Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 15. Feb. 2016 - A 11 K 1658/15

published on 15/02/2016 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 15. Feb. 2016 - A 11 K 1658/15
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Gericht

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der am ...1986 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er reiste am 26.09.2012 in das Bundesgebiet ein. Am 10.10.2012 beantragte er die Gewährung von Asyl.
Mit Schriftsatz vom 20.02.2014 trug er vor, er habe im Iran, in der Türkei und in Deutschland umfangreiche politische Aktivitäten betrieben; im Iran allerdings großteils unter verschiedenen Pseudonymen. Seit 2006 sei er Mitglied der Oppositionsorganisation Djombesh-e Iran-e Farda (SOS Iran). Er sei Verantwortlicher der Gruppe 3162 gewesen, habe oppositionelle Meldungen ins Internet gestellt, habe Flugblätter verbreitet und sich an der Organisation von Demonstrationen beteiligt. Am 14. Bahman 1388 (03.02.2010) sei er festgenommen worden, offensichtlich im Zusammenhang damit, dass an seiner Universität in Abadan für den 22. Bahman 1388 eine weitere Demonstration geplant gewesen sei, an deren Organisation er beteiligt gewesen sei. Ihm sei vorgeworfen worden, monarchistische Fahnen gehisst zu haben; dies habe er auch eingestanden. Am 31.04.1389 (22.07.2010) sei ein erstinstanzliches Urteil gegen ihn ergangen; hierdurch sei er zu einem Jahr Haftstrafe verurteilt worden, wovon sechs Monate zur Bewährung ausgesetzt worden seien. Diese Entscheidung sei durch das Urteil der Rechtsmittelinstanz vom 01.10.1389 (20.12.2010) bestätigt worden. Nach seiner Freilassung habe er sich regelmäßig melden müssen, und zwar häufiger, als im Urteil vorgesehen gewesen sei. Die Strafe sei relativ niedrig ausgefallen, weil er sich unter Druck bereit erklärt habe, mit den iranischen Behörden zusammenzuarbeiten. Man habe von ihm immer wieder neue Informationen in Bezug auf bestimmte Internetmeldungen, in Bezug auf die Aktivitäten anlässlich eines Fußballspiels und in Bezug auf die Identität politisch aktiver Personen verlangt. Weiter habe man von ihm verlangt, dass er eine bestimmte Person bespitzeln solle. Entgegen einem ausdrücklichen Verbot habe er sich nicht in der Lage gesehen, auf politische Aktivitäten zu verzichten. Vielmehr habe er an seiner Universität eine oppositionelle Gruppe mit dem Namen „Anjoman e Rahaye Iran“ gegründet. Aus Furcht, dass seine Aktivitäten den staatlichen Behörden bekannt werden könnten, habe er im September 2011 den Iran auf dem Landweg in Richtung Türkei verlassen. In der Türkei sei er als Asylbewerber der Stadt Van zugewiesen worden. Da er jedoch Telefonanrufe mit Todesdrohungen erhalten habe, habe er sich in der grenznahen Stadt Van nicht mehr sicher gefühlt und sei über Griechenland und andere Länder nach Deutschland gereist. In regierungsnahen Verlautbarungen aus dem Jahr 1391 sei er als Monarchist verunglimpft und als Separatist beschimpft worden.
Bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe am 28.07.2014 trug der Kläger vor, im Jahr 1381 habe er das Abitur abgeschlossen. Anschließend habe er in einem Computergeschäft gearbeitet und Nachhilfe in IT-Dingen an einer Privatschule gegeben. Von 1384 bis 1390 habe er an der Freien Universität in Abadan Informatik studiert; das erste Semester habe er allerdings in der Stadt Tabriz zugebracht. Von 1384 bis 1387 habe er parallel zum Studium in einer Firma für Internetdienste gearbeitet. Von 1387 bis 1389 habe er ein eigenes Geschäft geführt. Im Iran lebten noch zwei Brüder und seine Eltern. Seinen Wehrdienst habe er nicht geleistet; er sei auch nicht freigestellt gewesen. Seit dem Jahr 1384 sei er ein Web-Blogger und ein politischer Aktivist gegen die iranische Regierung. Er habe unter einem Pseudonym viele Interviews mit ausländischen TV-Sendern über politische Probleme des Landes geführt. Bei diesen Interviews habe er mit den Sendern per Skype Kontakt gehabt, nur seine Stimme sei zu hören gewesen, Bilder seien nie übertragen worden. Er habe immer angegeben, dass er aus Teheran stamme. Seit dem Jahr 1385 sei er Mitglied der Bewegung Iran Farda unter dem Namen SOS Iran. Der Hauptsitz dieser Bewegung sei in Los Angeles. Im Jahr 1386 habe er Flyer für Reza Pahlawi in Shiraz und Teheran verteilt. Auf den Flyern seien die Reden und Bilder von Pahlawi abgedruckt gewesen. Seit dem Jahr 1387 sei er aktives Mitglied der Foundation Ma Hastim. Auch diese Bewegung habe ihren Sitz in den USA. Zweimal habe er zusammen mit seinem jüngeren Bruder in der Stadt Abadan auf der Fußgängerbrücke die alte Fahne aus der Schah-Zeit aufgehängt. Auf der Flagge habe gestanden, dass die islamische Regierung nicht mehr bleiben dürfe. Beim zweiten Mal habe er „Ma hastim“ auf die Flagge geschrieben. Er habe auch den Web-Blog der Bewegung Ma hastim sowie von Azadi + Demokratie organisiert. In einem anderen Blog habe er vier Tage vor der Wahl über die Manipulationen der Wahl geschrieben. Die diversen Web-Blogs habe er von seinem eigenen PC aus betrieben. Dabei habe er nie den richtigen Namen angegeben. Er habe auch den Blog Enghelab Sabz gegründet. Dabei habe er über die Demonstrationen berichtet, wie diese im Iran verlaufen seien. Weiter habe er diverse Aufrufe zu Demonstrationen verbreitet und Aufrufe an Universitäten unter seinem Namen verschickt. Am 13.08.1388 sei er zu einer Demonstration nach Teheran gegangen. Am 16.09.1388 habe man versucht, eine Demonstration an der Universität in Abadan zu organisieren. Nach diesem Tag seien sie verdächtigt worden. Für den 22.10.1388 hätten sie erneut Aufrufe zur Demonstration organisiert. Am 14.10.1388 seien er, sein Bruder und viele Freunde verhaftet worden. Er und sein Bruder seien festgenommen worden, als sie sich bei ihrer Oma aufgehalten hätten. Sein kleiner Bruder sei einundzwanzig Tage in Einzelhaft gewesen. Er selbst sei eineinhalb Monate im Gefängnis in einer Einzelzelle gewesen und massiv gefoltert worden. Die ersten eineinhalb Monate sei er in Ahwaz in Untersuchungshaft beim Geheimdienst gewesen. Während dieser Zeit sei er aufgefordert worden, seine Freunde zu verraten. Er habe jedoch immer mitgeteilt, dass er allein gearbeitet habe. Ihm sei mitgeteilt worden, dass sein Bruder erzählt habe, dass er Flaggen aufgehängt habe. Nach viel Folter habe man ihm mitgeteilt, dass man ihn unter Bedingungen freilassen werde. Auf Vorhalt: Es habe Ohrfeigen gegeben und er habe sich in einem 2 x 2 m großen Zimmer alleine aufhalten müssen. Seine Augen seien immer verbunden gewesen, wenn er auf die Toilette gegangen sei. Auch beim Essen seien ihm die Augen verbunden gewesen. Die Vernehmungen seien von drei Männern durchgeführt worden. Zwei bis drei Tage lang sei ein Freund in seiner Zelle gewesen. Dieser habe ihm mitgeteilt, er solle alles erzählen. Zwanzig Tage lang habe es keinen Kontakt zu seiner Familie gegeben. Nach zwanzig Tagen habe er seine Mutter kontaktieren können. Diese habe ihn angefleht, bei den Vernehmungen alles zu sagen. Die ersten zwei bis drei Wochen habe er nur mitgeteilt, dass er die königliche Flagge aufgehängt habe. Nach zwei bis drei Wochen, als sein PC kontrolliert gewesen sei, hätten sie ihm einen Ausdruck von seinem Web-Blog vorgelegt. Danach habe er alles gestanden. Er habe Namen von Aktivisten außerhalb des Landes genannt. Gegen eine Kaution von 100 Mio. Tuman und gegen weitere Bedingungen sei er freigelassen worden. Bei der Kaution habe es sich um einen Grundbuchauszug seines Onkels mütterlicherseits gehandelt. Weitere Bedingung sei gewesen, dass eine Videoaufnahme mit einer Entschuldigung, die im iranischen Fernsehen gezeigt werde, gemacht werde; dieses Video sei tatsächlich gemacht worden, aber im iranischen Fernsehen nie gezeigt worden. Außerdem sei Bedingung gewesen, dass er eine Verpflichtungserklärung unterschreibe, wonach er nach der Freilassung keine Aktivitäten mehr gegen das Regime ausübe, dass er mit der Regierung zusammenarbeite und dass er Leute, die politisch aktiv seien, verrate. Ein Jahr habe es gedauert, bis er vom Revolutionsgericht sein Urteil erhalten habe. Innerhalb diesen Jahres habe er dreimal bei Gericht erscheinen müssen. Vom Revolutionsgericht sei er zu sechs Monaten Haft und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem sei er verpflichtet worden, sich alle drei Monate beim Geheimdienst zu melden. Alle zwei Wochen habe er den Inspekteur besuchen und ihm Informationen zu politischen Aktivitäten vermitteln müssen. Vom Inspekteur sei er aufgefordert worden, einen neuen E-Mail-Account zu aktivieren und mit alten Freunden Kontakt aufzunehmen. In dieser Zeit, als er unter Aufsicht gestanden habe und als Spitzel für die Regierung tätig gewesen sei, habe er seine politischen Aktivitäten verschärft. Am 22.03.1389 bzw. zehn Tage davor hätten sie Flyer verteilt und zu Demonstrationen aufgerufen. Seit dem Jahr 1389 sei er Mitglied von Nahed Nardomi. Im zehnten Monat des Jahres 1389 habe er seine eigene Organisation Anjoman Rahaee Iran gegründet. Nach einer Demonstration am 25.10.1389, bei der zwei Demonstranten getötet worden seien, habe er in fünfzig Städten des Landes Demonstrationen organisiert. Das von ihm organisierte Video sei im TV-Sender Nahad Mardomi gezeigt worden. Da seine Berufung gegen das Urteil des Revolutionsgerichts erfolglos gewesen sei, habe er im zwölften Monat 1389 