I.
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …1 der Gemarkung H. Der Beklagte hat Straßenausbaumaßnahmen an der Ha.straße vorgenommen. Die Parteien streiten um einen diesbezüglichen Bescheid über die Erhebung von Vorauszahlungen auf den Ausbaubeitrag.
Die Bundesstraße B 8/B 27 kommt von Nordosten aus der Stadt Würzburg, durchquert das Gebiet des Beklagten im Norden und verläuft weiter in Richtung W. im Westen. Auf dem Gebiet des Beklagten verläuft die B 8/B 27 im Wesentlichen von Osten nach Westen, zunächst unter dem Namen L.straße, sodann unter dem Namen Ha.straße und schließlich unter dem Namen A. Straße.
Auf der Höhe des Punktes, an dem die B 8/B 27 von Osten aus beginnt, unter dem Namen A. Straße (vorher: Ha.straße) zu verlaufen, zweigt zunächst unter dem Namen Ha.straße, nach ca. 660 m (ab der Einmündung der M.W.Straße) unter dem Namen H. Straße ein Straßenzug nach Süden ab. Dieser Straßenzug durchquert das Gebiet des Beklagten in Richtung Südwesten; etwa 873 m nach seinem Ursprung mündet der G.weg von Westen in den Straßenzug ein. Nach weiteren ca. 450 m verläuft der Straßenzug unter dem Namen B.-S.-Straße in einer steilen Rechtskurve und führt in das nordwestliche Gebiet des Beklagten. An dem Übergang der H. Straße in die B.-S.-Straße zweigt ein Straßenzug auch unter dem Namen H. Straße nach Süden ab und führt schließlich zur Bundesstraße B 27.
Das klägerische Grundstück liegt mit seinem südlichen Ende an der H. Straße, kurz bevor die B.-S.-Straße beginnt. Es grenzt mit seinem nördlichen Ende an die Straße I* W. An der Grenze des klägerischen Grundstücks zur H. Straße befindet sich auf dem Grundstück eine Böschung.
Das in Rede stehende Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „M. II“. In diesem wird ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt. Für das Grundstück des Klägers lässt der Bebauungsplan durch Festsetzung entsprechender Baugrenzen nur im Norden Bebauung zu. Im Süden des Grundstücks, an der Grenze zur H. Straße, sind zum einen eine private Grünfläche und zum anderen eine Böschung festgesetzt. In Bezug auf Geländeveränderungen wird im Bebauungsplan festgesetzt, dass die natürliche Geländeoberfläche grundsätzlich zu erhalten ist. Geländeveränderungen sind nur soweit zulässig, wie sie zu Erstellung von Hauszugängen, Zufahrten für Garagen, Carports oder Stellplätzen erforderlich sind.
Der Gemeinderat des Beklagten hat mit Beschluss vom 26. Mai 2009 eine Sondersatzung über die Erhebung von Beiträgen zur Deckung des Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung von Straßen und Wegen des Marktes H. erlassen. Nach deren § 1 Abs. 1 gilt diese Satzung für den Bereich der Ha.straße/H. Straße beginnend an der Einmündung von den Bundesstraßen B 8 und 27 in die Ha.straße bis zu dem Abzweig G.weg. Nach § 2 dieser Sondersatzung erfolgt durch die Satzung eine Verringerung des Anliegeranteils gegenüber der Ausbaubeitragssatzung vom 5. Februar 2017. Gleichzeitig sei wegen der in der außergewöhnlichen und besonderen Gestaltung des Ortsbildes im Altortbereich begründeten Ausbaumaßnahmen eine Erhöhung der Eigenbeteiligung des Beklagten angemessen berücksichtigt worden. Die Erhöhung der Eigenbeteiligung erfolge zum Vorteilsausgleich zu Gunsten der Allgemeinheit sowie im Hinblick auf gewährte Fördermittel im Rahmen der Altortsanierung, die für den gestalterischen Mehraufwand gewährt worden seien.
Ebenfalls mit Beschluss vom 26. Mai 2009 hat der Gemeinderat des Beklagten für den Bereich der Ha.straße beginnend ab dem Abzweig von der B 8/ B 27 bis zu dem Abzweig des G.wegs von der H. Straße einen Abrechnungsabschnitt gebildet. Im Laufe des behördlichen Verfahrens ist der Beklagte jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass seine damalige Abschnittsbildung mangels weiteren Bauprogramms ungültig gewesen und die Abschnittsbildung somit unwirksam sei.
