Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Juli 2017 - W 1 S 17.50377

published on 18/07/2017 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 18. Juli 2017 - W 1 S 17.50377
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Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juni 2017 (W 1 K 17. 50376) wird hinsichtlich Ziffer 3 des Bescheides angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wurde eigenen Angaben zufolge am … 2002 geboren. Die Antragsgegnerin geht demgegenüber von der Volljährigkeit des Antragstellers aus. Der Antragsteller gibt des Weiteren an, afghanischer Staatsangehöriger zu sein und auf dem Landweg aus Afghanistan kommend über Pakistan, den Iran, die Türkei, Bulgarien, Serbien, Kroatien, Slowenien, Italien und Frankreich am 21. Mai 2017 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein, wo er am 20. Juni 2017 einen Asylantrag stellte. Auf Befragen gab der Antragsteller weiter an, dass er in Bulgarien, Slowenien und Italien Fingerabdrücke abgegeben habe; einen Asylantrag habe er nicht gestellt bzw. wisse er nichts über das Ergebnis eines Asylverfahrens, da er keine Bescheide erhalten habe.

Aus den vorgelegten Akten und darin enthaltener Eurodac-Treffer vom 26. Mai 2017 ergibt sich, dass der Antragsteller bereits am 17. November 2016 in Bulgarien und am 15. Mai 2017 einen Asylantrag in Slowenien gestellt hat. Am 23. Juni 2017 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) ein Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien aufgrund von Art. 18 Abs. 1b) der Verordnung (EU) 604/2013 – Dublin-III-VO –. Die bulgarische Dublin-Unit teilte hieraufhin mit Schreiben vom 4. Juli 2017 mit, dass Bulgarien der Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1d) Dublin-III-VO zustimme. Über das Ergebnis eines Asylverfahrens in Bulgarien wurden keine Angaben gemacht. Darüber hinaus wurde mitgeteilt, dass der Antragsteller in Bulgarien unter dem Geburtsdatum … 1997 registriert sei.

Mit Bescheid vom 24. Mai 2017 lehnte das Jugendamt der Stadt Frankfurt a.M. den Antrag des Klägers auf vorläufige Inobhutnahme nach § 42a SGB VIII ab, da zwei Fachkräfte zu dem Ergebnis gekommen seien, dass der Antragsteller nicht minderjährig sei, da widersprüchliche Angaben den Rückschluss zuließen, dass die Altersangabe nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspreche.

Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Bundesamt am 22. Juni 2017 wies der Antragsteller darauf hin, dass sein korrektes Geburtsdatum der … 2002 sei. Seine Tazkira werde ihm von seinem Onkel aus Afghanistan nach Deutschland geschickt, woraufhin vermerkt wurde, dass er die Tazkira bis zum 22 Juli 2017 vorlege.

Mit Bescheid vom 5. Juli 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die bulgarischen Behörden auf ein Übernahmeersuchen am 4. Juli 2017 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1d) Dublin-III-VO erklärt hätten. Der Asylantrag sei daher nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig; die Abschiebung nach Bulgarien sei gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG anzuordnen gewesen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor, da die derzeitigen humanitären Bedingungen in Bulgarien nicht zu der Annahme führten, dass bei der Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK drohe. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt, ebenso verhalte es sich mit einer Verletzung des Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der Antragsteller habe zwar angegeben, in Deutschland eine Tante und einen Onkel zu haben, bei denen er leben möchte. Dies sei jedoch unerheblich, da der Kläger bereits volljährig sei.

