 - 1 S 254/05 - NuR 2006, 440; GK-AsylVfG § 12 Rdn. 36). Während des Klageverfahrens wurde vielmehr (namentlich auch nach dem 05.05.2010) durchgängig die Handlungsunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Zustellung und damit deren Unwirksamkeit geltend gemacht. Dann jedoch muss eine - auch konkludente - Genehmigung ausscheiden, weil dieses unvereinbar mit dem zentralen Klagevorbringen wäre.
26 
Lediglich der Vollständigkeit halber weist des Senat noch darauf hin, dass die Verfügung auch in der Sache keinen Bestand haben könnte und zwar - ungeachtet möglicher Ermessendefizite - schon deshalb, weil die Beklagte nicht für den Erlass zuständig war. Der Senat hat mit (nicht rechtskräftigem) Urteil vom 14.09.2010 - 11 S 1415/10 - (juris) ausgeführt, dass eine durch das Regierungspräsidium Karlsruhe getroffene Verlustfeststellung nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU mangels sachlicher Zuständigkeit formell rechtswidrig ist. Er hat ausgeführt, dass die dort zur Festlegung der Zuständigkeit herangezogene Bestimmung des § 6 Abs. 3 AAZuVO Baden-Württemberg vom 02.12.2008 (GBl. S. 465) mangels gesetzlicher Ermächtigung im Sinne von Art. 61 Abs. 1 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg nichtig ist und eine Ermächtigungsgrundlage sich insbesondere nicht aus § 71 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ergibt, weil § 11 FreizügG/EU die Anwendbarkeit des § 71 Abs. 1 AufenthG für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen sperrt.
27 
Eine sachliche Zuständigkeit der Beklagten als unterer Ausländerbehörde für die hier in Frage stehende Feststellung nach § 5 Abs. 5 FreizügG/EU besteht aber vor dem Hintergrund des Urteils des Senats vom 14.09.2010 (a.a.O.) gleichfalls nicht und kann ebenfalls nicht aus § 71 Abs. 1 AufenthG abgeleitet werden, denn diese Bestimmung ist nach der speziellen und abschließenden Verweisungsnorm des § 11 FreizügG/EU für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht anwendbar. § 11 Abs. 2 FreizügG/EU verweist auf die Anwendbarkeit des Aufenthaltsgesetzes erst nach Abschluss des Verfahrens um die Verlustfeststellung.
28 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO).
29 
Beschluss vom 2. November 2010
30 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,- EUR festgesetzt.
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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Annotations

Geschäftsunfähig ist:

1.
wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat,
2.
wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen sind die Ausländerbehörden zuständig. Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass für einzelne Aufgaben nur eine oder mehrere bestimmte Ausländerbehörden zuständig sind. Nach Satz 2 kann durch die zuständigen Stellen der betroffenen Länder auch geregelt werden, dass den Ausländerbehörden eines Landes für die Bezirke von Ausländerbehörden verschiedener Länder Aufgaben zugeordnet werden. Für die Vollziehung von Abschiebungen ist in den Ländern jeweils eine zentral zuständige Stelle zu bestimmen. Die Länder sollen jeweils mindestens eine zentrale Ausländerbehörde einrichten, die bei Visumanträgen nach § 6 zu Zwecken nach den §§ 16a, 16d, 17 Absatz 1, den §§ 18a, 18b, 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19, 19b, 19c und 20 sowie bei Visumanträgen des Ehegatten oder der minderjährigen ledigen Kinder zum Zweck des Familiennachzugs, die in zeitlichem Zusammenhang gestellt werden, die zuständige Ausländerbehörde ist.

(2) Im Ausland sind für Pass- und Visaangelegenheiten die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. Das Auswärtige Amt wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Entscheidung über Anträge auf Erteilung eines Visums zu übertragen. Soweit von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, stehen dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Befugnisse zur Datenverarbeitung sowie alle sonstigen Aufgaben und Befugnisse einer Auslandsvertretung bei der Erteilung von Visa gemäß Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe b sowie gemäß den §§ 54, 66, 68, 69, 72, 72a, 73, 73a, 75, 87, 90c, 91d und 91g zu.

