Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 14. März 2011 - A 11 K 553/10

published on 14/03/2011 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 14. März 2011 - A 11 K 553/10
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Tenor

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.

Ziffern 2 - 4 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28.01.2010 werden aufgehoben.

Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die am … 1979 geborene Klägerin ist iranische Staatsangehörige. Sie reiste am 12.08.2007 mit einem Schengenvisum in das Bundesgebiet ein. Mit Schriftsatz vom 24.10.2007 beantragte die Klägerin bei der Ausländerbehörde der Stadt Esslingen die Verlängerung des Besuchervisums und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Zur Begründung wurde vorgetragen, im Iran habe sie nach dem Abitur Zahnmedizin studiert und dieses Studium mit Erfolg abgeschlossen. Im Iran sollte sie mit einem ihr unbekannten älteren Mann zwangsverheiratet werden. Deshalb wolle sie ihr Studium in Deutschland fortsetzen. Mit weiterem Schriftsatz vom 10.03.2009 trug die Klägerin gegenüber der Ausländerbehörde der Stadt Esslingen vor, ihre Schwester ... habe ihr am 31.01.2009 per E-Mail mitgeteilt, auch eine Cousine sei mittlerweile gezwungen worden, einen älteren Mann mit sechs Kindern zu heiraten. In einem Brief habe ihre Schwester mitgeteilt, ihr Vater habe immer versucht, den Willen der Klägerin durch Zwangsverheiratung zu brechen. Die Klägerin hätte gezwungen werden sollen, einen um 25 Jahre älteren Mann zu heiraten. Diskussionen hierüber seien durch Züchtigung und Schläge unterbunden worden. Der Klägerin sei letztlich nur die Ausreise geblieben, die sie heimlich mit Hilfe ihrer Mutter vorbereitet habe. Das Verschwinden der Klägerin habe nunmehr dazu geführt, dass ihr Vater geschworen habe, die Klägerin umzubringen. Ihr Bruder ... habe in einem Brief mitgeteilt, dass ihr Vater beabsichtige, die Klägerin umzubringen. In das Bundesgebiet sei sie keineswegs wegen besserer Arbeitsbedingungen eingereist. Im Iran habe sie eine sehr gut bezahlte Anstellung und beste Fortbildungsmöglichkeiten gehabt. Ihr Verdienst im Iran sei für iranische Verhältnisse ausgesprochen gut gewesen. Den Iran habe sie allein deshalb verlassen, weil sie von ihrem Vater zwangsverheiratet werden sollte.
Mit Schriftsatz vom 08.06.2009 beantragte die Klägerin die Gewährung von Asyl und brachte zur Begründung vor, trotz erheblicher Widerstände ihres fundamentalistisch gesinnten Vaters habe sie im Iran Medizin studieren und eine Ausbildung zur Zahnärztin abschließen können. Als sie ihre Tätigkeit als Zahnärztin begonnen und den Wunsch geäußert habe, Zusatzausbildungen zu machen, habe ihr Vater weitere Unabhängigkeitsbestrebungen unterbinden und sie zwingen wollen, einen um mehr als 25 Jahre älteren Mann zu heiraten. Diskussionen hierüber seien durch Züchtigung und Schläge unterbunden worden. Ihre Mutter habe sie im Iran nicht mehr schützen können. Mit Hilfe ihrer Mutter habe sie heimlich die Flucht nach Deutschland vorbereitet. Eine in Deutschland lebende Tante habe ihr eine Einladung geschickt. Hierauf habe sie ein Besuchsvisum erhalten. In Deutschland habe sie die Tante informiert, dass sie in den Iran wegen der drohenden Zwangsverheiratung nicht zurückkehren könne. Nachdem sie aus dem Iran die Nachricht erhalten habe, dass ihr Vater aus Rache und Wut über ihre Ausreise Morddrohungen ausgestoßen habe, sei ihr von der Ausländerbehörde empfohlen worden, dies in einem Asylverfahren vorzutragen. Sie sei keineswegs aus wirtschaftlichen Gründen nach Deutschland eingereist, denn sie habe für die Ausbildung zur Röntgenfachärztin bereits einen Studienplatz an der Universität Teheran erhalten.
Bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe am 07.09.2009 trug die Klägerin vor, ihr Vater habe einer traditionellen Familie entstammt, ihre Mutter sei dagegen in einer freien, liberalen Familie aufgewachsen. Zwischen ihren Eltern habe es ständig Diskussionen gegeben. Ihr Vater sei der Meinung gewesen, für Mädchen reiche eine Schulbildung bis zum Abitur. Schon als Kind habe sie lernen müssen, dass ihr Vater immer das letzte Wort habe. Alle seine Entscheidungen treffe er nur in Absprache mit seinen Freunden. Da die Kinder seiner Freunde an der Universität hätten studieren dürfen, habe er sich entschlossen, dies auch seinen eigenen Kindern zu erlauben. Nach dem Studium habe sie im Studienzentrum an der Universität Esfahan gearbeitet. Über einen dort beschäftigten Freund ihres Vaters habe sie unter ständiger Kontrolle gestanden. In dem Studienzentrum habe sie den Sohn A. eines ebenfalls dort beschäftigten Professors kennengelernt. Schon kurze Zeit darauf habe er um ihre Hand angehalten. Dies sei im Jahre 2005 gewesen. Ihr Vater habe sich jedoch einer Heirat verweigert. Mehr als ein Jahr lang habe sie versucht, ihren Vater über ihre Mutter zu überzeugen. Schließlich habe ihr Vater Kontakt zum Vater von A. aufgenommen und ihm den Kontakt untersagt. Danach sei der Kontakt zu A. abgebrochen. Da der Handyvertrag über ihren Vater gelaufen sei, habe sie A. nicht einmal eine SMS schicken können; ihr Vater habe über alle Anrufe Kontrolle gehabt. Als sie im Gesundheitszentrum in N. gearbeitet habe, habe sie unter der Woche im dortigen Studentenwohnheim gewohnt. Am Wochenende sei sie jeweils nach Hause zurückgekehrt. Ihr Vater habe auch in N. sehr viele Freunde gehabt, unter deren Kontrolle sie gestanden habe. Im Oktober/November 2006, zwei Monate nach dem Abbruch der Beziehung zu A., sei ein Freund ihres Vaters zu ihnen nach Hause gekommen. Hierbei handele es sich um einen sehr guten Mann, dessen Ehefrau verstorben sei. Am Tag nach dem Besuch dieses Freundes habe ihr Vater ihr mitgeteilt, sie solle diesen Mann namens ... heiraten, der ca. 50 - 52 Jahre alt sei. Dies sei für sie ein großer Schock gewesen. Als ihre Mutter versucht habe, ihren Vater hiervon abzubringen, sei ihre Mutter von ihrem Vater geschlagen worden. Als auch sie selbst versucht habe, ihrem Vater zu widersprechen, sei sie ebenfalls geschlagen worden. Dem ausgesuchten Ehemann habe sie nicht mitgeteilt, dass sie die Ehe nicht wünsche. Sie habe versucht, auf Zeit zu spielen. Herrn ... habe sie erzählt, dass sie sich auf eine Prüfung vorbereiten müsse und Zeit benötige. In dieser Phase habe sie unter sehr starker Kontrolle gestanden. Nach der Prüfung sei Herr ... zu ihnen nach Hause gekommen und habe mit ihr über Einzelheiten der Hochzeit gesprochen. Der Hochzeitstermin sei auf Anfang September 2007 festgelegt worden. Sie hätten dann mit den Hochzeitseinkäufen begonnen. Als das Hochzeitskleid gekauft gewesen sei, habe sich ihr Vater weniger Sorgen gemacht, dass es nicht zur Hochzeit kommen werde. Sie habe sich dann mit ihrer in Deutschland lebenden Tante in Verbindung gesetzt. Diese habe ihr eine Einladung geschickt. Eineinhalb Monate später habe sie einen Termin bei der Deutschen Botschaft erhalten. Als ihr Vater auf einer Kurzreise gewesen sei, sei sie in Begleitung ihrer Schwester nach Teheran gefahren. Bei der Deutschen Botschaft habe sie ihre Dokumente abgegeben. Zwei Wochen später habe sie das Visum erhalten. In dieser Zeit sei ihr Vater viel mit Freunden unterwegs gewesen und habe nicht mitbekommen, dass sie sich in Teheran aufgehalten habe. Außerdem habe sie ihren Vater in Sicherheit gewogen. Zum Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Iran habe ihre Mutter im Krankenhaus gelegen. Sie habe sich dort von ihr verabschiedet. Bereits im August 2005 habe sie einen Reisepass erhalten, da ihre Familie eine Reise nach Mekka geplant habe. Als sie sich bereits in Deutschland aufgehalten habe, hätten ihre Eltern zusammen mit ihren drei Geschwistern die Mekka-Reise unternommen. In den Iran könne sie nicht zurückkehren. Ihr Vater würde sie dort überall finden. Er habe viele Freunde. Eine Frau könne im Iran nicht alleine leben.
Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 28.01.2010 wurde der Asylantrag abgelehnt und festgestellt, dass weder die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegen, sowie mit einer Ausreisefrist von einem Monat die Abschiebung angedroht. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine Anerkennung als Asylberechtigte scheide aus, da eine politische und dem iranischen Staat zurechenbare Verfolgung nicht geltend gemacht sei. Auch eine Flüchtlingszuerkennung komme nicht in Betracht. Der Klägerin drohe bei einer Rückkehr in den Iran keine geschlechtsspezifische Verfolgung. Die Klägerin habe den für sie ausgesuchten Ehemann als sehr guten Mann beschrieben. Der Umstand, dass die Klägerin keine Nachricht darüber habe, wie ihr ausgesuchter Ehemann auf die geplatzte Hochzeit reagiert habe, lasse nur den Schluss zu, dass die Aufhebung des Hochzeitstermins im gegenseitigen Einvernehmen erfolgt sei. Zwar habe die Klägerin nach ihrer Ausreise aus dem Iran über Drohungen ihres Vaters berichtet. Es sei jedoch nicht erkennbar, dass diese ernst gemeint seien und für die Klägerin bei einer Rückkehr in den Iran tatsächlich eine ernsthafte Gefahr bestehe. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass der Vater der Klägerin nach wie vor die Absicht hege, dieser nach einer Rückkehr in den Iran etwas anzutun. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Vater der Klägerin in der Vergangenheit seiner Tochter erlaubt habe, ihr Studium abzuschließen und sich darüber hinaus zusätzlich zu qualifizieren. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Vater der Klägerin geplant habe, die fünf Jahre ältere Schwester der Klägerin zu verheiraten. Dies sei ein weiteres Indiz für eine fehlende Gefährdung der Klägerin im Falle einer Rückkehr in den Iran. Aufgrund ihres Ausbildungs- und Bildungsstandes hätte die Klägerin auch die Möglichkeit gehabt, sich abseits ihres Elternhauses in Teheran niederzulassen, wo eine Vielzahl von Familienangehörigen mütterlicherseits wohnhaft seien.
Am 15.02.2010 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, der angefochtene Bescheid enthalte überraschende und unhaltbare Spekulationen. Die Zwangsheirat sei aufgrund der Krebserkrankung ihrer Mutter weder aufgeschoben noch aufgehoben worden. Vielmehr sei sie von ihrer Mutter trotz ihrer Krebserkrankung und der bevorstehenden zweiten Operation gedrängt worden, gleichwohl auszureisen. Wenn sie den ausgesuchten Ehemann als „guten Mann“ bezeichnet habe, so habe sie hiermit zum Ausdruck bringen wollen, dass dieser ihrem Wunsch, vor der Heirat noch eine Prüfung absolvieren zu dürfen, zugestimmt habe. Ihr Vater spreche mit seinen Familienangehörigen nicht, da diese für ihn nichts wert seien und er seine Entscheidungen in patriarchalischer Weise alleine treffe. Deshalb sei ihr nicht bekannt, wie ihr ausgesuchter Ehemann auf die geplatzte Hochzeit reagiert habe. Ihre ältere Schwester sei mittlerweile ebenfalls aus dem Iran geflohen und halte sich in Malaysia auf. Herr ... sei von ihrem Vater ursprünglich für ihre ältere Schwester bestimmt gewesen. Als dieser sich bei ihnen zu Hause aufgehalten habe, habe er jedoch nicht ihre Schwester, sondern sie selbst als Frau ausgewählt. Eine inländische Fluchtalternative habe nicht bestanden. Ihr Vater hätte sie überall finden können. Mit der geplanten Zwangsverheiratung hätte ihr ein völlig rechtloses Schicksal gedroht.
Die Klägerin beantragt,
Ziffern 2 - 4 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28.01.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.
hilfsweise,
die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Sie bezieht sich auf die Begründung des angefochtenen Bescheids.
13 
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag wiederholt.
14 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
16 
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
17 
Gegenstand des Klageverfahrens ist nur noch der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und - hilfsweise - auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG. Die Klägerin hat das Begehren auf Anerkennung als Asylberechtigte in der mündlichen Verhandlung nicht mehr weiter verfolgt. Darin ist eine teilweise Klagerücknahme zu sehen mit der Folge, dass insoweit die Einstellung des Klageverfahrens auszusprechen ist.