Gegen den vorgenannten Bescheid hat der Antragsteller am 11. Juli 2017 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg Klage auf Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 5. Juni 2017 erhoben (W 1 K 17.50376) und gleichzeitig im vorliegenden Verfahren beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Abschiebungsanordnung anzuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, der Antragsteller habe sein Heimatland gemeinsam mit seinem Vater verlassen, sei jedoch vor der Überfahrt mit einem Schlauchboot von der Türkei nach Griechenland von diesem getrennt worden und habe seither keinen Kontakt mehr. Der Vater habe Ausweispapiere für den Antragsteller bei sich gehabt; ein verbliebener Schülerausweis sei ihm in Bulgarien abgenommen worden. Ausweislich der mittlerweile vorgelegten Tazkira sei der Antragsteller am … 2002 geboren und damit minderjährig, weshalb auch nicht nachvollziehbar sei, weshalb das Jugendamt der Stadt Frankfurt a.M. die vorläufige Inobhutnahme abgelehnt habe. Man habe hierzu ein Widerspruchsverfahren anhängig gemacht. Bei der gegebenen Sachlage komme die vorrangige Zuständigkeitsnorm des Art. 8 Abs. 4 Dublin-III-VO zum Tragen. Nach einschlägiger EuGH-Rechtsprechung sei in einem solchen Fall der Mitgliedstaat zuständig, in dem sich der Minderjährige aufhalte, nachdem er dort einen Asylantrag gestellt habe. Aus dem streitgegenständlichen Bescheid gehe nicht hervor, auf welchen Tatsachen die Annahme der Volljährigkeit beruhe. Es sei vielmehr Aufgabe des Antragsgegners, bei Vorliegen eines Zweifelsfalls das Alter des Antragstellers festzustellen; auf Art. 20 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32 EU wurde verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der vorgelegten Behördenakte sowie auf die Akte im Verfahren W1K 17. 50376 verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Das Gericht hat im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Interessenabwägung vorzunehmen und dabei die Interessen des Antragstellers und der Antragsgegnerin sowie etwaig betroffene Interessen Dritter und der Allgemeinheit im Rahmen einer summarischen Prüfung gegeneinander abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache mit zu berücksichtigen, soweit sich diese bereits übersehen lassen (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80 Rn. 152 ff.).

Der Antrag ist begründet, da das Gericht die Erfolgsaussichten des Antragstellers im Hauptsachestreitverfahren bei der gebotenen summarischen Prüfung als überwiegend betrachtet, jedoch jedenfalls im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung vorliegend das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt, weshalb die aufschiebende Wirkung anzuordnen war.

Die streitbefangene Abschiebungsanordnung ist auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützt. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, sobald feststeht, dass diese durchgeführt werden kann.

Vorliegend hat die Antragsgegnerin die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet, während überwiegend wahrscheinlich die Antragsgegnerin aufgrund der Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Die Zuständigkeitskriterien kommen dabei gemäß Art. 7 Abs. 1 Dublin III-VO in der in dem Kapitel III genannten Rangfolge zur Anwendung. Zudem ist nach Abs. 2 der Vorschrift bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates von der Situation auszugehen, die in dem Zeitpunkt gegeben ist, in dem ein Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

Zwar ergibt sich hier grundsätzlich eine Zuständigkeit Bulgariens aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO, da der Antragsteller nach seinem eigenen Vortrag von der Türkei aus kommend illegal nach Bulgarien eingereist ist. Dort hat er zudem auch seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz gestellt, § 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Im Fall des Antragstellers kommt jedoch voraussichtlich die gegenüber Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO vorrangige Zuständigkeitsbestimmung des Art. 8 Dublin-III-VO zum Tragen.