(3) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden sind zuständig für

1.
die Zurückweisung und die Zurückschiebung an der Grenze, einschließlich der Überstellung von Drittstaatsangehörigen auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, wenn der Ausländer von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise angetroffen wird,
1a.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bei oder nach der unerlaubten Einreise über eine Grenze im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/399 (Binnengrenze) aufgegriffen wird,
1b.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bereits unerlaubt eingereist ist, sich danach weiter fortbewegt hat und in einem anderen Grenzraum oder auf einem als Grenzübergangsstelle zugelassenen oder nicht zugelassenen Flughafen, Flug- oder Landeplatz oder See- oder Binnenhafen aufgegriffen wird,
1c.
die Befristung der Wirkungen auf Grund der von ihnen vorgenommenen Ab- und Zurückschiebungen nach § 11 Absatz 2, 4 und 8,
1d.
die Rückführungen von Ausländern aus anderen und in andere Staaten; die Zuständigkeit besteht neben derjenigen der in Absatz 1 und in Absatz 5 bestimmten Stellen,
1e.
die Beantragung von Haft und die Festnahme, soweit es zur Vornahme der in den Nummern 1 bis 1d bezeichneten Maßnahmen erforderlich ist,
2.
die Erteilung eines Visums und die Ausstellung eines Passersatzes nach § 14 Abs. 2 sowie die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2a,
3.
die Rücknahme und den Widerruf eines nationalen Visums sowie die Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009
a)
im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, soweit die Voraussetzungen der Nummer 1a oder 1b erfüllt sind,
b)
auf Ersuchen der Auslandsvertretung, die das Visum erteilt hat, oder
c)
auf Ersuchen der Ausländerbehörde, die der Erteilung des Visums zugestimmt hat, sofern diese ihrer Zustimmung bedurfte,
4.
das Ausreiseverbot und die Maßnahmen nach § 66 Abs. 5 an der Grenze,
5.
die Prüfung an der Grenze, ob Beförderungsunternehmer und sonstige Dritte die Vorschriften dieses Gesetzes und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen und Anordnungen beachtet haben,
6.
sonstige ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen, soweit sich deren Notwendigkeit an der Grenze ergibt und sie vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hierzu allgemein oder im Einzelfall ermächtigt sind,
7.
die Beschaffung von Heimreisedokumenten im Wege der Amtshilfe in Einzelfällen für Ausländer,
8.
die Erteilung von in Rechtsvorschriften der Europäischen Union vorgesehenen Vermerken und Bescheinigungen vom Datum und Ort der Einreise über die Außengrenze eines Mitgliedstaates, der den Schengen-Besitzstand vollständig anwendet; die Zuständigkeit der Ausländerbehörden oder anderer durch die Länder bestimmter Stellen wird hierdurch nicht ausgeschlossen.

(4) Für die erforderlichen Maßnahmen nach den §§ 48, 48a und 49 Absatz 2 bis 9 sind die Ausländerbehörden, die Polizeivollzugsbehörden der Länder sowie bei Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben die Bundespolizei und andere mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragte Behörden zuständig. In den Fällen des § 49 Abs. 4 sind auch die Behörden zuständig, die die Verteilung nach § 15a veranlassen. In den Fällen des § 49 Absatz 5 Nummer 5 und 6 sind die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. In den Fällen des § 49 Absatz 8 und 9 sind auch die Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylgesetzes und die Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge befugt, bei Tätigwerden in Amtshilfe die erkennungsdienstlichen Maßnahmen bei ausländischen Kindern oder Jugendlichen, die unbegleitet in das Bundesgebiet eingereist sind, vorzunehmen; diese Maßnahmen sollen im Beisein des zuvor zur vorläufigen Inobhutnahme verständigten Jugendamtes und in kindgerechter Weise durchgeführt werden.

(5) Für die Zurückschiebung sowie die Durchsetzung der Verlassenspflicht des § 12 Abs. 3 und die Durchführung der Abschiebung und, soweit es zur Vorbereitung und Sicherung dieser Maßnahmen erforderlich ist, die Festnahme und Beantragung der Haft sind auch die Polizeien der Länder zuständig.

(6) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle entscheidet im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt über die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren (§ 3 Abs. 1); die Entscheidungen ergehen als Allgemeinverfügung und können im Bundesanzeiger bekannt gegeben werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Für aufenthalts- und passrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen sind die Ausländerbehörden zuständig. Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle kann bestimmen, dass für einzelne Aufgaben nur eine oder mehrere bestimmte Ausländerbehörden zuständig sind. Nach Satz 2 kann durch die zuständigen Stellen der betroffenen Länder auch geregelt werden, dass den Ausländerbehörden eines Landes für die Bezirke von Ausländerbehörden verschiedener Länder Aufgaben zugeordnet werden. Für die Vollziehung von Abschiebungen ist in den Ländern jeweils eine zentral zuständige Stelle zu bestimmen. Die Länder sollen jeweils mindestens eine zentrale Ausländerbehörde einrichten, die bei Visumanträgen nach § 6 zu Zwecken nach den §§ 16a, 16d, 17 Absatz 1, den §§ 18a, 18b, 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19, 19b, 19c und 20 sowie bei Visumanträgen des Ehegatten oder der minderjährigen ledigen Kinder zum Zweck des Familiennachzugs, die in zeitlichem Zusammenhang gestellt werden, die zuständige Ausländerbehörde ist.

(2) Im Ausland sind für Pass- und Visaangelegenheiten die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. Das Auswärtige Amt wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Entscheidung über Anträge auf Erteilung eines Visums zu übertragen. Soweit von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht wird, stehen dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten die Befugnisse zur Datenverarbeitung sowie alle sonstigen Aufgaben und Befugnisse einer Auslandsvertretung bei der Erteilung von Visa gemäß Absatz 3 Nummer 3 Buchstabe b sowie gemäß den §§ 54, 66, 68, 69, 72, 72a, 73, 73a, 75, 87, 90c, 91d und 91g zu.

