Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 27. Sept. 2017 - W 6 k 16.32116

published on 27/09/2017 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 27. Sept. 2017 - W 6 k 16.32116
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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1. Die Kläger sind ukrainische Staatsangehörige; der Kläger zu 1) ist armenischer Volkszugehöriger und armenisch-orthodoxen Glaubens, die Klägerin zu 2) ist christlich-orthodoxen Glaubens sowie ukrainischer Volkszugehörigkeit. Die Klägerinnen zu 3) und 4), ukrainische Staatsangehörige, sind die gemeinsamen minderjährigen Kinder der Kläger zu 1) und 2). Die Kläger reisten nach eigenen Angaben am 17. Februar 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 4. Mai 2015 einen Asylantrag. Auf das Vorbringen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom 28. Oktober 2016 erkannte das Bundesamt die Flüchtlingseigenschaft nicht zu (Ziffer 1) und lehnte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Ziffer 2). Der subsidiäre Schutz wurde nicht zuerkannt (Ziffer 3) und es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4). Die Kläger wurden unter Androhung der Abschiebung in die Ukraine zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheides aufgefordert (Ziffer 5). Ferner wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 6). Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides, der den Klägern mit Postzustellungsurkunde am 3. November 2016 zugestellt wurde, Bezug genommen.

2. Gegen diesen Bescheid ließen die Kläger mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 8. November 2016, bei Gericht am 10. November 2016 eingegangen, Klage erheben und beantragen,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 28. Oktober 2016 zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG zuzuerkennen,

hilfsweise, den Klägern subsidiären Schutz im Sinne des § 4 AsylVfG zu gewähren,

weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 15. November 2016,

die Klage abzuweisen.

3. Mit Beschluss vom 22. November 2016 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Der mit klägerischem Schriftsatz vom 19. Dezember 2016 gestellte Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Bevollmächtigten wurde mit Beschluss vom 11. August 2017 abgelehnt.

Wegen der sonstigen Ausführungen der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt, die beigezogenen Behördenakten und die Sachverhaltsdarstellung im angefochtenen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 27. September 2017 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Kläger und der Beklagten in der mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden.

1. Kläger und Beklagte sind jeweils mit Ladung vom 3. August 2017 ordnungsgemäß – die Klägerseite gegen Empfangsbekenntnis, die Beklagte formlos – zur mündlichen Verhandlung am 27. September 2017 geladen und gemäß § 102 Abs. 2 VwGO darauf hingewiesen worden, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann. Die Ladung konnte gegenüber der Beklagten formlos erfolgen, weil sie mit allgemeiner Prozesserklärung auf eine förmliche Ladung verzichtet hat.

2. Das Gericht konnte die mit Schriftsatz vom 7. September 2017, 19. September 2017 sowie 26. September 2017 gestellten Anträge auf Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung ablehnen.

Eine Terminsverlegung nach § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO setzt voraus, dass hierfür „erhebliche Gründe“ vorliegen. Diese sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Umstände, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des im Falle der Aufhebung bzw. Verlegung des Termins berührten Beschleunigungs- und Konzentrationsgebotes erfordern; darüber hinaus muss der verhinderte Beteiligte diese Gründe dem Gericht darlegen und auf Verlangen glaubhaft machen (vgl. BVerwG, B.v. 14.9.1999 – 5 B 54.99 –, juris, B.v. 5.5.1999 – 5 B 50/99 –, m.w.N.; OVG NRW, B.v. 11.3.2011 – 12 A 1436/10 –, juris, Rn. 6ff. m.w.N.).

Ein ausreichender Grund kann u. a. darin liegen, dass ein Beteiligter oder sein Prozessbevollmächtigter unerwartet krank ist. Jedoch ist nicht jegliche Erkrankung ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung; eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann (vgl. BFH, B.v. 26. 11.2009 – VIII B 162/09 –, juris; OVG NRW, B.v. 11. 3.2011 – 12 A 1436/10 –, juris, Rn. 6ff. m.w.N.).