Diese Vorschrift enthält besondere Zuständigkeitsbestimmungen für Asylanträge von unbegleiteten Minderjährigen. Nach der Begriffsdefinition in Art. 2 j) Dublin-III-VO sind als unbegleitete minderjährige Personen unter 18 Jahren zu verstehen, die ohne Begleitung eines für sie nach dem Recht oder nach den Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaates verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einreisen, solange sie sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befinden. Diese Voraussetzungen liegen nach summarischer Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor, da der Antragsteller aus seinem Heimatland eine Tazkira vorgelegt hat, die in Übereinstimmung mit seinen Angaben bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 22. Juni 2017 das Geburtsdatum „… … 2002“ ausweist. Bei der Tazkira handelt es sich um die in Afghanistan übliche Identitätskarte, wie sie dem Gericht auch aus zahlreichen anderen Verfahren bekannt ist. Auch der Antragsgegner geht ausweislich der Behördenakte davon aus, dass es sich bei dem vorgelegten Dokument um da Original-Ausweisdokument handelt, an dem überdies Manipulationen nicht festgestellt werden konnten (vgl. Blatt 108,121 der Behördenakte). Demzufolge war der Antragsteller sowohl bei seiner Antragstellung in Bulgarien als auch in Deutschland noch minderjährig. Selbst wenn man aber das zunächst im Verfahren durchgängig verwendete und später vom Antragsteller korrigierte Geburtsdatum „… 1999“ zu Grunde legt, war der Antragsteller bei seiner ersten Asylantragstellung am 17. November 2016 in Bulgarien, auf die es nach Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-Verordnung maßgeblich ankommt, noch minderjährig. Lediglich aus dem Antwortschreiben der bulgarischen Behörden vom 4. Juli 2016 ergibt sich ein noch früheres Geburtsdatum, nämlich der … 1997. Auf welcher Basis dieses Geburtsdatum in Bulgarien zustande gekommen ist, erscheint nicht nachvollziehbar und kann voraussichtlich dem Verfahren nicht zu Grunde gelegt werden; es entfaltet jedenfalls keine Bindungswirkung im vorliegenden Verfahren. Wie die Antragsgegnerin zu ihrer abweichenden Einschätzung der Volljährigkeit im streitgegenständlichen Bescheid gelangt ist, lässt sich demgegenüber in keiner Weise nachvollziehen, da der Bescheid hierfür keinerlei Begründung enthält. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Feststellung der Volljährigkeit durch das Jugendamt der Stadt Frankfurt a.M. im Bescheid vom 24. Mai 2017 stützen sollte, so erscheinen auch die dortigen Feststellungen nicht nachvollziehbar. Die dort zur Begründung erwähnten widersprüchlichen Angaben des Antragstellers lassen sich aus den vorgelegten Unterlagen über die Befragung des Antragstellers in keiner Weise nachvollziehen. Wenn sich aber – jedenfalls durch die bei der Befragung vor dem Bundesamt am 22. Juni 2017 angekündigte Tazkira mit dem Geburtsdatum … 2002 – bei der Antragsgegnerin Zweifel am Alter des Antragstellers ergeben haben müssten, so hätte es an ihr gelegen, diese Zweifel, etwa durch Veranlassung einer ärztlichen Untersuchung, aufzuklären, § 24 Abs. 1 VwVfG, Art. 25 Abs. 5 Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie). Auch erscheint es nicht nachvollziehbar, den Antragsteller im Rahmen der persönlichen Anhörung zunächst aufzufordern, die Tazkira bis zum 22. Juli 2017 vorzulegen, dann jedoch bereits am 5. Juli 2017 in der Sache zu entscheiden, ohne das Alter des Antragstellers weiter aufzuklären.

Der Antragsteller ist nach Art. 2 j) Dublin-III-VO auch ohne die Begleitung eines für ihn verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist, da der Antragsteller insoweit glaubhaft geschildert hat, dass er seinen Vater, mit dem er gemeinsam auf der Flucht gewesen ist, vor der Überfahrt von der Türkei nach Griechenland mit einem Schlauchboot bis zum heutigen Tage aus den Augen verloren hat, nachdem er es dort nicht geschafft hatte, dass Schlauchboot, in dem sich sein Vater befand, noch zu erreichen.

Handelt es sich bei dem Antragsteller entsprechend vorstehender Ausführungen um einen unbegleiteten Minderjährigen, so ergibt sich eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin zur Durchführung des Asylverfahrens wohl bereits nach Art. 8 Abs. 2 Dublin-III-VO, da sich Verwandte des Antragstellers nach Art. 2 h) Dublin-III-VO, nämlich Onkel und Tante des Antragstellers, rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten (vgl. insoweit Blatt 63,64 der Behördenakte), bei denen der Antragsteller leben möchte. Zwar ist aus den vorgelegten Akten nichts dafür ersichtlich, dass im Rahmen einer Einzelfallprüfung festgestellt worden wäre, dass die genannten Verwandten für den Antragsteller sorgen könnten, ebenso wenig ist jedoch etwas dafür ersichtlich, was gegen eine solche Annahme spräche. Jedenfalls kann nach Auffassung des Gerichts durch das Unterlassen einer derartigen Prüfung durch die mit einem Asylantrag befassten Mitgliedstaaten (Bulgarien, Deutschland) die entsprechende Vorschrift, welche dem Minderjährigenschutz dient, nicht ausgehebelt werden.