18 
Die im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG.
19 
Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf in Anwendung dieses Abkommens ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft (§ 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Eine Verfolgung i.S.d. Satzes 1 kann ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG).
20 
Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt, sind Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 - 10 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12) - RL 2004/83/EG - ergänzend anzuwenden (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
21 
Nach Art. 2 lit. c RL 2004/83/EG ist Flüchtling u. a. derjenige Drittstaatsangehörige, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
22 
Als Verfolgung i.S.d. Art. 1 A GFK gelten nach Art. 9 Abs. 1 RL 2004/83/EG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (a), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a) beschriebenen Weise betroffen ist (b).
23 
Nach Art. 7 Abs. 1 RL 2004/83/EG kann Schutz geboten werden vom Staat (a) oder von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (b). Gemäß Art. 7 Abs. 2 RL 2004/83/EG ist generell Schutz gewährleistet, wenn die unter Absatz 1 Buchstaben a) und b) genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat.
24 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG). Zwar bleibt der der Prognose zugrundezulegende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden i.S.d. Art. 15 RL 2004/83/EG erlitten hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - InfAuslR 2010, 410). Hat ein Antragsteller indes bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten, für den streitet die widerlegbare tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urt. v. 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u. a., Abdulla-, NVwZ 2010, 505). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.).
25 
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Klägerin drohte im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Iran eine an das unverfügbare Merkmal des Geschlechts anknüpfende Verfolgung i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG. Die Klägerin hat glaubhaft vorgetragen, dass ihr bei einem Verbleib im Iran eine geschlechtsspezifischen Verfolgung gedroht hat.
26 
Die Klägerin hat das Verfolgungsgeschehen im Iran ohne Strukturbrüche, mit vielen Details und sehr anschaulich geschildert. Auf Fragen des Gerichts hat sie spontan und unter Benennung zahlreicher Einzelheiten, die auf ihre tatsächliche Einbeziehung in die geschilderten Ereignisse schließen lassen, geantwortet. Sie hat darüber hinaus in allen Verfahrensstadien zu den einzelnen Punkten ihres Verfolgungsschicksals übereinstimmende Angaben gemacht. Das Gericht hatte an keiner Stelle der mündlichen Verhandlung den Eindruck, die Klägerin versuche eine Geschichte zu erzählen, die sie selbst nicht erlebt hat.
27 
Danach ist davon auszugehen, dass der Vater der Klägerin für diese einen deutlich älteren Partner als Ehemann ausgewählt hat. Die Klägerin wollte indes den Ausgewählten nicht heiraten, da sie ihn nicht geliebt hat, er sich im Alter ihres Vaters befand und dieser ihr eine weitere Berufstätigkeit nicht zugebilligt hat. Um den entgegenstehenden Willen der Klägerin zu brechen, übte ihr Vater auch Gewalt aus. Nachdem ihre Versuche, sich der Heirat zu entziehen, erfolglos blieben, willigte die Klägerin zum Schein in die Heirat ein, um das Misstrauen ihres Vaters und dessen Überwachungsmaßnahmen zu beenden. Sie kaufte demgemäß zusammen mit ihren Eltern ein Hochzeitskleid und beteiligte sich auch sonst an den Hochzeitsvorbereitungen. Gleichzeitig plante und organisierte sie ihre Flucht aus dem Iran.
28 
Der Klägerin drohte somit im Iran eine Zwangsheirat, wenn sie dieses Land nicht vor dem bestimmten Hochzeitstermin verlassen hätte. Eine Zwangsheirat liegt vor, wenn eine Frau gegen ihren erklärten Willen verheiratet und sie mit Druck oder Drohungen dazu gezwungen werden soll. Eine Zwangsverheiratung beeinträchtigt die betroffene Frau in ihrem Recht auf individuelle und selbstbestimmte Lebensführung und in ihrem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Die mit der Zwangsverheiratung verbundene Zwangslage liefert die Frau dauerhaft und ohne Aussicht auf Hilfe als reines Objekt der Befriedigung oder zu Fortpflanzungszwecken den sexuellen Trieben des auserwählten Ehemannes aus. Damit handelt es sich bei den mit einer aufgenötigten Eheschließung einhergehenden Rechtsverletzungen, die insbesondere auch die Anwendung physischer und psychischer Gewalt mit einschließen, um eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. b RL 2004/83/EG. Zudem verstößt eine Zwangsheirat gegen Art. 16 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wonach eine Ehe nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden darf.