(3) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden sind zuständig für

1.
die Zurückweisung und die Zurückschiebung an der Grenze, einschließlich der Überstellung von Drittstaatsangehörigen auf Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013, wenn der Ausländer von der Grenzbehörde im grenznahen Raum in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer unerlaubten Einreise angetroffen wird,
1a.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bei oder nach der unerlaubten Einreise über eine Grenze im Sinne des Artikels 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/399 (Binnengrenze) aufgegriffen wird,
1b.
Abschiebungen an der Grenze, sofern der Ausländer bereits unerlaubt eingereist ist, sich danach weiter fortbewegt hat und in einem anderen Grenzraum oder auf einem als Grenzübergangsstelle zugelassenen oder nicht zugelassenen Flughafen, Flug- oder Landeplatz oder See- oder Binnenhafen aufgegriffen wird,
1c.
die Befristung der Wirkungen auf Grund der von ihnen vorgenommenen Ab- und Zurückschiebungen nach § 11 Absatz 2, 4 und 8,
1d.
die Rückführungen von Ausländern aus anderen und in andere Staaten; die Zuständigkeit besteht neben derjenigen der in Absatz 1 und in Absatz 5 bestimmten Stellen,
1e.
die Beantragung von Haft und die Festnahme, soweit es zur Vornahme der in den Nummern 1 bis 1d bezeichneten Maßnahmen erforderlich ist,
2.
die Erteilung eines Visums und die Ausstellung eines Passersatzes nach § 14 Abs. 2 sowie die Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2a,
3.
die Rücknahme und den Widerruf eines nationalen Visums sowie die Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009
a)
im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, soweit die Voraussetzungen der Nummer 1a oder 1b erfüllt sind,
b)
auf Ersuchen der Auslandsvertretung, die das Visum erteilt hat, oder
c)
auf Ersuchen der Ausländerbehörde, die der Erteilung des Visums zugestimmt hat, sofern diese ihrer Zustimmung bedurfte,
4.
das Ausreiseverbot und die Maßnahmen nach § 66 Abs. 5 an der Grenze,
5.
die Prüfung an der Grenze, ob Beförderungsunternehmer und sonstige Dritte die Vorschriften dieses Gesetzes und die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen und Anordnungen beachtet haben,
6.
sonstige ausländerrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen, soweit sich deren Notwendigkeit an der Grenze ergibt und sie vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hierzu allgemein oder im Einzelfall ermächtigt sind,
7.
die Beschaffung von Heimreisedokumenten im Wege der Amtshilfe in Einzelfällen für Ausländer,
8.
die Erteilung von in Rechtsvorschriften der Europäischen Union vorgesehenen Vermerken und Bescheinigungen vom Datum und Ort der Einreise über die Außengrenze eines Mitgliedstaates, der den Schengen-Besitzstand vollständig anwendet; die Zuständigkeit der Ausländerbehörden oder anderer durch die Länder bestimmter Stellen wird hierdurch nicht ausgeschlossen.

(4) Für die erforderlichen Maßnahmen nach den §§ 48, 48a und 49 Absatz 2 bis 9 sind die Ausländerbehörden, die Polizeivollzugsbehörden der Länder sowie bei Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben die Bundespolizei und andere mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragte Behörden zuständig. In den Fällen des § 49 Abs. 4 sind auch die Behörden zuständig, die die Verteilung nach § 15a veranlassen. In den Fällen des § 49 Absatz 5 Nummer 5 und 6 sind die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen zuständig. In den Fällen des § 49 Absatz 8 und 9 sind auch die Aufnahmeeinrichtungen im Sinne des § 44 des Asylgesetzes und die Außenstellen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge befugt, bei Tätigwerden in Amtshilfe die erkennungsdienstlichen Maßnahmen bei ausländischen Kindern oder Jugendlichen, die unbegleitet in das Bundesgebiet eingereist sind, vorzunehmen; diese Maßnahmen sollen im Beisein des zuvor zur vorläufigen Inobhutnahme verständigten Jugendamtes und in kindgerechter Weise durchgeführt werden.

(5) Für die Zurückschiebung sowie die Durchsetzung der Verlassenspflicht des § 12 Abs. 3 und die Durchführung der Abschiebung und, soweit es zur Vorbereitung und Sicherung dieser Maßnahmen erforderlich ist, die Festnahme und Beantragung der Haft sind auch die Polizeien der Länder zuständig.

(6) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle entscheidet im Benehmen mit dem Auswärtigen Amt über die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren (§ 3 Abs. 1); die Entscheidungen ergehen als Allgemeinverfügung und können im Bundesanzeiger bekannt gegeben werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.