Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 04. Nov. 2004 - 6 K 3466/04

published on 04/11/2004 00:00
Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 04. Nov. 2004 - 6 K 3466/04
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert für dieses Verfahren wird auf EUR 5.000,-- festgesetzt

Gründe

 
Der Antrag des Antragstellers, der bei sachdienlicher Auslegung darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 17.07.2003 gegen die für sofort vollziehbar erklärte Baueinstellungsverfügung des Landratsamts G. vom 29.04.2004 wiederherzustellen und gegen die im o.g. Bescheid enthaltene Zwangsgeldandrohung anzuordnen, ist zulässig (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 und 4, Abs. 5 VwGO, § 12 LVwVG), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids des Landratsamtes G. überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen.
Das Landratsamt G. hat die sofortige Vollziehung der Baueinstellungsverfügung formell ordnungsgemäß angeordnet und das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ausreichend schriftlich begründet. Diesem Erfordernis ist Genüge getan, wenn - wie im vorliegenden Fall geschehen - die die Anordnung der sofortigen Vollziehung betreffenden Erwägungen erkennen lassen, welche Gründe im Einzelnen hierfür aus der Sicht der Behörde maßgebend waren. Im Übrigen ist bei einer Baueinstellungsverfügung in aller Regel die sofortige Vollziehung geboten, um weitere Baumaßnahmen, die den vorhandenen möglicherweise rechtswidrigen Zustand weiter verfestigen würden, zu verhindern (vgl. VGH Baden-Württ., Beschlüsse v. 30.09.1970, BRS 23 Nr. 204, v. 31.01.1984 - 5 S 3142/83 - und v. 01.02.1993, VBlBW 1993, 431).
Ist zwischen den Parteien streitig, ob eine zu errichtende Garage aufgrund ihrer Größe, Beschaffenheit und Lage noch als Garage bzw. Nebenanlage oder Gebäudeteil angesehen werden kann und besteht insoweit Klärungsbedarf, so kann zunächst eine Baueinstellungsverfügung erlassen werden.
Rechtsgrundlage für die angefochtene Verfügung des Landratsamtes G. ist § 64 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde die Einstellung von Bauarbeiten anordnen, wenn die Ausführung eines nach § 49 LBO genehmigungspflichtigen, nach § 51 LBO kenntnisgabepflichtigen oder nach § 70 LBO zustimmungspflichtigen Vorhabens entgegen § 59 LBO begonnen oder abweichend von den im Kenntnisgabeverfahren eingereichten Bauvorlagen errichtete werden soll, und die Abweichung nicht nach § 50 LBO verfahrensfrei ist. Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist streitig, ob die vom Antragsteller auf seinem Grundstück Flst.Nr. ..., Landkreis G. begonnen Bauarbeiten an seiner Doppelgarage mit Satteldach zulässig sind, weil die Doppelgarage mit ihren drei Ebenen (Keller, Garagengeschoss und Dachgeschoss) nach Auffassung der Antragsgegnerin nicht mehr zu den nach dem einschlägigen Bebauungsplan „...“ vom 21.10.1987 in nicht überbaubaren Grundstücksflächen zulässigen Garagen gerechnet und auch nicht als Nebenanlage nach § 23 Abs. 5 BauNVO zugelassen werden kann. Ausweislich von Ziffer 1.6 des genannten Bebauungsplanes sind Garagen in den überbaubaren und nicht überbaubaren Grundstücksflächen nur zulässig, wenn ein Mindestabstand zwischen Straßengrenze und Garage von 3 m eingehalten wird. Unabhängig davon, dass jedenfalls in einem Teilbereich die geplante Doppelgarage nicht den geforderten Mindestabstand zur Straßengrenze „...“ einhält, sieht das Gericht durchaus Klärungsbedarf für die Frage, ob das geplante Gebäude noch zu den nach dem Bebauungsplan in den nicht überbaubaren Grundstücksflächen zulässigen Garagen gehört. Auch stellte sich die Frage, ob das Gebäude jedenfalls als Nebenanlage i.S.v. § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO bzw. als Gebäudeteil gem. § 23 Abs. 5 Satz 2, § 6 Abs. 1 Satz 2 LBO zugelassen werden kann.
