Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 07. Dez. 2017 - W 3 K 16.428

bei uns veröffentlicht am07.12.2017

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …3 der Gemarkung W. (Ortsteil der Beklagten), welches an der W.-straße gelegen ist. Die Beklagte hat Straßenausbaumaßnahmen an der W1.-straße vorgenommen. Die Parteien streiten um einen diesbezüglichen Bescheid über die Erhebung einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag.

Die Kreisstraße NES 51 kommt von Westen und mündet im Norden von W. in die Kreisstraße NES ..., welche von Norden kommt. Die Kreisstraße NES ... durchquert W. von Norden nach Süden und verläuft schließlich in den südöstlich von W. gelegenen Ortsteil L. Aus Richtung Osten mündet ein …weg im Norden von W. ebenfalls in die Kreisstraße NES .... Bevor der von Osten kommende …weg in die Kreisstraße NES ... mündet, zweigt eine Straße im Osten von W. nach Süden ab und verläuft zunächst ca. 295 m als Gemeindeverbindungsstraße unter dem Namen Zum K., ehe sie ab dem Grundstück Fl.Nr. …0 unter dem Namen W1.-straße etwa weitere 540 m als Ortsstraße verläuft und schließlich in die K.-straße mündet. Ca. 152 m bevor die W1.-straße in die K.-straße mündet zweigt eine etwa 84 m lange, s-förmig verlaufende Stichstraße unter dem Namen A. in Richtung Nordosten von der W1.-straße ab.

Am 1. August 2013 beschloss der Gemeinderat der Beklagten den Ausbau der W1.-straße. In einer Gemeinderatssitzung am 9. Juni 2015 wurde der Gemeinderat der Beklagten darüber informiert, dass beabsichtigt sei, jeweils 10,00 EUR pro Quadratmeter als Vorauszahlungsbeitrag festzusetzen. Zudem wurde mitgeteilt, dass die gesamte Berechnung der Beiträge nach den tatsächlich angefallenen Kosten nach Fertigstellung und dem Vorliegen aller die Maßnahmen betreffenden Rechnungen voraussichtlich im Jahre 2018 erfolge.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2015 erhob die Beklagte vom Kläger eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag für den Ausbau der W1.-straße (zwischen Anwesen W1.-straße ... und W1.-straße ...) in Höhe von 6.350,00 EUR (635,00 m² Grundstücksfläche; Nutzungsfaktor 1,0; Beitragssatz 10,00 EUR/m²). Die Beklagte errechnete aus beitragsfähigen Kosten von insgesamt 495.000,00 EUR und einem Eigenanteil von 99.000,00 EUR einen Beitragssatz von 10,70 EUR/m², setzte als Vorauszahlungsbeitrag jedoch nur 10,00 EUR/m² fest.

Gegen diesen Bescheid vom 30. Juni 2015 erhob der Kläger mit Schreiben vom 28. Juli 2015 Widerspruch, den das Landratsamt R.-G. mit Widerspruchsbescheid vom 16. März 2016, ausweislich einer Empfangsbestätigung beim Klägerbevollmächtigten am 19. März 2016 eingegangen, zurückwies.

II.

Der Kläger erhob durch seinen Bevollmächtigten am 19. April 2016 Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg und beantragte zuletzt,

Der Vorauszahlungsbescheid der Beklagten vom 30. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landratsamtes R.-G. vom 16. März 2016 wird aufgehoben.

Zur Begründung wurde Folgendes vorgetragen:

Die Beklagte habe zu Unrecht die Grundstücke, die an der Straße Am Steinbruch gelegen seien, nicht mit in die Beitragsberechnung einbezogen. Die Straße A. sei eine Einheit mit der W1.-straße. Zum einen sei die Straße A. weniger als 100 m lang und zum anderen entstehe auch nicht der Gesamteindruck, dass die Stichstraße durch die massive Bebauung nicht von der W1.-straße verkehrsmäßig erschlossen werde. Die leicht abknickende Stichstraße, die im Gegensatz zum Vortrag der Beklagten nicht „verzweigt“ sei, erwecke beim Betrachter von vornherein den Eindruck, dass die Stichstraße nur von der W1.-straße erschlossen werde. In diesem Zusammenhang sei irrelevant, dass das Grundstück Fl.Nr. …8 in Zukunft bebaut werde. Wie sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg im Verfahren W 2 K 11.32 ergebe, komme es bei der Beurteilung der Einsichtsmöglichkeit nicht auf eine zukünftige Sichtbehinderung durch eine Bebauung an, sondern auf den Ist-Zustand im Zeitpunkt der Beitragserhebung. Die W1.-straße und die Straße A. hätten auch keine unterschiedliche Verkehrsfunktion. Beide dienten ausschließlich der Erschließung, der An- und Zufahrtsmöglichkeit der anliegenden Grundstücke. Darüber hinaus handele es sich bei der W1.-straße um eine Haupterschließungsstraße; die Beklagte habe den Gemeindeanteil daher zu Unrecht mit 20% angesetzt. Dafür spreche der deutlich über dem Durchschnitt einer Anliegerstraße liegende tägliche Durchgangsverkehr.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Im Rahmen der Begründung wurde ausgeführt, die W1.-straße sei richtigerweise als Anliegerstraße qualifiziert worden. Sie sei am Rande der Gemeinde gelegen, stelle keinerlei Verbindung zu anderen zentralen Straßen her und diene fast ausschließlich den Anwohnern, die zu ihren Grundstücken gelangen wollten. Weit über 50% des Verkehrs stelle Anliegerverkehr dar. Zudem sei die Straße A. eine selbständige Stichstraße. Die 100 m-Grenze gelte nicht, wenn entlang der Stichstraße – wie es vorliegend der Fall sei – eine massive Bebauung vorhanden sei bzw. erreicht werden solle. An der Straße A. seien sämtliche Grundstücke im Zeitpunkt der Erschließung entweder bebaut oder bebaubar gewesen, sodass von einer derart massiven Bebauung auszugehen sei, dass eine Unselbständigkeit nicht mehr infrage komme. Zwar gehe von der Straße A. keine Verzweigung ab, jedoch knicke der Verlauf der Straße ab. Sie sei s-förmig. Mithin könne die Stichstraße nicht mehr mit einer bloßen Zufahrt verglichen werden, auch ein bloßes Anhängsel sei nicht gegeben. Ausschlaggebend für die Differenzierung sei der Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter von der zu beurteilenden Anlage vermittelten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme eines Augenscheins am 24. November 2017.

Im Übrigen wird auf das weitere schriftliche Vorbringen der Parteien, auf die Niederschrift über den Augenscheintermin vom 24. November 2017 und die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 2017 sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und der Widerspruchsakten des Landratsamtes R.-G., welchen Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, mit der sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts R.-G. vom 16. März 2016 wendet, ist unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Dies ergibt sich aus Folgendem:

Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. März 2016 (GVBl S. 36) können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und den Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch Gemeindestraßen i.S.d. Art. 46 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. Oktober 1981 (BayRS 91-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2015 (GVBl S. 458).

Für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben sind (allgemein zu der Pflicht zur Erhebung von Ausbaubeiträgen vgl. BayVGH, U.v. 9.11.2016 – 6 B 15.2732 – BayVBl 2017, 200).

Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Vorauszahlung ist Art. 5 Abs. 5 KAG, ohne dass es einer ortsrechtlichen Umsetzung durch die gemäß Art. 5 Abs. 1 KAG erhebungsberechtigte Körperschaft bedürfte. Danach dürfen Vorauszahlungen auf einen Beitrag verlangt werden, wenn – wie hier – mit der Ausführung der Maßnahmen begonnen worden ist, für die der Beitrag erhoben werden soll.

Aus dem Wesen der Vorauszahlung als einer Zahlung vor Entstehung einer Beitragspflicht und aus der darin begründeten Abhängigkeit von einer künftigen Beitragsschuld nach Grund und Höhe fordert ihre Festsetzung jedoch das Vorhandensein einer gültigen Beitragsregelung in Gestalt einer Abgabesatzung nach Art. 2 Abs. 1 KAG, weil nur so die rechtlichen Voraussetzungen für die spätere Begründung einer Beitragspflicht geschaffen werden können. Außerdem muss die Gemeinde alle weiteren ihr obliegenden rechtlich relevanten Entscheidungen getroffen haben, die für die Bestimmbarkeit der Höhe der zukünftigen Beitragsforderung erforderlich sind. (BayVGH, st. Rspr.; vgl. z.B. U.v. 1.6.2011 – 6 BV 10.2467 – BayVBl 2012, 206 m.w.N.; Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Stand Februar 2017, Nr. 27.00.11.3). Auf dieser Grundlage hat die Beklagte ihre Satzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen, Wegen, Plätzen, Parkplätzen, Grünanlagen und Kinderspielplätzen vom 21. Oktober 2008 (Ausbaubeitragssatzung – ABS) erlassen. Gegen das Zustandekommen der Ausbaubeitragssatzung bestehen keine Bedenken. Weder hat der Kläger eine Nichtigkeit der Satzung geltend gemacht, noch liegen in materiell-rechtlicher Hinsicht Fehler, die zur Gesamtnichtigkeit der Satzung oder zur Unwirksamkeit streitrelevanter Satzungsbestimmungen führen würden, auf der Hand.