im Gefängnis von Ahwaz die Gefängnisstrafe angetreten. Nach drei Monaten sei er im dritten Monat des Jahres 1390 freigelassen worden. Er habe jedoch eine weitere Verpflichtungserklärung unterschreiben müssen. Die Bewährung sei auf neun Monate verlängert worden und er habe sich nunmehr einmal monatlich melden müssen. Der Inspekteur habe von ihm verlangt, verdächtigen Personen Freundschaft anzubieten und deren Aktivitäten herauszufinden und sie zu verraten. Er habe versucht, in der letzten Zeit unauffällig zu bleiben. Gelegentlich habe es Kontakte zu dem Ingenieur gegeben. Er habe dies aber nicht länger ertragen können und habe nicht länger als Spitzel tätig sein wollen. Deshalb habe er das Land verlassen. Die ersten zwei Wochen nach seiner Ausreise seien sein Vater, seine Mutter, sein Bruder und seine Freundin festgenommen und verhört worden. Die ersten zwei Wochen seien seine Eltern oft mitgenommen und nach seinem Aufenthalt befragt worden. Sein Bruder habe sich innerhalb von fünf Jahren alle drei Monate beim Geheimdienst melden müssen. Seine Angehörigen seien nur verhört, aber nicht länger festgehalten worden. Am 18./19.06.1390 sei er von Khoy nach Van zu Fuß, mit dem PKW und mit dem Pferd gereist. In Van habe er bei der UN Asyl beantragt. Eineinhalb Monate sei er in Van gewesen. Wegen eines Erdbebens habe er die Stadt verlassen müssen. Er sei dann fünf Monate in Kayseri gewesen. Zweimal sei er in dieser Zeit bei der UN in Van, zweimal in Ankara gewesen. In Ankara, in Nefsheyre und in Kayseri habe er Demonstrationen organisiert. Der Aufruf zu Demonstrationen sei über das Internet per Skype und per E-Mail gegangen. Da er keinen Aufenthalt gehabt habe, keinen absehbaren Termin zum Interview bekommen habe, habe er die Türkei verlassen. In Begleitung eines Schleppers sei er nach Griechenland gereist. In Komotini sei er einhundertachtzehn Tage im Gefängnis gewesen. Nach der Freilassung habe er noch neun Tage auf der Insel zugebracht. Mit dem Boot sei er dann nach Italien gereist. Schließlich sei er mit dem Zug über Frankreich nach Deutschland gefahren. Für die Reise vom Iran in die Türkei habe er 1500 US Dollar bezahlen müssen, den gleichen Betrag für die Fahrt nach Griechenland und 3.200,00 EUR für die Fahrt von Griechenland nach Italien und 500,00 EUR für die Fahrt von Italien nach Deutschland. Hierbei habe es sich um eigene Ersparnisse und Ersparnisse seiner Eltern und von Freunden gehandelt. Seit er in Deutschland sei, sei er Mitglied der Organisation von Dr. B. Auf Vorhalt: Mit dieser Gruppe bestehe nur eine Zusammenarbeit, er sei aber kein Mitglied. In Deutschland habe er einen Text geschrieben und nur drei bis vier Tage später sei der Text in einer iranischen Zeitung, die für die Regierung arbeite, abgedruckt worden. Als Verfasser sei er jedoch nicht erkennbar gewesen. Acht bis neun Monate vor den aktuellen Wahlen im Iran habe er erneut seine Interpretationen zur Wahl und zur Zukunft geschrieben. Das sei drei bis vier Tage später in verschiedenen iranischen Zeitungen abgedruckt gewesen. Hierbei sei sein Name und sein Bild veröffentlicht worden. Seit er das Land Iran verlassen habe, habe er alle Artikel unter seinem Namen veröffentlicht.
Mit Schriftsatz vom 27.10.2014 trug der Kläger vor, er habe seine exilpolitischen Aktivitäten in Deutschland fortgesetzt. Am 25.10.2014 und am 31.10.2014 habe er zwei Demonstrationen gegen das iranische Regime organisiert, die auf der Stuttgarter Königstraße stattgefunden hätten. Außerdem habe er sich am 13.11.2014 in einem Interview mit dem Schweizer Radio Lora und am 17.11.2014 in einem Interview mit Voice of Amerika gegen das iranische Regime ausgesprochen.
Am 02.04.2015 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben und zur Begründung vorgetragen, er sei überzeugter Monarchist. Seit dem Jahr 1384 (2005) habe er sich unter Pseudonymen als Web-Blogger für monarchistische Organisationen und eigene Web-Blogs betätigt und im Jahr 1386 (2007) Flyer für Prinz Reza Pahlawi verteilt. Außerdem habe er zweimal eine Fahne des Schah in der Stadt Abadan auf der Fußgängerbrücke aufgehängt. Die Fahnen seien mit der Forderung beschriftet gewesen, dass die islamische Regierung zu verschwinden habe, beim zweiten Mal mit den Worten „Ma hastim“ (wir existieren). Darüber hinaus habe er an seiner Universität Aufrufe zu Demonstrationen getätigt, auch unter seinem Namen. Weiter habe er eine eigene Gruppierung (Anjoman-e Raha-e Iran) gegründet. Diese Gruppe habe Protestdemonstrationen organisiert und habe Video-Clips u. a. über die Ermordung von zwei Studenten bei einer Demonstration hergestellt, die auch vom TV-Sender Nahad Mardomi gezeigt worden seien. Am 14. Bahman 1389 (03.02.2010) sei er festgenommen worden, offensichtlich im Zusammenhang damit, dass an seiner Universität in Abadan für den 22. Bahman 1388 eine weitere Demonstration geplant gewesen sei, an deren Organisation er beteiligt gewesen sei. Ihm sei zum Vorwurf gemacht worden, dass er monarchistische Fahnen gehisst habe. Hinsichtlich seiner weiteren Aktivitäten habe offensichtlich nur ein Verdacht bestanden. Er sei vor allem psychischer Folter ausgesetzt gewesen. Die Haft habe fünfundvierzig Tage gedauert. Am 31.04.2014 sei das Urteil erster Instanz ergangen, mit dem er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bei einer weiteren Bewährungszeit von fünf Jahren verurteilt worden sei. Davon seien sechs Monate abzusitzen gewesen, sechs Monate seien auf Bewährung gewesen. Das Urteil sei am 01.10.2014 von der zweiten Instanz bestätigt worden. Im zwölften Monat des Jahres 1389 (Februar/März 2011) habe er die Haft angetreten und sei nach drei Monaten, also im dritten Monat 1390 (Mai/Juni 2011) wieder freigekommen. Dadurch habe sich die sechsmonatige Bewährungsstrafe auf neun Monate erhöht. Die vorzeitige Haftentlassung nach Abbüßung der halben vorgesehenen Zeit der Strafhaft sei aufgrund guter Führung sowie der Tatsache erfolgt, dass es sich um die erste Haftstrafe gehandelt habe. Hinzu komme, dass man von ihm Spitzeldienste verlangt habe. Nach seiner Entlassung habe er einer regelmäßigen Meldepflicht unterlegen. Da es ihm immer schwerer gefallen sei, den Aufforderungen zur Bespitzelung nachzukommen, ohne viele Fakten preiszugeben, habe er das Land verlassen. In der Türkei habe er Telefongespräche mit Todesdrohungen erhalten, deshalb habe er sich in der Türkei nicht mehr sicher gefühlt und sei nach Deutschland geflohen. In der Türkei und in Deutschland habe er umfangreiche exilpolitische Aktivitäten entfaltet. Bei regimegegnerischen Demonstrationen am 16.01.2015 vor dem iranischen Konsulat in Berlin und am 21.02.2015 in Frankfurt habe er jeweils monarchistisch ausgerichtete Redebeiträge im Namen der von ihm selbst gegründeten Organisation gehalten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, ihm subsidiären Schutz zuzuerkennen;
höchst hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger vorgetragen, die Schule habe er mit dem Abitur im Jahr 1382 abgeschlossen. Von 1384 bis 1389 habe er an der Universität Abadan das Studienfach Informatik studiert. Während dieser Zeit habe er bei seinen Eltern gewohnt. Schon während des Studiums habe er in einer Computerfirma gearbeitet. Von 1387 bis 1389 habe er ein eigenes Geschäft geführt; er habe Computer repariert und verkauft. Seinen Wehrdienst habe er nicht geleistet. Immer wieder habe er einen Aufschub wegen seines Studiums beantragt, der auch bewilligt worden sei. Im Iran sei er zweimal festgenommen worden. Die erste Festnahme sei am 14.11.1388 gewesen. Im Haus seiner Oma sei er zusammen mit seinem Bruder vom Geheimdienst festgenommen worden. 45 Tage lang sei er in der Haftanstalt des Geheimdienstes in Ahwaz festgehalten worden. Die ganze Zeit habe er in einer Einzelzelle zugebracht; lediglich zwei bis drei Tage sei ein Freund in der Zelle untergebracht worden. Die Verhöre seien regelmäßig durch mehrere Beamte durchgeführt worden. Zwei Beamte seien immer konstant anwesend gewesen, die anderen hätten gewechselt. Er sei befragt worden, welche Verbindungen er in das Ausland habe und wer für den Inhalt des Web Blogs verantwortlich sei. Außerdem hätten sie die Namen von Mitstreitern wissen wollen. Den Vernehmungsbeamten sei bekannt gewesen, dass er die Fahne des Schah aufgehängt habe. Zunächst habe er sich dahin eingelassen, dass er keine Verbindungen in das Ausland habe. Als ihm gedroht worden sei, dass sein Bruder nicht freigelassen würde, wenn er nicht kooperiere, habe er eingeräumt, dass er Verbindungen in das Ausland habe. Er habe auch die Namen der im Ausland befindlichen Freunde, mit denen er in Kontakt gestanden habe, preisgegeben. Die Frage, ob die Kampagnen vom Ausland aus finanziert seien, habe er bis zuletzt verneint. Da sein Computer eingezogen worden sei, sei er zu den darin enthaltenen Karikaturen befragt worden, wer diese angefertigt habe. Er habe geantwortet, er habe diese im Internet gefunden. Das Aufhängen der Schahfahne habe er eingeräumt, nachdem ihm mitgeteilt worden sei, sein Bruder habe dieses Vergehen gestanden. Am letzten Tag der Haft habe er zudem sein Passwort zum Zugang seiner Emails preisgegeben. Während der Haft habe er zweimal telefonischen Kontakt mit seiner Mutter gehabt. Sie habe ihm mitgeteilt, er solle alles gestehen. Während der Haft sei es zu Ohrfeigen gekommen, weitere Misshandlungen seien nicht