Soweit man jedoch Art. 8 Abs. 2 Dublin-III-VO nicht als anwendbar ansehen wollte, so ergäbe sich eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin wohl zumindest aus Art. 8 Abs. 4 Dublin-III-VO, wonach bei Abwesenheit eines Familienangehörigen, eines seiner Geschwister oder eines Verwandten der Mitgliedstaat zuständiger Mitgliedstaat ist, in dem der unbegleitete Minderjährige seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, sofern es dem Wohl des Minderjährigen dient. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat die Vorgängervorschrift zu Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO in einem Fall (vgl. EUGH, U.v. 6.6.2013 – C 648/11 – juris), in dem Minderjährige in mehreren Mitgliedstaaten Asylanträge gestellt hatten, dahingehend ausgelegt, dass der Mitgliedstaat zuständig ist, in dem sich der Minderjährige aufhält, nachdem er dort einen Asylantrag gestellt hat (vgl. EuGH, U.v. 6.6.2013 – C-648/11 – juris). Dieser Entscheidung liegt zentral zugrunde, dass aufgrund von Art. 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Minderjährigen, die in keinem EU-Mitgliedstaat Angehörige haben, besonderer Schutz zukommt. Dieser gebietet es, sie bei einer Asylantragstellung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union grundsätzlich nicht in einen anderen EU-Mitgliedstaat zu überstellen, weil regelmäßig der EU-Staat zuständiger Staat im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Dublin-II-VO ist, in dem er einen Asylantrag gestellt hat und sich tatsächlich aufhält, ohne dass es auf die vorherige Asylantragstellung in dem anderen EU-Staat ankommt. Diese Rechtsprechung ist auf Art. 8 Abs. 4 Dublin-III-VO als Nachfolgevorschrift zu Art. 6 Abs. 2 Dublin II-VO übertragbar, da der Minderjährigenschutz durch die Neufassung der Dublin-Verordnung keinesfalls eingeschränkt wurde.

Hiervon ausgehend obläge die Prüfung des klägerischen Asylantrags der Antragsgegnerin als dem Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller seinen Asylantrag gestellt hat und in dem er sich seither aufhält, ohne dass es hier auf die vorherige Antragstellung in Bulgarien ankommt. Denn es ist davon auszugehen, dass es dem Kindeswohl entspricht, dem Antragsteller einen raschen und effektiven Zugang zu dem Verfahren zur Gewährung des internationalen Schutzes zu gewährleisten und ihn nicht unbegleitet auf einen anderen Mitgliedstaats zu verweisen. Dies würde auch für den Fall gelten, dass der Asylantrag des Antragstellers in Bulgarien abgelehnt worden ist (vgl. EUGH, a.a.O.; Hailbronner, Ausländerrecht Bd. 3, § 29 AsylG Rn. 87), worauf die im Schreiben der bulgarischen Behörden vom 4. Juni 2017 zitierte Vorschrift des Art. 18 Abs. 1 d) Dublin-III-VO hinweist, wobei jedoch trotz Anfrage der deutschen Behörden hinsichtlich des Verfahrensausgangs keine ausdrückliche Antwort ergangen ist geschweige denn Nachweise vorgelegt wurden.

