Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 19. Nov. 2018 - W 8 K 17.1393

published on 19/11/2018 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 19. Nov. 2018 - W 8 K 17.1393
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Gericht

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Tenor

I. Der Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten K.vom 8. Dezember 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 3. November 2017 wird geändert. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für das Jahr 2016 Direktzahlungen aus Mitteln der EU für das Feldstück 8 ohne Kürzungen und Sanktionen in voller Höhe zu gewähren.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt die Änderung des Bescheids des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten K. vom 8. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 3. November 2017, in dem im Rahmen der Gewährung von Direktzahlungen Sanktionen verhängt wurden.

Der Kläger beantragte mit Mehrfachantrag vom 8. Mai 2016 unter anderem die Auszahlung der Basisprämie durch Aktivierung der Zahlungsansprüche für das Jahr 2016 auf Grundlage der im Flächen- und Nutzungsnachweis (FNN) angegebenen Flächen. Am 12. Oktober 2016 fand eine Vor-Ort-Kontrolle durch den Prüfdienst des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) K1. statt. Dabei wurden u.a. Abweichungen bei dem beantragten Feldstück Nr. 8 festgestellt. Bei der Abschlussbesprechung zur Vor-Ort-Kontrolle am 12. Oktober 2016 wurde der Kläger über deren vorläufiges Ergebnis informiert. Der Kläger widersprach hierbei der Feststellung, dass er nicht Bewirtschafter der Wiese Fl.Nr. 315 sei. Im Bericht zur Vor-Ort-Kontrolle -InVeKoS wurden festgestellte Verstöße / Beanstandungen zu dem Punkt „Kontrolle, ob Hinweise vorliegen, dass der Antragsteller die beantragten Flächen nicht selbst bewirtschaftet“ vermerkt sowie unter der Überschrift „Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten“ zu dem Punkt „Die Bestimmungen zu den Vorgaben sowie die Angaben zu den Flächengrößen werden - soweit am Prüftermin feststellbar - im Jahr 2016 vollständig eingehalten“. Zudem wurde festgehalten, dass sich aus der Vor-Ort-Kontrolle für 2017 neue Feldstücksgeometrien (Geometrie Folgejahr) ergeben. Mit Schreiben des AELF K1. vom 15. November 2016 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass bei der Kontrolle Abweichungen von den Vorgaben festgestellt worden seien: Der Kläger bewirtschafte die beantragten Flächen nicht selbst (Grunddaten) und die Bestimmungen zu den Vorgaben oder die Angaben zu den Flächengrößen seien nicht eingehalten worden (Ausgleichszulage im benachteiligten Gebiet).

Im Folgenden fanden zu den festgestellten Abweichungen zahlreiche Schriftwechsel des Klägers mit der Prüfdienstleitung und der Behördenleitung des AELF K1. und später auch mit dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten statt.

Mit Bescheid des AELF K. vom 8. Dezember 2016 wurden dem Kläger Direktzahlungen in Höhe von 1.743,88 EUR bewilligt. Dabei wurde das Feldstück Nr. 8 wegen fehlender Selbstbewirtschaftung mit einer Flächenabweichung von 0,21 ha bewertet. Zur Begründung für die angewandten Kürzungen, Sanktionen und Ablehnungen wurde im Wesentlichen ausgeführt, die festgestellte Differenz zwischen den beantragten und den ermittelten Flächen für die Basisprämie betrage mehr als 3% bzw. 2 ha. Gemäß Art. 19a Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 sei der Förderbetrag grundsätzlich um das 1,5-fache der festgestellten Differenz zu kürzen. Da die Abweichung nicht mehr als 10% betrage, verringere sich der Sanktionsbetrag um 50%. Die festgestellte Differenz zwischen den beantragten und den ermittelten Flächen für die Umverteilungsprämie betrage mehr als 3% bzw. 2 ha. Gemäß Art. 19a Delegierte VO (EU) Nr. 640/2014 sei der Förderbetrag grundsätzlich um das 1,5-fache der festgestellten Differenz zu kürzen. Da die Abweichung nicht mehr als 10% betrage, verringere sich der Sanktionsbetrag um 50%.