Ob tatsächlich eine Reise- oder Verhandlungsunfähigkeit besteht, hat das Gericht anhand der vorgetragenen Umstände unter Einbeziehung etwaiger ärztlicher Atteste zu beurteilen.

2.1. Aus dem mit Schriftsatz vom 7. September 2017, bei Gericht am 15. September 2017 eingegangen, gestellten (ersten) Antrag auf Terminsverlegung ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Verhandlungsunfähigkeit des Klägers zu 1), oder sonstige erheblichen Gründe, die eine Terminsverlegung erfordert hätten.

Es ist anzumerken, dass mit diesem Schriftsatz zum ersten Mal im gesamten Gerichtsverfahren vorgetragen wurde, dass sich der Kläger zu 1) seit 30. November 2016 in ambulanter psychiatrischer Behandlung in der Psychiatrischen Institutsambulanz Sch. (PIA Sch.) befindet. Zuvor war lediglich mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2016 ein Entlassungsbericht eines Krankenhauses vorgelegt, aus welchem sich ergibt, dass der Kläger zu 1) dort aufgrund multipler Schmerzen am Bewegungsapparat behandelt worden war; der behandelnde Arzt stellte dort u.a. Hinweise auf eine depressive Verstimmung fest und empfahl die Vorstellung in einer psychosomatischen Klinik.

2.1.1.

Den Antrag auf Terminsverlegung vom 7. September 2017 begründete die Klägerbevollmächtigte damit, dass aufgrund der Einnahme der ärztlich verordneten Psychopharmaka sich der Kläger stets schläfrig und benommen fühle und nicht in der Lage sei, den Geschehensablauf im mündlichen Verhandlungstermin zu folgen, Sachverhalte zu schildern und auszusagen. Zur Untermauerung dieser Behauptung wurde ein ärztliches Attest der PIA Sch. vom 29. August 2017 beigelegt, sowie der Entlassungsbrief des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss W. (KPPPM Schloss W.) vom 17. Januar 2017.

Aus dem Entlassungsbrief vom 17. Januar 2017 der KPPPM Schloss W. ergibt sich, dass der Kläger zu 1) im Zeitraum vom 8. Dezember 2016 bis 12. Januar 2017 stationär im KPPPM Schloss W. behandelt worden war, wo folgende Diagnosen gestellt wurden: Posttraumatische Belastungsstörung, Mittelgradige depressive Episode, Somatoforme Schmerzstörung. Zudem sei er bereits im Jahr 2000 in einer psychiatrischen Klinik in Ch. stationär zwei Monate lang wegen Depression und Suizidgedanken behandelt worden. Der Entlassungsbrief kommt zum Ergebnis, dass sich die Behandlung im stationären Rahmen aufgrund der Sprachbarriere als sehr schwierig erwiesen habe und eine sinnvolle Fortführung der Therapie in ambulanten Gesprächen mit einem russisch sprechenden Arzt gesehen werde.

Aus dem ärztlichen Attest vom 29. August 2017 der PIA Sch., welches an die Klägerbevollmächtigte gerichtet ist und Bezug auf eine Anfrage von ihr nimmt, ergibt sich, dass der Kläger zu 1) aufgrund der Diagnosen der KPPPM Schloss W. mit den Medikamenten Opipramol 1-1-0-1, sowie Mitrazapin 0-0-0-1 behandelt werde. Das ärztliche Attest stellt fest, dass der Patient über den Termin zur mündlichen Verhandlung berichtet habe, doch die Wahrnehmung dieses Termins aufgrund der drohenden Verschlechterung des psychischen Zustandes und der Gefährdung des Behandlungserfolges aus ärztlicher Sicht aktuell nicht möglich sei. Die Einnahme von Psychopharmaka sowie regelmäßige ambulante Vorstellungen seien bis auf weiteres erforderlich, eine Stabilisierung sei aktuell noch nicht erreicht. Bei posttraumatischer Belastungsstörung komme es immer wieder zur Verschlechterung des Zustandes, wenn der Patient sich an die Ereignisse aus der Vergangenheit erinnere. Diese Symptomatik habe seit Bekanntwerden des Gerichtstermins zugenommen. Der Patient habe Angst vor allem um seine Kinder, falls die Familie zurück in die Ukraine sollte. Ihr Leben werde von der ukrainischen Mafia bedroht. Der Patient berichtete von seiner Entscheidung, sich das Leben zu nehmen, wenn die Entscheidung in die Richtung Abschiebung fallen wird. Das Auftreten von akuter Suizidalität mit erforderlicher stationärer Einweisung könne dann nicht ausgeschlossen werden. Der Patient fühle sich oft hilflos und sei aktuell noch nicht ausreichend stabil, um die Einflüsse durch äußere Reize entsprechend zu kompensieren, sei dabei leicht irritierbar und gerate oft aus dem psychischen Gleichgewicht.

