Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 18. Mai 2018 - W 9 K 18.252
Tenor
I. Nr. 1 des Bescheids der Polizeiinspektion Bad Brückenau vom 15. September 2016 wird insoweit aufgehoben, als die erkennungsdienstliche Behandlung der Klägerin in Form der Fertigung von Lichtbildern in unverschleiertem Zustand, d.h. ohne Schleier, der Haare, Ohren und Hals bedeckt, angeordnet wird.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Nr. 1 des Bescheids der PI Bad Brückenau vom 15. September 2016 insoweit aufzuheben, als die erkennungsdienstliche Behandlung der Klägerin in Form der Fertigung von Lichtbildern im unverschleierten Zustand angeordnet wird.
die Klage abzuweisen.
Gründe
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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 18. Mai 2018 - W 9 K 18.252 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Polizeiinspektion Bad Brückenau vom
II.
Die Antragstellerin hat ¾ und der Antragsgegner hat ¼ der Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die sofortige Vollziehung im Bescheid der Polizeiinspektion Bad Brückenau vom
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zulässig.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsakts angeordnet worden ist - wie hier hinsichtlich der Nrn. 1, 2 und 5 des angefochtenen Bescheids -, wiederherstellen und in Fällen, in denen die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes entfällt - wie hier hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung in Nrn. 3, 4 und 6 (vgl. Art. 21a VwZVG) -, anordnen.
Bei sachgerechter Auslegung (§ 88 VwGO) lässt die Antragstellerin demnach die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage W 5 K 16.1016 vom
2. Der Antrag ist nur teilweise begründet.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage bzw. des Widerspruchs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 - 1 BvR 165/09 - NVwZ 2009, 581; BayVGH, B.v. 17.9.1987 - 26 CS 87.01144 - BayVBl. 1988, 369; Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 68 und 73 ff.). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
2.1. Es bestehen keine Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs. Insbesondere hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet.
2.2. Eine summarische Prüfung der Hauptsache, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlich und ausreichend ist, ergibt vorliegend, dass die Klage gegen die Anordnungen in Nrn. 1 (mit Ausnahme der Anordnung der Fertigung von Lichtbildern der Antragstellerin im unverschleierten Zustand, d. h. ohne Schleier, der Haare, Ohren und Hals bedeckt), 2 und 5 des Bescheids des Polizeipräsidiums Unterfranken vom 31. Mai 2016 mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird. Soweit in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids die Fertigung von Lichtbildern der Antragstellerin auch im gänzlich unverschleierten Zustand angeordnet wird, sind die Erfolgsaussichten der Klage hingegen offen. Im Rahmen der hiernach vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse, weshalb die aufschiebende Wirkung der Klage insoweit wiederherzustellen war.
Rechtsgrundlage der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist § 81b 2. Alt. StPO, wonach, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist, Lichtbilder und Fingerabdrücke des Beschuldigten auch gegen seinen Willen aufgenommen und Messungen und ähnliche Maßnahmen an ihm vorgenommen werden dürfen.
2.3. Der streitgegenständliche Bescheid erweist sich nach summarischer Prüfung in den Nrn. 1 (mit Ausnahme der Anordnung der Fertigung von Lichtbildern der Antragstellerin im gänzlich unverschleierten Zustand), 2 und 5 als rechtmäßig.
Das Polizeipräsidium Unterfranken hat die Antragstellerin zu Recht als Beschuldigte i. S.v. § 81b 2. Alt. StPO angesehen, denn gegen sie wird wegen einer Straftat ermittelt. Voraussetzung der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung ist, dass ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebt; nur während der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens kann die Anordnung ergehen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.1955 - I C 176.53
Das Anlassverfahren erweist sich als geeignete Grundlage für die Anordnung. Für die präventiven Zwecken dienende Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung sowie der ihrer Durchführung dienende Hilfsmaßnahme der Vorladung ist keine vollumfängliche und zu absoluter Sicherheit führende Sachverhaltsaufklärung erforderlich. Vielmehr genügt hier der sich aus dem Ermittlungsverfahren ergebende dringende Tatverdacht (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.1992 - 21 B 92.929 - BayVBl 1993, 211; B.v.
Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist grundsätzlich auch notwendig i. S. d. § 81b 2. Alt. StPO. Für die Annahme der Notwendigkeit bedarf es einer auf der sog. Anlasstat beruhenden Wiederholungsgefahr. Eine Wiederholungsgefahr ist anzunehmen, wenn aufgrund eines konkreten Sachverhalts die Prognose angestellt werden kann, der Betroffene werde auch in Zukunft in den Kreis Verdächtiger von noch aufzuklärenden anderen Straftaten einbezogen werden können (BayVGH, B.v. 6.12.2011 - 10 ZB 11.365 - juris, m. w. N.). Hierbei beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob die nach kriminalistischer Erfahrung anzustellende Prognose auf zutreffender Tatsachengrundlage beruht und ob sie nach gegebenem Erkenntnisstand unter Einbeziehung des kriminalistischen Erfahrungswissens sachgerecht und vertretbar ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Notwendigkeit“ unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte, während das der polizeilichen Prognose über das künftige Verhalten des Betroffenen zugrundeliegende Wahrscheinlichkeitsurteil einer solchen Kontrolle nur begrenzt zugänglich ist (vgl. VGH Mannheim, U.v. 29.5.2008 - 1 S 1503/07; OVG Bautzen, B.v. 29.1.2010 - 3 D 91/08 sowie
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat die Polizeiinspektion Bad Brückenau die Notwendigkeit i. S. d. § 81b 2. Alt. StPO zu Recht bejaht. Ihre Prognose, es bestünden Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Antragstellerin in ähnlicher oder anderer Weise erneut straffällig werden könnte und die erkennungsdienstlichen Unterlagen zur Förderung der dann zu führenden Ermittlungen geeignet erscheinen, ist nach Ansicht des Gerichts zutreffend. Die Antragstellerin ist bereits in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten. Gegen sie wurden Ermittlungen wegen eines besonders schweren Falls des Ladendiebstahls am 7. Oktober 2015 sowie zweimal wegen Ladendiebstahls am 26. Juni und 16. März 2015, jeweils in Bonn, geführt. Es kommt nicht darauf an, ob die früheren Verfahren zum Teil eingestellt worden sind. Der Restverdacht ist hierdurch nämlich nicht automatisch ausgeräumt (vgl. Beschluss der erkennenden Kammer
Angesichts der wiederholten polizeilichen Auffälligkeit der Antragstellerin kann bei der Anlasstat auch nicht von einem Bagatelldelikt ausgegangen werden, wie der Antragstellerbevollmächtigte meint. Für die Annahme einer Wiederholungsgefahr ist keine gewerbs- oder gewohnheitsmäßige Straffälligkeit erforderlich (vgl. Beschlüsse der erkennenden Kammer
Insofern erscheint die angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung im Allgemeinen gut geeignet, präventive Wirkung zu entfalten, insbesondere durch die Warnfunktion gegenüber der Antragstellerin und die offensichtliche Erleichterung weiterer Ermittlungsarbeiten in zukünftigen Fällen.
Hiervon ausgehend hat der Antragsgegner ohne Ermessensfehler die grundsätzliche Notwendigkeit einer Anordnung nach § 81b 2. Alt. StPO bejaht. Abgesehen von der Anordnung der Fertigung von Lichtbildern der Antragstellerin im gänzlich unverschleierten Zustand hat die Kammer auch keine Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der getroffenen Anordnung. Durch die angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung werden insoweit auch keine unumkehrbaren Verhältnisse geschaffen. Vielmehr hat die Antragstellerin dann einen Löschungsanspruch, wenn die Voraussetzungen für die Datenspeicherung weggefallen sind.
Die Androhung und Festsetzung des Zwangsgelds in Nrn. 3 und 4 des angegriffenen Bescheids erweisen sich - auch der Höhe nach - als rechtmäßig. Ebenfalls keinen Bedenken begegnet die Androhung der zwangsweisen Vorführung in Nr. 6 des angegriffenen Bescheids. Nach dem Wortlaut der Zwangsmittelandrohungen beziehen sich diese auf das Nichterscheinen der Antragstellerin zum Termin, nicht auf die einzelnen angeordneten Maßnahmen. Die Androhung mehrerer Zwangsmittel in einem Bescheid ist in Art. 59 Abs. 3 Satz 2 PAG ausdrücklich vorgesehen und die Reihenfolge der Anwendung ist beanstandungsfrei angegeben. Die Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs für den Fall, dass die Androhung von Zwangsgeld ohne Erfolg bleibt und die Antragstellerin nicht zur Mitwirkung bei der erkennungsdienstlichen Behandlung bewegen kann, ist nicht zu beanstanden und wahrt das Gebot verhältnismäßigen Vorgehens.
