Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 31. Jan. 2014 - A 11 K 3470/13

bei uns veröffentlicht am31.01.2014

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des - gerichtskostenfreien - Verfahrens.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin wird abgelehnt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller, ein 1983 bzw. 1984 geborenes Ehepaar iranischer Staatsangehörigkeit, meldeten sich im März 2013 bei den Behörden im Inland und beantragten Asyl.
Im Rahmen einer Visa-Anfrage erfuhr die Antragsgegnerin hierbei, dass für die Antragstellerin Ziffer 2 ein italienisches Schengen-Visum mit einer Gültigkeit vom 16.02.2013 bis zum 11.03.2013 ausgestellt worden war.
Bei ihrer Anhörung vor der Antragsgegnerin am 29.05.2013 gaben die Antragsteller u. a. an, sie seien beide mit einem italienischen Visum über Italien nach Deutschland gekommen. Sie stammten aus Teheran. Der Antragsteller Ziff. 1 gab an, nach dem Abitur im Bereich Küchenmöbel tätig gewesen zu sein. Seine Mutter sei vor Eintritt in den Ruhestand Lehrbeauftragte an der Universität gewesen. Eine Schwester arbeite als Lehrerin, eine als Journalistin und eine sei bei der Iran-Air beschäftigt. Die wirtschaftliche Situation im Heimatland sei durchschnittlich gewesen. Am 23.02.2013 seien sie von Teheran nach Mailand geflogen. Am nächsten Tag seien sie dann mit dem Zug nach Deutschland gefahren. Beide hätten sie ein Visum der italienischen Botschaft besessen. Die Antragstellerin Ziff. 2 gab hierbei u. a. an, sie hätten im Iran eine gute Wohnung und auch Autos besessen und hätten beide gut verdient.
Unter dem 07.06.2013 meldete sich die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin und beantragte, vom Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 oder Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) Gebrauch zu machen und den Antragstellern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Die Antragsteller seien aufgrund ihrer Hinwendung zum Christentum im Iran verfolgt worden. Die Antragstellerin Ziff. 2 leide an einer psychischen Erkrankung, deren Verschärfung im Falle einer Rücküberstellung nach Italien vorprogrammiert wäre; dies auch angesichts der in Italien herrschenden Zustände für Asylbewerber.
Auf Ersuchen der Antragsgegnerin erklärte die italienische Republik - Ministero del Interno - die Bereitschaft, die Antragsteller zur Durchführung des Asylverfahrens zu übernehmen. Als Ort der Übernahme wird der internationale Flughafen Rom Fiumicino bezeichnet.
Mit Bescheid vom 18.09.2013 erklärte die Antragsgegnerin daraufhin die Asylanträge der Antragsteller für unzulässig und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Zur Begründung ist u. a. auf § 27 a AsylVfG i.V.m. Art. 9 Abs. 4 Dublin-II-VO verwiesen. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen seien nicht durch ein fundiertes ärztliches Attest nachgewiesen. Italien erfülle gegenüber Ausländern, die dort einen Asylantrag stellen, die Mindeststandards. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34 a Abs. 1 AsylVfG.
Die Antragsteller haben am 24.09.2013 gegen diesen Bescheid Klage zum Verwaltungsgericht und hinsichtlich Ziffer 2 zugleich den hier vorliegenden Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien lägen ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe im Sinne der Rechtsprechung des EuGH für die Annahme vor, dass die Antragsteller im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt würden. Insoweit verweisen sie auf eine Vielzahl von Unterlagen und Gerichtsentscheidungen.
II.
A) Im vorliegenden Verfahren ist gemäß § 76 Abs. 4 S. 1 AsylVfG der Einzelrichter zur Entscheidung berufen. Ein Grund, das Verfahren gemäß S. 2 der Norm auf die Kammer zu übertragen, ist nicht gegeben.
1. Ein Abweichen von der Rechtsprechung der Kammer liegt nicht vor. Zwar hat ein anderer Berichterstatter der erkennenden Kammer u.a. mit Urteil vom 18.11.2013 (A 11 K 2873/13 - n. veröff.) eine entsprechende auf § 34a AsylVfG gestützte Abschiebungsanordnung der Beklagten, die ebenfalls gegenüber einem iranischen Ehepaar ergangen war und als Zielland Italien bezeichnete, aufgehoben unter Hinweis auf dort angenommene systemische Mängel im Asylverfahren. Eine Rechtsprechung der Kammer liegt darin jedoch nicht begründet, vielmehr erfolgte diese Entscheidung auf der Grundlage von § 87a Abs. 2 u. 3 VwGO. Im Übrigen erging diese Entscheidung im Lichte der damaligen Erkenntnisse, war im Wesentlichen auf eine ältere Auskunftslage gestützt und - soweit das aktuelle Gutachten der Schweizerischen Flüchtlingshilfe („Italien: Aufnahmebedingungen - Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden“ vom Oktober 2013) herangezogen wurde - konnte mangels aktueller Kenntnissen von konkreten Einzelfällen (dazu sogleich) letztlich keine zutreffende Einordnung der Angaben der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vorgenommen werden. Eine gefestigte Kammerrechtsprechung, dass von systemischen Mängeln in Italien mit Blick auf das Schutzbegehren mit den Antragstellern vergleichbarer Personen (dazu sogleich) zum aktuellen Zeitpunkt auszugehen ist, besteht daher schon nicht.
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2. Der Rechtssache kommt aber auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Mit dem hier vorliegenden Beschluss wird lediglich entschieden, dass die gegenüber den Antragstellern ergangene Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG nicht zu beanstanden ist. Soweit hierbei (auch) die (allgemeine) Lage in Italien in den Blick genommen wird, handelt es sich nicht um eine grundsätzliche Klärung. Denn bei der Prüfung, ob eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG zu beanstanden ist, ist stets ist ein konkreter Maßstab angezeigt. D.h. es ist zu prüfen, ob gegebenenfalls zu gewärtigende systemische Mängel gerade den (jetzt) zur Rücküberstellung vorgesehenen Asylbewerber in einer seine Grundrechte tangierenden Weise treffen könnten (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 14.11.2013 - 4 L 44/13 -, , zur Notwendigkeit einer solchen Einzelfallbetrachtung im Rahmen der Prüfung eines Selbsteintritts gem. Art. 3 Abs. 2 der Dublin-VO: Schlussanträge der Generalanwältin vom 22.09.2011 in dem Verfahren C-411/10 „N. S. gegen Secretary of State for the Home Department“, zit. nach , Rdnr. 122 ff.; Marx, NVwZ 2011, 409, 411 ff.; Hailbronner/Thym, NVwZ 2012, 406, 408). Ist dies hingegen nicht zu erkennen, bleiben anderweitig feststellbare Mängel im System der Schutzgewährung des Abschiebezielstaats außer Betracht.
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B) Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller (A 11 K 3469/13) gegen die in der angegriffenen Verfügung der Antragsgegnerin vom 18.09.2013 enthaltene Abschiebungsanordnung nach Italien (dort Ziff. 2) anzuordnen, ist gemäß § 34 a Abs. 2 AsylVfG in der seit dem 06.09.2013 geltenden Fassung zulässig.
