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Die Antragstellerin ist Lehrerin im Landesdienst des Antragsgegners. Mit Verfügung vom 25.04.2002 untersagte das Oberschulamt Tübingen der Antragstellerin die Führung ihrer Dienstgeschäfte und ordnete die sofortige Vollziehung dieses Verbots an. Der zulässige Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 06.05.2002 gegen diese Verfügung wiederherzustellen, hat keinen Erfolg.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung vom 25.04.2002 ist im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO ausreichend begründet. Der Antragsgegner verweist bei seiner Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung über den Wortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO und die Gründe, die zum Ausspruch des Verbots, die Dienstgeschäfte zu führen, geführt haben, hinaus auf die besonderen Gefahren, die den Schülern in Anbetracht einer etwaigen Verzögerung durch Einlegung von Rechtsmitteln bezüglich ihrer Entwicklungschancen und Lebensperspektiven drohen könnten. Dies ist ausreichend. Im Übrigen setzt die Anordnung nach § 78 Abs. 1 Landesbeamtengesetz - LBG - das Vorliegen zwingender dienstlicher Gründe voraus. Sie ist ein Instrument der Gefahrenabwehr. Liegen zwingende dienstliche Gründe vor, ergibt sich daraus auch die Notwendigkeit einer unverzüglichen Durchsetzung der Anordnung. Die Gründe, die zur Anordnung des Verbots führen und die Gründe dafür, zu verhindern, dass dem Widerspruch aufschiebende Wirkung zukommt, sind hier deckungsgleich. Es wäre sogar eher widersprüchlich, zwingende dienstliche Gründe anzunehmen, dem Beamten aber trotzdem die Weiterarbeit zu gestatten, solange sein Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat.
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Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen wiederherstellen, in denen die Behörde den Sofortvollzug ihrer Verfügung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat. Das Gericht ist dabei nicht darauf beschränkt, die Begründung zu überprüfen, die die Behörde für den Sofortvollzug gegeben hat. Es trifft seine Entscheidung aufgrund einer - eigenen - Interessenabwägung. Zu einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs wird es regelmäßig dann kommen, wenn dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit begründet sein wird. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung scheidet regelmäßig dann aus, wenn der Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos bleiben wird. Im Übrigen ist die Begründetheit des Aussetzungsantrags unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache danach zu beurteilen, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung des Vollzugs überwiegt. Ist der Verfahrensausgang offen, etwa weil der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt weiterer Aufklärung bedarf, so ist eine reine Interessenabwägung durchzuführen.
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Antrag der Antragstellerin abzulehnen.
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Zwar steht einem Erfolg des Antrags voraussichtlich nicht bereits die Regelung des § 78 Abs. 1 Satz 2 LBG entgegen, wonach das Verbot mit Ablauf von drei Monaten kraft Gesetzes erlischt, wenn nicht zuvor ein bestimmtes Verfahren eingeleitet worden ist. Denn mit der Anhörung zu dem beabsichtigten Verfahren auf Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit dürfte hier rechtzeitig ein die Frist hemmendes Verfahren im Sinne des § 78 Abs. 1 Satz 2 LBG („auf Beendigung eines Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren“) eingeleitet worden sein, wobei insbesondere für die Einleitung eine entsprechende Anhörung des Beamten genügt, in der diesem mitgeteilt wird, dass ein solches beabsichtigt sei (Fürst, GKÖD, Band I, K § 60 Rdnr. 50). Das Zurruhesetzungsverfahren könnte jedoch möglicherweise als beendet anzusehen sein, da auf die erforderliche Nachfrage des Kultusministeriums das Finanzministerium Baden-Württemberg mit Schreiben vom 01.07.2002 mitteilte, dass das erforderliche Einvernehmen zur Versetzung in den Ruhestand zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erteilt werden könne. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen halte das Finanzministerium die angestrebte Zurruhesetzung für verfrüht. Allerdings schlägt das Finanzministerium im Weiteren vor, dass die Antragstellerin sich unverzüglich einer konsequenten Heilbehandlung in Gestalt einer verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie zu unterziehen habe, das Ende dieser Therapie abgewartet und anschließend, gegebenenfalls auf der Grundlage einer weiteren amtsärztlichen Begutachtung zur Dienstfähigkeit unter Einbeziehung der Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung, erneut Stellung genommen werden solle. Diesem Begehren ist das Oberschulamt nachgekommen und hat sich in der Folge insoweit mehrfach an die Antragstellerin zum Nachweis einer entsprechenden Therapie gewandt. Zuletzt hat das Kultusministerium Baden-Württemberg beim Oberschulamt am 22.05.2003 zum Sachstand nachgefragt. All dies spricht dafür, dass das Zurruhesetzungsverfahren parallel weiter betrieben wurde und wird, zumal die erheblichen zeitlichen Verzögerungen im Verfahren, die für ein Nichtbetreiben sprechen könnten, maßgeblich durch das durchgeführte Mediationsverfahren und die gescheiterte Gutachtenseinholung bedingt sein dürften. Danach ist - trotz letztlich nicht ausräumbarer Zweifel - wohl davon auszugehen, dass das Zurruhesetzungsverfahren noch nicht beendet und damit die auflösende Befristung nach § 78 Abs. 1 Satz 2 LBG - zumindest derzeit - nicht eingetreten ist.