Mit Schreiben vom 3. März 2017 legte der Kläger gegen den Bescheid des AELF K. Widerspruch ein. Das AELF K. half dem Widerspruch nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 12. Juni 2017 der Widerspruchsbehörde zur Entscheidung vor.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 2017 wies die Staatliche Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (FüAk) den Widerspruch des Klägers zurück (Nr. 1). Dem Kläger wurden die Kosten des Widerspruchsverfahrens auferlegt (Nr. 2). Es wurde eine Gebühr von 150,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Zahlung der Basisprämie erfolge gemäß Art. 32 VO (EU) Nr. 1307/2013 bei Aktivierung eines ZA (Zahlungsanspruchs) je beihilfefähiger Hektarfläche. Die Direktzahlungen könnten gemäß den einschlägigen EU-Fördervorgaben nur für landwirtschaftliche Flächen des Betriebes gewährt werden, die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit genutzt würden (Art. 4 Abs. 1 b, Art. 32 Abs. 2 a VO (EU) Nr. 1307/213). Eine Zuordnung einer landwirtschaftlichen Fläche zum Betrieb des Antragstellers sei nach Entscheidung des EuGH vom 14. Oktober 2010 (C-61/09) und des OVG Koblenz vom 12. Januar 2011 (8 A 11191/10) dann gegeben, wenn sie vom Antragsteller in hinreichender Selbständigkeit in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bewirtschaftet werde. Dasselbe gelte für die Ausgleichszulage in benachteiligten Gebieten (AGZ). Beantrage ein Antragsteller Flächen, obwohl er sie nicht selbst bewirtschafte, sei dies bei ihm als sanktionsrelevanter Verstoß zu bewerten. Bei der Beurteilung, ob eine Selbstbewirtschaftung vorliegend sei, sei nach folgenden Kriterien abzugrenzen: a. Der Antragsteller müsse das Nutzungsrecht für die Fläche besitzen, das unternehmerische Ertrags- und Kostenrisiko der Flächenbewirtschaftung tragen und grundsätzlich die Beiträge für die Berufsgenossenschaft entrichten. Eine Ausnahme sei möglich, wenn die Berufsgenossenschaftsbeiträge zwar noch vom Vorbewirtschafter (z.B. Eigentümer, Vorpächter) entrichtet würden, jedoch ansonsten keinerlei Zweifel an der Selbstbewirtschaftung der Fläche durch den Antragsteller bestünden. b. Soweit der Antragsteller auch Dritte mit der Erledigung einzelner Arbeiten beauftrage, müsse er neben den unter a. genannten Kriterien weisungsbefugt gegenüber den beauftragten Personen sein. Dabei habe die Beauftragung möglichst in Form gezielter Anweisungen zu erfolgen. Auf diese Voraussetzungen sei der Kläger jeweils im MFA (Mehrfachantrag) 2016 und dem dazugehörenden Merkblatt hingewiesen worden. Im Mehrfachantragsformular heiße es jeweils im Teil A unter Nr. 2: „Ich versichere, dass ich die meinem Antrag zu Grunde liegenden Produktionseinheiten (v.a. Fläche) in eigenem Namen und auf eigene Rechnung bewirtschafte“ sowie „Ich versichere, dass ich alle von mir landwirtschaftlich genutzten Flächen (LF) (…) im FNN (…) angegeben habe“. Im Teil B unter Nr. 4.1 heiße es u.a. „Ich versichere, dass mir alle mit „B“ gekennzeichneten Flächen (…) zur Verfügung stehen und dass sie im gesamten Kalenderjahr (…) beihilfefähig sind.“ Somit hätte dem Kläger klar sein müssen, dass nur derjenige, welcher die Flächen tatsächlich rechtmäßig und selbstständig bewirtschafte, antragsberechtigt sei und einen Anspruch auf Basisprämie habe. Er selbst habe in seiner E-Mail vom 16. Oktober 2016 an Herrn E. formuliert, dass er die Erlaubnis zum Mähen zum Zeitpunkt der Erstellung des Mehrfachantrags seinem Nachbarn gegeben habe. Weiter habe er seinem Nachbarn erlaubt, den bzw. die Mähtermine selbst festzulegen sowie den Auswuchs zu verwenden. Bei dieser sehr pauschalen Beauftragung seines Nachbarn sei es ohne weitere Nachweise hier keinesfalls möglich die Selbstbewirtschaftung als Förderkriterium positiv festzustellen. Auch nach zahlreichen Schriftwechseln mit der Prüfdienstleitung, der Behördenleitung des AELF K1.und dem Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, könne eine Selbstbewirtschaftung seitens des Klägers nicht angenommen werden, da er bis zum jetzigen Zeitpunkt einen entsprechenden Beleg oder Nachweis der Selbstbewirtschaftung nicht vorgelegt habe bzw. habe vorlegen können oder wollen und kein Anhaltspunkt für eine andere Beurteilung des strittigen Sachverhaltes ersichtlich sei. Die im Bescheid vom 8. Dezember 2016 erfolgte Nichtanerkennung des Feldstücks 8 mit 0,21 ha sei daher rechtmäßig gewesen. Bezüglich der vom Kläger im Widerspruch vom 3. März 2017 vorgebrachten weiteren Stichpunkte dürfe auf die Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 14. März 2017, 6. April 2017 und 27. April 2017 sowie auf den erfolgten Schriftwechsel zwischen dem Kläger und dem AELF K.verwiesen und sich inhaltlich diesen angeschlossen werden, um weitere Wiederholungen zu vermeiden. Die Kostenentscheidung beruhe auf § 73 Abs. 3 Satz 3 VwGO i.V.m. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BayVwVfG und Art. 2 Abs. 1 Satz 2 KG. Nachdem das AELF K.für den Bescheid vom 8. Dezember 2016 keine Amtshandlungsgebühr erhoben habe, sei gemäß Art. 9 Abs. 1 Satz 4 KG eine Gebühr von mindestens 25,00 EUR bis zu 5.000,00 EUR zu erheben. Die Festsetzung der Gebührenhöhe liege im pflichtgemäßen Ermessen der Widerspruchsbehörde. Unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands und der Bedeutung der Angelegenheit sei eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR angemessen.