erfolgt. Unter verschiedenen Bedingungen sei er freigekommen. Am letzten Hafttag sei im Verhörraum der Haftanstalt ein Schuldeingeständnis von ihm aufgenommen worden. Dieses hätte veröffentlicht werden sollen; ihm sei jedoch nicht bekannt, dass es veröffentlicht worden ist. Außerdem habe er mündlich zusichern müssen, dass er dem Sicherheitsdienst Informationen über Freunde mitteile. Unterschrieben habe er nichts. Schließlich habe der Bruder seiner Mutter einen Grundschuldbrief seines Hauses als Kaution im Wert von 100 Millionen Tuman hinterlegt; vorher habe der Vernehmungsbeamte Kontakt mit seiner Mutter aufgenommen und ihr den Verfahrensweg aufgezeigt. Im Anschluss habe es lediglich einmal, im Monat Tir 1389, eine Gerichtsverhandlung gegeben, bei der er anwesend gewesen sei. Die Verhandlung habe nur 2 Minuten gedauert. Man habe von ihm wissen wollen, ob er seine Taten bereue; dies habe er bejaht. Am 31.04.1389 sei das Urteil ergangen. Am 25.06.1389 habe er das Urteil bei Gericht abgeholt. Wegen illegaler Aktivitäten gegen die islamische Republik, wegen der Veröffentlichung illegaler Materialien, wegen der Anbringung der Schahfahne und wegen der Veröffentlichung von Slogans sei er zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt worden. Da er Jugendlicher gewesen sei, sei die Haft auf sechs Monate reduziert worden. Der Rest der Haft sei zur Bewährung auf fünf Jahre ausgesetzt worden. Außerdem habe er sich in den folgenden fünf Jahren alle drei Monate beim Geheimdienst melden müssen. Weiter habe er alle Reisen vorher dem Geheimdienst mitteilen müssen. Gegen dieses Urteil habe er Revision eingelegt. Diese habe jedoch keinen Erfolg gehabt. Das Revisionsurteil sei am 01.10.1389 ergangen. Die zweite Festnahme sei im zwölften Monat 1389 gewesen. Die Polizei habe ihn im Haus der Eltern zum Zweck des Haftantritts festgenommen. Im Gefängnis von Ahwaz habe er drei Monate verbüßt; während dieser Zeit habe es keine Verhöre gegeben. Während der Haftzeit sei er nicht in einer Einzelzelle gewesen. Er habe dann einen Antrag auf vorzeitige Freilassung wegen guter Führung gestellt. Dem Antrag sei stattgegeben worden. Man habe ihm jedoch auferlegt, sich beim Geheimdienst monatlich anstatt alle drei Monate zu melden. Der Auflage, sich beim Geheimdienst zu melden, sei er nach der ersten Festnahme regelmäßig nachgekommen. Nach Verbüßung der Haftstrafe habe er sich jedoch nur noch dreimal beim Geheimdienst gemeldet und danach das Land verlassen. Die Meldung beim Geheimdienst habe lediglich darin bestanden, dort ein Papier zu unterschreiben; dies habe jeweils nicht mehr als 5 Minuten gedauert. Der Verbindungsmann beim Geheimdienst namens S habe ihm jedoch immer wieder telefonische Aufträge erteilt. So habe er einmal einem Fußballspiel beiwohnen müssen, da der Verbindungsmann den Verdacht gehabt habe, dass dort Aktivitäten gegen die Regierung liefen. Er habe das Fußballspiel angeschaut, jedoch nichts festgestellt. Der Verbindungsmann habe ihn auch sonst einbestellt und von ihm verlangt, Informationen zu liefern. Solche Informationen habe er erteilt über Kontaktpersonen, die sich im Ausland aufhielten, und über im Internet mitgeteilte Zeitangaben zu Demonstrationen. Seit dem Jahr 1385 habe er Web Blogs erstellt. Außerdem sei er per E-Mail Mitglied in der Bewegung Ma Hastim, deren Organisation im Ausland bestehe, geworden. Zu dieser Bewegung habe er unter einem Pseudonym Kontakt gehalten. Auch mit der Organisation SOS Iran habe er in Kontakt gestanden. Im Jahr 1389 habe er eine eigene Organisation namens Anjoman Rahaei Iran (“junge Menschen für Freiheit im Iran“) gegründet. Diese Organisation habe 30 Mitglieder gehabt, die sich im Iran unter einem Pseudonym gemeldet hätten. Persönlich habe er die Mitglieder nie getroffen, sie hätten nur über das Internet Kontakt gehabt. Auch in der „Grünen Revolution“ sei er sehr aktiv gewesen. Im ersten und im zweiten Monat des Jahres 1388 habe er an einer Fußgängerbrücke in Abadan eine Schahfahne mit Seilen am Geländer zusammen mit seinem Bruder morgens um 6:00 Uhr angebracht. Sie seien dabei von niemandem beobachtet worden. Im Iran habe er weiter an vielen Demonstrationen teilgenommen, u.a. am 13.08.1388 in Teheran. Am 16.09.1388 hätten vor 200 Universitäten Demonstrationen stattfinden sollen. Die Sicherheitskräfte in Abadan hätten hiervon aber Wind bekommen. An diesem Tag sei deshalb die Universität geschlossen geblieben. Für den 22.11.1388 habe er zusammen mit seinem Bruder und weiteren Freunden eine große Demonstration in Abadan organisiert. Er habe in seinem Laden Flugblätter hergestellt, die seine Freunde in den Häusern hinterlassen hätten. Auf den Flugblättern sei zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen worden; genannt worden seien noch der Ort, das Datum und die Uhrzeit der Demonstration. Er habe auch Videoclips hergestellt und die Menschen aufgerufen, an bestimmten Demonstrationen teilzunehmen. In den Videoclips sei sein richtiger Name nicht enthalten gewesen, man habe nur seine Stimme gehört. Über das Internet habe er auch in ständigem Kontakt mit der Opposition im Ausland gestanden. Von in Amerika ansässigen Fernsehsendern sei er öfters unter einem Pseudonym interviewt worden, sein Bild sei dabei aber nicht gezeigt worden. Den Iran habe er verlassen, da der Verbindungsmann konkrete Taten habe sehen wollen. Er habe von ihm verlangt, andere Menschen auszuspionieren. Außerdem habe er Sorge gehabt, dass seine politischen Aktivitäten bekannt werden. Ein in der Türkei lebender Freund habe ihm einen Schlepper empfohlen. Im sechsten Monat 1390 habe er diesen Schlepper in der Nähe von Orumiyeh aufgesucht. Mit ihm zusammen habe er den Iran auf dem Landweg über das Gebirge verlassen. Sieben Monate habe er in der Türkei verbracht; zwei Monate in Van und fünf Monate in Kayseri. Van habe er verlassen wegen des Erdbebens. Aus dem Iran habe er das erforderliche Geld erhalten. Gegen Ende seines Aufenthaltes habe er auch in einer Fabrik gearbeitet, die Kopfkissen herstelle. In der Türkei habe er auch politische Aktivitäten entfaltet. Am 16.09.1390 habe er eine Demonstration vor der iranischen Botschaft in Ankara organisiert. In der Stadt, in der er sich aufgehalten habe, habe er für diese Demonstration Werbung gemacht, außerdem habe er mit einem Kleintransporter Leute nach Ankara transportiert. Auch Menschen aus Ankara seien anwesend gewesen, da er auch über das Internet Werbung gemacht habe. Außerdem habe er per Skype amerikanischen Sendern Interviews gegeben; dabei sei sein richtiger Name genannt worden. Deshalb habe der Geheimdienst zu seinen Eltern Kontakt aufgenommen und ihn zur Rückkehr aufgefordert. Er habe weiter Todesdrohungen über das Telefon bekommen. Daraufhin habe er sich an die türkische Polizei gewandt und um Schutz gebeten; dies sei jedoch abgelehnt worden. Deshalb habe er die Türkei verlassen und sei mit Hilfe eines Schleppers nach Griechenland gegangen. Dort sei er vier Monate inhaftiert gewesen. Mit Hilfe eines weiteren Schleppers sei er über Italien und Frankreich nach Deutschland gereist. Die gesamte Reise habe zwischen 4000 und 5000 EUR gekostet. Das Geld stamme von ihm selbst, von seiner Mutter und von im Ausland aufhältigen Freunden. Seine Mutter habe ihm im elften Monat 1390 mitgeteilt, sie sei zusammen mit seinem Vater zum Geheimdienst gebracht und dort einen Tag lang verhört worden. Sie seien befragt worden, wie er (der Kläger) ins Ausland gekommen sei und von was er lebe. Seine Eltern hätten nur ein einziges Mal beim Geheimdienst erscheinen müssen. Über weitere Nachstellungen habe seine Familie nichts berichtet. Während seines Aufenthaltes in Deutschland habe er von den Familienangehörigen erfahren, dass sich sein Bruder alle drei Monate beim Geheimdienst melden müsse. Dies habe jedoch nichts mit ihm (dem Kläger) zu tun; denn seiner Bruder habe eine eigene Strafe erhalten. Auch in Deutschland sei er politisch aktiv. Mit der von ihm gegründeten eigenen Organisation Anjoman Rahaie Iran habe er über das Internet Versammlungen organisiert. An der Kundgebung in Stuttgart am 22.11.1391 hätten 10 bis 15 Leute teilgenommen, an den Kundgebungen in Frankfurt am 24.03.1392 ca. 50 Leute und im Juli 2015 ca. 30 Leute sowie an der Kundgebung in Berlin im Februar 2015 zwischen 20 und 30 Leute. Bei den Kundgebungen seien Transparente getragen worden. In Frankfurt habe er einmal eine vierminütige Rede gehalten und dabei die Botschaft der politischen Gefangenen vorgelesen. Es seien dort aber auch noch andere Reden gehalten worden. Weiter habe er per Skype Fernsehsendern Interviews gegeben, die zwischen 10 Minuten und einer Stunde gedauert hätten. Auch Radiosendern in England und in der Schweiz habe er Interviews gegeben. Auf verschiedenen Nachrichtenseiten im Internet schreibe er Artikel. In Deutschland sei er nicht Mitglied einer politischen Gruppierung, er habe ja eine eigene Organisation. Derzeit gehörten seiner Organisation 50 Menschen an, die in den europäischen Ländern lebten. Die Mitgliedschaft erfolge per E-Mail. Es gebe keine Ausweise und keine Mitgliedsbeiträge. Die Namen der Mitglieder erschienen jedoch auf der Homepage. Seine Aktivitäten im Ausland seien der iranischen Regierung bekannt und hätten Reaktionen ausgelöst. In einer iranischen Zeitung sei ihm vorgeworfen worden, Mitglied einer terroristischen Organisation zu sein.
