Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 23. Juni 2008 - A 11 K 807/08

published on 23/06/2008 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 23. Juni 2008 - A 11 K 807/08
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Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13.02.2008 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf der Flüchtlingszuerkennung.
Die am ... 1936 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige aramäischer Volkszugehörigkeit. Sie reiste am 14.03.1997 in das Bundesgebiet ein. Am 01.04.1997 beantragte sie die Gewährung von Asyl.
Mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 27.10.1997 stellte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG hinsichtlich der Türkei vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf Grund des von der Klägerin geschilderten Sachverhalts, in Anbetracht ihres Alters, der Schulbildung, der Berufserfahrung sowie der Lebensumstände sei davon auszugehen, dass die Klägerin im Falle einer Rückkehr in die Türkei mit Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG zu rechnen habe.
Am 20.06.2007 leitete das Bundesamt ein Widerrufsverfahren ein. Mit Schreiben vom 05.07.2007 wurde die Klägerin zum geplanten Widerruf angehört.
Mit Schreiben vom 27.07.2007 trug die Klägerin vor, der türkische Staat, die türkischen Parteien und die Medien schürten eine Atmosphäre des Hasses gegen Christen. Gerade in den letzten 1 ½ Jahren habe die antichristliche Stimmung in der Türkei zugenommen. Außerdem gebe es immer wieder Attentate auf Christen in der Südosttürkei.
Mit Bescheid vom 13.02.2008 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen. Zur Begründung wurde ausgeführt, seit der Ausreise der Klägerin hätten sich Rechtslage und Menschenrechtssituation in der Türkei deutlich zum Positiven verändert. Die individuelle Glaubensfreiheit sei in der Praxis weitestgehend gewährleistet. Christen in der Türkei seien weder durch den türkischen Staat noch durch Dritte wegen ihrer Religionszugehörigkeit einer politischen Verfolgung ausgesetzt.
Am 29.02.2008 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die syrisch-orthodoxen Christen hätten von den in der Türkei erlassenen Reformgesetzen nicht profitiert. Die Kurdenfrage und das Problem mit den radikal islamistischen Gruppierungen im Tur Abdin seien nach wie vor nicht gelöst. Die Wiedereintragung von Eigentumsrechten an Grundstücken könne in der Praxis nicht umgesetzt werden. Es gebe nach wie vor Übergriffe auf syrisch-orthodoxe Christen im Südosten der Türkei.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 13.02.2008 aufzuheben;
10 
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweist auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörenden Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
16 
Maßgebend ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Abzustellen ist deshalb auf § 73 AsylVfG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970).
17 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind - vorbehaltlich des Satzes 3 - die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Anerkennung als Asylberechtigter oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder wenn er als Staatenloser in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG). Mit § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG wird Art. 11 Abs. 1 lit. e und f der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 in nationales Recht umgesetzt; diese Regelung entspricht inhaltlich der „Beendigungs-„ oder „Wegfall - der - Umstände - Klausel“ in Art. 1 C Nr. 5 S. 1 GFK. Mit der Formulierung „Wegfall der Umstände“ ist eine nachträgliche erhebliche und nicht nur vorübergehende Änderung der für die Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse gemeint (vgl. BVerwG, Urt. vom 01.11.2005, BVerwGE 124, 276 = NVwZ 2006, 707). Unter „Schutz“ ist ausschließlich der Schutz vor erneuter Verfolgung zu verstehen. Allgemeine Gefahren (z. B. aufgrund von Kriegen, Naturkatastrophen oder einer schlechten Wirtschaftslage) werden von § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG nicht erfasst (vgl. BVerwG, Urt. vom 01.11.2005 a.a.O.).
18 
Ein Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigter und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kommt somit nur in Betracht, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht (vgl. BVerwG, Urt. vom 01.11.2005 a.a.O. und Urteil vom 18.07.2006, BVerwGE 126, 243 = NVwZ 2006, 1420). Ändert sich im Nachhinein lediglich die Beurteilung der Verfolgungslage, so rechtfertigt dies den Widerruf nicht, selbst wenn die andere Beurteilung auf erst nachträglich bekannt gewordenen oder neuen Erkenntnismitteln beruht (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.09.2000, BVerwGE 112, 80 und Urt. v. 08.05.2003, BVerwGE 118, 174).
19 
Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen, die in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist der Zeitpunkt des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils. Nur wenn das Bundesamt die Anerkennung von sich aus ausgesprochen hat, kommt es im Widerrufsverfahren darauf an, ob sich die für die Beurteilung der Verfolgungslage maßgeblichen Verhältnisse nach Ergehen des bestandskräftigen Anerkennungsbescheids erheblich geändert haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.05.2003, BVerwGE 118, 174).
20 
Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung mittlerweile eine mittelbare Gruppenverfolgung von syrisch-orthodoxen Christen aus dem Tur Abdin verneint (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 22.02.2006 - 6 UE 2268/04.A - juris -; OVG Bremen, Urt. v. 21.02.2001 - 2 A 291/99.A - juris -; OVG Lüneburg, Urt. v. 21.06.2005 - 11 LB 256/02 - juris -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.10.2005 - A 12 S 603/05 - juris -). Hieraus kann jedoch nicht auf eine Verfolgungssicherheit geschlossen werden, zumal in diesen Entscheidungen erstmals um die Anerkennung als politischer Flüchtling gestritten wurde und nicht um den Widerruf einer seinerzeit ausgesprochenen Asylanerkennung oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Im Widerrufsverfahren ist keine generalisierende Betrachtungsweise und auch keine Erörterung einer Gruppenverfolgung geboten, maßgebend ist vielmehr die Frage, ob konkret die als politisch Verfolgte anerkannte Klägerin bei einer Rückkehr in die Türkei vor Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit hinreichend sicher ist (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 05.06.2007 - 10 A 11576/06 - juris -).
