Verwaltungsgericht Würzburg Gerichtsbescheid, 08. Dez. 2014 - W 7 K 14.50002
Gericht
Tenor
I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. März 2014 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
I.
II.
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. März 2014 aufzuheben.
die Klage abzuweisen.
Gründe
„Der angegriffene Bescheid ist nach der der hier angezeigten summarischen Prüfung ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Denn die Antragsgegnerin hat in ihrem Bescheid nicht ausreichend berücksichtigt, dass zwischen dem Zeitpunkt der Asylantragstellung und dem der Stellung eines entsprechendes Wiederaufnahmegesuchs an Polen mehr als zehn Monate liegen. Die Antragsteller hatten erstmals in ihrer Befragung am 8. Januar 2013 angegeben, zuvor in Polen einen Asylantrag gestellt zu haben. Entsprechende Eurodac-Treffer zu Polen lagen der Antragsgegnerin ausweislich der Bundesamtsakte bereits am 14. bzw. 15. Januar 2013 vor. Gleichwohl ist die Antragsgegnerin bis zum 11. November 2013 – also mehr als zehn Monate nach Asylantragstellung – untätig geblieben. Ein Grund für diese nicht unerhebliche Verfahrensverzögerung ist nicht ersichtlich, hierfür lässt sich der Bundesamtsakte jedenfalls nichts entnehmen.
Zwar kennt die Dublin II-VO für sog. Wiederaufnahmefälle keine Frist zur Stellung eines entsprechenden Gesuchs, anders als dies für Aufnahmefälle nach Art. 17 Dublin II-VO der Fall ist (vgl. Art. 20 Dublin II-VO; anders nunmehr Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO, der auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar ist, vgl. Art. 49 Dublin III-VO). Dies bedeutet jedoch nicht, dass es im Belieben des Bundesamtes steht bzw. stand, wann ein solches Wiederaufnahmegesuch nach der Dublin II-VO an den für zuständig erachteten Mitgliedsstaat zu richten war. Dies folgt bereits aus dem vierten und 15. Erwägungsgrund der Dublin II-VO. Der vierte Erwägungsgrund nennt als Ziel insbesondere eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden. Nach dem 15. Erwägungsgrund steht die Verordnung im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden, und zielt insbesondere darauf ab, die uneingeschränkte Wahrung des in Art. 18 verankerten Rechts auf Asyl zu gewährleisten.
Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 21. Dezember 2011 (C 411/10 u.a. – NVwZ 2012, 417 ff.) auch zur Dauer des Asylverfahrens Stellung genommen und ausgeführt, dass der Mitgliedsstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, darauf zu achten hat, dass die Situation des Asylbewerbers nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 der Dublin II-VO (vgl. auch Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO) selbst prüfen (vgl. EuGH, U.v. 21.12.11 – C 411/10 u.a. – NVwZ 2012, 417/421).
Die Dublin II-VO bezweckt(e) daher nicht nur, Asylsuchende daran zu hintern, gleichzeitig oder nacheinander Asylanträge in verschiedenen Mitgliedsstaaten zu stellen, sondern beinhaltet(e) auch die Begründung von Vertrauensschutz für die Asylsuchenden in Hinblick auf die Dauer des Verfahrens zur Prüfung der Zuständigkeit des für die Bearbeitung zuständigen Mitgliedsstaats (so auch VG Göttingen, U.v. 25.7.2013 – 2 A 652/12 – juris; VG Düsseldorf, B.v. 7.8.2012 – 22 L 1158/12.A – juris Rn. 27; VG Würzburg; B.v. 11.12.2013 – W 7 S 13.30494; VG Würzburg, B.v. 3.2.2014 – W 7 S 14.30073). Die Dublin III-VO (zu deren Anwendbarkeit Art. 49 Dublin III-VO) konkretisiert dementsprechend diesen Zweck nunmehr ausdrücklich und sieht in Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO jetzt auch für Wiederaufnahmegesuche eine Frist von nur zwei Monaten bei Vorliegen einer Eurodac-Treffermeldung vor, ansonsten eine Frist von drei Monaten ab Asylantragstellung (Art. 23 Abs. 2 UA 2 Dublin III-VO).
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hätte das Bundesamt im vorliegenden Bescheid die überlange Verfahrensdauer von mehr zehn Monaten bis zur Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs jedenfalls in die Ermessenserwägungen nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO bzw. Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO einbeziehen müssen, was nicht der Fall ist. Dies stellt einen Verstoß gegen die Verpflichtung dar, die Situation der Asylbewerber nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zu verschlimmern. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH (a.a.O.) dürfte der vorliegende Antrag daher nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO bzw. Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO von der Antragsgegnerin selbst zu prüfen sein.“
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- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
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Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
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Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes
- 1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden; - 2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird; - 3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.