Auf Grundlage dieser Satzung erweist sich der angegriffene Bescheid als rechtmäßig. Insbesondere ist der von der Beklagten geforderte Beitrag – entgegen dem Vorbringen des Klägers – nicht deshalb zu hoch angesetzt, weil die Beklagte auch die Anlieger der Straße A. in die Beitragsberechnung hätte einbeziehen müssen. Die Straße A. stellt vielmehr eine selbständige Anlage dar.

Gegenstand einer beitragsfähigen Ausbaumaßnahme ist grundsätzlich die einzelne Ortsstraße als die maßgebliche öffentliche Einrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG. Wie weit eine solche Ortsstraße reicht (und wo eine andere Verkehrsanlage beginnt), bestimmt sich nicht nach den Straßennamen, sondern grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter im Hinblick auf Straßenführung, Straßenbreite und -länge sowie Straßenausstattung vermitteln. Zugrunde zu legen ist dabei der Zustand im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten, also nach Durchführung der Ausbaumaßnahme. Bei der – hier in Streit stehenden – Erhebung von Vorauszahlungen, die begrifflich immer vor dem Entstehen der endgültigen sachlichen Beitragspflichten erfolgt, ist demnach prognostisch nach der Erkenntnislage im Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung zu bewerten, wie die Ortsstraße sich nach vollständiger Umsetzung des gemeindlichen Bauprogramms insbesondere im Verhältnis zu den sich anschließenden Straßen darstellen wird (vgl. im Einzelnen BayVGH, U.v. 1.6.2011 – 6 BV 10.2467 – BayVBl. 2012, 206/208 m.w.N.).

Von dem Grundsatz der natürlichen Betrachtungsweise können spezifische ausbaubeitragsrechtliche Umstände allerdings eine Ausnahme verlangen. Eine Ausnahme ist insbesondere dann geboten, wenn mehrere Verkehrsanlagen unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen, die zu unterschiedlichen Gemeindeanteilen führen. Bei einer solchen Fallgestaltung handelt es sich ausbaubeitragsrechtlich um zwei selbstständige Einrichtungen, auch wenn sie nach ihrem Erscheinungsbild als eine einzelne Anlage erscheinen (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2009 – 6 ZB 07.228 – juris Rn. 4; B.v. 8.4.2010 – ZB 09.2308 – juris Rn. 5; B.v. 23.5.2012 – 6 CS 11.2636 – juris Rn. 9).

In diesem Zusammenhang ist zunächst festzustellen, dass die Beklagte zu Recht davon ausging, dass die vorliegend maßgebliche Anlage im Osten an dem Punkt beginnt, an dem die W1.-straße in die K.-straße (Grundstücke Fl.Nr. …7 und …8) mündet und sodann in Richtung Westen verläuft und an dem Punkt endet, an dem die Straße unter dem Namen Z. weiter verläuft und als Gemeindeverbindungsstraße gewidmet ist (Grundstück Fl.Nr. …4). Dies ergibt sich aus der natürlichen Betrachtungsweise und war zwischen den Parteien unstrittig.

Zwischen den Parteien umstritten ist allerdings, ob auch die Stichstraße A. Teil der Anlage ist – so der Kläger – oder ob sie – so die Beklagte – vielmehr als selbstständige Anlage zu betrachten ist.