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Jedoch kann nach summarischer Prüfung der Sachlage sodann im Übrigen weder festgestellt werden, dass die Verfügung des Antragsgegners offensichtlich rechtmäßig noch dass diese offensichtlich rechtswidrig ist. Es besteht danach vielmehr ein offener Verfahrensausgang, insbesondere weil der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt weiterer, obergutachterlicher Aufklärung bedarf, so dass eine reine Interessenabwägung durchzuführen ist. Bei der Abwägung der Interessen der Antragstellerin und des Antragsgegners überwiegt hierbei das öffentliche Interesse das individuelle Interesse der Antragstellerin. Dieses Ergebnis beruht auf den folgenden Erwägungen der Kammer:
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Rechtsgrundlage für das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte ist § 78 Abs. 1 LBG. Danach kann die oberste Dienstbehörde dem Beamten aus zwingenden dienstlichen Gründen die Führung seiner Dienstgeschäfte verbieten. Das Verbot erlischt mit dem Ablauf von drei Monaten, wenn nicht gegen den Beamten das förmliche Disziplinarverfahren oder ein sonstiges auf Rücknahme der Ernennung oder Beendigung des Beamtenverhältnisses gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist.
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Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte, auch als Zwangsurlaub bezeichnet, hat verschiedene Funktionen. Festzuhalten ist aber in jedem Fall, dass es die beamtenrechtliche Stellung des Betroffenen im Übrigen unberührt lässt. Er behält insbesondere seinen Anspruch auf Bezüge. Das Verbot dient nicht nur der Vorbereitung eines Disziplinarverfahrens oder eines Verfahrens auf Beendigung des Beamtenverhältnisses. Es kann auch aus anderen Gründen, die allerdings auf zwingende dienstliche Gründe beschränkt sind, ausgesprochen werden. Die Zwangsbeurlaubung ist kein Mittel zur Sanktionierung eines Fehlverhaltens in der Vergangenheit. Sie setzt auch kein Verschulden des Beamten voraus. Voraussetzung der Maßnahme ist aber, dass sie geeignet ist, eine Beeinträchtigung zwingender dienstlicher Belange durch die Amtsführung des Beamten in der Zukunft zu verhindern (vgl. Plog/Wiedow/Beck, Bundesbeamtengesetz, Loseblattsammlung, § 60 Bundesbeamtengesetz RdNrn. 1 ff.). Plog/Wiedow/Beck führen hierzu aus: „Die Zwangsbeurlaubung ist am Platze, wo eine weitere Ausübung der Dienstgeschäfte durch den Beamten zumindest im Augenblick dienstlich nicht vertretbar ist und eine mildere Möglichkeit, die dienstlichen Nachteile abzuwenden ... nicht besteht. Es müssen schwerwiegende Nachteile oder Gefahren für den Dienstherrn oder Dritte, ggf. auch für den Beamten selbst zu befürchten sein. In diesen Fällen muss das Individualinteresse des Beamten an der weiteren Ausübung seines Amtes gegenüber den Belangen des Gemeinwohls zurücktreten, sofern die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gegenüber seinen Interessen gewahrt ist. ... So kann sie (die Zwangsbeurlaubung) - ausnahmsweise - auch in Betracht kommen, wenn der Beamte ... wegen dort (in seinem Arbeitsgebiet) aufgetretener besonders schwerwiegender Spannungen, anderweitig verwendet werden soll, eine solche Verwendung aber nicht sofort möglich ist und die Art der Fehlleistungen oder Spannungen selbst eine befristete Ausübung der Dienstgeschäfte ausschließt. ... Die Annahme eines Verschuldens des Beamten ist nicht allgemein Voraussetzung der Zwangsbeurlaubung“ (Plog/Wiedow/Beck, Bundesbeamtengesetz, a.a.O., RdNrn. 7 und 7a). Die Zwangsbeurlaubung ist bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen auch ein Mittel, um „in Ruhe“ nach Lösungsmöglichkeiten suchen zu können.