Die Antragsgegnerin weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass bei einem Gebäude bzw. Gebäudeteil, bei dem die Nutzfläche der Garage (91,50 m 2 ) deutlich unter der Nutzfläche der sonstigen Nutzung (159 m 2 ) liegt, nicht mehr von einem Garagengebäude gesprochen werden kann. Da das Untergeschoss (Lager, Keller, Öllager/Heizung) und das Dachgeschoss (Abstellraum) aber mit dem Garagengeschoss sowohl rechtlich als auch tatsächlich eine Einheit bilden, hält das Gericht es für nicht zulässig, die Nutzungen in einen - nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes „...“ vom 21.10.1987 - zulässigen Garagenanbau und in eine nach §§ 23 Abs. 5 Satz 1, 14 BauNVO genehmigungsfähige Nebenanlage aufzuteilen. Auch ist die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, das geplante Gebäude bzw. die im UG und Obergeschoss geplanten Keller- und Lagerräume als Nebenanlagen gem. § 23 Abs. 5 Satz 1 bzw. Satz 2 BauNVO zu gestatten. Die Antragsgegnerin hat insoweit mit Schreiben vom 23.09.2004 nachvollziehbar dargelegt, warum die Voraussetzungen für eine zulässige Nebenanlage nicht erfüllt sind, nachdem es ausweislich der eingereichten Pläne an einer räumlich-gegenständlichen Unterordnung dieses Gebäudes zum Hauptgebäude fehlt. Für eine Ausnahme nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO fehlt es hingegen an der Einhaltung der Vorgaben des § 6 Abs. 1 LBO (u.a. Wandfläche max. 25 m 2 ).
Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, wenn die Behörde bis zur völligen Aufklärung der erforderlichen Fakten die Fortführung der Bauarbeiten unterbindet. Es besteht generell ein öffentliches Interesse daran, dass keine vollendeten Tatsachen dadurch geschaffen werden, dass möglicherweise genehmigungspflichtige und nicht genehmigungsfähige Baumaßnahmen durchgeführt werden. Auch in Fällen nicht offenkundig fehlender Genehmigungsfähigkeit rechtfertigt es der mit der sofortigen Baueinstellung verfolgte Zweck, der Baurechtsbehörde eine vom Fortgang der Bauarbeiten unbeeinflusste Prüfung des Vorhabens zu ermöglichen und die Bauarbeiten bis zu einer möglichen Klärung der Sach- und Rechtslage zumindest vorläufig zu unterbinden (vgl. VGH Baden-Württ., Beschlüsse v. 22.09.2003 – 8 S 1970/03 -, v. 20.09.1988 - 8 S 2171/88 - und v. 10.12.1993, VBlBW 1994, 196). Soweit der Antragsteller hingegen rügt, eine vollständige Einstellung der Bauarbeiten sei nicht gerechtfertigt, nachdem die Errichtung der Doppelgarage an gleicher Stelle, allerdings mit einem Flachdach, bereits im November 2003 für zulässig angesehen worden sei, bleibt es ihm unbenommen auf sein Risiko die Freigabe von konkreten Bauarbeiten auf der Grundlage der ursprünglichen, im Kenntnisgabeverfahren mit Lageplan vom 26.08.2003 und Deckblattänderung vom 23.09.2003 sowie mit Bauzeichnungen des Architekten A. F. angezeigten Arbeiten zur Errichtung einer Doppelgarage mit Flachdach zu beantragen.
Auch die Zwangsgeldandrohung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies stellt der Antragsteller auch nicht in Abrede.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gem. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Ziff. 2 GKG. Da die Entscheidung über die Baueinstellung einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren gleichkommt, mithin eine Reduzierung auf die Hälfte nicht angezeigt ist, legt das Gericht für die Baueinstellung den Auffangstreitwert zu Grunde. Das zusammen mit der Grundverfügung angedrohte Zwangsgeld bleibt hingegen außer Betracht (vgl. insoweit Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit v. 07/08. Juli 2004, Ziff. 1.6.2).
Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

moreResultsText


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
1 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 10/02/2005 00:00

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. November 2004 - 6 K 3466/04 - wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Besch
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.

(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.

(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.