Auch für die Bewertung dieser Problematik ist grundsätzlich auf die natürliche Betrachtungsweise, also auf den Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln, abzustellen. Dabei sind Stichstraßen grundsätzlich als unselbständig zu qualifizieren, wenn sie nach den tatsächlichen Verhältnissen den Eindruck einer Zufahrt vermitteln. In diesem Zusammenhang kommt neben ihrer Ausdehnung und der Zahl der durch sie erschlossenen Grundstücke vor allem dem Maß der Abhängigkeit zwischen ihr und der Straße, in die sie einmündet, Bedeutung zu (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 12 Rn. 14 f.) Da eine Zufahrt typischerweise ohne Weiterfahrmöglichkeit endet, typischerweise nur eine bestimmte Tiefe aufweist und ebenso typischerweise gerade, also nicht in Kurven verläuft, ist dies regelmäßig dann der Fall, wenn sie bis zu 100 m tief und nicht verzweigt ist (BayVGH, B.v. 17.2.2016 – 6 ZB 14.1871 – juris Rn. 11 m.w.N.). Zudem kann sich der Eindruck einer selbständigen Anlage auch durch eine Bebauungsmassierung verändern. Ist dies der Fall, kann eine Stichstraße ungeachtet ihrer vollständigen Abhängigkeit und ihrer geringen Tiefe von unter 100 m nicht mehr als unselbstständig angesehen werden (BVerwG, U.v. 23.6.1995 – 8 C 30/93 – juris Rn. 13; vgl. zur gesamten Problematik: Driehaus, a.a.O., § 5 Rn. 7).

Auf Grundlage der am Augenscheintermin verschafften Ortskenntnis sowie der gefertigten Lichtbilder kommt das Gericht zu der Überzeugung, dass die Stichstraße A. eine selbständige Anlage darstellt.

Zwar ist dem Kläger zuzustimmen, dass die Straße A. mit ihren etwa 84 m weniger als 100 m lang ist und dass die an der Straße A. anliegenden Grundstücke, unabhängig von einer Bebauung des Grundstücks Fl.Nr. …8, eher keine massive Bebauung im oben genannten Sinne darstellen. Dennoch kommt das Gericht aufgrund der maßgeblichen natürlichen Betrachtungsweise zu dem Ergebnis, dass zwei unterschiedliche Anlagen vorliegen.

Hier ist zunächst von Bedeutung, dass zwischen der Einmündung der Straße A. in die W1.-straße und dem nördlichen Ende der Straße A. ein beachtlicher Höhenunterschied besteht. Dieser Höhenunterschied führt in Verbindung mit dem s-förmigen Verlauf der Straße A. dazu, dass ein unbefangener Beobachter, der sich direkt an der Einmündung der Straße A. in die W1.-straße befindet und in Richtung Norden schaut, den Verlauf der Stichstraße nicht vollständig überblicken kann (vgl. Bild 7, 21 und 22 der vom Gericht am Augenscheintermin vor Ort gefertigten Lichtbilder). Es ist insbesondere an der Einfahrt nicht erkennbar, inwieweit die Stichstraße A. in Richtung Osten verläuft und welche weiteren Grundstücke sie erschließt. Deshalb ist auch nicht erkennbar, ob die Stichstraße – wie tatsächlich der Fall – nach der in Richtung Osten verlaufenden Kurve sogleich weiter in Richtung Norden verläuft und in einem Wendehammer endet oder ob sie nicht doch parallel zur W1.-straße weiter in östliche Richtung verläuft. In der Regel ist jedoch bei einer als Zufahrt einzustufenden Stichstraße an der Einmündung bereits ersichtlich, wie die Stichstraße verläuft und welche Grundstücke sie erschließt. Ist eine Stichstraße an der Einfahrt nicht zu überblicken, kann ein objektiver Beobachter schon gar nicht erkennen, ob es sich um eine klassische Stichstraße handelt. In diesem Fall spricht die natürliche Betrachtungsweise für eine selbständige Anlage der Stichstraße.

Bei Betrachtung von Bild 22 der vom Gericht am Augenscheintermin vor Ort gefertigten Lichtbilder fällt zudem auf, dass an der Einmündung nicht erkennbar ist, welche Grundstücke am nördlichen Ende der Straße A. erschlossen werden. Erst ein Blick in die Lagepläne zeigt, dass das auf Bild 22 sichtbare nördlichste Gebäude (Grundstück Fl.Nr. …5) nicht von der Straße A. (wie man, im Bereich der Einmündung stehend, eigentlich vermuten würde), sondern von der weiter nördlich verlaufenden K.-straße erschlossen wird. Auch dies spricht im Ergebnis dafür, dass die Straße A. nicht als eine üblicherweise als bloße Zufahrt zu qualifizierende Stichstraße bewertet werden kann, weil die Ausdehnung der Stichstraße nicht ohne weiteres für den objektiven Betrachter erkennbar ist.