Der Beklagte hat Baumaßnahmen an der Ha.straße/H. Straße von der Einmündung in die B 8/B 27 bis zur Kreuzung mit der B.straße vorgenommen.
Mit Bescheid vom 17. November 2014 erhob der Beklagte vom Kläger, gestützt auf die Ausbaubeitragssatzung vom 5. Februar 2007 und auf die Sondersatzung vom 26. Mai 2009, für die Erneuerung der Hauptstraße/H. Straße (Teileinrichtungen Beleuchtung, Straßenbegleitgrün, Straßenentwässerung und Gehwege) eine Vorauszahlung auf den Ausbaubeitrag in Höhe von 3.014,96 EUR (669 m² Grundstücksfläche Nutzungsfaktor 1,3; 1/3 Abschlag für mehrfach erschlossene Grundstücke; Beitragssatz 5,20 EUR/m²). Der Beitragssatz berechnete sich aus einem voraussichtlich umlagefähigen Aufwand in Höhe von 664.635,24 EUR (wobei hiervon nur 75% als Vorauszahlung erhoben wurden) sowie 94.965 m² ansatzfähiger Grundstücksflächen.
Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger mit Schreiben vom 17. Dezember 2014 Widerspruch erheben. Diesen wies das Landratsamt W. mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2016 zurück.
II.
Der Kläger ließ durch seinen Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 29. März 2016 Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben. Das Gericht trennte mit Beschluss vom 30. März 2016 die Klagebegehren ab, soweit sie die Grundstücke Fl.Nr. …2, …3 und …4 betrafen und führte sie unter den Aktenzeichen W 3 K 16.327, W 3 K 16.328 und W 3 K 16.329 fort.
Im vorliegenden Verfahren W 3 K 16.326 ließ der Kläger beantragen,
Der Bescheid vom 17. November 2014, betreffend die Festsetzung einer Vorauszahlung auf den Straßenausbaubeitrag für den Ausbau der Ha.straße im Rahmen der Ortskernsanierung für das Grundstück Fl. Nr. …1 der Gemarkung H. in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts W. vom 23. Februar 2016 wird aufgehoben.
Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt:
Die abgerechnete Maßnahme biete dem Kläger keinen besonderen Vorteil, der aus einer Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung herrühren würde. Das Grundstück des Klägers werde weder postalisch noch tatsächlich von der Maßnahmenstraße erschlossen. Bereits aufgrund der Tiefenlage und der Böschungsstruktur sei eine Nutzbarkeit des klägerischen Grundstücks ausgeschlossen. Eine vollständige Erschließung erfolge über die Straße I* W. Zudem hätte der Beklagte eine Abschnittsbildung vornehmen müssen, da die in Rede stehende Maßnahme eine bloße lokale Vorteilswirkung habe, das klägerische Grundstück jedoch maximal weit entfernt sei und sich für dieses daher keine Vorteilswirkung ergebe. Weiter sei bei Maßnahmen, die sich auf einen großen räumlichen Bereich erstreckten, der Kreis der heranzuziehenden Anlieger genau zu bestimmen. Eine Abschnittsbildung sei unumgänglich. Der Umstand, dass der Beklagte ursprünglich selbst eine Abschnittsbildung habe vornehmen wollen, zeige, dass auch er selbst davon ausgegangen sei, dass die abgerechneten Maßnahmen gegenüber dem Kläger keinerlei Sondervorteile hätten. Weiter habe der Beklagte die Anlage falsch bestimmt. Sowohl der auf den Betrachter einwirkende Gesamteindruck als auch die Dichte der Umgebungsbebauung und damit die Erschließungskraft, die Breite, der Belag und die allgemeine äußere Gestaltung wichen markant voneinander ab.
Der Beklagte ließ durch seine Bevollmächtigte beantragen,
die Klage abzuweisen.