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C) Der Antrag bleibt jedoch ohne Erfolg. Die gegenüber den Antragstellern ausgesprochene Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG ist nicht zu beanstanden. Wie von der Antragsgegnerin zutreffend angenommen, existiert mit der Republik Italien ein für die Durchführung des Asylverfahrens zuständiger Staat entsprechend § 27a AsylVfG, der auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft (lies: Union) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist und auch seine Bereitschaft zur Übernahme der Antragsteller bereits erklärt hat. Grundlage der Prüfung insoweit ist für das im März 2013 angebrachte Gesuch der Antragsteller (noch) die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50 vom 25.02.2003, S. 1, Dublin-II-VO). Diese wurde zwar gemäß Art. 48 S. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180 vom 29.6.2013 S. 3, - Dublin- III-VO) zwischenzeitlich aufgehoben. Gemäß Art. 49 S. 2 u. 3 der Dublin-III-VO bleibt jedoch für vor dem 01.01.2014 angebrachte Schutzgesuche die Vorläufer-Verordnung weiterhin anwendbar.
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Soweit die Antragsteller diesbezüglich allein geltend machen, auf Grund dieser Rechtsvorschrift der Europäischen Union, der Dublin-II-VO, sei in Wahrheit die Bundesrepublik Deutschland zur Durchführung ihres Asylverfahrens zuständig, da diese in der gegebenen Konstellation verpflichtet sei, von ihrem Selbsteintrittsrecht entweder nach Art. 15 Abs. 1 oder nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch zu machen, trifft dies nicht zu.
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a) Ein humanitärer Grund i.S.v. Art. 15 Abs. 1 Dublin-II-VO, der sich etwa aus der vorgetragenen Erkrankung der Antragstellerin Ziff. 2 ergeben könnte, ist schon nicht belegt. Die Antragsteller haben bis jetzt kein entsprechendes ärztliches Attest vorgelegt, wiewohl die Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid vom 18.09.2013 ausdrücklich hierauf verwiesen hat und die Antragsteller im Antragsschriftsatz vom 23.09.2013 ein solches auch angekündigt haben.
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b) Aber auch ein anderweitiger Grund, vom Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch zu machen, ist nicht gegeben.
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aa) Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - ) obliegt es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Schutzsuchenden dann nicht an den zuständigen Mitgliedstaat im Sinne der Dublin II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Schutzsuchende in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechtscharta (GRCh) ausgesetzt zu werden. Zwar gilt zunächst die Vermutung, dass die Behandlung der Schutzsuchenden in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Ist aber ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Schutzsuchende im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des an diesen Mitgliedstaat zu überstellenden Asylbewerber i.S. von Art. 4 GRCh implizieren, so wäre die Rücküberstellung eines Schutzsuchenden mit dieser Bestimmung unvereinbar.
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bb) Der Einzelrichter vermag solches mit Blick auf die konkrete Situation der Antragsteller (vgl. oben) und die aktuelle Lage in Italien nicht zu erkennen.
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aaa) Allein aus der Tatsache, dass der EGMR unlängst angekündigt hat, das Beschwerdeverfahren einer afghanischen Familie, die aus der Schweiz nach Italien überstellt werden soll (Beschwerdeverfahren Golajan Tarakhel et al../. Schweiz, Az. 29217/12), am 12.2.2014 vor der Großen Kammer in Straßburg mündlich zu verhandeln, lässt sich solches nicht herleiten. Dem vom Gerichtshof hierzu veröffentlichten (http://hudoc.echr.coe.int/sites/eng/pages/search.aspx?i=001-112168) “exposé des faits” ist zu entnehmen, dass es im dort zu entscheidenden Verfahren vorrangig um die besondere Schutzbedürftigkeit der fünf, zwischen 1999 und 2008 geborenen, Kinder der afghanischen Beschwerdeführer geht und um die Unterbringung, die die italienischen Behörden den Schutzsuchenden während ihres vorangegangenen Aufenthaltes in einem italienischen Aufnahmezentrum in Süd-Italien im Jahr 2011 zu Teil werden ließ. Für das vorliegende Verfahren der Antragsteller, einem kinderlosen Ehepaar, das aus der gebildeten und solventen Teheraner Mittelschicht stammt, ist der Ausgang dieses Verfahren daher ohne Aussagewert (vgl. sogleich nachfolgend).
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bbb) Dagegen schließt der Einzelrichter aus dem Umstand, dass der UNHCR die Bundesrepublik (und andere EU-Mitgliedsstaaten) bisher nicht aufgefordert hat, von Überstellungen nach Italien abzusehen, obwohl solches mit Blick auf Griechenland und - ganz aktuell - Bulgarien (Positionspapier von UNHCR zur gegenwärtigen Situation des Asylsystems in Bulgarien vom 02.01.2014) explizit geschehen ist (http://www.refworld.org/docid/52c598354.html), dass die Annahme nicht zutrifft, den Antragstellern würden im Falle der Überstellung nach Italien zur Durchführung eines dortigen Asylverfahrens elementare Rechte verweigert.
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ccc) Vorliegende Berichte und Erkenntnisse stehen dieser Einschätzung nicht entgegen, bestätigen sie vielmehr.
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a) In diesem Zusammenhang werden - auch im Antragsschriftsatz - im Wesentlichen folgende in Italien bestehende Mängel erörtert (vgl. etwa zuletzt VG Freiburg B.v. 14.11.2012 – A 6 K 2106/12 -; VG Darmstadt B.v. 15.11.2012 – 4 L 1237/12.DA.A -; VG Aachen U.v. 04.12.2012 – 2 K 669/11.A -; VG Kassel B.v.04.12.2012 1 L 1344/12.KS.A.-; VG Köln U.v. 06.12.2012 20 K 367/12.A -; VG Göttingen B.v.13.12.2012 - 2 B 640/12 -; VG Cottbus B.v. 21.12.2012 - VG 6 L 364/12. -; VG Stuttgart B.v.08.01.2013 – A 7 K 3929/12 - ; VG Karlsruhe B.v.22.01.2013 - A 9 K 179/13 -; VG Gießen U.v. 24.01.2013 - 6 K 1329/12.GI.A -; VG Meiningen B.v.29.01.2013 – 5 E 20010/13 Me – ; VG Saarland B.v. 30.01.2013 – 3 L 340/13- ; VG Arnsberg B.v. 01.02.2013 – 10 L 70/13.A; VG Stuttgart B.v.04.02.2013 – A 13 K 336/13 -; VG Köln U.v.05.02.2013- 20 K 5858/12.A; OVG Schleswig-Holstein B.v. 11.02.2013 -4 MB 77/12 -; VG Sigmaringen B.v. 18.02.2013 - A 5 K 276/13 -; VG Gelsenkirchen B.v. 19.02.2013- 15 a L 12/13.A -; VG Braunschweig U.v. 21.02.2013 – 2 A 126/11-; VG Braunschweig U.v. 21.02.2013 - 7 A 57/11 -; VG Braunschweig B.v.26.02.2013 -7 B 26/13 -; VG Gelsenkirchen B. v. 27.02.2013 – 15 a L 194/13.A -; VG Gelsenkirchen B.v. 27.02.2013- 15 a L 195/13.A -; VG Aachen B.v. 14.03.2013 – 9 L 53/13.A -; VG Schwerin B.v. 15.03.2013 – 3 B 111/13 As -; VG Meiningen B.v.20.03.2013 – 5 E 20050/13 Me -; VG Köln B.v.25.03.2013 – 6 L 324/13.A -; VG Köln B.v.28.03.2013- 8 L 340/13.A -; VG Arnsberg B.v.02.04.2013 – 12 L 149/13.A -; VG Gelsenkirchen B.v. 