Insgesamt erwecken die tatsächlichen Straßenverhältnisse vor Ort den Eindruck, dass die Straße A. keine bloße Zufahrt darstellt. Die bereits anhand der Lagepläne erkennbare s-Form stellt sich vor Ort als durchaus relevant dar (vgl. Bild 9 der vom Gericht am Augenscheintermin vor Ort gefertigten Lichtbilder). Es handelt sich nicht um eine bloß – so der Kläger – leicht abknickende Stichstraße, die beim Betrachter von vornherein den Eindruck erwecke, dass sie nur von der W1.-straße erschlossen werde. Vielmehr stellt sich dem Gericht die natürliche Betrachtungsweise derart dar, dass die Straße A. in Kurven verläuft, im Einmündungsbereich ihr Ende kaum erkennbar ist und daher gerade nicht einer typischerweise geraden Zufahrt ähnelt.

Aus diesen Gründen hat die Beklagte die Straße A. zu Recht als selbstständig angesehen und die an dieser Stichstraße gelegenen Grundstücke daher zu Recht nicht mit in die Beitragsberechnung mit einbezogen.

Für das Gericht ergeben sich auch sonst keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Beklagte die Beitragserhebung aus anderen Gründen fehlerhaft vorgenommen hat. Insbesondere ist die vorliegend relevante Anlage zu Recht als Anliegerstraße gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 1 ABS qualifiziert worden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Anlage neben der Erschließung der anliegenden Grundstücke in relevantem Maße auch dem durchgehenden innerörtlichen Verkehr dient. Der Klägerbevollmächtigte hat im Rahmen des Augenscheintermins selbst erklärt, er ordne die Straße allein deshalb als Haupterschließungsstraße ein, weil sie den Verkehr aus der nach seiner Sicht selbständigen Stichstraße A. aufnehme und damit nicht lediglich Anliegerverkehr fasse. Anderer Durchgangsverkehr sei auf dieser Straße aus seiner Sicht nicht vorhanden. Für das Gericht liegt auf der Hand, dass allein der von der Stichstraße ausgehende Verkehr nicht dazu führen kann, die Anlage als Haupterschließungsstraße zu bewerten. Im Übrigen sind die Aussagen des Klägerbevollmächtigten widersprüchlich, soweit er zum einen darauf hinweist, dass die Anlage als Haupterschließungsstraße zu qualifizieren sei, er gleichzeitig aber argumentiert, die Anlieger der Stichstraße hätten bei der Beitragsberechnung mit einbezogen werden müssen. Wäre die W1.-straße vorliegend eine Haupterschließungsstraße, wäre die Straße A. bereits deshalb selbstständig und für die Berechnung der Straßenausbaubeiträge unbeachtlich, weil sie aufgrund der Tatsache, dass sie Stichstraße ist, als Anliegerstraße zu qualifizieren wäre und daher eine andere Verkehrsfunktion als die W1.-straße aufweisen würde.

Da das klägerische Grundstück unstreitig an der relevanten Anlage liegt und daher durch diese einen besonderen Vorteil erlangt, durfte die Beklagte den Kläger zu eine Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag heranziehen.

Daher ist der Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts R.-G. vom 16. März 2016 rechtmäßig und die Klage war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 07. Dez. 2017 - W 3 K 16.428

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 07. Dez. 2017 - W 3 K 16.428

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 07. Dez. 2017 - W 3 K 16.428 zitiert 5 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 07. Dez. 2017 - W 3 K 16.428 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 17. Feb. 2016 - 6 ZB 14.1871

bei uns veröffentlicht am 17.02.2016

Tenor I. Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 24. Juli 2014 - W 3 K 13.185 - in seinem stattgebenden Teil wird von dem Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Juli 2018 - 6 ZB 18.493

bei uns veröffentlicht am 06.07.2018

Tenor I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 7. Dezember 2017 – W 3 K 16.428 – wird zurückgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsver

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 24. Juli 2014 - W 3 K 13.185 - in seinem stattgebenden Teil wird von dem Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 6 ZB 16.328 fortgeführt.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 24. Juli 2014 - W 3 K 13.185 - in seinem klageabweisenden Teil wird abgelehnt.

III.

Der Kläger hat die Kosten seines Antragsverfahrens zu tragen.

IV.

Der Streitwert für das Antragsverfahren des Klägers wird auf 9.513,18 Euro festgesetzt.