21 
Das Bundesamt hat in dem angefochtenen Widerrufsbescheid ausgeführt, die Rechtslage und die Menschenrechtssituation hätten sich deutlich zum Positiven verändert. Konkrete Bezüge auf den Fall der Klägerin in ihrer speziellen Situation enthält die Begründung des angefochtenen Widerrufsbescheids jedoch nicht. Da das Bundesamt es schon versäumt hat, die Anerkennungsgründe konkret und nachvollziehbar mit den aktuellen Verhältnissen in der Türkei zu vergleichen, fehlt bereits der für den Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erforderliche Nachweis, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht mehr vorliegen. Schon deshalb ist der Widerrufsbescheid rechtswidrig, zumal bei dieser Vorgehensweise des Bundesamts offen bleibt, ob nicht in Wirklichkeit eine unzulässige Neubewertung der Asylrelevanz der geltend gemachten Vorfluchtgründe erfolgt ist.
22 
Unabhängig davon sind entgegen der Behauptung des Bundesamts seit dem Anerkennungsbescheid vom 27.10.1997 keine Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse in der Weise eingetreten, dass Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können.
23 
Eine durch Umsturz hervorgerufene Verbesserung der politischen Verhältnisse im Sinne eines Systemwechsels - eine solche Veränderung hatte dem Gesetzgeber in erster Linie vor Augen gestanden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 a.a.O.) - ist in der Türkei unzweifelhaft nicht eingetreten.
24 
Zwar haben sich die Verhältnisse in der Türkei seit der Flüchtlingszuerkennung verändert. Im Zuge der Bemühungen, der Europäischen Union beizutreten, hat das türkische Parlament bislang acht Gesetzespakete verabschiedet (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 25.10.2007). Die Kernpunkte sind: Abschaffung der Todesstrafe, Auflösung der Staatssicherheitsgerichte, Reform des nationalen Sicherheitsrates, Zulassung von Unterricht in anderen in der Türkei gesprochenen Sprachen als türkisch, die Benutzung dieser Sprache in Rundfunk und Fernsehen, erleichterte Bestimmungen über die rechtliche Stellung von Vereinen und religiösen Stiftungen, Neuregelung zur Erschwerung von Parteiverboten, Maßnahmen zur Verhütung sowie zur erleichterten Strafverfolgung und Bestrafung von Folter.
25 
Auch wenn mit Inkrafttreten des achten Gesetzespakets am 01.06.2005 die Türkei die politischen Kopenhagener Kriterien für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen hinreichend erfüllt hat, hat der Mentalitätswandel in Verwaltung und Justiz mit dem gesetzgeberischen Tempo jedoch nicht Schritt halten können (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 11.01.2007). So sind im Hinblick auf rechtsstaatliche Strukturen und die Einhaltung von Menschenrechten nach wie vor erhebliche Defizite in der tatsächlichen Umsetzung der Reformen zu verzeichnen, zumal die Reformgesetze häufig durch später erlassene Ausführungsbestimmungen konterkariert wurden (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Minderheitenschutz und Religionsfreiheit sind nur eingeschränkt gewährleistet. In Bezug auf die Meinungsfreiheit haben die acht Gesetzespakete keine Änderungen bewirkt (vgl. Oberdiek, Gutachten vom 28.05.2007 an VG Magdeburg). Ein allgemeiner gesellschaftlicher Bewusstseinswandel und eine praktische Umsetzung der Reformen in der Türkei ist noch nicht in einer Weise erfolgt, die es rechtfertigen könnte, von einer nachhaltigen Verbesserung der Menschenrechtslage - auch im Hinblick auf das Verhalten der Sicherheitsorgane - auszugehen. Dies führt dazu, dass die Menschenrechtspraxis nach wie vor hinter den rechtlichen Rahmenbedingungen zurückbleibt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 25.10.2007). Die bisherigen Schwierigkeiten, mit denen nichtmuslimische Glaubensgemeinschaften in der Türkei konfrontiert waren und sind, bestehen unverändert fort (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 25.10.2007; EU-Fortschrittsbericht vom 06.11.2007).
26 
Soweit in dem angefochtenen Widerrufsbescheid unter Bezugnahme auf die Lageberichte des Auswärtigen Amtes ausgeführt wird, die Lage in der Region Tur Abdin habe sich weitgehend normalisiert und Übergriffe gegen Aramäer kämen nicht mehr vor, übersieht das Bundesamt, dass die Deutsche Botschaft in Ankara durch die Art und Weise der Beschaffung ihrer Erkenntnisse diesbezüglich kein realistisches Bild der dortigen Realität vermittelt bekommt (vgl. instruktiv hierzu Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Tatsache ist vielmehr, dass sich die Situation für syrisch-orthodoxe Glaubensangehörige im Südosten der Türkei nicht entspannt und stabilisiert hat. Nach wie vor wird von Übergriffen von im Tur Abdin lebenden Kurden gegenüber syrisch-orthodoxen Christen berichtet:
27 
Am 06.06.2005 wurde auf eine dreiköpfige Delegation syrisch-orthodoxer Christen, bestehend aus dem syrisch-orthodoxen Dekan Gök, dem Bürgermeister von Harabale und einem deutschen Geschäftsmann, ein Bombenanschlag verübt. Die drei Personen waren mit dem Fahrzeug unterwegs, um Grundeigentum von Christen in ein Katasteramt eintragen zu lassen (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker vom 09.06.2005). Laut Auskunft des Dekans Gök hat es sich um einen gezielten Anschlag auf seine Person sowie auf den Muhtar gehandelt, um eine Registrierung der Grundstücke zu verhindern und dadurch die Rückkehr von Christen in ihre Dörfer zu erschweren oder gar zu verhindern (vgl. Bundesamt, Erkenntnisse - Türkei vom August 2005).