10.04.2013 – 18a L 373/13 - ; VG Gelsenkirchen B. v. 11.04.2013- -5 a 258713.A -; VG Hamburg B.v.12.04.2013 -10 AE 1178/13 -; VG Köln B.v.12.04.2013 – 15 L 283/13.A -; VG Köln B.v.18.04.2013 – 14 L 398/13 .A -; VG Frankfurt/Main U.v. 18.04.2013 – 9 K 28/11 F.A -; VG Gelsenkirchen B.v. 30.04.2013 – 10a L 484/13.A -; VG Köln B.v.07.05.2013- 20 L 613/13.A -; VG Gelsenkirchen B.v. 16.05.2013 – 5 a L 547/13.A -; OVG Niedersachsen B. v. 27.05.2013 – 4 LA 88/13 -; OVG Rheinland-Pfalz B.v.19.06.2013- 10 B 10627/13.OVG -; VG Stade B.v. 21.06.2013- 6 B 2765/13 -; VG Düsseldorf U.v. 24.06.2013 - -22 K 2471/11.A -; VG Köln B.v. 26.06.2013 – 8 L 794/13.A -; VG Frankfurt/Main U.v.09.07.2013 – 7 K 560/11 F.A. -; VG München B.v.24.07.2013- M 11 S 13.30661 –; VG Göttingen U.v. 25.07.2013 – 2 A 650/12 -; VG Göttingen U.v. 25.07.2013 – 2 A 651/12 – ; VG Giessen B.v. 29.07.2013 – 6 L 1091/13.GI.A -; OVG NRW B.v. 20.08.2013 – 19 B 707/13.A -; VG Giessen B. v. 28.08.2013 – 1 L 1550/13.GI.A -; VG Braunschweig U.v 16.09.2013 – 7 A 162/11 - und U. v. 20.09.2013 - 7 A 66/12 -; VG Trier B.v. 23.09.2013 - 5 l 1274/13.TR -; VG Stuttgart U. v. 18.11.2013 -A 11 K 2873/13 -; je teilw veröff. in ; Gutachten von borderline-europe e.V. v. Dezember 2012 an VG Braunschweig; Schweizerische Flüchtlingshilfe „Italien: Aufnahmebedingungen - Aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden“ vom Oktober 2013): Die Regelungen des italienischen Asylverfahrens sowie der Aufnahme und Versorgung von Schutzsuchenden seien sehr unübersichtlich. Bereits der Zugang zu einem Asylverfahren könne erschwert sein. Nach einem entsprechenden Gesuch eines Schutzsuchenden erhalte dieser zunächst lediglich einen Termin, um bei der zuständigen Questura die eigentliche Antragstellung, die sogenannte „verbalizzazione“ in die Wege zu leiten. Dieser Termin könne durchaus einige Monate in der Zukunft liegen. Da erst diese mündliche Antragstellung Zugang zum italienischen Schutzsystem gewährleiste, seien die Schutzsuchenden in der Wartezeit davor völlig auf sich gestellt. Auch gebe es Questure, die als Voraussetzung für eine solche förmliche Asylantragstellung einen melderechtlichen Wohnsitz (domicilio) in Italien verlangten. Da ein Schutzsuchender solches im Regelfall noch gar nicht vorweisen könne, sei auch insoweit die Zugänglichkeit zum Asylverfahren erschwert. Systemische Mängel gebe es auch bei der Unterbringung der Schutzsuchenden. Die Zahl der landesweit zur Verfügung stehenden Unterkünfte sei bei weitem zu gering. Es sei insbesondere nicht gewährleistet, dass ein Schutzsuchender, der im Verfahren nach der Dublin-II-VO nach Italien auf dem Luftwege rücküberstellt werde, vom Flughafen aus an eine Aufnahmeeinrichtung gelangen könne. Die vom italienischen Staat insoweit zur Verfügung gestellten Erstaufnahmeeinrichtungen (CARA) würde Schutzsuchende nach der Rechtslage nur für die Dauer von sechs Monaten aufnehmen. Ergebe sich im Anschluss nicht die Möglichkeit zum Wechsel in eine andere Unterbringungseinrichtung (SPRAR), müsse der Schutzsuchende die CARA verlassen und sei faktisch obdachlos. Dabei führe die beständig drohende Obdachlosigkeit während der Dauer des Asylverfahrens auch dazu, dass dieses nicht ordentlich geführt werden könne, da der Schutzsuchende für behördliche Schreiben, Aufforderungen und Entscheidungen nicht erreichbar sei. Daneben seien die Unterbringungseinrichtungen in Italien von ihrer Qualität her vielfach menschenunwürdig. Es mangele an Sanitäreinrichtungen, Einrichtungsgegenständen wie Betten o. Ä. und die Verhältnisse seien außerordentlich beengt und überbelegt. Da die Verfahrensdauer in Italien häufig wesentlich länger sei als nach den gesetzlichen Vorschriften vorgesehen, sei nicht absehbar, ob der Schutzsuchende nicht doch irgendwann von Obdachlosigkeit bedroht sei. Schließlich gebe es in Italien kein funktionierendes System der Lebensunterhaltssicherung. Daher würden vielfach auch Schutzberechtigte nach einem in Italien erfolgreichen Verfahren in die Obdachlosigkeit und völlige Verarmung gedrängt.
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b) Zur Überzeugung des Einzelrichters beinhalten diese Einschätzungen, die Befunde und die daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen aber jedenfalls teilweise „systemische Mängel“. Nahezu flächendeckend (insbesondere auch im Gutachten von borderline-europe von Dezember 2012, aber auch in der vorgenannten Rechtsprechung ) wird in unzulässiger Weise die Situation von Schutzsuchenden und die Gewährung eines entsprechenden Asylverfahrens durch die Republik Italien vermischt mit der Frage, wie dort mit anerkannten Schutzberechtigten, die also ein solches Verfahren in Italien erfolgreich haben durchlaufen können, umgegangen wird (deutlich differenzierter: Schweizerische Flüchtlingshilfe, „Italien: Aufnahmebedingungen“, Oktober 2013). Zwar trifft es zu, dass Italien kein den deutschen Systemen der sozialen Sicherung vergleichbares Sozialhilfesystem kennt und anerkannte Schutzberechtigte daher grundsätzlich verpflichtet sind - wie andere Einwohner der Republik Italien gleich welcher Nationalität - für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen, was naturgemäß mit Schwierigkeiten verbunden ist. Damit erfüllt Italien jedoch die Vorgabe des Art. 29 Abs. 1 der sog. „Qualifikations-Richtlinie“ 2011/95/EU vom 13.12.2011 (= Art. 28 Abs. 1 der Vorgänger RL 2004/83/EG vom 29. April 2004). Das Fehlen eines solches Sicherungssystems in Italien nach erfolgter Schutzgewährung kann nicht als Begründung dienen, schon das Verfahren des Schutzsuchenden dürfe nicht in diesem Land stattfinden und die Bundesrepublik Deutschland müsse ihr Selbsteintrittsrecht nach § 3 Abs. 2 der Dublin-II-VO ausüben. Soweit ersichtlich wurde auch bezüglich italienischen Staatsangehörigen, die etwa nach einer Ausweisungsentscheidung zur Abschiebung nach Italien anstanden, nie der Einwand vorgebracht, mangels eines Systems der sozialen Sicherung in Italien dürften sie nicht nach dort verbracht werden. Ob die Republik Italien möglicherweise für anerkannt schutzberechtigte Personen zu wenig an sozialer Sicherung bietet, kann im gerichtlichen Eilverfahren in Bezug auf eine Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG daher nicht ausschlaggebend sein.
