Verwaltungsgericht Würzburg Gerichtsbescheid, 01. Sept. 2014 - 7 K 14.507
Gericht
Principles
Tenor
I.
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides Landratsamts Rhön-Grabfeld vom 29. April 2014 verpflichtet, die Wirkungen der am 25. Juli 2006 vollzogenen Abschiebung des Klägers nachträglich auf den Tag der Rechtskraft dieses Gerichtsbescheides zu befristen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt die Befristung der Wirkungen seiner Abschiebung.
Er ist türkischer Staatsangehöriger und reiste erstmals am 12. April 2005 in das Bundesgebiet ein. Nach erfolgloser Asylantragstellung wurde er am 25. Juli 2006 abgeschoben.
Am 17. April 2013 heiratete der Kläger in der Türkei eine deutsche Staatsangehörige.
Am 1. September 2013 stellte er einen Antrag auf Erteilung eines Einreisevisums zur Familienzusammenführung. Mit Schreiben vom 4. Februar 2014 beantragte er die Befristung der Wirkungen seiner Abschiebung.
Mit Bescheid des Landratsamts Rhön Grabfeld vom 29. April 2014, dem Kläger zugegangen am 2. Mai 2014, wurden die Wirkungen der Abschiebung des Klägers auf den Tag der Unanfechtbarkeit des Bescheides befristet, soweit die Abschiebekosten von insgesamt 6.089,02 Euro bis dahin beglichen würden. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass keine belegbaren Anhaltspunkte für eine zukünftig zu befürchtende erneute Abschiebung des Klägers bestünden und auch kein illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet seit seiner Abschiebung bekannt sei. Deshalb seien - wie im Regelfall - die Wirkungen der Abschiebung auf zwei Jahre zu befristen. Da dieser Zeitraum seit der Abschiebung am 25. Juli 2006 längst verstrichen sei, sei die Befristung auf den Tag der Unanfechtbarkeit des Bescheides festzulegen. Dies sei jedoch von der Bedingung abhängig zu machen, dass bis dahin die Kosten der Abschiebung erstattet werden. Die Bedingung sei angemessen, da der Kläger selbst den Eintritt der Bedingung herbeiführen könne. Für die weitere Begründung im Einzelnen wird auf vorgenannten Bescheid Bezug genommen.
II.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 26. Mai 2014, bei Gericht eingegangen am 27. Mai 2014, ließ der Kläger gegen den Bescheid des Landratsamts Rhön-Grabfeld vom 29. April 2014 Klage erheben und die Befristung der Wirkungen der Abschiebung auf den 19. September 2013 begehren.
Bei der Bestimmung der Dauer der Befristung der Wirkungen der Abschiebung sei maßgeblich, ob und wann der mit der Abschiebung verfolgte Zweck durch die vorübergehende Fernhaltung aus dem Bundesgebiet erreicht sei. Bei einer Abschiebung ohne vorherige Ausweisung betrage die Frist nach Nr. 11.1.4.6.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz (AVwV-AufenthG) regelmäßig zwei Jahre. Vorliegend sei die Befristung auf den Tag des Urteils des EuGH vom 19. September 2013 - Filev und Osmani, C-297/12
Der Kläger lässt sinngemäß beantragen,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Rhön-Grabfeld vom 29. April 2014 zu verpflichten, die Wirkungen der am 25. Juli 2006 vollzogenen Abschiebung des Klägers nachträglich auf den 19. September 2013 zu befristen;
hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Rhön-Grabfeld vom 29. April 2014 zu verpflichten, über die Befristung der Wiedereinreisesperre unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Vorliegend sei - wie im Regelfall - gemäß Nr. 11.1.4.6.3 AVwV-AufenthG die Befristung der Widereinreisesperre auf zwei Jahre festzusetzen. Da diese seit der Abschiebung längst verstrichen seien, sei dem Befristungsantrag zu entsprechen gewesen. Gemäß Nr. 11.1.4.4. AVwV-AufenthG sei die Befristung von der Rückzahlung der Kosten der Abschiebung abhängig zu machen, was durch die Aufnahme einer entsprechenden aufschiebenden Bedingung erfolgt sei. Hingegen sei nicht die Rückzahlung vor Erlass des Bescheides gefordert worden. Die aufschiebende Bedingung sei insoweit für den Kläger günstiger. Den Eintritt der Bedingung könne er selbst herbeiführen. Die schwierige finanzielle Lage des Klägers sei im Verwaltungsverfahren von diesem zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht worden.