28 
Am 10.02.2006 wurden vor dem Hintergrund zahlreicher Proteste gegen die in Dänemark publizierten Mohammed Karikaturen in Diyarbakir der Priester Yusuf Akbulut und in Adiyaman der Mönch Melki Ürek von Muslimen mit dem Tod bedroht (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
29 
Am 01.06.2006 wurde ein syrisch-orthodoxer Christ von vier maskierten Personen vor seinem Haus in Midyat angegriffen und schwer verletzt; am 10.08.2006 wurde ein mit Sprengstoff beladener Esel in das aramäische Dorf Arkah/Harabale getrieben und der Sprengstoff dann ferngezündet mit dem Ziel, die syrisch-orthodoxen Christen von einer Rückkehr in die Heimat abzuhalten (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart; Eastern Star News Agency vom 05.09.2006, abgedruckt in: http://www.nordirak-turabdin.info/cms/index.php?option=com_content&task= view&id=291).
30 
Am 28.08.2006 griffen 20 Kurden eines mächtigen kurdischen Agha, der mit dem türkischen Staat zusammenarbeitet, die syrisch-orthodoxen Christen Isa Dogan und Yusuf Ay, die sich wegen eines Trauerfalles in der Türkei aufhielten, in der Stadt Midyat an und verletzten diese schwer; am selben Tag bedrohte der Agha den christlichen Bürgermeister des Dorfes Hah (Anitli), ihn und die zwei Opfer zu töten, falls sie ihn anzeigen würden (vgl. Eastern Star News Agency vom 05.09.2006 aaO; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
31 
Am 30.08.2006 warfen Unbekannte eine Handgranate auf das Haus der syrisch-orthodoxen Familie S. in Midyat; diese Familie hielt sich gerade zu Besuch in der Türkei auf (vgl. Ersuchen der beiden Erzbischöfe des Tur Abdin an den türkischen Menschenrechtsbeauftragten vom 12.09.2006, abgedruckt in: http://www.nordirak-turabdin.info/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=305).
32 
Am 02.09.2006 werden in Midyat zwei syrisch-orthodoxe Christen auf offener Straße von kurdischen Dorfschützern überfallen und misshandelt (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
33 
Am 28.09.2006 wurde der Aramäer Ibrahim Aslan auf offener Straße in Midyat von einem Kurden der mächtigen Agha-Familie niedergeschlagen und verletzt, ohne dass vorher irgend ein Wort zwischen beiden gewechselt wurde; hierdurch sollten die christlichen Aramäer in Angst und Schrecken versetzt werden (vgl. Presseerklärung der Föderation der Aramäer vom 04.10.2006, abgedruckt in: http://www.aga-online.org/downloads/de/document/FASD_Presseerklaerung.pdf).
34 
Am 17.03.2007 wurde auf den Hof des Kirchenratsvorsitzenden Yusuf Türker von Midyat eine Bombe geworfen, die jedoch nicht explodiert ist (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker vom 20.03.2007). Schließlich wurde am 28.11.2007 der Abt des syrisch-orthodoxen Klosters St. Jakob, Daniel Savci, auf dem Weg von Midyat nach Salah von einer unbekannten bewaffneten Gruppe angehalten und entführt (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
35 
Darüber hinaus werden die im Tur Abdin verbliebenen syrisch-orthodoxen Christen nach wie vor von Einzelpersonen oder Personengruppen systematisch erpresst und ihre wirtschaftlichen Existenzgrundlagen werden durch die regelmäßige Abholzung/ Abfackelung/ Brandrodung ihrer Acker- und Weideflächen sowie ihrer Weinberge zerstört; da diese Zerstörungen auch durch Vertreter des Staates erfolgen, kann strafrechtlicher Schutz seitens des Staates nicht erwartet werden (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Außerdem wird von Übergriffen auf syrisch-orthodoxe Mädchen beim Schulbesuch berichtet, die zum Ziel haben, hierdurch Druck auf die verbliebenen Christen zum Verlassen ihrer Heimat auszuüben (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Schließlich gibt es nach wie vor Probleme bei der Katastrierung von Liegenschaften und ihrer Eintragung in die Grundbücher, Probleme im Hinblick auf die Namensgebung sowie Probleme im Hinblick auf die Befreiung vom islamisch-sunnitischen Religionsunterricht (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
36 
Zwar gab es vor einigen Jahren verschiedene Rückkehrprojekte von syrisch-orthodoxen Christen mit dem Ziel, verlassene Dörfer wieder neu zu errichten; auch wurden beispielsweise in Kafro bereits mehrere Häuser neu errichtet (vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 28.06.2004 an OVG Lüneburg; ai, Stellungnahme vom 24.06.2004 an OVG Lüneburg). Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass diese syrisch-orthodoxen Christen aus Europa die Situation in der Türkei nicht mehr als bedrohlich empfinden und von einer hinreichenden Sicherheit ausgehen. Denn zum einen verbringen sie im Wesentlichen nur ihren Sommerurlaub in ihren neuen Häusern (vgl. Okolisan, Reisebericht Tur Abdin 2006; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Zum anderen behalten die zeitweiligen Rückkehrer wohlweislich ihre in den europäischen Staaten erworbene Staatsangehörigkeit bei, so dass sie die Türkei auch jederzeit wieder verlassen können. Die Rückkehrer haben sich auf Zusagen türkischer Behördenvertreter verlassen, die vor dem Hintergrund der Hoffnung des türkischen Staates, durch Wohlverhalten eine positive Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei sicherzustellen, abgeben wurden; sämtliche Zusagen wurden jedoch nicht eingehalten (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Der Umstand, dass syrisch-orthodoxe Christen Besuchsreisen in ihre ursprünglichen Heimatdörfer machen, ist ein Zeichen ihrer Sehnsucht nach ihrer Heimat, keineswegs aber ein Indiz für eine stabile Sicherheitslage für die religiöse Minderheit in der Südosttürkei (vgl. Oberkampf, Der Tur Abdin zwischen Aufbruch, Unsicherheit und Angst, Reisebericht vom September 2006).