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Im Übrigen wäre, wenn es denn darauf ankäme, zu fragen, ob der Betreffende überhaupt in die Situation eines anerkannten Schutzberechtigten in Italien (ohne Lebensperspektive) kommen wird. Insoweit müsste im konkreten Fall aber konstatiert werden, dass die Antragsteller aller Voraussicht nach in diese Situation nicht gelangen werden. Ihr Vorbringen weckt solche Glaubwürdigkeitszweifel, dass nicht zu erkennen ist, dass sie aus Furcht vor politischer Verfolgung ihr Heimatland Iran verlassen haben. Ihren Angaben ist zu entnehmen, dass sie mit einem Schengen-Visum der Republik Italien gereist sind. Dies haben sie selbst bei der Anhörung gegenüber der Antragsgegnerin angegeben. Im Rahmen einer Recherche konnte die Antragsgegnerin diesen Umstand auch - jedenfalls die Antragstellerin Ziff. 2 betreffend - in der entsprechenden Visa-Datei finden. Da die Antragsteller auch vortragen, diejenige Person mit den Personalien zu sein, für die das entsprechende Visum erteilt wurde, kann dies nur bedeuten, die Antragsteller sind unter ihren eigenen Namen aus dem Iran über den internationalen Flughafen in Teheran ausgereist. Selbst wenn dieses italienische Visum auf dunkle Art und Weise zustande gekommen wäre, so lautete es jedenfalls auf die Namen der Antragsteller und musste daher in einem Reisepass, der den selben Namen trägt, eingetragen gewesen sein. Eine von Furcht vor Verfolgung ausgelöste Ausreise aus dem Verfolgerstaat über den dortigen internationalen Flughafen unter Verwendung der eigenen Personaldokumente, macht aber wenig Sinn. Ganz offensichtlich hatten die Antragsteller keinerlei Sorge, sich im Rahmen der - im Iran sehr strengen - Ausreisekontrolle unter ihrem Namen vorzustellen. Damit erweist sich das Vorbringen der Antragsteller als ausgesprochen zweifelhaft. Die Zweifel werden zusätzlich verstärkt durch die von den Antragstellern im Verfahren vorgelegte Bescheinigung einer persisch-sprachigen christlichen Gemeinde aus einer Stadt in Finnland über ihre langjährigen Kontakte nach dort via Skype. Dieses im Original vorgelegte Schreiben ist mit blauem Kugelschreiber auf ein Papier geschrieben, bei dem es sich offenkundig um eine Kopie eines anderweitigen Schriftstücks handelt, bei dem der frühere Text durch Abdecken beim Kopieren „entfernt“ wurde. Der so hergestellte „Briefkopf“ dieser Gemeinde ist - verbunden mit den handschriftlichen Eintragungen - von so dürftiger Qualität, dass ausgeschlossen werden kann, der Pfarrer einer Kirchengemeinde in Finnland produziere auf diese Art und Weise Bescheinigungen zur Vorlage bei Behörden.
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Die Lage anerkannter Schutzberechtigter in Italien wäre auch unter diesem Gesichtspunkt für die Antragsteller ohne Bedeutung, da nicht zu erkennen ist, dass sie dereinst in diese Lage kommen werden. Zuletzt handelt es sich bei den Antragstellern um gebildete junge Menschen ohne Beeinträchtigungen. Dass es ihnen in Italien unter keinen Umständen gelingen soll, dort auch wirtschaftlich Fuß zu fassen, ist desweiteren ebenfalls nicht zu erkennen.
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Demzufolge verfehlt ist es daher, wenn die Antragsteller im Antragsschriftsatz vom 23.09.2013 unter Bezugnahme auf Auskünfte und gerichtliche Entscheidungen etwa auf die erschreckenden Vorgänge um das als „Selam Palace“ bekannte ehemalige Universitätsgebäude in Rom verweisen. Dabei handelte es sich um ein seit mehreren Jahren - vornehmlich durch Schutzberechtigte - besetztes Gebäude, wobei der Versuch der römischen Stadtverwaltung, die Bewohner umzusiedeln, von diesen abgelehnt wurde (hierzu und zum nachfolgenden: Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien: Aufnahmebedingungen a.a.O. S. 36 ff.). Dieses Haus bildet ein in sich abgeschlossenes System das selbst verwaltet wird und als nahezu rechtsfreier Raum Ausbeutung und Gewalt begünstigt. Sämtliche wichtigen Entscheidungen werden von einem Komitee gefällt, das das Haus auf militärische Weise führt, wobei im Komitee nur Männer vertreten sind. Das Komitee verlangt für einen Schlafplatz eine monatliche „Miete“, die bis zu 300,00 EUR betragen kann. Schwerste Gewalt in und um dieses Objekt wird beschrieben. Dass die italienischen Behörden es aus Sicherheitsüberlegungen nicht wagen, in diesen rechtsfreien Raum gewaltsam einzudringen und dem ein Ende zu machen, kann nicht als Beleg dafür dienen, wie der italienische Staat mit Schutzsuchenden umgeht.
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Ein weiterer wesentlicher Mangel in den vorliegenden Stellungnahmen und Entscheidungen zur Lage in Italien, wie er insbesondere auch dem Antragsschriftsatz vom 23.09.2013 innewohnt, liegt im Heranziehen veralteter Auskünfte und Gerichtsentscheide.In Italien war bis zum 12.11.2011 unter Ministerpräsident Berlusconi eine Koalitions-Regierung an der Macht, wobei es aus den diese tragenden Parteien immer wieder zu ausländerfeindlichen Äußerungen kam. In dieser Zeit feststellbare systemische Mängel im Schutzsystem Italiens lassen sich womöglich auch hierauf zurückführen. Mit der Regierungsübernahme durch eine sog „Experten-Regierung“ unter Mario Monti zum 16.11.2011 verschwand jedoch dieser Einschlag und kehrte auch unter der jetzigen Nachfolgeregierung, der mit Frau Cécile Kyenge eine aus dem Kongo stammende Integrationsministerin angehört, nicht zurück. Quellen, Auskünfte und Dokumente zur Lage in Italien, die sich noch auf vergangene Zeiten beziehen, können heute daher schon kaum mehr herangezogen werden. Schließlich ist inzwischen auch der sog. „Notstand-Afrika“, den Italien im Jahre 2011 nach dem starken Zustrom von Migranten und Flüchtlingen über das Mittelmeer erklärt hat, seit Februar 2013 aufgehoben.
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Schließlich zeigt sich ein weiterer Mangel in den vorliegenden (vgl. oben) Entscheidungen und Auskünften zur Lage der Schutzsuchenden in Italien in Bezug auf herangezogene Berichte von Betroffenen. Namentlich das VG Frankfurt (Urt. v. 09.07.2013, a.a.O.) erkennt, dass etwa die Beschwerdeführerin, deren Fall dem Beschluss des EGMR vom 02.04.2013 (Nr. 27725/10 -, „Hussein et. al. v. The Netherlands and Italy“) zugrunde lag, über ihren Aufenthalt in Italien und die dortigen Umstände grundlegend falsche Angaben gemacht hat (VG Frankfurt, a.a.O., Rz. 59). Soweit einzelnen Gerichtsentscheidungen daher ungeprüft Angaben zugrundegelegt werden, die Personen mit einem Voraufenthalt in Italien über die dortigen Zustände gemacht haben, fehlt es größtenteils an einer belastbaren Prüfung der Glaubhaftigkeit.
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g) Dies alles eingedenk entnimmt der Einzelrichter der aktuellen Auskunftslage, mit Blick auf die konkrete Situation der Antragsteller, die der gebildeten und wirtschaftlich stabilen Teheraner Mittelschicht entstammen und die über den internationalen Flughafen Rom-Fiumicino rücküberstellt werden sollen, das Folgende:
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Für Asylsuchende, die im Dublin-Verfahren nach Italien überstellt werden, bieten Nichtregierungsorganisationen am Flughafen Rom-Fiumicino Beratung an. Bei entsprechender Kapazität besteht Zugang zu den Erstaufnahmezentren (CARA). Die Personen werden am Flughafen von der Grenzpolizei entgegengenommen und zur Questura am Flughafen begleitet. Von dort werden sie zur zuständigen Nichtregierungsorganisation im Transitbereich des Flughafens begleitet, die im Auftrag der Präfektur Beratung für Asylsuchende anbietet. Am Flughafen Rom-Fiumicino ist derzeit das Centro Sociale Badia Grande, eine Organisation die der Diözese Trapani untersteht, zuständig. Dublin-Rücküberstellte übernachten manchmal ein paar Tage am Flughafen, bis für sie eine Unterkunft gefunden werden kann. Dublin-rücküberstellte Asylsuchende können grundsätzlich in einem CARA untergebracht werden, wenn sie von der zuständigen Präfektur zugewiesen werden und es freie Plätze gibt. Sie bleiben dort häufig auch länger als vorgesehen, wenn etwa kein Platz im Anschluss-Unterbringungssystem SPRAR zu finden ist (Schweizerische Flüchtlingshilfe, „Italien: Aufnahmebedingungen“, Oktober 2013, Seiten 5, 13, 14, 18, 19).
30 
Nach wie vor gibt es zwar Berichte über Schwierigkeiten, die in einigen regionalen Polizeidirektionen (Questure) aufgetreten sind im Rahmen der Registrierung des Asylantrages. Asylsuchende, die gemäß der Dublin-Verordnung nach Italien zurückgeführt werden, werden aber in der Regel über die Hauptflughäfen überstellt. Grundsätzlich werden die Nichtregierungsorganisationen, die dort die Informationsdienste unterhalten, vorab über deren Ankunft unterrichtet, um Informationen bereit zu stellen und das Asylverfahren in Italien in Gang zu setzen. Die Personen erhalten dann von der Grenzpolizei am Flughafen ein Einladungsschreiben, mit dem sie Asyl bei der zuständigen Polizeidirektion (Questura) beantragen können. In Rom wird der Asylantrag unmittelbar auf dem Flughafengelände registriert. Nach Beobachtungen von UNHCR muss ein Asylsuchender in Italien im Durchschnitt ca. 4 - 6 Monate von der Registrierung des Asylantrags bis zur Entscheidung der zuständigen Territorial-Kommission warten. Es wurde in einigen Fällen aber auch über Wartezeiten von mehr als zwölf Monaten berichtet. Die Praxis der Beschränkung der Aufnahme in CARAs auf maximal sechs Monate, scheint abgeschafft worden zu sein. Am Flughafen selbst haben Personen, die gemäß der Dublin-Verordnung überstellt werden, in der Regel zunächst Zugang zu Transitunterbringungseinrichtungen, von denen es am Flughafen Rom 150 Plätze gibt (UNHCR, „Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien“, Juli 2013, S. 7, 8, 12 und 13).
31 
Mit Beschluss vom 17.07.2013 (A 11 K 2415/13) hatte der Einzelrichter in einem vergleichbaren Fall eines iranischen Ehepaares einen identischen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen eine Abschiebungsanordnung nach Italien abgelehnt. Tragender Grund war dort, dass die Verfahrensbevollmächtigten in voller Kenntnis der entsprechenden Verfügung - gegen die sie rechtzeitig Klage eingelegt hatten - und in Kenntnis des Abschiebedatums, das ihnen zwei Wochen zuvor mitgeteilt worden war, diesen Eilantrag erst wenige Stunden vor der Abschiebung anbrachten um so das Gericht - so die Annahme - zu einer schnellen Eilentscheidung mit positivem Ausgang zu nötigen. Die damaligen Antragsteller wurden schließlich am 16.10.2013 nach Italien über den Flughafen Rom-Fiumicino überstellt. Das zugehörige Hauptsacheverfahren (A 11 K 2400/13) ist nach wie vor anhängig.
32 
Um die Möglichkeit einer Abänderungsentscheidung von Amts wegen gemäß § 80 Abs. 7 S. 1 VwGO - der von § 80 AsylVfG nicht ausgeschlossen wird - zu gewährleisten, hat der Einzelrichter im Anschluss den Fortgang der Geschehnisse eruiert. Die dortigen Antragsteller leben derzeit in Rom in einem Flüchtlingsaufnahmezentrum in der Via Aristide Staderini 5 im Osten Roms. Diese Unterkunft ist im Internet mit dem Programm „google maps“ im Modus „Streetview“, zu betrachten. Die Umgebungsbebauung entspricht einem Mittelklasse-Wohngebiet. Die Unterkunft selbst entspricht dem, was der Einzelrichter auch in Deutschland an Unterbringungseinrichtungen für Flüchtlinge aktuell kennt. Gegenüber einem italienischen Journalisten, der gegenwärtig über die unterschiedliche Situation von Flüchtlingen in Italien und Deutschland recherchiert, gaben diese beiden Personen u.a. an, sie seien mit der Unterkunft nicht zufrieden. Das Essen sei schlecht. Sie hätten ein Zwei-Bett-Zimmer ohne weitere Möbel. Auch gebe es Käfer. Medizinisch-psychiatrische Unterstützung würden sie erhalten. Morgens erhielten sie Schulunterricht. In der Unterkunft lebten ca. 530 Personen. Nach der Ankunft in Rom hätten sie zunächst zwei Nächte am Flughafen bleiben müssen. Dann seien sie in diese Unterkunft gekommen.
33 
d) Aus der Gesamtschau schließt der Einzelrichter somit, dass die oben näher ausgeführten angenommenen Mängel im italienischen Schutzsystem im Falle der Antragsteller nicht zu befürchten sind. Der Zugang zum italienischen Asylverfahren gestaltet sich in ihrem Fall problemlos. Die „verbalizzazione“ erfolgt unmittelbar nach Ankunft im Büro der Questura di Roma auf dem Flughafengelände. Die Nichtregierungsorganisation Badia Grande wird dort die Beratung übernehmen. Für eine - geringfügige - Wartezeit stehen im Transitbereich Notübernachtungsplätze zur Verfügung. Anschließend ist ein Übergang in eine Aufnahmeeinrichtung möglich. Hinweise für konkret drohende Obdachlosigkeit bestehen nicht. Die Qualität der Unterbringung mag unter dem in Deutschland vielfach vorhandenen Standard liegen. Ein Zwei-Bett-Zimmer für ein Ehepaar ist nicht menschenunwürdig, auch wenn es ansonsten an Mobiliar fehlen sollte. Über Käfer (Kakerlaken) in einer Flüchtlingsunterkunft wurde dem Einzelrichter unlängst auch im Verfahren A 11 K 4608/13, eine serbische Staatsangehörige in einer baden-württembergischen Unterkunft, berichtet. Der italienische Staat bietet den so in Rom untergebrachten Schutzsuchenden sowohl medizinische Versorgung als auch Schulunterricht (Sprachkurs). Die so zu erwartende Qualität der Unterbringung rechtfertigt nicht die Ausübung des Selbsteintrittsrechts der Antragsgegnerin.
34 
Zuletzt liegt auch die Dauer des zu erwartenden Asylverfahrens (vier bis sechs Monate, im Einzelfall bis zu 12 Monate) unter dem in Deutschland vielfach üblichen. Nachdem die Praxis, aus einer Erstaufnahmeeinrichtung entlassen zu werden, ehe die Anschlussunterbringung geklärt ist, laut UNHCR (vgl. oben) abgeschafft wurde, besteht auch die Gefahr der Obdachlosigkeit während der weiteren Verfahrensdauer nicht mehr. Mit Blick auf die zu erwartende Verfahrensdauer ist im Übrigen festzustellen, dass allein die Republik Italien - und nicht die Bundesrepublik - über die Visa-Antragsunterlagen der Antragsteller verfügt, deren Beiziehung und Auswertung womöglich hilfreich sein könnte.
35 
Der Antrag der Antragsteller musste daher erfolglos bleiben.
36 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Mangels Erfolgsaussicht (vgl. oben) konnte Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO). Im Übrigen wären die wirtschaftlichen Voraussetzungen insoweit nicht glaubhaft gemacht. Zwar verfügen die Antragsteller in Deutschland über kein Einkommen. Wieweit sie von hier aus - etwa über Verwandte im Iran - Zugriff auf Vermögenswerte haben, ist aber völlig ungeklärt.
38 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 31. Jan. 2014 - A 11 K 3470/13