2.1.2.

Aus diesen Feststellungen ergibt sich nicht, dass der Kläger zu 1) nicht in der Lage wäre, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Insbesondere spricht das ärztliche Attest von einer „drohenden Verschlechterung“ des Gesundheitszustandes und der „Gefährdung des Behandlungserfolgs“, für den Fall, dass der Patient den Termin wahrnehmen würde. Diese Aussage erscheint schon sehr zweifelhaft, da es weder dargelegt noch ersichtlich ist, welche kausalen Zusammenhänge zwischen der Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung und den psychischen Zustand des Klägers zu 1) bestehen sollten. Die überdies enthaltenen Anmerkungen, was im Falle eines für die Klägerseite negativen Verfahrensausgangs passieren könnte (Stabilisierung noch nicht erreicht, Auftreten von Suizidalität), ist für die Frage der Wahrnehmung des Termins zudem völlig unerheblich.

Aufgrund von Internetrecherche lässt sich feststellen, dass es sich bei beiden verschriebenen Medikamenten um Antidepressiva handelt, die sedierend und beruhigend wirken. Hinsichtlich Mirtazapin kann es tatsächlich als Nebenwirkung vorkommen, dass diese zu Beginn einschläfernd wirken. Daher macht es auch Sinn, dass dieses gemäß dem Behandlungsrhythmus 0-0-0-1 nur nachts vor dem Schlafengehen einzunehmen ist. Zudem spricht das ärztliche Attest vom 29. August 2017 davon, dass bei den Medikamenten als Nebenwirkungen unter anderem Müdigkeit, Benommenheit und Schwindel auftreten könnten. Dies sind jedoch Umstände, mit denen im Rahmen der mündlichen Verhandlung durch entsprechende Rücksichtnahme seitens des Richters problemlos umgegangen werden kann. Die Behauptung der Klägerbevollmächtigten in ihrem Schriftsatz vom 7. September 2017, der Kläger sei nicht in der Lage, den Geschehensablauf im mündlichen Verhandlungstermin zu folgen, Sachverhalte zu schildern auszusagen, findet jedenfalls keine Stütze in diesem ärztlichen Attest vom 29. August 2017.

Folglich konnte das Gericht mit Schreiben vom 15. September 2017 der Klägerbevollmächtigten mitteilen, dass kein wichtiger Grund für eine Terminsverlegung vorliegt, da sich aus den vorgelegten Unterlagen keine Verhandlungsunfähigkeit ergibt.

2.2. Gerade im Hinblick auf diesen richterlichen Hinweis vom 15. September 2017 fällt es auf, dass mit Schriftsatz vom 19. September 2017, vorab per Fax am 20. September 2017 dem Gericht zugegangen, die Klägerbevollmächtigte nunmehr ein ärztliches Attest der PIA Sch. vom selben Tag bzgl. des Klägers zu 1), wiederum an sie selbst adressiert, vorlegte, in dem in aller Kürze geschrieben wird, dass sich die beschriebene Symptomatik verschlechtert habe, der Patient eine Zunahme körperlicher Beschwerden aufweise und die Unterfertigten dort „bestätigen“, dass der Kläger zu 1) „verhandlungsunfähig“ sei und den „Verhandlungstermin aus ärztlicher Sicht nicht wahrnehmen“ könne.