Der Zuständigkeit der Antragsgegnerin zur Prüfung des klägerischen Asylantrags stünde auch die Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch Bulgarien mit Schreiben vom 4. Juli 2017 nicht entgegen. Die Annahme eines (Wieder-) Aufnahmeersuchens verpflichtet den ersuchten Mitgliedstaat zwar gemäß Art. 18 Abs. 1 bzw. Art. 20 Abs. 5 Dublin-III-VO zur (Wieder-) Aufnahme des Asylsuchenden, führt jedoch nach dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen nicht zu einem Zuständigkeitswechsel. Die erwähnte Zustimmung Bulgariens beinhaltet schließlich auch keine zuständigkeitsbegründende Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO. (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2015 – 1 C 4/15 – juris; EuGH, a.a.O.).

Der Antragsteller hat unter Zugrundelegung vorstehender Ausführungen auch einen subjektiven Anspruch darauf, dass sein Antrag auf internationalen Schutz in Deutschland geprüft wird. Der Unionsgesetzgeber hat zur zügigen Bearbeitung von Asylanträgen in der Dublin-III-VO organisatorische Vorschriften für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats festgelegt. Diese sind individualschützend, wenn sie nicht nur die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln, sondern (auch) dem Grundrechtsschutz dienen. Ist dies der Fall, hat der Asylsuchende ein subjektives Recht auf Prüfung seines Asylantrags durch den danach zuständigen Mitgliedstaat und kann eine hiermit nicht im Einklang stehende Entscheidung des Bundesamts erfolgreich angreifen (vgl. BVerwG, U.v. 16.11.2015 – 1 C 4/15 – juris). Die Bestimmungen zur Zuständigkeit für Asylanträge von unbegleiteten Minderjährigen sind jedenfalls individualschützend in diesem Sinne, da diese im Lichte des Art. 24 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auszulegen sind, wonach bei allen Kinder betreffenden Maßnahmen öffentlicher Stellen oder privater Einrichtungen das Wohl des Kindes eine vorrangige Erwägung sein muss (vgl. EuGH, a.a.O.; BVerwG, a.a.O.)

Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt im vorliegenden Verfahren jedenfalls das Interesse des Antragstellers auf einstweilige Aussetzung der Abschiebung nach Bulgarien das öffentliche Vollzugsinteresse aufgrund der auf Seiten des Antragstellers zu berücksichtigenden hochrangigen Interessen des Kindeswohls und des Kinderschutzes, wie sie etwa in Art. 24 der EU-Grundrechte-Charta, Art. 22 des Übereinkommen der UN über die Rechte des Kindes oder Art. 6 Dublin-III-VO niedergelegt sind. Schließlich sieht Art. 25 Abs. 5 Satz 2 Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) explizit vor, dass bei nach einer ärztlichen Untersuchung fortbestehenden Zweifeln hinsichtlich des Alters eines Antragstellers die Mitgliedstaaten davon ausgehen, dass dieser noch minderjährig ist. Derartige Zweifel mussten sich anhand der angekündigten und nunmehr vorgelegten Tazkira der Antragsgegnerin aufdrängen, zumal die Antragsgegnerin keine ärztliche Untersuchung veranlasst hat.

Nach alledem war die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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published on 16/11/2015 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger, nach eigenen Angaben ein am 7. November 1993 geborener irakischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzu
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Annotations

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein ausländisches Kind oder einen ausländischen Jugendlichen vorläufig in Obhut zu nehmen, sobald dessen unbegleitete Einreise nach Deutschland festgestellt wird. Ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher ist grundsätzlich dann als unbegleitet zu betrachten, wenn die Einreise nicht in Begleitung eines Personensorgeberechtigten oder Erziehungsberechtigten erfolgt; dies gilt auch, wenn das Kind oder der Jugendliche verheiratet ist. § 42 Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 2 und 3, Absatz 5 sowie 6 gilt entsprechend.

(2) Das Jugendamt hat während der vorläufigen Inobhutnahme zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen einzuschätzen,

1.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen durch die Durchführung des Verteilungsverfahrens gefährdet würde,
2.
ob sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland aufhält,
3.
ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen eine gemeinsame Inobhutnahme mit Geschwistern oder anderen unbegleiteten ausländischen Kindern oder Jugendlichen erfordert und
4.
ob der Gesundheitszustand des Kindes oder des Jugendlichen die Durchführung des Verteilungsverfahrens innerhalb von 14 Werktagen nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme ausschließt; hierzu soll eine ärztliche Stellungnahme eingeholt werden.
Auf der Grundlage des Ergebnisses der Einschätzung nach Satz 1 entscheidet das Jugendamt über die Anmeldung des Kindes oder des Jugendlichen zur Verteilung oder den Ausschluss der Verteilung.