29 
Die der Klägerin vor der Ausreise aus dem Iran drohende Verfolgungshandlung knüpft an den Verfolgungsgrund der Geschlechtszugehörigkeit und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - ledige Frauen aus Familien, deren traditionelles Selbstverständnis auch eine Zwangsverheiratung gebietet - an (Art. 10 Abs. 1 lit. d RL 2004/83/EG).
30 
Die der Klägerin im Iran drohende Verfolgung ging aus von nichtstaatlichen Akteuren i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG. Zu diesen nichtstaatlichen Akteuren zählen auch Einzelpersonen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 - BVerwGE 126, 243) und damit auch der Vater der Klägerin.
31 
Ein ausreichender Schutz der Klägerin vor der ihr drohenden Zwangsverheiratung im Iran ist nicht gewährleistet. Ein solcher effektiver Schutz läge vor, wenn der iranische Staat erwiesenermaßen in der Lage und willens ist, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (§ 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG). Dabei ist zu berücksichtigen, ob der Staat geeignete Schritte eingeleitet hat, um die Verfolgung generell zu verhindern, ob er also beispielsweise für wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung und Strafverfolgung und Ahndung von Verfolgungshandlungen gesorgt hat und Zugang zu diesem Schutz besteht (Art. 7 Abs. 2 RL 2004/83/EG). Der iranische Staat ist weder in der Lage noch willens, Schutz vor Verfolgung durch Familienangehörige in Fällen von Zwangsverheiratung zu bieten. Nach der Auskunftslage (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.02.2011; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Update vom 02.08.2006) werden Frauen im Iran in Bezug auf Familien-, Zivil- und Strafrecht nach wie vor als Menschen zweiter Klasse behandelt. Infolge der islamischen Kulturrevolution wurde eine Reihe von diskriminierenden Gesetzen in Bezug auf Frauen erlassen. Grundlage hierfür ist die Auffassung, dass eine Frau das Eigentum ihres Mannes ist und ohne männlichen Vormund nichts tun kann. Vor Gericht zählen die Zeugenaussagen zweier Frauen so viel wie die eines Mannes. Eine Frau ist bei der Berechnung des Blutgeldes nur halb so viel Wert wie ein Mann. Ein Ehemann hat das Recht zur Scheidung, ohne den Antrag begründen zu müssen, während Frauen nur eine begrenzte Anzahl von Gründen angeben können wie beispielsweise Drogensucht, Geisteskrankheit oder Impotenz des Ehemannes. Geht eine Frau wegen häuslicher Gewalt zur Polizei, wird sie regelmäßig zum Ehemann zurückgeschickt. Frauen können bei ehelicher oder häuslicher Gewalt nicht darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Auch Frauen, die wegen Zwangsverheiratung zur Polizei gehen, werden zu ihrem Vater zurückgeschickt. Wehren sich Frauen gegen eine Zwangsheirat, droht ihnen zudem die Gefahr, von Familienangehörigen aus Gründen der Ehre ermordet zu werden. Bei dieser Auskunftslage kann von einem wirksamen Schutz vor Zwangsverheiratung im Iran nicht gesprochen werden.
32 
Für die Klägerin besteht auch keine inländische Fluchtalternative i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 letzter Halbsatz AufenthG. Die Möglichkeit eines regionalen Ausweichens innerhalb des Irans wird generell verneint (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.02.2011; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Update vom 02.08.2006). Falls der Klägerin angesonnen würde, sich abseits ihres familiären Umfeldes im Iran zu bewegen, liefe sie zudem Gefahr, vergewaltigt, ermordet oder Opfer von Menschenhändlern zu werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Reformen und Repression - vom 20.01.2004).
33 
Da die Klägerin den Iran vor drohender Verfolgung verlassen hat, findet auf sie die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG Anwendung. Für sie streitet somit die tatsächliche Vermutung, dass sich die frühere Bedrohung bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen wird. Stichhaltige Gründe, die die Wiederholungsträchtigkeit der Verfolgung entkräften können, sind nicht ersichtlich.