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 31. Jan. 2014 - A 11 K 3470/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re
Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 31. Jan. 2014 - A 11 K 3470/13 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 14. Apr. 2014 - 7 B 26/13

bei uns veröffentlicht am 14.04.2014

Gründe I. 1 Mit Bescheid vom 19. November 2008 verpflichtete der Beklagte die Klägerin

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Gründe

I.

1

Mit Bescheid vom 19. November 2008 verpflichtete der Beklagte die Klägerin und eine Firma O., gesamtschuldnerisch die Kosten für die Rückholung und Entsorgung von 216,43 t Kunststoffabfällen aus Sosnová/Tschechien in Höhe von 45 553,93 € zu tragen. Die Klägerin hatte im Jahr 2005 322,21 t Abfälle, bezeichnet als Verpackungen aus Kunststoff, durch die Firma O. nach Sosnová verbringen lassen, ohne dies zu notifizieren. Das Verwaltungsgericht hat den zu zahlenden Betrag auf 45 212,96 € herabgesetzt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Rechtsgrundlage der Zahlungspflicht sei § 8 Abs. 3 AbfVerbrG. Die im Jahr 2005 ohne Notifizierung ausgeführten Abfalltransporte seien illegal im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Buchst. a VO (EWG) 259/93 gewesen. Die materielle Beweislast dafür, dass eine Notifizierungspflicht nicht bestanden habe, weil die Abfälle als solche der Grünen Liste anzusehen und ausschließlich zur Verwertung nach Tschechien verbracht worden seien (Art. 1 Abs. 3 Buchst. a VO 259/93), trage die Klägerin (UA Rn. 15). Den Beweis, dass die Verbringung nach Tschechien der Verwertung der Abfälle gedient habe, habe die Klägerin nicht erbracht (UA Rn. 17). Nachdem unstreitig aus ihrem Betrieb 322,21 t nach Sosnová auf das Gelände der Firma D. verbracht worden seien, trage sie auch die materielle Beweislast dafür, dass die Abfälle, wenn schon nicht zur Verwertung, so doch mit anderer Zielrichtung vom Gelände der Firma D. auf den Weg gebracht worden seien. Der Beklagte habe dadurch, dass er die Abfälle weggeschafft habe, ohne sich aufgrund der von der Klägerin behaupteten Art der Bindung und der Ausmaße der Abfallpakete Klarheit über eine etwaige Provenienz aus dem Betrieb der Klägerin zu verschaffen, den Beweis nicht vereitelt. Es hätte der Klägerin oblegen, die Erkenntnisgewinnung, dass die Abfälle nicht von ihr stammen, durch einen Hinweis auf die Art der Zusammenbindung und der konkreten Ausmaße der Abfallballen aufzuzeigen (UA Rn. 18). Aus dem Akteninhalt und den Zeugenaussagen ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Abfälle beim Rücktransport im Mai 2008 nicht mehr auf dem Gelände in Sosnová gewesen seien (UA Rn. 19). Art. 24 Abs. 3 der auf die Rückholung anwendbaren VO (EG) 1013/2006 stehe der Inanspruchnahme der Klägerin nicht entgegen. Die Verordnung mache keine Aussage dazu, wie die Pflichten zuzuordnen seien, wenn - wie hier - den Empfänger eine Mitverantwortung treffe. Dass sich die zuständigen Behörden über eine angemessene Kostenverteilung einigen könnten, sei aber unstreitig (UA Rn. 24).

2

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.

II.

3

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

4

1. Die Rechtssache hat nicht die von der Klägerin geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

5

a) Die Frage,

ob im Rahmen von § 8 Abs. 3 AbfVerbrG i.V.m. Art. 26 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Art. 1 Abs. 3 Buchst. a VO (EWG) 259/93 der Verpflichtete oder die zuständige Behörde die Beweislast dafür trägt, dass es sich um eine illegale Abfallverbringung handelt einschließlich der Tatsachen, dass es sich um Kunststoffabfälle der Grünen Liste handelt, die zur Verwertung bestimmt sind,

bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Sie ist anhand der einschlägigen Verordnung nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen ohne Weiteres im Sinne des Verwaltungsgerichtshofs zu beantworten.