11 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die zur Sache gehörende Akte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13 
Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig. Zwar lag bei Klageerhebung ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung der Beklagten vor, weshalb das Verfahren mit Beschluss vom 01.06.2015 bis zum 02.11.2015 ausgesetzt wurde. Nach - erfolglosem - Ablauf dieser Frist ist das Gericht nicht mehr an einer sachlichen Entscheidung gehindert.
14 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG.
15 
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a), oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b).
16 
Als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Die Maßnahmen im Sinne von Nr. 2 können Menschenrechtsverletzungen, aber auch Diskriminierungen sein, die für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen; sie müssen aber in ihrer Gesamtheit eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Nr. 1 entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
17 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
18 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG geschützten Rechtsguts selbst zielt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
19 
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller festgestellten Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.11.1991 - 9 C 118/90 - BVerwGE 89, 162 und Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
20 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU). Zwar bleibt der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden i.S.d. Art. 15 RL 2011/95/EU erlitten hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Hat ein Antragsteller indes bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten, für den streitet die widerlegbare tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urt. v. 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u. a., Abdulla-, NVwZ 2010, 505). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.). Die Vermutung nach Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.). Maßgebend ist, ob stichhaltige Gründe gegen eine erneute Verfolgung sprechen, die in einem inneren Zusammenhang mit der vor der Ausreise erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung stünde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.11.2011 - 10 B 32/11 - juris -; VGH Mannheim, Urt. v. 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris -).
21 
Ob ein Verfolgungsgrund zu bejahen ist, ist in einem eigenen Prüfungsschritt zu ermitteln und beurteilt sich nach den Vorgaben des § 3b AsylG.
22 
Es ist Sache des Antragstellers, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Hierzu gehört, dass der Antragsteller zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1983 - 9 C 68/81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44; Urt. v. 24.03.1987 - 9 C 321/85 - NVwZ 1987, 701 und Beschl. v. 19.03.1991 - 9 B 56/91 - NVwZ-RR 1991). Ein im Laufe des Verfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Antragstellers in Frage stellen; ändert der Antragsteller in einem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.11.1985 - 9 C 26/85 - juris -; Urt. v. 23.02.1988 - 9 C 32/87 - DVBl 1988, 653 und Beschl. v. 21.07.1989 - 9 B 239/89 - NVwZ 1990, 171; BVerfG, Beschl. v. 29.11.1990 - 2 BvR 1095/90 - InfAuslR 1991, 94).
23 
Die Gefahr einer Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit - und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit - des von dem Antragsteller behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985 - 9 C 109/84 - BVerwGE 71, 180 und Urt. v. 12.11.1985 - 9 C 26/85 - InfAuslR 1986, 79).
24 
In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben ist dem Kläger nicht aus individuellen Verfolgungsgründen die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen. Denn er war zum Zeitpunkt seiner Ausreise keiner anlassgeprägten Einzelverfolgung ausgesetzt, weshalb ihm die Privilegierung aus Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG nicht zu Gute kommt.
25 
Das Gericht konnte sich aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und des in ihr gewonnenen Eindrucks von der Person des Klägers nicht die erforderliche volle Überzeugung davon gewinnen, dass die von ihm behaupteten Vorfluchtgründe der Wahrheit entsprechen. Denn das Vorbringen des Klägers zu den geltend gemachten Vorfluchtgründen enthält zahlreiche Widersprüche.
26 
Schon zum nicht geleisteten Wehrdienst gibt es unterschiedliche Angaben. Bei der Anhörung in Karlsruhe gab der Kläger an, er habe den Wehrdienst nicht geleistet und er sei auch nicht freigestellt gewesen. Abweichend hiervon trug der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor, er habe immer wieder einen Aufschub wegen seines Studiums beantragt, der auch bewilligt worden sei.
27 
Zahlreiche Widersprüche enthalten die Angaben des Klägers zu der geltend gemachten ersten Festnahme und Haft. So trug er in seinem Schriftsatz vom 20.02.2014 und in der mündlichen Verhandlung vor, die Festnahme sei am 03.02.2010 erfolgt. Demgegenüber machte er bei der Anhörung in Karlsruhe geltend, er sei am 14.10.1388 (04.01.2010) festgenommen worden. Weiter gab der Kläger bei der Anhörung in Karlsruhe an, er sei während der Haft massiv gefoltert worden. Abweichend hiervon ließ sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung dahin ein, es sei während der Haft zu Ohrfeigen gekommen, weitere Misshandlungen seien nicht erfolgt. Auch in der Klagebegründung machte der Kläger lediglich geltend, er sei psychischer Folter ausgesetzt gewesen. Bei der Anhörung in Karlsruhe trug der Kläger weiter vor, die Vernehmungen seien von drei Männern durchgeführt worden. In der mündlichen Verhandlung wusste er hingegen zu berichten, die Verhöre seien regelmäßig durch mehrere Beamte durchgeführt worden, zwei Beamte seien immer konstant anwesend gewesen, die anderen hätten gewechselt. Widersprüchlich ist weiter das Vorbringen des Klägers zu den geltend gemachten Bedingungen seiner Freilassung. Bei der Anhörung in Karlsruhe gab er diesbezüglich an, eine Bedingung sei gewesen, dass er eine Verpflichtungserklärung unterschreibe, wonach er mit der Regierung zusammenarbeite und politisch aktive Leute verrate. Demgegenüber teilte der Kläger in der mündlichen Verhandlung mit, er habe lediglich mündlich zusichern müssen, dass er dem Sicherheitsdienst Informationen über Freunde mitteile, unterschrieben habe er nichts.
28 
Widersprüchliche Angaben enthält das Vorbringen des Klägers auch zu der Zeit zwischen der geltend gemachten Freilassung und der Ausreise aus dem Iran. Bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe trug der Kläger vor, ein Jahr habe es gedauert, bis er vom Revolutionsgericht sein Urteil erhalten habe; innerhalb diesen Jahres habe er dreimal bei Gericht erscheinen müssen. In der mündlichen Verhandlung wusste er hingegen zu berichten, dass es lediglich eine einzige mündliche Gerichtsverhandlung gegeben habe, bei der er anwesend gewesen sei und die Verhandlung habe nur 2 Minuten gedauert. Auch zu den Daten der Gerichtsentscheidungen machte der Kläger unterschiedliche Angaben. In der Klagebegründung und in der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, das erstinstanzliche Urteil datiere vom 22.07.2010 und das Urteil der Rechtsmittelinstanz sei am 20.12.2010 ergangen; abweichend hiervon machte er in der Klagebegründung geltend, das Urteil erster Instanz sei am 31.04.2014 ergangen und das Urteil der zweiten Instanz stamme vom 01.10.2014. In der mündlichen Verhandlung berichtete der Kläger auch erstmals von einer zweiten Festnahme im zwölften Monat des Jahres 1389. Nach der dreimonatigen Haftverbüßung will der Kläger nach seinem Vorbringen in Karlsruhe eine weitere Verpflichtungserklärung unterschrieben haben. Hiervon wusste er in der mündlichen Verhandlung jedoch nichts zu berichten. Die in Kopie vorgelegten Dokumente über angebliche Urteile eines Revolutionsgerichts und eines Berufungsgerichts sind kein Beleg für das Vorbringen des Klägers. Denn es ist für iranische Staatsangehörige relativ leicht, an gefälschte Dokumente zu gelangen; dies schließt Gerichtsurteile ein (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Eine Vorlage an das Auswärtige Amt zur Prüfung der Echtheit der vorgelegten Dokumente scheidet aus, da bei in Kopie vorgelegten Dokumenten eine Überprüfung von deren Echtheit dem Auswärtigen Amt nicht möglich ist (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 07.07.2015 an VG Schwerin).
