Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 24. Juni 2015 - W 6 K 15.30327

published on 24/06/2015 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 24. Juni 2015 - W 6 K 15.30327
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I.

Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

1. Der Kläger ist kosovarischer Staatsangehöriger albanischer Volkszugehörigkeit. Zu seinem Asylbegehren gab er im Wesentlichen an, er sei von unbekannten Dritten unter Drohungen aufgefordert worden, in S. zu kämpfen. Die Entführung seiner Kinder sei ihm angedroht worden.

Mit Bescheid vom 16. April 2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und den Antrag auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab. Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Nr. 3). Weiter wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Ihm wurde die Abschiebung in den K. bzw. in einen anderen Staat angedroht (Nr. 5).

Das Begehren der Lebenspartnerin und der Kinder des Klägers wurde in einem gesonderten Verfahren von der Beklagten ebenfalls mit Offensichtlichkeitsausspruch abgelehnt. Der dagegen beim Verwaltungsgericht Würzburg gestellte Sofortantrag blieb ohne Erfolg.

2. Am 30. April 2015 erhob der Kläger Klage. Zur Klagebegründung verwies der Kläger auf die Bundesamtsanhörung und legte noch ein Schreiben sowie Nachrichtenausschnitte vor. Er führte aus, er sei bedroht worden, wenn er nicht für S. kämpfe. Bei einer Rückkehr in den K. sei die ganze Familie gefährdet, von den Leuten vom Islamischen Staat (ISIS) ermordet zu werden.

Mit Schreiben vom 14. und 22. Mai 2015 brachte der Kläger noch vor, seine Lebenspartnerin und ihre Kinder seien durch den ISIS gefährdet. Er habe viele Drohungen erhalten. Auch bei Wissen der kosovarische Polizei sei kein Schutz gewährleistet. Eine Übersiedlung nach Serbien oder in eine andere Landesteile des K. sei aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen nicht möglich.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2015 legte der Kläger weitere Unterlagen zu Bedrohungen von den Dschihadisten des ISIS vor. Der Kläger habe Angst gehabt, sich im K. bei der Polizei zu melden, da sie ihm gedroht hätten, seiner Familie etwas anzutun. Die Polizei sei korrupt und würde in solchen Situationen nichts unternehmen. Er habe kein Vertrauen zur Polizei. Im K. habe er eine gute Arbeit und ein eigenes Haus gehabt.

3. Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom 4. Mai 2015,

die Klage abzuweisen.

4. Mit Beschluss vom 4. Mai 2015 (W 6 S 15.30328) lehnte das Gericht im Sofortverfahren den Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ab.

Mit Beschluss vom 13. Mai 2015 übertrug die Kammer den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

In der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2015 beantragte der Kläger,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. April 2015 zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen sowie dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;

hilfsweise dem Kläger den subsidiären Schutz zuzuerkennen;

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Das Gericht hörte den Kläger informatorisch an. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Sofortsache W 6 S 15.30328 sowie der Akte der Lebenspartnerin und der Kinder W 6 K 15.30325/W 6 S 15.30326) und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber offensichtlich unbegründet.

1. Die Klage ist als offensichtlich unbegründet abzuweisen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO), weil dem Kläger offensichtlich kein Aufenthalts- bzw. Bleiberecht zusteht (vgl. § 30 AsylVfG).

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage offensichtlich unbegründet, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen können und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage dem Gericht geradezu aufdrängt (BVerwG, B. v. 1.3.1979 - 1 B 24/79 - Buchholz 402.24, § 34 AuslG Nr. 1 sowie BVerfG, B. v. 12.7.1983 - 1 BvR 1470/82 - BVerfGE 65, 76; U. v. 11.12.1985 - 2 BvR 361/83, 2 BvR 449/83 - BVerfGE 71, 276; B. v. 20.12.2006 - 2 BvR 2063/06 - NVwZ 2007, 1046).

2. Diese Voraussetzungen für die Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet liegen vor. Das Gericht nimmt auf die zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheides, der das Gericht folgt, Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Des Weiteren verweist das Gericht auf seinen Beschluss im Sofortverfahren (VG Würzburg, B. v. 6.5.2015 - W 6 S 15.30328).

Das Vorbringen des Klägers im gerichtlichen Verfahren rechtfertigt keine andere Beurteilung.

3. Ergänzend ist - mit Bezug auf die vom Kläger geltend gemachte, mit Drohungen verbundene Aufforderung, für den ISIS in S. zu kämpfen - noch anzumerken, dass die Beklagte unter Berufung auf die Auskunftslage zutreffend darauf hingewiesen hat, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Republik K. im Allgemeinen willens und in der Lage ist, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, wenn auch ein lückenloser Schutz nicht möglich ist. Der Kläger hat indes selbst angegeben, sich tatsächlich gar nicht an die Polizei oder an sonstige Institutionen gewandt zu haben, um im K. Hilfe und Schutz zu erhalten. Dem Kläger ist im Übrigen eine Übersiedlung in andere Landesteile des K. bzw. sogar nach Serbien möglich und zumutbar, um den von ihm behaupteten bedrohlichen Situationen auszuweichen (vgl. VG Darmstadt, B. v. 24.4.2015 - 2 L 430/15.DA.A; VG Oldenburg, U. v. 10.4.2015 - 5 A 1688/14 - juris; VG Regensburg, U. v. 18.2.2015 - RO 6 K 14.30903 - juris; VG Ansbach, U. v. 17.6.2014 - AN 1 K 14.30357 - juris).