34 
Die Klage ist auch begründet, soweit die Aufhebung von Ziffern 3 und 4 des angefochtenen Bescheids des Bundesamts begehrt wird. Denn die Verpflichtung des Bundesamts zur Flüchtlingszuerkennung lässt die negative Feststellung des Bundesamts zu § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG angesichts des Eventualverhältnisses (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997 - 9 C 19/96 - BVerwGE 104, 260) gegenstandslos werden, so dass der ablehnende Bescheid auch insoweit aufzuheben ist; entsprechendes gilt im Hinblick auf die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamtes vom 28.01.2010 (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1998 - 9 C 1/97 - BVerwGE 106, 339 und Urt. v. 26.06.2002 - 1 C 17/01 - BVerwGE 116, 326).
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, § 83 b AsylVfG. Auch wenn die Klägerin ihre auf Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigte gerichtete Klage zurückgenommen hat, hält das Gericht eine Kostenquotelung nicht für angezeigt, so dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens insgesamt zu tragen hat. Die zugesprochene Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bleibt hinsichtlich ihrer Rechtsbeständigkeit nach § 73 AsylVfG und ihrer aufenthaltsrechtlichen Folgen nach § 25 Abs. 1 und 2, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AufenthG nicht hinter dem Status eines Asylberechtigten zurück. Nimmt der Ausländer seine Asylklage zurück und verfolgt nur noch die Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, so fällt dies von der praktischen Bedeutung her nicht ins Gewicht. Infolgedessen ist auch der Gegenstandswert einer allein auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Klage auf 3.000,00 EUR zu veranschlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.12.2006 - 1 C 29/03 - NVwZ 2007, 469). Es ist kostenmäßig deshalb unerheblich, ob eine Klage sowohl auf die Verpflichtung der Asylanerkennung als auch der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtet ist oder lediglich letztere zum Streitgegenstand hat.

Gründe

 
15 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
16 
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.
17 
Gegenstand des Klageverfahrens ist nur noch der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und - hilfsweise - auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG. Die Klägerin hat das Begehren auf Anerkennung als Asylberechtigte in der mündlichen Verhandlung nicht mehr weiter verfolgt. Darin ist eine teilweise Klagerücknahme zu sehen mit der Folge, dass insoweit die Einstellung des Klageverfahrens auszusprechen ist.
18 
Die im Übrigen zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylVfG.
19 
Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, den Bedrohungen nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt ist. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf in Anwendung dieses Abkommens ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft (§ 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Eine Verfolgung i.S.d. Satzes 1 kann ausgehen von a) dem Staat, b) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschen oder c) nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter den Buchstaben a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 60 Abs. 1 Satz 4 AufenthG).
20 
Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG vorliegt, sind Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 - 10 der Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU Nr. L 304 S. 12) - RL 2004/83/EG - ergänzend anzuwenden (§ 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG).
21 
Nach Art. 2 lit. c RL 2004/83/EG ist Flüchtling u. a. derjenige Drittstaatsangehörige, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
22 
Als Verfolgung i.S.d. Art. 1 A GFK gelten nach Art. 9 Abs. 1 RL 2004/83/EG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (a), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a) beschriebenen Weise betroffen ist (b).
23 
Nach Art. 7 Abs. 1 RL 2004/83/EG kann Schutz geboten werden vom Staat (a) oder von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (b). Gemäß Art. 7 Abs. 2 RL 2004/83/EG ist generell Schutz gewährleistet, wenn die unter Absatz 1 Buchstaben a) und b) genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat.
24 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG). Zwar bleibt der der Prognose zugrundezulegende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden i.S.d. Art. 15 RL 2004/83/EG erlitten hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - InfAuslR 2010, 410). Hat ein Antragsteller indes bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten, für den streitet die widerlegbare tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urt. v. 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u. a., Abdulla-, NVwZ 2010, 505). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.).
25 
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Klägerin drohte im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus dem Iran eine an das unverfügbare Merkmal des Geschlechts anknüpfende Verfolgung i.S.d. § 60 Abs. 1 AufenthG. Die Klägerin hat glaubhaft vorgetragen, dass ihr bei einem Verbleib im Iran eine geschlechtsspezifischen Verfolgung gedroht hat.
26 
Die Klägerin hat das Verfolgungsgeschehen im Iran ohne Strukturbrüche, mit vielen Details und sehr anschaulich geschildert. Auf Fragen des Gerichts hat sie spontan und unter Benennung zahlreicher Einzelheiten, die auf ihre tatsächliche Einbeziehung in die geschilderten Ereignisse schließen lassen, geantwortet. Sie hat darüber hinaus in allen Verfahrensstadien zu den einzelnen Punkten ihres Verfolgungsschicksals übereinstimmende Angaben gemacht. Das Gericht hatte an keiner Stelle der mündlichen Verhandlung den Eindruck, die Klägerin versuche eine Geschichte zu erzählen, die sie selbst nicht erlebt hat.
