Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 11. Jan. 2018 - W 2 K 16.31274

published on 11/01/2018 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 11. Jan. 2018 - W 2 K 16.31274
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am ... 1982 in Damaskus/Syrien geborene Kläger zu 1) und seine am ... 1991 ebenfalls in Damaskus geborene Ehefrau, die Klägerin zu 2), begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Die Kläger, syrischer Staatsangehöriger mit arabischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit, reisten nach eigenen Angaben am 16. September 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 21. April 2016 einen Asylantrag.

Bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 7. Juni 2016 gaben die Kläger an, Syrien im Frühjahr 2012 wegen des Krieges verlassen zu haben und anschließend ca. drei Jahre in der Türkei gelebt zu haben. Der Kläger zu 1) gab zudem an, für zweieinhalb Jahre Wehrdienst geleistet zu haben.

Mit Bescheid vom 25. Juli 2016 gewährte das Bundesamt den Klägern subsidiären Schutzstatus und lehnte die Asylanträge im Übrigen ab. Auf den Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung:enthält den damals üblichen Hinweis, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst sein“ müsse. Ausweislich der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid am 28. Juli 2016 in der örtlichen Postfiliale der Deutschen Post AG niedergelegt und eine schriftliche Mitteilung über die Niederlegung an der Wohnungstür der Kläger hinterlassen.

Mit Schriftsatz vom 16. August 2016, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, ließen die Kläger Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erheben.

Die Kläger lassen beantragen,

Unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Juli 2016 wird die Beklagte verpflichtet, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Zur Begründung wird hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 18. April 2017 – A 9 S 333/17 – ausgeführt, dass die zweiwöchige Klagefrist mangels ordnungsgemäßer Rechtsbehelfsbelehrung:nicht in Gang gesetzt worden sei und daher die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO gelte.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich auf Verfristung der Klage.

Der Rechtstreit wurde mit Beschluss vom 17. August 2016 auf den Einzelrichter übertragen.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden konnte, erweist sich als unzulässig.

Die Kläger haben die zweiwöchige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) i.d.F. d Bek. vom 2. September 2008 (BGBl. I 2008, 1798), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2780), versäumt.

Die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO findet vorliegend keine Anwendung. Das erkennende Gericht teilt nicht die vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim (U.v. 18.4.2017 – A 9 S 333/17 – juris) vertretene Auffassung, dass die vom Bundesamt vorliegend verwendete Rechtsbehelfsbelehrung:wegen des Hinweises, dass die Klage „in deutscher Sprache abgefasst sein“ muss, irreführend und damit unrichtig im Sinn des § 58 Abs. 2 VwGO ist.

Es überzeugt nicht, dass mit dieser Formulierung – insbesondere dem Verb „abfassen“ – der unzutreffende Eindruck erweckt werde, das Rechtsmittel müsse beim Verwaltungsgericht eigenhändig und in Schriftform, § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO, eingereicht werden. Unabhängig davon, ob das Verb „abfassen“ überhaupt die Aussage beinhaltet, dass dem Rechtsmittel eine schriftliche Form gegeben werden muss, ergibt sich aus der passivischen Formulierung jedenfalls nicht, dass der Kläger selbst (bzw. dessen Anwalt) für diese zu sorgen hätte; eine Klage ist auch dann „abgefasst“, wenn dies in Form einer Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle beim Verwaltungsgericht geschieht. Der in Rede stehende Passus der Rechtsbehelfsbelehrung:beschreibt nach zutreffender Ansicht ausschließlich, dass der Rechtsbehelf dem Gericht in deutscher Sprache vorliegen muss (vgl. § 55 VwGO i.V.m. § 184 Satz 1 GVG), um wirksam zu sein (OVG Schleswig-Holstein, B.v. 16.11.2017 – 1 LA 68/17 – juris; VG Augsburg, U.v. 10.8.2017 – Au 3 K 16.32597 – juris; VG Köln, B.v. 3.8.2017 – 25 K 6700/16.A – juris; VG Karlsruhe, GB v. 13.6.2017 – A 5 K 2523/17 – juris, VG Münster, GB v. 6.7.2017 - 4967/16.A. – juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 167 VwGO i.v.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
3 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 10/08/2017 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand Der Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger aus der Provinz * und Angehöriger der Ahmadiyya-Glaubensgemein
published on 16/11/2017 00:00

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 5. Kammer, Einzelrichterin - vom 12. September 2017 sowie der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werd
published on 18/04/2017 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 8. September 2016 - A 5 K 5074/16 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Annotations

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf beginnt nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist.

(2) Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsbehelfs nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung, Eröffnung oder Verkündung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine schriftliche oder elektronische Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei. § 60 Abs. 2 gilt für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Die Klage ist bei dem Gericht schriftlich zu erheben. Bei dem Verwaltungsgericht kann sie auch zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden.

(2) Der Klage und allen Schriftsätzen sollen vorbehaltlich des § 55a Absatz 5 Satz 3 Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

§§ 169, 171a bis 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit, Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung finden entsprechende Anwendung.

Die Gerichtssprache ist deutsch. Das Recht der Sorben, in den Heimatkreisen der sorbischen Bevölkerung vor Gericht sorbisch zu sprechen, ist gewährleistet.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.