6

Wer das Risiko eines "non-liquet" trägt, ist durch Auslegung des materiellen Rechts zu entscheiden. Im Grundsatz geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen, der hieraus für sich günstige Rechtsfolgen ableiten will (stRspr, Urteile vom 11. September 2013 - BVerwG 8 C 4.12 - ZOV 2013, 177 Rn. 41 und vom 21. Mai 2008 - BVerwG 6 C 13.07 - BVerwGE 131, 171 = Buchholz 402.7 BVerfSchG Nr. 11 Rn. 41). Ausgehend hiervon trägt derjenige, der beabsichtigt, in Anhang II der VO (EWG) 259/93 (Grüne Liste) aufgeführte Abfälle in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen oder verbringen zu lassen, die Beweislast dafür, dass diese Abfälle zur Verwertung bestimmt sind. Nur unter dieser Voraussetzung ist er berechtigt, die Abfälle zu verbringen, ohne dies der zuständigen Behörde zu notifizieren. Die Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen muss gemäß Art. 3 Abs. 1 VO (EWG) 259/93 unabhängig davon notifiziert werden, um welche Art von Abfällen es sich handelt (vgl. jetzt Art. 3 Abs. 1 Buchst. a VO 1013/2006). Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) 259/93 ändert daran nichts, denn auch nach dieser Vorschrift sind Abfälle vorbehaltlich von Rückausnahmen von der Geltung der Verordnung nur ausgenommen, wenn sie ausschließlich zur Verwertung bestimmt und in Anhang II aufgeführt sind. Nur diese Abfälle sollen - wie durch den Erwägungsgrund Nr. 14 bestätigt wird - von den in der Verordnung vorgesehenen Kontrollverfahren ausgenommen sein, da sie bei sachgemäßer Verwertung im Bestimmungsland normalerweise keinerlei Risiken für die Umwelt bergen dürften. Insoweit ist Art. 1 Abs. 3 VO (EWG) 259/93 - wie der Verwaltungsgerichtshof zu Recht angenommen hat - eine dem Abfälle Verbringenden günstige Ausnahmevorschrift. Dass die Verwertung - wie die Klägerin unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Abfallrahmenrichtlinie (RL 2006/12/EG) geltend macht - Vorrang vor der Beseitigung haben soll, ist für die Beweislast nicht relevant. Aus dem normativen Vorrang der Verwertung folgt nicht, dass Abfälle auch tatsächlich in der Regel zur Verwertung und nicht zur Beseitigung in den Empfängerstaat verbracht werden. Vor Verbringung der Abfälle ist im Übrigen nur die Person, die die Verbringung beabsichtigt, in der Lage, darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, was im Empfängerstaat mit den Abfällen geschehen soll. Dementsprechend sind den zu verbringenden Abfällen gemäß Art. 11 Abs. 1 Buchst. d und e VO (EWG) 259/93 vom Besitzer unterzeichnete Angaben zu Name und Anschrift des Empfängers und zur Art des Verwertungsverfahrens beizugeben. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden (Urteil vom 25. Juni 1998 - Rs. C-192/96 - Slg. 1998, I-4029 Rn. 54), dass die zuständigen Behörden im Allgemeinen bei den zur Verwertung bestimmten nicht notifizierungspflichtigen Abfällen der Grünen Liste zumindest die in Art. 11 der Verordnung genannten Angaben verlangen müssen. Zur Beweislast hat sich der Gerichtshof zwar nicht geäußert; es versteht sich jedoch von selbst, dass derjenige, der gemäß Art. 11 Abs. 1 VO (EWG) 259/93 Angaben zur vorgesehenen Verwertung zu machen hat, hierfür auch die materielle Beweislast trägt. Darlegungs- und Beweislast folgen denselben Grundsätzen (vgl. Urteil vom 29. Mai 2013 - BVerwG 6 C 10.11 - BVerwGE 146, 325 Rn. 25). Ob die Notifizierungspflicht als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt oder als repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt zu qualifizieren ist, kann offenbleiben. Denn wenn die Erlangung einer Erlaubnis von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig ist - wie hier die Notifzierungsfreiheit von der Bestimmung des Abfalls zur Verwertung -, liegt die Beweislast für diese Voraussetzungen auch bei einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt beim Erlaubnisbewerber (vgl. Dawin, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. 2, Stand April 2013, § 108 Rn. 106).

7

b) Die Frage,

ob die zuständige Behörde die materielle Beweislast für die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 AbfVerbrG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 und Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006 dahingehend trägt, dass die von dem zur Rückholung von Abfällen herangezogenen Verpflichteten stammenden Abfälle Teil der von der Behörde zurückgeführten Menge gewesen sind und es sich dabei um die "betreffenden Abfälle" gehandelt hat,

bedarf, soweit sie in einem Revisionsverfahren entscheidungserheblich wäre, ebenfalls nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem zur Notifizierung Verpflichteten nicht von vornherein die Beweislast dafür auferlegt, dass sich unter den von der Behörde zurückgeholten Abfällen nicht auch die von ihm illegal verbrachten Abfälle befanden. Er hat seine eigene Rechtsprechung, dass eine Rückführverpflichtung von einem bestimmten Ort zur Voraussetzung hat, dass dort tatsächlich solche Abfälle lagern, die der Verantwortungssphäre des Verpflichteten zuzurechnen sind (VGH München, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 20 B 09.45 - juris Rn. 17), in dem angefochtenen Urteil nicht in Frage gestellt. Er hat hier jedoch im Anschluss an das Urteil des Verwaltungsgerichts (S. 26 f. der Urschrift) festgestellt, dass die Abfälle der Klägerin an den Ort der Rückholung - das Gelände der Firma D. in Sosnová - verbracht worden waren (UA Rn. 18). Dieser Nachweis hatte in dem dem o.g. Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 10. Dezember 2009 zugrunde liegenden Fall, auf den sich die Klägerin beruft, nicht geführt werden können. Dass in ersterem Fall die materielle Beweislast für den anderweitigen Abtransport der Abfälle bei demjenigen liegt, der diese Abfälle illegal an den Ort der Rückholung verbracht hat, ergibt sich ohne Weiteres aus der dargelegten allgemeinen Regel, wonach die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten desjenigen geht, der hieraus für sich günstige Rechtsfolgen ableiten will. Ist davon auszugehen, dass Abfälle ohne die erforderliche Notifizierung und damit illegal an einen bestimmten Ort im Empfängerstaat verbracht wurden, so hat die zuständige Behörde am Versandtort dafür zu sorgen, dass der Notifzierende (Art. 2 Nr. 15 VO 1013/2006) die betreffenden Abfälle zurücknimmt (Art. 24 Abs. 2 Buchst. b VO 1013/2006) oder, wenn dies - wie hier (Rn. 20 des angefochtenen Urteils) - nicht möglich ist, sie auf Kosten des Notifizierenden de jure (Art. 25 Abs. 1 Buchst. b VO 1013/2006) selbst zurückzunehmen (Art. 24 Abs. 2 Buchst. c VO 1013/2006). Die zuletzt genannte, ebenfalls unter dem Vorbehalt des Möglichen stehende Verpflichtung der Behörde entfällt, wenn der Notifizierende de jure die von ihm verbrachten Abfälle vor einer Rückholung durch die Behörde selbst zurücknimmt oder ein Dritter die Abfälle abtransportiert. Diese Voraussetzungen für ein Entfallen der bereits entstandenen Rückführverpflichtung sind dem Notifizierenden de jure günstig; er trägt insoweit die materielle Beweislast.