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Das Oberschulamt hat sein Verbot an die Antragstellerin, die Dienstgeschäfte zu führen, darauf gestützt, dass nach Eintritt einer längeren Dienstunfähigkeit eine amtsärztliche Untersuchung unter Einbeziehung einer Untersuchung im V.-v.-P.-Hospital R. - R. ergeben habe, dass bei der Antragstellerin eine therapiebedürftige Persönlichkeitsstörung vorliege, deren Mittelpunkt eine Störung des Selbstwertgefühls mit erhöhter Kränkbarkeit, ferner eine verminderte Fähigkeit, Kritik zu ertragen, sowie eine Neigung zu Stimmungsschwankungen und impulsiven Reaktionen. Aufgrund dieser Persönlichkeitsstörung in Form einer emotional instabilen Persönlichkeit sei die Antragstellerin nicht voll dienstfähig. Zu diesem Ergebnis kämen sowohl die Ärztin des Gesundheitsamtes als auch der untersuchende Arzt in R.. Beide führten auch aus, dass die Persönlichkeitsstörung auch Auswirkungen auf den Unterricht und damit die Dienstgeschäfte habe. Aus gutachterlicher Sicht sei die Antragstellerin derzeit der psychischen Belastbarkeit eines Lehrers nicht in vollem Umfang gewachsen. Dass die Antragstellerin derzeit nicht zu einer vertrauensvollen und verlässlichen Zusammenarbeit imstande sei, ließen auch nicht nur bereits Ereignisse in der weiteren Vergangenheit vermuten, sondern werde insbesondere auch durch die Elternschreiben der Grundschule T. unterstrichen (dem Oberschulamt am 06.02.2002 zugeleitet). Neben etwaigen pädagogischen Mängeln seien charakterlich-psychische Defizite offenkundig. Dabei rechtfertige auch das Schreiben ihres behandelnden Arztes Dr. Z. vom 11.03.2002 keine andere Gesamteinschätzung, da es sich dabei in erster Linie um einen Wiedereingliederungsplan handele, der weder ein unabhängiges noch ausführliches psychiatrisches Gutachten darstelle und zur Frage der Auswirkung der psychischen Situation auf den Lehrerberuf, wenn überhaupt, nur unsubstantiiert Stellung nehme. Ein Verfahren auf Versetzung in den Ruhestand aufgrund Dienstunfähigkeit werde parallel durchgeführt. Das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte sei auch verhältnismäßig. Insbesondere sei sich das Oberschulamt bei der Ausübung des ihm zustehenden Ermessens bewusst gewesen, dass die Anordnung des Verbots einen Einschnitt in die persönliche berufliche Lebensplanung bedeute. Dies habe jedoch mit dem hohen öffentlichen Interesse daran abgewogen werden müssen, sicherzustellen, dass Schüler nur von Lehrern unterrichtet würden, die den hohen psychischen Anforderungen des Schuldienstes gewachsen seien. Das öffentliche Interesse an der Sicherstellung eines beanstandungslosen Unterrichts habe als eindeutig vorrangig betrachtet werden müssen.