II.

Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2017, eingegangen bei Gericht am 5. Dezember 2017 erhob der Kläger Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid.

Zur Begründung führte der Kläger im Wesentlichen aus, er erfülle alle Voraussetzungen für eine Prämienberechtigung für das sanktionierte Feldstück. Er sei uneingeschränkter Bewirtschafter seines Feldstückes. Er habe im Mehrfachantrag 2016 keine falschen Angaben bezüglich der Feldstückgeometrie gemacht. Es gebe keine Flächenabweichungen. Die im streitgegenständlichen Bescheid vollzogenen Sanktionen würden sich auf nicht korrekt erstellte VOK-Ergebnis-Berichte vom 15. November 2016 und 21. November 2016 beziehen. Der dem Ergebnisbericht vom 15. November 2016 in Anlage beigefügte „Bericht zur Vor-Ort-Kontrolle“ sei in folgenden Punkten nicht korrekt: 1.) Seite 2 Punkt „Kontrolle, ob Hinweise vorliegen, dass der Antragsteller die beantragten Flächen nicht selbst bewirtschaftet“. Hier werde eine Nutzung des Feldstückes durch den Wiesennachbarn unterstellt. Eine Nutzung setze jedoch einen Pachtvertrag oder eine pachtähnliche Vereinbarung voraus. Beides bestehe jedoch nicht. Er habe lediglich dem Wiesennachbarn die Erlaubnis zum Mähen gegeben. Unter Erlaubnis verstehe er die Erklärung des Einverständnisses zu einem bestimmten Tun ohne jegliche vertragliche Bindung beiderseits. 2.) Seite 2 Punkt „Feldstücksgeometrie“. Der Hinweis „Aus der Vor-Ort-Kontrolle ergeben sich für 2017 neue Feldstücksgeometrien“ sei nicht richtig. Im Mehrfachantrag werde die Richtigkeit der geometrischen Feldstückgrenzen der beantragten Feldstücke explizit abgefragt und müsse gesondert bestätigt werden. Die im Antrag aufgeführten Feldstückgrenzen entsprächen den tatsächlichen Grenzen seiner Feldstücke, somit seien seine Angaben wahrheitsgemäß. Die Erklärung des AELF K1.(kontrollierendes Amt), welches die Geometrieabweichung für sein Feldstück aus abwicklungstechnischen Gründen gemacht habe, sei für ihn nicht akzeptabel. Durch diese Vorgehensweise werde ihm ein Flächenbetrug unterstellt, den er nicht begangen habe. 3.) Seite 3 Punkt „Bemerkung der auskunftserteilenden Person“. Hier fehle im VOK-Bericht vom 15. November 2016 sein bei der Vor-Ort-Kontrolle handschriftlich gemachter Hinweis. Der Hinweis sei vorsätzlich nicht wiedergegeben worden. Der Hinweis sei erst aufgrund seines Widerspruches im Ergebnisbericht vom 21. November 2016 hinzugefügt worden. Dass der Hinweis vorsätzlich unterschlagen worden sei, schließe er aus der Tatsache, dass im Vorfeld dem Thema der Selbstbewirtschaftung intensiv E-Mail-Verkehr vorausgegangen sei. Bezüglich der Punkte 1 und 2 beantrage er die nochmalige Änderung des Ergebnisberichtes vom 21. November 2016. Der Punkt 3 sei in diesem Bericht bereits geändert worden.