27 
Danach ist davon auszugehen, dass der Vater der Klägerin für diese einen deutlich älteren Partner als Ehemann ausgewählt hat. Die Klägerin wollte indes den Ausgewählten nicht heiraten, da sie ihn nicht geliebt hat, er sich im Alter ihres Vaters befand und dieser ihr eine weitere Berufstätigkeit nicht zugebilligt hat. Um den entgegenstehenden Willen der Klägerin zu brechen, übte ihr Vater auch Gewalt aus. Nachdem ihre Versuche, sich der Heirat zu entziehen, erfolglos blieben, willigte die Klägerin zum Schein in die Heirat ein, um das Misstrauen ihres Vaters und dessen Überwachungsmaßnahmen zu beenden. Sie kaufte demgemäß zusammen mit ihren Eltern ein Hochzeitskleid und beteiligte sich auch sonst an den Hochzeitsvorbereitungen. Gleichzeitig plante und organisierte sie ihre Flucht aus dem Iran.
28 
Der Klägerin drohte somit im Iran eine Zwangsheirat, wenn sie dieses Land nicht vor dem bestimmten Hochzeitstermin verlassen hätte. Eine Zwangsheirat liegt vor, wenn eine Frau gegen ihren erklärten Willen verheiratet und sie mit Druck oder Drohungen dazu gezwungen werden soll. Eine Zwangsverheiratung beeinträchtigt die betroffene Frau in ihrem Recht auf individuelle und selbstbestimmte Lebensführung und in ihrem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Die mit der Zwangsverheiratung verbundene Zwangslage liefert die Frau dauerhaft und ohne Aussicht auf Hilfe als reines Objekt der Befriedigung oder zu Fortpflanzungszwecken den sexuellen Trieben des auserwählten Ehemannes aus. Damit handelt es sich bei den mit einer aufgenötigten Eheschließung einhergehenden Rechtsverletzungen, die insbesondere auch die Anwendung physischer und psychischer Gewalt mit einschließen, um eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte i.S.d. Art. 9 Abs. 1 lit. b RL 2004/83/EG. Zudem verstößt eine Zwangsheirat gegen Art. 16 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wonach eine Ehe nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden darf.
29 
Die der Klägerin vor der Ausreise aus dem Iran drohende Verfolgungshandlung knüpft an den Verfolgungsgrund der Geschlechtszugehörigkeit und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - ledige Frauen aus Familien, deren traditionelles Selbstverständnis auch eine Zwangsverheiratung gebietet - an (Art. 10 Abs. 1 lit. d RL 2004/83/EG).
30 
Die der Klägerin im Iran drohende Verfolgung ging aus von nichtstaatlichen Akteuren i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG. Zu diesen nichtstaatlichen Akteuren zählen auch Einzelpersonen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2006 - 1 C 15/05 - BVerwGE 126, 243) und damit auch der Vater der Klägerin.
31 
Ein ausreichender Schutz der Klägerin vor der ihr drohenden Zwangsverheiratung im Iran ist nicht gewährleistet. Ein solcher effektiver Schutz läge vor, wenn der iranische Staat erwiesenermaßen in der Lage und willens ist, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (§ 60 Abs. 1 Satz 4 lit. c AufenthG). Dabei ist zu berücksichtigen, ob der Staat geeignete Schritte eingeleitet hat, um die Verfolgung generell zu verhindern, ob er also beispielsweise für wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung und Strafverfolgung und Ahndung von Verfolgungshandlungen gesorgt hat und Zugang zu diesem Schutz besteht (Art. 7 Abs. 2 RL 2004/83/EG). Der iranische Staat ist weder in der Lage noch willens, Schutz vor Verfolgung durch Familienangehörige in Fällen von Zwangsverheiratung zu bieten. Nach der Auskunftslage (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.02.2011; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Update vom 02.08.2006) werden Frauen im Iran in Bezug auf Familien-, Zivil- und Strafrecht nach wie vor als Menschen zweiter Klasse behandelt. Infolge der islamischen Kulturrevolution wurde eine Reihe von diskriminierenden Gesetzen in Bezug auf Frauen erlassen. Grundlage hierfür ist die Auffassung, dass eine Frau das Eigentum ihres Mannes ist und ohne männlichen Vormund nichts tun kann. Vor Gericht zählen die Zeugenaussagen zweier Frauen so viel wie die eines Mannes. Eine Frau ist bei der Berechnung des Blutgeldes nur halb so viel Wert wie ein Mann. Ein Ehemann hat das Recht zur Scheidung, ohne den Antrag begründen zu müssen, während Frauen nur eine begrenzte Anzahl von Gründen angeben können wie beispielsweise Drogensucht, Geisteskrankheit oder Impotenz des Ehemannes. Geht eine Frau wegen häuslicher Gewalt zur Polizei, wird sie regelmäßig zum Ehemann zurückgeschickt. Frauen können bei ehelicher oder häuslicher Gewalt nicht darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Auch Frauen, die wegen Zwangsverheiratung zur Polizei gehen, werden zu ihrem Vater zurückgeschickt. Wehren sich Frauen gegen eine Zwangsheirat, droht ihnen zudem die Gefahr, von Familienangehörigen aus Gründen der Ehre ermordet zu werden. Bei dieser Auskunftslage kann von einem wirksamen Schutz vor Zwangsverheiratung im Iran nicht gesprochen werden.