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Maßgebliche Grundlage für die Beurteilung, ob und in welchem Umfang die Antragstellerin dienstfähig und in der Lage ist, den Anforderungen des Schuldienstes gerecht zu werden, sind danach die derzeit vorliegenden gutachterlichen Stellungnahmen der Amtsärztin und von Dr. G. aus R. einerseits, und von Dr. Z. und der die Antragstellerin ebenfalls behandelnden Therapeutin Frau B. andererseits. Dabei ist zunächst zutreffend, dass im Hinblick auf die Therapeutin Frau B. einschränkend zu berücksichtigen ist, dass es sich bei dieser nicht um eine Fachärztin, sondern lediglich um eine Heilpraktikerin handelt, demgegenüber auf Seiten des Antragsgegners Fachärzte bzw. Amtsärzte tätig wurden, zum anderen nach der vorgelegten Internet-Recherche des Oberschulamts Frau B. ihre Psychotherapie als Heilpraktikerin im Rahmen der Unternehmensberatung „C. W. e. K.“ betreibt, also offenbar nicht schwerpunktmäßig als Psychotherapeutin im Bereich der Krisenintervention und der Behandlung psychischer Krankheiten tätig ist. Auffallend ist auch, dass deren Stellungnahme zur Vorlage beim Verwaltungsgericht vom 26.07.2002, in der sie - bereits zu diesem frühen Zeitpunkt im Gegensatz zu den übrigen drei vorliegenden Stellungnahmen von Ärzten - zu dem Ergebnis kommt, dass die Therapie habe erfolgreich beendet werden können und die Antragstellerin psychisch stabil sei sowie ihren Beruf als Lehrerin wieder in vollem Umfang ausführen könne, in keinster Weise den Anforderungen entspricht, die an derartige Gutachten zu stellen sind (vgl. insofern auch zu den Mindestanforderungen an ärztliche Berichte zum Nachweis psychischer Erkrankungen im Bereich des Ausländerrechts VGH Bad.-Württ., Beschlüsse v. 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - und v. 30.06.2003 - 14 S 1598/02 -; VG Sigmaringen, Beschluss v. 13.10.2003 - 7 K 1604/03 - m.w.N.). Denn im Wesentlichen spiegelt dieser Bericht lediglich die Symptomatik, die lebensgeschichtliche Entwicklung der Patientin und Krankheitsanamnese wider, um - ohne weitere Begründung - am Ende die volle Dienstfähigkeit festzustellen. Auch die Äußerungen von Dr. Z. in A. (Bericht vom 11.03.2002) genügen ebenfalls nicht den Anforderungen an entsprechende ärztliche Stellungnahmen, sondern erschöpfen sich im Wesentlichen in einer prognostischen Einschätzung, wie die Antragstellerin im Zeitraum von März bis Juli 2002 wieder zunehmend dienstfähig sein würde. Was dessen Bericht vom 15.02.2002 anbelangt, ergibt sich daraus - in aller Kürze - die Feststellung, dass die Antragstellerin zum damaligen Zeitpunkt noch nicht voll dienstfähig gewesen war und zur Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit eine Rekonvaleszenzregelung getroffen werden sollte. Was die gutachterlichen Stellungnahmen von Dr. G., R., und der Amtsärztin anbelangt, so sind diese in jedem Falle aussagekräftiger und dürften demgegenüber auch aller Voraussicht nach den Anforderungen genügen, die an entsprechende Gutachten zu stellen sind. Beide kommen jedoch nicht zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin auf Dauer dienstunfähig sein wird. Vielmehr attestieren beide der Antragstellerin eine zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung vorhandene Dienstfähigkeit im Umfang von 50 % für die Dauer von zunächst drei Jahren. Die Antragstellerin könne im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht zu einer verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie verpflichtet werden, die sich über zwei bis drei Jahre erstrecken sollte. Nach drei Jahren sei eine erneute Begutachtung der Dienstfähigkeit angezeigt. Was den danach grundsätzlich möglichen, wenngleich eingeschränkten, Einsatz der Antragstellerin im Schuldienst anbelangt, weist Dr. G. im Weiteren darauf hin (Schreiben vom 11.03.2002), dass in Anbetracht der in Elternbriefen deutlich gemachten pädagogischen und charakterlichen Mängel und der Schutzlosigkeit von jüngeren Kindern gegenüber älteren ein Einsatz der Antragstellerin in der Hauptschule angemessener sei. Auch in seiner ausführlichen