Die Voraussetzungen für eine Prämienberechtigung gemäß dem Merkblatt „Mehrfachantrag 2016“ unter dem Punkt 2 „Allgemeine Hinweise zur Antragstellung“ Absatz 4 erfülle er vollumfänglich. Das Feldstück sei seine Eigentumsfläche, somit habe er das uneingeschränkte Weisungs- und Nutzungsrecht. Es gebe keine pacht- oder vertragsähnliche Vereinbarungen mit einem Dritten. Die Bewirtschaftung erfolge in seinem Namen und auf eigene Rechnung. Es habe lediglich eine Erlaubnis zum Mähen seiner Wiese gegeben, die er zu jeder Zeit hätte zurücknehmen können. Er trage das unternehmerische Risiko (Ertrags- und Kostenrisiko) der Bewirtschaftung. Da es weder einen Pachtvertrag noch pachtähnliche Absprachen oder sonstige schriftliche Abmachungen (Bewirtschafter-Vertrag) gegeben habe, die eine Entgeltzahlung beinhalten würden, aus der sich eine Verpflichtung für den Wiesenmäher hätte ableiten lassen, hätten das Bewirtschaftungsrisiko und das Kostenrisiko ausschließlich bei ihm gelegen. Aufgrund dessen, dass er dem Wiesennachbarn lediglich die Erlaubnis zum Mähen gegeben habe, sei er keinerlei Verpflichtungen bezüglich Kosten und Bewirtschaftung eingegangen. Wenn beispielsweise ein „Trockenjahr“ eingetreten wäre und ihm der Aufwuchs als Gegenleistung für das Mähen zu gering gewesen wäre, hätte er keinerlei Verpflichtung zum Mähen gehabt. Gleichwohl hätte er dann eine zusätzliche Entgeltforderung stellen können. Gleiches würde bei einem „Nassjahr“ gelten, bei dem der Aufwuchs nicht in Qualitätsanforderungen für eine Futterverwertung entsprochen hätte. In diesen Fällen wären ihm zusätzliche Kosten entstanden. Die Bewirtschaftung einer Wiese sei auch nicht alleinig durch das Mähen gegeben. Für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung sei es erforderlich, dass mehrmals jährlich Feldbegehungen durchgeführt würden. Die Feldbegehungen dienten hauptsächlich der Beurteilung der Unkrautsituation und der Vermoosung. Ebenso seien im mehrjährigen Rhythmus Maßnahmen zum Einebnen der Maulwurfhügel notwendig. Einmal jährlich seien am angrenzenden Bach Säuberungsarbeiten im Uferbereich und die Sicherung der Grenzzeichen notwendig. Der Aufwand und die Kosten für diese Tätigkeiten seien wesentlich höher, als die Kosten für das Mähen der Wiese (43,00 EUR/ha x 0,21 ha = 9,03 EUR). Bei der überbetrieblichen Vergabe von Arbeiten - in diesem Fall das Mähen - sei er zu jedem Zeitpunkt weisungsbefugt gewesen. Wie bereits beschrieben, habe es nur eine Erlaubnis zum Mähen gegeben. Entgegen der Darstellung im Widerspruchsbescheid sei im Merkblatt zum „Mehrfachantrag 2016“ keine schriftliche Dokumentation bei überbetrieblich ausgeführten Arbeiten gefordert. Selbst aus den Ausführungen Widerspruchsbescheid Seite 6 Absatz b lasse sich die schriftliche Form der Nachweisforderung nicht ableiten. Hier heiße es lediglich: „Dabei hat die Beauftragung möglichst in Form gezielter Anweisungen zu erfolgen“. Dass seine Anweisung Wirkung gehabt habe, lasse sich an der Tatsache ableiten, dass seine Wiese gemäht worden sei. Die Darlegungen im Widerspruchsbescheid auf Seite 2 Punkt 2 bezüglich der Entscheide des EuGH und des OVG Koblenz, und ebenso die Ausführungen in den weiteren Absätzen „a“ und „b“ würden sich auf Bestimmungen zu Vertragsnaturschutzprogrammen (VPN/EA) beziehen bzw. gelten. Für eine Basisprämie wie in seinem Fall seien diese nicht relevant. Die in Bezug auf die Selbstbewirtschaftung gestellten Fragen seien von ihm bereits bei der Vor-Ort-Kontrolle alle beantwortet worden. Der geforderte Nachweis würde keine Änderung des bereits bekannten Sachstandes ergeben. Deshalb sei die Sinnhaftigkeit dieser Nachweisforderung nicht nachvollziehbar. Ihm sei auch die rechtliche Grundlage, aus der sich eine schriftliche Nachweispflicht ableite, bisher nicht dargelegt worden. Ebenso seien ihm gegenüber keine weiteren Zweifel zur Selbstbewirtschaftung geäußert worden, als diejenigen die bei der VOK angeführt und von ihm auch bereits beantwortet worden seien. Die Selbstbewirtschaftung sei vollumfänglich gegeben. Der Beitrag zur Berufsgenossenschaft sei von ihm entrichtet worden. Abschließend wolle er nochmals betonen, dass ihm sowohl die rechtliche Grundlage für die Nachweisforderung noch weitere Zweifel bezüglich der Selbstbewirtschaftung dargelegt worden seien. Vielmehr sei versucht worden mit falschen Darstellungen und falschen Bezügen, eine Argumentation aufzubauen, die nicht dem wahren Sachverhalt entspreche. Seine Bemühungen den Sachverhalt unter anderem im Widerspruchsverfahren objektiv und richtig zu bewerten, seien leider fehlgeschlagen.