Gründe

1. Der Antrag des beklagten Marktes auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg in seinem stattgebenden, den Straßenausbaubeitragsbescheid des Beklagten vom 7. November 2011 hinsichtlich eines Betrags von 185,51 Euro aufhebenden Teil wird entsprechend § 93 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO von dem Verfahren abgetrennt und gesondert fortgeführt. Denn er ist noch nicht entscheidungsreif.

2. Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts in seinem klageabweisenden, einen Straßenausbaubeitrag in Höhe von 9.513,18 Euro betreffenden Teil zuzulassen, hat keinen Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor oder sind nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

a) An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 - NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 - 1 BvR 2228/02 - BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, dass nach natürlicher Betrachtungsweise die „L-straße-Nord“ als eigenständige Ortsstraße im Sinn von Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG die abzurechnende Einrichtung bilde. Dazu gehöre weder die weit über 100 m lange Stichstraße „L-S-Straße“ noch der rechtwinklig nach Süden abknickende südliche Teil der „L-straße“, die beide jeweils als selbstständige Einrichtungen anzusehen seien. Anhaltspunkte dafür, dass im Verteilungsaufwand nicht beitragsfähige Bestandteile, etwa nicht berücksichtigungsfähige Kosten aufgrund der Sanierung von Wasserleitungen in der „L-straße“ enthalten seien, bestünden nicht.

Der Zulassungsantrag des Klägers hält diesen das Urteil in seinem klageabweisenden Teil tragenden Erwägungen nichts Stichhaltiges entgegen, das Zweifel an seiner Richtigkeit begründet und weiterer Überprüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.

aa) Nicht überzeugen kann der Einwand, die „L-straße“ sei in ihrer gesamten Länge eine Einrichtung i. S.v. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG.

Wo eine Ortsstraße beginnt und wo sie endet, bestimmt sich grundsätzlich nach dem Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln (ständige Rechtsprechung; vgl. BayVGH, U.v. 28.1.2010 - 6 BV 08.3043 - BayVBl 2010, 470 m. w. N.). Zu fragen ist dabei, inwieweit sich die zu beurteilende Einrichtung als augenfällig eigenständiges Element des örtlichen Straßennetzes darstellt. Deshalb hat sich der ausschlaggebende Gesamteindruck nicht an Straßennamen oder Grundstücksgrenzen, sondern, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, an der Straßenführung, der Straßenlänge, der Straßenbreite und der Ausstattung mit Teileinrichtungen auszurichten. Zugrunde zu legen ist dabei der Zustand im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten, also nach Durchführung der Ausbaumaßnahme (BayVGH, U.v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - BayVBl 2012, 206/208; B.v. 24.3.2015 - 6 CS 15.389 - juris Rn. 11).

In Anwendung dieses Maßstabs hat das Verwaltungsgericht gestützt auf Pläne und Lichtbilder mit überzeugenden Erwägungen festgestellt, dass bei natürlicher Betrachtungsweise die L-straße im nördlichen Bereich bis zum Anliegergrundstück FlNr. ... eine eigenständige Einrichtung bildet (L-straße Nord) und beitragsrechtlich nicht mit dem weiteren Straßenverlauf (L-straße Süd) als eine einheitliche Einrichtung angesehen werden kann. Maßgeblich hierfür ist die Straßenführung am Zusammentreffen der Straßengrundstücke FlNrn. ... und ...: Während die L-straße Nord noch ein Stück geradeaus in Richtung Osten führt und als Sackgasse endet, knickt der Straßenverlauf rechtwinklig nach Süden ab. Aus beiden Blickrichtungen ergibt sich - eindeutig - nicht der Eindruck, hier werde eine einzige durchgehende Straße lediglich um die Kurve geführt. Vielmehr stellt sich der Straßenverlauf als Abzweigung dar, was optisch durch einen roten Asphaltstreifen als Verlängerung des Gehwegs über die Fahrbahn unterstrichen wird. Es handelt sich, wie die Fotos ausreichend erkennen lassen, um eine augenfällige Zäsur im Straßenverlauf, an der zwei selbstständige Straßen rechtwinklig aufeinandertreffen. Demgegenüber treten die Merkmale der gleichen Straßenbreite und des gleichen Ausbauzustandes in der Gesamtbetrachtung zurück. Der Vergleich des Klägers mit Serpentinenstraßen führt ebenfalls nicht weiter, weil dort regelmäßig keine rechtwinkligen Abknickungen vorliegen. Ohne Bedeutung bleibt auch, ob die Straßenführung der Topographie geschuldet ist und ob die L-straße Süd in ihrem weiteren Verlauf eine einheitliche Einrichtung bildet oder ihrerseits wieder in zwei selbstständige Straßen zerfällt.

bb) Der Einwand, das Verwaltungsgericht hätte die „L-S-Straße“ als unselbstständige Stichstraße und nicht als selbstständige Einrichtung werten dürfen, vermag ebenfalls keine ernstlichen Zweifel zu begründen.