32 
Für die Klägerin besteht auch keine inländische Fluchtalternative i.S.d. § 60 Abs. 1 Satz 4 letzter Halbsatz AufenthG. Die Möglichkeit eines regionalen Ausweichens innerhalb des Irans wird generell verneint (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 27.02.2011; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Update vom 02.08.2006). Falls der Klägerin angesonnen würde, sich abseits ihres familiären Umfeldes im Iran zu bewegen, liefe sie zudem Gefahr, vergewaltigt, ermordet oder Opfer von Menschenhändlern zu werden (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Iran - Reformen und Repression - vom 20.01.2004).
33 
Da die Klägerin den Iran vor drohender Verfolgung verlassen hat, findet auf sie die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG Anwendung. Für sie streitet somit die tatsächliche Vermutung, dass sich die frühere Bedrohung bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen wird. Stichhaltige Gründe, die die Wiederholungsträchtigkeit der Verfolgung entkräften können, sind nicht ersichtlich.
34 
Die Klage ist auch begründet, soweit die Aufhebung von Ziffern 3 und 4 des angefochtenen Bescheids des Bundesamts begehrt wird. Denn die Verpflichtung des Bundesamts zur Flüchtlingszuerkennung lässt die negative Feststellung des Bundesamts zu § 60 Abs. 2 - 7 AufenthG angesichts des Eventualverhältnisses (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1997 - 9 C 19/96 - BVerwGE 104, 260) gegenstandslos werden, so dass der ablehnende Bescheid auch insoweit aufzuheben ist; entsprechendes gilt im Hinblick auf die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im Bescheid des Bundesamtes vom 28.01.2010 (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.04.1998 - 9 C 1/97 - BVerwGE 106, 339 und Urt. v. 26.06.2002 - 1 C 17/01 - BVerwGE 116, 326).
35 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, § 83 b AsylVfG. Auch wenn die Klägerin ihre auf Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigte gerichtete Klage zurückgenommen hat, hält das Gericht eine Kostenquotelung nicht für angezeigt, so dass die Beklagte die Kosten des Verfahrens insgesamt zu tragen hat. Die zugesprochene Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bleibt hinsichtlich ihrer Rechtsbeständigkeit nach § 73 AsylVfG und ihrer aufenthaltsrechtlichen Folgen nach § 25 Abs. 1 und 2, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 AufenthG nicht hinter dem Status eines Asylberechtigten zurück. Nimmt der Ausländer seine Asylklage zurück und verfolgt nur noch die Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, so fällt dies von der praktischen Bedeutung her nicht ins Gewicht. Infolgedessen ist auch der Gegenstandswert einer allein auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichteten Klage auf 3.000,00 EUR zu veranschlagen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.12.2006 - 1 C 29/03 - NVwZ 2007, 469). Es ist kostenmäßig deshalb unerheblich, ob eine Klage sowohl auf die Verpflichtung der Asylanerkennung als auch der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtet ist oder lediglich letztere zum Streitgegenstand hat.
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di
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published on 27/04/2010 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG.
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published on 16/03/2017 00:00

Tenor 1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18.11.2016, Gz. 6458679 - 439, wird in den Ziffern 1. und 3. bis 6. aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft ge
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.