8

c) Die Frage,

ob der Inanspruchnahme eines Verpflichteten nach Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006 Absatz 3 dieser Vorschrift entgegensteht, wenn auch der Empfänger die illegale Verbringung zu verantworten hat, oder ob eine solche Mitverantwortung beider Seiten nach Billigkeit aufgeteilt werden kann oder etwa eine der beiden Bestimmungen vorrangig ist,

bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Dass eine Mitverantwortung des Empfängers der illegal verbrachten Abfälle einer Kostentragungspflicht des Notifizierenden de jure nach § 8 Abs. 3 AbfVerbrG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006 dem Grunde nach jedenfalls dann nicht entgegensteht, wenn - wie hier - die eigene Verantwortung des Notifizierenden überwiegt, liegt auf der Hand. In Betracht käme in einer solchen Situation allenfalls ein Vorrang der Inanspruchnahme des Notifizierenden nach Art. 24 Abs. 2 VO (EG) 1013/2006, hier also der Klägerin, vor einer solchen des Empfängers nach Art. 24 Abs. 3 VO (EG) 1013/2006. Ausgehend hiervon ist die Klägerin durch die vom Verwaltungsgerichtshof bejahte Möglichkeit, dass sich die zuständigen Behörden über eine angemessene Kostenverteilung einigen können (UA Rn. 24), nicht beschwert. Dass der Beklagte und die tschechischen Behörden bei der gefundenen Einigung vom Verwaltungsgerichtshof nicht erkannte rechtliche Grenzen zu Lasten der Klägerin überschritten, insbesondere das Übermaßverbot verletzt haben könnten, hat die Klägerin selbst nicht geltend gemacht.

9

d) Die Frage,

ob sich bei einer untrennbaren Vermischung eines illegal ins Ausland verbrachten Abfalls mit anderen Abfällen die Rückfuhrverpflichtung des Art. 24 Abs. 2 Buchst. b VO (EG) 1013/2006 auf einen mengenmäßig entsprechenden Teil des Gemischs bezieht und die Verminderung der Gesamtmenge aller Abfälle sämtlicher Lieferanten bis zur vor der Rückholung durchgeführten Bestandsaufnahme anteilig zu berücksichtigen wäre,

ist, soweit entscheidungserheblich, nicht klärungsbedürftig.

10

In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass, wenn Abfälle eines entsorgungspflichtigen Abfallbesitzers bei einem mit der Entsorgung beauftragten Dritten mit Abfällen gleicher Art anderer Entsorgungspflichtiger vermischt werden, jeder Entsorgungspflichtige für einen Anteil an der Gesamtmenge des vermischten Abfalls verantwortlich bleibt, der mengenmäßig seinem Beitrag entspricht (Urteil vom 28. Juni 2007 - BVerwG 7 C 5.07 - BVerwGE 129, 93 = Buchholz 451.221 § 16 KrW-/AbfG Nr. 2). Das gilt nach unbestrittener Auffassung auch im Abfallverbringungsrecht (VGH Mannheim, Urteil vom 13. Juli 2010 - 10 S 470/10 - juris Rn. 66; VG Würzburg, Urteil vom 31. Mai 2011 - W 4 K 08.2290 - S. 33 der Urschrift = juris Rn. 63; Backes, in: Oexle/Epiney/Breuer, EG-Abfallverbringungsverordnung, 2010, Art. 24 Rn. 2). Einwände hiergegen hat auch die Klägerin nicht erhoben. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat die Verantwortung der Klägerin für die Rückholung einer Abfallmenge von 214,81 t Kunststoffabfällen nicht in Frage gestellt, obwohl er Zweifel hatte, dass die von der Klägerin nach Sosnová verbrachten Abfälle anhand der Art der Zusammenbindung und der Ausmaße der Abfallballen von anderen dort lagernden Kunststoffabfällen hätten unterschieden werden können (UA Rn. 18).

11

Dass sich die Gesamtmenge aller illegal aus Bayern nach Sosnová verbrachten Kunststoffabfälle vor ihrer Rückholung durch die Beklagte vermindert hat, hat der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt. Die Sonderabfallagentur Baden-Württemberg GmbH hatte am 6. Juli 2006 2 650 t Kunststoffabfälle aus Deutschland festgestellt; die Bestandsaufnahme vom Februar 2008 hatte eine Menge von 2 687,1 t an Kunststoffabfällen ergeben. An diesen Feststellungen hatte der Verwaltungsgerichtshof keine Zweifel (UA Rn. 19). Dem Vortrag der Klägerin, dass bis zur Stilllegung des Betriebs etwa 38 000 t Abfall nach Sosnová verbracht worden seien und sich - wie die Klägerin bei ihren Berechnungen zur anteiligen Kürzung ihrer Rückholverpflichtung voraussetzt - mit den von ihr nach Sosnová verbrachten Abfällen untrennbar vermischt hätten (UA Rn. 5 a.E.), ist der Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt. Ob die Rückholverpflichtung in der von der Klägerin angenommenen Weise zu kürzen wäre, wäre in einem Revisionsverfahren mithin nicht entscheidungserheblich.

12

2. Die geltend gemachte Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Juni 2007 - BVerwG 7 C 5.07 - (a.a.O.) im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht in der erforderlichen Weise dargelegt. Es fehlt die Bezeichnung eines das angefochtene Urteil tragenden, dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts widersprechenden abstrakten Rechtssatzes (zu dieser Anforderung vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Der Verwaltungsgerichtshof hatte auch keinen Anlass, einen solchen Rechtssatz aufzustellen, denn - wie bereits dargelegt - hat er entgegen der Darstellung der Klägerin nicht festgestellt, dass sich die Gesamtmenge der illegal aus Bayern nach Sosnová verbrachten Kunststoffabfälle vor deren Rückholung vermindert hat.

13

3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

14

a) Die Klägerin meint, der Verwaltungsgerichtshof habe gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verstoßen, weil er sich an eine nicht vorliegende Beweisregel dadurch gebunden gefühlt habe, dass er, statt die Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der "betreffenden" Abfälle beim Beklagten zu sehen, der Klägerin die Beweislast für die rechtshindernde Tatsache auferlegt habe, dass sich ihre Abfälle bei der Durchführung der Rückholung nicht mehr auf dem Gelände der Firma D. in Sosnová befunden hätten.

15

Abgesehen davon, dass sich die Verteilung der Beweislast aus dem materiellen Recht ergibt (vgl. oben 1. a) und ihre Verkennung daher nicht zu einem Verfahrensmangel, sondern nur zu einer Verletzung materiellen Rechts führen kann, hat der Verwaltungsgerichtshof die unter den hier gegebenen Umständen bestehende Beweislast für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der "betreffenden" Abfälle nicht verkannt (siehe oben 1. b). Soweit sich die Klägerin dagegen wendet, dass der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Prüfung einer Beweisvereitelung durch den Beklagten ihr auferlegt hat, Anhaltspunkte dafür aufzuzeigen, dass die rückgeholten Abfälle nicht von ihr stammen, verkennt sie, dass (angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen sind. Eine Ausnahme kommt bei einer selektiven oder aktenwidrigen Beweiswürdigung, bei einem Verstoß gegen Denkgesetze oder einer sonst von objektiver Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht (Beschluss vom 17. Januar 2013 - BVerwG 7 B 18.12 - juris Rn. 9). Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

16

b) Die Klägerin macht schließlich geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren entscheidungserheblichen Vortrag zur Anwendbarkeit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur anteiligen Verminderung der Entsorgungspflicht nicht in Erwägung gezogen und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzt. Die Rüge ist unbegründet. Da der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hatte, dass sich die Gesamtmenge der illegal aus Bayern nach Sosnová verbrachten Kunststoffabfälle vor ihrer Rückholung vermindert hatte (vgl. oben 1. d), kam eine anteilige Minderung der Verantwortlichkeit der Klägerin nicht in Betracht.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.