Nach der grundsätzlich maßgeblichen natürlichen Betrachtungsweise ist - vorbehaltlich spezifischer ausbaubeitragsrechtlicher Besonderheiten (vgl. BayVGH, B.v. 23.5.2012 - 6 CS 11.2636 - juris Rn. 9) - auch insoweit ausschlaggebend abzustellen auf den Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln. Stichstraßen sind grundsätzlich als unselbstständig zu qualifizieren, wenn sie nach den tatsächlichen Verhältnissen den Eindruck einer Zufahrt vermitteln. Da eine Zufahrt typischerweise ohne Weiterfahrmöglichkeit endet, typischerweise nur eine bestimmte Tiefe aufweist und ebenso typischerweise gerade, also nicht in Kurven verläuft, ist dies regelmäßig dann der Fall, wenn sie bis zu 100 m tief und nicht verzweigt ist (BayVGH, B.v. 20.4.2012 - 6 ZB 09.1855 - juris Rn. 8; vgl. auch BVerwG, U.v. 23.6.1999 - 8 C 30.93 - BVerwGE 99, 23 ff.; U.v. 23.6.1995 - 8 C 30.93 - juris Rn. 12 f.).

Danach bestehen keine Zweifel an der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass die vom Hauptzug der L-straße Nord abzweigende Sackgasse „L-S-Straße“ als selbstständige Einrichtung anzusehen ist. Denn sie ist ca. 150 m lang, was ihre Selbstständigkeit bereits indiziert (BVerwG, U.v. 9.11.1984 - 8 C 77.83 - juris Rn. 19 am Ende). Es liegen keine Besonderheiten vor, die ein Abweichen von der 100 m-Regel gebieten: Breite und einseitige Ausstattung der L-S-Straße mit einem Gehweg erwecken nicht den Eindruck eines Anhängsels zur L-straße im Sinne einer Zufahrt. An ihr liegen beidseits insgesamt ca. 15 Grundstücke mit lockerer Wohnbebauung an. Diese Anzahl steht in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer Ausdehnung. Dass die L-S-Straße nach dem Vorbringen des Klägers zeitgleich mit der L-straße als Erschließungsanlage errichtet worden war, ist für die ausbaubeitragsrechtliche Bewertung als unselbstständiges Anhängsel oder selbstständige Einrichtung nicht entscheidungserheblich.

cc) Ohne Erfolg bleibt die Rüge, dass die Verteilung der Kosten nicht nachvollziehbar sei. Der Kläger meint, soweit die Straßenoberfläche infolge der Wasserleitungserneuerung aufgebrochen worden sei und deshalb habe wiederhergestellt werden müssen, seien diese Kosten Bestandteil der Leitungssanierung und nicht des Straßenausbauaufwandes. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht darauf abgestellt, dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass nicht berücksichtigungsfähige Kosten in die Beitragsforderung eingeflossen seien.

Dieser Einwand genügt bereits nicht dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Es wird lediglich ohne jede weitere Substantiierung unter Hinweis auf die gleichzeitige Leitungsverlegung behauptet, dass - letztlich - möglicherweise nicht berücksichtigungsfähige Kosten in die Aufwandsverteilung eingeflossen seien. Es fehlt jede Konkretisierung etwa anhand der vorliegenden Abrechnungsunterlagen, wie sie die verfahrensrechtliche Darlegungspflicht erfordert.

Im Übrigen geht die Rüge von einer materiellrechtlich unzutreffenden Beschränkung des beitragsfähigen Ausbauaufwands aus. Von der Beitragsfähigkeit sind entgegen der Ansicht des Klägers nicht etwa diejenigen Kostenteile auszunehmen, die für die Wiederherstellung der infolge der Leitungserneuerung aufgebrochenen Straßenoberfläche angefallen sind. Der Beitragsfähigkeit einer Straßenausbaumaßnahme steht nämlich grundsätzlich nicht entgegen, dass sie im Zusammenhang mit Wasserleitungsarbeiten durchgeführt worden ist. Dies gilt selbst für den Fall, dass die Erneuerungsbedürftigkeit durch die Wasserleitungsbauarbeiten (mit-)verursacht worden wäre; denn zur bestimmungsgemäßen Nutzung einer Straße gehört regelmäßig auch die Verlegung von Versorgungsleitungen (vgl. BayVGH, U.v. 14.7.2010 - 6 B 08.2254 - juris Rn. 31).

b) Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor.