gutachterlichen Stellungnahme vom 11.02.2002 kommt Herr Dr. G. zu dem Ergebnis, dass er die Antragstellerin für in der Lage sieht, einen halben Lehrauftrag zu erfüllen, zur Behandlung der vorliegenden Persönlichkeitsstörung eine Therapie in Form einer verhaltenstherapeutisch orientierten Psychotherapie durchgeführt werden sollte, sowie dass die berufliche Entlastung Voraussetzung für einen therapeutischen Erfolg sei, wobei offen sei, ob zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal eine Erhöhung des Stundendeputats möglich sein werde. Die Amtsärztin, Frau von J., schließt sich in ihrem Untersuchungsergebnis mit Schreiben vom 04.04.2002 weitestgehend den Feststellungen von Dr. G. an. Auch sie kommt zu einer Einschränkung des Dienstumfangs von 50 % des Regelstundenmaßes, hält eine Therapie für erforderlich und schlägt eine stufenweise Eingliederung der Antragstellerin vor, die sie für imstande hält, einen halben Lehrauftrag wahrzunehmen, wobei sie aus gutachterlicher Sicht der psychischen Belastbarkeit des Lehrers in vollem Umfange nicht gewachsen sei. Auch sie schlägt schließlich im Hinblick auf die von den Eltern geforderte verlässliche vertrauensvolle Zusammenarbeit und die in den Elternbriefen zum Ausdruck kommenden pädagogischen Mängel den Einsatz der Antragstellerin bei älteren Kindern vor. Danach bleibt festzuhalten, dass nach beiden gutachterlichen Stellungnahmen von einer Dienstfähigkeit in Höhe von 50 % zum damaligen Zeitpunkt auszugehen war, wobei beide Gutachten im Hinblick auf die Fragestellung, wie die stufenweise Eingliederung der Antragstellerin vonstatten gehen sollte und insbesondere bei welchen Klassenstufen ein Einsatz der Antragstellerin - sowohl für sie als auch für die Schüler problemlos - denkbar wäre, keine ausreichende Antwort geben. Während sich nach beiden Gutachtern zweifelsfrei feststellen lässt, dass die Antragstellerin zwar grundsätzlich in eingeschränktem Maße dienstfähig ist, lassen beide Gutachten in ihren Stellungnahmen jedoch ausreichende Feststellungen und Erklärungen dazu vermissen, ob diese grundsätzlich in Höhe von 50 % bestehende Dienstfähigkeit auch praktisch umsetzbar sein wird. Hierbei ist insbesondere auch das Interesse an einem geordneten Unterricht, vor allem aber auch das Interesse der Eltern und Schüler, zu berücksichtigen. In dieser Hinsicht ist hervorzuheben, dass gerade bei den ersten Klassenstufen eine besondere Sensibilität der Kinder vorhanden ist, die bei negativen Erlebnissen dazu führt, dass diese Kinder ihre Freude an der Schule verlieren und sich damit möglicherweise ihren weiteren schulischen Erfolg verbauen. Aber auch bei höheren Klassenstufen sind schützenswerte Interessen der Schüler zu berücksichtigen, insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass diese - zumindest einzelne - trotz ihres Alters nicht in der Lage sind, mit unbeherrschten Verhaltensweisen einer Lehrerin umzugehen. Zu berücksichtigen ist weiter, dass es bei höheren Klassenstufen sodann um den Abschluss der Schulausbildung geht und in erhöhtem Maße die Notwendigkeit eines verlässlichen Unterrichts besteht. In Anbetracht der danach festzustellenden, nicht abschließend geklärten Frage des Einsatzes der Antragstellerin im Unterricht erschien die im Wege eines Mediationsverfahrens gefundene Vorgehensweise sachgerecht, einen Obergutachter zu bestimmen, der - auch in Anbetracht des gleichzeitig eingeleiteten Verfahrens der Zurruhesetzung - über die Frage der Dienstfähigkeit und konkreten Einsatzmöglichkeit der Antragstellerin befinden sollte. In Anbetracht dieser offenen Verfahrenslage und der Notwendigkeit, eine abschließende Klärung verschiedener Fragen durch gutachterliche Stellungnahmen herbeizuführen, was in Anbetracht des Umfangs und der Schwierigkeiten einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss, kann danach weder festgestellt werden, dass die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtmäßig, noch dass diese rechtswidrig ist. Es ist daher - wie oben dargelegt - eine Interessenabwägung vorzunehmen. Diese fällt hier zu Lasten der Antragstellerin aus.