37 
Die gegenwärtige Sicherheitslage der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin kann nur als sehr instabil und brüchig bezeichnet werden (vgl. Oberkampf vom 31.10.2006, abgedruckt in: http://www.nordirak-turabdin.info/cms/index.php?option= com_content&task=view&id=297Iter). Die von kurdischen Stämmen rekrutierten staatstreuen Dorfschützer haben nach der Vertreibung der Yeziden und syrisch-orthodoxen Christen deren Dörfer und Siedlungen mit Einverständnis der Gouverneure, Landräte und Militärkommandanten des türkischen Staates besetzt. Diese haben im Einklang mit den staatstreuen kurdischen Stammesführern und Großgrundbesitzern kein Interesse an einer Rückkehr der Yeziden und Christen und damit an einer Wiederinbesitznahme der landwirtschaftlichen Flächen durch die Rückkehrer (vgl. IMK-Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 242-243 vom 28.05.2005). Die muslimischen Kurden aus dem Gebiet Tur Abdin versuchen nach wie vor, die verbliebenen Aramäer im Südosten der Türkei einzuschüchtern und zu vertreiben, um sich ihre Dörfer und die dazugehörenden landwirtschaftlichen Nutzflächen anzueignen (vgl. Eastern Star News Agency vom 05.09.2006 aaO; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Der türkische Staat ist weder willens noch in der Lage, Schutz hiergegen zu gewähren (vgl. Oehring, a.a.O.).
38 
Seit dem Jahr 2005 hat die antichristliche Stimmung in der ganzen Türkei zugenommen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 29.05.2006; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Christen werden in der Öffentlichkeit als potentielle Kriminelle, Separatisten und Landesverräter dargestellt, sodass vereinzelt bereits von einer Hexenjagd gesprochen wird (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Zur aktuellen Situation - Oktober 2007). Im Zuge dieser nationalistischen und christenfeindlichen Stimmung in der gesamten Türkei kam es bereits zu zahlreichen gewaltsamen Übergriffen einschließlich Morde an Mitgliedern der christlichen Minderheit (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Zur aktuellen Situation - Oktober 2007; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart; http://www.missio-aachen.de/menschen-kulturen/laender/asien/tuerkei/angriffe2006.asp). Nach dem Mord an dem Journalisten Dink am 19.01.2007 hat sich die Sicherheitssituation der christlichen Minderheit in der Türkei aufgrund der nationalistischen Welle weiter erheblich verschlechtert (NZZ vom 28.02.2007). Der türkische Premier Erdogan sprach insoweit am 27.01.2007 vom „Tiefen Staat“ (vgl. http://www.wikipedia.org/wiki/Tiefer_Staat). Damit gab der türkische Ministerpräsident selbst zu erkennen, dass die türkischen Behörden aufgrund der nationalistischen Welle, die tief bis in die Strukturen der Polizei und sonstigen Sicherheitsbehörden hineinreicht, keinen wirksamen Schutz gegen nichtstaatliche Verfolger gewähren können (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Auch die oben aufgeführten Anschläge gegen syrisch-orthodoxe Christen werden dem „Tiefen Staat“ zugeschrieben (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker vom 20.03.2007).
39 
Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich die Situation in absehbarer Zeit wieder verbessert und derart stabilisiert, dass die zu verlangende Sicherheit nunmehr gegeben ist. Dem steht zum einen entgegen, dass die Reformbemühungen in der Türkei in letzter Zeit zum Stillstand gekommen sind. Hiergegen spricht auch das deutliche Erstarken des Nationalismus wie auch des Islamismus in der Türkei. Schließlich verstärken die Rückkehrprojekte von syrisch-orthodoxen Christen die Angst und die Abwehrhaltung der muslimischen Bevölkerungsteile, da diese den Verlust von Land und anderen Wirtschaftsgütern fürchten müssen. Nach allem kann von einer hinreichenden Sicherheit vor erneuten Verfolgungsmaßnahmen bei einer Rückkehr in den Südosten der Türkei keine Rede sein.
40 
Die Klägerin kann auch nicht auf eine inländische Fluchtalternative im Westen der Türkei, insbesondere in Istanbul, verwiesen werden. Die mittlerweile 72 Jahre alte Klägerin besitzt keine Berufsausbildung und spricht ausschließlich aramäisch. Verwandte in der Westtürkei hat die Klägerin nicht. Da ihr in der Westtürkei nur ein Leben unterhalb des Existenzminimums möglich wäre, kann in ihrem Fall eine Existenzmöglichkeit in Istanbul oder in den übrigen Gebieten der Türkei nicht angenommen werden. Gegenteiliges wird von der Beklagten weder behauptet noch im angefochtenen Bescheid dargelegt. Von der Klägerin kann somit vernünftigerweise nicht erwartet werden, dass sie sich im Westteil der Türkei, insbesondere in Istanbul aufhält (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29.04.2004). Die in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG verwendete Formulierung „vernünftigerweise erwartet werden kann“ verbindet objektive, vernunftbezogene Aspekte mit dem subjektiv angefüllten Kriterium der Erwartung, das auch die individuellen Fähigkeiten und Gegebenheiten des Flüchtlings umfasst (vgl. Lehmann, NVwZ 2007, 508). Hinzu kommt, dass sich die Lage der Christen in der Westtürkei im Vergleich zu den 70er und 80er Jahren aufgrund des in der Türkei aufgekommenen Kampfes gegen missionarische Aktivitäten deutlich verschlechtert hat (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Von einem internen Schutz kann somit nicht ausgegangen werden.