Dies wurde damit begründet, dass es für den Sondervorteil des klägerischen Grundstücks nicht darauf ankomme, ob die Inanspruchnahme der H. Straße vollkommen unnötig sei. Es genüge, wenn auf der Ortsstraße mit einem Fahrzeug angehalten und von dort Zugang zum jeweiligen Grundstück genommen werden könne. Es sei ohne weiteres möglich, vom Grundstück des Klägers zumindest mittels einer Treppe Zugang zur Ortsstraße zu erhalten. Ob von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werde, sei irrelevant. Dass das Grundstück auch über die Straße I* W. erschlossen werde, habe der Beklagte mit Gewährung einer Eckgrundstücksermäßigung berücksichtigt. Die ursprüngliche Abschnittsbildung sei aufgrund des fehlenden weiteren Bauprogramms unwirksam gewesen. Aus diesem Grund sei eine Abschnittsbildung auch zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen. Die natürliche Betrachtungsweise ergebe, dass die Einmündungen im Bereich des G.wegs und der B.straße nicht den Eindruck vermittelten, in einen weiteren, eine selbständige Ortsstraße bildenden Straßenzug zu gelangen. Die Anlage erstrecke sich daher von der Einmündung in die B 8/B 27 bis zum Übergang in die B.-S.-Straße.
Im Übrigen wird auf das weitere Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten, die Gegenstand des Verfahrens waren, und auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 2017 Bezug genommen. Die Akten in den Verfahren W 3 K 16.327, W 3 K 16.328 und W 3 K 16.329 wurden zum vorliegenden Verfahren beigezogen.
Die zulässige Klage, mit der sich der Kläger gegen den Bescheid des Beklagten vom 17. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts W. vom 23. Februar 2016 wendet, ist begründet. Der angegriffene Bescheid erweist sich als rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die Möglichkeit der Inanspruchnahme der H. Straße dem klägerischen Grundstück keine besonderen Vorteile bietet.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl. S. 264), zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. März 2014 (GVBl. S. 70) können die Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für die Herstellung, Anschaffung, Verbesserung oder Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern und den Erbbauberechtigten erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser Einrichtungen besondere Vorteile bietet. Zu diesen Einrichtungen zählen auch Gemeindestraßen i.S.d. Art. 46 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (BayStrWG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. Oktober 1981 (BayRS 91-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2015 (GVBl. S. 458).
Für die Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen und beschränkt-öffentlichen Wegen sollen gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 3 KAG solche Beiträge erhoben werden, soweit nicht Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch zu erheben sind (allgemein zu der Pflicht zur Erhebung von Ausbaubeiträgen vgl. BayVGH, U.v. 9.11.2016 - 6 B 15.2732 - BayVBl. 2017, 200).
Rechtsgrundlage für die Erhebung einer Vorauszahlung ist Art. 5 Abs. 5 KAG, ohne dass es einer ortsrechtlichen Umsetzung durch die gemäß Art. 5 Abs. 1 KAG erhebungsberechtigte Körperschaft bedürfte. Danach dürfen Vorauszahlungen auf einen Beitrag verlangt werden, wenn - wie hier - mit der Ausführung der Maßnahmen begonnen worden ist, für die der Beitrag erhoben werden soll.
Aus dem Wesen der Vorauszahlung als einer Zahlung vor Entstehung einer Beitragspflicht und aus der darin begründeten Abhängigkeit von einer künftigen Beitragsschuld nach Grund und Höhe fordert ihre Festsetzung jedoch das Vorhandensein einer gültigen Beitragsregelung in Gestalt einer Abgabesatzung nach Art. 2 Abs. 1 KAG, weil nur so die rechtlichen Voraussetzungen für die spätere Begründung einer Beitragspflicht geschaffen werden können. Außerdem muss die Gemeinde alle weiteren, ihr obliegenden rechtlich relevanten Entscheidungen getroffen haben, die für die Bestimmbarkeit der Höhe der zukünftigen Beitragsforderung erforderlich sind. (BayVGH, st. Rspr.; vgl. z.B. U.v. 1.6.2011 - 6 BV 10.2467 - BayVBl 2012, 206 m.w.N.; Ecker, Kommunalabgaben in Bayern, Stand Februar 2017, Nr. 27.00.11.3).