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Abzuwägen sind einerseits das individuelle Interesse der Antragstellerin, weiterhin als Lehrerin im Landesdienst tätig zu sein und Unterricht geben zu können, also ihren Beruf auszuüben. Demgegenüber ist andererseits zu berücksichtigen das öffentliche Interesse an einem geordneten Unterricht und einer ordnungsgemäßen, reibungslosen Ausbildung der Schüler. In diesem Rahmen ist insbesondere - wie bereits ebenfalls oben dargelegt - auch das pädagogische Interesse der Eltern und das Interesse der zu betreuenden Kinder zu berücksichtigen, wobei bei letzteren ein besonderes Augenmerk darauf zu richten ist, dass diese nicht durch etwaige pädagogische Fehlleistungen am Beginn ihrer schulischen Karriere derart beeinträchtigt werden, dass sie eine Schulunlust entwickeln bzw. gegen Ende ihrer Schulausbildung durch Mängel in der Ausbildung beeinträchtigt werden und sich ihre Schul- und Lebenschancen in irgend einer Weise verbauen. Gerade letzteres ist hier der zentrale Punkt im Verfahren, der sodann zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses führt. Insbesondere in Anbetracht des parallel laufenden Zurruhesetzungsverfahrens erscheint es derzeit der Kammer sachgerecht, der Antragstellerin keine Schüler in Obhut zu geben, nachdem sich aus den Akten mehrfache Anhaltspunkte dafür ergeben, dass das genannte Interesse der Schüler und naturgemäß der Eltern an einem erfolgreichen (weiteren) Schulbesuch durch unkontrollierte Verhaltensweisen der Antragstellerin gefährdet sein könnte.
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So ergibt sich insbesondere aus den Stellungnahmen der Eltern mehrfach der Hinweis auf einen Unterrichtsstil der Antragstellerin dergestalt, dass sie leicht aufbrausend sei, oft laut mit den Kindern schreiend kommuniziere oder diese demotiviere, indem sie ihnen vorwerfe, dass sie „zu blöd“, „zu dumm“ oder „zu doof“ seien. In mehrfachen Elternschilderungen wird berichtet, dass Kinder, die sich zunächst auf die Schule freuten, danach Schulängste entwickelt hätten bzw. nicht mehr imstande gewesen wären, Hausarbeiten eigenverantwortlich zu erledigen (vgl. die übersandten Elternberichte im Jahr 2002). Die Kammer verkennt hierbei insbesondere nicht, dass derartige Elternschreiben - bewusst oder unbewusst - auch an der Realität vorbeigehen können. Es ist jedoch im Weiteren zu berücksichtigen, dass sich in der Akte auch Stellungnahmen und Aktenvermerke anderer Personen befinden, die im Ergebnis diese Elternbeschwerden bekräftigen und aufgrund unabhängiger Vorfälle zu gleichen Feststellungen gelangen. So finden sich in den Akten Mitteilungen von (nicht betroffenen) Eltern, die neben einem Unterrichtsraum Kinder zu betreuen hatten und Zeugen wurden, wie im Klassenzimmer der Antragstellerin der Unterricht ablief, insbesondere wie die Antragstellerin mit lauter Stimme bis hin zum Schreien unterrichtete. Ferner finden sich auch in Berichten des Rektors Z. der
GHWRS
T. vom 25.06.2002 zahlreiche Hinweise darauf, dass der Schulleitung mehrfach über „großes Geschrei der Lehrerin“ berichtet worden sei, dass etliche Elternbeschwerden über einen sehr rüden Umgangston der Lehrerin gekommen seien, dass sich die Antragstellerin bei einem Klassenpflegschaftsabend auf diese Vorwürfe eingelassen habe, dergestalt, dass sie vielleicht auch mal ein Kind angefasst habe und dass sie sich bessern wolle, dass es auch zu körperlichen Kontakten zu den Schülern gekommen sei, dergestalt, dass Kinder geschüttelt oder an der Schulter gehalten und vom Stuhl gezogen worden seien und dergleichen mehr. Außerdem existieren Gedächtnisprotokolle verschiedener Kollegen, die Gleichartiges berichten. So berichtete ein Herr S. im Gedächtnisprotokoll vom 04.03.1993, dass ihm im März 1993 die Sekretärin entgegengekommen sei und gemeint habe, dass sie es nicht mehr aushalte bei dem Geschrei im Rektorat, wobei er gleichzeitig die Stimme der Antragstellerin vernommen habe. Diese habe in der geöffneten Tür stehend, diese mehrmals schließend und wieder öffnend, geschrieen und - die Kontrolle über sich verlierend - lautstark vorwurfsvoll in das Zimmer hineingeschrien, dass sie sich von den Eltern nicht fertig machen lasse. Anlass sei gewesen, dass ein Vater beim Rektor erschienen sei, um sich gegen angebliches kräftiges „