Die FüAK verwies für den Beklagten mit Schriftsatz vom 27. Februar 2018 zur Begründung der Klageerwiderung auf ihren Widerspruchsbescheid vom 3. November 2017, da die Klagebegründung keinen neuen Sachvortrag enthalte.

In der mündlichen Verhandlung am 19. November 2018 erhob das Gericht durch Einvernahme des Herrn K. als Zeugen zu der Tatsache Beweis, dass das Feldstück 8 für das Förderjahr 2016 vom Kläger als Betriebsinhaber auf eigenes Risiko bewirtschaftet wurde und keine Bewirtschaftung durch Herrn J. K., G., erfolgte.

Der Kläger beantragte,

unter Abänderung des Bescheides des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, K., vom 8. Dezember 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 3. November 2017 den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger für das Jahr 2016 Direktzahlungen aus den Mitteln der EU für das Feldstück 8 ohne Kürzungen und Sanktionen in voller Höhe zu gewähren.

Die Beklagtenvertreterin beantragte,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat für das Jahr 2016 einen Anspruch auf Direktzahlungen für das Feldstück 8 ohne Kürzungen und Sanktionen in voller Höhe, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Die mit streitgegenständlichem Bescheid gewährte Direktzahlung bleibt infolge von Kürzungen und Sanktionen hinter der vom Kläger beantragten Direktzahlung (in voller Höhe) zurück. Mit der lediglich teilweisen Stattgabe des Antrags ist konkludent zugleich eine teilweise Ablehnung des Antrags verbunden, so dass die (Teil-)Verpflichtungsklage richtige Klageart ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 42 Rn. 28).

Anhaltspunkte, dass die Widerspruchsfrist nach § 70 VwGO nicht eingehalten wurde, bestehen nicht. Im Übrigen steht es der Widerspruchsbehörde frei, ungeachtet einer verspäteten Einlegung des Widerspruchs zu entscheiden, wodurch zugleich für den Betroffenen die Klagemöglichkeit gegen den Erstbescheid wieder eröffnet wird (Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 70 Rn. 8).

Die Klage ist begründet, weil der Kläger einen Anspruch auf Gewährung der Direktzahlung in voller Höhe hat. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtswidrig, soweit er dem Kläger die beantragten Direktzahlungen für das Feldstück 8 nicht in voller Höhe gewährt und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.

Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Direktzahlungen für das Jahr 2016 ist Art. 32 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013. Danach wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähiger Hektarfläche eine Stützung gewährt.

Nach der Legaldefinition in Art. 4 Abs. 1 lit. a) der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 bezeichnet der Begriff „Betriebsinhaber“ eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status diese Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im räumlichen Geltungsbereich der Verträge im Sinne des Art. 52 EUV in Verbindung mit den Art. 349 und 355 AEUV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Unter Betrieb ist gemäß Art. 4 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 die Gesamtheit der für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Einheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaats befinden, zu verstehen.

Im Zusammenhang mit der Betriebsprämienregelung bedeutet der Begriff der Verwaltung zwar nicht, dass dem Landwirt die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die Flächen in Bezug auf deren landwirtschaftliche Nutzung zustehen muss. Er muss jedoch im Hinblick auf diese Flächen über eine hinreichende Selbständigkeit bei der Ausübung seiner landwirtschaftlichen Tätigkeit verfügen können (EuGH, U.v. 14.10.2010 - C-61/09 - juris). Dies ist anzunehmen, wenn der Betriebsinhaber in der Lage ist, bei der Nutzung der Fläche eine gewisse Entscheidungsbefugnis auszuüben und die Ausübung der landwirtschaftlichen Tätigkeiten in seinen Namen und für seine Rechnung erfolgt. Soweit der Betriebsinhaber Dritte mit der Erledigung einzelner Aufgaben beauftragt, muss er diesen gegenüber weisungsbefugt sein. Ist dies nicht der Fall, ist eine Zuordnung dieser Flächen zum Betrieb eines Landwirts nicht möglich (vgl. EuGH, U.v. 14.10.2010 - C-61/09 - juris; OVG Lüneburg, U.v. 23.5.2013 - 10 LB 138/10 -juris; VG München, U.v. 16.7.2015 - M 12 K 14.483 - juris). Bei der Nutzung einer Grünlandfläche ist bei mehreren Nutzern einzelfallbezogen danach zu fragen, wer auf eigenes Risiko und selbständig die Fläche überhaupt bzw. überwiegend gesät, sonst gepflegt und „geerntet“ hat (VG Oldenburg, U.v. 21.9.2017 - 12A 3046/15 - juris).

Im vorliegenden Fall ist unter den Beteiligten allein streitig, ob das Feldstück 8 vom Kläger selbst bewirtschaftet wird. Aus § 11 MOG (Marktorganisationsgesetz) ergibt sich, dass der Begünstigte in dem Verantwortungsbereich, der nicht zum Bereich der für die Gewährung des rechtlich erheblichen Vorteils zuständigen Stelle gehört, die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung des rechtlich erheblichen Vorteils bis zum Ablauf des vierten Jahres, das dem Kalenderjahr der Gewährung folgt, trägt.

Unter Zugrundelegung der oben aufgezeigten Vorgaben kommt das Gericht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung mit Zeugeneinvernahme im Rahmen freier Beweiswürdigung (§ 108 VwGO) zu der Überzeugung, dass der Kläger im Förderjahr 2016 als Betriebsinhaber das Feldstück 8 selbst bewirtschaftete. Die Angaben des Klägers und des Zeugen K. stimmen in den wesentlichen Punkten überein. Der Zeuge K. hat die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen bestätigt. Die Angaben sind stimmig und in sich schlüssig und ergeben ein widerspruchsfreies Gesamtbild, ungeachtet kleinerer Abweichungen, die auf nachvollziehbaren Erinnerungslücken aufgrund des zeitlichen Abstands beruhen. Der Zeuge K. hat in der Verhandlung nach Überzeugung des Gerichts einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und glaubhafte Aussagen getätigt. Der Zeuge räumte ehrlich ein, wenn er sich an manche Tatsachen nicht mehr (im Detail) erinnern konnte. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge aus „Gefälligkeit“ mit dem Kläger abgesprochene Aussagen getätigt hätte, konnte das Gericht nicht erkennen.