29 
Widersprüchlich ist weiter das Vorbringen des Klägers zu den behaupteten Nachstellungen gegenüber seinen Familienangehörigen. Insoweit trug er bei der Anhörung in Karlsruhe vor, die ersten zwei Wochen nach seiner Ausreise seien sein Vater, seine Mutter, sein Bruder und dessen Freundin festgenommen und verhört worden, die ersten zwei Wochen seien seine Eltern oft mitgenommen und nach seinem Aufenthalt befragt worden, sein Bruder habe sich innerhalb von fünf Jahren alle drei Monate beim Geheimdienst melden müssen. In der mündlichen Verhandlung wusste der Kläger jedoch lediglich zu berichten, seine Mutter habe ihm im elften Monat 1390 mitgeteilt, sie sei zusammen mit seinem Vater zum Geheimdienst gebracht und dort einen Tag lang verhört worden, seine Eltern hätten nur ein einziges Mal beim Geheimdienst erscheinen müssen und über weitere Nachstellungen habe seine Familie nichts berichtet. Im Hinblick auf seinen Bruder trug der Kläger in der mündlichen Verhandlung weiter vor, während seines Aufenthaltes in Deutschland habe er von den Familienangehörigen erfahren, dass sich sein Bruder alle drei Monate beim Geheimdienst melden müsse; dies habe jedoch nichts mit ihm (dem Kläger) zu tun, denn sein Bruder habe eine eigene Strafe erhalten.
30 
Lediglich am Rande verdient noch Erwähnung, dass auch die Angaben des Klägers in Karlsruhe und in der mündlichen Verhandlung zum Jahr des Ablegen des Abiturs und zur Dauer seines Studiums widersprüchlich sind.
31 
Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche hat das Gericht nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Iran einer menschenrechtswidrigen Verfolgung ausgesetzt war und dieses Land in einer ausweglosen Lage verlassen hat.
32 
Auch die geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten des Klägers führen nicht dazu, dass ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne von § 3a Abs. 1 AsylG droht.
33 
Zwar ist nach wie vor davon auszugehen, dass iranische Stellen die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen genau beobachten. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich solche führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 9. Dezember 2015). Danach kann eine Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Aktivitäten nur dann angenommen werden, wenn der iranische Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervorgetreten ist und sein Gesamtverhalten ihn den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran einwirkenden Regimegegner erscheinen lässt (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.07.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -). Eine herausgehobene Betätigung ist dann anzunehmen, wenn die Aktivitäten über den Rahmen massentypischer exilpolitischer Proteste hinausgehen und im Iran bekannt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 24.02.2014 an VG Würzburg).
34 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten im Iran eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
35 
Die vorgetragenen Aktivitäten können weder einzeln betrachtet noch in einer Gesamtschau als herausgehoben im erwähnten Sinne angesehen werden. Bei der ausführlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger das Gericht nicht davon überzeugen können, dass er wegen herausgehobener Aktivitäten als ernsthafter und gefährlicher Gegner des iranischen Staates erscheinen könnte. Vielmehr hat das Gericht aufgrund des Eindrucks aus der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger zum Kreis derjenigen gehört, die im Exil in nicht exponierter Weise ihren Unmut gegen das iranische Regime zum Ausdruck bringen.
36 
Der Kläger hat nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung über das Internet mehrere Versammlungen in deutschen Städten organisiert und dabei einmal eine vierminütige Rede gehalten. Weiter macht er geltend, er habe per Skype Fernsehsendern Interviews gegeben, die zwischen 10 Minuten und einer Stunde gedauert hätten, auch Radiosendern in England und in der Schweiz habe er Interviews gegeben. Schließlich schreibe er auf verschiedenen Nachrichtenseiten im Internet Artikel. Diese Aktivitäten halten sich im Rahmen massentypischer Proteste. Auch durch Wiederholung werden Aktivitäten dieser Art nicht zu hervorgehobenen. Der Kläger ist mit weitergehenden Aufgaben mit überörtlicher oder überregionaler Bedeutung, etwa der Wahrnehmung überregionaler Führungs- und Funktionsaufgaben nicht betreut. Er war nicht an bedeutsamen, nur Führungspersönlichkeiten vorbehaltenen Veranstaltungen beteiligt und hält nicht an verantwortlicher Stellung Kontakt zu den Zentralen der monarchistischen Exilopposition in den USA.
37 
Dass der Kläger anlässlich einer Demonstration eine Rede gehalten hat, begründet noch keine herausgehobene Aktivität. Es handelt sich um eine kurze, recht allgemein gehaltene Rede, die weder nach dem Inhalt noch nach den sonstigen Umständen erkennen lässt, dass der Kläger ein besonderer, sich von der Masse abhebender, gefährlicher Regimegegner sein könnte. Im Übrigen hat der Kläger vorgetragen, dass er nur einer von mehreren Rednern bei der Demonstration gewesen sei, so dass er nur als einer von vielen in Erscheinung trat.
38 
Die wiederholten Veröffentlichungen des Klägers im Internet (auch unter Namensnennung) führen ebenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Rückkehrgefährdung. Denn auch insoweit gilt nach wie vor die Erkenntnis, dass die iranischen Sicherheitsbehörden die Regimekritik, die aus dem europäischen Ausland geäußert wird, dem „gottlosen“ und „dekadenten“ Aufenthaltsstaat zuschreiben und als eine Handlungsweise bewerten, die nicht fortgesetzt wird, sobald der Betreffende in den Iran zurückgekehrt ist. Zudem wissen die iranischen Stellen, dass viele iranische Asylbewerber in Deutschland Oppositionsaktivitäten entwickeln, um in ihrem Asylverfahren einen Nachfluchtgrund geltend machen zu können (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.07.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -; Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 05.07.2006 an VG Stuttgart; Gutachten vom 03.02.2006 an VG Wiesbaden; Gutachten vom 04.01.2006 an VG Münster; Gutachten vom 05.10.2005 an VG Ansbach und Gutachten vom 19.10.2004 an VG Karlsruhe; Brocks, Gutachten vom 15.07.2009 an OVG Berlin-Brandenburg). Dementsprechend spricht viel dafür, dass die iranischen Sicherheitskräfte – sollten sie von den Internetaktivitäten des Klägers Kenntnis erlangt haben – diese Aktivitäten nicht als herausgehoben einstufen, sondern dem Bereich zuordnen, in dem eine Vielzahl von Asylbewerbern im westlichen Ausland agiert, um einen Asylgrund zu schaffen. Diese Einschätzung wird nicht dadurch verändert, dass der Kläger solche Artikel im Internet wiederholt verfasst hat. Denn Aktivitäten werden allein durch Wiederholung nicht zu solchen hervorgehobener Art. Selbst wenn der Kläger für die iranischen Sicherheitsbehörden identifizierbar geworden sein sollte, hat er doch nicht die Stellung als Verantwortlicher oder leitender Funktionsträger mit überörtlicher Bedeutung, die ihn als an führender Stelle Verantwortlichen qualifizieren lässt. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger im Internet verbreiteten Äußerungen und Stellungnahmen sich etwa durch besonders pointierte, das iranische Regime beleidigende oder gegebenenfalls aufwieglerische oder hetzerische Inhalte oder Formen von der Vielzahl anderer im Internet kursierender Protestbeiträge abgehoben hätten und den iranischen Behörden deshalb überhaupt schon aufgefallen sein müssten.
39 
Auch aus einer Gesamtschau der geltend gemachten Exilaktivitäten des Klägers ergibt sich nicht, dass ihm im Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine beachtliche Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG droht. Zwar ist der Kläger auf unterschiedliche Weise wiederholt exilpolitisch aktiv gewesen. Das Gericht hält auch angesichts des Umstandes, dass das iranische Regime die exilpolitischen Aktivitäten iranischer Staatsangehöriger intensiv beobachtet, durchaus für denkbar, dass der Kläger dabei entsprechenden Spitzeln aufgefallen ist. Die politischen Aktivitäten halten sich jedoch im Bereich der Aktivitäten, die von vielen mit dem iranischen System unzufriedenen Exiliranern unternommen werden und niedrigen Profils sind und den Kläger deshalb nicht als gefährlichen Regimegegner ausweisen. Hinzu kommt, dass von Seiten des iranischen Regimes die „Monarchisten“ nicht mehr als ernsthafte und ernst zu nehmende Opposition im Lande angesehen werden. Denn die Monarchie ist im Iran nicht mehrheitsfähig, und zwar weder in der klassischen Form der orientalischen Despotie, die die iranischen Monarchisten im Ausland so nicht vertreten, aber auch nicht in der Form einer konstitutionellen Monarchie (vgl. Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 03.02.2006 an VG München und Gutachten vom 10.10.2005 an VG Sigmaringen). Die Aktivitäten der Monarchisten im Ausland sind in den Augen der iranischen Sicherheitsbehörden deshalb nicht geeignet, zu einer Destabilisierung des politischen Systems im Iran beizutragen oder eine solche Destabilisierung herbeizuführen und diese Aktivitäten werden deshalb nicht als Gefahr für den Bestand des Regimes eingeschätzt (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 10.11.2009 - A 2 A 571/08 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 19.03.2007 an VG Münster und Auskunft vom 18.09.2007 an VGH Kassel). Auch aus dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er agiere (mittlerweile) unabhängig von politischen Gruppierungen, folgt nichts anderes. Selbst wenn seine Berichte und Kommentare in den Interviews und im Internet zu den Verhältnissen im Iran mit seinem Foto und seinem Namen regimefeindlich sein sollten und dem Kläger zugeordnet werden könnten, lassen sie keinen Bezug zu einer politisch bedeutsamen Kraft erkennen, deren Bekämpfung für den iranischen Staat nahe liegt. Damit gehören sie zu den zahllosen oppositionellen Statements, die sich mit den Notwendigkeiten eines Asylverfahrens erklären lassen. Den iranischen Stellen ist bekannt, dass mit solchen Aktivitäten auch eine drohende Verfolgungsgefahr heraufbeschworen und damit ein Verbleiben in Deutschland ermöglicht werden soll. Eine andere Einschätzung käme nur in Betracht, wenn der Kläger schon im Iran als Regimegegner aufgefallen wäre. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden, da sein Vorbringen zu dem Vorverfolgungsgeschehen – wie bereits dargelegt – unglaubhaft ist. Schließlich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf mehrmaliges Befragen erklärt, seine Eltern seien im elften Monat des Jahres 1390 nur ein einziges Mal vom Geheimdienst befragt worden, über weitere Nachstellungen habe seine Familie nicht berichtet. Den Erkenntnisquellen kann indessen entnommen werden, dass Familienangehörige von Oppositionellen häufig Opfer von staatlichen Maßnahmen wie Schikanen, Drohungen, kurzzeitigen Festnahmen, Misshandlungen und Haftstrafen werden; damit scheint die Regierung zu bezwecken, einerseits die Familienangehörigen so einzuschüchtern, dass sie das Schicksal ihrer Verwandten nicht öffentlich machen, andererseits aber auch die politischen Aktivisten dazu zu bewegen, sich den Behörden zu stellen bzw. zu kooperieren (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 11.12.2014 an VG Schwerin; ai vom Juni 2010: Verfolgung und Repression gegen Familienangehörige politischer Aktivisten und Aktivistinnen). Dass der Kläger von derartigen Beeinflussungsversuchen im Hinblick auf seine Familie nichts zu berichten weiß, wertet das Gericht als weiteren Anhaltspunkt dafür, dass er tatsächlich nicht in den Fokus iranischer Behörden geraten ist.