Verschüttelt
werden“ seines Sohnes durch die Antragstellerin zu beschweren. Eine im Beisein des Herrn S. vorgenommene Befragung der Schüler habe ergeben, dass diese gleichzeitig geantwortet hätten, dass die Antragstellerin den Schüler geschüttelt habe. Alle Kinder hätten dies bestätigt. Auch ein Gedächtnisprotokoll aus dem August 1994 im Zusammenhang mit der Abhaltung einer Förderklasse zeigt Anhaltspunkte für unbeherrschtes Verhalten der Antragstellerin auf. Insbesondere im Gedächtnisprotokoll vom 18.10.1994 berichtete Herr S. davon, dass er im Zusammenhang mit einer aktualisierten Schülerliste der Förderklasse von der Antragstellerin energisch aufgefordert worden sei, ihr ins Treppenhaus zu folgen, wo sie ihn lautstark angeschrieen und die Schülerliste zerrissen habe. Ein weiterer Lehrer sei zufällig Zeuge dieses Auftritts gewesen. Sodann habe er den Rektor aufgesucht. Keine 10 Sekunden später sei die Rektoratstür aufgerissen worden und die Antragstellerin sei laut brüllend auf den Rektor zu gestürmt. Auf die Bitte, das Rektorat zu verlassen, sei sie stehen geblieben und habe gemeint, der Rektor solle sie doch rauswerfen. Er habe versucht, mit einem neuen Exemplar der Schülerliste ein Einlenken zu erreichen, woraufhin die Antragstellerin dieses Blatt ebenfalls zerrissen und erneut vor seine Füße geworfen habe. Sie habe das Rektorat sodann verlassen, indem sie mehrmals hintereinander die Tür zugeknallt habe, diese aber immer wieder aufgesprungen sei. Unerwartet sei sie dann nochmals kurz ins Rektorat zurückgekommen und habe eine Entschuldigung für ihr Verhalten ausgesprochen. Schließlich ergibt sich aber auch aus eigenen Stellungnahmen der Antragstellerin, dass sie in sie überfordernden Situationen zu unverhältnismäßigen bzw. unbeherrschten Verhaltensweisen gegriffen hat. So gab die Antragstellerin selbst gegenüber ihrer Therapeutin Frau B. an (vgl. Schreiben von Frau B. vom 04.10.2001), dass sie Ende November in einer Überforderungssituation einem Schüler „eine runtergehauen“ habe. Auch schildert sie der Therapeutin gegenüber mehrfache Situationen, bei der sie die Nerven verloren habe, „total k.o.“ gewesen sei, laut werde, unter lautem Türknallen den Raum verlasse, etc. Auch gegenüber dem Gutachter Dr. G. hat die Antragstellerin derartige Verhaltensweisen eingestanden. So berichtet dieser in seinem Gutachten vom 11.02.2002 davon, dass sie ihm gegenüber gesagt habe, „in Gesprächen mit ihren Vorgesetzten sei sie zum Teil laut und unsachlich geworden, aber warum redeten auch die Männer so mit ihr, dass man ausrasten müsse“. Schließlich ist auch im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 26.03.2002 zum Vorfall mit L. S. die Rede davon, dass in dem Augenblick, in dem L. seine Schere herausgezogen habe, um die Ränder eines Bildes abzuschneiden, der Antragstellerin die Nerven durchgegangen seien, sie ihn nach vorne geholt und angeschrieen habe, dass er wohl zu blöd sei, um sich an die Regeln zu halten. Es sei ihr nicht recht gewesen, dass L. sie so außer Fassung gebracht gehabt habe. Schlussendlich gab die Antragstellerin auch im Jahre 1992 dem Staatlichen Schulamt B. gegenüber zu, dass sie am 25.11.1992 einen Schüler geohrfeigt habe. Die Antragstellerin habe dem Schüler in ihrer Erregtheit eine leichte Ohrfeige gegeben, sich jedoch bei diesem dann entschuldigt und dem Rektor von dem Vorfall berichtet, um von diesem weiteren Rat zu erhalten.