Demnach hatte der Kläger als Eigentümer das Nutzungsrecht über die streitgegenständliche Fläche. Die Beauftragung des Wiesennachbarn, der Zeuge K., im Jahr 2016 die Fläche mit zu mähen, steht dem nicht entgegen. Ein Pachtverhältnis bestand aufgrund der glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben des Zeugen K. insoweit nicht. Herr K. war insoweit nur mit der Erledigung einzelner Aufgaben betraut, die Weisungsbefugnis lag bei dem Kläger. Die Entscheidung, ob die Wiese gemäht wurde, traf der Kläger, auch wenn der Zeuge den genauen Mähzeitpunkt bestimmte. Wenn der Kläger erklärt hätte, dass die Wiese nicht mehr gemäht werden solle, hätte der Zeuge sich daran gehalten. Der Kläger trug zudem das unternehmerische Risiko (Ertrags- und Kostenrisiko) der Bewirtschaftung. So werden die jährlichen Feldbegehungen zur Beurteilung der Unkrautsituation vom Kläger selbst durchgeführt. In der mündlichen Verhandlung legte er Lichtbilder mit Fotos der Wiese sowie des Randbereichs, insbesondere mit den Brennnesseln und dem Windbruch, den er habe aufräumen müssen, vor. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen wäre es das Problem des Klägers gewesen, wenn das Mähgut z.B. infolge von Überflutung nicht brauchbar gewesen wäre. Der Zeuge habe jederzeit sagen können, er mähe die Wiese nicht mit, weil es sich nicht lohne. Unerheblich ist, dass die geschilderten Vereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Zeugen K. nicht schriftlich festgehalten wurden. Ein entsprechender Hinweis wie im Merkblatt „Mehrfachantrag 2018“, dass die Beauftragung nachweislich (ggf. schriftlich) in Form gezielter Anweisungen erfolgen sollte, ist im Übrigen im hier maßgeblichen Merkblatt „Mehrfachantrag 2016“ nicht enthalten.

Schließlich wurde auch der Beitrag zur Berufsgenossenschaft vom Kläger entrichtet.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Bericht zur Vor-Ort-Kontrolle und bei dem Ergebnisbericht vom 15. November 2016 nicht um eine eigenständige Sachentscheidung (vgl. § 44a VwGO), sondern um eine bloße - nicht selbständig angreifbare - Verfahrenshandlung handelt, deren etwaige Rechtswidrigkeit bei der Überprüfung der in der Hauptsache ergangenen Entscheidung von Amts wegen zu berücksichtigen ist (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Auflage 2018, § 44a Rn. 7).

Nach alledem hat die Klage Erfolg.

Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 16/07/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kl
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Annotations

(1) Hilft die Behörde dem Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid. Diesen erläßt

1.
die nächsthöhere Behörde, soweit nicht durch Gesetz eine andere höhere Behörde bestimmt wird,
2.
wenn die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist, die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat,
3.
in Selbstverwaltungsangelegenheiten die Selbstverwaltungsbehörde, soweit nicht durch Gesetz anderes bestimmt wird.
Abweichend von Satz 2 Nr. 1 kann durch Gesetz bestimmt werden, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig ist.

(2) Vorschriften, nach denen im Vorverfahren des Absatzes 1 Ausschüsse oder Beiräte an die Stelle einer Behörde treten, bleiben unberührt. Die Ausschüsse oder Beiräte können abweichend von Absatz 1 Nr. 1 auch bei der Behörde gebildet werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

(3) Der Widerspruchsbescheid ist zu begründen, mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen und zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Der Widerspruchsbescheid bestimmt auch, wer die Kosten trägt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Widerspruch ist innerhalb eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes oder zur Niederschrift bei der Behörde zu erheben, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Frist wird auch durch Einlegung bei der Behörde, die den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, gewahrt.

(2) §§ 58 und 60 Abs. 1 bis 4 gelten entsprechend.

Der Begünstigte trägt, soweit nicht Regelungen im Sinne des § 1 Absatz 2 etwas anderes vorsehen, auch nach Empfang eines rechtlich erheblichen Vorteils nach § 6, § 8 oder § 9b, jeweils auch in Verbindung mit den §§ 9c und 9d, in dem Verantwortungsbereich, der nicht zum Bereich der für die Gewährung des rechtlich erheblichen Vorteils zuständigen Stelle gehört, die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung des rechtlich erheblichen Vorteils bis zum Ablauf des vierten Jahres, das dem Kalenderjahr der Gewährung folgt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.