2.4. Hingegen sind die Erfolgsaussichten der Klage insoweit als offen anzusehen, als im streitgegenständlichen Bescheid auch die Fertigung von Lichtbildern der Antragstellerin im gänzlich unverschleierten Zustand, d. h. ohne den von ihr üblicherweise getragenen Schleier, der Haare, Ohren und Hals bedeckt, angeordnet wird.
Nach Auffassung des Gerichts bestehen insoweit Bedenken, ob die Anordnung der Maßnahme in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens erfolgte bzw. mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist.
Die Antragstellerin beruft sich auf einen unzulässigen Eingriff in ihre Religionsfreiheit. Aufgrund ihres Auftritts in der mündlichen Verhandlung im Asylverfahren der 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg
Im vorliegenden Fall ist daher der Schutzbereich der Religionsfreiheit betroffen und der inhaltliche Geltungsbereich dieses Grundrechts durch die streitgegenständliche Anordnung beeinträchtigt. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG enthält ein umfassend zu verstehendes Grundrecht, das die Freiheit des Glaubens und das Recht auf freie Religionsausübung garantiert. Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, d. h. einen Glauben zu haben, zu verschweigen, sich vom bisherigen Glauben loszusagen, und einem anderen Glauben zuzuwenden („forum internum“), sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten, für seinen Glauben zu werben und andere von ihrem Glauben abzuwerben („forum externum“). Umfasst sind damit nicht allein kultische Handlungen und die Ausübung und Beachtung religiöser Gebräuche, sondern auch die religiöse Erziehung sowie andere Äußerungsformen des religiösen und weltanschaulichen Lebens. Dazu gehört auch das Recht der Einzelnen, ihr gesamtes Verhalten an den Lehren ihres Glaubens auszurichten und ihrer inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln, also glaubensgeleitet zu leben, wozu auch die religiös motivierte Gestaltung des äußeren Erscheinungsbilds durch Kleidung gehört (BVerfG, U.v. 24.9.2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282; VG Augsburg, U.v. 30.6.2016 - Au 2 K 15.457 - juris m. w. N.).
Bei Würdigung dessen, was im Einzelfall als Ausübung von Religion und Weltanschauung zu betrachten ist, darf das Selbstverständnis der jeweils betroffenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und des einzelnen Grundrechtsträgers nicht außer Betracht bleiben (BVerfG, B.v. 16.10.1968 - 1 BvR 241/66 - BVerfGE 24, 236). Dies bedeutet jedoch nicht, dass jegliches Verhalten einer Person allein nach deren subjektiver Bestimmung als Ausdruck der Glaubensfreiheit angesehen werden muss. Die staatlichen Organe dürfen prüfen und entscheiden, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich das Verhalten tatsächlich nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt, also tatsächlich eine religiös anzusehende Motivation hat (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 15.1.2002 - 1 BvR 1783/99 - BVerfGE 104, 337).
Nach diesem Verständnis des Grundrechts der Religionsfreiheit ist dessen Schutzbereich eröffnet, weil das Tragen eines muslimischen Kopftuches („Hidschab“), durch das Haare und Hals nachvollziehbar aus religiösen Gründen bedeckt werden, als Teil der Religionsausübung nach außen in den Bereich des sog. „forum externum“ fällt (BVerfG, B.v. 27.1.2015 - 1 BvR 471/10; VG Augsburg - a. a. O. m. w. N.). Die Antragstellerin macht auch - ohne dass dies zweifelhaft erscheint - eine religiöse Motivation für das von ihr als aus Glaubensgründen verpflichtend dargestellte Tragen des Kopftuchs geltend. Die religiöse Fundierung der Pflicht, als Frau ein islamisches Kopftuch zu tragen, ist plausibel und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt (s. hierzu BVerfG, B.v. 27.1.2015 - 1 BvR 471/10, 1 BvR 1181/10
Die Aufnahme von Lichtbildern der Antragstellerin im gänzlich unverschleierten Zustand ist auch als Eingriff in die Religionsfreiheit zu sehen - unabhängig davon ob bei Durchführung der Aufnahmen ausschließlich eine weibliche Beamtin anwesend ist, denn die Aufnahmen sind aufgrund ihrer Speicherung weiteren, auch männlichen Polizisten zugänglich und werden ggf. auch im Rahmen von Zeugenbefragungen verwendet.