(3) Das Jugendamt ist während der vorläufigen Inobhutnahme berechtigt und verpflichtet, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen notwendig sind. Dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen und der mutmaßliche Wille der Personen- oder der Erziehungsberechtigten angemessen zu berücksichtigen.

(3a) Das Jugendamt hat dafür Sorge zu tragen, dass für die in Absatz 1 genannten Kinder oder Jugendlichen unverzüglich erkennungsdienstliche Maßnahmen nach § 49 Absatz 8 und 9 des Aufenthaltsgesetzes durchgeführt werden, wenn Zweifel über die Identität bestehen.

(4) Das Jugendamt hat der nach Landesrecht für die Verteilung von unbegleiteten ausländischen Kindern und Jugendlichen zuständigen Stelle die vorläufige Inobhutnahme des Kindes oder des Jugendlichen innerhalb von sieben Werktagen nach Beginn der Maßnahme zur Erfüllung der in § 42b genannten Aufgaben mitzuteilen. Zu diesem Zweck sind auch die Ergebnisse der Einschätzung nach Absatz 2 Satz 1 mitzuteilen. Die nach Landesrecht zuständige Stelle hat gegenüber dem Bundesverwaltungsamt innerhalb von drei Werktagen das Kind oder den Jugendlichen zur Verteilung anzumelden oder den Ausschluss der Verteilung anzuzeigen.

(5) Soll das Kind oder der Jugendliche im Rahmen eines Verteilungsverfahrens untergebracht werden, so umfasst die vorläufige Inobhutnahme auch die Pflicht,

1.
die Begleitung des Kindes oder des Jugendlichen und dessen Übergabe durch eine insofern geeignete Person an das für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständige Jugendamt sicherzustellen sowie
2.
dem für die Inobhutnahme nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 zuständigen Jugendamt unverzüglich die personenbezogenen Daten zu übermitteln, die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 42 erforderlich sind.
Hält sich eine mit dem Kind oder dem Jugendlichen verwandte Person im Inland oder im Ausland auf, hat das Jugendamt auf eine Zusammenführung des Kindes oder des Jugendlichen mit dieser Person hinzuwirken, wenn dies dem Kindeswohl entspricht. Das Kind oder der Jugendliche ist an der Übergabe und an der Entscheidung über die Familienzusammenführung angemessen zu beteiligen.

(6) Die vorläufige Inobhutnahme endet mit der Übergabe des Kindes oder des Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten oder an das aufgrund der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde nach § 88a Absatz 2 Satz 1 zuständige Jugendamt oder mit der Anzeige nach Absatz 4 Satz 3 über den Ausschluss des Verteilungsverfahrens nach § 42b Absatz 4.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Das Bundesamt erlässt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn

1.
der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird,
2.
dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird,
2a.
dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt wird,
3.
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes ausnahmsweise zulässig ist und
4.
der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt.
Eine Anhörung des Ausländers vor Erlass der Abschiebungsandrohung ist nicht erforderlich. Im Übrigen bleibt die Ausländerbehörde für Entscheidungen nach § 59 Absatz 1 Satz 4 und Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes zuständig.

(2) Die Abschiebungsandrohung soll mit der Entscheidung über den Asylantrag verbunden werden. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, sind die Entscheidungsformel der Abschiebungsandrohung und die Rechtsbehelfsbelehrung dem Ausländer in eine Sprache zu übersetzen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Setzt die Behörde automatische Einrichtungen zum Erlass von Verwaltungsakten ein, muss sie für den Einzelfall bedeutsame tatsächliche Angaben des Beteiligten berücksichtigen, die im automatischen Verfahren nicht ermittelt würden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.