Das Gericht hat des Weiteren schon im Sofortverfahren darauf hingewiesen, dass die Regierung im K. tatsächlich konkret verstärkt gegen radikale Muslime vorgeht, die den IS im Irak und in S. unterstützen wollen und für diesen werben. So hat das Parlament der Republik K. im März 2015 ein Gesetz verabschiedet, dass die Beteiligung von Kosovaren an Konflikten im Ausland verbietet. Auch die Anstiftung dazu ist strafbar (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Informationszentrum Asyl und Migration, K., Länderreport Band 3, Mai 2015, S. 27; EurActiv.de vom 24.4.2015, http://www...de/...-314032; Handelsblatt vom 17.9.2014, http://www...com/.../international/...html). Diese Informationen decken sich mit den aktuellen Auskünften des Auswärtigen Amtes, wonach zwar die im K. staatlicherseits verbotene Werbung für den IS gegen die Versprechung finanzieller Vorteile bestätigt wird, aber keine Erkenntnisse über eine Rekrutierung von Kämpfern für den IS unter Anwendung oder Androhung von Gewalt vorliegen. Insbesondere gibt es keine Erkenntnisse, dass Frauen und Kinder verschleppt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 28.1.2015 und 5.2.2015). Die vom Kläger im Gerichtsverfahren, zuletzt in der mündlichen Verhandlung am 24. Juni 2015 vorgelegten Unterlagen weisen entsprechend (nur) auf die Aktivitäten für den IS auch im K., insbesondere auf die finanziellen Anreize für den Kampf für den IS in S. und Irak hin, enthalten aber keine Belege für ein zwangsweises, mit Drohungen oder Gewalt verbundenes Vorgehen bei der Werbung für einen Kampfeinsatz für den IS.

Zum klägerischen Vorbringen in der mündlichen Verhandlung ist noch anzumerken, dass es durchaus sein mag, dass sich der Kläger subjektiv bedroht gefühlt hat bzw. bei einer Rückkehr weitere Bedrohung fürchtet, jedoch fehlt es nach Überzeugung des Gerichts objektiv an einer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit tatsächlich drohenden Gefahr für ihn oder seine Familie. Denn zum einen ist schon festzuhalten, dass er sich zur Ausreise aufgrund eines einmaligen Vorfalls am 23./24. Januar 2015 entschlossen hat, jedoch mangelt es nach den vorliegenden Auskünften und nach dem klägerischen Vorbringen an belastbaren Anhaltspunkten, dass Privatpersonen eventuelle Drohungen auch in die Tat umsetzen würden. Abgesehen von allgemeinen Nachrichten über die Aktivitäten für den IS im K. konnte der Kläger selbst keine konkreten Fälle nennen, in denen es zu tätlichen Übergriffen oder gar Tötungen, wegen der verweigerten Unterstützung des IS gekommen wäre. Dem Vorbringen fehlt so schon die asylrelevante Intensität. Darüber hinaus ist dem Kläger vorzuwerfen, dass er nicht einmal den Versuch unternommen hat, im K. bei der Polizei oder bei sonstigen Stellen Hilfe oder Schutz zu erhalten. Der pauschale Hinweis auf Korruption und das fehlende Vertrauen in die Sicherheitskräfte im K. genügt nicht, um ein Aufenthalts- oder Bleiberecht in der Bundesrepublik Deutschland zu begründen, zumal - wie ausgeführt - der kosovarische Staat durchaus bereit und willens ist, Schutz vor Straftaten durch Dritte zu gewährleisten. Ebenso ist nicht erkennbar, dass sich der Kläger den Nachstellungen durch Dritte nicht wirksam durch einen Umzug innerhalb des K. (oder gar nach Serbien) hätte entziehen können. Aufgrund der Schilderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Situation im K. ist des Weiteren das klägerische Vorbringen nicht nachvollziehbar, eine Übersiedlung nach Serbien oder in andere Landesteile des K. sei aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen nicht möglich gewesen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kläger gehalten ist, sich im Rahmen des kosovarischen Systems zu behelfen.

4. Weiter ist festzustellen, dass die Gewährleistung des Existenzminimums und der notwendigen medizinischen Versorgung über die (Groß-)Familie sowie über die Möglichkeit der Erlangung von Sozialleistungen grundsätzlich gesichert ist (vgl. VG Münster, U. v. 11.5.2015 - 4 K 802/13.A - juris; VG Oldenburg, U. v. 10.4.2015 - 5 A 1688/14 - juris; VG Regensburg, U. v. 18.2.2015 - RO 6 K 14.30903 - juris; VG Ansbach, U. v. 17.6.2014 - AN 1 K 14.30357 - juris). Das Gericht verkennt nicht die schwierigen Lebensverhältnisse im K. Diese betreffen jedoch jeden Kosovaren bzw. jede Kosovarin in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.

Des Weiteren ist die Ausländerbehörde zuständig, über eventuelle inlandsbezogene Abschiebungshindernisse zu entscheiden (§ 60a Abs. 2 AufenthG). Gleichermaßen darf die Ausländerbehörde gemäß § 43 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung vorübergehend auszusetzen, um eine gemeinsame Ausreise mit anderen Familienangehörigen zu ermöglichen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise
4 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 18/02/2015 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Tatbestand
published on 11/05/2015 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder H
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 18/01/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Der Antragsteller ist Staatsangehöriger des Kosovo. Von 1991 bis 1994 hatte er sich bereits i
published on 16/02/2016 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe vo
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.