Die Beteiligten wurden zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört (Schreiben des Gerichts vom 1. August 2014).
Gründe
Die Entscheidung kann durch Gerichtsbescheid ergehen, weil die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 VwGO vorliegen.
Die Klage ist überwiegend zulässig. Soweit die Klage zulässig ist, ist sie begründet. Soweit der Kläger eine rückwirkende Befristung der Wirkungen seiner Abschiebung auf den 19. September 2013 begehrt ist die Klage unzulässig (I.). Soweit die Befristung der Wirkungen der Abschiebung des Klägers unter der Bedingung der Zahlung der Abschiebungskosten steht, ist die Klage zulässig und begründet (II.). Der Bescheid des Landratsamts Rhön-Grabfeld vom 29. April 2014 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Klägers dadurch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn der Kläger hat einen Anspruch auf unbedingte Befristung der Wirkungen der Abschiebung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).
I.
Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger eine rückwirkende Befristung der Wirkungen seiner Abschiebung auf den 19. September 2013 begehrt. Denn für eine rückwirkende Befristung besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Kläger bereits in der Vergangenheit trotz der Wiedereinreisesperre in die Bundesrepublik eingereist wäre und die rückwirkende Befristung somit für die Möglichkeit der Legalisierung seines Aufenthaltes erforderlich wäre (vgl. zu einer solchen Fallkonstellation VGH BW, U. v. 30.4.2014 - 11 S 244/14 - juris Rn. 55).
II.
Der Kläger hat einen Anspruch auf unbedingte Befristung der Wirkungen der Abschiebung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG auf den Zeitpunkt der Rechtskraft dieses Gerichtsbescheids.
1.
Wird ein Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben, darf er gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten; ihm wird ein Aufenthaltstitel auch dann nicht erteilt, wenn dessen Voraussetzungen ansonsten vorliegen. Diese Wirkungen sind auf Antrag zu befristen. Die Frist ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles festzusetzen und darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht. Bei Bemessung der Länge der Frist wird berücksichtigt, ob der Ausländer rechtzeitig und freiwillig ausgereist ist. Die Frist beginnt mit der Ausreise.
Der Befristungsanspruch des Ausgewiesenen bzw. Abgeschobenen unterliegt (seit dem Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011) dabei der vollständigen gerichtlichen Überprüfung; bei solchen Befristungen verfügt die Verwaltung nicht mehr über einen Ermessensspielraum, wie er früher die Verwaltungsgerichte zur Aufhebung und zur Verpflichtung zur Neubescheidung veranlasst hat, wenn die vorgenommenen Befristung fehlerhaft begründet war (st. Rspr. des BVerwG seit dem U. v. 14.2.2012 - 1 C 7.11 - BVerwGE 142, 29 Rn. 31 ff.; BayVGH, B. v. 21.11.2013 - 19 C 13.1206 - juris Rn. 7; OVG NW, B. v. 18.4.2011 - 18 E 1238/10 - juris Rn. 2).
2.