Diese Rüge des Klägers, die sich auf die beitragsfähigen Kosten bezieht, ist bereits nicht substantiiert dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und im Übrigen anhand der hilfsweise dargestellten Rechtsprechung zu beantworten.

c) Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auch nicht auf einem der Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofs unterliegenden Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

aa) Ohne Erfolg bleibt die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Verkehrsgutachtens zum Beweis der Richtigkeit des schriftsätzlich vorgebrachten Sachverhaltes sowie zum Beweis der Tatsache, dass die L-straße auf voller Länge mindestens in gleicher Weise dem innerörtlichen Durchgangsverkehr wie dem Anliegerverkehr diene bzw. zur Klärung der Zweckbestimmung der Straße zur Einstufung in die Kategorie Haupterschließungsstraße, zu Unrecht abgelehnt.

Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag formal in Übereinstimmung mit § 86 Abs. 2 VwGO durch gesonderten Beschluss und inhaltlich in nicht zu beanstandender Weise aufgrund seiner materiellrechtlichen Auffassung als nicht entscheidungserheblich abgelehnt. Denn bei der Einordnung einer Straße in die satzungsmäßigen Kategorien kommt es gerade nicht maßgebend auf die tatsächlichen Verkehrsverhältnisse, also eine rein quantitative Betrachtung der einzelnen Verkehrsvorgänge, an (BayVGH, U.v. 20.2.2009 - 6 BV 07.615 - juris Rn. 19; U.v. 9.2.2012 - 6 B 10.865 - juris Rn. 18; B.v. 4.12.2012 - 6 ZB 10.2225 - juris Rn. 5 m. w. N.). Deshalb bedurfte es hierzu auch keiner weiteren Feststellungen. Ein Gericht kann sich grundsätzlich für befugt halten, die Zweckbestimmung einer Straße zur Einstufung in eine der satzungsmäßigen Straßenkategorien selbst zu beurteilen, es sei denn, es liegen Anhaltspunkte vor, dass die funktionalen Zusammenhänge ausnahmsweise so komplexer Natur sind, dass sie nur mit Hilfe verkehrswissenschaftlichen Sachverstands zu beurteilen sind (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.2009 - 9 B 64.08 - NVwZ 2009, 329/330; BayVGH, B.v. 4.12.2012 - 6 ZB 10.1973 - juris Rn. 14). Dafür ist mit Blick auf die „L-straße“ nichts Greifbares vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Der Senat teilt vielmehr auch inhaltlich die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es sich bei der L-straße Nord um eine Anliegerstraße im Sinn von § 7 Abs. 3 Nr. 1 ABS handelt. Dass sie, wie der Kläger hervorhebt, auch von Besuchern des an der L-straße Süd gelegenen Friedhofs benutzt wird, steht dem nicht entgegen; denn bei diesem Verkehr handelt es sich ebenfalls um kleinräumigen Ziel- und Quellverkehr desselben Bauquartiers (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2014 - 6 CS 14.716 - juris Rn. 11 m. w. N.).

bb) Die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seine gerichtliche Aufklärungspflicht bezüglich der berücksichtigungsfähigen Kosten wegen der Wasserleitungserneuerung verletzt, geht ebenfalls fehl.

Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BVerwG, B.v. 16.4.2012 - 4 B 29.11 - BayVBl 2012, 640; BayVGH, B.v. 6.11.2012 - 6 ZB 12.187 - juris Rn. 19). Der durch einen Bevollmächtigten i. S.v. § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO vertretene Kläger hätte in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag (§ 86 Abs. 2 VwGO) zu Protokoll stellen können (vgl. § 105 VwGO i. V. m. § 160 Abs. 3 Nr. 2 ZPO); das ist jedoch zu dem in Rede stehenden Beweisthema ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2014 nicht geschehen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern sich dem Verwaltungsgericht mangels konkreter Rügen und der Aktenlage eine weitere Aufklärung hätte aufdrängen sollen. Im Übrigen kann die Rüge auch in ihrem materiellrechtlichen Ausgangspunkt nicht überzeugen (oben a) cc)).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts in seinem klageabweisenden Teil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.