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Nach alledem besteht trotz einer Dienstfähigkeit im Rahmen des halben Deputats aufgrund der mehrfachen Anhaltspunkte die dringende Besorgnis, dass es auch bei einem halben Deputat zu ähnlichen Situationen kommen wird, in denen sich die Antragstellerin überfordert sehen würde und es zu ähnlichen unkontrollierten - sei es verbalen, sei es körperlichen - Überreaktionen kommen würde mit letztlich nicht absehbaren Folgen für die von ihr zu betreuenden Kinder bzw. Jugendlichen. Da insbesondere auch nicht in ausreichendem Maße erkenntlich ist, dass die Antragstellerin mittlerweile Einsicht in ihre Krankheit gezeigt hat und diese auch ausreichend therapiert wurde, jedenfalls liegt ein entsprechendes fachärztliches Zeugnis bislang nicht vor, und andererseits im anhängigen Widerspruchsverfahren auch eine zeitnahe obergutachterliche Klärung der oben genannten Fragen möglich sein dürfte (die jetzige Verzögerung dürfte maßgeblich auf die Schwierigkeiten mit dem vereinbarten Gutachter zurückzuführen sein), muss in Anbetracht der nicht auszuschließenden schwerwiegenden Folgen etwaiger erneuter pädagogischer, charakterlicher Fehlleistungen der Antragstellerin im Unterricht für die betroffenen Kinder das öffentliche Interesse an einem zeitlich absehbaren Fernhalten der Antragstellerin vom Dienst Vorrang zukommen vor dem individuellen Interesse der Antragstellerin an der Ausübung ihres Berufes. Der Antrag ist danach abzulehnen, wobei die Kammer darauf hinweist, dass das wohl parallel noch laufende Zurruhesetzungsverfahren gleichwohl vom Antragsgegner weiterhin und ernsthaft betrieben werden muss, um nicht die Folge des § 78 Abs. 1 Satz 2 LBG eintreten zu lassen.
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Die Kammer weist abschließend darauf hin, dass die Frage, wer letztendlich für diese - sowohl im Verhältnis zu den Schülern, als auch zu den Eltern, zu den Kollegen und den Vorgesetzten bestehenden offensichtlichen - Spannungen verantwortlich zu machen ist, ob ihre Ursachen mehr bei der Antragstellerin oder bei anderen Personen zu suchen sind, in diesem Verfahren nicht geklärt werden kann. Die Feststellung des betroffenen Beamten als Schuldigen ist, wie oben ausgeführt, auch nicht Voraussetzung für den Erlass der Maßnahme. Es geht bei der Maßnahme nach § 78 Abs. 1 LBG darum, Schaden abzuwenden. Es ist auch offenkundig, dass die Zwangsbeurlaubung der Antragstellerin das geeignete Mittel ist, um am raschesten Abhilfe zu schaffen. Nach alledem muss das Interesse der Antragstellerin hinter das öffentliche Interesse zurücktreten.
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