Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 01. März 2016 - W 6 K 16.30180

published on 01/03/2016 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 01. März 2016 - W 6 K 16.30180
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Tenor

Das Verfahren wird bis zu einer Entscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, längstens bis zum 23. Juli 2016, ausgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 23. Oktober 2014 einen Asylfolgeantrag. Der Klägerbevollmächtigte forderte die Beklagte zuletzt unter Fristsetzung auf, über den Asylantrag zu entscheiden.

Am 16. Februar 2016 ließ der Kläger beantragen:

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise subsidiären Schutz entsprechend § 4 AsylG zuzuerkennen, weiterhin hilfsweise festzustellen, dass ein nationales Abschiebungshindernis hinsichtlich des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegt, hilfsweise innerhalb einer Frist von drei Monaten über den am 5. Oktober 2014 gestellten Asylantrag zu entscheiden, hilfsweise den Kläger innerhalb einer Frist von drei Monaten zur Anhörung zu laden.

Zur Begründung ließ der Kläger vorbringen: Trotz mehrfacher Aufforderungen habe das Bundesamt bislang nicht reagiert.

Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2016 beantragte die Beklagte,

das Verfahren für einen angemessenen Zeitraum auszusetzen.

Zur Begründung brachte die Beklagte vor, dass im Hinblick auf die enorme Arbeitsbelastung des Bundesamtes selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich um einen Folgeantrag handele, dieser ein noch nicht „altes“ Verfahren darstelle.

Das Gericht übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 16. Februar 2016 dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.

II.

Das Verfahren war gemäß § 75 Satz 3 VwGO bis zu einer Entscheidung der Beklagten, angesichts der Zeitdauer des Asylverfahrens des Klägers jedoch längstens bis zum 23. Juli 2016, auszusetzen, weil ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass die Beklagte noch nicht entschieden hat.

Denn nach § 75 Satz 3 VwGO setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen wurde. Das Gericht hat im Einzelfall zu prüfen, ob ein ausreichender Grund für die Untätigkeit vorliegt. Hierbei ist auf den konkreten Fall abzustellen; alle Umstände sind abwägend zu bewerten. Dabei hat das Gericht hinsichtlich der Frage, ob die Frist angemessen ist bzw. ob ein zureichender Grund für die Verzögerung der Entscheidung vorliegt, einen gewissen Beurteilungsspielraum (vgl. etwa VG Ansbach, B. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 - juris; Kopp/Schenke, VwGO, 21. Auflage 2015, § 75 Rn. 8).

Im vorliegenden Einzelfall ist ein zureichender Grund im Sinne des § 75 Satz 3 VwGO für die Verzögerung der Entscheidung der Beklagten zu bejahen. Ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung (betreffend den Asylfolgeantrag) ist eine außergewöhnliche Belastung der Beklagten zu konstatieren, die diese wiederholt plausibel dargelegt hat. Gerade im Jahr 2015 - bis dahin waren ab Antragstellung noch keine drei Monate verstrichen - kam es zu einer exorbitanten Steigerung der Asylantragstellerzahlen. Die Beklagte hat darauf einerseits mit organisatorischen Maßnahmen und andererseits mit deutlichen Personalmehrungen reagiert, um der drastisch gestiegenen Asylbewerberzahl Rechnung zu tragen. Ergänzend ist auf die Fristen in der Verfahrensrichtlinie der Europäischen Union (Art. 31 RL 2013/32 EU) hinzuweisen, die ausgehend vom Oktober 2014 noch nicht abgelaufen sind.

Die Länge der vom Gericht gesetzten Frist von knapp sechs Monaten bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Eine Aussetzung des Verfahrens - längstens bis zum 23. Juli 2016 - erscheint unter Berücksichtigung der wechselseitigen Belange sachgerecht, um der Beklagten sowohl die Anhörung als auch die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers zu ermöglichen. Die Frist deckt sich zwar nicht mit der vom Klägerbevollmächtigten beantragten Entscheidungsfrist von drei Monaten, jedoch sind angesichts der wohl erforderlichen und vom Klägerbevollmächtigten hilfsweise beantragten Anhörung weitere knapp drei Monate als angemessen zu veranschlagen, zumal damit auch die maximale Bearbeitungsfrist von 21 Monaten gem. Art. 31 Abs. 5 RL 2013/32 EU gewahrt bleibt (vgl. auch VG Hannover, B. v. 11.1.2016 - 7 A 5037/15 - juris).

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d
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published on 19/10/2015 00:00

Tenor Das Verfahren wird bis zum 19. Februar 2016 ausgesetzt. Gründe I. Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben irakischer Staatsangehöriger, Araber und Yezide. Mit Schriftsatz vom 15. Januar 2015 beantragte
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Annotations

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.