41 
Nach allem ist noch keine dauerhafte Veränderung der Lage in der Türkei eingetreten, so dass die Voraussetzungen für die seinerzeit erfolgte Flüchtlingszuerkennung nicht weggefallen sind.
42 
Damit ist für den angefochtenen Widerrufsbescheid des Bundesamtes kein Raum.
43 
Auch Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes vom 13.02.2008 ist aufzuheben. Durch die Aufhebung der Widerrufsentscheidung wird die negative Feststellung des Bundesamts zu § 60 AufenthG angesichts des Eventualverhältnisses gegenstandslos, so dass auch dieser Teil der Aufhebung unterliegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997, BVerwGE 104, 260 und Urt. v. 26.06.2002, NVwZ 2003, 356).
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.

Gründe

 
15 
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
16 
Maßgebend ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Abzustellen ist deshalb auf § 73 AsylVfG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970).
17 
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG sind - vorbehaltlich des Satzes 3 - die Anerkennung als Asylberechtigter und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer nach Wegfall der Umstände, die zur Anerkennung als Asylberechtigter oder zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft geführt haben, es nicht mehr ablehnen kann, den Schutz des Staates in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder wenn er als Staatenloser in der Lage ist, in das Land zurückzukehren, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG). Mit § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG wird Art. 11 Abs. 1 lit. e und f der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 in nationales Recht umgesetzt; diese Regelung entspricht inhaltlich der „Beendigungs-„ oder „Wegfall - der - Umstände - Klausel“ in Art. 1 C Nr. 5 S. 1 GFK. Mit der Formulierung „Wegfall der Umstände“ ist eine nachträgliche erhebliche und nicht nur vorübergehende Änderung der für die Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse gemeint (vgl. BVerwG, Urt. vom 01.11.2005, BVerwGE 124, 276 = NVwZ 2006, 707). Unter „Schutz“ ist ausschließlich der Schutz vor erneuter Verfolgung zu verstehen. Allgemeine Gefahren (z. B. aufgrund von Kriegen, Naturkatastrophen oder einer schlechten Wirtschaftslage) werden von § 73 Abs. 1 Satz 2 AsylVfG nicht erfasst (vgl. BVerwG, Urt. vom 01.11.2005 a.a.O.).
18 
Ein Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigter und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kommt somit nur in Betracht, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht (vgl. BVerwG, Urt. vom 01.11.2005 a.a.O. und Urteil vom 18.07.2006, BVerwGE 126, 243 = NVwZ 2006, 1420). Ändert sich im Nachhinein lediglich die Beurteilung der Verfolgungslage, so rechtfertigt dies den Widerruf nicht, selbst wenn die andere Beurteilung auf erst nachträglich bekannt gewordenen oder neuen Erkenntnismitteln beruht (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.09.2000, BVerwGE 112, 80 und Urt. v. 08.05.2003, BVerwGE 118, 174).
19 
Maßgeblich für die Prüfung der Voraussetzungen des Widerrufs von Asyl- und Flüchtlingsanerkennungen, die in Erfüllung eines rechtskräftigen Verpflichtungsurteils ergangen sind, ist der Zeitpunkt des rechtskräftig gewordenen Verpflichtungsurteils. Nur wenn das Bundesamt die Anerkennung von sich aus ausgesprochen hat, kommt es im Widerrufsverfahren darauf an, ob sich die für die Beurteilung der Verfolgungslage maßgeblichen Verhältnisse nach Ergehen des bestandskräftigen Anerkennungsbescheids erheblich geändert haben (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.05.2003, BVerwGE 118, 174).
20 
Zwar wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung mittlerweile eine mittelbare Gruppenverfolgung von syrisch-orthodoxen Christen aus dem Tur Abdin verneint (vgl. VGH Kassel, Urt. v. 22.02.2006 - 6 UE 2268/04.A - juris -; OVG Bremen, Urt. v. 21.02.2001 - 2 A 291/99.A - juris -; OVG Lüneburg, Urt. v. 21.06.2005 - 11 LB 256/02 - juris -; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.10.2005 - A 12 S 603/05 - juris -). Hieraus kann jedoch nicht auf eine Verfolgungssicherheit geschlossen werden, zumal in diesen Entscheidungen erstmals um die Anerkennung als politischer Flüchtling gestritten wurde und nicht um den Widerruf einer seinerzeit ausgesprochenen Asylanerkennung oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Im Widerrufsverfahren ist keine generalisierende Betrachtungsweise und auch keine Erörterung einer Gruppenverfolgung geboten, maßgebend ist vielmehr die Frage, ob konkret die als politisch Verfolgte anerkannte Klägerin bei einer Rückkehr in die Türkei vor Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit hinreichend sicher ist (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 05.06.2007 - 10 A 11576/06 - juris -).
21 
Das Bundesamt hat in dem angefochtenen Widerrufsbescheid ausgeführt, die Rechtslage und die Menschenrechtssituation hätten sich deutlich zum Positiven verändert. Konkrete Bezüge auf den Fall der Klägerin in ihrer speziellen Situation enthält die Begründung des angefochtenen Widerrufsbescheids jedoch nicht. Da das Bundesamt es schon versäumt hat, die Anerkennungsgründe konkret und nachvollziehbar mit den aktuellen Verhältnissen in der Türkei zu vergleichen, fehlt bereits der für den Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erforderliche Nachweis, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht mehr vorliegen. Schon deshalb ist der Widerrufsbescheid rechtswidrig, zumal bei dieser Vorgehensweise des Bundesamts offen bleibt, ob nicht in Wirklichkeit eine unzulässige Neubewertung der Asylrelevanz der geltend gemachten Vorfluchtgründe erfolgt ist.
22 
Unabhängig davon sind entgegen der Behauptung des Bundesamts seit dem Anerkennungsbescheid vom 27.10.1997 keine Änderungen der maßgeblichen Verhältnisse in der Weise eingetreten, dass Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können.