Im vorliegenden Fall kann allerdings dahinstehen, ob die Straßenausbaubeitragssatzung des Beklagten vom 1. März 2007 in Verbindung mit der Sondersatzung vom 27. Mai 2009 eine taugliche Rechtsgrundlage für die Erhebung von Vorauszahlungen auf den Straßenausbaubeitrag darstellt. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Beklagte zu Recht davon ausgegangen ist, dass die vorliegende Anlage ab der Einmündung der Ha.straße in die B 8/B 27 beginnt und ohne Unterbrechung bis zu dem Punkt verläuft, an dem die H. Straße in die B.-S.-Straße übergeht. Denn selbst wenn man davon ausginge, dass das klägerische Grundstück an der vorliegend abzurechnenden Anlage liegt, so bietet ihm deren Möglichkeit der Inanspruchnahme zumindest keine besonderen Vorteile im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG. Dies ergibt sich daraus, dass sich auf dem klägerischen Grundstück ein Hindernis befindet, welches aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse für den Kläger nicht ausräumbar ist.
Für die Bejahung dieses Sondervorteils bedarf es zum einen der spezifischen Nähe des Grundstücks zur ausgebauten Straße und zum anderen einer Grundstücksnutzung, auf die sich die durch den Ausbau verbesserte Möglichkeit, als Anlieger von der Ortsstraße Gebrauch zu machen, positiv auswirken kann. Dem Eigentümer von Flächen, bei denen beide Voraussetzungen vorliegen, kommt der Straßenausbau in einer Weise zugute, die sie aus dem Kreis der sonstigen Straßenbenutzer heraushebt und die Heranziehung zu einem Beitrag rechtfertigt (st. Rspr., vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 6.4.2017 - 6 B 16.1043 - juris Rn. 12 m.w.N.). Anders als im Erschließungsbeitragsrecht kommt es nicht darauf an, ob die Straße dem Grundstück die wegemäßige Erschließung vermittelt, die für eine zulässige bauliche oder gewerbliche Nutzung erforderlich ist. Vielmehr kommen alle Grundstücke in Betracht, für die die ausgebaute Anlage wirtschaftliche Vorteile im Hinblick auf die Grundstücksnutzung bewirkt (vgl. VG München, U.v. 12.5.2015 - M 2 K 14.5603 - juris Rn. 17; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 9. Aufl. 2012, § 35 Rn. 11).
Eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit der ausgebauten Straße von einem bestimmten Grundstück aus setzt eine Erreichbarkeit voraus, die für dessen bestimmungsgemäße Nutzung erforderlich ist. Dazu bedarf es in der Regel - so auch für das Grundstück des Klägers - der Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen. Diese Grundform der Erreichbarkeit ist erfüllt, wenn auf der Fahrbahn der ausgebauten Ortsstraße bis zur Höhe dieses Grundstücks mit Personen- und kleineren Versorgungsfahrzeugen gefahren und es von da ab, gegebenenfalls über einen dazwischenliegenden Gehweg, Radweg oder Seitenstreifen, in rechtlich zulässiger und tatsächlich zumutbarer Weise betreten werden kann (BayVGH, U.v. 6.4.2017, a.a.o., juris Rn. 14).
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass ausräumbare tatsächliche Hindernisse auf dem Anliegergrundstück grundsätzlich ohne Einfluss auf das Vorliegen einer vorteilsrelevanten Inanspruchnahmemöglichkeit sind (Driehaus, a.a.O., § 35 Rn. 25). Für das Erschließungsbeitragsrecht ist dabei anerkannt, dass tatsächliche Hindernisse auf dem Anliegergrundstück nur hinderlich sind, wenn sie nicht mit dem Grundeigentümer zumutbaren (finanziellen) Mitteln ausgeräumt werden können (Driehaus, a.a.O., § 17 Rn. 77).
Diese Anforderungen sind beim klägerischen Grundstück nicht erfüllt. Die auf diesem Grundstück befindliche Böschung führt im Zusammenspiel mit dem Bebauungsplan „M. II“ dazu, dass das Hindernis auf dem klägerischen Grundstück auch aufgrund der rechtlichen Situation für den Kläger nicht ausräumbar ist.
Auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung erörterten vom Gericht gefertigten Lichtbilder stellt sich die tatsächliche Situation wie folgt dar: Das klägerische Grundstück liegt mit seinem südlichen Ende an der H. Straße; mit seinem nördlichen Ende grenzt es an die Straße I* W. Bereits ab dem Grundstück Fl.Nr. …9 befindet sich auf den Grundstücken entlang der H. Straße und daher auch auf dem klägerischen Grundstück eine Böschung. Dabei nimmt der Höhenunterschied zwischen der H. Straße und den angrenzenden Grundstücken ab dem Grundstück Fl.Nr. …9 ortsauswärts stetig zu (vgl. hierzu Lichtbilder 23 - 27). Aus dem vom Beklagten im Gerichtsverfahren mit Schreiben vom 6. Juli 2017 vorgelegten Plan über die Höhenunterschiede im Bereich der H. Straße ergibt sich, dass der Höhenunterschied von der Kante der H. Straße bis zum Ende der Böschung beim Grundstück Fl.Nr. …9 etwa 2,50 m beträgt. Er steigt von da an konstant an und beträgt beim klägerischen Grundstück zwischen 4 und 6 m und steigt stetig weiter bis zu etwa 7 m beim Grundstück Fl.Nr. …5 (vgl. hierzu Lichtbilder 23, 25 - 28).
Hieraus ergibt sich zunächst, dass das klägerische Grundstück im derzeitigen Zustand von der H. Straße aus nicht betretbar ist. Selbst wenn man an einzelnen Stellen unter größerer Anstrengung und mit erhöhter Vorsicht über die Böschung auf das Grundstück käme, kann man dennoch nicht von einer ordnungsgemäßen Begehbarkeit sprechen. Dies wurde vom Beklagten auch nicht bestritten.
Das Gericht ist zudem davon überzeugt, dass das Hindernis auf dem klägerischen Grundstück (Böschung) für den Kläger nicht ausräumbar ist. Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im vorliegenden Fall.
Der Beklagte geht davon aus, dass der Kläger mit vertretbaren Mitteln unter Berücksichtigung der üblichen Trittmaße eine Treppe in die Böschung einbauen könne. Insofern stellt sich die Frage, welche Mittel dem Kläger in diesem Rahmen zuzumuten sind und welchen Aufwand er betreiben muss und welche Maßnahmen überhaupt rechtlich zulässig sind. Angesichts des Höhenunterschiedes von über 4 m können Zweifel daran entstehen, dass die Mittel zum Bau einer Treppe vorliegend noch vertretbar sind. Die Vertreter des Beklagten gehen ausweislich der Angaben in der mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2017 davon aus, dass auf der Grundlage des Bebauungsplans ohne weiteres eine Treppenanlage vom klägerischen Grundstück zur H. Straße zulässig wäre.
Dem kann sich das Gericht nicht anschließen. Für den Kläger ist das Betretungshindernis (die Böschung) auf seinem Grundstück deshalb nicht ausräumbar, weil neben die tatsächlichen Gegebenheiten die rechtlichen Voraussetzungen durch den Bebauungsplan „M. II“ hinzutreten.
Der Bebauungsplan „M. II“ setzt für das südliche Ende des klägerischen Grundstücks, an der Grenze zur H. Straße, sowohl eine private Grünfläche als auch eine Böschung fest. Zudem ist nach den textlichen Festsetzungen die natürliche Geländeoberfläche grundsätzlich zu erhalten. Geländeveränderungen sind nach der Festsetzung Nr. 18 nur soweit zulässig, wie sie zur Erstellung von Hauszugängen, Zufahrten für Garagen, Carports oder Stellplätzen erforderlich sind. Letztlich regelt der Bebauungsplan zudem, dass die privaten Grünflächen mit mindestens 50% Strauchgehölzen zu bepflanzen sind.
Diese Festsetzungen in Zusammenhang mit den tatsächlichen Gegebenheiten führen zu der Annahme, dass das Betretungshindernis für den Kläger nicht ausräumbar ist. Hier ist zum einen zu beachten, dass der Kläger für den Bau einer etwaigen Treppe nach den Festsetzungen des Bebauungsplans schon keine Geländeveränderung vornehmen dürfte. Er müsste daher den durchaus beachtlichen Höhenunterschied überwinden, ohne in die Geländeoberfläche eingreifen zu können. Dabei kann man nicht davon ausgehen, dass der Kläger vorliegend eine Ausnahme nach Nr. 18 des Bebauungsplans geltend machen kann. In Betracht käme hier nur die Ausnahme für einen Hauszugang. Es spricht jedoch viel dafür, dass ein solcher Hauszugang am südlichen Ende des klägerischen Grundstücks schon gar nicht erforderlich im Sinne des Bebauungsplans ist. Anhand des Bebauungsplans ist ersichtlich, dass die Baugrenzen auf dem klägerischen Grundstück im Norden des Grundstücks verlaufen. Der Bebauungsplan sieht daher vor, dass ein etwaiges Gebäude auf dem klägerischen Grundstück zur Straße I* W. hin orientiert ist. Ein Hauszugang zur H. Straße wäre daher nicht erforderlich im Sinne des Bebauungsplans, da der Zugang über die Straße I* W. näher am Gebäude wäre und zudem keine derartigen Höhenunterschiede bestehen.