Es ist fraglich, ob dieser angeordnete Eingriff in die Religionsfreiheit der Antragstellerin verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.
Dem Bescheid lässt sich nicht entnehmen, dass die Behörde den Aspekt der Religionsfreiheit der Antragstellerin bei der Prüfung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme berücksichtigt hat. Insofern steht aufgrund der insoweit fehlenden Begründung des Verwaltungsakts bereits ein Ermessensausfall im Raum.
Weiterhin stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Aufnahme von Lichtbildern der Antragstellerin im gänzlich unverschleierten Zustand für die Erfüllung der polizeilichen Aufgabe erforderlich ist. Es kann bei der erkennungsdienstlichen Behandlung zwar grundsätzlich die Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes einer Person zur Vorbereitung von Identifizierungsmaßnahmen angeordnet und ggf. auch zwangsweise durchgeführt werden (Gercke/Julius/Temming u. a., StPO, § 81b Rn. 12). Nachdem sich die Antragstellerin jedoch mit Kopftuch bekleidet in der Öffentlichkeit bewegt und bislang ausschließlich mit Ladendiebstählen auffällig geworden ist, erschließt sich nicht ohne weiteres, warum die Aufnahme des gänzlich unverschleierten Kopfs der Antragstellerin erforderlich ist. Eine Klärung, zu welchen polizeilichen Zwecken das vom Antragsgegner als „wesentliche Personenmerkmale wir Haare, Ohren, Hals, Gesichtsform“ bezeichnete äußere Erscheinungsbild der Antragstellerin benötigt wird, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Außerdem bleibt auch bei Annahme der Erforderlichkeit von Lichtbildaufnahmen der Antragstellerin im gänzlich unverschleierten Zustand fraglich, ob die getroffene Anordnung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dem auch erkennungsdienstliche Maßnahmen unterliegen (Gercke/Julius/Temming u. a., StPO, § 81b Rn. 13), vereinbar ist, insbesondere ob es sich hierbei um einen unzulässigen Eingriff in die freie Religionsausübung handelt.
Die Glaubensfreiheit ist zwar nicht schrankenlos gewährleistet. Einschränkungen müssen sich jedoch aus der Verfassung selbst ergeben. Hierzu zählen die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang (vgl. BVerfG, B.v. 26.5.1970 - 1 BvR 83/69, 1 BvR 244/69
Nach alledem sind die Erfolgsaussichten der Klage der Antragstellerin hinsichtlich der Anordnung der Fertigung von Lichtbildern im gänzlich unverschleierten Zustand als offen anzusehen.
Im Rahmen der sonach vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt insoweit das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das öffentliche Vollzugsinteresse, weshalb die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen war. Im Falle einer einstweiligen Fertigung von Lichtbildern im gänzlich unverschleierten Zustand, d. h. ohne Schleier, der Haare, Ohren und Hals bedeckt, steht die Verletzung der Glaubensfreiheit der Antragstellerin im Raum. Hingegen wird die öffentliche Sicherheit, wenn zunächst nur Lichtbilder der Antragstellerin im beschriebenen teilweise verschleierten Zustand aufgenommen werden können, angesichts der im Raum stehenden Tatvorwürfe gegen die Antragstellerin nicht in gravierender Weise beeinträchtigt, da diese Lichtbilder bei einer möglichen Tataufklärung in der Zukunft verwendet werden können.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 155 Abs. 1 VwGO und entspricht dem Anteil des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens.
Die Streitwertentscheidung resultiert aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG. Das Gericht orientiert sich dabei am Streitwertkatalog 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Nach Nr. 35.5 dieses Katalogs ist bei Streitigkeiten um erkennungsdienstliche Maßnahmen in der Hauptsache der Auffangwert (5.000,00 EUR) zu veranschlagen. Für das vorliegende Sofortverfahren war dieser Wert zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Tenor
I.
Es wird festgestellt, dass die mit dem Einstellungsbescheid vom
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
IV.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Tatbestand:
Gründe
Entscheidungsgründe:
I)
II)
III)
I)
II)
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.