In dem neuerlichen ärztlichen Attest vom 19. September 2017, wird lediglich die Behauptung aufgestellt, dass der Kläger zu 1) verhandlungsunfähig sei ohne darzulegen, woraus sich dies ergeben soll bzw. auf welchen medizinischen Beobachtungen und Feststellungen dies basiert. Die Aussage, die Symptomatik der bekannten Erkrankungen des Klägers zu 1) habe sich verschlechtert, trifft keine belastbare Aussage zum Zustand des Klägers zu 1). Die Bezugnahme auf das ärztliche Attest vom 29. August 2017 ist schon aus den unter 2.1. benannten Gründen wenig zielführend. Weder enthält das vorige noch das jetzige Attest eine Anamnese noch eine Diagnose oder eine Prognose, mit welchen Mitteln (z.B. Medikamenteneinstellung) und wann mit einer Verbesserung des Zustandes des Patienten gerechnet werden könne. Vielmehr entsteht aus den vorgelegten ärztlichen Dokumenten, insbesondere aus dem ersten ärztlichen Attest vom 29. August 2017, der Eindruck, dass der Patient generell aufgrund seiner psychischen Erkrankungen fragil ist, seit Beginn der Behandlung im November 2016 keine (hinreichende) Stabilisierung erreicht hat und oft aus dem psychischen Gleichgewicht gerät. Dies spricht dafür, dass dieser eher labile psychische Zustand des Klägers zu 1) ein nicht akuter von nur vorübergehender Art ist, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch bei einer Verlegung und Neuterminierung der mündlichen Verhandlung mit dem Auftreten der gleichen Symptomatik bzw. einer sehr ähnlichen psychischen Reaktion seitens des Klägers zu 1) zu rechnen sein wird. Dies widerspricht jedoch dem Beschleunigungs- und Konzentrationsgebot der Verwaltungsprozessordnung. Es ist nachvollziehbar, wenn nicht wenige Kläger, die in asylrechtlichen Verfahren in die mündliche Verhandlung kommen, aufgeregt sind. Es ist ebenso nachvollziehbar, dass ein Kläger, der ohnehin psychisch erkrankt ist, dies als besonders belastend empfinden mag. Jedoch ist die pauschale Furcht vor einer Entscheidung nicht geeignet, einen erheblichen Grund für eine Terminsverlegung zu begründen, da das Problem nicht in der mündlichen Verhandlung selbst, sondern in der gerichtlichen Entscheidung liegt.

Nachdem in dem Antrag vom 19. September 2017 sowie dem ärztlichen Attest selben Datums die Verhandlungsunfähigkeit lediglich behauptet, aber weder dargelegt noch glaubhaft gemacht war, konnte das Gericht nach erneuter Prüfung den Antrag auf Terminsverlegung mit Schreiben vom 21. September 2017 ablehnen.

2.3. Die Mitteilung der Klägerbevollmächtigten vom 26. September 2017, dass der Kläger zu 1) notfallmäßig zur stationären Behandlung im KPPPM Schloss W. aufgrund einer psychischen Krise aufgenommen worden sei, wurde zusammen mit einer ärztlichen Verordnung der Krankenhausbehandlung vom selben Tag per Fax am 26. September 2017 um 13.32 Uhr übermittelt und folglich weniger als 24 Stunden vor der mündlichen Verhandlung.