Daneben ist festzuhalten, dass der Bebauungsplan „M. II“ aufgrund der oben beschriebenen Festsetzungen insgesamt deutlich macht, dass das Wohngebiet an der Grenze zur H. Straße durch eine Böschung und durch Grünfläche abgegrenzt werden soll. Es wäre an dieser Stelle nach dem Gesamteindruck des Bebauungsplans daher nicht gewollt, einen ordentlichen Zugang zum klägerischen Grundstück zu schaffen. Insgesamt soll eine Trennung vom Wohngebiet zur H. Straße erfolgen. Diese Ansicht wird dadurch gestützt, dass die private Grünfläche auf dem klägerischen Grundstück mit mindestens 50% Strauchgehölzen zu bepflanzen ist. Auch hieraus ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die H. Straße von den angrenzenden Grundstücken abgrenzen wollte.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der Tatsache, dass auf dem Grundstück Fl.Nr. …5 ein Gebäude unter Überwindung des Höhenunterschiedes mit Zugang zur H. Straße errichtet wurde. Zum einen ist die Böschung an dieser Stelle niedriger als im weiteren Verlauf der H. Straße. Zum anderen setzt der Bebauungsplan für dieses Grundstück die Baugrenzen auch an dieser Stelle fest. Es fehlt an der Festsetzung der privaten Grünfläche und die festgesetzte Böschung wird von den festgesetzten Baugrenzen überlagert. Daher lässt der Bebauungsplan für das Grundstück Fl.Nr. …5 die Bebauung und Orientierung zur H. Straße im Gegensatz zum klägerischen Grundstück ausdrücklich zu; die rechtliche Situation ist mit dem klägerischen Grundstück daher nicht vergleichbar, zumal für dieses Grundstück die H. Straße die einzige Erschließung bildet und es nicht an der Straße I* W. anliegt.
Bei all dem übersieht das Gericht auch nicht, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in anderen Verfahren entschieden hat, dass auch bei steilen Neigungen der Bau einer Treppe zumutbar sein kann (vgl. U.v. 30.10.2007 - 6 BV 04.2189 - juris) oder dass das Verwaltungsgericht München bei einem Höhenunterschied von 6,50 m ebenfalls davon ausging, dass die Möglichkeit des Baus einer Treppe besteht (vgl. U.v. 12.05.2015 - M 2 K 14.5603 - juris). Denn die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin, dass neben den tatsächlichen Verhältnissen die genannten rechtlichen Vorgaben im Bebauungsplan hinzukommen. Es kommt nicht alleine darauf an, ob es dem Kläger tatsächlich möglich wäre, eine Treppe zu errichten. Auch die rechtlichen Gegebenheiten spielen - wie bereits beschrieben - eine Rolle.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass tatsächliche und rechtliche Hindernisse die Betretbarkeit verhindern können, wobei sich das Hindernis in dieser Entscheidung auf dem Straßengrundstück befand (vgl. U.v. 6.4.2017 - 6 B 16.1043 - juris). Da die Festsetzungen des Bebauungsplans „M. II“ allerdings rechtliche Hindernisse aufstellen, auch wenn das tatsächliche Hindernis auf dem klägerischen Grundstück liegt, ist die Konstellation zumindest in gewisser Weise vergleichbar. Es liegt eine Fallgestaltung vor, in der der Anlieger es nicht alleine in der Hand hat, das Hindernis der Betretbarkeit zu überwinden.
Das Gericht ist daher im Ergebnis davon überzeugt, dass das klägerische Grundstück vom Ausbau der H. Straße keinen besonderen Vorteil gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 KAG erlangt. Aus diesem Grund war der Vorauszahlungsbescheid aufzuheben, weil er rechtswidrig ist und den Kläger gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Entscheidung über die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren durch den Kläger beruht auf § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.