23 
Eine durch Umsturz hervorgerufene Verbesserung der politischen Verhältnisse im Sinne eines Systemwechsels - eine solche Veränderung hatte dem Gesetzgeber in erster Linie vor Augen gestanden (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 a.a.O.) - ist in der Türkei unzweifelhaft nicht eingetreten.
24 
Zwar haben sich die Verhältnisse in der Türkei seit der Flüchtlingszuerkennung verändert. Im Zuge der Bemühungen, der Europäischen Union beizutreten, hat das türkische Parlament bislang acht Gesetzespakete verabschiedet (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 25.10.2007). Die Kernpunkte sind: Abschaffung der Todesstrafe, Auflösung der Staatssicherheitsgerichte, Reform des nationalen Sicherheitsrates, Zulassung von Unterricht in anderen in der Türkei gesprochenen Sprachen als türkisch, die Benutzung dieser Sprache in Rundfunk und Fernsehen, erleichterte Bestimmungen über die rechtliche Stellung von Vereinen und religiösen Stiftungen, Neuregelung zur Erschwerung von Parteiverboten, Maßnahmen zur Verhütung sowie zur erleichterten Strafverfolgung und Bestrafung von Folter.
25 
Auch wenn mit Inkrafttreten des achten Gesetzespakets am 01.06.2005 die Türkei die politischen Kopenhagener Kriterien für die Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen hinreichend erfüllt hat, hat der Mentalitätswandel in Verwaltung und Justiz mit dem gesetzgeberischen Tempo jedoch nicht Schritt halten können (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 11.01.2007). So sind im Hinblick auf rechtsstaatliche Strukturen und die Einhaltung von Menschenrechten nach wie vor erhebliche Defizite in der tatsächlichen Umsetzung der Reformen zu verzeichnen, zumal die Reformgesetze häufig durch später erlassene Ausführungsbestimmungen konterkariert wurden (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Minderheitenschutz und Religionsfreiheit sind nur eingeschränkt gewährleistet. In Bezug auf die Meinungsfreiheit haben die acht Gesetzespakete keine Änderungen bewirkt (vgl. Oberdiek, Gutachten vom 28.05.2007 an VG Magdeburg). Ein allgemeiner gesellschaftlicher Bewusstseinswandel und eine praktische Umsetzung der Reformen in der Türkei ist noch nicht in einer Weise erfolgt, die es rechtfertigen könnte, von einer nachhaltigen Verbesserung der Menschenrechtslage - auch im Hinblick auf das Verhalten der Sicherheitsorgane - auszugehen. Dies führt dazu, dass die Menschenrechtspraxis nach wie vor hinter den rechtlichen Rahmenbedingungen zurückbleibt (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 25.10.2007). Die bisherigen Schwierigkeiten, mit denen nichtmuslimische Glaubensgemeinschaften in der Türkei konfrontiert waren und sind, bestehen unverändert fort (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 25.10.2007; EU-Fortschrittsbericht vom 06.11.2007).
26 
Soweit in dem angefochtenen Widerrufsbescheid unter Bezugnahme auf die Lageberichte des Auswärtigen Amtes ausgeführt wird, die Lage in der Region Tur Abdin habe sich weitgehend normalisiert und Übergriffe gegen Aramäer kämen nicht mehr vor, übersieht das Bundesamt, dass die Deutsche Botschaft in Ankara durch die Art und Weise der Beschaffung ihrer Erkenntnisse diesbezüglich kein realistisches Bild der dortigen Realität vermittelt bekommt (vgl. instruktiv hierzu Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Tatsache ist vielmehr, dass sich die Situation für syrisch-orthodoxe Glaubensangehörige im Südosten der Türkei nicht entspannt und stabilisiert hat. Nach wie vor wird von Übergriffen von im Tur Abdin lebenden Kurden gegenüber syrisch-orthodoxen Christen berichtet:
27 
Am 06.06.2005 wurde auf eine dreiköpfige Delegation syrisch-orthodoxer Christen, bestehend aus dem syrisch-orthodoxen Dekan Gök, dem Bürgermeister von Harabale und einem deutschen Geschäftsmann, ein Bombenanschlag verübt. Die drei Personen waren mit dem Fahrzeug unterwegs, um Grundeigentum von Christen in ein Katasteramt eintragen zu lassen (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker vom 09.06.2005). Laut Auskunft des Dekans Gök hat es sich um einen gezielten Anschlag auf seine Person sowie auf den Muhtar gehandelt, um eine Registrierung der Grundstücke zu verhindern und dadurch die Rückkehr von Christen in ihre Dörfer zu erschweren oder gar zu verhindern (vgl. Bundesamt, Erkenntnisse - Türkei vom August 2005).
28 
Am 10.02.2006 wurden vor dem Hintergrund zahlreicher Proteste gegen die in Dänemark publizierten Mohammed Karikaturen in Diyarbakir der Priester Yusuf Akbulut und in Adiyaman der Mönch Melki Ürek von Muslimen mit dem Tod bedroht (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
29 
Am 01.06.2006 wurde ein syrisch-orthodoxer Christ von vier maskierten Personen vor seinem Haus in Midyat angegriffen und schwer verletzt; am 10.08.2006 wurde ein mit Sprengstoff beladener Esel in das aramäische Dorf Arkah/Harabale getrieben und der Sprengstoff dann ferngezündet mit dem Ziel, die syrisch-orthodoxen Christen von einer Rückkehr in die Heimat abzuhalten (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart; Eastern Star News Agency vom 05.09.2006, abgedruckt in: http://www.nordirak-turabdin.info/cms/index.php?option=com_content&task= view&id=291).