Dort wurde ausgeführt, dass infolge der Vorbereitung zur mündlichen Verhandlung und der stattgefundenen Besprechung bei der Bevollmächtigten sich der Kläger zu 1) an die zahlreichen traumatischen Ereignisse und Verlusterlebnisse in seiner Vergangenheit erinnert habe, wobei ihn die Erinnerung an die Ermordung der ersten hochschwangeren Ehefrau durch die Mitglieder der organisierten Kriminalität im Jahr 2002 zum Zusammenbruch gebracht habe. Aus der übermittelten Verordnung von Krankenhausbehandlung vom 26. September 2017 geht hervor, dass es zu einer „Exazerbation der depressiven Symptomatik bei PTBS und bevorstehender Gerichtsverhandlung“ gekommen sei. Der Patient denke über die zahlreichen traumatischen Ereignisse in der Vorgeschichte vermehrt nach, sei deswegen „nah am Dekompensieren“ und habe schon mehr Medikamente zur Beruhigung eingenommen als verschrieben. Überdies wird bei dem Punkt „Hinweise“ um Krisenintervention und eine eventuelle Änderung der medikamentösen Einstellung gebeten.

Es verwundert bereits, dass für die notfallmäßige Behandlung einer psychischen Krise eine Verordnung von Krankenhausbehandlung erforderlich sein sollte, insbesondere da es in den dort festgehaltenen Untersuchungsergebnissen heißt, der Patient sei „nah“ am Dekompensieren. Solange aber noch keine Dekompensation eingetreten ist, muss denknotwenig immer noch eine gewisse Kompensation stattfinden, ansonsten wäre der Kläger zu 1) bereits dekompensiert. Ungeachtet dessen fällt auf, dass bereits in der ärztlichen Bescheinigung vom 29. August 2017 angeführt wurde, dass es beim Kläger zu 1) zu einer Labilität beim Auftreten von Belastungen mit krisenhaften Exazerbationen der Symptomatik mit Unruhe, Gereiztheit, Ängsten komme. Dies spricht wiederum dafür, dass derartige Ereignisse und psychischen Reaktionen des Klägers zu 1) auf psychische Stresssituationen in der hier sich am 26. September 2017 aktuell ereigneten Form zu seinem Krankheitsbild gehören und folglich gerade im Zusammenhang einer etwaigen Neuterminierung der mündlichen Verhandlung zu erwarten wären.

Das Gericht hat Kenntnis, dass die Klägerbevollmächtigte Russisch in Wort und Schrift beherrscht, was sich aus den Angaben auf ihrer Kanzlei-Homepage ergibt. Demzufolge wäre es vorliegend ohne weiteres möglich gewesen, die Klägerbevollmächtigte als Vertretung des Klägers zu 1) anzuhören, da diese selbst in ihrem Schreiben vom 26. September 2017 vorträgt, dass sie mit dem Kläger zu 1) den Termin zur mündlichen Verhandlung vorbereitet habe. Überdies ist festzuhalten, dass der Kläger zu 1) bereits im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt sehr ausführlich die für das Verlassen der Ukraine ursächlichen Ereignisse zu Protokoll gegeben hat (Niederschrift über die Anhörung vom 26. August 2016, S. 3 bis 6, BA S. 79-82).

Darüber hinaus ist der Kläger zu 1) nicht der einzige Beteiligte auf der Klägerseite, da am Klageverfahren zudem die Ehefrau sowie die beiden Töchter des Klägers zu 1) beteiligt sind. Es war davon auszugehen, dass jedenfalls die Klägerinnen zu 2) bis 4) sowie die Klägerbevollmächtigte als Prozessvertretung des Klägers zu 1) Angaben machen können, aufgrund derer man über den Verfahrensgegenstand oder zumindest über den weiteren Fortgang des Verfahrens entscheiden würde. Folglich bestand kein Anlass, die mündliche Verhandlung – so kurzfristig – zu verlegen, was mit Fax vom 26. September 2017 der Klägerbevollmächtigten mitgeteilt wurde, nachdem sie telefonisch an diesem Tag nicht mehr erreichbar war.