40 
Auch die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland Asyl beantragt hat, löst noch keine staatlichen Repressionen nach einer Rückkehr in den Iran aus (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Denn den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15.04.2015 - A 2 S 1923/14).
41 
Der mehrjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigt gleichfalls nicht die Annahme, die iranischen Staatsbürger würden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran staatlichen Repressionen ausgesetzt sein. Zwar kann es bei einer Rückkehr in den Iran in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft ist aber bislang ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder psychisch oder physisch gefoltert wurden. Es gibt derzeit auch keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier erhalten und in den Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise wird die frühere illegale Ausreise legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015).
42 
Umstände, die die iranischen Sicherheitsbehörden dazu veranlassen könnten, den Kläger der politischen Oppositionsbewegung zuzurechnen und ihn deshalb bei einer Rückkehr in den Iran abweichend von dem sonst üblichen Verfahren einer verschärften Befragung über die näheren Umstände ihrer Ausreise und ihres anschließenden Aufenthalts in Deutschland zu unterziehen, sind nicht erkennbar. Das Vorbringen des Klägers zu seinen Vorfluchtgründen ist – wie dargelegt – nicht glaubhaft und seine exilpolitischen Aktivitäten führen - wie oben ausgeführt - zu keiner Rückkehrgefährdung.
43 
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG.
44 
Nach dieser Bestimmung ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
45 
Bei der Prognose, ob für den Ausländer im Drittstaat die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden, ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Dass sich eine Vielzahl von Personen in derselben Situation befinden können, schließt die Anwendung des § 4 Abs. 1 AsylG nicht aus.
46 
§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG schützt indes nur vor Misshandlungen, die ein Mindestmaß an Schwere aufweisen. Damit eine Bestrafung oder Behandlung tatsächlich mit den Begriffen unmenschlich oder erniedrigend verbunden werden kann, müssen die damit verbundenen Leiden oder Erniedrigungen über das in rechtmäßigen Bestrafungsmethoden enthaltene, unausweichliche Leidens- oder Erniedrigungselement hinausgehen. Kriterien hierfür sind aus allen Umständen des Falles abzuleiten wie beispielsweise aus der Art der Behandlung oder Bestrafung und dem Zusammenhang, in dem sie erfolgt (vgl. EGMR, Urt. v. 07.07.1989 - 1/1989/161/217 -, Fall Soering, NJW 1990, 2183). Bei der Feststellung ob im Falle einer Abschiebung die Gefahr einer Misshandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG im Zielstaat besteht, ist sowohl die allgemeine Lage in diesem Staat als auch die persönliche Situation des Ausländers zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Urt. v. 30.10.1991 - 45/1990/236/302-306 -, Fall Vilvarajah, NVwZ 1992, 869).
47 
Anhaltspunkte für das Vorliegen der genannten Voraussetzungen sind mit Blick auf die Ausführungen zur Flüchtlingszuerkennung nicht ersichtlich.
48 
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG. Für die Frage, ob für den Kläger in seinem Heimatland eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG besteht, gilt das eben Ausgeführte entsprechend.
49 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

Gründe

 
12 
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da sie ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
13 
Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig. Zwar lag bei Klageerhebung ein zureichender Grund für die Nichtentscheidung der Beklagten vor, weshalb das Verfahren mit Beschluss vom 01.06.2015 bis zum 02.11.2015 ausgesetzt wurde. Nach - erfolglosem - Ablauf dieser Frist ist das Gericht nicht mehr an einer sachlichen Entscheidung gehindert.
14 
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG.
15 
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) -, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Nr. 2a), oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Nr. 2b).
16 
Als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Die Maßnahmen im Sinne von Nr. 2 können Menschenrechtsverletzungen, aber auch Diskriminierungen sein, die für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen; sie müssen aber in ihrer Gesamtheit eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Nr. 1 entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
17 
Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
18 
Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG geschützten Rechtsguts selbst zielt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
19 
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die vorgenannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller festgestellten Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.11.1991 - 9 C 118/90 - BVerwGE 89, 162 und Urt. v. 20.02.2013 - 10 C 23/12 - BVerwGE 146, 67).
20 
Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU). Zwar bleibt der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unverändert, auch wenn der Antragsteller bereits Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden i.S.d. Art. 15 RL 2011/95/EU erlitten hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Hat ein Antragsteller indes bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten, für den streitet die widerlegbare tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, Urt. v. 02.03.2010 - Rs. C-175/08 u. a., Abdulla-, NVwZ 2010, 505). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.). Die Vermutung nach Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - a.a.O.). Maßgebend ist, ob stichhaltige Gründe gegen eine erneute Verfolgung sprechen, die in einem inneren Zusammenhang mit der vor der Ausreise erlittenen oder unmittelbar drohenden Verfolgung stünde (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.11.2011 - 10 B 32/11 - juris -; VGH Mannheim, Urt. v. 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris -).
21 
Ob ein Verfolgungsgrund zu bejahen ist, ist in einem eigenen Prüfungsschritt zu ermitteln und beurteilt sich nach den Vorgaben des § 3b AsylG.
22 
Es ist Sache des Antragstellers, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich - als wahr unterstellt - ergibt, dass ihm bei verständiger Würdigung Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Hierzu gehört, dass der Antragsteller zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lückenlos zu tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.03.1983 - 9 C 68/81 - Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 44; Urt. v. 24.03.1987 - 9 C 321/85 - NVwZ 1987, 701 und Beschl. v. 19.03.1991 - 9 B 56/91 - NVwZ-RR 1991). Ein im Laufe des Verfahrens sich widersprechendes oder sich steigerndes Vorbringen kann die Glaubwürdigkeit des Antragstellers in Frage stellen; ändert der Antragsteller in einem späteren Vortrag sein früheres Vorbringen, so muss er überzeugende Gründe darlegen, weshalb sein früheres Vorbringen falsch gewesen ist, will er nicht den Eindruck der Unglaubwürdigkeit erwecken (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.11.1985 - 9 C 26/85 - juris -; Urt. v. 23.02.1988 - 9 C 32/87 - DVBl 1988, 653 und Beschl. v. 21.07.1989 - 9 B 239/89 - NVwZ 1990, 171; BVerfG, Beschl. v. 29.11.1990 - 2 BvR 1095/90 - InfAuslR 1991, 94).
23 
Die Gefahr einer Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG kann schließlich nur festgestellt werden, wenn sich das Gericht in vollem Umfang die Überzeugung von der Wahrheit - und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit - des von dem Antragsteller behaupteten individuellen Verfolgungsschicksals verschafft (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.04.1985 - 9 C 109/84 - BVerwGE 71, 180 und Urt. v. 12.11.1985 - 9 C 26/85 - InfAuslR 1986, 79).
24 
In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben ist dem Kläger nicht aus individuellen Verfolgungsgründen die Flüchtlingseigenschaft zu zuerkennen. Denn er war zum Zeitpunkt seiner Ausreise keiner anlassgeprägten Einzelverfolgung ausgesetzt, weshalb ihm die Privilegierung aus Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG nicht zu Gute kommt.
25 
Das Gericht konnte sich aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und des in ihr gewonnenen Eindrucks von der Person des Klägers nicht die erforderliche volle Überzeugung davon gewinnen, dass die von ihm behaupteten Vorfluchtgründe der Wahrheit entsprechen. Denn das Vorbringen des Klägers zu den geltend gemachten Vorfluchtgründen enthält zahlreiche Widersprüche.
26 
Schon zum nicht geleisteten Wehrdienst gibt es unterschiedliche Angaben. Bei der Anhörung in Karlsruhe gab der Kläger an, er habe den Wehrdienst nicht geleistet und er sei auch nicht freigestellt gewesen. Abweichend hiervon trug der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor, er habe immer wieder einen Aufschub wegen seines Studiums beantragt, der auch bewilligt worden sei.