2.1
Bei der Bemessung der Länge der nach § 11 Abs. 1 Satz 3 und 4 AufenthG unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzenden Frist ist insbesondere das Verhalten des Ausländers nach der Abschiebung von Bedeutung. Dabei ist neben der Frage, ob er in der Zeit seit seiner Abschiebung das aus der Abschiebung resultierende Einreiseverbot beachtet hat (BayVGH, B. v. 10.4.2013 - 10 C 12.1757 - juris Rn. 32) auch zu berücksichtigen, ob er die bisher angefallenen Abschiebungskosten bezahlt hat. Der Zweck des Aufenthaltsgesetzes allgemein und damit der des § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG umfasst unter anderem den Schutz der finanziellen Belange der Bundesrepublik Deutschland oder des jeweiligen Bundeslandes. Es widerspricht in der Regel dem öffentlichen Interesse, dass die Kosten der Abschiebung der zuständigen Behörde zur Last fallen. Von daher liegt es nahe, bei der Prüfung der Frage, ob ein abgeschobener Ausländer weiterhin vom Bundesgebiet fernzuhalten ist, auch zu berücksichtigen, ob er die Abschiebungskosten nachträglich beglichen hat oder begleichen will (vgl. NdsOVG, B. v. 25.6.2013 - 8 PA 98/13 -, juris; OVG NW, B. v. 18.4.2011 - 18 E 1238/10 - juris Rn. 6; OVG Hamburg, B. v. 29.11.2010 - 5 So 160/10 - juris). Schließlich sind die persönlichen Belange des Ausländers mit der ihnen gebotenen Bedeutung einzustellen (Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerecht, 10. Aufl. 2013, § 11 AufenthG Rn. 49).
2.2
Vorliegend sind seit der Abschiebung des Klägers bereits mehr als fünf Jahre und somit die in § 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG vorgesehene Höchstdauer der Befristung verstrichen. Ein Ausnahmefall, wonach diese Frist überschritten werden kann, ist nicht ersichtlich. Der Kläger ist weder aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung ausgewiesen worden noch geht von ihm erkennbar eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung aus. Daher ist die Frist zur Wiedereinreise hier auf Null festzusetzen, d. h. den Tag der Rechtskraft dieses Gerichtsbescheides.
3.
Die Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG kann dabei nicht von der aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht werden, dass die Kosten der Abschiebung des Klägers beglichen werden.
3.1
Gemäß Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG darf ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, mit einer Nebenbestimmung nur dann versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden. Beides ist hier nicht der Fall (VG Augsburg, U. v. 15.7.2014 - Au 1 K 14.389 - juris Rn. 24; vgl. a. VG Düsseldorf, U. v. 15.8.2013 - 7 K 2868/12 - juris Rn. 44). Die vorherige Begleichung der Abschiebungskosten ist keine Voraussetzung einer Befristung nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG (vgl. Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerecht, 10. Aufl. 2013, § 11 AufenthG Rn. 49; Huber, Aufenthaltsgesetz, 1. Aufl. 2010, § 11 AufenthG Rn. 6; sowie zum vergleichbaren Fall eines Befristungsanspruchs aus § 7 Abs. 2 Satz 2 FreizügG/EU: BVerwG, U. v. 32.10.2007 - 1 C 10/07 - juris Rn. 42).
3.2
Dem steht auch der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
Der vorliegende Fall betrifft jedoch einen anderen Sachverhalt. Zum einen handelt es sich hier nicht um die Befristung der Sperrwirkung einer Ausweisung, sondern um die einer Abschiebung. Zudem erfolgte hier die Befristung nicht bereits im Zusammenhang mit der Abschiebung des Ausländers, sondern erst nachträglich. Das Vorliegen der Voraussetzungen für das Fristende ist in diesem Fall nicht ungewiss.
3.3
Schließlich ist auch nach Nr. 11.1.4.4 AVwV-AufenthG vorliegend die Befristung nicht unter die Bedingung der Begleichung der Abschiebungskosten zu stellen. Danach soll grundsätzlich die Befristung davon abhängig gemacht werden soll, dass die Zurückschiebungs- oder Abschiebungskosten und sonstige während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland für den Ausländer aufgewandten öffentlichen Mittel erstattet werden. Bei deutschverheirateten Ausländern sei davon jedoch abzusehen, da in diesen Fällen finanzielle Erwägungen die Ablehnung eines Regelbefristungsantrags für sich allein nicht tragen würden.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, da der Kläger nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
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Annotations
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.