2.4. Am 27. September 2017, am Tag der mündlichen Verhandlung, welche für 10:15 Uhr terminiert war, gingen um 9:57 Uhr bzw. 10:07 Uhr zwei inhaltsgleiche Schreiben der Klägerbevollmächtigten, datiert vom 26. September 2017, per Fax bei Gericht ein. In den Schreiben wurde mitgeteilt, dass sowohl der Kläger zu 1) als auch die Klägerin zu 2) an der Wahrnehmung des „heutigen“ Termins gehindert wären. Der Kläger zu 1) sei seit dem 26. September 2017 zur stationären Behandlung in der KPPPM Schloss W. Die Klägerin zu 2) würde sich im Zustand einer „starken seelischen Erschütterung“ befinden, sie sei in einem psychischen Schock und daher verhandlungsunfähig und werde ärztlich betreut. Ein ärztliches Attest würde unverzüglich zur Gerichtsakte nachgereicht werden. Demzufolge könnten auch die minderjährigen Kinder, die Klägerinnen zu 3) und 4) aufgrund der Verhinderung ihrer gesetzlichen Vertreter nicht zum Termin erscheinen. Bei dem zweiten Fax von 10:07 Uhr wurde zusätzlich zum inhaltsgleichen Schreiben die Bescheinigung des KPPPM Schloss W. übermittelt, aus welchem sich ergibt, dass der Kläger zu 1) sich dort seit dem 26. September 2017 in stationärer Behandlung befindet.

Auch wenn dieses Schreiben der Klägerbevollmächtigten mit Datum vom 26. September 2017 versehen ist, datiert es wohl vom 27. September 2017, da dort von der „heutigen“ Gerichtsverhandlung gesprochen wird.

Dieses Schreiben enthält keine Angaben, weshalb auch die Prozessbevollmächtigte der Kläger zu 1) bis 4) verhindert sein sollte und folglich nicht zum Termin erscheinen könnte, obwohl sich konkludent aus dem Zeitpunkt der Übermittlung (unmittelbar vor Beginn der mündlichen Verhandlung) schon schließen ließ, dass die Bevollmächtigte der Kläger wohl nicht erscheinen werde.

3. Zu berücksichtigen ist vorliegend, dass besondere Umstände, die es geboten hätten, die Verhandlung gleichwohl nur in Anwesenheit der Kläger durchzuführen, weder vorgetragen noch aus den Terminsverlegungsanträgen ersichtlich sind. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um eine Asylrechtsklage handelt. Denn auch im Asylprozess ist ein erheblicher Grund für eine Vertagung nicht bereits dann – quasi automatisch – anzunehmen, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter wegen Krankheit oder aus anderen persönlichen Gründen verhindert ist, selbst an der Verhandlung teilzunehmen. Vielmehr ist jeweils nach den Umständen des Falles zu prüfen, ob der Verfahrensbeteiligte ohne Terminsaufhebung bzw. Terminsverlegung in seinen Möglichkeiten beschränkt würde, sich in dem der Sache nach gebotenen Umfang zu äußern. Das bloße Anwesenheitsinteresse des Klägers ist durch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör nicht geschützt (BverwG, B.v. 4.2.2002 – 1 B 313/01 – juris, Rn. 5; B.v. 4.8.1998 – 7 B 127/98 – juris, Rn. 2; B.v. 31.5.1990 – 7 CB 31.89 – Rn. 9). Nachdem vorliegend der Kläger zu 1) die Umstände, die ihn zur Ausreise aus der Ukraine bewegt haben, bereits im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt ausführlich dargelegt hat, ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht dargelegt, was der Kläger zu 1) darüber hinaus Erhebliches hätte vortragen können. Ebenso wenig hat die Klägerbevollmächtigte zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens angegeben, was der Kläger zu 1) im Falle seiner Anwesenheit in der mündlichen Verhandlung (neue) über sein bisheriges Vorbringen hinaus noch hätte vortragen wollen. Auch unter Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstoffes ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass in der mündlichen Verhandlung entscheidungserhebliche tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte hätten vorgetragen werden können (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 26.8.1992 – 5 ER 698/91 – juris, Rn. 5).

Nachdem die Klägerseite ordnungsgemäß geladen war und für sie niemand anwesend war, da auch die Klägerbevollmächtigte unentschuldigt nicht erschienen ist, konnte aufgrund des Hinweises nach § 102 Abs. 2 VwGO in Abwesenheit der Kläger verhandelt und entschieden werden.