27 
Zahlreiche Widersprüche enthalten die Angaben des Klägers zu der geltend gemachten ersten Festnahme und Haft. So trug er in seinem Schriftsatz vom 20.02.2014 und in der mündlichen Verhandlung vor, die Festnahme sei am 03.02.2010 erfolgt. Demgegenüber machte er bei der Anhörung in Karlsruhe geltend, er sei am 14.10.1388 (04.01.2010) festgenommen worden. Weiter gab der Kläger bei der Anhörung in Karlsruhe an, er sei während der Haft massiv gefoltert worden. Abweichend hiervon ließ sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung dahin ein, es sei während der Haft zu Ohrfeigen gekommen, weitere Misshandlungen seien nicht erfolgt. Auch in der Klagebegründung machte der Kläger lediglich geltend, er sei psychischer Folter ausgesetzt gewesen. Bei der Anhörung in Karlsruhe trug der Kläger weiter vor, die Vernehmungen seien von drei Männern durchgeführt worden. In der mündlichen Verhandlung wusste er hingegen zu berichten, die Verhöre seien regelmäßig durch mehrere Beamte durchgeführt worden, zwei Beamte seien immer konstant anwesend gewesen, die anderen hätten gewechselt. Widersprüchlich ist weiter das Vorbringen des Klägers zu den geltend gemachten Bedingungen seiner Freilassung. Bei der Anhörung in Karlsruhe gab er diesbezüglich an, eine Bedingung sei gewesen, dass er eine Verpflichtungserklärung unterschreibe, wonach er mit der Regierung zusammenarbeite und politisch aktive Leute verrate. Demgegenüber teilte der Kläger in der mündlichen Verhandlung mit, er habe lediglich mündlich zusichern müssen, dass er dem Sicherheitsdienst Informationen über Freunde mitteile, unterschrieben habe er nichts.
28 
Widersprüchliche Angaben enthält das Vorbringen des Klägers auch zu der Zeit zwischen der geltend gemachten Freilassung und der Ausreise aus dem Iran. Bei der Anhörung im Rahmen der Vorprüfung in Karlsruhe trug der Kläger vor, ein Jahr habe es gedauert, bis er vom Revolutionsgericht sein Urteil erhalten habe; innerhalb diesen Jahres habe er dreimal bei Gericht erscheinen müssen. In der mündlichen Verhandlung wusste er hingegen zu berichten, dass es lediglich eine einzige mündliche Gerichtsverhandlung gegeben habe, bei der er anwesend gewesen sei und die Verhandlung habe nur 2 Minuten gedauert. Auch zu den Daten der Gerichtsentscheidungen machte der Kläger unterschiedliche Angaben. In der Klagebegründung und in der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, das erstinstanzliche Urteil datiere vom 22.07.2010 und das Urteil der Rechtsmittelinstanz sei am 20.12.2010 ergangen; abweichend hiervon machte er in der Klagebegründung geltend, das Urteil erster Instanz sei am 31.04.2014 ergangen und das Urteil der zweiten Instanz stamme vom 01.10.2014. In der mündlichen Verhandlung berichtete der Kläger auch erstmals von einer zweiten Festnahme im zwölften Monat des Jahres 1389. Nach der dreimonatigen Haftverbüßung will der Kläger nach seinem Vorbringen in Karlsruhe eine weitere Verpflichtungserklärung unterschrieben haben. Hiervon wusste er in der mündlichen Verhandlung jedoch nichts zu berichten. Die in Kopie vorgelegten Dokumente über angebliche Urteile eines Revolutionsgerichts und eines Berufungsgerichts sind kein Beleg für das Vorbringen des Klägers. Denn es ist für iranische Staatsangehörige relativ leicht, an gefälschte Dokumente zu gelangen; dies schließt Gerichtsurteile ein (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Eine Vorlage an das Auswärtige Amt zur Prüfung der Echtheit der vorgelegten Dokumente scheidet aus, da bei in Kopie vorgelegten Dokumenten eine Überprüfung von deren Echtheit dem Auswärtigen Amt nicht möglich ist (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 07.07.2015 an VG Schwerin).
29 
Widersprüchlich ist weiter das Vorbringen des Klägers zu den behaupteten Nachstellungen gegenüber seinen Familienangehörigen. Insoweit trug er bei der Anhörung in Karlsruhe vor, die ersten zwei Wochen nach seiner Ausreise seien sein Vater, seine Mutter, sein Bruder und dessen Freundin festgenommen und verhört worden, die ersten zwei Wochen seien seine Eltern oft mitgenommen und nach seinem Aufenthalt befragt worden, sein Bruder habe sich innerhalb von fünf Jahren alle drei Monate beim Geheimdienst melden müssen. In der mündlichen Verhandlung wusste der Kläger jedoch lediglich zu berichten, seine Mutter habe ihm im elften Monat 1390 mitgeteilt, sie sei zusammen mit seinem Vater zum Geheimdienst gebracht und dort einen Tag lang verhört worden, seine Eltern hätten nur ein einziges Mal beim Geheimdienst erscheinen müssen und über weitere Nachstellungen habe seine Familie nichts berichtet. Im Hinblick auf seinen Bruder trug der Kläger in der mündlichen Verhandlung weiter vor, während seines Aufenthaltes in Deutschland habe er von den Familienangehörigen erfahren, dass sich sein Bruder alle drei Monate beim Geheimdienst melden müsse; dies habe jedoch nichts mit ihm (dem Kläger) zu tun, denn sein Bruder habe eine eigene Strafe erhalten.
30 
Lediglich am Rande verdient noch Erwähnung, dass auch die Angaben des Klägers in Karlsruhe und in der mündlichen Verhandlung zum Jahr des Ablegen des Abiturs und zur Dauer seines Studiums widersprüchlich sind.
31 
Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche hat das Gericht nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger im Iran einer menschenrechtswidrigen Verfolgung ausgesetzt war und dieses Land in einer ausweglosen Lage verlassen hat.
32 
Auch die geltend gemachten exilpolitischen Aktivitäten des Klägers führen nicht dazu, dass ihm mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne von § 3a Abs. 1 AsylG droht.
33 
Zwar ist nach wie vor davon auszugehen, dass iranische Stellen die im Ausland tätigen Oppositionsgruppen genau beobachten. Einer realen Gefährdung bei einer Rückkehr in den Iran setzen sich solche führenden Persönlichkeiten der Oppositionsgruppen aus, die öffentlich und öffentlichkeitswirksam in Erscheinung treten und zum Sturz des Regimes aufrufen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 9. Dezember 2015). Danach kann eine Verfolgungsgefahr wegen exilpolitischer Aktivitäten nur dann angenommen werden, wenn der iranische Bürger bei seinen Aktivitäten besonders hervorgetreten ist und sein Gesamtverhalten ihn den iranischen Stellen als ernsthaften, auf die Verhältnisse im Iran einwirkenden Regimegegner erscheinen lässt (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.07.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -). Eine herausgehobene Betätigung ist dann anzunehmen, wenn die Aktivitäten über den Rahmen massentypischer exilpolitischer Proteste hinausgehen und im Iran bekannt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 24.02.2014 an VG Würzburg).
34 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe kann nicht festgestellt werden, dass dem Kläger wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten im Iran eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
35 
Die vorgetragenen Aktivitäten können weder einzeln betrachtet noch in einer Gesamtschau als herausgehoben im erwähnten Sinne angesehen werden. Bei der ausführlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger das Gericht nicht davon überzeugen können, dass er wegen herausgehobener Aktivitäten als ernsthafter und gefährlicher Gegner des iranischen Staates erscheinen könnte. Vielmehr hat das Gericht aufgrund des Eindrucks aus der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger zum Kreis derjenigen gehört, die im Exil in nicht exponierter Weise ihren Unmut gegen das iranische Regime zum Ausdruck bringen.
36 
Der Kläger hat nach seinem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung über das Internet mehrere Versammlungen in deutschen Städten organisiert und dabei einmal eine vierminütige Rede gehalten. Weiter macht er geltend, er habe per Skype Fernsehsendern Interviews gegeben, die zwischen 10 Minuten und einer Stunde gedauert hätten, auch Radiosendern in England und in der Schweiz habe er Interviews gegeben. Schließlich schreibe er auf verschiedenen Nachrichtenseiten im Internet Artikel. Diese Aktivitäten halten sich im Rahmen massentypischer Proteste. Auch durch Wiederholung werden Aktivitäten dieser Art nicht zu hervorgehobenen. Der Kläger ist mit weitergehenden Aufgaben mit überörtlicher oder überregionaler Bedeutung, etwa der Wahrnehmung überregionaler Führungs- und Funktionsaufgaben nicht betreut. Er war nicht an bedeutsamen, nur Führungspersönlichkeiten vorbehaltenen Veranstaltungen beteiligt und hält nicht an verantwortlicher Stellung Kontakt zu den Zentralen der monarchistischen Exilopposition in den USA.
37 
Dass der Kläger anlässlich einer Demonstration eine Rede gehalten hat, begründet noch keine herausgehobene Aktivität. Es handelt sich um eine kurze, recht allgemein gehaltene Rede, die weder nach dem Inhalt noch nach den sonstigen Umständen erkennen lässt, dass der Kläger ein besonderer, sich von der Masse abhebender, gefährlicher Regimegegner sein könnte. Im Übrigen hat der Kläger vorgetragen, dass er nur einer von mehreren Rednern bei der Demonstration gewesen sei, so dass er nur als einer von vielen in Erscheinung trat.