30 
Am 28.08.2006 griffen 20 Kurden eines mächtigen kurdischen Agha, der mit dem türkischen Staat zusammenarbeitet, die syrisch-orthodoxen Christen Isa Dogan und Yusuf Ay, die sich wegen eines Trauerfalles in der Türkei aufhielten, in der Stadt Midyat an und verletzten diese schwer; am selben Tag bedrohte der Agha den christlichen Bürgermeister des Dorfes Hah (Anitli), ihn und die zwei Opfer zu töten, falls sie ihn anzeigen würden (vgl. Eastern Star News Agency vom 05.09.2006 aaO; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
31 
Am 30.08.2006 warfen Unbekannte eine Handgranate auf das Haus der syrisch-orthodoxen Familie S. in Midyat; diese Familie hielt sich gerade zu Besuch in der Türkei auf (vgl. Ersuchen der beiden Erzbischöfe des Tur Abdin an den türkischen Menschenrechtsbeauftragten vom 12.09.2006, abgedruckt in: http://www.nordirak-turabdin.info/cms/index.php?option=com_content&task=view&id=305).
32 
Am 02.09.2006 werden in Midyat zwei syrisch-orthodoxe Christen auf offener Straße von kurdischen Dorfschützern überfallen und misshandelt (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
33 
Am 28.09.2006 wurde der Aramäer Ibrahim Aslan auf offener Straße in Midyat von einem Kurden der mächtigen Agha-Familie niedergeschlagen und verletzt, ohne dass vorher irgend ein Wort zwischen beiden gewechselt wurde; hierdurch sollten die christlichen Aramäer in Angst und Schrecken versetzt werden (vgl. Presseerklärung der Föderation der Aramäer vom 04.10.2006, abgedruckt in: http://www.aga-online.org/downloads/de/document/FASD_Presseerklaerung.pdf).
34 
Am 17.03.2007 wurde auf den Hof des Kirchenratsvorsitzenden Yusuf Türker von Midyat eine Bombe geworfen, die jedoch nicht explodiert ist (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker vom 20.03.2007). Schließlich wurde am 28.11.2007 der Abt des syrisch-orthodoxen Klosters St. Jakob, Daniel Savci, auf dem Weg von Midyat nach Salah von einer unbekannten bewaffneten Gruppe angehalten und entführt (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
35 
Darüber hinaus werden die im Tur Abdin verbliebenen syrisch-orthodoxen Christen nach wie vor von Einzelpersonen oder Personengruppen systematisch erpresst und ihre wirtschaftlichen Existenzgrundlagen werden durch die regelmäßige Abholzung/ Abfackelung/ Brandrodung ihrer Acker- und Weideflächen sowie ihrer Weinberge zerstört; da diese Zerstörungen auch durch Vertreter des Staates erfolgen, kann strafrechtlicher Schutz seitens des Staates nicht erwartet werden (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Außerdem wird von Übergriffen auf syrisch-orthodoxe Mädchen beim Schulbesuch berichtet, die zum Ziel haben, hierdurch Druck auf die verbliebenen Christen zum Verlassen ihrer Heimat auszuüben (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Schließlich gibt es nach wie vor Probleme bei der Katastrierung von Liegenschaften und ihrer Eintragung in die Grundbücher, Probleme im Hinblick auf die Namensgebung sowie Probleme im Hinblick auf die Befreiung vom islamisch-sunnitischen Religionsunterricht (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart).
36 
Zwar gab es vor einigen Jahren verschiedene Rückkehrprojekte von syrisch-orthodoxen Christen mit dem Ziel, verlassene Dörfer wieder neu zu errichten; auch wurden beispielsweise in Kafro bereits mehrere Häuser neu errichtet (vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme vom 28.06.2004 an OVG Lüneburg; ai, Stellungnahme vom 24.06.2004 an OVG Lüneburg). Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass diese syrisch-orthodoxen Christen aus Europa die Situation in der Türkei nicht mehr als bedrohlich empfinden und von einer hinreichenden Sicherheit ausgehen. Denn zum einen verbringen sie im Wesentlichen nur ihren Sommerurlaub in ihren neuen Häusern (vgl. Okolisan, Reisebericht Tur Abdin 2006; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Zum anderen behalten die zeitweiligen Rückkehrer wohlweislich ihre in den europäischen Staaten erworbene Staatsangehörigkeit bei, so dass sie die Türkei auch jederzeit wieder verlassen können. Die Rückkehrer haben sich auf Zusagen türkischer Behördenvertreter verlassen, die vor dem Hintergrund der Hoffnung des türkischen Staates, durch Wohlverhalten eine positive Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei sicherzustellen, abgeben wurden; sämtliche Zusagen wurden jedoch nicht eingehalten (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Der Umstand, dass syrisch-orthodoxe Christen Besuchsreisen in ihre ursprünglichen Heimatdörfer machen, ist ein Zeichen ihrer Sehnsucht nach ihrer Heimat, keineswegs aber ein Indiz für eine stabile Sicherheitslage für die religiöse Minderheit in der Südosttürkei (vgl. Oberkampf, Der Tur Abdin zwischen Aufbruch, Unsicherheit und Angst, Reisebericht vom September 2006).
37 
Die gegenwärtige Sicherheitslage der syrisch-orthodoxen Christen im Tur Abdin kann nur als sehr instabil und brüchig bezeichnet werden (vgl. Oberkampf vom 31.10.2006, abgedruckt in: http://www.nordirak-turabdin.info/cms/index.php?option= com_content&task=view&id=297Iter). Die von kurdischen Stämmen rekrutierten staatstreuen Dorfschützer haben nach der Vertreibung der Yeziden und syrisch-orthodoxen Christen deren Dörfer und Siedlungen mit Einverständnis der Gouverneure, Landräte und Militärkommandanten des türkischen Staates besetzt. Diese haben im Einklang mit den staatstreuen kurdischen Stammesführern und Großgrundbesitzern kein Interesse an einer Rückkehr der Yeziden und Christen und damit an einer Wiederinbesitznahme der landwirtschaftlichen Flächen durch die Rückkehrer (vgl. IMK-Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 242-243 vom 28.05.2005). Die muslimischen Kurden aus dem Gebiet Tur Abdin versuchen nach wie vor, die verbliebenen Aramäer im Südosten der Türkei einzuschüchtern und zu vertreiben, um sich ihre Dörfer und die dazugehörenden landwirtschaftlichen Nutzflächen anzueignen (vgl. Eastern Star News Agency vom 05.09.2006 aaO; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Der türkische Staat ist weder willens noch in der Lage, Schutz hiergegen zu gewähren (vgl. Oehring, a.a.O.).