II.

Die zulässige Klage ist unbegründet, da der Bescheid des Bundesamts vom 28. Oktober 2016 nicht rechtswidrig ist und die Kläger dadurch (schon deswegen) nicht in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 5 VwGO). Denn die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG, ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG bzw. auf die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vollumfänglich auf die Begründung des verfahrensgegenständlichen Bescheids verwiesen, dessen Ausführungen sich das Gericht anschließt (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Lediglich ergänzend ist anzumerken, dass die geschilderten Ereignisse, welche die Kläger zur Flucht aus der Ukraine bewegt haben, offensichtlich kriminelle Akte sind, welche mit großer Wahrscheinlichkeit dem organisierten Verbrechen zuzuordnen sind. Dies wird im Ergebnis von den dem Gericht vorgelegten ärztlichen Attesten bestätigt, in denen festgehalten wird, dass der Kläger von der ukrainischen Mafia bedroht wird (PIA Schweinfurt v. 29.8.17, S. 2) und in seinem Leben wiederholt Konflikte mit dem organisierten Verbrechen hatte (KPPPM Schloss W. v. 17.1.17, S. 2). Dies ist jedoch kein asyl- oder sonst flüchtlingsrelevantes Vorbringen, da es den Klägern zuzumuten ist, Schutz bei den ukrainischen Strafverfolgungsbehörden zu suchen. Ebenso wenig vermag das Vorbringen Anspruch auf subsidiären Schutz zu begründen, da eine erhebliche Gefahr für die Kläger in Form von unmenschlicher Behandlung nicht erkennbar ist. Insbesondere verwundert die Tatsache, dass der Kläger zu 1) sich ein halbes Jahr nach den dubiosen Geschäften mit seinen „Geschäftspartnern“ freiwillig „auf einen Kaffee“ zum Gespräch getroffen habe, ebenso dass bei der geschilderten Bedrohungssituation die Kläger nicht anderswo in der Ukraine Zuflucht gefunden haben. Dass es offenbar möglich gewesen wäre, sich der Bedrohungssituation zu entziehen, zeigt die Tatsache, dass in den zehn Monaten, in denen die Kläger in einer Ortschaft 30 km außerhalb von Charkiv lebten, sie unbehelligt geblieben waren. Es wurde auch nicht vorgetragen, dass die Bedrohungen oder Erpressungsversuche in Deutschland angedauert hätten, was zusätzlich aufzeigt, dass es durch räumliche Entfernung möglich ist, sich den Erpressungsversuchen zu entziehen. Auch hat der Kläger zu 1) bei seiner Anhörung angegeben, dass er bei seiner Rückkehr in die Ukraine nur geduldet würde, weil er als Armenier in der Ukraine nie anerkannt worden sei (BA S. 82), jedoch nicht, dass ihm (wieder) Lebensgefahr oder unmenschliche Behandlung drohen würde.

Abschiebungsverbote liegen, auch unter Berücksichtigung der psychischen Erkrankung des Klägers zu 1), keine vor. In der Ukraine gibt es Möglichkeiten, sich auch wegen psychischer Krankheiten behandeln zu lassen; dies ergibt sich schon aus der psychiatrischen Anamnese des KPPPM Schloss W. vom 17. Januar 2017, welches festhält, dass der Kläger zu 1) sich stationär in einer psychiatrischen Klinik in der Ukraine wegen Depressionen und Suizidgedanken behandeln hat lassen. Überdies ist die diagnostizierte PTBS etwas, das dem Kläger zu 1) innewohnt und daher unabhängig von seinem Aufenthaltsort und damit auch dem Abschiebestaat Ukraine ist und beliebig getriggert werden kann. Die Flashbacks haben ihn ausweislich des ärztlichen Attestes des KPPPM Schloss W. („aktuelle Anamnese“) in Deutschland genauso heimgesucht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.