38 
Die wiederholten Veröffentlichungen des Klägers im Internet (auch unter Namensnennung) führen ebenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer Rückkehrgefährdung. Denn auch insoweit gilt nach wie vor die Erkenntnis, dass die iranischen Sicherheitsbehörden die Regimekritik, die aus dem europäischen Ausland geäußert wird, dem „gottlosen“ und „dekadenten“ Aufenthaltsstaat zuschreiben und als eine Handlungsweise bewerten, die nicht fortgesetzt wird, sobald der Betreffende in den Iran zurückgekehrt ist. Zudem wissen die iranischen Stellen, dass viele iranische Asylbewerber in Deutschland Oppositionsaktivitäten entwickeln, um in ihrem Asylverfahren einen Nachfluchtgrund geltend machen zu können (vgl. VGH München, Beschl. v. 29.07.2013 - 14 ZB 13.30084 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -; Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 05.07.2006 an VG Stuttgart; Gutachten vom 03.02.2006 an VG Wiesbaden; Gutachten vom 04.01.2006 an VG Münster; Gutachten vom 05.10.2005 an VG Ansbach und Gutachten vom 19.10.2004 an VG Karlsruhe; Brocks, Gutachten vom 15.07.2009 an OVG Berlin-Brandenburg). Dementsprechend spricht viel dafür, dass die iranischen Sicherheitskräfte – sollten sie von den Internetaktivitäten des Klägers Kenntnis erlangt haben – diese Aktivitäten nicht als herausgehoben einstufen, sondern dem Bereich zuordnen, in dem eine Vielzahl von Asylbewerbern im westlichen Ausland agiert, um einen Asylgrund zu schaffen. Diese Einschätzung wird nicht dadurch verändert, dass der Kläger solche Artikel im Internet wiederholt verfasst hat. Denn Aktivitäten werden allein durch Wiederholung nicht zu solchen hervorgehobener Art. Selbst wenn der Kläger für die iranischen Sicherheitsbehörden identifizierbar geworden sein sollte, hat er doch nicht die Stellung als Verantwortlicher oder leitender Funktionsträger mit überörtlicher Bedeutung, die ihn als an führender Stelle Verantwortlichen qualifizieren lässt. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die vom Kläger im Internet verbreiteten Äußerungen und Stellungnahmen sich etwa durch besonders pointierte, das iranische Regime beleidigende oder gegebenenfalls aufwieglerische oder hetzerische Inhalte oder Formen von der Vielzahl anderer im Internet kursierender Protestbeiträge abgehoben hätten und den iranischen Behörden deshalb überhaupt schon aufgefallen sein müssten.
39 
Auch aus einer Gesamtschau der geltend gemachten Exilaktivitäten des Klägers ergibt sich nicht, dass ihm im Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine beachtliche Verfolgung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG droht. Zwar ist der Kläger auf unterschiedliche Weise wiederholt exilpolitisch aktiv gewesen. Das Gericht hält auch angesichts des Umstandes, dass das iranische Regime die exilpolitischen Aktivitäten iranischer Staatsangehöriger intensiv beobachtet, durchaus für denkbar, dass der Kläger dabei entsprechenden Spitzeln aufgefallen ist. Die politischen Aktivitäten halten sich jedoch im Bereich der Aktivitäten, die von vielen mit dem iranischen System unzufriedenen Exiliranern unternommen werden und niedrigen Profils sind und den Kläger deshalb nicht als gefährlichen Regimegegner ausweisen. Hinzu kommt, dass von Seiten des iranischen Regimes die „Monarchisten“ nicht mehr als ernsthafte und ernst zu nehmende Opposition im Lande angesehen werden. Denn die Monarchie ist im Iran nicht mehrheitsfähig, und zwar weder in der klassischen Form der orientalischen Despotie, die die iranischen Monarchisten im Ausland so nicht vertreten, aber auch nicht in der Form einer konstitutionellen Monarchie (vgl. Deutsches Orient-Institut, Gutachten vom 03.02.2006 an VG München und Gutachten vom 10.10.2005 an VG Sigmaringen). Die Aktivitäten der Monarchisten im Ausland sind in den Augen der iranischen Sicherheitsbehörden deshalb nicht geeignet, zu einer Destabilisierung des politischen Systems im Iran beizutragen oder eine solche Destabilisierung herbeizuführen und diese Aktivitäten werden deshalb nicht als Gefahr für den Bestand des Regimes eingeschätzt (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 10.11.2009 - A 2 A 571/08 - juris -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.09.2009 - 3 B 12.07 - juris -; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 19.03.2007 an VG Münster und Auskunft vom 18.09.2007 an VGH Kassel). Auch aus dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er agiere (mittlerweile) unabhängig von politischen Gruppierungen, folgt nichts anderes. Selbst wenn seine Berichte und Kommentare in den Interviews und im Internet zu den Verhältnissen im Iran mit seinem Foto und seinem Namen regimefeindlich sein sollten und dem Kläger zugeordnet werden könnten, lassen sie keinen Bezug zu einer politisch bedeutsamen Kraft erkennen, deren Bekämpfung für den iranischen Staat nahe liegt. Damit gehören sie zu den zahllosen oppositionellen Statements, die sich mit den Notwendigkeiten eines Asylverfahrens erklären lassen. Den iranischen Stellen ist bekannt, dass mit solchen Aktivitäten auch eine drohende Verfolgungsgefahr heraufbeschworen und damit ein Verbleiben in Deutschland ermöglicht werden soll. Eine andere Einschätzung käme nur in Betracht, wenn der Kläger schon im Iran als Regimegegner aufgefallen wäre. Hiervon kann jedoch nicht ausgegangen werden, da sein Vorbringen zu dem Vorverfolgungsgeschehen – wie bereits dargelegt – unglaubhaft ist. Schließlich hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf mehrmaliges Befragen erklärt, seine Eltern seien im elften Monat des Jahres 1390 nur ein einziges Mal vom Geheimdienst befragt worden, über weitere Nachstellungen habe seine Familie nicht berichtet. Den Erkenntnisquellen kann indessen entnommen werden, dass Familienangehörige von Oppositionellen häufig Opfer von staatlichen Maßnahmen wie Schikanen, Drohungen, kurzzeitigen Festnahmen, Misshandlungen und Haftstrafen werden; damit scheint die Regierung zu bezwecken, einerseits die Familienangehörigen so einzuschüchtern, dass sie das Schicksal ihrer Verwandten nicht öffentlich machen, andererseits aber auch die politischen Aktivisten dazu zu bewegen, sich den Behörden zu stellen bzw. zu kooperieren (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 11.12.2014 an VG Schwerin; ai vom Juni 2010: Verfolgung und Repression gegen Familienangehörige politischer Aktivisten und Aktivistinnen). Dass der Kläger von derartigen Beeinflussungsversuchen im Hinblick auf seine Familie nichts zu berichten weiß, wertet das Gericht als weiteren Anhaltspunkt dafür, dass er tatsächlich nicht in den Fokus iranischer Behörden geraten ist.
40 
Auch die Tatsache, dass der Kläger in Deutschland Asyl beantragt hat, löst noch keine staatlichen Repressionen nach einer Rückkehr in den Iran aus (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Denn den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem Iran überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15.04.2015 - A 2 S 1923/14).
41 
Der mehrjährige Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigt gleichfalls nicht die Annahme, die iranischen Staatsbürger würden mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran staatlichen Repressionen ausgesetzt sein. Zwar kann es bei einer Rückkehr in den Iran in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft ist aber bislang ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder psychisch oder physisch gefoltert wurden. Es gibt derzeit auch keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015). Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier erhalten und in den Iran zurückkehren. Mit dieser gesetzlichen Wiedereinreise wird die frühere illegale Ausreise legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran vom 09.12.2015).
42 
Umstände, die die iranischen Sicherheitsbehörden dazu veranlassen könnten, den Kläger der politischen Oppositionsbewegung zuzurechnen und ihn deshalb bei einer Rückkehr in den Iran abweichend von dem sonst üblichen Verfahren einer verschärften Befragung über die näheren Umstände ihrer Ausreise und ihres anschließenden Aufenthalts in Deutschland zu unterziehen, sind nicht erkennbar. Das Vorbringen des Klägers zu seinen Vorfluchtgründen ist – wie dargelegt – nicht glaubhaft und seine exilpolitischen Aktivitäten führen - wie oben ausgeführt - zu keiner Rückkehrgefährdung.
43 
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG.
44 
Nach dieser Bestimmung ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
45 
Bei der Prognose, ob für den Ausländer im Drittstaat die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden, ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.04.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377). Dass sich eine Vielzahl von Personen in derselben Situation befinden können, schließt die Anwendung des § 4 Abs. 1 AsylG nicht aus.
46 
§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG schützt indes nur vor Misshandlungen, die ein Mindestmaß an Schwere aufweisen. Damit eine Bestrafung oder Behandlung tatsächlich mit den Begriffen unmenschlich oder erniedrigend verbunden werden kann, müssen die damit verbundenen Leiden oder Erniedrigungen über das in rechtmäßigen Bestrafungsmethoden enthaltene, unausweichliche Leidens- oder Erniedrigungselement hinausgehen. Kriterien hierfür sind aus allen Umständen des Falles abzuleiten wie beispielsweise aus der Art der Behandlung oder Bestrafung und dem Zusammenhang, in dem sie erfolgt (vgl. EGMR, Urt. v. 07.07.1989 - 1/1989/161/217 -, Fall Soering, NJW 1990, 2183). Bei der Feststellung ob im Falle einer Abschiebung die Gefahr einer Misshandlung im Sinne von § 4 Abs. 1 AsylG im Zielstaat besteht, ist sowohl die allgemeine Lage in diesem Staat als auch die persönliche Situation des Ausländers zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Urt. v. 30.10.1991 - 45/1990/236/302-306 -, Fall Vilvarajah, NVwZ 1992, 869).
47 
Anhaltspunkte für das Vorliegen der genannten Voraussetzungen sind mit Blick auf die Ausführungen zur Flüchtlingszuerkennung nicht ersichtlich.
48 
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG. Für die Frage, ob für den Kläger in seinem Heimatland eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG besteht, gilt das eben Ausgeführte entsprechend.
49 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To
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published on 27/08/2014 00:00

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 10. April 2014 - A 12 K 2210/13 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen.
published on 23/11/2011 00:00

Gründe 1 Die auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat Erfolg. Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung verweist der Senat die Sache nach
published on 27/04/2010 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG.
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published on 16/10/2017 00:00

Tenor I. Die Nrn. 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 4. April 2017 werden aufgehoben, soweit sie sich auf die Klägerin beziehen. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin die Flüchtl
published on 29/03/2017 00:00

Tenor I. Die Nummern 1 und 3 bis 6 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. Dezember 2016 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. II.
published on 15/02/2017 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Die Kläger sind iranische Staatsangehörige (ein Ehepaar mit ein
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.