38 
Seit dem Jahr 2005 hat die antichristliche Stimmung in der ganzen Türkei zugenommen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe vom 29.05.2006; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Christen werden in der Öffentlichkeit als potentielle Kriminelle, Separatisten und Landesverräter dargestellt, sodass vereinzelt bereits von einer Hexenjagd gesprochen wird (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Zur aktuellen Situation - Oktober 2007). Im Zuge dieser nationalistischen und christenfeindlichen Stimmung in der gesamten Türkei kam es bereits zu zahlreichen gewaltsamen Übergriffen einschließlich Morde an Mitgliedern der christlichen Minderheit (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Zur aktuellen Situation - Oktober 2007; Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart; http://www.missio-aachen.de/menschen-kulturen/laender/asien/tuerkei/angriffe2006.asp). Nach dem Mord an dem Journalisten Dink am 19.01.2007 hat sich die Sicherheitssituation der christlichen Minderheit in der Türkei aufgrund der nationalistischen Welle weiter erheblich verschlechtert (NZZ vom 28.02.2007). Der türkische Premier Erdogan sprach insoweit am 27.01.2007 vom „Tiefen Staat“ (vgl. http://www.wikipedia.org/wiki/Tiefer_Staat). Damit gab der türkische Ministerpräsident selbst zu erkennen, dass die türkischen Behörden aufgrund der nationalistischen Welle, die tief bis in die Strukturen der Polizei und sonstigen Sicherheitsbehörden hineinreicht, keinen wirksamen Schutz gegen nichtstaatliche Verfolger gewähren können (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Auch die oben aufgeführten Anschläge gegen syrisch-orthodoxe Christen werden dem „Tiefen Staat“ zugeschrieben (vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker vom 20.03.2007).
39 
Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich die Situation in absehbarer Zeit wieder verbessert und derart stabilisiert, dass die zu verlangende Sicherheit nunmehr gegeben ist. Dem steht zum einen entgegen, dass die Reformbemühungen in der Türkei in letzter Zeit zum Stillstand gekommen sind. Hiergegen spricht auch das deutliche Erstarken des Nationalismus wie auch des Islamismus in der Türkei. Schließlich verstärken die Rückkehrprojekte von syrisch-orthodoxen Christen die Angst und die Abwehrhaltung der muslimischen Bevölkerungsteile, da diese den Verlust von Land und anderen Wirtschaftsgütern fürchten müssen. Nach allem kann von einer hinreichenden Sicherheit vor erneuten Verfolgungsmaßnahmen bei einer Rückkehr in den Südosten der Türkei keine Rede sein.
40 
Die Klägerin kann auch nicht auf eine inländische Fluchtalternative im Westen der Türkei, insbesondere in Istanbul, verwiesen werden. Die mittlerweile 72 Jahre alte Klägerin besitzt keine Berufsausbildung und spricht ausschließlich aramäisch. Verwandte in der Westtürkei hat die Klägerin nicht. Da ihr in der Westtürkei nur ein Leben unterhalb des Existenzminimums möglich wäre, kann in ihrem Fall eine Existenzmöglichkeit in Istanbul oder in den übrigen Gebieten der Türkei nicht angenommen werden. Gegenteiliges wird von der Beklagten weder behauptet noch im angefochtenen Bescheid dargelegt. Von der Klägerin kann somit vernünftigerweise nicht erwartet werden, dass sie sich im Westteil der Türkei, insbesondere in Istanbul aufhält (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29.04.2004). Die in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG verwendete Formulierung „vernünftigerweise erwartet werden kann“ verbindet objektive, vernunftbezogene Aspekte mit dem subjektiv angefüllten Kriterium der Erwartung, das auch die individuellen Fähigkeiten und Gegebenheiten des Flüchtlings umfasst (vgl. Lehmann, NVwZ 2007, 508). Hinzu kommt, dass sich die Lage der Christen in der Westtürkei im Vergleich zu den 70er und 80er Jahren aufgrund des in der Türkei aufgekommenen Kampfes gegen missionarische Aktivitäten deutlich verschlechtert hat (vgl. Oehring, Gutachten vom 06.04.2008 an VG Stuttgart). Von einem internen Schutz kann somit nicht ausgegangen werden.
41 
Nach allem ist noch keine dauerhafte Veränderung der Lage in der Türkei eingetreten, so dass die Voraussetzungen für die seinerzeit erfolgte Flüchtlingszuerkennung nicht weggefallen sind.
42 
Damit ist für den angefochtenen Widerrufsbescheid des Bundesamtes kein Raum.
43 
Auch Ziffer 2 des Bescheids des Bundesamtes vom 13.02.2008 ist aufzuheben. Durch die Aufhebung der Widerrufsentscheidung wird die negative Feststellung des Bundesamts zu § 60 AufenthG angesichts des Eventualverhältnisses gegenstandslos, so dass auch dieser Teil der Aufhebung unterliegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997, BVerwGE 104, 260 und Urt. v. 26.06.2002, NVwZ 2003, 356).
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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published on 27/10/2005 00:00

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 06. April 2005 -A 16 K 12137/03- wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.